Flensburg Journal Ausgabe 187 - April 2018
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Hugo Eckener:<br />
Folge 4: Ein Pionier im 1. Weltkrieg<br />
Auch wenn die fliegenden Zigarren des zivilen Unternehmens<br />
DELAG für die Schlagzeilen sorgten, behielten Graf Ferdinand<br />
von Zeppelin und seine Mitstreiter den ursprünglichen Kern ihrer<br />
Innovation stets im Blick: Die Luftschiffe sollten dem Militär dienen.<br />
Hugo Eckener schrieb 1909 in einem Aufsatz: „Wer unbestritten<br />
die Luft beherrscht, der hat enorme Vorteile vor dem Gegner,<br />
der unten am Wasser klebt.“<br />
„Die Kriegsbrauchbarkeit unserer<br />
Luftschiffe ist vollständig anerkannt“<br />
Das Militär verhielt sich zunächst zurückhaltend, zeigte sich dann<br />
aber von der allgemeinen Euphorie, die die neuen Fluggeräte<br />
auslösten, beeindruckt. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs<br />
bestellte das Heer acht Modelle beim „Luftschiffbau Zeppelin“<br />
in Friedrichshafen. Dessen Direktor Alfred Colsman frohlockte<br />
im Februar 1912: „Die Kriegsbrauchbarkeit unserer Luftschiffe ist<br />
nunmehr vollständig anerkannt.“<br />
Immer häufiger nahm das Militär an Fahrten teil – auch an denen<br />
der DELAG-Kreuzer. Am 14. Mai 1912 kreuzten zwei Vertreter der<br />
Armee mit der „Viktoria Luise“ über den Oberrhein. Sie schwärmten<br />
in den höchsten Tönen von den Fähigkeiten des Luftschiffführers<br />
Hugo Eckener und staunten, als sie sich in weniger als drei Minuten<br />
von 50 auf 800 Meter emporschraubten. „Ein noch steilerer<br />
Anstieg und selbstverständlich in noch größere Höhen ist unbedenklich“,<br />
erwähnte Hugo Eckener. Er ließ alsbald einen Vertrag<br />
mit dem Preußischen Kriegsministerium aufsetzen: Das Chartern<br />
der „Viktoria Luise“ als Schulschiff kostete 500 Mark je Stunde.<br />
Im Mai 1912 wurde das zukünftige Heeres-Luftschiff Z3 fertiggestellt<br />
und auf ausgiebige Probefahrt geschickt. Das Vorhaben<br />
wurde zur Chefsache erklärt. Neben Graf Ferdinand von Zeppelin<br />
befand sich auch Hugo Eckener an Bord. Für die beiden Herren<br />
war es ein Vergnügen, als sie an der Bergstraße ein Luftschiff<br />
der Firma Schütte-Lanz überholten. Die Konkurrenz galt es abzuschütteln.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war ein weiterer Mitbewerber<br />
bereits geschlagen: August von Parseval. Hugo Eckener spottete<br />
gern: „Parseval baut in erster Linie einen Ballon zum Verunglücken,<br />
Zeppelin einen zum Fahren.“<br />
Aber auch bei den „Zeppelinern“ lief nicht alles glatt. Im <strong>April</strong> 1913<br />
sollte das Luftschiff „Z4“ nur die 140 Kilometer von Friedrichshafen<br />
nach Baden-Oos zurücklegen, driftete aber ins französische Luneville<br />
ab und verursachte diplomatische Verwicklungen. Kurz<br />
darauf traf sich bei Graf Ferdinand von Zeppelin eine Kommission,<br />
um das Malheur aufzuarbeiten. Hugo Eckener war als Sachverständiger<br />
geladen, nahm Kapitän Hans Gluud ins Kreuzverhör<br />
und entlarvte Fehler. „Warum haben Sie die Windmessungen nur<br />
unzureichend vorgenommen?“, fragt er, um wenig später zu kritisieren:<br />
„Auch wenn sich das Schiffsvorderteil wegen einer beschädigten<br />
Gaszelle nach vorne neigt, kann ein Schiff gewendet<br />
werden – auch von Nordwest nach Südost.“ Der Kapitän durfte<br />
dennoch weiterfahren, verunglückte aber wenige Monate später<br />
tödlich.<br />
Neben dem Heer fand die Marine zunehmend Gefallen an der<br />
neuen Technik. Mit Hugo Eckener stieg im November 1912 das<br />
erste Marineluftschiff „L1“ zu einer Rundfahrt über die Ostsee<br />
auf. Ein Zeppelin zur Aufklärung über dem Meer – diese Vision<br />
überzeugte die Marine, die schließlich eine eigene Luftschiff-Abteilung<br />
gründete. „L1“ sorgte allerdings nur für kurze Freude. Bei<br />
einem Orkan-Manöver wässerte der Zeppelin am 9. September<br />
1913 nördlich von Helgoland. Nur sechs Mann der 14-köpfigen<br />
Besatzung wurden gerettet.<br />
Es kam noch schlimmer. Hugo Eckener saß am 17. Oktober 1913<br />
mit seiner Familie am Mittagstisch, als ihn ein Telegramm erreichte:<br />
„Luftschiff L2 heute früh über Johannisthal abgestürzt.“ Bei<br />
Berlin leckten kurz nach dem Start rötliche Flammen, eine Explosion<br />
beendete 28 Menschenleben. Graf Ferdinand von Zeppelin<br />
erhob schwere Vorwürfe gegen die Marine und manövrierte sich<br />
damit ins geschäftliche Abseits. Fortan steuerten Alfred Colsman<br />
und Hugo Eckener den Konzern. Letzterer äußerte sich in einem<br />
Gutachten zum Unglück: „Das Schiff, das schnell emporstieg,<br />
blies stark Gas ab. Ein explosives Gemisch wurde in die vordere<br />
Maschinengondel abgesaugt, und als nun ein unglücklicher<br />
Hugo Eckener (links) war oft in Hamburg-Fuhlsbüttel.<br />
Foto: Archiv Ki.<br />
48 FLENSBURG JOURNAL • 04/<strong>2018</strong>