ePaper-Ausgabe 01/2023 - PT-Magazin
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<strong>Ausgabe</strong> 1<br />
<strong>2023</strong><br />
epaper.pt-magazin.de<br />
Roboter im Bio-Gemüsebanbau Hektarweise hacken, jäten und schneiden<br />
Landnutzung: Mehr Nahrung produzieren und Kohlenstoff speichern<br />
Öffentlichkeitsarbeit Mit Archetypen herzen erreichen<br />
Erntedank?<br />
Die weltweite Ernährungssicherung ist eine der Hauptherausforderungen unserer Zeit:<br />
Der Klimawandel vergrößert dieses Problem in vielen Regionen . Zeit für Helden in der Landwirtschaft – „Unser<br />
tägliches Brot gib uns heute“ findet da einen neuen Adressaten.Sagen wir denen Danke, die jeden Tag auf´s<br />
Neue ihre „Superkräfte“ für uns einsetzen – und das sind nicht nur die Bauern, Feuerwehrmänner und Ärzte.<br />
Kommentare wieder an op@op-pt.de.<br />
Herzliche Grüße, Helfried Schmidt und Petra Tröger!
02 E-Paper 1/<strong>2023</strong> 03<br />
© HYDRIVE<br />
Roboter...<br />
Automatisierte, herbizidfreie Unkrautbekämpfung<br />
im Bio-Gemüseanbau ist das<br />
Ziel eines Forschungsprojektes JaetRobi,<br />
das seit 2022 bis 2025 mit mehreren Partnern<br />
aus Forschung, Industrie und Biolandbau<br />
läuft. Die Systemintegration<br />
für die Roboter-basierte Lösung liegt bei<br />
der Hydrive GmbH aus Freital bei Dresden.<br />
Der Automatisierungsspezialist aus<br />
dem Maschinenbau arbeitet hier eng mit<br />
der Naiture GmbH in Friedrichsgabekoog<br />
zusammen, einer Ausgründung aus der<br />
Hochschule Westküste, die in digitaler<br />
Bildverarbeitung und Künstlicher Intelligenz<br />
ihren Schwerpunkt hat. Gesellschafter<br />
ist der Bio-Landwirt Rainer Carstens,<br />
der auf mehr als 1200 Hektar Bio-Gemüse<br />
anbaut.<br />
„Die Landtechnik-Branche ist bundesweit<br />
gut vernetzt, überschaubar und extrem<br />
leistungsfähig,“ erklärt Hydrive-Inhaber<br />
Dr. Thomas Neubert, dessen Firma sich<br />
an der Schnittstelle von Maschinenbau<br />
und Land-/Forsttechnik mit Simulation<br />
und Automation positioniert. Damit bringen<br />
die Sachsen in das von Agrar und IT<br />
geprägte Netzwerk die Steuerungstechnik<br />
ein. „Für uns ist der Biohof von Carstens<br />
ein echter Glücksgriff, weil man im<br />
Pflanzenanbau wenig simulieren kann<br />
und auch mal eine Reihe Gemüse zerstören<br />
dürfen muss,“ beschreibt Neubert das<br />
Zusammenspiel.<br />
Weitere Partner sind das Leibnitz-Institut<br />
für Agrartechnik und Bioökonomie<br />
(ATB) in Potsdam, das den pflanzlichen<br />
Part abdeckt, welche Sorten etwa mit<br />
welchen Spezifika es gibt und welchen<br />
Unkräutern; die TU Dresden, die mechanische<br />
Tests zu Funktionalität und Verschleißschutz<br />
koordiniert, wenn es um<br />
Hacken und Schneiden geht; und die TU<br />
Berlin, die das Lasern einbringt, um Keimblätter<br />
des Unkrauts mit hoher Temperatur<br />
abzutöten. Neubert: „Im Kern geht<br />
es um die Frage, wie man mit möglichst<br />
wenig Aufwand das Unkraut zwischen<br />
den Reihen größtmöglich schädigt.“<br />
Spezialist für<br />
Steuerungen:<br />
Hydrive-Chef<br />
Dr. Thomas Neubert<br />
aus Freital<br />
bei Dresden.<br />
soll hektarweise hacken, jäten, schneiden<br />
In der Bilderkennung muss der Rechner<br />
schnellstmöglich auf der Basis von möglichst<br />
wenig Fotos - Standard sind aktuell<br />
30 pro Sekunde – erfassen, was Unkraut<br />
ist und wo es wächst. Schnellschaltventile<br />
wie sie etwa beim Kaffeebohnensortieren<br />
verwendet werden, werden mit der<br />
Optik verbunden, damit vier Zentimeter<br />
lange Hackmesser zentimetergenau in<br />
Millisekunden bis zu einem Zentimeter<br />
tief in den Boden eindringen, um dort<br />
Unkraut von der Wurzel zu trennen. Der<br />
Abstich bleibt danach auf dem Feld, vertrocknet<br />
und verrottet.<br />
E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
Ziel von Forschungsprojekt JaetRobi:<br />
90 Prozent weniger Handarbeit im Bio-Gemüseanbau<br />
diniert Hydrive als Steuerungsprofi das<br />
Zusammenspiel aller Einzelfunktionen zu<br />
einem synchronisierten Prozess, der die<br />
gewünschte Qualität liefert.<br />
Weitere Erfordernisse an den Roboter,<br />
der rund um die Uhr sieben Tage die<br />
Woche arbeiten kann: Er muss Personen<br />
auf dem Feld erkennen und rechtzeitig<br />
stoppen oder ausweichen, um Unfälle<br />
zu vermeiden. Nach einem Halt muss er<br />
wieder anfahren, sich autonom auf dem<br />
Feld orientieren und idealerweise mit<br />
anderen Robotern koordiniert den Acker<br />
flächendeckend und effizient bestellen.<br />
Auch das Abflammen, das etwa Zwiebelsamen<br />
überleben, aber nicht die Samen<br />
vieler Unkräuter, soll durch jätende Roboter<br />
ersetzt werden, um neben Herbiziden<br />
auch CO2 einzusparen. Variabilität in seiner<br />
Verwendbarkeit über Anbausorten<br />
hinweg macht den Roboter marktfähig,<br />
um mit möglichst vielen Gemüsesorten<br />
kompatibel zu sein.<br />
Um die Komplexität des Forschungsprojektes,<br />
das das Bundeslandwirtschaftsministerium<br />
mit 1,4 Millionen Euro fördert,<br />
zu verdeutlichen, gibt Neubert mehrere<br />
Beispiele. Allen voran steht da die Witterung:<br />
Mal ist das Frühjahr extrem trocken,<br />
mal außergewöhnlich nass oder etwas<br />
dazwischen. „Das wirkt sich alles auf die<br />
Vegetation und deren Wachstumsgeschwindigkeit<br />
aus,“ sagt der promovierte<br />
Maschinenbauer, womit sich Zeitfenster<br />
für Bodenbearbeitung und Jäten nicht<br />
nur um Tage verschieben, sondern Zeitfenster<br />
extrem verkleinern.<br />
Wenn etwa die Böden sehr nass sind,<br />
kann der schwere Roboter tagelang nicht<br />
fahren, während parallel das Unkraut „ins<br />
Kraut schießt“. Die Folge: Stile werden<br />
dicker, Massen größer und auch dann<br />
soll die Technik noch funktionieren. Oder:<br />
Aktuell hat der Roboter eine Arbeitsgeschwindigkeit<br />
von 1000 Metern pro<br />
Stunde, attraktiv wird er aber erst bei<br />
sechs km/h. Dann könnte er bis zu 30<br />
Hektar Fläche pro Stunde bearbeiten.<br />
Zum Vergleich: Sechs Frauen auf einem<br />
Traktor schaffen 600 Meter pro Stunde<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass etwa<br />
auf Karotten sogenannte Wildmöhren<br />
als Unkräuter wachsen, die gleichfalls eliminiert<br />
werden müssen für einen guten,<br />
verkaufsfähigen Ertrag. Hier kommt die<br />
Künstliche Intelligenz von Naiture zum<br />
Einsatz, die bereits bei drei Millimeter<br />
langen Keimblättern erkennt, ob es sich<br />
um die gewünschte Karotte oder um<br />
deren Wildkraut handelt. Auch hier koorund<br />
jäten dabei fünf, sechs Hektar pro<br />
Tag. Denn die Schwierigkeit liegt nicht<br />
bei den 70 Zentimeter breiten Flächen<br />
zwischen den Reihen, die bereits automatisch<br />
gehackt werden können, sondern in<br />
den Reihen selbst, in denen die Möhren<br />
maximal fünf Zentimeter Abstand haben.<br />
Deshalb geht es um das Hacken in den<br />
Reihen.<br />
Das sind typische Aufgabenstellungen,<br />
die Hydrive auch etwa in der Bau- und<br />
Forstwirtschaft seit 2005 löst, die extrem<br />
komplex sind. Schließlich verbraucht<br />
die große Flächenleistung bei hoher<br />
Geschwindigkeit mehr Energie, die die<br />
Sachsen über einen gasbetriebenen<br />
Motor bereitstellen.<br />
In gepflanzten Kulturen im Öko-Gemüseanbau,<br />
so Bundeslandwirtschaftsminister<br />
Cem Özdemir (Grüne), sei die Maschinenhacke<br />
bereits Standard. Für gesäte<br />
Gemüsekulturen in den Reihen will sein<br />
Ministerium dasselbe zeitnah erreichen,<br />
um weitere Herbizide einzusparen und<br />
die Biodiversität nicht weiter zu gefährden.<br />
Externe Gutachter hätten deshalb<br />
die Förderung für das anspruchsvolle Vorhaben<br />
ausdrücklich befürwortet.<br />
Die Westhof Bio-Gemüse GmbH & Co. KG<br />
von Bio-Landwirt Rainer Carstens bewirtschaftet<br />
mit 16 Angestellten und 120 Saisonkräften<br />
1200 Hektar Land. Dort werden<br />
wegen der Fruchtfolge zu 30 Prozent<br />
Kleegras für die eigene Biogasanlage<br />
angebaut, je 15 Prozent Kohl, Karotten,<br />
Erbsen und Getreide sowie zehn Prozent<br />
Sonstiges. Sämtliche Erzeugnisse liefert<br />
Carstens drei Partnern in der Lebensmittelverarbeitung.<br />
Sein Gesamtunternehmen<br />
inklusive Energieerzeugung, Werkstatt,<br />
Verpackung und Logistik beschäftigt<br />
170 Mitarbeiter, davon fünf Feste in der<br />
Naiture GmbH, der wiederum sechs Studenten<br />
zuarbeiten. www.hydrive.gmbh.ó<br />
Bei Westhof Bio-Gemüse laufen die Feldversuche mit<br />
dem JaetRobi: Der Landwirt hat selbst Kompetenz<br />
in der virtuellen Bildverarbeitung.<br />
© NAITURE<br />
© NAITURE
E-Paper 1/<strong>2023</strong> 05<br />
Archetypen in der Öffentlichkeitsarbeit<br />
Botschaften, die ins Herz gehen<br />
© fxquadro | Freepik.com<br />
E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
Markenbildung und Öffentlichkeitsarbeit<br />
sind komplexer denn je; in einem<br />
Meer von Wettbewerbern ist es entscheidend,<br />
ein unverwechselbares Image zu<br />
schaffen. Mario Landauer, PR-Berater<br />
und Geschäftsführer der Agentur „Die<br />
ContentSchmiede“, hat eine besondere<br />
Expertise in diesem Bereich: die Anwendung<br />
von Carl Jungs Archetypen zur Markenprofilierung.<br />
Durch die Verankerung<br />
tiefgreifender psychologischer Resonanzen<br />
in der Markenidentität kann eine<br />
Methode etabliert werden, die Marken<br />
nicht nur differenziert, sondern ihnen<br />
eine fast mythische Qualität verleiht. Von<br />
Nike‘s Darstellung von Kraft und Heldentum<br />
bis zu Land Rovers Ruf für Neugier<br />
und Abenteuer – wer versteht, Marken<br />
ein Gesicht zu geben, das sowohl authentisch<br />
als auch fesselnd ist, erreicht einen<br />
exklusiven Auftritt.<br />
In einem exklusiven Interview mit dem<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN gewährt er Einblicke in die<br />
Kunst der Markenarchetypen und deren<br />
immense Bedeutung für die Öffentlichkeitsarbeit.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Was sind Carl Jungs Archetypen<br />
und warum sind sie so wirkungsvoll<br />
in der Markenbildung?<br />
Mario Landauer: Carl Jungs Archetypen<br />
sind tief verwurzelte, universelle Prototypen<br />
menschlicher Charaktere, die im kollektiven<br />
Unterbewusstsein verankert sind<br />
und grundlegende menschliche Motivationen<br />
und Emotionen widerspiegeln. In<br />
der Markenbildung sind diese Archetypen<br />
kraftvoll, weil sie Unternehmen erlauben,<br />
eine emotionale Verbindung zum Publikum<br />
herzustellen, die über das Produkt<br />
hinausgeht. Marken wie Nike nutzen<br />
den „Helden“-Archetyp, um Zielstrebigkeit<br />
und Ehrgeiz anzusprechen, während<br />
Land Rover mit dem „Entdecker“ Neugier<br />
und Abenteuerlust weckt. Auch ich nutze<br />
diese psychologischen Muster, um Marken<br />
eine tiefere Bedeutung zu geben, sie<br />
von Konkurrenten abzuheben und eine<br />
starke Loyalität zu erzeugen. Archetypen<br />
machen Marken zu Symbolen persönlicher<br />
und kollektiver Geschichten,<br />
wodurch sie unvergesslich und bedeutungsvoll<br />
im Gedächtnis bleiben.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Können Sie Beispiele nennen,<br />
wie Nike und Land Rover die Archetypen<br />
„Held“ und „Entdecker“ in ihrer Markenkommunikation<br />
verwendet haben?<br />
Mario Landauer: Nike und Land Rover<br />
haben die Welt der Markenbildung maßgeblich<br />
geprägt, indem sie Carl Jungs<br />
Archetypen meisterhaft in ihre Markenkommunikation<br />
integrierten. Nike<br />
bedient sich des „Helden“-Archetyps,<br />
indem sie Geschichten von Ausdauer und<br />
persönlichem Triumph erzählt. Ihre Werbekampagnen<br />
zeigen oft Athleten, die<br />
durch harte Arbeit und Hingabe Hindernisse<br />
überwinden – eine Erzählung, die<br />
tief in das Streben nach Exzellenz und<br />
Selbstüberwindung eingreift. Jede Kommunikation<br />
ist darauf ausgerichtet, das<br />
Publikum zu inspirieren und zu motivieren,<br />
seine eigenen heldenhaften Wege zu<br />
gehen.<br />
Land Rover hingegen verkörpert den<br />
„Entdecker“-Archetyp, indem es Abenteuer,<br />
Entdeckung und die Freiheit, Grenzen zu<br />
überschreiten, betont. Ihre Botschaften<br />
unterstreichen die Fähigkeit der Fahrzeuge,<br />
Menschen an exotische und unberührte<br />
Orte zu bringen, und appellieren<br />
an das kollektive Verlangen nach Entdeckungen<br />
und neuen Erfahrungen. Durch<br />
diese spezifischen Archetypen schaffen<br />
beide Marken eine resonante Markenidentität,<br />
die die Menschen nicht nur verstehen,<br />
sondern auch fühlen und leben<br />
wollen.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Wie sollten Unternehmen<br />
Archetypen in ihre PR-Kampagnen integrieren,<br />
um eine kohärente und authentische<br />
Markenbotschaft zu gewährleisten?<br />
Mario Landauer: Um Archetypen effektiv<br />
in PR-Kampagnen zu integrieren und<br />
eine stimmige sowie authentische Markenbotschaft<br />
zu gewährleisten, sollten<br />
Unternehmen zunächst den Archetyp<br />
identifizieren, der ihre Markenwerte und<br />
Vision am besten verkörpert. Einmal ausgewählt,<br />
sollte dieser Archetyp als Grundlage<br />
für das Storytelling dienen, wobei<br />
narrative Elemente eingesetzt werden,<br />
die tiefe emotionale Verbindungen herstellen<br />
und die Marke in einem relevanten<br />
kulturellen Kontext positionieren.<br />
Die visuelle Identität – einschließlich<br />
Logos, Farbpaletten und Typografie –<br />
sollte diesen Archetyp widerspiegeln, um<br />
die Markenbotschaft zu verstärken und<br />
konsistent über verschiedene Plattformen<br />
und Medien zu kommunizieren. Der<br />
Tonfall der Botschaft muss ebenso abgestimmt<br />
sein, damit die Kommunikation<br />
authentisch wirkt und Vertrauen aufbaut.<br />
Darüber hinaus ist es wichtig, dass alle<br />
Marketingaktivitäten und Kampagneninhalte<br />
den ausgewählten Archetyp konsistent<br />
reflektieren, um eine starke und<br />
wiedererkennbare Marke zu etablieren.<br />
So entsteht eine durchdachte, resonante<br />
Marke, die beim Publikum Anklang findet<br />
und sich im Gedächtnis verankert.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Wie beeinflussen Archetypen<br />
die Wahrnehmung und das Verhalten<br />
der Zielgruppe?
06 E-Paper 1/<strong>2023</strong> 07<br />
fördern eine langfristige Bindung durch<br />
gemeinsame Werte und Erfahrungen.<br />
© GDJ | picabay.com<br />
12 Archetypen nach Carl Gustav Jung<br />
1. Der Weise 2. Der Unschuldige 3. Der Entdecker<br />
4. Der Herrscher 5. Der Schöpfer 6. Der Pfleger<br />
7. Der Magier 8. Der Held 9. Der Rebell 10. Der Liebhaber<br />
11. Der Narr 12. Die Waise<br />
Mario Landauer: Archetypen sind mächtige<br />
Werkzeuge in der Markenkommunikation,<br />
weil sie tiefe emotionale Resonanz<br />
auslösen und somit die Wahrnehmung<br />
und das Verhalten der Zielgruppe maßgeblich<br />
beeinflussen. Diese universellen<br />
Muster sind in der menschlichen Psyche<br />
verankert und erlauben es den Menschen,<br />
sich instinktiv mit einer Marke und deren<br />
Geschichte zu identifizieren. Wenn eine<br />
Marke zum Beispiel den „Helden“-Archetyp<br />
nutzt, wie es Nike tut, spricht sie das<br />
Bedürfnis der Menschen nach Selbstverbesserung<br />
und Leistung an. Dies motiviert<br />
die Zielgruppe nicht nur dazu, sich<br />
mit den Produkten zu identifizieren, sondern<br />
kann sie auch dazu inspirieren, die<br />
damit verbundenen Werte in ihrem persönlichen<br />
Leben umzusetzen.<br />
Ähnlich weckt der „Entdecker“-Archetyp,<br />
den Land Rover einsetzt, ein Gefühl von<br />
Abenteuer und Unabhängigkeit, was bei<br />
der Zielgruppe den Wunsch nach Exploration<br />
und die Neugier auf neue Erfahrungen<br />
fördert. Durch die Berührung<br />
mit diesen tiefen psychologischen Themen<br />
können Marken nicht nur Vorlieben,<br />
sondern auch tatsächliches Verhalten<br />
beeinflussen, was sich in Markentreue<br />
und einer gestärkten Kundenbeziehung<br />
ausdrücken kann. Indem Unternehmen<br />
gezielt Archetypen einsetzen, schaffen<br />
sie eine starke, emotionale Verbindung,<br />
die über die bloße Produktfunktionalität<br />
hinausgeht und die Kernwerte der Marke<br />
im Leben der Konsumenten verankert.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Wie können Unternehmen<br />
verschiedene Archetypen kombinieren,<br />
ohne ihre Markenbotschaft zu verwässern?<br />
Mario Landauer: Unternehmen können<br />
verschiedene Archetypen auf eine Weise<br />
kombinieren, die ihre Markenbotschaft<br />
stärkt, indem sie sorgfältig auswählen<br />
und die Archetypen so abstimmen, dass<br />
sie sich gegenseitig ergänzen. Die Herausforderung<br />
besteht darin, ein Gleichgewicht<br />
zu finden, das konsistent bleibt<br />
und die Markenidentität nicht unterschiedlich<br />
auftreten lässt.<br />
Ein erster Schritt ist das Verständnis<br />
der Kernwerte der Marke und wie diese<br />
durch unterschiedliche Archetypen ausgedrückt<br />
werden können. Beispielsweise<br />
könnte eine Marke hauptsächlich<br />
den „Fürsorger“-Archetyp repräsentieren,<br />
könnte aber Aspekte des „Weisen“ einfließen<br />
lassen, um gleichzeitig Wissen und<br />
Vertrauen zu unterstreichen. Die Kombination<br />
sollte sinnvoll sein und eine<br />
Geschichte erzählen, die die Verbraucher<br />
anspricht.<br />
Kohärenz ist entscheidend; jede Marketingaktion<br />
und Botschaft muss eine<br />
einheitliche Geschichte erzählen, die<br />
alle gewählten Archetypen umfasst.<br />
Visuelle Elemente, Tonfall und das<br />
Verhalten der Marke müssen die<br />
Kombination der Archetypen<br />
widerspiegeln und dürfen nicht<br />
miteinander konkurrieren. Durch<br />
strategische Planung und kreative<br />
Umsetzung können so komplexe,<br />
mehrschichtige Markenpersönlichkeiten<br />
geschaffen werden, die beim Publikum<br />
Anklang finden und eine tiefere<br />
Markenbindung fördern.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Welche Rolle spielt Storytelling<br />
bei der Verwendung von Archetypen<br />
zur Steigerung der Markenloyalität?<br />
Mario Landauer: Storytelling ist ein<br />
essenzieller Bestandteil bei der Anwendung<br />
von Archetypen in der Markenbildung<br />
und spielt eine entscheidende Rolle<br />
bei der Steigerung der Markenloyalität.<br />
Durch narrative Techniken können Marken<br />
ihre Archetypen zum Leben erwecken,<br />
komplexe Ideen vereinfachen und tiefgreifende,<br />
emotionale Verbindungen mit<br />
ihrem Publikum schaffen.<br />
Wenn eine Marke etwa den „Helden“-<br />
Archetyp nutzt, erzählt sie Geschichten,<br />
die Herausforderungen, Mut und Überwindung<br />
thematisieren, was die Kunden<br />
inspiriert und anregt, diese Werte<br />
in ihrem eigenen Leben zu reflektieren.<br />
Diese Art von Storytelling ermöglicht es<br />
den Kunden, sich mit den Botschaften der<br />
Marke zu identifizieren und eine persönliche<br />
Beziehung zur Marke aufzubauen.<br />
Ebenso kann ein Unternehmen, das den<br />
„Entdecker“-Archetyp einsetzt, durch<br />
Geschichten über Abenteuer und Entdeckungen<br />
das Gefühl der Freiheit und der<br />
unendlichen Möglichkeiten vermitteln.<br />
Solche Erzählungen regen die Kunden<br />
an, selbst Teil der Marke zu werden und<br />
E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
Effektives Storytelling bestätigt die<br />
Authentizität einer Marke und verstärkt<br />
die Markenbotschaft, was wiederum die<br />
Markenloyalität erhöht. Es ist die Kunst,<br />
Werte und Botschaften in Geschichten zu<br />
verpacken, die nicht nur gehört, sondern<br />
auch gefühlt und gelebt werden wollen.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN: Wie könnte sich die Anwendung<br />
von Archetypen in der Markenbildung<br />
mit den aktuellen digitalen Trends<br />
weiterentwickeln?<br />
Mario Landauer: Die Anwendung von<br />
Archetypen in der Markenbildung könnte<br />
sich mit den aktuellen digitalen Trends<br />
auf aufregende Weise weiterentwickeln.<br />
Die digitale Ära bietet neue Plattformen<br />
und Technologien, wie soziale Medien<br />
und virtuelle Realität, die Marken neue<br />
Wege eröffnen, um ihre Geschichten zu<br />
erzählen und mit dem Publikum zu interagieren.<br />
Archetypen könnten in personalisierten<br />
Marketingkampagnen verwendet<br />
werden, die auf Datenanalyse basieren,<br />
um gezielt auf individuelle Kundenbedürfnisse<br />
und -vorlieben einzugehen.<br />
In sozialen Medien könnten Marken<br />
interaktive Inhalte erstellen, die es den<br />
Nutzern ermöglichen, Teil der Markengeschichte<br />
zu werden, indem sie ihre eigenen<br />
Erfahrungen und Abenteuer teilen,<br />
die mit dem Archetyp der Marke in Resonanz<br />
stehen. Augmented und Virtual Reality<br />
könnten die immersiven Erlebnisse<br />
verstärken, indem sie den Kunden ermöglichen,<br />
in eine vollständig gestaltete Welt<br />
einzutauchen, die den Archetypen repräsentiert.<br />
Zudem könnte die fortschrittliche Analytik<br />
dabei helfen, die Effektivität von archetypbasierten<br />
Strategien zu messen und<br />
zu optimieren, indem sie Einblicke in das<br />
Engagement und die Reaktionen der Zielgruppe<br />
liefert. So könnten Marken ihre<br />
Kommunikation in Echtzeit anpassen, um<br />
noch relevanter und ansprechender für<br />
ihre Kunden zu sein. Mit der Weiterentwicklung<br />
digitaler Technologien werden<br />
die Möglichkeiten für Marken, ihre Archetypen<br />
einzusetzen und weiterzuentwickeln,<br />
sicherlich wachsen und sich weiter<br />
diversifizieren. ó<br />
Mario Landauer<br />
ist PR-Berater und Geschäftsführer<br />
der Agentur „Die ContentSchmiede“<br />
in Würzburg<br />
Über den Autor<br />
© master1305 | Freepik.com
08 E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
09<br />
Landnutzung<br />
Mehr Nahrung produzieren und gleichzeitig mehr Kohlenstoff speichern<br />
© Aleksandarlittlewolf | Freepik.com<br />
Die Nahrungsmittelproduktion verdoppeln,<br />
Wasser sparen und gleichzeitig die<br />
Kohlenstoffspeicherung erhöhen – das<br />
klingt paradox, wäre aber, zumindest<br />
nach dem biophysikalischen Potenzial<br />
der Erde, theoretisch möglich. Nötig wäre<br />
allerdings eine radikale räumliche Neuordnung<br />
in der Landnutzung. Das haben<br />
Forschende des Karlsruher Instituts für<br />
Technologie (KIT) und des Heidelberg<br />
Institute for Geoinformation Technology<br />
(HeiGIT), einem An-Institut der Universität<br />
Heidelberg, herausgefunden.<br />
Mehr Menschen<br />
brauchen mehr Nahrung<br />
Wie Menschen die Erdoberfläche nutzen,<br />
einschließlich für die Produktion von<br />
Nahrungsmitteln, hat sich in den vergangenen<br />
Jahrhunderten stark verändert.<br />
Immer mehr Menschen leben auf<br />
der Erde, mehr Nahrung wird benötigt<br />
und Lebensmittel können heute in kurzer<br />
Zeit rund um die Welt transportiert<br />
werden. Die gewachsenen Systeme der<br />
Nahrungsmittelproduktion spiegeln, wie<br />
sich in der Studie zeigt, allerdings nicht<br />
das biophysikalische Potenzial unserer<br />
Ökosysteme wider. Lebensmittel werden<br />
demnach nicht dort produziert, wo<br />
es flächen-, wasser- und CO2-technisch<br />
am effizientesten wäre. Stattdessen werden,<br />
so die Autorinnen und Autoren der<br />
Studie, weiterhin Wälder für Acker- und<br />
Weideland gerodet und Felder in ariden<br />
Gebieten bewässert – Maßnahmen, die<br />
sich massiv negativ auf die Wasserverfügbarkeit<br />
und die Kohlenstoffspeicherung<br />
auswirkten.<br />
Was würde aber passieren, wenn Felder,<br />
Weiden und natürliche Vegetation stattdessen<br />
dorthin verlagert würden, wo es<br />
am effizientesten wäre? Wenn Ackerflächen<br />
auf Gebiete beschränkt würden,<br />
in denen keine intensive Bewässerung<br />
nötig ist? Um das herauszufinden, haben<br />
Forschende des KIT und des Heidelberg<br />
Institute for Geoinformation Technology<br />
(HeiGIT), einem An-Institut der Universität<br />
Heidelberg, ein dynamisches Vegetationsmodell<br />
mit einem Optimierungsalgorithmus<br />
kombiniert und so alternative<br />
Anordnungen der globalen Landnutzung<br />
und deren Auswirkungen untersucht.<br />
Landnutzung verbessern<br />
E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
E-Paper 1/<strong>2023</strong><br />
Eine optimierte Landnutzung könnte unter Berücksichtigung klimatischer Bedingungen<br />
trotzdem die Erträge maßgeblich erhöhen und dabei den Flächenverbrauch in Grenzen halten.<br />
Die Modellierung einer verbesserten<br />
Landnutzung wurde für Klimabedingungen<br />
aus einem optimistischen und einem<br />
derzeit realistischeren Klimawandelszenario<br />
für die nahe und ferne Zukunft<br />
(2033 bis 2042 und 2090 bis 2099) durchgeführt.<br />
Das Ergebnis: Allein durch räumliche<br />
Umstrukturierung ließe sich die<br />
Produktion von Lebensmitteln um durchschnittlich<br />
83 Prozent erhöhen, während<br />
gleichzeitig die zur Verfügung stehende<br />
Wassermenge um acht Prozent und die<br />
CO2-Speicherung um drei Prozent zunehmen<br />
würden. Die Steigerungen wären<br />
noch um ein Vielfaches höher, wenn einer<br />
der drei Zielgrößen Vorrang vor den anderen<br />
beiden eingeräumt würde.<br />
„In unserer Arbeit untersuchen wir ausschließlich<br />
das biophysikalische Potenzial<br />
als Grundlage einer Landnutzung, welche<br />
die bestehenden Zielkonflikte besser<br />
berücksichtigt“, sagt die Erstautorin<br />
der Studie, Dr. Anita Bayer vom Campus<br />
Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen.<br />
„Es zeigt sich, dass es durchaus Regionen<br />
gibt, in denen bestimmte Landnutzungen<br />
eindeutig vorteilhaft, also ‚optimal‘,<br />
wären.“ Entsprechend der Studienergebnisse<br />
müssten tropische und boreale<br />
Wälder aufgrund ihrer herausragenden<br />
Funktion als CO2-Speicher in ihrem<br />
natürlichen Zustand erhalten oder entsprechend<br />
wiederaufgeforstet und nicht<br />
als Anbau- oder Weidefläche genutzt<br />
werden. Die gemäßigten Breiten würden<br />
hauptsächlich als Ackerland und in<br />
einem geringen Umfang als Weideland<br />
dienen. Damit würde der Flächenverlust<br />
durch die Wiederaufforstung tropischer<br />
und borealer Wälder kompensiert werden.<br />
Die weiten, offenen Flächen der tropischen<br />
und subtropischen Savannen und<br />
Grasländer wiederum würden vor allem<br />
als Weideland und für die Futtermittelproduktion<br />
genutzt. „Dieses Bild der optimalen<br />
Landnutzungslösungen hat sich in<br />
unserer Arbeit als sehr stabil herausgestellt“,<br />
fügt Bayer hinzu.<br />
Veränderung der<br />
Landnutzung bewusst gestalten<br />
Die Studie zeigt, dass die regionale Praxis<br />
vom theoretisch erreichbaren Optimum<br />
stark abweicht und massive Landnutzungsänderungen<br />
nötig wären, um das<br />
biophysikalische Potenzial besser auszunutzen<br />
und so die Gesamterträge an<br />
Nahrungsmitteln, Wasser und Kohlenstoffspeicherung<br />
gemeinsam zu erhöhen.<br />
„Auch wenn solche großflächigen<br />
Landnutzungsänderungen auf den ersten<br />
Blick völlig unrealistisch erscheinen,<br />
ist es hilfreich, sich bewusst zu machen,<br />
dass der Klimawandel ohnehin große Veränderungen<br />
der Anbaugebiete mit sich<br />
bringen wird“, sagt Professor Sven Lautenbach,<br />
Wissenschaftler am HeiGIT und<br />
dem Geographischen Institut der Universität<br />
Heidelberg. „Diese zu erwartenden<br />
Veränderungen sollte man nicht einfach<br />
geschehen lassen, sondern vermehrt versuchen,<br />
sie unter Berücksichtigung des<br />
biophysikalischen Potenzials zu gestalten.”<br />
Herausforderung weltweite Ernährung<br />
„Die Sicherstellung der weltweiten<br />
Ernährungssicherung ist eine Hauptherausforderungen<br />
unserer Zeit – und<br />
der Klimawandel wird dieses Problem in<br />
vielen Regionen noch vergrößern“, sagt<br />
Professorin Almut Arneth vom Institut<br />
für Meteorologie und Klimaforschung –<br />
Atmosphärische Umweltforschung, dem<br />
Campus Alpin des KIT in Garmisch-Par-<br />
tenkirchen. „Unsere Studie zeigt deutlich,<br />
dass es trotz ungünstiger klimatischer<br />
Veränderungen Potenziale gibt, durch<br />
eine optimierte Landnutzung die landwirtschaftlichen<br />
Erträge deutlich zu steigern<br />
und gleichzeitig den Flächenverbrauch<br />
zu begrenzen. Es gilt jetzt Wege<br />
zu finden, wie wir unsere Landnutzung<br />
– unter Berücksichtigung der biophysikalischen<br />
Gegebenheiten, aber eben auch<br />
unter sozialen Gesichtspunkten – entsprechend<br />
verändern können.“<br />
Das Heidelberg Institute for Geoinformation<br />
Technology (HeiGIT), getragen von<br />
der Klaus Tschira Stiftung, möchte den<br />
Wissens- und Technologietransfer aus der<br />
Grundlagenforschung im Bereich Geoinformatik<br />
in die Praxis verbessern – und<br />
dies auf Basis innovativer Geoinformationstechnologien.<br />
Das Institut forscht<br />
und entwickelt intelligente Routingund<br />
Navigationsdienste für nachhaltige<br />
Mobilität, entwickelt innovative Dienste<br />
über Spatial Data Mining und Maschinellem<br />
Lernen und stellt Geodaten für die<br />
Unterstützung humanitärer Einsätze zur<br />
Verfügung. ó<br />
© Frimuf ilms | Freepik.com
21. September 2024<br />
WÜRZBURG<br />
Preisverleihung für<br />
Sachsen, Bayern, Hessen,<br />
Thüringen, Baden-<br />
Württemberg und Berlin/<br />
Brandenburg<br />
28. September 2024<br />
DÜSSELDORF<br />
Preisverleihung für<br />
Nordrhein-Westfalen,<br />
Sachsen-Anhalt, Rheinland-<br />
Pfalz/Saarland, Schleswig-<br />
Holstein/Hamburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Niedersachsen/Bremen<br />
19. Oktober 2024<br />
BUNDESBALL<br />
DÜSSELDORF<br />
Verleihung der bundesweit<br />
ausgeschriebenen<br />
Sonderpreise<br />
Impressum: epaper 1 /<strong>2023</strong><br />
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