frings. Das Misereor-Magazin 2/2023: Fair ist mehr.
Fair ist mehr. Ein Heft über Energie und Gerechtigkeit. www.misereor.de/magazin
Fair ist mehr.
Ein Heft über Energie und Gerechtigkeit.
www.misereor.de/magazin
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<strong>Fair</strong> <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong><br />
Ein Heft<br />
über Energie<br />
und Gerechtigkeit<br />
Erdwärme<br />
Kenia als weltweiter<br />
Vorreiter<br />
Wasserstoff<br />
Deutschland profitiert<br />
von Namibia<br />
Kobalt<br />
Chance oder Fluch<br />
im Kongo?
EDITORIAL<br />
INHALT<br />
Energie <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong> als Strom: sie<br />
ermöglicht Licht, Wärme, Gesundheit,<br />
Begegnung – Grundlagen<br />
für Bildung, Mobilität, Forschung,<br />
Kommunikation, Einkommen.<br />
<strong>Misereor</strong> fordert seit<br />
Jahren einen gerechteren Zugang<br />
zu nachhaltiger Energie für alle. <strong>Das</strong> globale UN-<br />
Nachhaltigkeitsziel Nr. 7 bestätigt: Zugang zu bezahlbarer,<br />
verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie bleibt<br />
die Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Dabei<br />
<strong>ist</strong> es zwingend erforderlich, den Stromsektor dezentral<br />
und weitgehend losgelöst von fossiler Energie aufzustellen,<br />
ohne neue Abhängigkeiten zu riskieren – und<br />
gleichzeitig nach Einsparungspotenzialen und Wegen zu<br />
einer „zufriedenen Genügsamkeit“ weltweit zu suchen.<br />
Foto: Klaus Mellenthin<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER!<br />
In unserer neuen Ausgabe des <strong>Magazin</strong>s „<strong>frings</strong>“ zu Energie<br />
und Gerechtigkeit besuchen wir Menschen, die an diesen<br />
ehrgeizigen Zielen arbeiten. Kenia will bis 2030 einen<br />
Stromzugang für alle Einwohner*innen sichern: mit 100<br />
Prozent grüner Energie! Entscheidend <strong>ist</strong> dabei, sowohl<br />
soziale und ökologische Standards als auch die Rechte<br />
der lokalen Bevölkerung zu berücksichtigen. Wir werfen<br />
daher auch dorthin einen Blick, wo eine größere Gerechtigkeit<br />
im Energiesektor auf sich warten lässt, wie in den<br />
Bergbauregionen in der Demokratischen Republik Kongo.<br />
Eine Energiewende kann nur in globaler Weltgemeinschaft<br />
gut gelingen. Nicht zuletzt spielt unsere innere Energie bei<br />
all diesen Veränderungen, Diskussionen und Perspektivwechseln<br />
eine große Rolle. Den Erhalt dieser Energie wünsche<br />
ich Ihnen und uns bei allen Herausforderungen. Mögen<br />
Sie diese beim Lesen des <strong>Magazin</strong>s erneuern.<br />
GESICHTER DIESER AUSGABE<br />
Seite 2<br />
SCHWERPUNKT:<br />
ENERGIE – FAIR IST MEHR<br />
FOTOSTRECKE<br />
100 Prozent erneuerbar<br />
Seite 4<br />
KENIA<br />
Mit grüner Energie in die Zukunft<br />
Seite 8<br />
BERGBAU<br />
Kobalt aus dem Kongo<br />
Seite 16<br />
GUT ZU WISSEN<br />
Energieverbrauch<br />
Seite 20<br />
MEINUNG<br />
Wasserstoff in Namibia:<br />
Nur mit lokaler Beteiligung<br />
Seite 22<br />
ENERGIEGERECHTIGKEIT<br />
Überspringt Afrika<br />
das fossile Zeitalter?<br />
Seite 24<br />
Herzlich Ihr<br />
Pirmin Spiegel<br />
<strong>Misereor</strong><br />
Foto Titel:<br />
Helge Sauber/Plainpicture
WEITERDENKEN<br />
EINER VON 3,6 MILLIARDEN<br />
Katia Tabera aus Kiribati<br />
Seite 29<br />
Foto: Eduardo Soteras<br />
8<br />
Grüne Energie<br />
für alle. Kenia<br />
hat große Ziele.<br />
Ist das real<strong>ist</strong>isch?<br />
KLIMAAKTIVISTIN<br />
Hamira Kobusingye aus Uganda:<br />
Jung, konstruktiv und preiswürdig<br />
Seite 30<br />
TIMOR-LESTE<br />
Cecilias zweiter Traum<br />
Seite 34<br />
BILDBAND<br />
Eboundja<br />
Besuch in einem Dorf in Kamerun<br />
Seite 38<br />
MISEREOR IN AKTION<br />
Wir brauchen Energie<br />
Seite 40<br />
Foto: Guy Bubb/Getty Images<br />
24<br />
Schaffen es die<br />
Länder Afrikas,<br />
das fossile Zeitalter<br />
zu überspringen?<br />
KOLUMNE<br />
Über den persönlichen<br />
Energiehaushalt<br />
Seite 42<br />
RÄTSEL<br />
Wer hat’s gesagt?<br />
Seite 44<br />
IMPRESSUM<br />
Seite 45<br />
Foto: Kathrin Harms<br />
34<br />
Kann Cecilia in<br />
Timor-Leste ihre<br />
neue Chance auf<br />
Bildung nutzen?<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
1
Reportage Kenia auf Seite 8 Bildreportage Kongo auf Seite 16<br />
BIRTE MENSING<br />
EDUARDO SOTERAS JALIL<br />
ROLAND BROCKMANN<br />
Fotos (v. l. n. r.): Dennis Mavingo, Eduardo Soteras, Annette Hauschild, Tobias Ginsberg, Esteve Franquesa, Salome Roessler<br />
2<br />
Nach einem Studium „Public Governance<br />
across Borders" in Münster lebt<br />
sie seit drei Jahren in Nairobi und arbeitet<br />
als freie Journal<strong>ist</strong>in für verschiedene<br />
deutsche Medien – Radio, Print,<br />
Online, Social Media.<br />
„Menschen zu treffen,<br />
die nachhaltige Lösungen<br />
gegen den Klimawandel<br />
suchen, macht Hoffnung.<br />
Aber damit die Lösungen<br />
langfr<strong>ist</strong>ig wirken, braucht<br />
es einen Systemwandel.“<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
lebt mit seiner Frau und seinen Kindern<br />
in in Kenias Hauptstadt Nairobi.<br />
Er hat als Dokumentarfotograf Lateinamerika,<br />
Afrika und den Nahen Osten<br />
besucht.<br />
„<strong>Das</strong> Interessanteste an<br />
meiner ersten Arbeit im<br />
Energiesektor in Kenia war<br />
die Menschen zu treffen,<br />
die sich bemühen, ein<br />
nachhaltiges Leben in<br />
den Naturparks zu führen.<br />
Dem Beispiel von Lydia<br />
und ihrer Farm mit Biogasanlage<br />
kann man nur<br />
folgen.“<br />
lebt als freier Journal<strong>ist</strong> und Fotograf<br />
in Berlin. Schwerpunkt seiner Arbeit<br />
sind Menschen und Alltag – vor allem<br />
in Afrika. 2018 erschien sein Foto-<br />
Textband „Real People of East Africa“.<br />
„Wer saubere Energie will,<br />
sollte seine Augen nicht<br />
vor den schmutzigen Arbeits-<br />
und Lebensbedingungen<br />
der Minenarbeiter<br />
in Kongo verschließen.“
Meinung auf Seite 22 Reportage Timor Leste auf Seite 34 Kolumne auf Seite 42<br />
DÉSIRÉ NZISABIRA<br />
wurde im ostafrikanischen Burundi geboren.<br />
Der promovierte Jur<strong>ist</strong> leitet<br />
seit November 2014 Dialog- und Verbindungstellen<br />
von <strong>Misereor</strong> zunächst<br />
in Harare, Simbabwe und seit Dezember<br />
2018 in Johannesburg, Südafrika.<br />
„<strong>Das</strong> Thema Energie spielt<br />
eine Schlüsselrolle für die<br />
Entwicklung des afrikanischen<br />
Kontinents. Im Zeitalter<br />
der Klimakrise <strong>ist</strong> die<br />
Frage besonders wichtig,<br />
wie sauber und wie gerecht<br />
verteilt sie <strong>ist</strong>.“<br />
KATHRIN HARMS<br />
lebt als Fotojournal<strong>ist</strong>in in Berlin. Sie<br />
arbeitet weltweit und war schon einige<br />
Male mit <strong>Misereor</strong> auf Reisen.<br />
„Ich war beeindruckt von<br />
den Mädchen und Frauen<br />
in Timor Leste, die trotz<br />
der oft traumatisierenden<br />
Erlebnisse der Vergangenheit<br />
ihre Zukunft fest im<br />
Blick behalten.“<br />
ANNE LEMHÖFER<br />
arbeitet als Redakteurin für das Ressort<br />
<strong>Magazin</strong> und Reportage für die<br />
Frankfurter Rundschau.<br />
„Privat setze ich meine<br />
Energie fürs Familienleben<br />
mit drei Kindern ein. Ich<br />
kann eine Menge im Blick<br />
und am Laufen halten,<br />
habe aber nicht immer<br />
Lust dazu. Weihnachtskarten<br />
habe ich dieses<br />
Jahr noch gar keine geschrieben,<br />
dafür schon<br />
das ein oder andere Plakat<br />
für eine Klimademo.“<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
3
FOTOSTRECKE<br />
Energie: Energie:<br />
<strong>Fair</strong> <strong>Fair</strong> <strong>ist</strong> <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong> <strong>mehr</strong><br />
„Strandbeest“ von Theo Jansen; Foto: Marco Zwinkels; © VG Bild-Kunst, Bon <strong>2023</strong><br />
KINETISCHE KUNSTOBJEKTE<br />
Der niederländische Künstler Theo Jansen legt am Strand<br />
von Singapur letzte Hand an ein „Strandbeest“. Seit<br />
1990 entwickelt er die kinetische Kunstobjekte, die aus<br />
gelben Plastikrohren, Kabelbindern, Nylonfäden und Klebebändern<br />
konstruiert sind. Die für ihre Bewegung notwendige<br />
Energie beziehen sie aus dem Wind oder aus<br />
Druckluft. Die an Fabelwesen erinnernden skelettartigen<br />
Gebilde befinden sich nach Angaben des Künstlers bereits<br />
in der siebten Generation einer Evolution in Richtung<br />
„eigenständig lebender Wesen“. Die Strandbeesten können<br />
sich grob an ihrer Umwelt orientieren. So verankern<br />
sie sich bei einem aufkommenden Sturm selbstständig<br />
im Sand, erkennen mit ihren Fühlern Hindernisse und ändern<br />
die Laufrichtung, wenn sie ins Wasser geraten.<br />
4<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Energie:<br />
<strong>Fair</strong> <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong><br />
Foto: Sandra Weller<br />
LICHT AUS DEM SOLARKIOSK<br />
Ghana gehört zu den am schnellsten wachsenden Solarenergie-Märkten<br />
in Afrika. Die Fotografin Sandra Weller<br />
nimmt in ihrer Bilderserie einen Solarkiosk in dem Kakaobauern-Dorf<br />
Dauda in den Fokus, der Dorfbewohner aus<br />
fünf Ortschaften dabei hilft, Zugang zu Licht und Strom<br />
zu bekommen. Zugleich problematisiert sie, wie gebrauchte<br />
Batterien und Solaranlagen die Umwelt vergiften, um<br />
die Ambivalenz des Umgangs mit Solarenergie in afrikanischen<br />
Ländern greifbar zu machen. Zur Dokumentation<br />
der Klimakrise zeigt sie, dass der Klimawandel vorhanden<br />
<strong>ist</strong>, es aber auch Lösungen gibt. Afrika hat das Potenzial,<br />
zum grünen Kontinent zu werden. Dabei spielen gerade<br />
kleinen Veränderungen wie die ausgeliehene Lampe in<br />
der Nacht eine große Rolle.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
5
6<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Energie:<br />
<strong>Fair</strong> <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong><br />
Foto: Jamey Stillings<br />
PERSPEKTIVEN DES WANDELS<br />
Der amerikanische Fotokünstler Jamey Stillings<br />
zeigt in seinem Langzeitprojekt „Changing Perspectives“<br />
Großprojekte zur Gewinnung alternativer<br />
Energie, hier in der Atacama-Wüste in Chile. In<br />
perfekt komponierten Luftbildern schafft er es,<br />
menschenleere Natur und modernste Projekte grüner<br />
Technologie künstlerisch gegenüberzustellen.<br />
Seine Kompositionen erinnern an gigantisch große,<br />
<strong>mehr</strong> als 2.000 Jahre alte Erdzeichnungen<br />
oder Science-Fiction-Pläne zur Besiedelung fremder<br />
Planeten. Stillings setzt sich damit mit der<br />
Transformation der Energiegewinnung in der Gesellschaft<br />
des 21. Jahrhunderts auseinander. Mit<br />
„Perspektiven“ sind bei ihm die monumentalen<br />
Landschaftsansichten gemeint, aber auch der<br />
Blick auf nachhaltige Energien.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
7
KENIA<br />
Stromzugang für alle und das mit 100 Prozent grüner Energie – bis 2030.<br />
Kenia hat große Ziele. Ist das real<strong>ist</strong>isch?<br />
Text von Birte Mensing<br />
Fotos von Eduardo Soteras Jalil<br />
8<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Eine Teststation des<br />
Geothermiekraftwerks<br />
Olkaria im Hell‘s Gate<br />
National Park in Kenia<br />
K<br />
enia hat eine Vision, Präsident William<br />
Ruto erklärt diese immer wieder: Bis 2030<br />
soll die komplette Energie für das Stromnetz<br />
im Land aus erneuerbaren Energiequellen<br />
stammen. Schon jetzt sind es 91 Prozent, vor<br />
allem gewonnen aus Erdwärme und Wasserkraft.<br />
Gleichzeitig soll bis 2030 jeder Haushalt Zugang<br />
zu Strom haben. Aktuell sind es etwa 78 Prozent,<br />
in den Städten quasi flächendeckend, auf dem<br />
Land entsprechend weniger. Die Menschen in den<br />
ländlichen Gebieten sind auch überdurchschnittlich<br />
von Klimaveränderungen betroffen. Zum Beispiel<br />
von länger anhaltenden Dürrephasen. Zugang<br />
zu Strom könnte ihnen helfen, sich an die<br />
neuen Gegebenheiten anzupassen.<br />
Kenias Klimaaktionsplan sieht vor, dass dafür in<br />
Zukunft noch <strong>mehr</strong> Energie durch Erdwärme, Sonne<br />
und Wind produziert werden soll. Außerdem sollen<br />
wieder zehn Prozent der Fläche mit Bäumen<br />
bedeckt sein. Dafür müssen nicht nur<br />
Bäume gepflanzt werden. Feuerholz<br />
und Kohle, die von vielen Menschen<br />
zum Kochen verwendet werden, müssen<br />
durch andere Energieformen wie<br />
zum Beispiel Biogas ersetzt werden.<br />
Ein weiteres Ziel im Klimaplan: den<br />
Transportsektor so gestalten, dass weniger<br />
CO 2 ausgestoßen wird.<br />
ERDWÄRME<br />
UNERSCHÖPFLICHE ENERGIE AUS OLKARIA<br />
Anna Mwangi <strong>ist</strong> stolz darauf, dass Kenia 91 Prozent seiner<br />
Elektrizität aus nachhaltigen Energiequellen gewinnt. Und<br />
darauf, was sie und ihr Team dazu beitragen. Die Geophysikerin<br />
arbeitet im größten Geothermiekraftwerk in Kenia. Es<br />
liegt im sogenannten Rift Valley, dem Großen Afrikanischen<br />
Grabenbruch. Die Gegend <strong>ist</strong> für geologische Phänomene<br />
bekannt, vulkanische Aktivitäten, heiße Quellen.<br />
In Olkaria wird Strom gewonnen, indem heißer Wasserdampf<br />
aus tieferliegenden Erdschichten große Turbinen in<br />
fünf Kraftwerken antreibt.<br />
An den Bohrungen zischt und brodelt es, die Szenerie<br />
wirkt unwirklich in der kargen Landschaft mit ihren rauen<br />
vulkanischen Felsen. <strong>Das</strong> Kraftwerk liegt mitten im Hell‘s<br />
Gate Nationalpark. Die grün angestrichenen Rohre, durch<br />
die der Wasserdampf schießt, sind an die Routen der<br />
Giraffen, Zebras und Büffel angepasst, die hier<br />
leben. „Hier kann man sehen, dass <strong>mehr</strong>ere<br />
natürliche Ressourcen koex<strong>ist</strong>ieren und wir<br />
Icon: iStock.com<br />
Geophysikerin Anna<br />
Mwangi sucht im Nationalpark<br />
nach geeigneten<br />
Stellen für Testbohrungen<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
9
Erdwärme<br />
<strong>ist</strong> die Super-<br />
davon profitieren können“, sagt Mwangi.<br />
Sie forscht vor allem dazu, welche<br />
Stellen sich für neue Bohrungen eignen,<br />
ohne der Natur zu schaden.<br />
Die ersten Test-Bohrungen führte<br />
die britische Kolonialregierung in den<br />
1950er Jahren durch. 1981 wurde das<br />
erste Kraftwerk in Betrieb genommen,<br />
nach 13 Jahren hatten sich die Investitionen refinanziert.<br />
Seitdem investiert Kenia konstant in Erdwärmekraftwerke.<br />
Bald soll in Olkaria die siebte Anlage fertiggestellt werden.<br />
Finanziert wird der Ausbau auch aus dem Ausland, zum Beispiel<br />
durch Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau.<br />
„Erdwärme <strong>ist</strong> die Superkraft unter den Energiequellen“,<br />
sagt Anna Mwangi. Wasserkraft sei anfällig bei Dürren, Solarenergie<br />
zum Teil unzuverlässig in der Regenzeit, Wind<br />
nicht immer konstant. All diese Probleme gibt es mit der<br />
Erdwärme nicht. Eine Millionen Kilowattstunden gewinnt<br />
kraft unter<br />
den Energie-<br />
quellen<br />
Icon: iStock.com<br />
Krankenpflegerin<br />
Nelly Kadzo am Wechselrichter<br />
der Solaranlage der<br />
Krankenstation in Kalalani<br />
SOLARENERGIE<br />
LICHT IN DER SCHULE IM KWALE COUNTY<br />
Kenia aktuell aus Geothermie – und es gibt Potenzial für<br />
noch mindestens zehn Mal so viel. Weltweit steht Kenia aktuell<br />
an siebter Stelle der Länder, die am me<strong>ist</strong>en Strom aus<br />
Erdwärme gewinnen.<br />
Kenia <strong>ist</strong> ein Vorbild in der Region, aktuell beraten<br />
Mwangis Kolleginnen und Kollegen Äthiopien und Dschibuti<br />
zum Ausbau ihres Erdwärmepotentials. Und sie bilden<br />
Personal der Energiebehörden in Tansania und Uganda aus.<br />
„Man braucht viel Wissen, um mit Erdwärme anzufangen“,<br />
sagt Mwangi. „Aber hat man einmal angefangen, dann <strong>ist</strong><br />
Erdwärme eine unerschöpfliche Energiequelle.“<br />
10 ZWEI<strong>2023</strong><br />
<strong>Das</strong> größte Geothermiekraftwerk<br />
Kenias<br />
im Rift Valley, dem großen<br />
afrikanischen Grabenbruch<br />
Fünf Solarzellen auf dem grünen Blechdach der Krankenstation<br />
in Kalalani machen den entscheidenden Unterschied.<br />
Nelly Kadzo und ihr Team von Krankenschwestern können<br />
dank der kleinen Solaranlage nicht nur grundlegende Gesundheitsversorgung<br />
anbieten, sondern auch Kinder impfen.<br />
Denn Impfstoffe müssen kühl gelagert werden und schon am<br />
Vormittag brennt in der Region Kwale unbarmherzig die<br />
Sonne. Krankheiten wie Tuberkulose und Masern sind hier<br />
noch verbreitet, die Impfungen deshalb umso wichtiger.<br />
Nebenan wird gerade eine Geburtsstation eingerichtet.<br />
„<strong>Das</strong> <strong>ist</strong> überhaupt nur möglich, weil wir die Solaranlage<br />
haben“, sagt Kadzo. Ohne Strom könnte die Station nachts<br />
nicht arbeiten. <strong>Das</strong> Projekt Energy4Impact der internationalen<br />
Hilfsorganisation Mercy Corps hat die Solaranlage 2019<br />
installiert und bezahlt derzeit auch Reparaturen. 320 solcher<br />
Anlagen haben sie in Kenia installiert.<br />
So auch in der Grundschule in Dzombo. Viele der Kinder<br />
kommen aus Familien, die zu Hause keinen Stromanschluss<br />
haben. Dazu gehört auch<br />
Khamisi Tsuma. Er <strong>ist</strong> 18 Jahre alt<br />
und bereitet sich auf den Übergang<br />
in die weiterführende Schu-<br />
Wenn die<br />
le vor. „Ich komme oft abends<br />
Anlage aus-<br />
hierher, um in Ruhe zu lernen“,<br />
sagt er. Manchmal organisieren<br />
fällt, bleibt<br />
es dunkel in<br />
der Schule
Kenia und Deutschland<br />
im Vergleich<br />
Kinder spielen vor<br />
einem Gebäude mit Solaranlage<br />
der Dzombo Primary<br />
School in Kwale<br />
Schüler Khamisi<br />
Tsuma kann dank<br />
der Solaranlage jetzt<br />
auch am Abend in<br />
der Schule lernen<br />
Anteil nachhaltige Energie in Prozent<br />
91 46<br />
Kenia<br />
Deutschland<br />
CO2-Ausstoß 2021 in Millionen Tonnen<br />
sie auch Nachhilfestunden am Abend. „Wenn die Anlage<br />
ausfällt, <strong>ist</strong> das für uns echt ein Problem.“ Denn dann bleibt<br />
es dunkel in der Schule.<br />
Es <strong>ist</strong> der letzte Tag vor den Ferien und der Schulleiter<br />
Salim Ngela nutzt die Gelegenheit, mit den Eltern über die<br />
kleine Solaranlage auf dem Schuldach zu sprechen. Die<br />
Mütter und Väter sitzen auf Bänken unter Akazienbäumen.<br />
Auch die Eltern können am Wochenende kommen und ihre<br />
Handys und Taschenlampen laden. Gerade <strong>ist</strong> die Anlage<br />
nicht in Betrieb, der Elektriker <strong>ist</strong> bestellt, erklärt Ngela.<br />
Doch Ende des Jahres läuft das Projekt und damit auch das<br />
Budget für die Reparaturen aus. Ein Vater schlägt vor, ein<br />
Treffen mit dem Elektriker zu organisieren und gemeinsam<br />
zu überlegen, wie viel Geld benötigt wird und dann zu sammeln.<br />
Ein anderer meint, es wäre am einfachsten, die Schulgebühren<br />
um ein paar Schilling zu erhöhen. Die Eltern sind<br />
bereit, die Verantwortung zu übernehmen, die eigentlich<br />
die Regierung tragen sollte.<br />
Grafik: Infotext Berlin<br />
22,4<br />
Kenia<br />
Kapazität Stromnetz in Kilowattstunden<br />
Kenia<br />
Deutschland<br />
762<br />
Deutschland<br />
3 Mio.<br />
510 Mrd.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
11
Nach eineinhalb<br />
Jahren<br />
rechnet sich<br />
die Anlage<br />
BIOGAS<br />
KLIMAFREUNDLICH KOCHEN<br />
IN EBURU<br />
Wenn Lydia Nyota morgens den traditionellen<br />
kenianischen Tee mit viel Milch kochen will, dann sammelt<br />
sie kein Feuerholz oder bringt Kohle zum Glühen. Stattdessen<br />
schnappt sie sich Reisigbesen und Blechschaufel und fegt<br />
den M<strong>ist</strong> zusammen, den ihre Kuh über Nacht hat fallen lassen.<br />
Damit betreibt sie die kleine Biogasanlage in ihrem Garten. Sobald<br />
ihr 20-Liter-Eimer gefüllt <strong>ist</strong>, kippt sie den M<strong>ist</strong> in eine<br />
Tonne, schüttet einen Eimer Wasser hinterher und rührt um.<br />
Wenn die Mischung die Kons<strong>ist</strong>enz von Haferbrei hat, füllt sie<br />
die Masse in die Anlage. Die besteht aus einem etwa fünf<br />
Meter langen Schlauch, in dem der M<strong>ist</strong> luftdicht verschlossen<br />
<strong>ist</strong> und gärt, bis das Biogas freigesetzt wird. <strong>Das</strong> Abfallprodukt<br />
der Biogasanlage <strong>ist</strong> idealer Dünger für ihre Felder, auf denen<br />
sie unter anderem Mais, Weizen, Avocados, Mangold und Kürbis<br />
anbaut.<br />
Von der Sonne ausgeblichene Schläuche leiten das Gas<br />
durch den Garten ins Haus zu den zwei Kochplatten, auf denen<br />
Lydia Nyota den Tee kocht und zum Frühstück Eier von ihren<br />
Hühnern brät. Joseph Mutongu hatte ihr 2018 von der Möglichkeit<br />
erzählt, mit Biogas statt mit Holz oder Kohle zu kochen. Mutongu<br />
<strong>ist</strong> der Community Manager der Organisation Rhino Ark,<br />
die sich in der Gegend für den Erhalt der Umwelt einsetzt. Er<br />
hat einen Installateur aus der Hauptstadt Nairobi organisiert<br />
und einen guten Preis verhandelt. Mehr als 80 Haushalte in der<br />
Gegend kochen seitdem mit Biogas. Lydia Nyota <strong>ist</strong> es als Bäuerin<br />
gewohnt, Investitionen zu kalkulieren. „Ich habe damals berechnet,<br />
dass sich die Anlage nach eineinhalb Jahren auszahlt.“<br />
Umgerechnet hat die Installation etwa 300 Euro gekostet.<br />
Lydia Nyota wohnt nur wenige Kilometer entfernt vom Mau<br />
Eburu Wald. Er gehört zum größten Hochlandwald in Ostafrika.<br />
Begonnen hat die Ausbeutung des Waldes in der Kolonialzeit,<br />
als Gebiete zur Holzernte freigegeben und Teile für Siedlungen<br />
gerodet wurden. Heute sind nur noch Bruchstücke übrig, und<br />
auch die sind gefährdet, erzählt Joseph Mutongu. „Die Menschen<br />
setzen den Wald unter Druck“, sagt der Umweltschützer.<br />
Sie fällen Bäume und verbrennen das Holz, um Kohle zu gewinnen,<br />
die sie dann verkaufen. Manchmal wird Holz auch für den<br />
direkten Verkauf gefällt.<br />
All das <strong>ist</strong> illegal, aber Armut treibt die Menschen dazu, so<br />
Mutongu. Deshalb <strong>ist</strong> es eine seiner Aufgaben, Lösungen zu finden,<br />
von denen die Wälder mit ihren unzähligen Pflanzen, Vögeln<br />
und seltenen Tieren profitieren – und auch die Menschen in<br />
der Umgebung. Mutungo überzeugt die Leute, Bäume für Holz<br />
auf ihren Grundstücken anzubauen. Bei Lydia wachsen Zypressen<br />
für Feuerholz und Eukalyptusbäume für Bauholz. Vor zehn<br />
Jahren hat Rhino Ark gemeinsam mit der Waldbehörde einen<br />
Zaun um das Waldgebiet in Mau Eburu gebaut. Teile des Waldes<br />
konnten seitdem wiederaufgeforstet werden. „Man merkt, dass<br />
sich das Klima verbessert hat und in der Gegend wieder <strong>mehr</strong><br />
Regen fällt“, berichtet Mutongu. „Davon profitieren alle.“<br />
Bäuerin Lydia Nyota<br />
vermischt Kuhdung und<br />
Wasser, um ihre Biogasanlage<br />
zu befüllen<br />
12<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
Joseph Mutongu,<br />
Community Manager der<br />
Organisation Rhino Ark, besucht<br />
den Mau Eburu Wald
Bis 2030 soll<br />
es eine Millionen<br />
E-Bikes auf<br />
den Straßen von<br />
Ostafrika geben<br />
Ein Mechaniker<br />
kontrolliert die schwarzgelben<br />
E-Bikes vom Start-Up<br />
eBee Mobility in Tilisi<br />
ELEKTROMOBILITÄT<br />
MIT DEM E-BIKE DURCH NAIROBI<br />
Icons: iStock.com<br />
Wenn man im Auto durch Nairobis Rushhour unterwegs <strong>ist</strong>,<br />
dann sieht man immer öfter nicht nur Motorräder vorbeiflitzen,<br />
sondern auch Elektro-Fahrräder. Oft sind sie schwarz<br />
mit gelber Aufschrift und stammen vom Start-up eBee Mobility,<br />
das seit 2021 in Nairobi Elektrofahrräder auf den Markt<br />
bringt. 600 ihrer Räder sind mittlerweile auf Nairobis<br />
Straßen unterwegs, die me<strong>ist</strong>en mit Kurieren, die Bestellungen<br />
ausliefern.<br />
Auch die Mechanikerin Nina Mugure kommt selbstverständlich<br />
mit dem E-Bike zur Arbeit. „Unterwegs rufen mir<br />
oft Leute hinterher, fragen, wo es das Fahrrad gibt“, erzählt<br />
sie. Und das, obwohl Fahrräder in Kenia oft noch als „Fahrzeug<br />
der Armen“ angesehen werden, die sich kein Auto<br />
oder Motorrad le<strong>ist</strong>en können. Dazu kommt: Radfahren<br />
ohne Elektromotor <strong>ist</strong> anstrengend im hügeligen Nairobi,<br />
die Strecken in der Millionenstadt sind weit. <strong>Das</strong> Ziel <strong>ist</strong> ein<br />
eigenes Auto, die Infrastruktur <strong>ist</strong> auf Autos ausgelegt.<br />
Doch Kenia will die CO 2 -Emission im Verkehr senken<br />
und aktiv Elektromobilität stärken. Geringere Steuern sollen<br />
Investoren an-locken. Es gibt erste E-Busse und auch<br />
eine Fabrik für Elektro-Motorräder. An einigen<br />
Straßen gibt es mittlerweile Radwege,<br />
die Mittelschicht hat das Radfahren als<br />
Hobby für sich entdeckt.<br />
„Hier in Nairobi kommen wir langsam von<br />
der Aufklärungsphase in die Phase, in der<br />
Leute E-Bikes in Betracht ziehen“, sagt Joost<br />
Boeles, einer der Gründer von eBee Mobility.<br />
Er kommt aus den Niederlanden. „Wir sehen, was Fahrräder<br />
dort le<strong>ist</strong>en – und wie sich das mit der Einführung von E-<br />
Bikes noch verstärkt hat.“ Mit drei verschiedenen Modellen<br />
bringt das Team von eBee die schwarzgelben Räder in Nairobi<br />
in den Verkehr: Verkauf, Leasing, und die eigene Lieferdienst-Flotte.<br />
Ihre eigens für den ostafrikanischen Markt designten<br />
Modelle werden seit diesem Jahr in Nairobi zusammengebaut:<br />
das Lieferrad „Nyuki“ (Kisuaheli für Biene) mit<br />
stabilem Gepäckträger und robuster Ausstattung, und das<br />
Mountainbike eBX, das leichter und wendiger <strong>ist</strong>. Joost Boeles<br />
und sein Team haben große Träume: „Bis 2030 wollen<br />
wir eine Million E-Bikes auf den Straßen von Ostafrika<br />
haben“. Damit die Räder so nachhaltig wie möglich im Einsatz<br />
sind, sollen sie mit Solarenergie<br />
geladen werden – so wie jetzt schon<br />
in der eBee-Zentrale in Nairobi.<br />
Mechanikerin Nina<br />
Mugure überprüft das<br />
Laden der Batterien der<br />
E-Bikes mit Solarenergie<br />
Joost Boeles,<br />
Mitgründer von eBee<br />
Mobility und Olivia Lamenya<br />
im Hauptsitz der Firma<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
13
INTERVIEW<br />
<strong>Das</strong> Gespräch führte Birte Mensing<br />
Wie kann die Energiewende gerecht gestaltet werden? Damit befasst sich<br />
der Umweltwissenschaftler Amos Wemanya. Menschenrechte, Zugang zu<br />
Energie und Umweltschutz sind für ihn untrennbar miteinander verbunden.<br />
Wemanya arbeitet bei Power Shift Africa, einem wichtigen <strong>Misereor</strong>-Partner,<br />
und leitet in ganz Kenia Initiativen, die in enger Zusammenarbeit mit der lokalen<br />
Bevölkerung Klimagerechtigkeit vorantreiben.<br />
Icon: iStock.com<br />
Eine gerechte Energiewende –<br />
geht das überhaupt?<br />
Auf einem Kontinent wie Afrika geht<br />
es nicht in erster Linie darum, von<br />
Kohle oder Öl wegzukommen, sondern<br />
darum, Leuten schnell grüne Energie<br />
zugänglich zu machen. Mehr als 600<br />
Millionen Menschen haben keinen Zugang<br />
zu Elektrizität. Die Machtverhältnisse<br />
sind nicht ausgewogen. Es gibt Gemeinden,<br />
die über reichhaltige Energieressourcen<br />
verfügen, aber keinen<br />
Zugang zu Strom haben, weil die Technologie<br />
von Regierungen und internationalen<br />
Großkonzernen kontrolliert<br />
wird, die daraus Gewinn schlagen.<br />
Warum <strong>ist</strong> Zugang<br />
zu Energie so wichtig?<br />
Wir leben in einer Klimakrise, und die<br />
Auswirkungen sind nicht gerecht. Obwohl<br />
wir wenig zu den Emissionen beitragen,<br />
verlieren Menschen auf dem<br />
afrikanischen Kontinent aufgrund der<br />
extremen Wetterereignisse Jahr für Jahr<br />
ihre Lebensgrundlage oder sogar ihr<br />
Mehr als 600<br />
Millionen Men-<br />
schen haben<br />
Leben. Es regnet unregelmäßig, mittlerweile<br />
fallen Regenzeiten oft ganz<br />
aus. Wer Zugang zu Strom hat, kann<br />
Wasserpumpen betreiben und Felder<br />
bewässern oder anders Geld verdienen.<br />
Welche Energiequellen<br />
kommen dafür in Frage?<br />
Solarenergie kann in Kenia landesweit<br />
genutzt werden. Insbesondere im Nordosten,<br />
wo die Auswirkungen der Klimakrise<br />
am extremsten sind, gibt es ein<br />
enormes Windkraftpotenzial. Wenn diese<br />
Potenziale genutzt würden, könn -<br />
ten sie den Gemeinden helfen, widerstandsfähiger<br />
gegen die Klimakrise zu<br />
keinen Zugang<br />
14 ZWEI<strong>2023</strong><br />
zu Elektrizität
sein. Aber dafür brauchen wir auch<br />
Energie-Demokratie.<br />
Was bedeutet das?<br />
<strong>Das</strong> bedeutet, dass Gemeinden sowohl<br />
Erzeuger als auch Verbraucher ihrer eigenen<br />
Energie sind und bestimmen<br />
können, wie die Energie genutzt wird.<br />
Wir müssen weg von Großprojekten,<br />
die zentral gesteuert werden, hin zu<br />
dezentralen, überschaubaren Versorgungssystemen.<br />
Solaranlagen bieten<br />
sich dafür besonders an. Wir müssen<br />
dezentrale Energiesysteme so gestalten,<br />
dass eine Gruppe vor Ort das Infrastrukturprojekt<br />
verwaltet, dass lokale<br />
Handwerker zum Unterhalt ausgebildet<br />
werden und die Nutzerinnen und<br />
Nutzer Gebühren zahlen, die den Unterhalt<br />
der Anlage langfr<strong>ist</strong>ig decken.<br />
Was <strong>ist</strong> die Verantwortung<br />
von Ländern wie Deutschland?<br />
Deutschland muss aus fossilen Brennstoffen<br />
aussteigen, damit wir die globale<br />
Erwärmung irgendwie eindämmen<br />
können. Und es <strong>ist</strong> gut, wenn es<br />
in Ländern wie Kenia in den Ausbau<br />
grüner Energie investiert und sich solidarisch<br />
mit denen zeigt, die von der<br />
Klimakrise betroffen sind, die sie nicht<br />
verursacht haben. Wahre Solidarität<br />
bedeutet aber auch, sich von Maßnahmen<br />
fernzuhalten, die die Krise weiter<br />
verschärfen.<br />
Deutschland hat ein Gasabkommen<br />
mit Senegal geschlossen.<br />
Ist das sinnvoll?<br />
Weil Deutschland sich von russischem<br />
Gas lösen will, wendet es sich Afrika<br />
zu. Es <strong>ist</strong> nicht gerecht, die wenigen<br />
Ressourcen, die der Bevölkerung zur<br />
Verfügung stehen, nach Deutschland<br />
zu bringen. Länder wie Senegal dazu<br />
Wir leben in<br />
einer Klimakrise,<br />
und die<br />
Auswirkungen<br />
sind ungerecht<br />
Foto: Birte Mensing<br />
Für Amos Wemanya gehören<br />
Menschenrechte, Zugang<br />
zu Energie und Umweltschutz<br />
untrennbar zusammen<br />
zu bringen, in Gasinfrastruktur statt<br />
in den Ausbau nachhaltiger Energien<br />
zu investieren, <strong>ist</strong> nicht gerechtfertigt.<br />
Wir müssen auf dem Kontinent erst<br />
600 Millionen Menschen mit Strom<br />
versorgen, damit sie sich besser gegen<br />
den Klimawandel wappnen können.<br />
Erst dann sollte man über den Export<br />
von Energie sprechen.<br />
Auch bei nachhaltiger Energie<br />
wie grünem Wasserstoff?<br />
Ja. Wasserstoffproduktion benötigt<br />
nicht nur extrem viel Energie, sondern<br />
auch viel Wasser. Kenia kämpft<br />
schon jetzt mit Wassermangel. Es<br />
wäre absolut ungerecht, das wenige<br />
Wasser, das zur Verfügung steht, für<br />
die Produktion von Wasserstoff für<br />
den Export zu nutzen.<br />
Nur ein Bruch-<br />
teil der weltweiten<br />
Investitionen in<br />
grüne Energie<br />
werden in Afrika<br />
getätigt<br />
Unternehmen, die in Europa<br />
mit fossiler Energie produzieren,<br />
können sich über CO2-Kompensationen<br />
das Label „klimaneutral“ erkaufen.<br />
Bringt das was?<br />
<strong>Das</strong> <strong>ist</strong> aus meiner Sicht Greenwashing.<br />
Mit dem Kauf sogenannter „Carbon<br />
Credits“ wälzen die Umweltverschmutzer<br />
die Verantwortung auf die<br />
Menschen ab, die Opfer dieser Verschmutzung<br />
sind. Es gibt ein Ungleichgewicht<br />
in den Machtverhältnissen:<br />
Wer bestimmt, was diese Carbon Credits<br />
kosten? Wer profitiert von dem<br />
Geld? Oft sind es große Organisationen<br />
oder Unternehmen, die quasi als<br />
Zwischenhändler agieren. <strong>Das</strong> Konzept<br />
ermuntert die Umweltverschmutzer,<br />
einfach weiterzumachen, anstatt die<br />
Emissionen zu reduzieren.<br />
Was muss sich ändern?<br />
Nur ein Bruchteil der weltweiten Investitionen<br />
in grüne Energie werden in<br />
Afrika getätigt. Noch immer wird viel<br />
<strong>mehr</strong> in fossile Brennstoffe investiert.<br />
Dazu kommt, dass die großen Summen,<br />
die bei den Klimakonferenzen<br />
versprochen wurden, oft in Form von<br />
Krediten zur Verfügung gestellt werden.<br />
Länder in Afrika sind einem<br />
hohen Ausfallrisiko ausgesetzt und<br />
zahlen daher hohe Zinsen.<br />
Und neben der Finanzierung?<br />
Im nächsten Schritt muss man fragen:<br />
Warum können wir Länder wie Deutschland<br />
nicht deindustrialisieren und Fabriken<br />
näher an die Ressourcen verlagern,<br />
die hier auf dem Kontinent liegen?<br />
Rohstoffe werden hier abgebaut,<br />
zu niedrigen Preisen verkauft und woanders<br />
hingebracht, nur damit die fertigen<br />
Produkte dann zu hohen Preisen<br />
wieder importiert werden. Warum können<br />
wir nicht in diesen Ländern Chancen<br />
und einen Mehrwert schaffen?<br />
ZWEI<strong>2023</strong> 15
DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO<br />
<strong>Das</strong> seltene Metall steckt in fast allen Batterien oder Akkus –<br />
ohne Kobalt fährt kein E-Auto, klingelt kein Handy. Die weltweit<br />
größten Vorkommen liegen im Kongo. Schätzungsweise 15 Prozent<br />
davon werden im Kleinbergbau gefördert. Was bedeutet das<br />
für die Menschen dort?<br />
Text und Fotos von Roland Brockmann<br />
Foto: Cole Burston via Getty Images<br />
16<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
<strong>Das</strong><br />
seltene Metall<br />
steckt im Gestein, je<br />
höher dessen Kobaltanteil<br />
<strong>ist</strong>, desto<br />
wertvoller <strong>ist</strong> das<br />
Gestein<br />
Der Eingang<br />
zum Schacht wirkt<br />
noch vergleichsweise komfortabel,<br />
doch mit der Tiefe werden<br />
die Tunnel immer enger. Die<br />
Schürfer können sich nur kriechend<br />
und kletternd fortbewegen. Helme<br />
trägt hier keiner, die Männer arbeiten<br />
barfuß. Ihre wichtigste<br />
Ausrüstung <strong>ist</strong> neben Hammer<br />
oder Stemmeisen<br />
die Stirnlampe.<br />
Die Straße nach Kolwezi <strong>ist</strong> für afrikanische Verhältnisse<br />
gut in Schuss. Trotzdem kommt man nur langsam<br />
voran. Schuld daran sind die vielen Laster: Sie<br />
transportieren Werkzeuge und Maschinen in die kongolesische<br />
Bergbauregion und kehren beladen mit Erzen zurück<br />
in die Provinzhauptstadt Lubumbashi. Entlang der Strecke<br />
ziehen sich hohe Mauern, dahinter liegen die riesigen Industrieminen<br />
von Haut-Katanga. Hier wird neben Kobalt vor<br />
allem Kupfer abgebaut, aber auch Uran.<br />
Staub hängt in der Luft. Niemand weiß genau, wie giftig er<br />
<strong>ist</strong>. Trotzdem zieht die Region Arbeiter aus dem ganzen<br />
Land an. Der Kongo <strong>ist</strong> zwar reich an Rohstoffen, aber eines<br />
der Länder mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen.<br />
Zehntausende arbeiten im Kleinbergbau, bei dem schätzungsweise<br />
15 Prozent des Kobalts im Kongo gefördert wird.<br />
Mit Mitteln wie aus vergangenen Jahrhunderten: Die Schürfer<br />
buddeln barfuß, nur mit Stemmeisen, Hammer und<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
17
Mit Hämmern zertrümmern<br />
Männer das<br />
kobalthaltige Gestein. Sie<br />
tragen Turnschuhe.<br />
Unabhängige<br />
Beobachter<br />
werden in den<br />
Minen nicht<br />
gerne gesehen<br />
<strong>Das</strong> Waschen<br />
des Gerölls übernehmen<br />
Frauen. Mit<br />
Hilfe von Netzen<br />
sieben sie den<br />
Sand aus.<br />
<strong>Das</strong> zerkleinerte<br />
Gestein wird in Säcken<br />
mit Fahrrädern zur Wasserstelle<br />
transportiert<br />
18<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Die Schürfer verdienen<br />
weniger<br />
als zehn Euro<br />
pro Tag<br />
Die Industrieminen<br />
sind gut gesichert.<br />
Unabhängige<br />
Beobachter werden hier nicht<br />
gerne gesehen. Die Mauern und<br />
Zaunanlagen sollen aber auch<br />
Schürfer abhalten, in die<br />
Minenanlagen einzudringen,<br />
um dort illegal<br />
nach Kobalt zu<br />
suchen.<br />
Schaufel ausgerüstet, tiefe enge<br />
Schächte in den Boden, notdürftig<br />
mit Brettern abgestützt. Immer<br />
wieder stürzen die improvisierten<br />
Schächte ein und begraben die Arbeiter.<br />
Aber auch wenn alles gut<br />
geht, bleibt die Arbeit hart. Teils<br />
eine Stunde lang klettern und kriechen<br />
die Schürfer bis ans Ende des<br />
Tunnels, wo sie das Gestein abschlagen<br />
und anschließend in schweren<br />
Säcken an die Oberfläche transportieren. Die Schächte sind<br />
nur schlecht belüftet und dunkel; die einzigen Lichtquellen<br />
sind die Stirnlampen der Arbeiter.<br />
Trotz ihres gefährlichen Jobs verdienen die Schürfer weniger<br />
als zehn Euro pro Tag. Doch das <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong>, als man<br />
ohne Ausbildung woanders im Kongo verdienen kann. Und<br />
weil die Konzerne immer <strong>mehr</strong> Flächen für sich beanspruchen,<br />
bleibt immer weniger Raum für die Landwirtschaft.<br />
Die Folge: steigende Lebensmittelpreise. Nirgendwo im Land<br />
<strong>ist</strong> das Leben so teuer wie in den Bergbauregionen.<br />
Die me<strong>ist</strong>en Minen im Kleinbergbau sind als Kooperativen<br />
organisiert. <strong>Das</strong> klingt erstmal gut, aber Mitglieder sind<br />
nicht die Schürfer selbst, sondern die Claim-Besitzer, die<br />
dann Arbeiter anheuern – ohne Unfall- oder Krankenversicherung.<br />
In der besuchten Kooperative gibt es immerhin eine Gewerkschaft<br />
der Schürfer. Und im Ort wurde mit Unterstützung<br />
von <strong>Misereor</strong> gerade ein Hospital fertiggestellt.<br />
In den Provinzen Haut-Katanga und Lualaba engagiert<br />
sich der <strong>Misereor</strong>-Partner Centre Arrupe pour<br />
la Recherche et la Formation (CARF) für faire Lieferketten<br />
im Kleinbergbau. CARF fördert ex<strong>ist</strong>ierende<br />
und im Aufbau befindliche Kleinbergbau-Kooperativen.<br />
Ziel <strong>ist</strong> es, die Menschenrechtssituation<br />
sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen der lokalen<br />
Gemeinden zu verbessern und ihnen Zugang<br />
zu eigenen Schürfgebieten zu ermöglichen.<br />
<strong>Das</strong> Schärfen<br />
der Stemmeisen<br />
der Schürfer <strong>ist</strong> ein<br />
profitables Gewerbe<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
19
Ob Körperfunktionen,<br />
Kochen<br />
oder Wärmehaushalt: nichts<br />
geht ohne Energie. Einige Zahlen,<br />
Daten und Fakten zum<br />
Thema Energiekonsum.<br />
E-CO2-Fußabdruck<br />
Tipps<br />
E-Mails ohne Anhänge verursachen<br />
92 Prozent weniger CO2 als E-Mails mit<br />
Anhängen<br />
Foto und Illustrationen: iStock.com<br />
Körperenergie<br />
Die Kommunikation im<br />
Körper erfolgt über Strom, das<br />
gilt besonders für Sinnes- und Muskelzellen.<br />
Den me<strong>ist</strong>en Strom benötigt<br />
das Gehirn mit etwa 20 bis 30 Watt.<br />
Mit dieser Energie vollbringt es<br />
Le<strong>ist</strong>ungen, für die moderne<br />
Computer rund 50 bis 5.000 Mal<br />
<strong>mehr</strong> Energie verbrauchen.<br />
logoenergie.de<br />
„Chat-Nachrichten“ verursachen<br />
95 Prozent weniger CO2 als E-Mails<br />
(ohne Anhänge)<br />
Audio-Teilnahmen an Konferenzen<br />
verursachen 96 Prozent weniger CO2<br />
als Video- und Audio-Teilnahmen<br />
imbstudent.donau-uni.ac.at<br />
businessinsider.de/<br />
handelsblatt.com<br />
Solarkollektor Eisbär<br />
Selbst bei minus 40 °C kommt ein<br />
Eisbär bisweilen ins Schwitzen. Dieses<br />
Kunststück gelingt ihm, weil er sichtbares Licht<br />
in Wärme umwandelt. Dafür fängt der weiße Bärenpelz<br />
das spärliche Licht am Nordpol ein. Jedes einzelne<br />
Haar funktioniert wie ein Lichtleiter. Ähnlich wie<br />
beim Glasfaserkabel führen die hohlen Fasern die<br />
Strahlung ans untere Ende. Die schwarze Bärenhaut<br />
unterm Fell saugt die Wärmestrahlung<br />
auf und heizt damit den Bärenorganismus.<br />
In und zwischen den Bärenzotteln <strong>ist</strong><br />
Luft eingeschlossen, das System<br />
hält so die Wärme wie eine<br />
Thermoskanne.<br />
www.ingenieur.de<br />
20<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Pausierende Windräder<br />
Solarenergie für alle<br />
Einem Bericht der Internationalen<br />
Energieagentur zufolge wird die Solarenergie<br />
bis 2050 die wichtigste Energiequelle sein.<br />
Wieso? Die Solarindustrie wächst von Jahr<br />
zu Jahr schneller, da sie eine der wenigen<br />
erneuerbaren Energiequellen <strong>ist</strong>, die von<br />
Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen<br />
genutzt werden kann. Praktisch<br />
jede Freifläche oder jedes Dach kann<br />
für die Anbringung von Solarzellen<br />
genutzt werden.<br />
inspirecleanenergy.com<br />
Der COBB-Grill wurde 1950<br />
von einem Ingenieur in Südafrika<br />
entwickelt, der von der Regierung beauftragt<br />
wurde, eine Lösung dafür zu finden, wie die<br />
Bevölkerung in den Dörfern Essen zubereiten<br />
kann, ohne dass die Gefahr besteht, die Hütte<br />
und schlimmstenfalls das ganze Dorf anzuzünden.<br />
Heute gilt der COBB als kleinster und<br />
sicherster Grill der Welt, der außen nicht heiß<br />
wird, nur sehr wenig Brennstoff benötigt<br />
und ohne Flammen oder Rauch grillt.<br />
Er <strong>ist</strong> längst nicht <strong>mehr</strong> nur in<br />
Afrika, sondern auch unter<br />
Camper*innen sehr<br />
beliebt.<br />
cobb-grill.de<br />
COBB-Grill<br />
Dank einer neuen Methode, die<br />
ermöglicht, den Durchzug von Millionen<br />
von Zugvögeln vorherzusagen, wollen<br />
die Niederlande ihre Offshore-Windparks<br />
öfter pausieren lassen. Es <strong>ist</strong> laut eigenen<br />
Angaben das erste Land, das<br />
auf diese Art versucht, die Energiewende<br />
durch Windkraft mit der<br />
umliegenden Natur in Einklang<br />
zu bringen.<br />
WDR/cosmo<br />
Elektroautos<br />
sind von gestern<br />
In New York fahren 40 Prozent<br />
der Autos elektrisch – nicht heute,<br />
sondern vor über 100 Jahren. Bereits im Jahr<br />
1912 wurden über 30.000 Elektrofahrzeuge<br />
in den USA produziert. Benzin gab es damals<br />
übrigens nur in der Apotheke. In den 1920er<br />
Jahren änderte sich das: Benzinmotoren<br />
waren leichter zu starten, wurden<br />
sicherer und hatten eine größere<br />
Reichweite. Und Benzin?<br />
Gab es im Überfluss.<br />
spiegel.de<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
21
MEINUNG<br />
Wasserstoff in Namibia:<br />
Nur mit lokaler Beteiligung<br />
Namibia soll einer der wichtigsten Lieferanten von grünem Wasserstoff für Deutschland<br />
werden. Désiré Nzisabira, Leiter der Dialog- und Verbindungstelle von <strong>Misereor</strong><br />
in Johannesburg, fordert ein ökologisches und energiegerechtes Handeln und appelliert<br />
an die h<strong>ist</strong>orische Verantwortung der ehemaligen Kolonialmacht.<br />
Text von Désiré Nzisabira<br />
Bisher zeichnet<br />
sich das Projekt<br />
vor allem durch<br />
Intransparenz aus<br />
Noch <strong>ist</strong> das geplante Wasserstoffprojekt in Namibia<br />
mit der Hoffnung verbunden, vielen Menschen ein<br />
besseres Leben zu ermöglichen. Doch das gelingt nur,<br />
wenn die neue Anlage zum Vorbild für Energiegerechtigkeit<br />
wird und auch die lokale Bevölkerung davon profitiert.<br />
Dafür müssen die Menschen, die dort leben, in Entscheidungen<br />
eingebunden werden. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> aktuell nicht der Fall.<br />
Bisher zeichnet sich das Projekt vor allem durch Intransparenz<br />
aus. Die Firma „Hyphen Hydrogen<br />
Energy“ hat den Projektauftrag<br />
ohne Ausschreibungsverfahren<br />
bekommen. Bis heute<br />
<strong>ist</strong> nicht öffentlich, welche Rolle<br />
Deutschland spielt. Der bisher einzige<br />
bekannte deutsche Akteur <strong>ist</strong><br />
das Unternehmen „Enertrag“,<br />
einer der führenden Entwickler<br />
und Betreiber von Windparks in<br />
Deutschland. Bei Projekten ähnlicher<br />
Größenordnung <strong>ist</strong> Deutschland<br />
oft mit transparenten Institutionen wie der KfW-Bank<br />
beteiligt. <strong>Das</strong> wäre auch bei diesem Projekt wünschenswert.<br />
Bleibt es wie bisher, profitieren in Namibia vor allem ausländische<br />
Firmen, die den grünen Wasserstoff vollständig<br />
exportieren. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> sowohl ungerecht als auch aus ökologischer<br />
Perspektive fragwürdig. Auch wenn die Wasserstoffgewinnung<br />
vor Ort fast klimaneutral <strong>ist</strong>, liegt Namibia weit<br />
entfernt von den großen Industriestandorten in Europa,<br />
Asien und Amerika. Der Schiffstransport dorthin belastet<br />
die Umwelt schwer.<br />
22 ZWEI<strong>2023</strong><br />
Bleibt es wie<br />
bisher, profitieren<br />
vom Wasserstoff<br />
in Namibia vor<br />
allem ausländische<br />
Firmen<br />
Aber es gibt einen Weg, ökologischer und gleichzeitig energiegerecht<br />
zu handeln: Die Beteiligten sollten grünen Wasserstoff<br />
nicht nur als Rohstoff und Exportprodukt sehen,<br />
sondern als Wegbereiter für neue Industriezweige vor Ort<br />
nutzen. Gebraucht wird Wasserstoff weltweit hauptsächlich<br />
in der Stahlindustrie. Die Stahlprodukte werden aktuell aus<br />
Industrieländern um die Welt geschifft. Würden sie hingegen<br />
direkt in Namibia produziert, also dort, wo künftig<br />
auch die Energie für die Herstellung herkommen soll,<br />
ließen sich große Energieressourcen für unnötige Wege<br />
und Fahrten von Energie und Produkten einsparen. Dazu<br />
kommt: Der Ausbau neuer Industrien würde Namibia langfr<strong>ist</strong>ig<br />
Arbeitsplätze einbringen und die Entwicklung voranbringen.<br />
Dieser Doppeleffekt ließe sich auch für die Stromerzeugung<br />
nutzen. Denn für die geplante Wasserstoffanlage entstehen<br />
Solar- und Windparks, deren Strom die Wasserstoffanlage<br />
betreiben soll. Aktuell <strong>ist</strong> Namibia in der Stromerzeugung<br />
noch fast vollständig von Südafrika abhängig. Der<br />
Strom aus den geplanten Solar- und Windparks sollte deshalb<br />
zuerst ins lokale Stromnetz eingespe<strong>ist</strong> und erst an<br />
zweiter Stelle für den Wasserstoff<br />
genutzt werden. Bei<br />
gerade einmal 2,5 Millionen<br />
Einwohnern <strong>ist</strong> die benötigte<br />
Menge überschaubar.<br />
Und zudem sollte das<br />
Wasser den Menschen vor<br />
Ort zur Verfügung stehen,<br />
bevor es zur Wasserstoffan-
Mit Menschen.<br />
Mit Ihnen.<br />
Wo Ungerechtigkeit,<br />
Gewalt oder Armut herrschen,<br />
stellt sich <strong>Misereor</strong><br />
ohne Wenn und Aber<br />
an die Seite der Menschen.<br />
Gemeinsam mit unseren Partner*innen<br />
in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />
und mit Menschen wie Ihnen<br />
engagieren wir uns<br />
für ein Leben in Würde.<br />
www.misereor.de/<br />
mitmenschen
Fotos: Klaus Mellenthin/<strong>Misereor</strong> (Libanon und Senegal), K M Asad via ichTV/<strong>Misereor</strong> (Bangladesch), Thomas Byczkowski (Brasilien)<br />
Mit Gewalt<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Gewalt.<br />
Wenn Alvera T.* auf dem Sportplatz in Beirut hoch über<br />
dem Meer mit Flüchtlingskindern aus dem Irak zu lauter<br />
Musik tanzt und springt, dann leuchten deren Gesichter<br />
in der Abendsonne. Hier oben erleben sie ein Stück<br />
Normalität. Alvera weiß, was die Kinder brauchen,<br />
denn die 23-Jährige kam selbst als Geflüchtete aus dem<br />
Irak nach Beirut.<br />
„Wenn Kinder aus Kriegsgebieten<br />
hier ankommen,<br />
sind sie sehr gestresst –<br />
durch die fremde Umgebung<br />
und alles, was sie erlebt<br />
haben.“<br />
Alvera T.*,<br />
Libanon<br />
*Die Namen sind<br />
zum Schutz der<br />
Personen nicht<br />
ausgeschrieben.<br />
Mit Landraub<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Landraub.<br />
Beinahe wäre das Land von Habibe B. und seinem Dorf von<br />
einem ausländischen Großunternehmen geraubt worden.<br />
Beinahe hätte sich im Senegal die leidvolle Geschichte von<br />
Sklaverei und Kolonialismus wiederholt. Doch die Dorfgemeinschaft<br />
wehrte sich, unter anderem mit einem Protestmarsch<br />
bis in die Hauptstadt Dakar.<br />
„Ich kämpfe gegen<br />
das Unrecht,<br />
seit ich ein kleines<br />
Kind bin.“<br />
Habibe B.*,<br />
Senegal
Mit Demütigung<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Demütigung.<br />
Aufgewachsen <strong>ist</strong> Borsha M.* in Bangladesch ohne<br />
sicheres Zuhause, Wasserversorgung oder genügend<br />
Essen auf dem Teller. In den Programmen der <strong>Misereor</strong>-<br />
Partnerorganisation BARCIK lernte sie die Grundlagen<br />
für ein menschenwürdiges Leben kennen: ihre Rechte<br />
als Frau und Bürgerin, den Schutz vor Krankheiten oder<br />
vor den katastrophalen Folgen des Klimawandels.<br />
Mit Verachtung<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Verachtung.<br />
Wenn es um den Fluss geht, wird Luciana O.* zur<br />
Kämpferin: Seit der Bergbau-Katastrophe am Rio<br />
Doce in Brasilien setzt sich die Lehrerin unermüdlich<br />
ein für die Rechte Tausender Überlebender und für<br />
die Wiederbelebung der Natur.<br />
„Wir sind die Zukunft<br />
und gemeinsam sind wir<br />
stärker als je zuvor.“<br />
Borsha M.*,<br />
Bangladesch<br />
„Alles, was wir hier haben,<br />
verdanken wir dem Fluss.<br />
Was wäre ich, wenn ich<br />
aufhöre zu kämpfen?“<br />
Luciana O.*,<br />
Brasilien
Mit Vertreibung<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Vertreibung.<br />
„Am liebsten würde ich einen Blockbuster drehen“,<br />
sagt der Filmemacher Eriberto Gualinga aus dem<br />
ecuadorianischen Amazonasgebiet. Doch sein Lebensziel<br />
muss warten. Der preisgekrönte Dokumentarfilmer<br />
kämpft weiter mit der Kamera gegen die Vertreibung<br />
der indigenen Gemeinschaften aus dem Regenwald.<br />
Mit Ignoranz<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Gegen Ignoranz.<br />
Ann-Kathrin Borchert will die Welt verbessern. Sie will<br />
sich gegen Vorurteile und Ignoranz gegenüber anderen<br />
Menschen und Kulturen einsetzen. Dafür hat die Wahlkölnerin<br />
nicht die große Bühne der Politik gewählt.<br />
Ihr Weg <strong>ist</strong> leise und stetig, aber wirkungsvoll: Sie <strong>ist</strong><br />
Lehrerin. Am liebsten erzählt sie ihren Schüler*innen<br />
von ihrem <strong>Misereor</strong>-Projektbesuch in Kenia.<br />
Fotos: Kathrin Harms/<strong>Misereor</strong> (Ecuador), Klaus Mellenthin (Deutschland)<br />
„Wer erzählt unsere Geschichte,<br />
wenn ich es nicht tue?“<br />
Eriberto Gualinga,<br />
Ecuador<br />
„Ich freue mich jedes Mal<br />
auf diese Unterrichtseinheit.<br />
Wenn ich von meinen persönlichen<br />
Erfahrungen erzähle,<br />
bekomme ich alle zu<br />
packen. Dann sind<br />
sie voll dabei.“<br />
Ann-Kathrin Borchert,<br />
Deutschland
„Project 90 by 2030“<br />
Foto: Tobias Ginsberg<br />
Der bisherige Verlauf des Wasserstoffprojekts in<br />
Namibia zeigt: Grüne Energie und klimagerechte<br />
Politik sind nicht automatisch gleichermaßen gewährle<strong>ist</strong>et.<br />
Die <strong>Misereor</strong>-Partnerorganisation „Project<br />
90 by 2030“ macht sich deshalb für eine gerechte<br />
Energiewende in Südafrika stark. Namensgebend<br />
<strong>ist</strong> ihr Ziel, bis zum Jahr 2030 90 Prozent<br />
weniger Treibhausgase zu erzeugen und Menschen<br />
einen besseren Zugang zu Stromversorgung<br />
und Wasser zu ermöglichen. Ein Fokus liegt auf<br />
der Ausbildung junger Menschen, die als Mentor*innen<br />
und Vorbilder den Wandel in ihren lokalen<br />
Gemeinschaften beschleunigen.<br />
lage fließt. Diese Möglichkeiten<br />
werden bislang nicht gesehen<br />
oder aber als zweitrangig abgetan.<br />
<strong>Das</strong>s stattdessen die Versorgung<br />
der neuen Anlage Priorität<br />
vor allen anderen Nutzungs- und<br />
Verwertungsmöglichkeiten hat, liegt<br />
an der Dominanz ausländischer Privatinvestoren.<br />
<strong>Das</strong> wäre eine verpasste Chance.<br />
Denn Deutschland hat mit diesem<br />
Projekt die Gelegenheit, seine h<strong>ist</strong>orische<br />
Verantwortung als ehemalige Kolonialmacht<br />
zu nutzen, um Namibias<br />
Interessen als gleichberechtigt anzuerkennen<br />
und zu unterstützen – und damit<br />
zur Versöhnung beizutragen.<br />
Dafür müssen bei der laufenden Machbarkeitsstudie<br />
die Forderungen und Zweifel der<br />
Zivilgesellschaft gehört und ernst genommen<br />
werden. Die Standortkritik zum Beispiel: Sollten<br />
die Solar- und Windparkanlagen tatsächlich in<br />
einem Nationalpark entstehen, der etliche seltene<br />
Pflanzen beheimatet? Nötig sind jetzt konkrete<br />
Maßnahmen, damit eine Wasserstoffanlage nachhaltig<br />
alle Lebensbereiche in Namibia fördern<br />
kann. Der Strom- und Wasserzugang <strong>ist</strong> dabei naheliegend.<br />
Die Unterstützung beim Bau neuer Siedlungen,<br />
Straßen und Schulen <strong>ist</strong> es ebenso. Damit<br />
sich die Energiewende für alle lohnt.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
23
INTERVIEW<br />
Foto: Guy Bubb via Getty Images<br />
24<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Hoffen auf die<br />
Energiewende: Volker<br />
Quaschning, Professor<br />
für Regenerative Energiesysteme<br />
in Berlin (o.) und<br />
<strong>Misereor</strong>-Abteilungsleiter<br />
Peter Meiwald<br />
Während in Deutschland die Energiewende nur mühsam<br />
vorankommt, warten in Afrika noch immer viele Menschen<br />
auf einen Zugang zu Strom. Volker Quaschning und Peter<br />
Meiwald im Zoom-Gespräch über Energiegerechtigkeit in<br />
Zeiten der Klimakrise und nachhaltige Energie für alle.<br />
<strong>Das</strong> Gespräch moderierte Birgit-Sara Fabianek<br />
Herr Quaschning, Sie sagen, wir brauchen<br />
eine Energierevolution, keine laue<br />
Energiewende: Was meinen Sie damit?<br />
Volker Quaschning: Wir haben momentan<br />
1,2 Grad globale Erderwärmung,<br />
wir hätten eine Chance, unter zwei<br />
Grad zu bleiben, wenn wir in den<br />
nächsten 20 Jahren das Ruder radikal<br />
herumreißen und zu 100 Prozent auf<br />
erneuerbare Energien umsteigen. Die<br />
Technik <strong>ist</strong> da. Wir haben die Lösungen.<br />
Wir müssen sie nur noch einsetzen.<br />
Wenn wir das tun, bleiben wir in<br />
einem Bereich, der beherrschbar <strong>ist</strong>.<br />
Es gibt noch viele Widerstände<br />
und Bedenken dagegen.<br />
Quaschning: Es wird eine komplett andere<br />
Welt, wenn wir keine Kohle, kein<br />
Öl oder Gas <strong>mehr</strong> verbrennen: Es wird<br />
sauberer, leiser, grüner. Man möchte<br />
hoffen, dass sich Deutschlands Wirtschaft<br />
an die Spitze dieser technologischen<br />
Revolution stellt, aber sie tut es<br />
nicht. Doch wenn wir weiter im<br />
Schneckentempo Energiewende machen,<br />
laufen wir auf eine Welt hinaus,<br />
die sich um <strong>mehr</strong> als drei Grad erwärmt,<br />
das <strong>ist</strong> etwa dreimal so viel wie<br />
bislang. Natürlich werden dann auch<br />
alle Phänomene, die uns jetzt belasten,<br />
entsprechend schlimmer werden: Die<br />
Hitzewellen werden Gebiete komplett<br />
unbewohnbar machen, weil sie zu heiß<br />
sind, dazu gehören dann auch große<br />
Teile Afrikas und auch Südamerikas,<br />
der Globale Süden wird besonders<br />
stark darunter leiden.<br />
Eine weitere Zerstörung wird durch<br />
den Anstieg der Meeresspiegel in Zeitlupe<br />
hinterherkommen. Dann brechen<br />
im Umfeld von Küsten auch die Nahrungsmittel-<br />
und die Trinkwasserversorgung<br />
zusammen. <strong>Das</strong> wird indirekt<br />
auch den Globalen Norden treffen,<br />
denn die Menschen müssen ja irgendwo<br />
hin.<br />
<strong>Das</strong> heißt, in einer Welt mit drei Grad<br />
Plus macht die Frage, ob wir mit dem E-<br />
Auto fahren oder Solaranlagen auf dem<br />
Dach haben, keinen Unterschied <strong>mehr</strong>?<br />
Quaschning: Genau. Bei drei Grad Plus<br />
sind wir im stetigen Überlebensmodus.<br />
<strong>Das</strong> <strong>ist</strong> auch bei uns vielen Menschen<br />
nicht bewusst. Es gibt einen Aphorismus<br />
von Eckart von Hirschhausen:<br />
„Von allem Geld der Welt kann ich mir<br />
keine Außentemperatur kaufen.“ Wir<br />
brauchen wirklich eine Disruption, ein<br />
Fotos: Claudia Fahlbusch (u.), Cornelia Quaschning (o.)<br />
schnelles Ende der gesamten Verbrennungsenergie.<br />
Es geht nicht darum,<br />
statt Diesel überall Bio-Diesel in den<br />
Tank zu kippen oder mit Pellets zu heizen.<br />
<strong>Das</strong> wird uns nicht helfen, die Klimakrise<br />
aufzuhalten.<br />
Peter Meiwald: In Afrika hat sich in<br />
den vergangenen zehn bis 15 Jahren<br />
eine Perspektive eröffnet, um das fossile<br />
Zeitalter zu überspringen. Es gibt einen<br />
großen Druck, den Kontinent zu<br />
elektrifizieren, seit die Leute alles<br />
über Mobiltelefone machen. Auch in<br />
abgelegenen Orten braucht man heute<br />
Strom. Die Regierungen geraten unter<br />
Druck, Strom bereitzustellen und hätten<br />
technologisch alle Möglichkeiten,<br />
dafür erneuerbare Energien einzusetzen.<br />
Doch auch in Afrika spürt man<br />
momentan die Abwehrkämpfe der Ver-<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
25
Unabhängig von<br />
fossilen Energien und<br />
Diesel-Generatoren:<br />
Solarpanels in Südafrika<br />
treter*innen alter Geschäftsmodelle,<br />
überall dort, wo massiv investiert wird<br />
in Kohle, in Gas, in Ölförderung – hier<br />
werden gerade wichtige Chancen vertan<br />
und Strukturen ausgebaut, die uns<br />
noch Jahrzehnte weiter belasten.<br />
In Afrika spricht man darüber,<br />
überhaupt einen Zugang zu Energie<br />
zu bekommen?<br />
Meiwald: Ganz genau. Für die Hälfte<br />
der Menschen in afrikanischen Ländern<br />
geht es erstmal um die Grundversorgung,<br />
darum, überhaupt Strom zu<br />
haben – damit Schulkinder bei Licht<br />
Hausaufgaben machen können, um zu<br />
kochen ohne die verbliebenen Wälder<br />
zu verbrennen, um Geld mit dem Mobiltelefon<br />
zu transferieren, um Wettervorhersagen<br />
für die Landwirtschaft zu<br />
erhalten, um etwas zu produzieren,<br />
mit dem sich handeln lässt. Die Projektpartner<br />
von <strong>Misereor</strong> bauen Solaranlagen<br />
mit Speichern für Gesundheitsstationen<br />
und Krankenhäuser im<br />
Kongo, in Sambia oder Somalia und<br />
kleine Wasserkraftanlagen im Ost-<br />
Kongo, in der Region Nord-Kivu. Diese<br />
Wir haben es<br />
noch in der<br />
Hand. <strong>Das</strong> gibt<br />
mir Hoffnung.<br />
Förderungen haben wir in den vergangenen<br />
Jahren massiv ausgeweitet, um<br />
einen Beitrag dazu zu le<strong>ist</strong>en, dass Gemeinschaften<br />
etwas unabhängiger werden<br />
von fossilen Energien und Diesel-<br />
Generatoren.<br />
Bei uns wird darüber gestritten,<br />
dass Wärmepumpen viel zu teuer sind.<br />
Wie sollen weniger wohlhabende<br />
Länder das schultern?<br />
Quaschning: Bei fossiler Energie <strong>ist</strong> der<br />
Einstieg preiswert, aber dann müssen<br />
die Energieträger kontinuierlich nachgekauft<br />
werden. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> vergleichbar<br />
mit dem Suchtmodell: Man wird erst<br />
abhängig gemacht mit niedrigen Inves-<br />
26<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
Volker Quaschning
Es gibt einen<br />
großen Druck,<br />
Afrika zu elektrifizieren,<br />
seit die<br />
Leute alles über<br />
Mobiltelefone<br />
machen<br />
Peter Meiwald<br />
titionen und dann hängt man am<br />
Stoff. Bei den erneuerbaren Energien<br />
muss man am Anfang viel investieren,<br />
aber danach bleibt man für eine lange<br />
Zeit unabhängig. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> eine andere<br />
Perspektive und eine Chance – auch<br />
für den Globalen Süden.<br />
Meiwald: Wir in Deutschland haben<br />
auch die Verantwortung für eine tiefgreifende<br />
Veränderung, denn wir<br />
haben die Mittel, sie zu bezahlen. In<br />
Afrika gibt es viele Gegenden, da konnte<br />
man vor fünfzehn Jahren schon<br />
sehen, welche Folgen die Klimakrise<br />
hat, in Ruanda zum Beispiel. Doch die<br />
Menschen dort hatten weder die technischen<br />
noch die finanziellen Mittel,<br />
sich dagegen zu wappnen und anzupassen,<br />
nun stehen sie vor Ernteausfällen<br />
und Überschwemmungen und müssen<br />
reagieren.<br />
Wir haben viel Know-how. Auch wenn<br />
es natürlich schade <strong>ist</strong>, dass viele der<br />
technischen Ideen, die bei uns entwickelt<br />
worden sind, jetzt in China umgesetzt<br />
und produziert werden statt bei<br />
uns. Aber die Hauptsache für den Klimaschutz<br />
<strong>ist</strong>: Die Technologien sind<br />
jetzt da. Wir sollten die Chancen nicht<br />
vergehen lassen, indem wir auf dem<br />
Alten beharren. Es <strong>ist</strong> Zeit, dass wir<br />
endlich den Anschluss finden und Teil<br />
der Lösung werden.<br />
Könnte Deutschland sich tatsächlich<br />
komplett selbst versorgen<br />
mit erneuerbarer Energie?<br />
Quaschning: Ja. Wenn wir zwei bis vier<br />
Prozent der Landesfläche in die Stromproduktion<br />
investieren würden, dann<br />
könnte sich Deutschland selbst versorgen.<br />
Aber wir wollen das nicht. <strong>Das</strong><br />
führt dazu, dass wir Energie importieren<br />
müssen und anderswo gigantische<br />
Man möchte hoffen,<br />
dass sich Deutschlands<br />
Wirtschaft<br />
an die Spitze dieser<br />
technologischen<br />
einen Zaun darumzieht, während auf<br />
der anderen Seite des Zauns Menschen<br />
ohne Zugang zu Energie leben.<br />
Meiwald: <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> eine Frage von Verhandlungen.<br />
<strong>Misereor</strong> arbeitet mit<br />
daran, dass die Menschen in Namibia<br />
Zugang zu den Verhandlungen und<br />
einer fairen Stromversorgung bekommen,<br />
bevor große Strommengen in<br />
Wasserstoff für uns im Norden eingesetzt<br />
werden. Dafür stärken wir zivilgesellschaftliche<br />
Gruppen, die den Regierungen<br />
auf die Finger schauen wie<br />
etwa die Organisation Powershift Africa<br />
in Nairobi. Es kommt darauf an,<br />
dass nicht korrupte Regierungen mit<br />
Unternehmen aus China oder Europa<br />
ihre Deals machen und die Bevölkerung<br />
nichts davon hat. In Deutschland<br />
versuchen wir in Gesprächen mit der<br />
Bundesregierung und mit Unternehmen<br />
dafür zu sorgen, dass die lokale<br />
Bevölkerung nicht über den Tisch ge-<br />
Fotos: Michelly Rall (li.), Dwayne Senior via Getty Images (re.)<br />
Wie lange können wir mit unserem<br />
Lebensstil so weitermachen?<br />
Quaschning: Vielleicht noch zehn Jahre.<br />
Es gibt immer wieder globale<br />
Schwankungen wie das El Niño-Ereignis,<br />
bei dem Erwärmungen im Pazifik<br />
die Klimakrise vorantreiben. Danach<br />
wird es zunehmend schwierig sein. Bereits<br />
jetzt hungern 735 Millionen Menschen,<br />
durch die Klimaverwerfungen<br />
kann diese Zahl stark ansteigen, dann<br />
erreichen die Flüchtlingsströme ganz<br />
andere Dimensionen. Spätestens dann<br />
wird man auch bei uns die Augen<br />
nicht <strong>mehr</strong> verschließen können.<br />
Meiwald: Es gilt, etwas zu verändern.<br />
Aber wir stehen nicht hilflos davor.<br />
Revolution stellt,<br />
aber sie tut es nicht<br />
Volker Quaschning<br />
Flächen in Anspruch nehmen, um unseren<br />
Energiehunger zu stillen. <strong>Das</strong><br />
kann eine wirtschaftliche Chance sein<br />
für die Länder, die uns diese Flächen<br />
bereitstellen. Es kann aber auch zu<br />
einer neuen Energie-Kolonisation führen,<br />
etwa wenn man in Namibia riesige<br />
Fotovoltaik-Anlagen für die Wasserstoff-Herstellung<br />
installiert und dann<br />
Natur trifft auf<br />
Technik: Windräder<br />
erzeugen im Nationalpark<br />
in Kenia regenerative Energie<br />
zogen wird. Natürlich <strong>ist</strong> <strong>Misereor</strong><br />
selbst als große Entwicklungsorganisation<br />
nur ein kleiner Fisch im Becken,<br />
bei den Investitionen, um die es geht.<br />
Quaschning: Es geht um Investitionen<br />
in Höhe von 500 Milliarden aufwärts,<br />
um den Wasserstoff zu erzeugen, den<br />
wir für die Energiewende allein in<br />
Deutschland benötigen.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
27
<strong>Misereor</strong> arbeitet mit<br />
daran, dass die Menschen<br />
in Namibia Zugang<br />
zu den Verhandlungen<br />
und einer<br />
fairen Stromversorgung<br />
bekommen<br />
Peter Meiwald<br />
Gibt es eigene Projekte für grüne<br />
Energietechnik in Afrika?<br />
Meiwald: Es gibt in Uganda oder Kenia<br />
interessante Entwicklungen, was E-Mobilität<br />
angeht und außergewöhnliche<br />
Start-ups. Und es wäre wünschenswert,<br />
dass es eine Chance gibt, Wertschöpfungsketten<br />
zu entwickeln, damit der<br />
Kontinent nicht nur von einer Abhängigkeit<br />
in die nächste wechselt. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong><br />
die Herausforderung. Die Frage <strong>ist</strong>,<br />
schaffen wir es über Entwicklungszusammenarbeit,<br />
über eine faire Gestaltung<br />
von Lieferketten, diesen Ansätzen<br />
eine Chance zu geben?<br />
Quaschning: Da bin ich skeptisch,<br />
schon mit Blick auf die Größe chinesischer<br />
Unternehmen. Auch für Deutschland<br />
– da überlegen wir ja jetzt die Solarmodulfertigung<br />
wieder aufzubauen,<br />
da werden dann Zahlen genannt,<br />
mal fünf, mal zehn Gigawatt – und in<br />
China denken sie in Größen von 1.000<br />
Gigawatt. <strong>Das</strong> heißt, bei dem was<br />
selbst in Deutschland noch machbar<br />
erscheint, geht es um nicht <strong>mehr</strong> als<br />
einen Prozent Weltmarktanteil. Allein<br />
durch die schiere Größe ihrer Produktion<br />
hat China sehr große Wettbewerbsvorteile,<br />
die sind schwer kompensierbar.<br />
Es wäre sinnvoll gewesen,<br />
wenn es im Bereich erneuerbarer Energien<br />
einen Wettbewerb zwischen den<br />
Systemen und Technologien gegeben<br />
hätte. Aber das hat man versäumt.<br />
Volker Quaschning <strong>ist</strong> Professor für Regenerative Energiesysteme an<br />
der HTW Berlin und Mitinitiator der Initiative Scient<strong>ist</strong>s for Future. Über<br />
YouTube, Podcast, TikTok und Twitter macht er auf die Klimakrise und<br />
erneuerbare Energien aufmerksam. Er <strong>ist</strong> Autor des Bestsellers „Energierevolution<br />
jetzt!“ (2022). Seit dem Jahr 2005 bewohnt er mit seiner<br />
Familie ein Niedrigenergiehaus, bei dem erneuerbare Energien den Energiebedarf<br />
vollständig und klimaverträglich decken.<br />
Peter Meiwald <strong>ist</strong> Sozialpädagoge und Abteilungsleiter Afrika und<br />
Naher Osten bei <strong>Misereor</strong> und Koordinator des interdisziplinären<br />
Teams „Gute Energie“ bei <strong>Misereor</strong>. Er war von 2013 – 2017 Mitglied<br />
des Deutschen Bundestages und in dieser Zeit umweltpolitischer Sprecher<br />
der Grünen-Bundestagsfraktion.<br />
Heliostat und zentraler<br />
Aggregatturm der Solaranlage<br />
in der Wüste bei<br />
Keimoes, Südafrika<br />
Was bringt die Diskussion<br />
über erneuerbare Energien jetzt<br />
positiv voran?<br />
Quaschning: <strong>Das</strong>s wir uns darüber klar<br />
werden: Wir haben es noch in der<br />
Hand. <strong>Das</strong> gibt mir Hoffnung. Es gibt<br />
Kipppunkte, nicht nur beim Klima,<br />
sondern auch bei der Technik. Als das<br />
Smartphone eingeführt wurde, dachten<br />
viele, was für ein technologischer<br />
Schnickschnack. Und doch hat es massive<br />
Veränderungen ausgelöst, die sich<br />
vor 20 Jahren noch niemand hätte vorstellen<br />
können. <strong>Das</strong> heißt: Disruptionen<br />
finden statt, mit der Kraft des Faktischen.<br />
Wenn wir diesen Elan, mit<br />
dem wir das Smartphone in unseren<br />
Alltag eingelassen haben, für die Energiewende<br />
aufbringen, und sehen, dass<br />
der Gewinn mindestens ebenso hoch<br />
<strong>ist</strong>, dann werden wir sie auch hinbekommen.<br />
Es <strong>ist</strong> technisch alles Notwendige<br />
vorhanden. Wir müssen nur noch<br />
die Leute überzeugen.<br />
Meiwald: Und wenn wir das hier bei uns<br />
vorleben, von dem wir wünschen, dass<br />
es auch im Globalen Süden umgesetzt<br />
wird, dann haben wir gute Chancen,<br />
dass Afrika dieses fossile Zeitalter überspringt.<br />
Und dann haben wiederum<br />
wir alle Chancen, das Zeitfenster einzuhalten,<br />
was uns noch offensteht.<br />
28<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Bis zu 3,6 Milliarden Menschen<br />
leben laut Weltklimabericht<br />
in Regionen, die besonders von<br />
den Folgen des Klimawandels<br />
betroffen sind – das <strong>ist</strong> fast die<br />
Hälfte der Weltbevölkerung.<br />
Katia Tabera <strong>ist</strong> einer von ihnen.<br />
M<br />
eine Familie stammt aus Kiribati, einem aus<br />
<strong>mehr</strong>eren kleinen Atollen bestehenden Inselstaat,<br />
umgeben von einem weiten Ozean im<br />
Südpazifik. Mein Land <strong>ist</strong> aufgrund der Klimaerwärmung<br />
dabei zu versinken. <strong>Das</strong> beeinflusst<br />
unseren Alltag, es macht uns verletzlich und<br />
hilflos. Ein großer Teil unserer Wasserressourcen<br />
wie Brunnen und Bohrlöcher sind<br />
wegen des Meeresspiegelanstiegs zu salzig,<br />
um sie zum Trinken zu nutzen. Jeden<br />
Tag beobachten wir verzweifelt, wie das<br />
Meerwasser uns immer <strong>mehr</strong> Land nimmt.<br />
Dort, wo jetzt nur noch Pfähle aus dem Wasser<br />
ragen, liegt unser Friedhof. Jetzt sind die<br />
Gräber überflutet. Durch die schrumpfende Landfläche<br />
können wir uns nicht <strong>mehr</strong> sicher sein, ob<br />
auf unseren Inseln noch genügend Platz für unsere<br />
Nachfahren bleiben wird. Wegen der Klimakrise<br />
fehlt auch Regenwasser. Für ein ganzes Jahr reicht<br />
es schon jetzt nicht <strong>mehr</strong> aus. Der Wassermangel<br />
führt dazu, dass Pflanzen eingehen oder verschwinden.<br />
<strong>Das</strong> alles beunruhigt mich sehr. Denn<br />
wir brauchen unser Land und auch das Meer zum<br />
Überleben.“<br />
Protokoll : Cora Laes-Fettback<br />
Foto: Cora Laes-Fettback<br />
Katia Tabera studiert an der University of South Pacific<br />
in Suva. Er verdient sich etwas Geld mit Tanzen dazu und<br />
möchte nach dem Studium nach Kiribati zurückkehren.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
29
30<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
UGANDA<br />
Die ugandische Umweltaktiv<strong>ist</strong>in Hamira Kobusingye kämpft gegen<br />
die Klimakrise. <strong>Das</strong> wird von der Regierung in Kampala ungern gesehen.<br />
In Bremen bekommt sie dafür den Solidaritätspreis.<br />
Text von Simone Schlindwein<br />
Fotos von Eduardo Soteras Jalil<br />
Als die junge ugandische Umweltaktiv<strong>ist</strong>in Hamira Kobusingye<br />
im Frühjahr <strong>2023</strong> eine E-Mail aus Deutschland<br />
bekommt, verschiebt sie die Nachricht erst einmal<br />
in ihren Spam-Ordner. Wer sollte auf die Idee kommen,<br />
ausgerechnet ihr den diesjährigen Solidaritätspreis der Hansestadt<br />
Bremen zum Thema „Klimagerechtigkeit“ zu verleihen?<br />
Netter Versuch, dachte sie, aber den Betrug durchschaue<br />
ich. Erst nach der dritten E-Mail mit dem Betreff:<br />
„Einladung zur Preisverleihung in Bremen“ und einem Telefonat<br />
mit der Bremer Senatskanzlei beginnt sie der Sache<br />
zu trauen, erzählt sie etwas verlegen.<br />
Bis heute weiß sie nicht, wer sie für diesen Preis, der mit<br />
10.000 Euro dotiert <strong>ist</strong>, vorgeschlagen hat. Und der Gedanke<br />
an die Preisverleihung im Herbst macht sie immer noch<br />
etwas nervös. „Ich weiß nicht, ob ich schreien oder weinen<br />
soll vor Freude“, sagt sie und setzt hinzu: „Ich freue mich,<br />
dass ich so vielen jungen Menschen in Uganda ein Vorbild<br />
sein kann.“<br />
Aufgewachsen <strong>ist</strong> die heute 28-jährige Hamira Kobusingye<br />
in einem der zahlreichen Armenviertel der ugandischen<br />
Hauptstadt Kampala bei ihrer alleinerziehenden Mutter.<br />
Schon früh hat sie die Erfahrung gemacht, dass ihre Schulbildung<br />
unmittelbar mit dem Klima zusammenhing, denn<br />
ihre Großmutter bezahlte ihre Schulgebühren von den Einnahmen,<br />
die sie mit dem Verkauf ihres selbst angebauten<br />
Gemüses auf dem Markt erwirtschaftete. „Ich hatte wirklich<br />
Glück, dass das Wetter damals stabil war und meine<br />
Oma stets eine gute Ernte hatte“, erinnert sich Kobusingye<br />
an ihre Schulzeit. „Ich kannte viele Kinder, die die Schule<br />
abgebrochen haben, weil die Eltern sich die immer teurer<br />
werdenden Schulgebühren<br />
nicht <strong>mehr</strong> le<strong>ist</strong>en konnten.“<br />
Kobusingye schaffte es dank<br />
des Gemüseackers ihrer<br />
Großmutter bis zum Abschluss<br />
an der Sekundar-<br />
Hamiras Bildung<br />
schule. Danach war sie<br />
zunächst arbeitslos und<br />
fand nirgends einen Job.<br />
Also beschloss sie, sich mit<br />
einem eigenen Unternehmen<br />
selbstständig zu machen.<br />
Sie eröffnete einen Reinigungsservice,<br />
auch weil<br />
sie Arbeitsplätze für Frauen zu bezahlen<br />
schaffen wollte. Mittlerweile<br />
beschäftigt sie 35 junge Frauen,<br />
darunter viele alleinerziehende<br />
Mütter. Ihre Firma verwaltet Kobunsingye bis<br />
heute vom Küchentisch ihrer Mutter aus. Obwohl sie mittlerweile<br />
ein angemessenes Monatseinkommen hat, lebt sie<br />
nach wie vor mit ihrer Mutter im Armenviertel.<br />
hing auch davon ab,<br />
wie viel Gemüse ihre<br />
Großmutter auf dem<br />
Markt verkaufen konn-<br />
te, um ihr Schulgeld<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
31
<strong>Das</strong> Mobiltelefon<br />
<strong>ist</strong> ihre wichtigste<br />
Waffe im Kampf<br />
gegen den Klimawandel<br />
Von dort aus engagiert sie sich auch ein bis zwei Tage in der<br />
Woche für ihre Initiative „Klimagerechtigkeit in Afrika“. Sie<br />
bringt jungen Frauen und Mädchen in den Armenvierteln<br />
Kampalas bei, wie sie auf ihren Hausdächern oder Vorgärten<br />
in alten Plastikbehältern kleine Gemüsegärten anlegen<br />
können, um ihre Familien damit zu versorgen oder die Erträge<br />
auf dem Markt zu verkaufen.<br />
Erst kürzlich pflanzte<br />
sie gemeinsam mit ihren<br />
Mitstreiter*innen in den Vierteln<br />
Hunderte Mango-, Avocado-<br />
und Papaya-Bäume. „Diese<br />
Bäume sind nicht nur gut<br />
für das Klima, sondern werfen<br />
auch Früchte ab, die man<br />
direkt essen kann und die<br />
noch dazu gesund sind.“<br />
Die Idee, sich der internationalen<br />
Klimabewegung „Fridays<br />
for Future“ anzuschließen,<br />
hatte sie im Sommer<br />
2019, erzählt Kobusingye. Damals<br />
schien in Uganda die Sonne so heiß, dass die Ernte in<br />
den frisch angelegten Stadtgärten überall einging. „<strong>Das</strong> hat<br />
mich sehr beschäftigt und nicht <strong>mehr</strong> losgelassen“, sagt sie<br />
und erzählt, dass sie sich bei jeder neuen Hitzebotschaft<br />
ausrechnete, wie vielen Eltern dadurch das Geld für Schulgebühren<br />
fehlen würde.<br />
Bei zahlreichen<br />
Demonstrationen<br />
in Kampala werden<br />
Ugandas Aktiv<strong>ist</strong>*innen<br />
von der Polizei<br />
brutal misshandelt<br />
Auf dem Handy<br />
hat Hamira Kobunsingye<br />
zahlreiche Protestaktionen<br />
dokumentiert<br />
Als im Frühjahr 2020 Ugandas Regierung<br />
aufgrund der Corona-Pandemie<br />
einen kompletten Lockdown<br />
verhängte und die Stadtgärten für<br />
viele Frauen und Kinder in den Armenvierteln<br />
zum wichtigsten Einkommensfaktor<br />
wurden, fing sie<br />
an, zu extremen Wetterereignissen<br />
zu recherchieren, um zu verstehen,<br />
wieso die Ernte im Vorjahr so gering<br />
ausgefallen war. „Da stieß ich<br />
auf das Problem der Klimaerwärmung.“<br />
Sie entschied, einen Twitter-Account<br />
zu eröffnen und eine Kampagne für eine Klimawende<br />
zu starten. „Am Anfang war ich alleine“, sagt sie,<br />
„das deprimierte mich sehr. Deswegen schloss ich mich Fridays<br />
for Future an, fing an, neue Aktiv<strong>ist</strong>innen und Aktiv<strong>ist</strong>en<br />
zu gewinnen und zeigte ihnen, wie man Aktionen<br />
plant und durchführt.“<br />
Kobusingyes Mobiltelefon <strong>ist</strong> seitdem ihre wichtigste<br />
Waffe, und es steht niemals still. Stetig piepst und blinkt es.<br />
In ihrer Fotosammlung auf dem Handy hat sie zahlreiche<br />
ihrer Protestaktionen auf Kampalas geschäftigen Straßen<br />
dokumentiert, an denen sie in den vergangenen Jahren teilgenommen<br />
hat. <strong>Das</strong> ostafrikanische Land <strong>ist</strong> vom Klimawandel<br />
stark betroffen: Überschwemmungen durch Starkregen,<br />
Erdrutsche, dazwischen lange heiße Trockenzeiten, die die<br />
Ernten eingehen lassen und damit steigende Lebensmittelpreise<br />
zur Folge haben. „All das führt in Uganda dazu, dass<br />
die finanziellen Mittel schrumpfen, und wenn diese<br />
schrumpfen, werden Mädchen seltener zur Schule geschickt,<br />
was bedeutet, dass sie in der Regel früher schwanger<br />
werden“, zählt Kobusingye die Konsequenzen der Klimakrise<br />
für Bildung und Lebensgestaltung insbesondere von<br />
Mädchen und jungen Frauen auf.<br />
Im vergangenen Jahr hat sich ihr Aktivismus allerdings<br />
stark verändert. Seitdem auch die Klimabewegung in Europa<br />
gegen die geplante Ölpipeline EACOP (Ostafrikanische<br />
Rohölpipeline) vorgeht, die längste beheizte Ölpipeline der<br />
Welt, die von Ugandas Ölfeldern über 1.400 Kilometer bis<br />
zum Indischen Ozean an der Küste Tansanias verlegt wer-<br />
32<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Ihre Firma verwaltet<br />
Hamira Kobunsingye<br />
bis heute<br />
vom Küchentisch<br />
ihrer Mutter aus<br />
den soll, geht Ugandas zunehmend autokratisches<br />
Regime brutal gegen Klimaaktiv<strong>ist</strong>innen<br />
wie Kobusingye vor.<br />
Bei zahlreichen Demonstrationen in<br />
Kampala wurden Ugandas Aktiv<strong>ist</strong>*innen<br />
von der Polizei brutal misshandelt,<br />
festgenommen, <strong>mehr</strong>eren Umweltschutzorganisationen<br />
wurde die<br />
Lizenz entzogen. Dieses radikale und<br />
gewalttätige Vorgehen zeige, so Kobusingye,<br />
„dass wir einen wirklich guten<br />
Job gemacht haben als aktive Bürgerinnen<br />
und Bürger von Uganda. Wir haben<br />
erreicht, dass die Klimabewegung<br />
mittlerweile weltweit über diese Pipeline<br />
spricht“, freut sie sich. Doch sie<br />
muss auch zugeben, dass sie und ihre<br />
Mitstreiter*innen in Uganda selbst<br />
nun vorsichtiger sein müssen, um<br />
nicht im Gefängnis zu landen: „Deswegen<br />
pflanze ich jetzt lieber überall<br />
Bäume, statt auf den Hauptstraßen zu<br />
protestieren“, sagt sie und grinst.<br />
Preis als Ermutigung<br />
Der Bremer Solidaritätspreis wird<br />
seit dem Jahr 1988 alle zwei Jahre<br />
vom Senat der Freien Hansestadt<br />
Bremen verliehen. Er <strong>ist</strong> mit einem<br />
Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro<br />
dotiert. Thema der aktuellen Ausschreibung<br />
des 18. Preises <strong>ist</strong> der<br />
menschengemachte Klimawandel<br />
als eine der zentralen ethisch-politischen<br />
Herausforderungen der<br />
Menschheit.<br />
INTERVIEW<br />
„Mit Ideen mache ich<br />
den Leuten Mut“<br />
Hamira Kobusingye über ihre Lernkurve als Aktiv<strong>ist</strong>in<br />
und was sie als nächstes plant<br />
Interview: Simone Schlindwein<br />
Welche Hürden gibt es für<br />
Aktiv<strong>ist</strong>*innen in Uganda?<br />
Fehlende Bildung und Information<br />
sind eine große Hürde. Es geht darum,<br />
die einfachen Leute zu erreichen und<br />
sie mit klaren und verständlichen Worten<br />
aufzuklären über Klimakrise und<br />
Gesundheitsprobleme und wie sehr<br />
diese Themen zusammenhängen. Denn<br />
nur diejenigen, die informiert sind,<br />
haben die Macht, etwas zu ändern.<br />
In meinen Projekten mache ich die<br />
Erfahrung, dass es viel fruchtbarer <strong>ist</strong>,<br />
mit Ideen für Lösungen zu kommen,<br />
statt immer nur die Probleme aufzuzeigen.<br />
<strong>Das</strong> macht den Leuten Mut.<br />
Früher habe ich vor allem den Teufel<br />
an die Wand gemalt und alles schlecht<br />
geredet. <strong>Das</strong> hat die Leute, die ich eigentlich<br />
erreichen und anspornen<br />
wollte, verunsichert und verängstigt.<br />
Zu Beginn dieses Jahres habe ich entschieden,<br />
den Fokus verstärkt auf konstruktive<br />
Lösungsansätze zu lenken.<br />
Seitdem ich mit diesen Ansätzen zu<br />
den Leuten gehe, kann ich sie <strong>mehr</strong> bege<strong>ist</strong>ern.<br />
Wir packen jetzt die Probleme<br />
an und tun etwas, statt uns nur<br />
wie gelähmt zu fühlen.<br />
Und was packen Sie als nächstes an?<br />
Ich möchte meine Projekte auf stabile<br />
und nachhaltige Beine stellen. <strong>Das</strong><br />
heißt, ich werde meine Initiative „Klimagerechtigkeit<br />
Afrika“ in Uganda als<br />
Nichtregierungsorganisation offiziell<br />
reg<strong>ist</strong>rieren lassen, Mitarbeiter*innen<br />
einstellen, ein Konto eröffnen, einen<br />
Computer kaufen. Dazu fehlten mir<br />
bislang die Mittel und die Expertise.<br />
Jetzt kann ich mir das le<strong>ist</strong>en und<br />
auch professionelle Beratung suchen,<br />
wie ich eine Nichtregierungsorganisation<br />
am besten leite. Immerhin, ich<br />
habe schon ein passendes Logo und<br />
eine Internetseite.<br />
Was raten Sie jungen Menschen,<br />
die überlegen, aktiv zu werden?<br />
Sie müssen keine Aktiv<strong>ist</strong>*innen sein,<br />
sie müssen nicht die ganze Zeit ein<br />
Banner hochhalten oder ein T-Shirt mit<br />
einer Botschaft tragen. Aber sie sollten<br />
etwas tun! Jeder Beitrag, wirklich jeder,<br />
trägt zu einer größeren Lösung<br />
bei. Und wenn es für den Anfang nur<br />
eine Einkaufstasche aus Baumwolle<br />
<strong>ist</strong>, um Plastiktüten zu vermeiden.<br />
Simone Schlindwein, Jahrgang<br />
1980, lebt und arbeitet<br />
als freie Korrespondentin<br />
seit 2008 in der Region<br />
der Großen Seen, vor allem<br />
in Uganda, Ruanda<br />
und der Demokratischen<br />
Republik Kongo. Zuvor war<br />
sie von 2006 bis 2008 unter anderem Moskau-<br />
Korrespondentin des Spiegel. Sie schreibt vor<br />
allem für die tageszeitung in Berlin und produziert<br />
Reportagen für die deutschen und österreichischen<br />
Radiosender.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
33
TIMOR-LESTE<br />
Ohne Zugang zu Bildung und eigenem Einkommen<br />
und ohne Recht auf Landbesitz haben<br />
Frauen und Mädchen es nicht leicht in der patriarchalisch<br />
geprägten ländlichen Gesellschaft<br />
von Timor-Leste. Auch Cecilia musste sich von<br />
ihrem Wunsch verabschieden, ein Studium<br />
zu beginnen. Aber jetzt greift sie nach einer<br />
neuen Chance. Ihr zweiter Traum <strong>ist</strong> eine<br />
kleine Schneiderei.<br />
Text von Miriam Thiel<br />
Fotos von Kathrin Harms<br />
34<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
So wie Cecilia geht es vielen jungen Frauen<br />
in Timor-Leste. <strong>Das</strong> Geld für ein Studium,<br />
um einen Beruf zu erlernen, fehlt. Und<br />
wenn es reicht, wird der Sohn in die Ausbildung<br />
geschickt. Mädchen und junge Frauen<br />
erwartet in der Regel ein Leben als Ehefrau<br />
und Mutter – ohne die Chance, sich selbst in einem<br />
Beruf zu verwirklichen oder unabhängig zu sein. <strong>Misereor</strong>-Partner<br />
CTID in Baucau hat bewiesen, dass Frauen<br />
ebenso erfolgreich sind wie ihre männlichen Altersgenossen.<br />
Davon <strong>ist</strong> auch der <strong>Misereor</strong>-Partner CTID in Baucau<br />
überzeugt. So bietet er jungen Frauen die Möglichkeit, eine<br />
Ausbildung zu absolvieren: zur Schneiderin oder zur<br />
Köchin. Daneben gibt es auch Kurse in anderen Handarbeiten,<br />
für die Arbeit am PC, aber auch Sprachunterricht.<br />
Nach acht Monaten gehen die Frauen in ein Praktikum.<br />
<strong>Das</strong>s Cecilia<br />
Schneiderin wird,<br />
<strong>ist</strong> auch ihrer Nachbarin zu<br />
verdanken. Durvalina erzählte ihr<br />
von CTID und die 19-Jährige war<br />
Feuer und Flamme. Durvalinas Weg<br />
spricht für sich: Nach weiteren Lehrjahren<br />
in verschiedenen Schneidereien<br />
in der Hauptstadt Dili<br />
führt sie heute erfolgreich<br />
eine Nähstube in<br />
ihrem Dorf.<br />
Handgriffe, die sitzen:<br />
Cecilia <strong>ist</strong> nach wenigen<br />
Monaten ein Profi an der<br />
Nähmaschine<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
35
„Die schwere Traurigkeit<br />
<strong>ist</strong> verschwunden,<br />
weil ich wieder Hoffnung<br />
habe, denn<br />
jetzt gibt es eine<br />
Zukunft. Ich setze<br />
all meine Hoffnung<br />
in dieses Jahr.“<br />
Freundinnen halten<br />
zusammen: gemeinsam die<br />
Schulbank drücken und Zukunftspläne<br />
schmieden<br />
36<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
Der Lehrplan<br />
<strong>ist</strong> breit aufgestellt.<br />
Neben der Schneiderei wird<br />
Cecilia noch in weiteren Fächern unterrichtet:<br />
Portugiesisch, Englisch,<br />
Musik, Tanz, PC-Training, Kochen.<br />
Nach nur wenigen Monaten spielt<br />
Cecilia sogar schon einige Akkorde<br />
auf der Gitarre. Sie <strong>ist</strong> dankbar<br />
für die Vielfalt an<br />
neuen Erfahrungen.<br />
Cecilia weiß,<br />
wie hart ihre Mutter dafür<br />
arbeiten muss, um die monatlichen<br />
Kursgebühren aufzubringen und<br />
welch große Chance sie ihr damit ermöglicht.<br />
Ihr fester Wille, später<br />
ein besseres Leben zu führen,<br />
motiviert Cecilia. Sie <strong>ist</strong> wissbegierig,<br />
strengt sich an und<br />
nimmt jedes Angebot wahr,<br />
das CTID ihr bietet.
Mehr<br />
Informationen über<br />
Cecilia, Durvalina und Manuela<br />
und Möglichkeiten<br />
zur Unterstützung unter:<br />
www.misereor.de/<br />
timor-leste-frauen<br />
Manuela <strong>ist</strong><br />
eine von drei Schneidereilehrerinnen.<br />
Sie <strong>ist</strong> selbst Absolventin<br />
und weiß um die Bedeutung:<br />
„CTID öffnet Türen für junge Frauen<br />
im ganzen Land. Es gibt so viele Beispiele<br />
von jungen Frauen, die heute<br />
ihren eigenen Weg gehen und<br />
unabhängig werden. Sie können<br />
ihre Familie ernähren<br />
und sich entfalten.“<br />
In Schneidereien, Restaurants und Hotels<br />
setzen sie ihre Ausbildung fort. Jedes<br />
Jahr absolvieren so rund 50 junge Frauen<br />
den Kurs und schließen mit einer der beiden<br />
Spezialisierungen ab. Als frischgebackene „Maestra<br />
di Campagna“ können sie auch nach dem Abschluss<br />
auf die Hilfe von CTID zählen: <strong>Das</strong> Follow-up-Programm<br />
bietet, neben der Unterstützung bei der Ausarbeitung<br />
eines Businessplans und einer Marktanalyse, auch finanzielle<br />
Starthilfen. Cecilia <strong>ist</strong> überzeugt vom Konzept von<br />
CTID: „Der Kurs <strong>ist</strong> ganz anders als viele andere. Wir bekommen<br />
hier das Material, das wir benötigen, wir lernen<br />
viele neue Fähigkeiten. Und das Programm hilft, wenn<br />
man danach ein kleines eigenes Business gründen<br />
möchte oder eine Arbeitsstelle sucht.“<br />
Keine Zeit zu verlieren:<br />
Die jungen Frauen nutzen<br />
jede Minute, ihre Fingerfertigkeit<br />
zu trainieren<br />
Kathrin Harms: siehe Seite 3<br />
Miriam Thiel <strong>ist</strong> Referentin für Spenderkommunikation<br />
bei <strong>Misereor</strong> und berät Gruppen, Schulen und Gemeinden<br />
bei ihrem Engagement für <strong>Misereor</strong>-Projekte in<br />
Asien. Im Juli <strong>2023</strong> hat sie im Rahmen einer Projektreise<br />
verschiedene Partner von <strong>Misereor</strong> in Osttimor besucht<br />
und dort unter anderem Cecilia und ihre Freundinnen<br />
kennengelernt.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
37
BILDBAND<br />
Über viele Jahre hat der niederländische Fotograf Reinout van den Bergh<br />
eine Dorfgemeinschaft im Süden Kameruns begleitet, die durch ein<br />
chinesisches Hafenprojekt bedroht <strong>ist</strong>. Im<br />
so entstandenen Bildband entdeckt Roland<br />
Brockmann die Seele von „Eboundja“.<br />
38 ZWEI<strong>2023</strong><br />
EBOUNDJA<br />
Reinout van den Bergh<br />
Kehrer Verlag, 2020<br />
200 Seiten<br />
48,– Euro<br />
Anfang 2011 kommt Reinout van den Bergh erstmals<br />
nach Eboundja, ein kleines Fischerdorf an der Südküste<br />
von Kamerun. Die Menschen dort leben im<br />
Schatten der modernen Welt. Es gibt weder Handys noch<br />
Fernseher, der verschlafene Ort <strong>ist</strong> nicht mal ans Stromnetz<br />
angeschlossen. Doch die Zukunft kündigt sich bereits an:<br />
Neben dem winzigen Eboundja soll ein riesiger Tiefseehafen<br />
entstehen. <strong>Das</strong> chinesische Projekt <strong>ist</strong> der eigentliche Grund,<br />
warum der Fotograf in die Gegend gere<strong>ist</strong> <strong>ist</strong>. Welchen Einfluss<br />
wird das gigantische Bauvorhaben auf die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner haben, die hier seit Langem leben?<br />
Van den Bergh will den Ort „von innen“ kennenlernen.<br />
Und Dorfchef Emile <strong>ist</strong> interessiert. So entsteht die Freundschaft<br />
zu Emile, aber auch zu vielen anderen Bewohnern.<br />
Insgesamt sieben Mal wird der Niederländer nach Eboundja<br />
reisen, jedes Mal bleibt er länger als einen Monat. Den Tiefseehafen<br />
aber wird er nur von weitem fotografieren, schon<br />
weil Sicherheitsleute ihm den Zutritt<br />
verwehren.<br />
Vielleicht <strong>ist</strong> das ein Glück. Denn<br />
so konzentriert sich der Fotograf auf<br />
die Menschen im Dorf. Sein Bildband<br />
zeigt vor allem Porträts, keine Reportagefotos.<br />
Van den Bergh hält weniger<br />
den Wandel, denn das Sein des Dorfes<br />
sowie seiner Bewohnerinnen und Bewohner<br />
fest. Fast könnte<br />
man sagen: die Seele.<br />
Darin liegt die Qualität<br />
der Fotografien. Weitwinkelaufnahmen<br />
von<br />
Baggern, die eine Landschaft<br />
zerstören, kann<br />
jeder. Über Jahre mit<br />
großer Empathie Menschen zu begleiten, <strong>ist</strong> es etwas ganz<br />
anderes. <strong>Das</strong> le<strong>ist</strong>et Reinout van den Bergh.<br />
Seine Fotos bestechen durch Lichteinfall und Schatten;<br />
es sind feine Kompositionen aus natürlichen Farben und<br />
Flächen, sorgsam akzentuiert und teils auch arrangiert. Vor<br />
allem aber zeugen sie von dem Vertrauen, dass zwischen Fotograf<br />
und Fotografierten besteht. <strong>Das</strong> Entwickeln einer solchen<br />
Intimität lernt man nicht auf der Fotoschule. Van den<br />
Berghs Perspektive löst sich von journal<strong>ist</strong>ischen Ansprüchen<br />
und damit am Ende auch vom Projekt des Tiefseehafens.<br />
Sein Fokus liegt auf ganz normalen Menschen und ihrer<br />
privaten Bühne – neben ihrem Bett, beim Blick aus dem<br />
Fenster, beim Radiohören oder allein auf einer Waldlichtung.<br />
Stets spürt man dabei das gegenseitige Einvernehmen.<br />
Schon beim Fotografieren gab van den Bergh seinen Protagon<strong>ist</strong>en<br />
Polaroids; so konnten sie sich sofort selbst auf den<br />
Aufnahmen sehen. Später brachte er ihnen richtige Abzüge<br />
mit, die über die Jahre selbst Teil der Erinnerungskultur des<br />
Dorfes wurden. Mehr kann man als Fotograf eigentlich<br />
nicht erreichen.
Fotos aus dem besprochenen Bildband, © Reinout van den Bergh<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
39
MISEREOR IN AKTION<br />
Energiemangel<br />
im Kongo: Nachts hilft<br />
im Krankenhaus die<br />
Taschenlampe<br />
Foto: Eduardo Soteras Jalil<br />
Energie-Dossier:<br />
eine Einladung zum Eintauchen<br />
D<br />
as Thema Energie hat viele Facetten, und es geht uns<br />
alle an. Weil wir Energie brauchen, um uns zu<br />
ernähren, mobil zu sein, gesund zu bleiben. Weil nicht alle<br />
gleichermaßen Zugang zu Energie haben. Weil das viele abhängt<br />
und manche sogar in ihrer Ex<strong>ist</strong>enz bedroht. Weil<br />
wieder andere so viel Energie verbrauchen, dass sie dadurch<br />
weltweit Lebensgrundlagen in Gefahr bringen. Und auch,<br />
weil die Formen der alternativen Energieversorgung, die<br />
wir kennen, nicht überall gleichermaßen unproblematisch<br />
sind. Mit dem Webdossier „Energie für ein gutes Leben“ bietet<br />
<strong>Misereor</strong> Ihnen einen Rundumblick auf das Thema –<br />
und die spannende Möglichkeit, es aus der Perspektive der<br />
Menschen im Globalen Süden zu betrachten.<br />
Was hat Kohleabbau mit Menschenrechtsverletzungen zu<br />
tun? Wie kann eine globale Energiewende gelingen? Und wie<br />
funktioniert eine Mobilität, die niemanden ausschließt?<br />
Auf diese und viele andere Fragen hat <strong>Misereor</strong> Antworten<br />
gesucht, oft gemeinsam mit den Partnerorganisationen im<br />
Globalen Süden oder in Kooperation mit wissenschaft- lichen<br />
Institutionen. Die Veröffentlichungen dazu bietet das<br />
Webdossier kostenlos zum Download an. Hier finden Sie<br />
außerdem themenbezogene Beiträge aus dem <strong>Misereor</strong>-Blog<br />
sowie Angebote für Unterrichts- und Ausstellungsmaterialien.<br />
Am Beispiel eines Spendenprojekts im Kongo zeigt <strong>Misereor</strong>,<br />
wie der Projektpartner vor Ort lebensrettende Energieversorgung<br />
sichert – unterstützt von Spenderinnen und<br />
Spendern in Deutschland.<br />
Stöbern, weiterdenken, aktiv werden:<br />
<strong>Das</strong> Webdossier finden Sie unter: www.misereor.de/energie<br />
40<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Mehr als ein Dach<br />
und vier Wände<br />
I<br />
m sicheren Zuhause den persönlichen<br />
Akku aufladen: <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> in vielen Großstädten<br />
dieser Welt nicht selbstverständlich. Vor<br />
allem für die, die kein Geld haben oder ganz<br />
neu anfangen müssen. Oft werden diese Menschen<br />
an die Ränder gedrängt, leben unter<br />
unvorstellbaren Bedingungen. In Perus Hauptstadt<br />
Lima und der ecuadorianischen Hafenstadt<br />
Guayaquil nehmen die <strong>Misereor</strong>-Partner<br />
im Projekt „Würdevoll leben und wohnen in<br />
Armenvierteln“ diese Zustände nicht einfach<br />
hin. Sie wissen, dass es oft am Nötigsten fehlt<br />
und dass es doch für gutes Wohnen <strong>mehr</strong><br />
braucht als nur eine Unterkunft. Deshalb finden<br />
sie jeden Tag ganz unterschiedliche Lösungen für die<br />
drängenden Probleme vor Ort. Natürlich helfen sie, Wohnraum<br />
zu schaffen. Dabei achten sie auf Besitzzertifikate,<br />
Energie- und Wasserversorgung. Aber sie vernetzen auch<br />
die Nachbarschaft, unterstützen Kleinstunternehmen und<br />
bieten Jugendlichen Zugang zu Bildung. Mithilfe von klugem<br />
Recycling entlasten sie das Umfeld von Abfall. <strong>Das</strong> sind<br />
nur wenige Beispiele für eine riesige Palette an Maßnahmen.<br />
Unsere Partner brauchen jede Unterstützung, die sie<br />
bekommen können!<br />
Ihre Spende schenkt Menschen ein sicheres,<br />
würdiges Zuhause in der Stadt.<br />
Suchen Sie <strong>mehr</strong> Infos oder möchten Sie spenden?<br />
Besuchen Sie unsere Website:<br />
www.misereor.de/ecuador-peru-armenviertel<br />
Glücks-Kekse:<br />
gute Energie in kleinen Häppchen<br />
K<br />
Bildung bringt<br />
Perspektiven: Kinder lernen<br />
beim <strong>Misereor</strong>-Partner<br />
Hogar de Cr<strong>ist</strong>o<br />
ekse, Muffins und Cupcakes sind bunte Nervennahrung.<br />
Die macht besonders viel Freude, wenn sie<br />
aus fair gehandelten Zutaten besteht und auch noch<br />
Gutes bewirkt. Mit unserer <strong>Misereor</strong>-Spendenaktion<br />
„Glücks-Kekse“ teilen Sie das süße Vergnügen! Zuerst mit<br />
Ihrem Freundeskreis und der Familie, wenn Sie in fröhlicher<br />
Runde kneten, dekorieren und naschen. Dann mit<br />
allen, denen Sie den Tag versüßen, indem Sie ihnen die<br />
Leckereien gegen eine kleine Spende abgeben. Und zum<br />
Schluss mit unseren Partnerorganisationen, die Ihre kleinen<br />
Spenden in großartige Arbeit umsetzen. Damit machen<br />
Sie in vielen Ländern der Welt das Leben von benachteiligten<br />
Menschen auf Dauer besser! <strong>Das</strong> Dream-<br />
Team für einen gemütlichen Winternachmittag in Ihrer<br />
Schule, Ihrem Verein oder der Firma sind übrigens die<br />
Glücks-Kekse und der Coffee Stop …<br />
Fotos: Eduardo Soteras Jalil, Illustration: Kat Menschik<br />
Möchten Sie gleich loslegen?<br />
Tipps und Material bekommen Sie<br />
auf unserer Website unter:<br />
www.misereor.de/glücks-kekse<br />
Besser wohnen:<br />
<strong>Misereor</strong>-Partner schaffen<br />
neuen Wohnraum mit<br />
passender Infrastruktur<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
41
KOLUMNE<br />
Auch unser persönlicher Energiehaushalt steht unter Druck.<br />
Manchmal wünscht sich <strong>frings</strong>-Kolumn<strong>ist</strong>in Anne Lemhöfer<br />
<strong>mehr</strong> erneuerbare Energien auch für sich selbst.<br />
Illustration von Kat Menschik<br />
Alle reden jetzt über Solarpanels<br />
auf dem Balkon. Wir haben zwar<br />
keinen Balkon, aber dafür eine<br />
kleine Terrasse, und der Vermieter <strong>ist</strong><br />
ganz aufgeschlossen für die Idee. <strong>Das</strong><br />
mit dem Stromsparen haben wir im<br />
vergangenen Jahr nochmal intensiviert,<br />
es wurde ein kleiner Wettstreit daraus,<br />
wer es schafft, noch weniger zu verbrauchen<br />
als die anderen. Unsere Jüngste<br />
erfand etwa die Challenge, den<br />
Kühlschrank immer besonders schnell<br />
auf und wieder zuzumachen. Wir waren<br />
nicht völlig erfolglos, wie sich an<br />
der neuesten Abrechnung zeigte.<br />
Manchmal wünsche ich mir allerdings<br />
nicht nur <strong>mehr</strong> erneuerbare Energien<br />
für den Planeten, sondern auch<br />
für mich selbst. Ein T-Shirt aus Solarpanels?<br />
Ein kleines Windrad, das mir<br />
Kraft am Schreibtisch zufächelt oder<br />
eine Wärmepumpe am Sofa, damit die<br />
persönlichen Akkus beim Netflix-<br />
Schauen tatsächlich aufgeladen werden:<br />
<strong>Das</strong> wäre doch für den Anfang<br />
schon mal nicht schlecht. Die Zwangspause,<br />
die einst von der Pandemie<br />
über unseren Alltag gestülpt wurde,<br />
scheint so schnell vorbei, wie sie gekommen<br />
war, gerade als alle dachten:<br />
Ach, hat doch was, so ein bisschen Entschleunigung.<br />
Schneller, als wir die Trainingshosen<br />
vor dem Rechner wieder ausziehen<br />
konnten, landeten im Frühjahr<br />
die freundlich, aber bestimmt formulierten<br />
Mails der Chefinnen und Chefs<br />
in unseren elektronischen Postfächern:<br />
„Willkommen zurück im Büro!“ Also<br />
wieder: Pendlerstau auf den Autobahnen,<br />
stundenlange Meetings, Stehempfänge<br />
und ausgehängte L<strong>ist</strong>en für die<br />
Abteilungsweihnachtsfeier. Torten für<br />
runde Geburtstage werden aufwändiger<br />
denn je gestaltet, die Hochzeiten<br />
gefühlt immer pompöser, die Wohnung<br />
muss so aufgeräumt aussehen,<br />
dass wir jederzeit ein Foto auf Instagram<br />
posten könnten. Wer soll das<br />
denn alles machen? Und vor allem<br />
wann? Und warum können wir nicht<br />
einfach mal gemütlich einem der vielen<br />
Podcasts zuhören, die wir uns vorgemerkt<br />
haben? Ach so, stimmt ja: <strong>Das</strong><br />
geht natürlich auch beim Joggen. Oder<br />
im Fitnessstudio. Vielleicht auch im<br />
42<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
Autoradio, auf der Fahrt zur Gesamtkonferenz<br />
des Schulelternbeirats, die<br />
endlich wieder live und in Farbe stattfindet.<br />
Aber warum muss es eigentlich<br />
immer so viel und noch <strong>mehr</strong> sein,<br />
was unsere Terminkalender verstopft?<br />
Warum darf es da keine weißen Flecken<br />
geben, egal ob wir fünf oder 55<br />
Jahre alt sind? Was soll dieser Optimierungswahn<br />
vom Design des Nachttischs<br />
bis zur Performance im Job, vom<br />
Körpergewicht bis zur Zahl der Ehrenämter?<br />
Wer soll das alles hinkriegen,<br />
wenn nicht bald jemand Solarenergie<br />
für unterwegs erfindet?<br />
Sei vorsichtig mit deinen Wünschen,<br />
sie könnten wahr werden: Es <strong>ist</strong><br />
plötzlich wieder normal, sich im<br />
Stress zu fühlen und ständig davon zu<br />
reden, dass wir dringend „unsere<br />
Akkus aufladen“ und „Energie tanken“<br />
müssen. Oh, da kommt die Doodle-<br />
L<strong>ist</strong>e zwecks Terminfindung für die<br />
neue Sportgruppe, die eine Freundin<br />
organisiert hat. Mit anschließendem<br />
Essengehen. Und dann folgt Nachricht<br />
auf Nachricht. „Merkt euch schon mal<br />
unseren Advents-Brunch vor!“, „Begleiteltern<br />
für den Klassenausflug gesucht!“,<br />
„Wir feiern Einweihungsparty!“ Sogar<br />
die Kirchengemeinde lädt zur Halloweenfeier.<br />
Freizeitstress schlaucht und zieht<br />
Energie, die dann für die eigenen Bedürfnisse<br />
fehlt. Einfach in die Dämmerung<br />
schauen, ein Buch lesen, einen Rotwein<br />
bei Kerzenschein trinken, ein Brot<br />
essen oder ein Bad nehmen: Keine Zeit.<br />
Termine und ein soziales Leben, das<br />
schien für einen Wimpernschlag so<br />
weit weg wie eine dauerhafte Lösung<br />
des Nahostkonflikts. Andererseits: War<br />
es in all den Telefon- oder Video-Gesprächen,<br />
die wir in den Lockdown-Monaten<br />
geführt haben, nicht immer wieder<br />
Thema, dass wir den Alltag eigentlich<br />
auch ohne Virus etwas weniger<br />
hektisch führen könnten? Ohne den<br />
Druck, ständig etwas unternehmen zu<br />
müssen.<br />
Davon spricht längst niemand <strong>mehr</strong>.<br />
Dabei wünsche ich mir gerade sehr,<br />
einen Mittelweg zu finden zwischen<br />
sozialem Zuviel und sozialem Zuwenig.<br />
Es wäre schöner als ständig die<br />
„Akku“-Metapher zu verwenden, als<br />
wären wir alle Maschinen. Nicht nur<br />
im Büro, sondern auch in der Freizeit.<br />
Wie war das mit dem Energiesparen?<br />
Der sogenannte Freizeit-Monitor erfasst<br />
das Freizeitverhalten der Deutschen<br />
seit 1982. Seit der Pandemie sehen die<br />
Forschenden eine deutliche Stress-Steigerung<br />
im Bereich der Lebensplanung.<br />
Grund dafür sei auch, dass wir durch<br />
die sozialen Medien angespannter seien.<br />
Dabei hätte das persönliche Energiesparen<br />
doch eigentlich nur Vorteile:<br />
<strong>Das</strong> Auto bliebe öfter stehen und der<br />
Thermomix ausgeschaltet, weil er nicht<br />
jedes Wochenende Dattel-Dips für irgendein<br />
Fest zusammenrühren müsste.<br />
Vielleicht würden wir dann sogar<br />
wieder merken, wo sie eigentlich herkommt,<br />
unsere Lebensenergie. Und das<br />
regenerieren auch mal bedeuten kann,<br />
nichts zu tun und einfach abzuwarten,<br />
was dann passiert.<br />
Kat Menschik arbeitet bereits<br />
seit 1999 als freiberufliche<br />
Illustratorin in Berlin.<br />
Die studierte Kommunikationsdesignerin<br />
zeichnet<br />
für Zeitungen, <strong>Magazin</strong>e<br />
und Buchverlage, unter<br />
anderem für die Frankfurter<br />
Allgemeine Sonntagszeitung. Seit 2016 veröffentlicht<br />
Kat Menschik mit „Klassiker der Weltliteratur“<br />
ihre eigene Buchreihe im Berliner Galiani-Verlag.<br />
Kat Menschik illustrierte Bücher von<br />
Enn Vetemaa und Haruki Murakami.<br />
ZWEI<strong>2023</strong><br />
43
RÄTSEL<br />
Zu gewinnen<br />
gibt es<br />
1. Preis:<br />
Energiewunder:<br />
wärmeisolierender EcoStoof<br />
Mit dem EcoStoof klappt nachhaltiges<br />
Kochen wie schon zu Großmamas Zeiten.<br />
Nch dem Aufkochen am Herd kommt der Topf in<br />
den EcoStoof und gart einfach ohne weitere Energiezufuhr<br />
weiter. Geeignet für alle Arten von Töpfen.<br />
Bis zu 30 Prozent Energieersparnis.<br />
„In meinen Projekten mache<br />
ich die Erfahrung, dass es viel<br />
fruchtbarer <strong>ist</strong>, mit Ideen für<br />
Lösungen zu kommen, statt<br />
immer nur die Probleme<br />
aufzuzeigen. <strong>Das</strong> macht<br />
den Leuten Mut.“<br />
Dieses Zitat* stammt von<br />
2. Preis:<br />
Selbstgemachte Geschenke zum Aufessen<br />
Von Kat Menschik und Véronique Witzigmann<br />
stammt das Buch „Selbstgemachte Geschenke zum<br />
Aufessen“. Dies gibt es in einer signierten<br />
Version. Dazu erhalten Sie noch die Tütenkuchen-Mischung<br />
„Heimaterde“ von Véronique<br />
Witzigmann, der „wohl leckerste Schokoladenkuchen<br />
der Welt“ in einer Sonderedition.<br />
3. Preis:<br />
CD Stabil – das vierte Studioalbum<br />
von „Alte Bekannte“<br />
<strong>Das</strong> neue Album „Stabil“ <strong>ist</strong> das vierte Studioalbum<br />
der A-cappella-Band „Alte Bekannte“<br />
aus Deutschland – Nachfolger der Wise<br />
Guys. Die Band engagiert sich auf ihren Konzerten<br />
für die 2-Euro-Aktion von <strong>Misereor</strong>.<br />
Die Aktion unterstützt Kinder- und Jugendprojekte<br />
– unter anderem im Libanon, wo geflüchtete<br />
Kinder einen Zugang zu Bildung erhalten.<br />
a<br />
b<br />
c<br />
Hamira Kobusingye<br />
Klimaaktiv<strong>ist</strong>in<br />
aus Uganda<br />
Anna Mwangi<br />
Geophysikerin<br />
aus Kenia<br />
Volker Quaschning<br />
Professor in Berlin<br />
*Sie finden es<br />
in dieser Ausgabe.<br />
Einsendeschluss <strong>ist</strong> der 15. Januar 2024<br />
Der Rechtsweg <strong>ist</strong> ausgeschlossen. Wir speichern Ihre<br />
Daten nur zur Durchführung der Verlosung. Wenn<br />
Sie weitere Informationen zu <strong>Misereor</strong> erhalten wollen,<br />
vermerken Sie das unter dem Lösungswort „Ja“.<br />
Sie können die Einwilligung jederzeit widerrufen.<br />
Senden Sie die Lösung an:<br />
<strong>frings</strong>@misereor.de<br />
oder<br />
Bischöfliches Hilfswerk <strong>Misereor</strong><br />
Redaktion <strong>Magazin</strong> „<strong>frings</strong>“<br />
Mozartstraße 9, 52064 Aachen<br />
44<br />
ZWEI<strong>2023</strong>
<strong>Misereor</strong> <strong>ist</strong> das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit<br />
an der Seite von Menschen in Afrika und<br />
im Nahen Osten, in Asien und Ozeanien, Lateinamerika<br />
und in der Karibik.<br />
Es le<strong>ist</strong>et seit über 65 Jahren Hilfe zur Selbsthilfe durch<br />
gemeinsame Projekte mit einheimischen Partnerorganisationen<br />
und setzt sich mit den Menschen in Deutschland<br />
für weltweite Gerechtigkeit, Solidarität und die Bewahrung<br />
der Schöpfung ein.<br />
<strong>Misereor</strong> besitzt mit 6,2 Prozent an Kosten für Verwaltung,<br />
Werbung und Öffentlichkeitsarbeit das Spendensiegel<br />
des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI).<br />
Spendenkonto<br />
DE75 3706 0193 0000 1010 10<br />
<strong>Das</strong> Umweltmanagement<br />
von <strong>Misereor</strong> <strong>ist</strong> nach EMAS<br />
geprüft und zertifiziert.<br />
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Über magazin@misereor.de<br />
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IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Bischöfliches Hilfswerk <strong>Misereor</strong> e. V.; Redaktion:<br />
Beate Schneiderwind (verantw.), Michael Mondry und Birgit-Sara<br />
Fabianek (redaktionelle Koordination), Ralph Allgaier, Charleen<br />
Kovac, Suzanne Lemken, Julia Stollenwerk; Korrektorat: Dr. Kerstin<br />
Burme<strong>ist</strong>er; Grafische Gestaltung: Anja Hammers; Repro: Roland<br />
Küpper, type & image, Aachen; Druck: Evers Druck GmbH – ein Unternehmen<br />
der Eversfrank Gruppe, Ernst-Günter-Albers-Str. 13, D –<br />
25704 Meldorf; Gedruckt auf Papier aus ökonomisch, ökologisch<br />
und sozial nachhaltiger Waldbewirtschaftung; Herstellung und Vertrieb:<br />
MVG Medienproduktion und Vertriebsgesellschaft, Aachen.<br />
Zuschriften an<br />
<strong>Misereor</strong>, Mozartstraße 9, 52064 Aachen,<br />
magazin@misereor.de
Mit Vertreibung<br />
oder mit Menschen?<br />
Mit Menschen.<br />
Foto: Kathrin Harms/<strong>Misereor</strong><br />
Land- und Menschenrechte für indigene<br />
Gemeinschaften in Amazonien:<br />
Mehr erfahren: misereor.de/mitmenschen