Naturhistorica 162
Naturhistorica 162 (2020) der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover (NGH) Themen: - Michael Fuchs: Danium-Geschiebe aus den Brelinger Bergen - Franz-Jürgen Harms: Asphalt und Kalkstein aus Ahlem. Vor über 150 Jahren begann mit einem Rohstoff aus Ahlem die Asphaltierung unserer Straßen und Plätze - Marvin Applegate: Osteologische Auswertung von Langknochen der Ungulata aus dem Leinetal südlich von Hannover - Tim Lukas Pikos: Ökologische Differenzierung limnischer und fluviatiler Lebensräume an der Leine bei Garbsen in der Region Hannover - Exkursionsberichte
Naturhistorica 162 (2020) der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover (NGH)
Themen:
- Michael Fuchs: Danium-Geschiebe aus den Brelinger Bergen
- Franz-Jürgen Harms: Asphalt und Kalkstein aus Ahlem. Vor über 150 Jahren begann mit einem Rohstoff aus Ahlem die Asphaltierung unserer Straßen und Plätze
- Marvin Applegate: Osteologische Auswertung von Langknochen der Ungulata aus dem Leinetal südlich von Hannover
- Tim Lukas Pikos: Ökologische Differenzierung limnischer und fluviatiler Lebensräume an der Leine bei Garbsen in der Region Hannover
- Exkursionsberichte
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Osteologische Auswertung von Langknochen der Ungulata aus dem Leinetal südlich von Hannover<br />
67<br />
Diskussion<br />
Analyse des Artenspektrums und<br />
zeitliche Einordnung<br />
Die Befunde legen nahe, dass die Mehrzahl<br />
der Knochen zu Arten gehören, die<br />
ein temperiertes Klima bevorzugen. Insgesamt<br />
stellen 208 Auerochsen, 73 Wildschweine,<br />
65 Rothirsche, 27 Rehe, 64 Ziegenartige<br />
und ein Elch Indikatoren für<br />
eine Warmzeit dar. Lediglich 34 Individuen,<br />
bestehend aus 30 Steppenbisons, 3<br />
Rentieren und einem Wollnashorn (Abb.<br />
20) sind typisch kaltzeitliche Arten.<br />
Dies spricht gegen den Ursprung der<br />
Knochen aus der Eem-Warmzeit, da in<br />
den Fossilfunden der Einfluss der zwischenzeitlichen<br />
Weichsel-Kaltzeit stärker<br />
vertreten sein müsste. Auch das gänzliche<br />
Fehlen von Riesenhirschen oder Moschusochsen,<br />
die während des späten Pleistozän<br />
bis ins frühe Holozän in Norddeutschland<br />
vertreten waren (Markova et al.<br />
2015), spricht ebenso für einen Ursprung<br />
der Knochen aus einer Warmzeit. Allerdings<br />
ist zu bedenken, dass die sehr dominant<br />
vertretenen Pferde sowohl zur letzten<br />
Kaltzeit als auch im Holozän Europa besiedelten.<br />
Nach Einbruch der Wildpferdbestände<br />
zu Beginn des Holozän konnten<br />
sich die Populationen im weiteren Verlauf<br />
der Klimaperiode wieder erholen (Leonardi<br />
et al. 2018). Es lässt sich somit feststellen,<br />
dass die kaltzeitlichen Funde Restbestände<br />
aus der Weichsel-Kaltzeit sind, oder<br />
zumindest aus dem Intermediärzeitraum<br />
(Interglazial) zwischen Weichsel-Kaltzeit<br />
und Holozän stammen. Widersprüchlich<br />
diesbezüglich ist allerdings, dass die Funde<br />
warmzeitlicher Arten aus den kaltzeitlichen<br />
Kiesen selbst stammen. Somit muss<br />
es zu einer Vermischung der warmzeitlichen<br />
Knochen und der kaltzeitlichen Kiese<br />
gekommen sein.<br />
Abb. 20 Kaudalseite eines Humerus (sinister),<br />
der als einziges Exemplar der eiszeitlichen Art<br />
Coelodonta antiquitatis (Wollnashorn) zugeordnet<br />
werden konnte (Sammlungsnummer V2306).<br />
Osteometrische Bestimmung<br />
Mithilfe der Bestimmung von Merkmalskombinationen<br />
konnten bei den 54<br />
untersuchten Rinderknochen 14 Exemplare<br />
Bos priscus und 33 Exemplare Bos<br />
primigenius zugeordnet werden (Tab.<br />
5 – 8, Appendix). Sieben blieben weiterhin<br />
nur auf die Gattung Bos bestimmbar.<br />
Neben eindeutig bestimmbaren Merkmalen<br />
gab es intermediäre Formen, die noch<br />
im Weiteren diskutierte potenzielle Domestikationseinflüsse<br />
darstellen könnten.<br />
Daher empfiehlt es sich für zukünftige<br />
<strong>Naturhistorica</strong> BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER <strong>162</strong> · 2020