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Cooking + Catering Inside 05/23

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22 CONCEPTS GEHÄLTER<br />

kräfteproblem bekommen. Jetzt sehen wir<br />

den bislang größten Fachkräftemangel in der<br />

Branche, aber wir haben keine Fluktuation<br />

und keinen Personalmangel. Statt dessen<br />

einen beständigen Aufbau an Beschäftigten<br />

und sogar eine Warteliste von Menschen,<br />

die mit uns arbeiten wollen. Bei uns ist es<br />

eine politische Ausrichtung, es ist aber auch<br />

ökonomisch betrachtet, abseits von sozialen<br />

Aspekten, unternehmerisch unklug, kein<br />

Personalkonzept zu haben.<br />

Plädiert für gute Gehälter<br />

mit Tarifvertrag: Christian<br />

Schletze-Wischmann.<br />

Warum ist das aus Ihrer Sicht so?<br />

Schletze-Wischmann: Weil man so langfristig<br />

keine Kredite mehr wird abbezahlen<br />

können. Vor Corona waren der Wert unserer<br />

Firma die Auftragslage und die Stammkundenbindung.<br />

Heute ist es aber auch ein<br />

Wert, Vollzeit-Köchinnen und -Köche sowie<br />

Serviceleute zu haben, die auf hohem Niveau<br />

arbeiten können. Und das geht nur mit<br />

ordentlicher Zusammenarbeit.<br />

Dafür setzen Sie auf eine Tariflogik?<br />

Schletze-Wischmann: Ja, man muss<br />

ein Konzept haben. Hat man das nicht<br />

und bezahlt alle seine Leute nach Nase,<br />

dann kommt man irgendwann durcheinander,<br />

findet keine Neueinstellungen mehr<br />

für den Einstiegslohn von früher und muss<br />

drauflegen. Dadurch kommen neue Leute<br />

ins Unternehmen, die mehr verdienen als<br />

diejenigen, die schon da sind. Die fragen<br />

dann: Wieso bekommen die Neuen mehr als<br />

wir? Ergebnis: Du hast nur Unruhe im Team<br />

und musst auf einmal alles enorm erhöhen,<br />

um die Abstände zwischen neuen und alten<br />

Leuten zu wahren, was jedes Gehaltsbudget<br />

sprengt. Deswegen haben gerade viele<br />

Caterer Probleme. Wir haben uns gleich zu<br />

Beginn mit unserem ersten Arbeitsplatz am<br />

Berliner Flächentarifvertrag für die Gastronomie<br />

orientiert. Da dieser Tarifvertrag zu der<br />

Zeit eher mau ausgestattet war, haben wir<br />

für die Facharbeitergruppe noch was draufgelegt.<br />

Unser eigener Haustarifvertrag mit<br />

der NGG in Berlin gilt seit Juni 2020. Übrigens<br />

auch in unserem Betrieb in Mecklenburg,<br />

da hier der Flächentarifvertrag für die<br />

Gastronomie in seiner Substanz absolut<br />

unbrauchbar ist. An den Flächentarifvertrag<br />

halten sich fast nur Hotels, kaum Gastronomien,<br />

kein Caterer außer uns. Dieser Vertrag<br />

ist aber so schlecht – wir sprechen hier von<br />

rund 2.500 brutto nach der Ausbildung zum<br />

Koch –, dass wir ihn nur als Bezugsrahmen<br />

nehmen und alle Gruppen hochstufen.<br />

Sie zahlen also systematisch mehr.<br />

Investiert in die Löhne und<br />

den Prozess: Geschäftsführerin<br />

Manuela Wischmann.<br />

Schletze-Wischmann: Vielen <strong>Catering</strong>-<br />

Köchen wird das Gehalt der Hilfsarbeitergruppe<br />

ausgezahlt oder es wird mit Teilzeitgeschichten<br />

getrickst, sodass sie in<br />

schwachen Zeiten auf weniger Stunden<br />

kommen. Unsere Einstiegsgruppe hingegen<br />

ist die Gruppe der gehobenen Facharbeiter<br />

mit mehrjähriger Berufserfahrung<br />

– die erreicht man sonst nur mit gehobener<br />

Betriebszugehörigkeit, in Leitungsfunktion,<br />

vielleicht als Küchenchef. Wir ziehen diese<br />

Gruppe vor und sind damit nun deutschlandweit<br />

der erste <strong>Catering</strong>betrieb, der die<br />

von der NGG geforderten 3.000 Euro brutto<br />

zahlt, wenn man einen Gesellenbrief hat und<br />

in Facharbeit steht. Hinzu kommen 30 Tage<br />

Urlaub, eine 38-Stunden-Woche, Schulungs-<br />

und Weihnachtsgeld, Sonntagsarbeit<br />

mit Zuschlägen. Mit diesen Sonderleistungen<br />

kommt man bei uns auf knapp 13 Jahresgehälter.<br />

Wir zahlen hohe Löhne und die<br />

Leute sollen selbst entscheiden, was sie<br />

damit machen. Diese modernen Taschenspielertricks<br />

ohne bedeutende Substanz –<br />

Job tickets, iPads, Moped-Führerscheine,<br />

Fit nessstudio-Abo – gibt es bei uns nicht.<br />

Wie staffelt sich das System bei<br />

Kernvoll?<br />

Schletze-Wischmann: Wir haben zurzeit <strong>23</strong><br />

Beschäftigte und im Prinzip vier Gruppen: Die<br />

Hilfsarbeitergruppe – Küchenhilfen – mit 15,92<br />

Euro pro Stunde, die bekommen auch unsere<br />

drei Studierenden. Die nächste Gruppe sind<br />

<strong>Cooking</strong> <strong>Catering</strong> inside 5/<strong>23</strong>

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