Industrieanzeiger 14.2023
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31.10.2023 Ausgabe 14 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
Interview<br />
Mitarbeitermotivation<br />
So gewinnt man Mitarbeiter für die<br />
Klimatransformation im Betrieb<br />
» Seite 20<br />
Messe Blechexpo<br />
Alles rund ums Blechbearbeiten<br />
mit hohem Praxisbezug<br />
» ab Seite 27<br />
Messe Formnext<br />
Sie ist die Weltleitmesse für<br />
3D-Druck in Frankfurt<br />
» ab Seite 39<br />
Dr. Werner Kraus, Leiter Abteilung<br />
Roboter- und Assistenzsysteme,<br />
über<br />
50 Jahre Robotik<br />
am Fraunhofer IPA<br />
» Seite 64<br />
TOPSTORY<br />
I4.0 im Bestand<br />
Diese Hürden müssen Fertiger<br />
mit gewachsenen Strukturen<br />
nehmen, die Industrie 4.0 im<br />
Betrieb etablieren wollen.<br />
» Seite 54<br />
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2 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
» MEINUNG<br />
Kunststoffe brauchen<br />
Kreisläufe<br />
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Additive Fertigung für<br />
Keramikkomponenten<br />
Nur wie kommen sie dahin? Der Status quo ist nicht gerade zufriedenstellend.<br />
Keine 20 % der deutschen Kunststoffabfälle werden wirklich<br />
rezykliert. Der Löwenanteil wird verbrannt und immerhin noch energetisch<br />
verwertet. Aber das frei werdende CO 2 heizt den Klimawandel an. Von<br />
einer Kreislaufwirtschaft, die Umwelt und Klima schützt, kann keine Rede<br />
sein. Wer dies zurzeit mit größtem Engagement ändern will, ist die Kunststoffindustrie<br />
selbst. Denn den Akteuren ist klar, dass sie das Problem<br />
lange ignoriert und damit verursacht haben. Die Branche will ihr Negativ-<br />
Image loswerden, das nun leider auch ihrem patenten und unverzichtbaren<br />
Werkstoff anhaftet. Auf der Kunststoffmesse Fakuma waren Rezyklate das<br />
Topthema. Doch noch immer sind Rezyklate knapp und teurer als Neuware.<br />
Der Wandel hin zu einer Circular Economy stockt.<br />
Es gibt Ideen, Entwicklungen, Initiativen, Produktpässe und den Ruf<br />
nach geeigneten Regularien durch den Gesetzgeber – aber auch Kontroversen<br />
und Ratlosigkeit, denn extrem komplex sind die Zusammenhänge.<br />
„Deutschland könnte ein Labor für Kreislaufwirtschaft sein, aber es geht<br />
nichts“, klagt Ingemar Bühler vom Erzeugerverband PlasticsEurope.<br />
Und doch spüren industrielle Anwender den Handlungsbedarf. Viele Unternehmen<br />
wollen etwas tun, auch wenn Unsicherheit herrscht, was der<br />
Gesetzgeber künftig von ihnen fordert. Was ist ratsam in dieser Schwebe?<br />
Auf der Messe zeigten sich die Insider einig: Mit kleinen Projekten herantasten<br />
an Rezyklate. Erforschen, welche Anwendungen infrage kommen<br />
und testen, wie mit diesen anderen Materialien umzugehen ist. Und dann<br />
fiel noch ein Statement beim Messe-Roundtable „Kunststoff – Wertstoff“,<br />
dem keiner widersprach: „Solange Kunststoff kein Wertstoff ist, ist alles<br />
nichts.“ Für den Verbraucher muss es sich rechnen, ausrangierten Kunststoff<br />
wieder zurückzugeben, nicht nur bei Getränkeflaschen. Wer Modelle<br />
ersinnt, ihn dafür zu belohnen, biegt in die Erfolgsspur ein.<br />
Olaf Stauß,<br />
Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong>,<br />
olaf.stauss@konradin.de<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 3
» INHALT 14 | 2023 145. JAHRGANG<br />
TOPSTORY<br />
I4.0 im Bestand<br />
Diese Hürden müssen Fertiger<br />
mit gewachsenen Strukturen<br />
nehmen, die Industrie 4.0 im<br />
Betrieb etablieren wollen.<br />
» Seite 54<br />
Bild: Bystronic<br />
Der Einstieg ins IIoT ist besonders für kleinere Blechteilefertiger mit<br />
gewachsenen Strukturen eine Herausforderung.<br />
» Seite 54<br />
NEWS & MANAGEMENT<br />
Industrienews<br />
VDMA-Positionspapier fordert weniger Bürokratie 08<br />
Rahmen für vertrauenswürdige KI 10<br />
Lackier- und Pulvertreff informiert über Entwicklungen 12<br />
Interview<br />
Haro-Chef Christoph Hackländer über einer erfolgreiche<br />
Unternehmensübergabe an die nächste Generation 14<br />
WBA-Serie<br />
Prozesskettengestaltung verringert Nachbearbeitungs -<br />
aufwand von AM-Komponenten 16<br />
» Nachhaltigkeit<br />
Wie man Mitarbeiter für die vollständige Klima trans for -<br />
mation im Betrieb gewinnt 20<br />
IT-Unterstützung<br />
IBM optimiert die IT-Infrastruktur von Bosch 22<br />
Round Table<br />
Im Vorfeld der Messe In.Stand in Stuttgart diskutierten<br />
Experten den Status Quo der Instandhaltungsbranche 24<br />
MESSEN<br />
» Messe Blechexpo/Schweisstec<br />
Die Fachbesucher erleben die ganze Prozesskette der<br />
Blechbearbeitung mit hohem Praxisbezug 27<br />
» Messe Formnext<br />
Als Weltleitmesse für den industriellen 3D-Druck zeigt<br />
die Formnext die gesamte Welt der additiven Fertigung 39<br />
TECHNIK<br />
Interview<br />
Dr. Henrike Wonneberger, COO der 3D-Druck-Plattform<br />
Replique, plädiert dafür, Digitale Dateien zu transportieren<br />
und Waren dezentral zu produzieren 48<br />
Produktentwicklung<br />
Digitale Assistenten helfen, Konstruktionen anzupassen –<br />
auf Knopfdruck. Effizient in Verbindung mit 3D-Druck 52<br />
TOPSTORY<br />
Vernetzen im Bestand<br />
Worauf kleinere Blechteilefertiger beim Einstieg ins<br />
Industrial Internet of Things unbedingt achten sollten 54<br />
Blechteilefertigung<br />
Forschungsprojekt de:karb will CO 2-Last von Blechteilen<br />
ermitteln und deren Fußabdruck minimieren 60<br />
Abkantpressen<br />
Die kompakte Abkantpresse ByBend Star 120 von Bystronic<br />
findet in jeder Fertigung ein Plätzchen 63<br />
TITEL » Automatisierte Blechbearbeitung<br />
Dringenberg automatisiert die Blechbearbeitung mit einer<br />
Schwenk-Biege-Kombi von Prima Power 36<br />
» Interview<br />
Dr. Werner Kraus, Leiter Abteilung Roboter- und Assistenz -<br />
systeme, über 50 Jahre Robotik am Fraunhofer IPA 64<br />
Robotik<br />
Ein Cobot von OnRobot kann anspruchsvolle Messtätig -<br />
keiten ausführen 68<br />
Montagetechnik<br />
Mit einem audiobasierten Prüfsystem des Fraunhofer IDMT<br />
lassen sich fehlerhafte Steckverbindungen ausmachen 70<br />
PRODUKTE & SERVICE<br />
Editorial 03<br />
Augenblicke der Technik 06<br />
Produkte 72<br />
Impressum 72<br />
Vorschau 73<br />
Zuletzt 74<br />
4 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Bild: Mesago Messe Frankfurt GmbH/Mathias Kutt<br />
Als Leitmesse für 3D-Druck wird die Formnext 2023 so groß wie noch nie.<br />
» Seite 39<br />
Your Global Automation Partner<br />
Dr. Werner Kraus, Leiter<br />
Abteilung Roboter- und<br />
Assistenzsysteme, spricht<br />
über 50 Jahre Robotik<br />
am Fraunhofer IPA.<br />
» Seite 64<br />
Bild: Fraunhofer IPA<br />
» ZUM TITELBILD<br />
Auf der Messe Blechexpo stellt Prima Power als Weltpremiere<br />
eine Fertigungslinie mit einer kombinierten Stanz-Laser-<br />
Schneidmaschine und Biegezelle aus. Mehr zu dieser Automa -<br />
tionstechnologie im Beitrag auf Seite 36. Bild: Prima Power<br />
Hall 7, Stand 250<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 5
6 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
» Augenblicke<br />
der Technik<br />
Eine Million Roboter – nicht ganz so viele sind in dem Bild auf<br />
diesen zwei Seiten zu sehen. Die Aufnahme gibt jedoch einen<br />
guten Eindruck von der Menge, die der japanische Roboterhersteller<br />
Fanuc inzwischen produziert und verkauft hat. Das einmillionste<br />
Gerät verließ im August dieses Jahres die Werkhallen – es<br />
handelte es sich um einen R-2000iC/210F, ein Knickarmroboter,<br />
dargestellt im Bild. Als Mittel gegen den sich verschärfenden Arbeitskräftemangel<br />
haben sich die Roboter mittlerweile in zahlreichen<br />
Branchen etabliert, darunter in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie<br />
und sogar im Handwerk. Anfänglich kamen sie nur in<br />
der Automobil- und Elektroindustrie zum Einsatz. Ihre fortlaufend<br />
verbesserte Benutzerfreundlichkeit ist ein weiterer Grund, weshalb<br />
die Robotik sich so rapide ausbreiten kann und neue Segmente erobert.<br />
„Die Nachfrage ist aktuell so hoch wie nie zuvor“, sagt<br />
Marco Ghirardello, Präsident und CEO von Fanuc Europe. Es ist also<br />
nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Meilenstein genommen ist.<br />
Bild: Fanuc<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 7
» NACHRICHTEN<br />
VDMA-Präsident Karl Haeusgen zur angeblichen Deindustriealisierung Deutschlands<br />
Positionspapier fordert<br />
weniger Bürokratie<br />
In seinem Positionspapier listet der VDMA die Stellschrauben auf, an denen schnell<br />
gedreht werden muss, um neue wirtschaftliche Kräfte zu entfachen. Die zunehmend<br />
schrillen Töne in der Debatte um den Industriestandort Deutschland sind nach Ansicht<br />
von VDMA-Präsident Karl Haeusgen kontraproduktiv.<br />
Den Standort Deutschland<br />
von den bürokratischen<br />
Fesseln befreien: In seinem<br />
Positionspapier listet der<br />
VDMA die Stellschrauben<br />
auf, an denen schnell<br />
gedreht werden muss,<br />
um neue wirtschaftliche<br />
Kräfte zu entfachen.<br />
Bild: stokkete/stock.adobe.com<br />
Deutschland gehe nicht unter, und für<br />
eine breite Deindustrialisierung des<br />
Lands gäbe es bisher keine Belege, sagt<br />
VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Tatsächlich<br />
habe die Ampel-Koalition in der ersten<br />
Hälfte ihrer Amtszeit der Industrie zugehört<br />
und einige wirtschaftsfreundliche<br />
Gesetze wie zum Beispiel die Beschleunigung<br />
von Genehmigungsverfahren durchgebracht.<br />
„Trotzdem gibt es noch erheb -<br />
liche strukturelle Baustellen, die jetzt<br />
angegangen werden müssen, um den<br />
Standort im internationalen Wettbewerb<br />
zu stärken. „Wir müssen uns vor allem<br />
von büro kratischen Fesseln befreien“, betont<br />
Haeusgen. Er fordert die Politik in<br />
dieser Debatte auf, ehrliche Ansagen zu<br />
machen.<br />
In seinem Positionspapier listet der VDMA<br />
die Stellschrauben auf, an denen schnell<br />
gedreht werden muss, um neue wirtschaftliche<br />
Kräfte zu entfachen:<br />
• Bürokratie: Benötigt werden einfachere<br />
administrative Prozesse und weniger<br />
Bürokratie insbesondere für den Mittelstand.<br />
Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen<br />
muss beschleunigt<br />
werden.<br />
• Unternehmensbesteuerung: Deutschland<br />
braucht ein international wettbewerbsfähiges<br />
und investitionsfreundliches<br />
Steuersystem mit niedrigeren Unternehmenssteuern<br />
und verbesserten<br />
Abschreibungsbedingungen.<br />
• Arbeitskosten und Fachkräfte: Ein<br />
Hochlohnland wie Deutschland benötigt<br />
zwingend mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt.<br />
Angesichts der demografischen<br />
Entwicklung müssen Wochenund<br />
Lebensarbeitszeit im Durchschnitt<br />
verlängert werden und alle Möglichkeiten<br />
der Bildung, Weiterbildung und<br />
Kinderbetreuung voll ausgeschöpft<br />
werden. Das Land benötigt mehr Fach-<br />
kräfte aus dem Ausland, hier sind auch<br />
Zeitarbeitsfirmen einzubinden.<br />
• Digitale Infrastruktur: Der Ausbau der<br />
digitalen Infrastruktur muss deutlich<br />
schneller erfolgen, gerade im ländlichen<br />
Raum, wo der mittelständische<br />
Maschinen- und Anlagenbau zuhause<br />
ist.<br />
• Freihandel: Insbesondere die mittelständische<br />
Industrie benötigt offene<br />
Märkte und den Abbau von Handelshemmnissen.<br />
Neue Freihandelsabkommen<br />
etwa mit den Mercosur-Staaten<br />
sind dringend nötig, ihr Abschluss darf<br />
nicht mit überzogenen umwelt- und<br />
sozialpolitischen Vorgaben und Zielen<br />
torpediert werden.<br />
• Innovationen: Es braucht technologieneutrale<br />
Anreize, damit Unternehmen<br />
ihr Innovationspotential entfalten können.<br />
Dazu gehören eine steuerliche<br />
Forschungsförderung ohne Deckel, der<br />
Ausbau der Produktionsforschung sowie<br />
die Weiterentwicklung der Industriellen<br />
Gemeinschaftsforschung (IGF).<br />
• Erneuerbaren Energie: Wind- und Solarenergie<br />
müssen schneller ausgebaut<br />
werden, ebenso die Übertragungsnetze.<br />
Nur so gelingt der Kampf gegen die<br />
Klimawende und Energiepreise können<br />
perspektivisch sinken.<br />
8 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Toshiba<br />
Regenerative Innovation Centre gegründet<br />
In Düsseldorf hat die Toshiba Corporation<br />
ein Innovationszentrum für regenerativen<br />
Betrieb eingerichtet. Dort will das japanische<br />
Unternehmen mit Geschäfts- und<br />
Kooperationspartnern zusammenarbeiten,<br />
um CO 2 -Neutralität und eine Kreislaufwirtschaft<br />
(CN-CE, Carbon Neutrality<br />
– Circular Economy) durch Digitalisierung<br />
voranzutreiben.<br />
Das Regenerative Innovation Centre (RIC)<br />
soll ein wegweisender Technologie-Hub<br />
in Europa sein, der sich auf die technologische<br />
Entwicklung und soziale Umsetzung<br />
von CN-CE konzentriert. Durch die<br />
CN-CE-Techniken des Toshiba-Konzerns<br />
wird sich das Zentrum an Aktivitäten beteiligen,<br />
darunter Forschungs- und Entwicklungsprojekte,<br />
die Teilnahme an fortschrittlichen<br />
Gemeinschaften in Europa,<br />
Gemeinsam voran (v.l.):<br />
Dr. Yukata Sata, CTO<br />
Toshiba, Prof. Antonello<br />
Monti, RWTH Aachen,<br />
Prof. Stephan Ramesohl,<br />
Wuppertal Institut, und<br />
Dr. Kohei Onizuka, General<br />
Manager RIC.<br />
Aufbau von Beziehungen zu potenziellen<br />
Kunden und Partnern sowie Mitwirken an<br />
Standardisierungsaktivitäten.<br />
Das Zentrum wird sich mit Fragen rund<br />
um CN-CE aus unterschiedlichen Blickwinkeln<br />
befassen – einschließlich Wissenschaft,<br />
Technik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
– mit dem Ziel, CN-CE europaund<br />
weltweit zu verwirklichen. Das Spektrum<br />
der technischen Bereiche umfasst<br />
Komponenten wie Batterien und Halbleiter,<br />
Energie mit besonderem Schwerpunkt<br />
auf erneuerbaren Ressourcen, Wasserstoff<br />
und Energiemanagement, negative<br />
Emissionen mit CO 2 -Abscheidung/-Speicherung/-Nutzung<br />
sowie Digitale Plattformen<br />
zur Nutzung von Energie- und<br />
CO 2 -Daten.<br />
Mit dem RIC dehnt das Unternehmen sein<br />
Engagement nun auf die angewandte<br />
Forschung und Entwicklung im Bereich<br />
CN-CE aus. Das Zentrum ist Beratungspartnerschaften<br />
mit der RWTH Aachen<br />
und dem Wuppertal Institut eingegangen.<br />
Bild: Toshiba<br />
Unsere Förderanlagen.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 9
» NACHRICHTEN<br />
Normen und Standards<br />
Rahmen für vertrauenswürdige KI<br />
Was darf KI, und wer trifft künftig wichtige<br />
Entscheidungen – das sind zentrale<br />
Fragen in der aktuellen Diskussion um<br />
KI-Entwicklung. Antworten gibt die VDE-<br />
Anwendungsregel VDE-AR-E 2842-61 als<br />
erster normativer Rahmen für den kompletten<br />
Lebenszyklus kognitiver Systeme.<br />
Als Grundlage soll sie die Ausarbeitung<br />
von Normen und Standards im Rahmen<br />
des European AI Act erleichtern und die<br />
globale KI-Welt voranbringen.<br />
„Mit knapp 600 Seiten ist ein sehr umfangreicher<br />
Standard entstanden, der den<br />
vertrauenswürdigen und sicheren Einsatz<br />
von künstlicher Intelligenz künftig sicherstellen<br />
kann“, sagt Michael Teigeler,<br />
Geschäftsführer der DKE. „Hier liegt auch<br />
die Basis für die weitere Normung im<br />
Rahmen des European AI Acts. Unternehmen<br />
haben damit eine Grundlage, KI<br />
sicher zu entwickeln und Produkte in den<br />
Markt einzuführen.“ Bislang gibt es international<br />
mehr als 200 Normen, die – auf<br />
Bislang gibt es international<br />
mehr als 200 Normen, die –<br />
auf einzelne Anwendungsfelder<br />
bezogen – einen Rahmen<br />
für die Arbeit mit KI setzen.<br />
einzelne Anwendungsfelder bezogen – einen<br />
Rahmen für die Arbeit mit KI setzen.<br />
Um den wirtschaftlichen Erfolg und die<br />
Sicherheit neuer Systeme zu gewährleisten,<br />
braucht es aber mehr.<br />
Die Besonderheit bei Vorgaben für KI besteht<br />
darin, dass Funktionen nicht einfach<br />
nach vorgegebenen Prozessen geprüft<br />
werden können. Das System muss Sicherheit<br />
selbst gewährleisten und Anforderungen<br />
an funktionale Sicherheit inhärent<br />
erfüllen. Wegen dieser hohen Komplexität<br />
haben sich Vertreterinnen und Vertreter<br />
aus Industrie, Wirtschaft, Forschung und<br />
Verbraucherschutz im DKE-Arbeitskreis<br />
„Autonome Systeme“ zusammengeschlossen,<br />
um den neuen VDE-Standard<br />
zu entwickeln.<br />
„Wir haben die Anwendungsregel in sechs<br />
voneinander thematisch abgegrenzte Abschnitte<br />
unterteilt, um den kompletten<br />
Lebenszyklus eines KI-Systems abzu -<br />
bilden“, erklärt Dr. Henrik J. Putzer, Co-<br />
Vorsitzender des Arbeitskreises und CEO<br />
der Cogitron GmbH. „Sie reicht von der<br />
Begriffsdefinition für den Umgang mit<br />
KI-Systemen bis zu Vorgaben zur Qualifikation<br />
und Zulassung der Systeme für die<br />
Marktphase.“<br />
Im Fokus der neuen VDE-Anwendungsregel<br />
steht mit Teil 3 bis 5 die Entwurfsphase,<br />
in der es darauf ankommt, Anforderungen<br />
im Bereich Vertrauenswürdigkeit<br />
zu erfüllen. Dazu zählen Vorgaben zur<br />
Systemsicherheit, Cybersicherheit sowie<br />
ethische Fragestellungen.<br />
Bild: visoot/stock.adobe.com<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Large Language Models bereichern KI-Plattform<br />
Bild: iconimage/stock.adobe.com<br />
Der deutsche Software- und KI-Lösungsanbieter<br />
Empolis, ein Unternehmen der<br />
Proalpha Gruppe, setzt einen wichtigen<br />
Meilenstein durch die Integration von<br />
Large Language Models (LLMs) in die AI<br />
Plattform des Anbieters. Die Plattform<br />
bildet die technologische Basis für die<br />
Um reale Anwendungsfälle<br />
möglichst<br />
standardisiert zu lösen,<br />
führt die Technologie-<br />
Plattform von Empolis<br />
Methoden der statis -<br />
tischen KI, wie Large<br />
Language Models, mit<br />
Knowledge Graphen<br />
und semantischer<br />
Suche zusammen.<br />
SaaS-Lösungen Empolis Service Express,<br />
Content Express und Knowledge Express<br />
sowie für maßgeschneiderte On-Premise-<br />
Lösungen. Generative AI-Technologien<br />
beschleunigen die Möglichkeiten der<br />
Mensch-Maschine-Interaktion und sind<br />
dadurch in der Lage, zahlreiche Branchen<br />
zu transformieren, produktiver zu gestalten<br />
und neue Wettbewerbsvorteile zu<br />
schaffen. Dazu müssen diese Technologien<br />
vertrauenswürdig in Business-Anwendungen<br />
für die Industrie eingesetzt<br />
werden.<br />
Die Technologie-Plattform von Empolis<br />
integriert zahlreiche Methoden der Künstlichen<br />
Intelligenz für industrielle Anwendungsfälle.<br />
Dabei führt sie zwei Bereiche<br />
zusammen: Methoden der statistischen<br />
KI, wie Maschinelles Lernen und LLMs,<br />
und Methoden der wissensbasierten KI,<br />
wie Knowledge Graphen und die semantische<br />
Suche. Reale Anwendungsfälle können<br />
so möglichst standardisiert gelöst<br />
werden. Empolis KI-basierte Lösungen<br />
adressieren die allgemeinen Schwachstellen<br />
von Generative AI und bieten den Anwendern<br />
nachvollziehbare und glaubwürdige<br />
Ergebnisse – auf der Basis von validierten<br />
Wissensquellen.<br />
10 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Nachhaltigkeit<br />
Neues Leben für 8.000 Flurförderzeuge von Still<br />
Wenn im Still-Aufbereitungszentrum ein<br />
professionell überholter Gabelstapler vom<br />
Hof rollt, ist er mit bloßem Auge kaum<br />
von einem Neugerät zu unterscheiden.<br />
Und auch im Belastungstest lässt sich<br />
schwerlich ein Unterschied ausmachen.<br />
Kein Wunder also, dass der Zweitmarkt<br />
für Gabelstapler und Lagertechnikfahrzeuge<br />
seit Jahren kontinuierlich wächst.<br />
Neben wirtschaftlichen Überlegungen<br />
spielen dabei zunehmend Aspekte der<br />
Verfügbarkeit eine Rolle. Immer mehr Abnehmer<br />
möchten aber auch nachhaltiger<br />
und ressourcenbewusster vorgehen bei<br />
ihrem Kauf. Das Marktsegment des Leasings<br />
trifft ebenfalls auf eine wachsende<br />
Nachfrage. Aus Kundenperspektive nicht<br />
verwunderlich, findet Frank Müller, Senior<br />
Vice President Still Brand Management:<br />
„Aus wirtschaftlicher wie aus ökologischer<br />
Sicht macht die Anschaffung gebrauchter<br />
und generalüberholter Geräte<br />
für immer mehr Kunden Sinn. Es muss<br />
nicht immer ein ‚Neuer‘ sein“, erklärt er.<br />
Bis zu 8.000 Fahrzeuge erhalten von Still<br />
jährlich ein zweites Leben. Europaweit<br />
stehen den Kunden rund 25.000 aufgearbeitete<br />
Fahrzeuge zur Auswahl, jederzeit<br />
schnell – und sogar online – verfügbar.<br />
Entdecken Sie Ihr neues Kundenportal „MeinFranke“<br />
Online-Berechnungstool<br />
Bild: Still<br />
Im Still Aufbearbeitungszentrum<br />
werden die Gebrauchtfahrzeuge auf<br />
Herz und Nieren geprüft, bevor man<br />
sie generalüberholt.<br />
Messe Quantum Effects<br />
Quantentechnologien, die neue Perspektiven eröffnen<br />
Mit unserem neuen Kundenportal "MeinFranke"<br />
kommen Sie schneller ans Ziel. Berechnen Sie<br />
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- eine effiziente Produktauslegung,<br />
- die Überprüfung der Belastungsfestigkeit gemäß<br />
Ihren Anforderungen<br />
- oder die präzise Berechnung der theoretischen<br />
Lebensdauer.<br />
Die Quantum Effects ist neu in Deutschlands<br />
Fachmesselandschaft. Am 10. Oktober<br />
2023 öffnete die Messe Stuttgart für<br />
zwei Tage den Quantentechnologien die<br />
Pforten. Als Kombination aus Ausstellung<br />
und Konferenz für Wissenschaft und Industrie<br />
bot die Quantum Effects ein attraktives<br />
Programm fürs Fachpublikum.<br />
Mit dem 2023 erstmalig verliehenen<br />
Quantum Effects Award wurden Neuentwicklungen<br />
gewürdigt, die die klassische<br />
und die Quantenwelt verbinden, in unterschiedlichen<br />
Branchen eingesetzt werden,<br />
individuelle Dienstleistungen ermöglichen<br />
und neue Perspektiven eröffnen.<br />
• Sieger der Kategorie Quantum Computing<br />
Hardware ist EleQtron (Deutschland).<br />
• In der Kategorie Quantum Computing<br />
Software wurden zwei Teams ausgezeichnet:<br />
Q-CTRL aus Australien und<br />
Multiverse Computing aus Spanien.<br />
Bild: Andrea Marongiu/stock.adobe.com<br />
Mit dem erstmalig 2023 verliehenen Quantum<br />
Effects Award werden herausragende Innovationen<br />
gewürdigt, die die klassische und die Quantenwelt<br />
verbinden.<br />
• Sieger der Katergorie Quantum Sensing<br />
ist NVision Imaging Technologies aus<br />
Deutschland.<br />
• Sieger in der Kategorie Quantum Kommunikation<br />
ist Aliro Quantum (USA).<br />
Die offizielle Preisverleihung fand am 10.<br />
Oktober 2023 auf dem Quantum Effects<br />
Forum statt.<br />
Lernen Sie im Video unser ausgeklügeltes Tool<br />
kennen oder testen Sie das Berechnungstool<br />
direkt in „MeinFranke“.<br />
Zum Video:<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 11<br />
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» NACHRICHTEN<br />
JOT-Fachkongress<br />
Lackier- und Pulvertreff informiert über neue verfahrenstechnische Entwicklungen<br />
Die etablierten und beliebten JOT-Branchentagungen<br />
„EPS – Der Pulvertreff“ und<br />
„Industrie-Lackierung – Der Lackiertreff“<br />
werden seit 2022 als gemeinsamer JOT -<br />
live-Kongress „Lackier- und Pulvertreff“<br />
fortgeführt.<br />
Der Lackier- und Pulvertreff informiert<br />
umfassend über neue lack-, anlagen- und<br />
verfahrenstechnische Entwicklungen und<br />
deren Umsetzung in die Praxis. Er zeigt<br />
vielfältige Potenziale zur Optimierung von<br />
Beschichtungsprozessen auf, etwa hinsichtlich<br />
Kapazität, Emissionen, Effizienz,<br />
Nachhaltigkeit und Kosten. Gleichzeitig<br />
ist der Kongress die ideale Plattform für<br />
Networking und Erfahrungsaustausch.<br />
Neben spannenden Plenarvorträgen gehen<br />
zwei parallele Sessions auf spezifische<br />
Lösungen zu Pulverbeschichtung<br />
und Nass lackierung ein, die neu geschaffenen<br />
‚Workspaces‘ sind hingegen praxisbezogen<br />
und sollen zum Anfassen und<br />
Mitmachen animieren.<br />
Mit dem Fachkongress „Lackier- und Pulvertreff“<br />
bekommt der Gast geballtes<br />
Know-how von Nasslack und Pulverlack<br />
zusammen. Mit den Synergien beider Bereiche<br />
wird über den berühmten Tellerrand<br />
geblickt und die Gäste profitieren<br />
zudem von der geballten Erfahrung aus<br />
mehr als 40 Jahren Fachkonferenzen zur<br />
Oberflächenbehandlung.<br />
Die Plenarvorträgen gewähren tiefe Einblicke<br />
in Strategien zur Energie- und Ressourceneffizienz<br />
sowie deren Umsetzung<br />
in der täglichen Praxis. Interessenten erfahren<br />
Neues über Steigerungs potenziale<br />
in der gesamten Prozesskette, etwa in Bezug<br />
auf Qualitäts sicherung, Produktivität,<br />
Bild: scaliger/stock.adobe.com<br />
Zum zweiten Mal<br />
gemeinsame Sache:<br />
Networking und<br />
Erfahrungsaustausch<br />
in Sachen Lack und<br />
Pulver.<br />
Nachhaltigkeit, Durchlauf zeiten und<br />
Wertschöpfung.<br />
In zwei parallelen Vortragssträngen wird<br />
das Kongressprogramm vertieft, indem auf<br />
die Besonderheiten von Nasslack und Pulverlack<br />
jeweils zielgerichtet eingegangen<br />
wird, um den Herausforderungen in der<br />
täglichen Praxis erfolgreich zu begegnen.<br />
Mit Blick auf notwendige Investitionen<br />
werden außerdem Förder möglichkeiten<br />
aufgezeigt, die das Fundament des Unternehmens<br />
stärken und so zur Sicherung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit beitragen.<br />
Anzeige<br />
Blechbearbeitung<br />
Alles in einer Linie<br />
Prima Power ist ein weltweit führender<br />
Lieferant von Hightech Laser- und<br />
Blechbearbeitungsmaschinen. Das Produktportfolio<br />
ist eines der umfassendsten<br />
der Branche und umfasst 2D- und 3D-<br />
Lasermaschinen zum Schneiden, Schweißen<br />
und Bohren, Stanzmaschinen, kombinierte<br />
Stanz-Laser- und Stanz-Scher-<br />
Systeme sowie Abkantpressen, Schwenkbiegemaschinen,<br />
Biegezentren und flexible<br />
Fertigungssysteme (FMS).<br />
Prima Power ist eine Business Unit von<br />
Prima Industrie, einer Gruppe mit über<br />
1.900 Mitarbeitern weltweit, Produk -<br />
tionsstätten in Italien, Finnland, den<br />
Vereinigten Staaten und China sowie<br />
einem Vertriebs- und Servicenetz in über<br />
80 Ländern.<br />
Auf der Blechexpo 2023 stellt das<br />
Unternehmen in Halle 3, Stand 3201, als<br />
Weltpremiere eine Fertigungslinie mit<br />
einer kombinierten Stanz-Laserschneid -<br />
ma schine und Biegezelle aus. Dieses Konzept<br />
besteht aus einer Combi Genius<br />
einem Be-, Ent- und Stapelroboter LSR<br />
als auch einer servoelektrischen Abkantpresse<br />
EP Genius 1030 mit integriertem<br />
Werkzeugwechselspeicher und einem<br />
7-achsigen Industrieroboter.<br />
Mehr Informationen finden Sie im Beitrag<br />
auf Seite 36.<br />
Mitarbeitermotivation<br />
So gewinnt man Mitarbeiter für die<br />
Klimatransformation im Betrieb<br />
» Seite 20<br />
TOPSTORY<br />
I4.0 im Bestand<br />
Diese Hürden müssen Fertiger<br />
mit gewachsenen Strukturen<br />
nehmen, die Industrie 4.0 im<br />
Betrieb etablieren wollen.<br />
» Seite 54<br />
Messe Blechexpo<br />
Alles rund ums Blechbearbeiten<br />
mit hohem Praxisbezug<br />
» ab Seite 27<br />
Messe Formnext<br />
Sie ist die Weltleitmesse für<br />
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» ab Seite 39<br />
Wissen für Entscheider in der Produktion<br />
31.10.2023 Ausgabe 14 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
Interview<br />
Dr. Werner Kraus, Leiter Abteilung<br />
Roboter- und Assistenzsysteme,<br />
über<br />
50 Jahre Robotik<br />
am Fraunhofer IPA<br />
» Seite 64<br />
Bild: Prima Power<br />
12 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 13
MANAGEMENT » Interview<br />
Interview mit Christoph Hackländer, Geschäftsführer der Haro-Gruppe<br />
„Wir werden auch 2024<br />
ein gutes Jahr haben“<br />
Die Haro-Gruppe ist ein mittelständisches Familienunternehmen und Hersteller von Förderanlagen,<br />
das Automatisierungslösungen für den innerbetrieblichen Materialfluss und die<br />
damit verbundene Intralogistik anbietet. Im Gespräch mit dem <strong>Industrieanzeiger</strong> erläutert<br />
Geschäftsführer Christoph Hackländer, worauf es bei einer erfolgreichen Übergabe an die<br />
nächste Generation ankommt und wie er sein Unternehmen fit für die Zukunft macht.<br />
» Alexander Gölz, Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Herr Hackländer, Sie führen das Unternehmen<br />
jetzt in der zweiten Generation.<br />
Ist die Frage der Unternehmensnachfolge<br />
bei Ihnen bereits geregelt?<br />
Ich habe das Unternehmen von meinem<br />
Vater übernommen, der 1957 ein kleines<br />
Handelsunternehmen in Wermelskirchen<br />
gegründet hat. Er hat vor allem mit Tragrollen<br />
gehandelt, daraus leitet sich übrigens<br />
auch unser Firmenname ab – „Ha“<br />
für Hackländer und „Ro“ für Rollen. Später<br />
kamen dann Rollenbahnen und ganze<br />
Anlagen dazu. Irgendwann kam die Frage<br />
der Nachfolge auf – ich habe zwei Brüder<br />
– wir haben entschieden,<br />
dass ich den Betrieb übernehmen<br />
werde. Also bin ich<br />
1987 hierhergezogen, habe<br />
selbst eine GmbH gegründet<br />
und mit zwei Leuten<br />
angefangen. Ich hatte natürlich<br />
das Unternehmen<br />
meines Vaters im Rücken, musste aber<br />
selber zusehen, dass ich genügend Aufträge<br />
bekam, und habe das Unternehmen<br />
dann gemeinsam mit meiner Frau weiter<br />
auf- und ausgebaut. Und jetzt steht mit<br />
meinem Sohn die dritte Generation in den<br />
Startlöchern. Er ist Anfang dreißig und<br />
seit fünf Jahren im Unternehmen, hauptsächlich<br />
im Vertrieb. Ich sage ihm immer,<br />
es gibt zwei Dinge, die wichtig sind, um<br />
ein Unternehmen zu leiten: Du musst<br />
führen können und du musst verkaufen<br />
können. Das kann er jetzt, und inzwischen<br />
beziehe ich ihn zunehmend in die unternehmerischen<br />
Entscheidungen mit ein.<br />
Wir arbeiten da sehr intensiv zusammen,<br />
vor allem wenn es um größere Investitionen<br />
und neue Produktentwicklungen<br />
geht. Er übernimmt mehr und mehr und<br />
ich ziehe mich langsam zurück.<br />
In welchem Zeitfenster ist die Übergabe<br />
geplant?<br />
Wir haben den Prozess bereits vor zehn<br />
Jahren begonnen mit meinem Sohn und<br />
meinen beiden Töchtern und uns – übrigens<br />
mit externer Unterstützung – zweibis<br />
viermal jährlich mit der Familie zusammengesetzt.<br />
Mir war es sehr wichtig,<br />
» Man muss Vertrauen haben,<br />
dass die nächste Generation gute Ideen<br />
hat und das Unternehmen erfolgreich<br />
führen wird. «<br />
keinen Druck auszuüben. Natürlich<br />
wünscht man sich, dass das Unternehmen<br />
in der Familie bleibt, aber es hätte auch<br />
andere Möglichkeiten gegeben. Wenn<br />
keines meiner Kinder Interesse gehabt<br />
hätte, dann hätten wir das Unternehmen<br />
eben verkauft, das halte ich nicht unbedingt<br />
für den schlechtesten Weg. Mein<br />
Sohn hat Maschinenbau studiert und<br />
konnte sich eine Übernahme gut vorstellen,<br />
meine Töchter eher nicht. Ich gebe<br />
jetzt stückweise immer mehr Verantwortung<br />
ab. In vier Jahren werde ich 70, spätestens<br />
dann will ich mich komplett zurückziehen.<br />
Ursprünglich wollte ich schon<br />
mit 65 aufhören, nun bin ich als Unterstützung<br />
immer noch im Unternehmen.<br />
Wichtig ist nur, dass man in der Lage ist,<br />
loszulassen und dem Nachfolger nicht in<br />
alles hinein redet. Ein Senior, der nicht<br />
loslassen kann, kann das ganze Unternehmen<br />
zerstören.<br />
Was sind denn Ihrer Meinung nach die<br />
wirklich wichtigen beziehungsweise kritischen<br />
Themen bei der Nachfolge?<br />
Ganz wichtig ist es, wirklich offen zu sein<br />
und nicht etwa zu sagen, das habe ich<br />
schon immer so gemacht und so läuft es<br />
dann bitte auch in den<br />
nächsten 30 Jahren. Man<br />
sollte schon das Vertrauen<br />
haben, dass auch die<br />
nächste Generation gute<br />
Ideen hat und das Unternehmen<br />
auf ihre Weise erfolgreich<br />
führen wird. Das<br />
ist eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />
für einen guten Übergang. Daneben<br />
kommt es darauf an, den oder die Nachfolger<br />
zu unterstützen, so lange es eben<br />
nötig ist. Der Rest ist Tagesgeschäft.<br />
Wann sollt man denn damit beginnen,<br />
die Frage der Nachfolge in der Familie<br />
zum Thema zu machen?<br />
Wenn die Kinder etwa 20 sind. Viel früher<br />
damit anzufangen halte ich für unsinnig,<br />
damit würde man junge Menschen mit<br />
Sicherheit überfordern. Sie müssen ja erst<br />
einmal für sich selber herausfinden, was<br />
sie mit ihrem Leben anfangen wollen und<br />
14 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Christoph Hackländer, Geschäftsführer von Haro, hat bereits frühzeitig an die Unternehmensübergabe gedacht und seinen Sohn eingebunden.<br />
Bild: Martin Vogt/Haro<br />
in welche Richtung es gehen soll. Viel<br />
später wäre auch nicht gut. Insofern würde<br />
ich sagen, zehn Jahre bevor man an die<br />
Pensionszeit denkt, wenn die Kinder so um<br />
die 20 sind, das ist der richtige Zeitpunkt.<br />
Sind Sie zufrieden mit der aktuellen<br />
Geschäfts- und Auftragslage?<br />
Ja, absolut. Das liegt vor allem daran, dass<br />
wir mit unserem Produkt völlig branchenunabhängig<br />
agieren. Unsere Hauptzielgruppe<br />
ist der Mittelstand, und da sprechen<br />
wir unsere Kunden direkt an. Das Interesse<br />
vieler Unternehmen an einer automatisierten<br />
Produktion ist groß, weil sie<br />
dabei helfen kann, die Personalkosten zu<br />
senken, und das kann angesichts des hohen<br />
Lohnniveaus in Deutschland ein entscheidender<br />
Wettbewerbsvorteil sein. Die<br />
Alternative wäre, Teile der Produktion<br />
nach Asien zu verlagern, aber der Trend<br />
geht eigentlich eher dahin, sie zurück<br />
nach Europa zu holen. Und das ist für uns<br />
natürlich ein enormer Vorteil. Wir verstehen<br />
uns als Partner unserer Kunden: Wir<br />
beraten sie, nehmen ihre Ideen auf und<br />
setzen sie um und koordinieren auch die<br />
Zusammenarbeit mit den verschiedenen<br />
Lieferanten. Die Beratung ist entscheidend,<br />
damit der Kunde wirklich das Gefühl<br />
hat, verstanden zu werden. Genau das<br />
bringt uns im Wettbewerb nach vorne.<br />
Natürlich spielen auch gute technische<br />
Lösungen und der Preis eine Rolle, aber<br />
wesentlich ist das menschliche Element.<br />
Dafür braucht es gute Mitarbeiter…<br />
Ja, das stimmt, und die haben wir. Aber<br />
auch wir spüren natürlich den Fachkräftemangel.<br />
Gute Mitarbeiter zu finden und<br />
vor allem, sie zu halten, ist eine große<br />
und immer größer werdende Herausforderung.<br />
Früher sind die Leute Jahrzehnte<br />
im Unternehmen geblieben, manchmal<br />
von der Lehre bis zur Rente – heute wird<br />
alle zwei bis drei Jahre gewechselt, um<br />
„flexibel zu bleiben“. Was wir aber neben<br />
zusätzlichen Leistungen und regelmäßiger<br />
Weiterbildung bieten, ist ein gutes<br />
Team mit einem großen Zusammenhalt.<br />
Wenn die Leute sich wohlfühlen, dann<br />
bleiben sie auch länger, so einfach ist das,<br />
und das ist zum Glück bei sehr vielen unserer<br />
Mitarbeiter der Fall.<br />
Wie sehen Ihre Pläne für das nächste<br />
Jahr aus?<br />
Wir konzentrieren uns vor allem darauf,<br />
stabil am Markt zu bleiben. Natürlich<br />
spüren auch wir die aktuelle Wirtschaftslage,<br />
aber unsere Projekte haben eine sehr<br />
lange Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren.<br />
Wir leben nicht von den Angeboten, die<br />
wir gestern gemacht haben, sondern von<br />
Projekten, die wir vor einem oder anderthalb<br />
Jahr begonnen haben. Und für viele<br />
Unternehmen ist eine Umrüstung auf eine<br />
automatisierte Produktion auch einfacher,<br />
wenn sie nicht unter voller Belastung<br />
laufen. Es gibt derzeit weniger Anfragen<br />
nach großen Projekten, manche<br />
werden auch noch einmal um ein paar<br />
Monate verschoben, aber dadurch, dass<br />
wir branchenunabhängig arbeiten, trifft<br />
uns das eigentlich nicht. Wir werden also<br />
auch 2024 ein gutes Jahr haben.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 15
» MANAGEMENT<br />
WBA-Serie<br />
Prozesskettengestaltung zur<br />
Nachbearbeitung von AM-Komponenten<br />
Die Entwicklung der additiven Fertigung schreitet kontinuierlich voran und wird in die<br />
Fertigungsprozessketten produzierender Unternehmen integriert. Obwohl sie vielversprechendes<br />
Potential durch ihre Möglichkeiten und Entwicklungen aufzeigt, ist sie branchenübergreifend<br />
noch nicht vollständig akzeptiert.<br />
» Prof. Dr. Wolfgang Boos, Gerret Lukas, Bernd Haase, Thomas Eberius<br />
Die additive Fertigung<br />
verzeichnet seit etwa<br />
zehn Jahren einen<br />
deutlichen Anstieg der<br />
Aktivitäten innerhalb<br />
der AM-Branche.<br />
Bild: Denis Yevtekhov/stock.adobe.com<br />
Etablierte Fertigungstechnologien, wie das Drehen<br />
oder das Fräsen, existieren seit über 100 Jahren<br />
und haben sich seitdem kontinuierlich weiterent -<br />
wickelt. Die additive Fertigung (engl. Additive<br />
Manufacturing – AM) ist eine vergleichsweise junge<br />
Technologie, die seit der offiziellen Vorstellung des<br />
SLS-Verfahrens (Selective Laser Sintering) 1987 wenige<br />
Innovationszyklen durchlaufen hat. Seit etwa<br />
zehn Jahren ist ein deutlicher Anstieg der Aktivitäten<br />
in der AM-Branche zu verzeichnen. Immer mehr<br />
Verfahren erreichen einen Status, der die seriennahe<br />
Produktion von Bauteilen ermöglicht. Trotz des<br />
vielversprechenden Potentials, das die additive Fer -<br />
tigung aufzeigt, ist sie noch nicht vollumfänglich<br />
branchenübergreifend akzeptiert. In der deutschen<br />
Branche Werkzeugbau geben derzeit etwa 15 % aller<br />
Unternehmen an, additive Fertigung zu nutzen, wohingegen<br />
Drehen und Fräsen mit rund 90 – 95 % fest<br />
etabliert sind.<br />
Es gibt verschiedene Vorbehalte, die gegen die Integration<br />
von AM sprechen. Häufig wird das Fehlen<br />
einer ganzheitlichen Prozesskette als Hauptgrund<br />
genannt. Dabei ist eine vollständige Prozesskette innerhalb<br />
der eigenen Fertigungskonzeption unabdingbar,<br />
um die inhärenten Charakteristiken von additiv<br />
gefertigten Bauteilen nicht nachteilig auf die eigenen<br />
Produkte wirken zu lassen. Insbesondere spielt<br />
die Nachbearbeitung der Bauteile eine elementare<br />
Rolle. Sie umfasst alle Schritte, die erforderlich sind,<br />
die Bauteile nach dem schichtweisen Aufbau zu<br />
16 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 17
» MANAGEMENT<br />
Da jedes Bauteil eine<br />
definierte Sequenz<br />
durchläuft, ist eine<br />
Neuplanung der<br />
Sequenz notwendig,<br />
sobald ein Schritt<br />
nicht durchgeführt<br />
werden kann.<br />
Sequenzierung und Neuplanung von Sequenzen<br />
1<br />
Sequenzierung<br />
Zuweisung von Bauteilen zu<br />
Nachbearbeitungsressourcen<br />
Auftrag 1<br />
Nachbehandlung<br />
1<br />
Nachbehandlung<br />
2<br />
Wärmebehandlung<br />
1<br />
Fräsen 1<br />
Qualitäts -<br />
sicherung 1<br />
2<br />
Neuplanung<br />
Reaktion auf Störungen<br />
während der Fertigung und<br />
Nachbearbeitung<br />
Drucker 1<br />
Drucker 2<br />
Nachbehandlung<br />
1<br />
Wäremebehandlung<br />
1<br />
Drucker 3<br />
Bild: WBA<br />
optimieren und für den Endgebrauch vorzubereiten.<br />
Die Nachbearbeitung ist notwendig, da die Bauteile<br />
häufig Einschränkungen aufweisen. Dazu gehören<br />
ungleichmäßige Oberflächenrauheit, Schichtdicken,<br />
Porösität, innere Strukturdefekte und Spannungen<br />
sowie ungenaue Maßhaltigkeit.<br />
Dieses Problem ist durch effiziente Prozesskettengestaltung<br />
zu lösen, um die Nachbearbeitungsaufwände<br />
gering zu halten. In pulverbettbasierten Verfahren<br />
kommt den drei Ebenen der Planung sowie die<br />
Bauteilcharakterisierung durch anforderungsgerechte<br />
Kennzahlen eine entscheidende Bedeutung zu. Im<br />
ersten Schritt werden Kennzahlen benötigt, die die<br />
Gestalt des Bauteils beschreiben und Informationen<br />
beinhalten, welche Flächen und Regionen als Greifund<br />
Spannpunkte verwendet werden können. Der<br />
zweite Schritt wird über Kennzahlen gesteuert, die<br />
die technologischen Charakteristiken beschreiben.<br />
Diese umfassen beispielsweise die erforderlichen<br />
Toleranzen, die zum einen über die Orientierung im<br />
Bauraum erreicht werden können, allerdings noch<br />
mehr Einfluss auf den erforderlichen Nachbearbeitungsschritt<br />
haben. Eine genaue Kenntnis über die<br />
Folgeschritte ist in der Grobplanung notwendig, da<br />
unpräzise Planungen Zeit und Geld kosten sowie<br />
Kapazitäten aufgebaut oder vorgehalten werden<br />
müssen. In der Feinplanung wird die verfahrensspezifische<br />
Grobplanung auf einzelne Maschinen verteilt.<br />
Dort gruppiert man in der Qualität zueinander passende<br />
Bauteile und ordnet sie den entsprechenden<br />
Nachbearbeitungsverfahren zu. Werden Bauteile<br />
innerhalb eines Druckauftrages platziert, die durch<br />
unterschiedliche Anforderungen an die Qualität<br />
gleichzeitig gefertigt werden, kann es zu Qualitätseinbußen<br />
kommen, die durch verschiedenste Einflüsse<br />
induziert werden. Diese Einbußen machen die<br />
Nachbearbeitung entweder enorm schwierig oder<br />
das Bauteil nicht nutzbar. Zuletzt erfolgt dann die<br />
operative Steuerung der Auftragsabwicklung. Sie<br />
führt die in der Grob- und Feinplanung definierten<br />
Schritte aus. Allerdings können auch hier Produktionsstopps<br />
durch ungeplante Stillstände für eine Umplanung<br />
sorgen. Da jedes Bauteil eine definierte Sequenz<br />
durchläuft, ist eine Neuplanung der Sequenz<br />
notwendig, sobald ein Schritt nicht planungsgemäß<br />
durchgeführt werden kann. Die größte Herausforderung<br />
ist dementsprechend, eine ausreichende Anzahl<br />
von Maschinen und Nachbearbeitungsverfahren zur<br />
Verfügung zu stellen, um flexibel zu sein.<br />
Die Prozesskettenplanung erfordert eine Vielzahl<br />
an Daten und Informationen, die in der Praxis meistens<br />
durch Experten zusammengeführt werden. Dazu<br />
gehören die Wahl der Orientierung der Bauteile, zugehörige<br />
Supportstrukturen und Aufspannkonzepte<br />
zur schnittstellenfreien Weitergabe an nachgelagerte<br />
Prozessschritte. Es ist unabdingbar, dass prozessübergreifende<br />
Kennzahlen definiert werden, um die<br />
Planung der Nachbearbeitungsroute effizient zu gestalten.<br />
Produktionsplaner und Experten können so<br />
langfristig datenbasierte Entscheidungen treffen, die<br />
die Aufwände entlang der Prozesskette reduzieren<br />
und eine systematische Antwort auf die Vorbehalte<br />
geben, die eine vollumfängliche Einführung additiver<br />
Prozessketten verhindern.<br />
18 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Startklar für neue<br />
Mobilitätslösungen.<br />
Am besten auf<br />
rechtssicherem Boden.<br />
KRISTINA MARX, RECHTSANWÄLTIN<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 19
» MANAGEMENT<br />
Wie gewinnt man Mitarbeitende für die vollständige Klimatransformation im Betrieb?<br />
Motivation für den Weg zum großen Ziel<br />
Klimaneutral wirtschaften – das will die Schaeffler Gruppe ab dem Jahr 2040, bezogen auf die<br />
gesamte Lieferkette. Die eigene Produktion soll bereits ab 2030 dieses Ziel erreichen. Doch für<br />
eine erfolgreiche Klimatransformation gilt es, die rund 84.000 Mitarbeiter zu mobilisieren.<br />
» Silke Blumenröder, freie Journalistin<br />
Der Automobil- und Industriezulieferer<br />
Schaeffler verfolgt ehrgeizige<br />
Pläne: Nicht nur die eigene Produktion,<br />
sonder die gesamte Lieferkette möchte<br />
das Unternehmen nachhaltig und umweltverträglich<br />
gestalten. Die in der Versorgungskette<br />
entstehenden Emissionen<br />
der Vorprodukte und Rohstoffe sollen<br />
deshalb bis 2030 um 25 % reduziert<br />
werden – ab 2040 ist die vollständige<br />
Klimaneutralität geplant.<br />
Erste Etappen der betrieblichen Klimatransformation<br />
sind bereits erreicht: Seit<br />
2022 beziehen alle europäischen und chinesischen<br />
Werke zu 100 % Strom aus<br />
regenerativen Quellen. Bis 2024 sollen<br />
alle weiteren Standorte nachziehen. Zudem<br />
setzt Schaeffler verstärkt auf emissionsarme<br />
Materialien und Dienstleistungen.<br />
Zum Beispiel verbraucht das Unternehmen<br />
große Mengen an Stahl: pro Tag<br />
etwa die Masse, die auch im Eiffelturm<br />
steckt. Bei der Stahlverarbeitung sowie<br />
innerhalb der gesamten Lieferkette ist das<br />
erklärte Ziel, innerhalb der nächsten<br />
sieben Jahre 25 % der CO 2 -Emissionen zu<br />
reduzieren. Ermöglichen wird dies eine<br />
Zusammenarbeit mit dem schwedischen<br />
Start-up H2 Green Steel. Das Unternehmen<br />
produziert Stahl mithilfe von Wasserstoff,<br />
nahezu CO 2 -frei. Ab 2027<br />
wird Schaeffler jährlich 100.000 t davon<br />
beziehen.<br />
Die Schaeffler Gruppe profitiert bei der Klimatransformation von einer engagierten Belegschaft.<br />
Bild: Schaeffler<br />
20 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist<br />
es jedoch entscheidend, die Mitarbeitenden<br />
einzubinden: „Unsere ambitionierten<br />
Klimaziele erreichen wir nur, wenn alle<br />
engagiert mithelfen und anpacken“, sagt<br />
Schaeffler CEO Klaus Rosenfeld. Im vergangenen<br />
Jahr fand deshalb ein weltweiter<br />
„Climate Action Day“ statt, an dem<br />
sich die rund 84.000 Beschäftigen für<br />
90 min ausschließlich mit der Klimatransformation<br />
beschäftigten. Im Büro und in<br />
der Produktion entstanden so rund 4.000<br />
Workshops – und 23.000 Ideen, wie man<br />
CO 2 -Emissionen weiter verringern könnte.<br />
Lernerlebnis für alle<br />
Zu dem Erfolg dieser Aktion hat ein vorbereitendes<br />
„Climate Training“ beigetragen.<br />
Alle 8.000 Führungskräfte des Konzerns<br />
nahmen daran teil und wurden in<br />
drei 15-minütigen E-Learning-Modules<br />
über die globalen Klimaziele von Schaeffler<br />
unterrichtet.<br />
Auch die Details zum CO 2 -Fußabdruck<br />
des Unternehmens standen im Vordergrund.<br />
Das dritte Modul erklärte den Personalverantwortlichen,<br />
wie man Mitarbeitende<br />
in die Klimatransformation einbinden<br />
kann – und welcher Beitrag für die<br />
Angestellten möglich ist.<br />
Das Online-Training wurde in Kooperation<br />
mit der Saarbrücker imc AG entwickelt,<br />
einem Anbieter für E-Learning-<br />
Lösungen und Lernmanagementsystemen.<br />
Den Führungskräften sollte nicht nur die<br />
betriebliche Klimatransformation greifbar<br />
gemacht werden – ein gemeinsames<br />
Verständnis für konkrete Lösungen war<br />
ebenso das Ziel. „Durch eine gewollte Anlehnung<br />
an Videospiele war das E-Learning<br />
selbsterklärend und sofort nutzbar“<br />
sagt imc-Vorstand Sven R. Becker. Mithilfe<br />
des digitalen Trainings konnten sich die<br />
Führungskräfte auch auf die Workshops<br />
des Climate Action Day vorbereiten.<br />
Ein interaktives Dashboard unterstütze<br />
am Tag selbst das Einreichen und Sammeln<br />
der Ideen, eingeteilt in vier Kategorien:<br />
Grüne Produkte, grüne Materialien,<br />
grüne Produktion und grünes Verhalten.<br />
Die einzelnen Vorschläge konnten die<br />
84.000 Mitarbeiter schließlich unternehmensweit<br />
über eine „Like“-Funktion bewerten.<br />
Engagement für Klimaschutz<br />
Auch die Belegschaft von Schaeffler bereitete<br />
sich auf den Action Climate Day<br />
vor. Die betriebliche Klimatransformation<br />
ins Private auszuweiten, war das erklärte<br />
Ziel des „Climate Ride“: Wer konnte, arbeitete<br />
an diesem Tag im Homeoffice<br />
oder kam auf möglichst klimafreundliche<br />
Weise zur Arbeit. Ob zu Fuß, per Fahrrad,<br />
Elektroauto, mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
oder über eine Mitfahrgelegenheit<br />
– für jede dieser Möglichkeiten sammelten<br />
die Mitarbeitenden Aktionspunkte.<br />
Schaeffler wandelte diese in eine finanzielle<br />
Spende um, mit der nachhaltige<br />
Projekte weltweit unterstützt wurden.<br />
Der unternehmensweite Climate Action<br />
Day gab allen Kollegen einen wichtigen<br />
Impuls. „Mit viel Engagement und<br />
Kreativität haben wir demonstriert, dass<br />
Klimaschutz einen hohen Stellenwert hat<br />
und wir bereit sind, gemeinsam nachhaltig<br />
in die Zukunft zu gehen“, resümiert<br />
Nadja Lemke, Leiterin Global Branding &<br />
Corporate Marketing. Auch die sozialen<br />
Medien nahmen Notiz von der betrieblichen<br />
Aktion zur Klimatransformation. Im<br />
Schnitt sehen sich 5.000 User ein Unternehmens-Post<br />
an. Die Postings zum Climate<br />
Action Day erhielten 19.500 Ansichten,<br />
also fast viermal so viel Aufmerksamkeit<br />
– dank der Mitarbeitenden als Multiplikatoren.<br />
Interaktives Klima-Training<br />
Um den Klimawandel und seine Folgen<br />
besser zu verstehen, steht inzwischen allen<br />
Beschäftigten ein interaktives Klima-<br />
Training zur Verfügung. Es erklärt die<br />
Grundsätze zur Berechnung von<br />
CO 2 -Emissionen und der Klimaneutralität.<br />
Auch die Emissionsbilanz von Schaeffler<br />
wird dabei vorgestellt – sowie weitere<br />
Maßnahmen zur Klimatransformation im<br />
Betrieb. Wie kann das Unternehmen seine<br />
Emissionen reduzieren, um bis zum Jahr<br />
2040 klimaneutral zu werden? „Wir wollen<br />
mit Hilfe des Trainings bei allen Mitarbeitenden<br />
ein Verständnis für die Problematik<br />
des Klimawandels schaffen“, erläutert<br />
Hanna Peter-Regar, Leiterin der Schaeffler<br />
Academy. Speziell der Klimaschutz des<br />
Konzerns soll im Blickwinkel der Mitarbeiter<br />
bleiben.<br />
#smartautomation<br />
#madebygrob<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 21
» MANAGEMENT<br />
Neuer IBM-Server unterstützt Bosch<br />
Verjüngungskur im IT-Bereich<br />
Bosch setzt seit kurzem auf die Power10-Server des langjährigen Partners IBM.<br />
Damit möchte das Unternehmen seine globale SAP-Umgebung konsolidieren und<br />
Energie einsparen. Neue Workflow-Plattformen kommen ebenfalls zum Einsatz.<br />
» Franziska Kast, Senior Manager bei Weber Shandwick<br />
Damit die Marke Bosch ihre Spitzenposition<br />
behalten kann, muss sie ihre<br />
IT-Infrastrukturen überholen.<br />
Bild: Bosch<br />
Als deutsches Traditionsunternehmen<br />
pflegt Bosch seine betrieblichen<br />
Werte. Der langanhaltende Erfolg des<br />
Stuttgarter Konzerns beruht auf ständiger<br />
Innovation, hoher Produktqualität und<br />
motivierten, hochqualifizierten Mitarbeitern.<br />
Doch mit der zunehmenden Relevanz<br />
von Umweltschutz und Nachhaltigkeit<br />
sind auch diese Themen in der strategischen<br />
Agenda von Bosch immer weiter<br />
nach oben gerückt. Heute beeinflussen<br />
sie wichtige Entscheidungen der Beschaffung<br />
– so gibt es spezielle CO 2 -Budgets<br />
für neue Projekte. Auch in strategischen<br />
IT-Fragen werden die neuen Faktoren berücksichtigt.<br />
Die Themen Internet of Things (IoT)und<br />
künstliche Intelligenz spielen für Bosch<br />
als führendes Industrieunternehmen eine<br />
große Rolle. Damit verbunden sind hohe<br />
Anforderungen an die IT. Gerade die Kompetenz<br />
des IT-Teams sowie die Leistungsfähigkeit<br />
und Zukunftssicherheit der digitalen<br />
Infrastruktur sind essenziell für den<br />
Konzern. Doch auch das Thema Energieeffizienz<br />
wird immer wichtiger – aus Kostengründen<br />
und wegen des Umweltschutz.<br />
Enormes Potenzial in Sachen<br />
Energieeinsparung versprechen dabei die<br />
SAP-Geschäftssysteme, täglich genutzt<br />
von tausenden von Bosch-Mitarbeitern<br />
bei ihrer produktiven Arbeit. Hier setzt der<br />
Konzern nun auf IBM Power10-Server, die<br />
einen geringen Energieaufwand erfordern.<br />
Bosch nutzt SAP-Lösungen und damit<br />
verbundene Dienstleistungen in allen Geschäftsbereichen<br />
des Unternehmens. Das<br />
kleine SAP-Team des Hauses unterstützt<br />
ein umfangreiches SAP-Netzwerk in mehr<br />
als 60 Ländern an 400 Standorten. Bisher<br />
kamen dort die Systeme SAP R/3, SAP Hana<br />
und SAP S/4Hana zum Einsatz. Doch<br />
mit dem Auslaufen der älteren SAP<br />
R/3-Lösung wechselte Bosch nun komplett<br />
zu den anderen beiden Varianten.<br />
Dabei galt es, Anpassungen vorzunehmen<br />
ohne das knappe CO 2 -Budget für das<br />
Projekt zu überziehen. Der Konzern wandte<br />
sich deshalb an IBM. Mehr als 1.200<br />
SAP-Systeme sollten auf die neueste Generation<br />
der energieeffizienten IBM<br />
Power10-Plattform umgestellt werden.<br />
Das Ziel: Mehr Leistung für wichtige SAP<br />
Workloads zu haben, ohne dabei den<br />
Energieverbrauch steigern zu müssen.<br />
Intelligente Nutzung der Server<br />
Werden neue SAP-Dienste in Unternehmen<br />
eingeführt, reagieren diese häufig<br />
mit mehr Servern – alle davon energieintensiv<br />
im Gebrauch. Bosch verfolgt mit<br />
seiner IT-Infrastruktur bewusst einen innovativeren<br />
Ansatz. Denn die IBM-Technologie<br />
weist die Arbeitslast dynamisch<br />
der verfügbaren Rechenkapazität zu und<br />
maximiert so deren Effizienz. Ressourcen,<br />
Rechenkerne und Speicher aus der gesamten<br />
Umgebung werden erfasst und<br />
die anfallende Rechenlast verteilt. Dadurch<br />
erhält Bosch eine Prozessorauslas-<br />
22 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
tung von rund 90 %. Die IBM-Technologie<br />
priorisiert dabei die Verlagerung von Workloads<br />
auf Power10 mit seinen niedrigeren<br />
Energiekosten und einer höheren Leistung.<br />
Was Effizienz und Nachhaltigkeit<br />
angeht, sind damit beide Ziele erreicht.<br />
Die enge Zusammenarbeit von Bosch<br />
und IBM besteht seit vielen Jahren. Das<br />
schwäbische Unternehmen war daher<br />
eingeladen, am Power10 Early-Support-<br />
Programm teilzunehmen – und die Leistung<br />
der neuen Server zu bewerten.<br />
Bosch führte dazu standardisierte Tests<br />
mit großen und kleinen Arbeitslasten<br />
durch, auf seiner Oracle-Datenbank für<br />
SAP R/3-Systeme. Die Ergebnisse überzeugten:<br />
„Unsere Kunden sind mit der<br />
Power10-Plattform sehr zufrieden“, sagt<br />
Christian Dümmler, Senior Manager und<br />
verantwortlich für die globale SAP-Infrastruktur<br />
bei Bosch. Bereits mit dem ersten<br />
Einsatz des Servers bei einem Bosch-Kunden<br />
konnte die Verarbeitungsleistung gesteigert<br />
werden. Die Antwortzeiten ließen<br />
sich um etwa 50 % verbessern. „Einige<br />
Kunden bemerkten, wie schnell ihre Aufgaben<br />
erledigt wurden und waren sehr<br />
positiv überrascht“, so Dümmler.<br />
Eingebauter Datenschutz<br />
Ein weiterer Vorteil des neuen Servers betrifft<br />
den Bereich des Datenschutz. Als<br />
globales Unternehmen mit Niederlassungen<br />
in mehr als 60 Ländern unterliegt<br />
Bosch unterschiedlichen Datenschutzbestimmungen.<br />
Auch die spezifische Anforderungen<br />
an Datensicherheit und die<br />
physischen Datenstandorte sind von Land<br />
zu Land verschieden. Die Power10-Server<br />
von IBM bieten hier eine effektive Lösung:<br />
Im Vergleich zu ihren Vorgängern<br />
besitzen sie die vierfache Anzahl von<br />
AES-Verschlüsselungssystemen pro Prozessorkern<br />
– und können somit eine deutlich<br />
höhere Verschlüsselungsleistung erzielen.<br />
Die integrierte Sicherheitstechnologie<br />
versetzt Bosch zudem in die Lage,<br />
neue Schutzkonzepte zu entwickeln. Zusätzliche<br />
Evaluierungs-, Bereitstellungsund<br />
Lizenzkosten fallen weg.<br />
Mit dem Power10-Server kann der Konzern<br />
aus Deutschland aber auch an anderer<br />
Stelle seine Prozesse verbessern. Da<br />
die fast 400.000 Bosch Mitarbeiter von<br />
nur einem kleinen SAP-Team unterstützt<br />
werden, steht die Automatisierung von<br />
Dienstleistungen ganz oben auf der<br />
Agenda. Bosch nutzt sowohl IBM Business<br />
Automation Workflow als auch die<br />
Red Hat Ansible Automation Plattform.<br />
Diese beiden Lösungen implementieren<br />
und verwalten die Recheninfrastruktur<br />
und orchestrieren Workflows. Auch das<br />
Konfigurationsmanagement und Maßnahmen<br />
zur Bekämpfung von Sicherheitsbedrohungen<br />
können sie übernehmen.<br />
Bosch setzt auf die<br />
Technologie und das<br />
Know-how seines<br />
langjährigen Partners<br />
IBM, gerade was das<br />
Thema Energieeffizienz<br />
angeht.<br />
Bild: Joshua Montgomery/stock.adobe.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 23
MANAGEMENT » Interview<br />
Round Table zur Messe In.Stand in Stuttgart vom 7. bis 8. November<br />
„Die Digitalisierung macht die<br />
Instandhaltung sexy“<br />
Ein hochkarätiges Round-Table-Gespräch mit Experten der Instandhaltung gab im September<br />
einen Ausblick auf die Messe In.Stand. Die Teilnehmer: Christian Knaus, Leiter Vertrieb,<br />
Wisag Produktionsservice; Michael Oberli, Leiter Service Elektromechanik, SEW Eurodrive;<br />
Julian Reime, Manager Messe- und Eventleitung, Landesmesse Stuttgart; Marcel Wöhner,<br />
Chief Technical Officer Subsidiary Germany, Pilz.<br />
» Interview: Alexander Gölz, Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong> und Sabine Koll, Redakteurin Quality Engineering<br />
Der diesjährige Round<br />
Table zur Messe<br />
In.Stand berührte die<br />
Themen Nachhaltigkeit,<br />
Fachkräftemangel<br />
und Digitalisierung.<br />
Bild: David Kuhlmann<br />
Gölz: Der diesjährige Round Table beginnt<br />
mit dem Thema Nachhaltigkeit.<br />
Was sind Beispiele für „grüne“ Instandhaltung?<br />
Ist diese immer mit neuen<br />
Technologien verbunden?<br />
Knaus: Der Trend geht dazu, das Produkt<br />
länger einzusetzen. Aber das ist ja per se<br />
schon die Aufgabe der Instandhaltung.<br />
Der Kunde schickt bei der Reparatur immer<br />
mehr Dinge ein, die noch funktionell<br />
sind und einfach nur überholt werden<br />
müssen. Man erwartet zunehmend, dass<br />
wir den Kunden bei der Verbesserung der<br />
eigenen Ökobilanz unterstützen. Einige<br />
unserer Kunden sind zudem unter großen<br />
Kostendruck geraten, nachdem die Energiepreise<br />
sich erhöht haben. Die Nachfrage<br />
nach Lösungen, die weniger Energieverbrauch<br />
bedeuten, die steigt bei uns<br />
massiv. Ich glaube, grüne Instandhaltung<br />
ist dabei ein Mix aus neuen Technologien<br />
und Bewährtem.<br />
Gölz: Ist das Thema Energie also nach<br />
wie vor das dringendste?<br />
Oberli: Die Energiefrage ist sicherlich<br />
wichtig für das Unternehmen an sich, für<br />
das produzierende Gewerbe. Was kann<br />
ich tun, um Energie einzusparen? Aber<br />
wenn wir jetzt eine ganzheitliche Nach-<br />
24 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
„Das, was sie<br />
macht, macht<br />
sie perfekt.“<br />
Mewa.<br />
Berufskleidung im<br />
Rundum-Service.<br />
Jetzt mehr unter mewa.de/rundum-service<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 25
MANAGEMENT » Interview<br />
Bild: David Kuhlmann<br />
Zu Wort kamen Experten der Instandhaltung.<br />
Die Fachmesse In.Stand findet vom 7. bis 8.<br />
November in Stuttgart statt.<br />
haltigkeitsstrategie haben wollen, muss<br />
man diese unter ökologischen, ökonomischen<br />
und auch sozialen Aspekten betrachten.<br />
Das heißt Nachhaltigkeit ist<br />
jetzt nicht etwas, wo ich sage „Ich mache<br />
mir mal Photovoltaik aufs Dach und dann<br />
ist alles in Ordnung“, sondern das findet<br />
in ganz, ganz vielen kleinen Bereichen<br />
statt. Das Wichtige ist da wirklich, die<br />
Menschen zum Umdenken zu bewegen –<br />
damit sie sich in den Prozessen, wo sie arbeiten,<br />
wo sie sich auskennen, fragen<br />
können „Was kann ich dazu beitragen?“<br />
Koll: Der Aspekt Fachkräftemangel ist<br />
im Moment allgegenwärtig. Können<br />
Nachhaltigkeitsbestrebungen und Digitalisierung<br />
die Branche attraktiver machen<br />
für junge Bewerber?<br />
Wöhner: Fachkräftemangel haben wir in<br />
der Tat. Die junge Generation tickt anders<br />
und erwartet, dass die Arbeit einen Projektcharakter<br />
hat. Ich stelle heute bei uns<br />
niemanden ein, um eine Steuerung zu<br />
programmieren, sondern zum Beispiel, um<br />
das Thema Erdgasverbrauch zu reduzieren.<br />
Eine Explosion zu verhindern. Dann<br />
freuen sich die jungen Leute, dass sie da<br />
mitgearbeitet haben. Was mussten Sie<br />
dafür machen? Eine Steuerung programmieren.<br />
Aber das schreibe ich nicht mehr<br />
aus. Für junge Menschen hat es keinen<br />
verbindlichen Charakter, ob sie bei einer<br />
bestimmten Firma einen Job haben oder<br />
nicht, sondern ob sie bei einem interessanten<br />
oder sinnstiftenden Projekt mit<br />
dabei sind.<br />
Knaus: Das Berufsfeld verändert sich derzeit<br />
massiv. Jeder kennt den Instandhalter,<br />
der Hand anlegt an die Maschine und<br />
praktisch seine eigene Predictive Maintenance<br />
macht. Davon kommen nicht genügend<br />
nach. Wenn man aber zeigt, dass<br />
Instandhaltung über digitale Lösungen<br />
mit einer Sensorik funktioniert, dann<br />
spricht man Bewerber mit einer IT-Affinität<br />
an, die der klassische Instandhalter so<br />
niemals hatte. Die Digitalisierung macht<br />
die Instandhaltung sexy und bringt einen<br />
anderen Pool an Interessenten mit sich.<br />
Gölz: Die steigende Inflation und die<br />
höhere Auslastung von Produktionslinien<br />
betreffen sicherlich auch Ihre Unternehmen.<br />
Ungeplante Ausfallzeiten kosten<br />
heute mehr als noch vor wenigen<br />
Jahren, obwohl die Ausfälle von Maschinen<br />
zurückgegangen sind. Was bedeutet<br />
das für die Instandhaltung?<br />
Oberli: Die Instandhaltung muss wegkommen<br />
von der reaktiven Vorgehensweise.<br />
Wir müssen unbedingt in die Automatisierung<br />
und Digitalisierung rein, zumindest<br />
in den wichtigen Bereichen, um dann<br />
die Daten für eine vorbeugende Wartung<br />
nutzen zu können. Da sind wir auch wieder<br />
beim Umdenken: Wichtig ist, dass<br />
Nachhaltigkeit in der Instandhaltung<br />
nicht nur im Management verankert ist,<br />
sondern dass man die Mitarbeiter mitnimmt.<br />
Man muss ihnen wirklich die<br />
Angst nehmen, denn in der Vergangenheit<br />
war es ja so, dass sich eine Instandhaltung<br />
bewies, wenn ein akuter Stillstand<br />
da war. Dann agierten die Instandhalter<br />
und lösten das Problem schnell. Doch wir<br />
reden jetzt darüber, dass wir das vermeiden<br />
wollen – gar nichts mehr soll ausfallen.<br />
Es ist unsere Aufgabe, diese Angst der<br />
Mitarbeiter zu reduzieren.<br />
Wöhner: Die Betriebsphase einer Maschine<br />
nicht zu stören ist das Ziel und die Herausforderung<br />
von Predictive Maintenance.<br />
Es stellt sich die interessante Frage:<br />
Was darf ich eigentlich an einer arbeitenden<br />
Maschine tun – darf ich parallel eine<br />
Austauschsteuerung einbauen, um dann<br />
einen Hot Swap hinzukriegen und die<br />
Ausfallzeiten zu reduzieren? Die Kunden<br />
fragen zunehmend, ob etwas parallel angebaut<br />
und zum Tag X dann mit einem<br />
Mal umgeschaltet werden kann. Das erfordert<br />
Umdenken bei uns, gerade in Bezug<br />
auf Arbeitsschutz. Man hat eben keine<br />
stille Maschine mehr, sondern eine betriebene<br />
– wie stelle ich sicher, dass sich<br />
nur befugte Personen an der Maschine<br />
und in der Gefahrenstelle befinden und<br />
niemand anderes?<br />
Koll: Herr Reime, was wird es an Neuerungen<br />
auf der In.Stand geben – auch in<br />
Bezug auf Predictive Maintenance, Condition<br />
Monitoring und Digitalisierung?<br />
Reime: Auf der In.Stand wird es wieder<br />
eine Innovation Area geben, auf der viele<br />
innovative Unternehmen und Start-ups<br />
ihre Ideen präsentieren werden. Speziell<br />
die Themen Retrofit, Condition Monitoring<br />
und Predictive Maintenance werden<br />
dort eine zentrale Rolle spielen. Zudem<br />
werden sicher auch die etablierten Unternehmen<br />
Neuheiten in diesen Bereichen<br />
präsentieren. Am zweiten Tag der Messe<br />
findet das Fachforum Instandhaltung<br />
powered by Pilz statt, in dem weitere<br />
Trendthemen zur Sprache kommen werden.<br />
Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.<br />
Koll: Um auf das Thema Nachhaltigkeit<br />
zurückzukommen – was tut die Messe<br />
Stuttgart diesbezüglich?<br />
Reime: Wir investieren sehr viel in den<br />
Ausbau von erneuerbaren Energien auf<br />
unserem Messegelände. Zu den PV-Anlagen<br />
auf unseren Hallendächern kommt<br />
eine angestrebte energiesparende Beleuchtungsumrüstung<br />
auf LED hinzu, um<br />
das Gelände noch moderner und effizienter<br />
zu gestalten. Im Bereich Messebau ist<br />
das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls berücksichtigt.<br />
So werden zum Beispiel Bodenbeläge<br />
und Messebauwände wiederverwendet<br />
und die Kreislaufwirtschaft<br />
angekurbelt. Einen Schwerpunkt der<br />
In.Stand, die Lebenszeitverlängerung von<br />
Maschinen und Anlagen, leben wir also<br />
auch selbst. Nicht zu vergessen: Bei unseren<br />
Lebensmittelmessen sind die Tafeln<br />
der Region im Einsatz, um einer Verschwendung<br />
von übrigen Nahrungsmitteln<br />
am Messeabend vorzubeugen.<br />
26 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
SPECIAL<br />
» Messe Blechexpo<br />
Das Messedoppel Blechexpo und Schweisstec bildet die komplette<br />
Prozesskette der Blech-, Rohr- und Profilbearbeitung ab und bietet<br />
dabei einen hohen Praxisbezug. Zudem gibt´s ein breites Rahmen -<br />
programm und reichlich Gelegenheit zum Netzwerken.<br />
Wichtiges rund um die<br />
Blechexpo/Schweisstec<br />
» Seite 28<br />
Software kommt mit über<br />
80 Verbesserungen<br />
» Seite 29<br />
Stanz-Laser-Maschine<br />
fürs vernetzte Fertigen<br />
» Seite 30<br />
Messeneuheiten<br />
» Seite 31<br />
Neuer Laser schneidet<br />
schnell und nachhaltiger<br />
» Seite 34<br />
Vom 7. bis zum 11. November trifft sich die Welt der Blech-, Rohr- und Profilbearbeitung<br />
wieder in Stuttgart, um sich über Neuheiten und Trends in der Branche auszutauschen.<br />
Bild: onlyyouqj/stock.adobe.com<br />
Mit Stanz-Biege-Kombi<br />
zur Vollautomatik<br />
» Seite 36<br />
Neues Verfahren fürs<br />
Warmumformen von Alu<br />
» Seite 38<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 27
» MESSE BLECHEXPO<br />
Die gesamte Prozesskette der Blechbearbeitung mit hohem Praxisbezug<br />
Bleche, Rohre und Profile<br />
zukunftsfähig bearbeiten<br />
Mit ausgebuchten Hallen und einem vielfältigen Rahmenprogramm locken die Fachmessen<br />
Blechexpo und Schweisstec Blech-, Rohr- und Profilbearbeiter nach Stuttgart. Die Besucher<br />
erleben die jüngsten Trends in der Branche und haben reichlich Gelegenheit zum Netzwerken.<br />
Das Messedoppel Blechexpo/<br />
Schweisstec präsentiert<br />
den Besuchern die jüngsten<br />
Entwicklungen in der Blech-,<br />
Rohr- und Profilbearbeitung.<br />
Bild: Schall<br />
Das Messedoppel Blechexpo und<br />
Schweisstec bildet komplette Prozessabläufe<br />
der modernen Blechbearbeitung<br />
ab. Die 16. Blechexpo, internationale<br />
Fachmesse für Blechbearbeitung, und die<br />
9. Schweisstec, internationale Fachmesse<br />
für Fügetechnologie, finden vom 7. bis 11.<br />
November 2023 in Stuttgart statt. Veranstalter<br />
Schall kündigt neun ausgebuchte<br />
Hallen und ein breit gefächertes Rahmenprogramm<br />
an. Die Besucher erleben die<br />
gesamte Prozesskette der Blechbearbeitung<br />
mit hohem Praxisbezug. Die neu<br />
strukturierte und klarer definierte Hallenaufteilung<br />
ermöglicht einen effizienten<br />
Messebesuch.<br />
Das Themenportfolio des Messedoppels<br />
umfasst effiziente Prozesstechnologien,<br />
moderne Lasertechnik, vollautomatisierte<br />
roboterbasierte Blechbearbeitungsmaschinen,<br />
hochpräzise Werkzeuge und Anlagen<br />
zum Stanzen, Biegen, Abkanten und Umformen<br />
sowie innovative Mikro-Wasserstrahlschneidtechnologien.<br />
In den Hallen<br />
1, 3, 5 und 9 ist die Blech-, Rohr- und<br />
Profilbearbeitung untergebracht. Die Hallen<br />
4 und 6 haben die Stanztechnologien<br />
zum Thema. In der Halle 7 finden Trenn-,<br />
Füge- und Verbindungstechnologien ihren<br />
Platz. Die Halle 8 fokussiert Pressenund<br />
Umformtechnologien befinden sich<br />
in Halle 8, Stahl-, Metallservice und<br />
Oberflächentechnik in Halle 10.<br />
Flankiert wird die Fachausstellung von<br />
einem umfangreichen Rahmenprogramm.<br />
Aktuelle Fachreferate und Diskussionen<br />
sollen in den betrieblichen Alltag hinein<br />
wirken. Am Mittag des ersten Messe tages<br />
wird der „Blechexpo Stahl Convent 2023“<br />
im Forumsbereich in der Halle 10 stattfinden.<br />
Er fokussiert die „Herausforderungen<br />
auf den Stahlmärkten im Jahr 2023“. Für<br />
den zweiten Messetag ist ein Kongress<br />
„futureSteel“ vorbereitet. Das tägliche<br />
Aussteller-Forum hat der Messeveranstalter<br />
nun für die Fachbesucher weiter<br />
ausgebaut: Erstmals referieren an allen<br />
Messetagen hochkarätige Referenten der<br />
ausstellenden Unternehmen in verschiedenen<br />
auf die Themenstruktur der Hallen<br />
abgestimmten Foren.<br />
Die Fachforen geben den Besuchern die<br />
Möglichkeit, von aktuellem Fachwissen<br />
und vom Networking zu profitieren. Der<br />
Besuch ist kostenfrei. (mw)<br />
Blechexpo in Kürze<br />
Das Messedoppel Blechexpo/Schweisstec zeigt die jüngsten Trends und<br />
Entwicklungen in der Blech-, Rohr- und Profilbearbeitung.<br />
Termin: 7. bis 10. November 2023<br />
Ort:<br />
Messegelände Stuttgart<br />
Öffnungszeiten: 9:00 bis 17:00 Uhr, am Freitag bis 16:00 Uhr<br />
Veranstalter: P. E. Schall GmbH & Co. KG<br />
Weitere Infos: www.blechexpo-messe.de, www.schweisstec-messe.de<br />
28 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Software<br />
Mehr als 80 Verbesserungen und innovative Funktionen<br />
Die neue Version der herstellerübergreifenden<br />
Software von Lantek (Halle 1,<br />
Stand 1007) für die flexiblere, schnellere<br />
und effizientere Blechteilefertigung beinhaltet<br />
mehr als 80 Innovationen und Verbesserungen<br />
hinsichtlich der Technologienutzung<br />
und Anwenderfreundlichkeit<br />
– inklusive der vollständigen Integration<br />
der Biegesoftware Lantek Bend.<br />
Mit dem Software-Update Lantek v43<br />
will der Anbieter Blechteilefertiger noch<br />
besser beim Digitalisieren ihrer Prozesse<br />
und der Sicherung langfristiger Nachhaltigkeit<br />
unterstützen. Mit einer fortschrittlichen<br />
Bearbeitungsstrategie soll möglich<br />
sein, den Maschinenpark optimal nutzen<br />
und die Qualität einer Teileverarbeitung,<br />
sowie die Prozesssicherheit und Materialausnutzung<br />
weiter zu optimieren.<br />
Das neue Produkt Lantek Bend für Biegeprozesse<br />
wurde nahtlos in die bestehende<br />
Software- Umgebung integriert und bindet<br />
zudem weitere neue Maschinenmodelle<br />
in seine Nutzung ein. Mit der Echtzeit-Datensynchronisation<br />
ermöglicht die<br />
umfassende Suite das Optimieren von<br />
Fertigungsprozessen – auch ohne umfangreiche<br />
Biegekenntnisse.<br />
Intelligente automatische Werkzeuge<br />
für die Offline-Programmierung im<br />
Software-Update helfen Anwendern,<br />
in verschiedenen Situationen schneller<br />
optimale Ergebnisse zu erzielen. Das<br />
Update für Lantek Expert bringt größere<br />
Flexibilität der Produktionskette, Beschleunigung<br />
der Prozesse und Programmierung<br />
von Verschachtelungen in kürzester<br />
Zeit.<br />
Bild: Lantek<br />
Neue Features in der 3D-Software Lantek<br />
Flex3D haben die Maximierung der Effizienz<br />
zum Ziel – sowohl der Programmierung<br />
als auch der Schneidprozesse der<br />
Maschinen. Lantek MES und Lantek Integra<br />
steigern mit ihren Updates die Flexibilität<br />
und Rückverfolgbarkeit bei der<br />
Produktionsplanung, die Bestandsoptimierung<br />
und effiziente Nutzung von Ressourcen.<br />
Blechexpo 2023<br />
07. - 10. November<br />
Halle 1 Stand 1607<br />
HOCHDYNAMISCHES<br />
LASERSCHNEIDEN<br />
8 KW-LASERQUELLE MIT HOHER<br />
LEISTUNGSDICHTE UND HOHEM<br />
WIRKUNGSGRAD<br />
SCHNELLE AUTOMATISIERUNG<br />
FÜR RASCHE<br />
PRODUKTIONSWECHSEL<br />
FORTSCHRITTLICHE LÖSUNGEN<br />
FÜR DIE KONTROLLE DER<br />
PROZESSEFFIZIENZ<br />
Salvagnini stellt weltweit erstmals die neue Laserquelle mit 8kW mit hoher Leistungsdichte<br />
und hohem Wirkungsgrad vor. ADC ist die kompakte Automatisierung mit extrem<br />
reduzierten Be-/Entladezeiten für schnelle Produktionswechsel. Kommen Sie nach<br />
Stuttgart, um die L5 und ADC kennenzulernen.<br />
salvagninigroup.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 29
» MESSE BLECHEXPO<br />
Neue vollautomatische Stanz-Laser-Maschine für die vernetzte Fertigung<br />
Saugnäpfe greifen Teile schneller<br />
Höhere Produktivität, bessere Teilequalität und reduzierter Energieverbrauch – das sind<br />
Merkmale, die Trumpf (Halle 1, Stand 1404) für seine vollautomatisierte Fertigungszelle<br />
TruMatic 5000 mit neuem SheetMaster und für die Biegemaschine TruBend 7050 mit<br />
mobiler Roboterzelle Flex Cell ankündigt.<br />
Bild: Trumpf<br />
Dank seiner sensorüberwachten Saugnäpfe lassen<br />
sich beim neuen SheetMaster die Greifer einzeln<br />
aktivieren. Dadurch erfassen sie die Werkstücke<br />
noch schneller und flexibler.<br />
Zur Blechexpo bringt Trumpf die Fertigungszelle<br />
TruMatic 5000 mit neuem<br />
SheetMaster auf den Markt. Anwender<br />
können mit der Lösung ihre Bauteile vollständig<br />
automatisiert laserschneiden,<br />
stanzen und umformen. Der neue Sheet-<br />
Master ermöglicht einen vollautomatischen<br />
Materialfluss in der Fertigungszelle<br />
– von der Be- und Entladung der Maschine<br />
bis zum Ausschleusen der bearbeiteten<br />
Teile. Die Lösung lässt sich nahtlos in eine<br />
autarke Smart Factory einbinden, was<br />
laut Trumpf Effizienzvorteile entlang der<br />
gesamten Prozesskette ermöglicht.<br />
Für eine möglichst hohe Produktivität<br />
ist die neue Maschine mit einem 6 kW<br />
starken Faserlaser ausgestattet. Dieser<br />
spart nicht nur Energie, sondern schneidet<br />
die Teile darüber hinaus besonders<br />
schnell. Zudem schützt eine absenkbare<br />
Matrize die Werkstücke beim Stanzen vor<br />
Kratzern. Der Stanzkopf der TruMatic<br />
5000 verfügt zudem über einen patentierten<br />
elektrischen Antrieb, den Delta -<br />
Drive. Das spart rund 30 % Energie.<br />
Bei der TruMatic 5000 haben die Entwickler<br />
den Materialfluss vollständig<br />
automatisiert. Beim neuen SheetMaster<br />
lassen sich die sensorüberwachten Saugnäpfe<br />
auf den Greifern einzeln aktivieren.<br />
Dadurch erfassen sie die Werkstücke noch<br />
schneller und flexibler. Das spart Zeit, vor<br />
allem bei kleinen Losgrößen. Außerdem<br />
lässt sich der SheetMaster an ein automatisiertes<br />
Stopa-Lager anbinden, das die<br />
Fertigungszelle selbstständig mit Rohmaterial<br />
versorgt. Außerdem palettiert und<br />
sortiert die Technologie die Teile selbstständig.<br />
Ein weiterer Vorteil des neuen<br />
SheetMaster ist, dass er die geschnittenen<br />
und gestanzten Teile aus der Zelle<br />
ausschleust. Sie können direkt zur Weiterverarbeitung<br />
transportiert werden, etwa<br />
zum Biegen, Entgraten oder Schleifen.<br />
Flexible Roboterzelle<br />
Als weitere Automatisierungstechnologie<br />
verfügt die TruMatic 5000 über einen<br />
Werkzeugwechsler, der die Stanz- und<br />
Umformwerkzeuge selbstständig austauscht.<br />
Dieser „ToolMaster“ kann bis zu<br />
90 verschiedene Werkzeugkassetten aufnehmen.<br />
Zudem bringt die Lösung einen<br />
automatischen Düsenwechsler mit Inspektionsfunktion<br />
mit.<br />
Um Automatisierung geht´s auch bei<br />
der hocheffizienten Biegemaschine Tru-<br />
Bend 7050, an die sich die mobile Roboterzelle<br />
Flex Cell mit wenigen Handgriffen<br />
andocken lässt. Diese Anlage ist fürs<br />
Bearbeiten kleiner und einfacher Bauteile<br />
ausgelegt. Die Maschine kann über mehrere<br />
Stunden hinweg selbstständig ar -<br />
beiten. Damit hilft sie Unternehmen,<br />
Auftragsspitzen abzufangen und dem<br />
Fachkräftemangel entgegenzuwirken.<br />
Die Flex Cell verfügt über einen doppelten<br />
Materialspeicher. Damit kann sie der<br />
TruBend 7050 ausreichend Material für<br />
eine Nachtschicht zur Verfügung stellen.<br />
Ein Vakuum-Kombi-Greifer am Roboterarm<br />
ermöglicht das schnelle und<br />
sichere Be- und Entladen. Das Biegeprogramm<br />
lässt sich innerhalb weniger<br />
Sekunden mit der bewährten Trumpf<br />
Software TecZone Bend erstellen. Anschließend<br />
kann der Mitarbeiter den<br />
Roboter mithilfe einer App auf dem<br />
Teach-Panel programmieren. So lässt sich<br />
die TruBend 7050 schnell und einfach<br />
einrichten.<br />
Mit einer Größe von weniger als 10 m 2<br />
passt die TruBend 7050 samt Flex Cell in<br />
jede Fertigung.<br />
Bild: Trumpf<br />
Mit wenigen Handgriffen<br />
lässt sich die Flex<br />
Cell an die TruBend<br />
7050 andocken, um die<br />
hochproduktive Biegemaschine<br />
zu automatisieren.<br />
30 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Umformtechnik<br />
Effiziente Werkzeugwechsel beim Stanzen und Umformen<br />
Kurze Nebenzeiten sind für die Produktivität<br />
beim Stanzen und Umformen entscheidend.<br />
Auf der Blechexpo 2023 stellt<br />
Roemheld (Halle 8, Stand 8505) deshalb<br />
eine Reihe von Neuheiten für effiziente<br />
Werkzeugwechselprozesse vor.<br />
Bei den Werkzeugwechselwagen ergänzt<br />
der Anbieter sein Angebot um die Modelle<br />
RWA 2500 und RWA 6000.<br />
Sie bieten eine Traglast bis<br />
2,5 oder 6 t und verfügen<br />
über einen Werkzeug-<br />
Wechseltisch mit integrierten<br />
hydraulischen Kugelleisten<br />
und zusätzlichem<br />
Zug-Schub-System, das das<br />
automatische Einschieben<br />
der Werkzeuge auf den<br />
Pressentisch erleichtern.<br />
Während des Transports<br />
sind die hydraulischen Kugeln<br />
im Tisch des Wechselwagens<br />
abgesenkt, das<br />
Werkzeug ist so gegen Verrutschen<br />
gesichert. Eine<br />
Sicherheitsschaltung sorgt<br />
dafür, dass die Modelle nur<br />
bei abgesenkten Kugelleisten<br />
fahren.<br />
Lasten bis 40 t können mit<br />
Hilfe eines schienengeführten<br />
Plattformwagens transportiert<br />
werden, der auf der<br />
Blechexpo seine Premiere<br />
feiert. Er ist in drei Ausführungen<br />
mit Traglasten für<br />
15 t, 25 t und 40 t auf dem<br />
Markt.<br />
Durch das Verfahren auf<br />
Rundschienen ergibt sich<br />
ein geringer Rollwiderstand,<br />
sodass Traglasten bis<br />
zu 5 t manuell verschiebbar<br />
sind. Werkzeuge lassen sich<br />
über integrierte Rollenleisten<br />
mittels Schubketten<br />
mühelos auf dem Wagentisch<br />
bewegen, Überbrückungstische<br />
und Vorrüststationen<br />
erleichtern das<br />
Einbringen in die Maschine.<br />
CNC I’m a<br />
power load.<br />
Ihr Partner für die Zukunft.<br />
In unseren Hermle Kraftpaketen steckt mehr drin als nur absolute<br />
Präzision. Ob digitale Bausteine oder Automatisierung, wir bieten<br />
Ihnen Lösungen für mehr Qualität und Effizienz – zugeschnitten auf<br />
Ihren Betrieb. Dabei können Sie sich natürlich immer auf unseren<br />
Service verlassen.<br />
www.hermle.de<br />
Maschinenfabrik Berthold Hermle AG, info@hermle.de<br />
Bild: Roemheld<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 31
» MESSE BLECHEXPO<br />
Verbindungstechnik<br />
Neues aus der Welt der Blindnieten<br />
Im Mittelpunkt des Messeauftritts von<br />
Gesipa (Halle 7, Stand 7419) stehen die<br />
Blindnietmuttern Torque Resistant, High<br />
Strength und Light Weight sowie effiziente,<br />
automatisierte Systeme zur industriellen<br />
Befestigungsverarbeitung.<br />
Mit den Blindnietmuttertypen Torque Resistant,<br />
High Strength und Light Weight<br />
stellt das Unternehmen drei Spezialisten<br />
vor. Jede Blindnietmutter hat besondere<br />
Eigenschaften und bietet zuverlässige Sicherheit<br />
in vielen Anwendungen. Mit hoher<br />
Verdrehsicherheit – selbst bei nicht<br />
optimaler Platzierung – und<br />
mechanisch gleichen Eigenschaften<br />
wie die einer Sechskant-Blindnietmutter<br />
bietet<br />
die Torque Resistant hohe Effizienz und<br />
minimale Zeitverluste. Denn das Stanzen<br />
eines Loches entfällt in der Anwendung.<br />
Für sicherheitsrelevante Bauteile eignet<br />
sich insbesondere die High-Strength-<br />
Blindnietmutter. Dank des besonders starken<br />
Gewindes und eines verdrehsicheren<br />
Teilsechskant-Schaftes hält sie Verbindungen<br />
auch unter höchsten Belastungen<br />
Bild: Gesipa<br />
zuverlässig stand. Die Light-Weight-<br />
Blindnietmutter wurde speziell entwickelt<br />
für begrenzte Bautiefen und Bauteile, bei<br />
denen der Faktor Gewicht eine zentrale<br />
Rolle spielt. Bis zu 50 % leichter, platzsparender<br />
konstruiert und dennoch genauso<br />
stark wie herkömmliche Blindnietmuttern<br />
verbindet sie höchste Leistung<br />
mit einem großen Klemmbereich.<br />
Schmiertechnik<br />
Ölfreie Schmierstoffe nebelfrei punktgenau aufdrucken<br />
Bild: LBI/REA<br />
Eine bahnbrechende Innovation für die Metallumformungsindustrie kündigen LBI oil free<br />
und REA Jet (Halle 6, Stand 6301) an. Das REA Jet HR-Lube System ist mit einem speziellen<br />
Kartuschen-Schreibkopf ausgestattet, der höchste Präzision und Sparsamkeit und nebelfreies<br />
Auftragen ölfreier Schmiermittel gewährleistet. Mit Auftragsbreiten von bis zu 12,7 mm<br />
pro Kartuschen-Schreibkopf und der Möglichkeit der Kaskadierung von bis zu acht Schreibköpfen,<br />
können Gesamtauftragsbreiten von über 100 mm erreicht werden. Die Technologie<br />
ermöglicht präzises und effizientes Benetzen von schmalen Spaltbändern und bietet sich<br />
daher besonders für Kleinteile an. Mit dem Einsatz der ölfreien Schmierstoffe von LBI oil free<br />
bleiben die Stanz-Biegeautomaten nicht nur sauber. Es entfallen auch die teuren Waschungen<br />
der Stanzteile, was signifikant die Kosten senkt. Die Bauteile können direkt weiterver -<br />
arbeitet werden, Ressourcen werden geschont und die Produktionsqualität und Effizienz<br />
gesteigert. Ein weiteres Highlight am Stand ist die moderne Schnittstellentechnologie der<br />
REA Jet -Systeme, die eine nahtlose Integration in die Maschinensteuerung ermöglicht.<br />
Schweißtechnik<br />
Cloos verbindet Automation, Robotik und Schweißen<br />
Robuste Handschweißtechnologie, kollaborative<br />
Robotik, skalierbare Automationslösungen<br />
und innovatives Data-Management<br />
– bei Cloos (Halle 7, Stand<br />
7306) können die Besucher innovative<br />
Technologien von Einstieg bis Premium<br />
und vom Handschweißgerät bis zum<br />
komplexen Robotersystem live erleben.<br />
Mit dem Qineo ArcBoT – bei dem sich<br />
Mitarbeiter, Cobot und Schweißstromquelle<br />
optimal ergänzen – bietet das<br />
Unternehmen einen Lösungsansatz, den<br />
zunehmenden Fachkräftemangel zu kom-<br />
pensieren. Mit dem System schweißen<br />
Anwender auch kleine Losgrößen wirtschaftlich<br />
und in gleichbleibend hoher<br />
Qualität. Neben der Entlastung der Mitarbeiter<br />
– besonders bei monotonen, sich<br />
wiederholenden Aufgaben – profitieren<br />
Unternehmen von sehr guten Schweißergebnissen<br />
und reproduzierbarer Qualität.<br />
Die Softwarelösungen von Cloos steigern<br />
die Performance der Schweißgeräte und<br />
Roboteranlagen zusätzlich. Mit der IoT-<br />
Plattform C-Gate können Anwender in<br />
Echtzeit auf Informationen aus ihrer<br />
Schweißproduktion zugreifen. Durch die<br />
zentrale Datenerfassung und -verarbeitung<br />
können sie ihre Produktionsprozesse<br />
bis ins kleinste Detail überwachen und<br />
vorausschauend steuern.<br />
Bild: Cloos<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Handhabungstechnik<br />
Smart, ergonomisch und effizient<br />
Bild: Schmalz<br />
Um Handhabungsprozesse wirkungsvoll<br />
zu vereinfachen und zu automatisieren,<br />
ist viel Expertise nötig. Der Vakuum-Spezialist<br />
Schmalz (Halle 1, Stand 1110) zeigt,<br />
wie er das mit guten Ideen und mithilfe<br />
von künstlicher Intelligenz schafft.<br />
Das Schmalz Solution KIT ivOS (Industrial-Vision-Operating-System)<br />
vereinfacht<br />
die automatisierte Handhabung verschiedener<br />
Bleche. Dank KI und der eigens ent-<br />
wickelten Plattform ivOS reduziert sich<br />
der Inbetriebnahme-Aufwand auf ein Minimum.<br />
Der speziell für die Anwendung<br />
entwickelte Matrixgreifer bietet höchste<br />
Flexibilität beim Greifen unterschiedlichster<br />
Werkstücke.<br />
Effizientes Entstapeln besonders dünner<br />
Bleche zeigt Schmalz mit einem Industrieroboter.<br />
Durch einen Doppelblech-<br />
Sensor am Magnetgreifer SGM-HPm oder<br />
das Verwenden einer Zentrierspitze<br />
ist das prozesssichere<br />
Handling gewährleistet. Im<br />
Anwendungsbeispiel zeigt außerdem<br />
der Balgsauggreifer<br />
SAXB, dass er Werkstücke mit<br />
geölten oder gewölbten Oberflächen<br />
mit hoher Geschwindigkeit<br />
zu nehmen weiß.<br />
Die elektrische Compact-<br />
Pump GCPi stellt hierfür das<br />
nötige Vakuum bereit.<br />
INDEXABLE HEADS<br />
75 % weniger Schnitte<br />
mit konischen Fräsköpfen<br />
Neuer tropfenförmiger<br />
MULTI-MASTER-Fräskopf für<br />
präzises Schlichten optimiert<br />
die Bearbeitungszeit.<br />
Extrem<br />
schnelles<br />
Fräsen<br />
IoT-Plattform<br />
Digitalisierung von Umformwerkzeugen<br />
Die auf innovative Lösungen für die Umformtechnik<br />
spezialisierte Stuttgarter<br />
iLariz GmbH (Halle 8 Stand 8125) stellt<br />
das iLariz Smart.Tool Ökosystem sowie die<br />
IoT-Plattform, mit der die Digitalisierung<br />
von Umformwerkzeugen realisiert wird, in<br />
den Mittelpunkt ihres Messeauftritts.<br />
Die Plattform ermöglicht eine einfache<br />
und zentralisierte Verwaltung von unterschiedlichen<br />
Devices und Services, wie<br />
etwa Draw.Monitor oder Draw.Control.<br />
Gleichzeitig setzt die Plattform auf einen<br />
offenen Ansatz und bietet leistungsstarke<br />
Integrationsfunktionen, die maximale<br />
Transparenz und Flexibilität gewährleisten.<br />
So können Nutzer über eine entsprechende<br />
Schnittstelle eigene Geräte und<br />
Funktionen, wie etwa ein ERP- oder MES-<br />
System, nahtlos an das Smart.Tool Ökosystem<br />
anknüpfen.<br />
Ergänzt wird das Smart.Tool Ökosystem<br />
durch eine offene Schnittstelle, die es<br />
Kunden ermöglicht, ihre eigenen BI-Tools<br />
Bild: iLariz<br />
mit der Datenbank zu verknüpfen. So stehen<br />
zahlreiche Applikationen und Analysetools<br />
zur Verfügung, die eine einfache<br />
Auswertung und Nutzung der Daten ermöglichen.<br />
Damit gibt iLariz Kunden die<br />
Werkzeuge in die Hand, die sie benötigen,<br />
um ihre Fertigungsprozesse zu optimieren,<br />
die Effizienz zu steigern und gleichzeitig<br />
die höchsten Standards in puncto<br />
Qualität und Nachhaltigkeit zu erfüllen.<br />
Tropfenförmige Fräsköpfe<br />
sparen bis zu 75 % der Schnitte<br />
Durchmesserbereich: Ø 8 mm<br />
Ø 16 mm<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 33<br />
www.iscar.com
» MESSE BLECHEXPO<br />
Prozessüberwachung und neue Laser-Quelle machen Blechteilefertigung nachhaltiger<br />
Neuer Laser schneidet schnell und<br />
verbraucht weniger Energie und Gas<br />
Nachhaltigkeit und der sorgsame Umgang mit Ressourcen stehen im Mittelpunkt des<br />
Messeauftritts von Salvagnini (Halle 1, Stand 1607). So können Anwender beispielsweise<br />
mithilfe der neuen Prozessüberwachung Impacts oder des neuen 8 kW-Lasers<br />
für die Schneidanlage L5 Ressourcen und Energie einsparen.<br />
» Mona Willrett, Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Alle Salvagnini-Systeme sind schlank<br />
konzipiert. Ihre Energieaufnahme<br />
wird intelligent gesteuert und ist auf die<br />
produktive Arbeitszeit beschränkt. So reduzieren<br />
die Anlagen das Verschwenden<br />
von Zeit und Ressourcen, Materialien und<br />
Energie auf ein Minimum. Das wiederum<br />
hilf den Anwendern, wirtschaftlicher und<br />
nachhaltiger zu produzieren.<br />
Um diesen reduzierten Verbrauch zu<br />
objektivieren, präsentiert der Maschinenbauer<br />
auf der Blechexpo Impacts. Das<br />
Prozessüberwachungssystem benötigt<br />
wenig Hardware: Spezifische Sensoren<br />
werden an den Anlagen installiert, um<br />
den Verbrauch zu messen. Die gesammelten<br />
Daten werden in Echtzeit an verschiedene<br />
Dienste weitergegeben, wo sie aggregiert<br />
werden und auf verschiedene Arten<br />
einsehbar sind. Aktuell kann mit Impacts<br />
der Verbrauch von Strom, Druckluft<br />
und Hilfsgas ermittelt werden. Künftig<br />
soll es möglich sein, das CO 2 -Äquivalent,<br />
das während des gesamten Produktionsprozesses<br />
entsteht, so genau zu messen,<br />
dass sogar die CO 2 -Last jedes einzelnen<br />
Bauteils aufgezeichnet werden kann.<br />
Bild: Salvagnini<br />
Impacts aggregiert die Daten über:<br />
• Face, die HMI-Schnittstelle von Salvagnini,<br />
die für das gesamte Produktspektrum<br />
Anwendung findet: Die an<br />
der Maschine verfügbaren Daten in<br />
Face beziehen sich auf den momen -<br />
tanen Verbrauch, den aggregierten<br />
Stunden- sowie den Tagesverbrauch.<br />
• Links, die Salvagnini IoT-Lösung zum<br />
Überwachen der Systemleistung: In<br />
einem bestimmten Abschnitt von Links<br />
können die Daten nach Schicht, Tag,<br />
Die Software Nexus<br />
wurde entwickelt, um<br />
für die automatischen<br />
Sortiervorrichtungen<br />
MCU maximale Flexibilität<br />
und Vielseitigkeit<br />
zu gewährleisten.<br />
Woche und Monat zusammengefasst<br />
sowie heruntergeladen werden.<br />
• eine OPC UA-Schnittstelle. Impacts<br />
sendet die Daten auch an einen Datensilo<br />
oder eine Drittanbieter-Software.<br />
Im Stil von Salvagnini, ist Impacts auch<br />
ein flexibles Tool, mit dem die Daten -<br />
erfassung an spezifische Anforderungen<br />
angepasst werden kann. Es kann den Verbrauch<br />
von Strom allein, von Strom und<br />
Druckluft oder von Strom, Druckluft und<br />
Hilfsgas messen.<br />
Salvagnini zeigt auf der Blechexpo unter anderem die Abkantpresse<br />
B3.AU-TO, die Laserschneidmaschine L5 mit neuem 8 kW-Laser und<br />
der kompakten Automation ADC sowie Biegezentrum P2 (v.l.)<br />
Bild: Salvagnini<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Neuer 8 kW-Laser ist sparsam<br />
Ein modernes Design, ein breitgefächertes<br />
Automatisierungsangebot und eine Reihe<br />
fortschrittlicher Lösungen zur Prozesssteuerung<br />
und -effizienz sind wesentliche<br />
Merkmale der hochdynamischen Laserschneidanlage<br />
L5, deren Stärke im dünnen<br />
bis mittleren Blechdickenbereich liegen.<br />
Für diese Anlage hat Salvagnini bereits<br />
eine 8 kW-Laserquelle mit hoher<br />
Leistungsdichte im Portfolio. Sie soll<br />
schneller schneiden als herkömmliche<br />
8 kW-Laser und<br />
bei Blechdicken bis 6 mm sogar<br />
höhere Schnittgeschwindigkeiten<br />
als ein 10 kW-<br />
Laser erreichen. Auf der<br />
Messe präsentieren die Italiener<br />
nun eine neue 8 kW-<br />
Laserquelle mit hoher Leistungsdichte<br />
und hohem Wirkungsgrad,<br />
die 50 % mehr<br />
Leistung bringen soll. Der<br />
neue Laser glänzt laut Anbieter<br />
neben hohen Schnitt -<br />
geschwindigkeiten auch mit<br />
einem reduzierten Energieund<br />
Gasverbrauch bei gleicher<br />
Leistung. Zusätzlich zu<br />
dem direkt mit der Quelle<br />
verbundenen geringeren Verbrauch<br />
kann auch die Größe<br />
der Kühlvorrichtung reduziert<br />
werden. Der Verbrauch<br />
sei daher ähnlich jenem einer<br />
6 kW-Laserquelle.<br />
Das Be- und Entladen der<br />
Anlage mit Blechtafeln übernimmt<br />
auf der Blechexpo die<br />
kompakte Automation ADC.<br />
Deren Stärken liegen im<br />
kompakten Platzbedarf, den<br />
schnellen Zykluszeiten und<br />
der raschen Installation. Wie<br />
alle Automationen des Hauses<br />
ist ADC auch mit der<br />
neuen adaptiven AVC-Technologie<br />
(Adaptive Vacuum<br />
Control) ausgestattet. Sie<br />
überwacht ständig das Vakuum<br />
in den Greifersaugern.<br />
Dass das Vakuum nur bei Bedarf<br />
aktiviert wird, reduziert<br />
den Druckluftverbrauch etwa<br />
um 90 %. Damit reagiert Salvagnini auf<br />
immer kleinere Losgrößen, die eine<br />
schnelle Automation für zügige Produktionswechsel<br />
erfordern.<br />
Exklusiver Service Rethinks<br />
GF Machining Solutions<br />
Ein weiterer Messeschwerpunkt wird das<br />
exklusiv Salvagnini-Kunden zur Verfügung<br />
stehende Serviceangebot Rethinks<br />
sein, das mit maßgeschneiderten Leistungen<br />
helfen soll, die Potenziale der hochentwickelten<br />
Fertigungstechnologie auszuschöpfen.<br />
Rethinks bietet – als Link<br />
zwischen Kunden und erfahrenen Experten<br />
von Salvagnini – zwei Optionen:<br />
einen Designkurs für Planer und einen<br />
Support-Service speziell für das Teile -<br />
design. Das Ziel ist, den Produktionsprozess<br />
zu optimieren sowie die Qualität und<br />
Effizienz durch reduzieren der Arbeitsschritte,<br />
des Materialverbrauchs und der<br />
Kosten zu verbessern.<br />
AM Ecosystem<br />
Von der Konstruktion<br />
bis zum fertigen Produkt<br />
Selektives Laserschmelzen<br />
im Pulverbettverfahren<br />
DMP Flex 350 Dual<br />
Umfassende Lösungen für die additive<br />
Teilefertigung rund um die Uhr<br />
Erhöhung des Durchsatzes, und somit der<br />
Produktionskapazität, mit der branchenweit<br />
führenden schlüsselfertigen Lösung für die additive<br />
Fertigung. Das additive Ecosystem von GF Machining<br />
Solutions lässt sich einfach in eine konventionelle<br />
Fertigungsumgebung integrieren und ist in der<br />
Lage, alles von der Teilekonstruktion bis hin zur<br />
Serienproduktion abzudecken – für eine<br />
kosteneffiziente additive Teilefertigung.<br />
Erfahren Sie mehr unter<br />
www.gfms.com/de<br />
Abtrennen der gedruckten<br />
Teile durch Horizontal-WEDM<br />
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für AM<br />
Globale<br />
Kompetenzzentren<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 35
» MESSE BLECHEXPO<br />
Dringenberg investiert in verkettete Anlage von Prima Power<br />
Mit Stanz-Biegekombi zur Vollautomatik<br />
Bei Einrichtungen für Betriebe und Fahrzeuge zählt sich Dringenberg zu den größten Produzenten<br />
in Deutschland. Das Portfolio reicht bis zu fahrbaren Werkstätten. Da das Unternehmen<br />
stark wächst, benötigt es eine leistungsstarke Blechbearbeitung, die Qualität und Flexibilität<br />
verbindet. Dafür investierte Dringenberg in eine Stanz-Biege-Kombi von Prima Power.<br />
» Peter Hamberger, Fachjournalist in Unterensingen<br />
Bild: Prima Power<br />
Eine verkettete Stanz-<br />
Biege-Kombination<br />
von Prima Power<br />
brachte bei Dringenberg<br />
die Wende hin zur<br />
vollautomatisierten<br />
Blechteilefertigung.<br />
Ein Roboter übernimmt<br />
das Teile-Handling<br />
zwischen den Prozessschritten.<br />
Dringenberg ist innerhalb der Würth-Gruppe das<br />
Kompetenz-Zentrum für intelligente Betriebsund<br />
Fahrzeugeinrichtungen – mit Produkten, die von<br />
Werkbänken über Regale und Schränke bis hin zu<br />
fahrbaren Werkstatteinrichtungen reichen. Dabei<br />
liegt der Fokus auf kundenspezifischen Individual -<br />
lösungen. Bei der Vielzahl an Fahrzeugtypen und<br />
Wünschen verschiedener Handwerksgruppen vari -<br />
ieren die Konstellationen nahezu unendlich.<br />
Über einen Konfigurator kann sich jeder Kunde<br />
seine Einrichtung individuell zusammenstellen. Da<br />
ein Vorproduzieren nahezu unmöglich ist, muss vor<br />
der Montage alles schnell gehen. Nicht mehr als ein<br />
Tag Vorlauf für die einzelnen Teile und Baugruppen<br />
bleibt. Aus Gewichtsgründen wird überwiegend<br />
Aluminium mit einer Dicke zwischen 0,8 und 2,0 mm<br />
bearbeitet. Da die Optik eine wesentliche Rolle spielt,<br />
dürfen die teils eloxierten Elemente keine Kratzer<br />
und Schlieren aufweisen. Das Material wird in der<br />
Regel mit einer Folie angeliefert, die nach der Bearbeitung<br />
manuell entfernt wird.<br />
Bis vor wenigen Monaten sah der Fertigungsablauf<br />
so aus: Ein Mitarbeiter stanzte das Material und legte<br />
es auf einer Palette ab. Der Stapler transportierte<br />
es zur Biegemaschine. Der Mitarbeiter dort legte die<br />
gestanzten Bleche in die Biegemaschine und brachte<br />
sie in Form. Zuletzt wurde die Folie abgezogen und<br />
das Element für die Montage bereitgestellt. Diesen<br />
Prozess wollte das Team um Produktionsleiter Heiko<br />
Stahl verbessern und suchte nach Lösungen. Dabei<br />
stießen sie ziemlich rasch auf Prima Power.<br />
Prima Power bietet Laser- und Blechbearbeitungsmaschinen<br />
in einer sehr umfangreichen Produkt -<br />
palette an: 2D- und 3D-Lasermaschinen, Stanz -<br />
maschinen, auch in Kombination mit Laserschneiden<br />
oder Scheren, Abkantpressen Schwenkbiegemaschinen<br />
und flexible Fertigungssysteme. Der Anbieter<br />
ist auch auf der Blechexpo in Stuttgart vertreten<br />
36 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
(Halle 3, Stand 3201). Seine besondere Stärke ist es,<br />
Kunden in der Automatisierung zu unterstützen.<br />
Da Dringenberg mit Prima Power schon in einem<br />
anderen Werk gute Erfahrungen gemacht hat, wurde<br />
auch hier gemeinsam eine Lösung gesucht: Ziel war<br />
es, den Durchsatz zu maximieren und gleichzeitig die<br />
Genauigkeit und Oberflächen güte zu erhöhen.<br />
Die Lösung war eine servoelektrische Stanz-<br />
Biege-Kombination, die Rohbleche vollautomatisch<br />
zu einbaufertigen Elementen verarbeitet: Ausgangspunkt<br />
ist das Turmlager mit 20 Palettenplätzen für<br />
eine Vielzahl von Materialien, die sich programm -<br />
gesteuert wechseln lassen.<br />
Die Bleche werden in eine Stanz-/Scherzelle übergeben.<br />
Diese Zelle ist mit einem Revolver mit<br />
16 Werkzeugstationen ausgestattet und nimmt für<br />
den Serienbetrieb alle Werkzeuge auf, so dass für<br />
Serienteile kein Rüsten nötig wird. Weitere Vorzüge<br />
sind ein integrierter Reststreifen-Zerkleinerer und die<br />
Möglichkeit, in der Steuerung zu parametrisieren: Elemente,<br />
die sich nur in ihren Abmessungen unterscheiden,<br />
lassen sich durch Verändern weniger Parameter<br />
erstellen und müssen nicht neu programmiert werden.<br />
Nach dem Scheren leitet ein Roboter die Bauteile<br />
in die Biegezelle weiter und übernimmt auch das<br />
automatische Stapeln größerer Teile. Der Materialfluss<br />
gleicht unterschiedliche Zeiten fürs Stanzen<br />
und Biegen aus. Entweder wird das Blech direkt an<br />
die Biegemaschine übergeben, zwischengelagert<br />
oder aus dem Zwischenlager eingeschleust. Die integrierte<br />
Biegemaschine zielt auf hohe Produktivität<br />
bei wiederholgenauer Qualität. Das geht aktuell bis<br />
zum Versuch, Bleche ohne Schutzfolie zu bearbeiten.<br />
Nochmals würde ein Arbeitsschritt entfallen.<br />
„Wir sind mit dieser Lösung von einem manuellen<br />
Betrieb zu einem vollautomatisierten Prozess übergegangen“,<br />
erläutert Heiko Stahl. „Es war uns<br />
Bild: Prima Power<br />
bewusst, dass nicht alles auf Anhieb klappt, aber die<br />
Betreuung durch Prima Power war hervorragend. Da<br />
die Stanz-Scher- und die Schwenkbiegemaschine<br />
voll automatisiert in einer Reihe integriert sind,<br />
benötigen wir kein zusätzliches Materialhandling<br />
mehr.“ Das Stapeln des fertigen Werkstücks auf der<br />
Palette wurde „einziger Eingriff eines Bedieners“.<br />
Bis zu 400 Teile produziert so ein einziger Mit -<br />
arbeiter pro Schicht. Die Anlage läuft derzeit im<br />
2-Schicht-Betrieb und kann danach mannlos betrieben<br />
werden. Dadurch hat sich die Produktionskapa -<br />
zität drastisch erhöht. Dringenberg konnte die<br />
Mindestbestände im Lager reduzieren und ist nun<br />
wesentlich flexibler und schneller.<br />
Prima Power auf der Blechexpo: Halle 3, Stand 3201<br />
Ausgangspunkt des<br />
automatisierten<br />
Prozesses bei Dringenberg<br />
ist ein Turmlager<br />
mit 20 Palettenplätzen<br />
für unterschiedlichstes<br />
Material, das<br />
programmgesteuert<br />
bereitgestellt wird.<br />
Bild: Prima Power<br />
Bei Dringenberg<br />
entsteht alles individuell,<br />
was sich der<br />
Handwerkskunde als<br />
Einrichtung für Betrieb<br />
und Fahrzeug wünscht:<br />
Von Regalen, Schub -<br />
laden und Werkbänken<br />
bis hin zur fahrenden<br />
Werkstatteinrichtung.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 37
Bild: Schuler<br />
Der Energy Monitor<br />
macht den Strombedarf<br />
einer Linie transparent<br />
und deckt Einspar -<br />
potentiale auf.<br />
Neues Verfahren fürs Warmumformen von Aluminiumteilen<br />
Leichte und hochfeste<br />
Komponenten aus Aluminium<br />
Die Anlagen von Schuler (Halle 8, Stand 8306) zur Blechumformung sind fast so vielfältig<br />
wie die Teile, die darauf entstehen. Hinzu kommen zahlreiche digitale Anwendungen.<br />
All das präsentiert der Göppinger Pressenspezialist vom 7. bis 10. November in Stuttgart.<br />
Die Anlagen von Schuler machten Mobilität<br />
und Nachhaltigkeit erst möglich,<br />
sagt Schuler-CEO Domenico Iacovelli.<br />
Sie produzieren unter anderem Komponenten<br />
für reichweitenstarke Elektro-<br />
Autos oder für Elektrolyseure zur Herstellung<br />
von Wasserstoff. Hinzu komme, dass<br />
sich mit den Applikationen aus der Digital<br />
Suite auch die Produktionslinien selbst<br />
noch energieeffizienter und wirtschaft -<br />
licher betreiben lassen.<br />
Modular aufgebaut sind mittlerweile<br />
nicht mehr nur die Einzelpressen der Göppinger,<br />
sondern auch die mehrstufigen<br />
Pressenlinien. Mit der leistungsfähigsten<br />
Anlage Servomax lassen sich besonders<br />
viele Teile kostengünstig herstellen. Wer<br />
alle Vorteile der Servotechnik nutzen will,<br />
aber nicht die maximale Ausbringung benötigt,<br />
für den hat der Pressenbauer die<br />
Linie Servonext im Angebot. Und wer mechanische<br />
Anlagen bevorzugt, für den<br />
gibt´s die Linie Mechnext.<br />
Laser Blanking Lines schneiden die Platinen,<br />
aus denen die Pressenlinien wiederum<br />
Karosserie- und Strukturteile formen.<br />
Neben den bewährten Anlagen mit<br />
zwei und drei Laser-Schneidköpfen hat<br />
Schuler hier nun eine kostengünstigere<br />
Linie ins Produktportfolio genommen, die<br />
mit einem Schneidkopf arbeitet. Den<br />
werkzeugfreien Platinenschnitt erlauben<br />
alle Laser Blanking Lines: Für den Wechsel<br />
von einer Geometrie zur nächsten ist lediglich<br />
ein Knopfdruck nötig.<br />
Warmumformen von Aluminium<br />
Leichtere Bauteile verlängern die Reichweite<br />
von Fahrzeugen – egal, ob mit Elektro-<br />
oder Verbrennermotor. Auf hydrau -<br />
lischen Pressen von Schuler kommt deshalb<br />
ein neues Verfahren für die Warmumformung<br />
von Aluminium zum Einsatz,<br />
bei der das Leichtmetall innerhalb kürzester<br />
Zeit erhitzt, umgeformt und abgekühlt<br />
wird. Das Ergebnis sind hochfeste Komponenten<br />
mit geringem Gewicht. Bauteile<br />
aus hochfestem Aluminiumblech kommen<br />
deshalb in Fahrzeugen immer häufiger<br />
zum Einsatz.<br />
Bei dem neuen Verfahren zur Warmumformung<br />
wird das Leichtmetall innerhalb<br />
kürzester Zeit mittels Kontakterwärmung<br />
erhitzt und in einem wassergekühlten<br />
Werkzeug umgeformt. Sämtliche Prozessschritte<br />
laufen dabei im Werkzeug ab, so<br />
dass – anders als beim Formhärten von<br />
Stahlblech – kein separater Ofen erforderlich<br />
ist. Das reduziert nicht nur den<br />
Platzbedarf für die Anlage, sondern auch<br />
die Investitions- und Betriebskosten.<br />
Bauteile aus hochfestem Aluminium kommen<br />
in Fahrzeugen immer häufiger zum Einsatz, um<br />
Gewicht zu sparen.<br />
Bild: Schuler<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
SPECIAL<br />
» Messe Formnext<br />
Als Weltleitmesse für den industriellen 3D-Druck zeigt die Formnext<br />
die gesamte Welt der additiven Fertigung und ihrer vor- und<br />
nachgelagerten Prozesse unter einem Dach.<br />
Rahmenprogramm<br />
umfangreich wie nie<br />
» Seite 40<br />
Anwendung: 3D-Drucker<br />
für die Lampen-<br />
Produktion<br />
» Seite 42<br />
Starter Package als<br />
Türöffner in den SLS-<br />
3D-Druck<br />
» Seite 43<br />
3D-Drucker für den<br />
Mikrobereich<br />
» Seite 44<br />
Bild: stock.adobe.com/mari1408<br />
Hochtemperatur-<br />
3D-Druck<br />
» Seite 45<br />
Anwendung: Metall-<br />
3D-Druck mit Titan<br />
» Seite 46<br />
Die Messe Formnext in Frankfurt am Main findet in diesem Jahr vom 7. bis 10. November statt.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 39
» MESSE FORMNEXT<br />
Leitmesse für additive Fertigung vom 7. bis 10. November in Frankfurt am Main<br />
Formnext steuert auf Rekordergebnis zu<br />
Die Leitmesse für additive Fertigung, die Formnext 2023, die vom 7. bis 10. November<br />
in Frankfurt am Main stattfindet, steuert auf ein neues Rekordergebnis zu. Mit mehr als<br />
770 Ausstellern und einer gebuchten Bruttofläche von über 50.000 Quadratmetern hat<br />
die Messe bereits zwei Monate vor Beginn die Zahlen des Vorjahres fast erreicht.<br />
Buses oder Brose, wie sie die Additive Fertigung<br />
im eigenen Unternehmen nutzen.<br />
Bild: Mesago Messe Frankfurt GmbH/Mathias Kutt<br />
Auf der Formnext bilden die Anbieter additiver Fertigungslösungen sowie zahlreiche Start-ups den<br />
gesamten additiven Fertigungsprozess ab.<br />
Die Besucher der Formnext können<br />
sich auf Innovationen und Weltpremieren<br />
freuen. Darüber hinaus bilden<br />
namhafte Anbieter additiver Fertigungslösungen<br />
sowie zahlreiche Start-ups den<br />
gesamten additiven Fertigungsprozess ab<br />
– einschließlich Material, Software,<br />
Design, Hardware, Produktionslösungen,<br />
Nachbearbeitung und Qualitätssicherung.<br />
Über 60 % der Aussteller kommen zudem<br />
aus dem Ausland was sich auch bei den<br />
Gemeinschaftsständen widerspiegelt:<br />
Neben den etablierten Auftritten von<br />
Hessen Trade and Invest, Bayern Inno -<br />
vativ, Berlin Partner oder der IHK<br />
Chemnitz präsentieren sich immer mehr<br />
internationale Kooperationen wie zum<br />
Beispiel erstmals Canada Makes, Nordic<br />
Pavilion oder Victoria Government aus<br />
Australien.<br />
Sonderschau<br />
„Dienstleister-Marketplace“<br />
Eines der Highlights des diesjährigen<br />
Rahmenprogramms ist der Dienstleister<br />
Marketplace. Diese Sonderschau, die in<br />
Kooperation mit Daimler Truck & Buses<br />
organisiert wird, feiert in diesem Jahr ihre<br />
Premiere auf der Formnext. AM-Dienstleister<br />
zeigen hier mit exemplarischen<br />
Anwendungen aus dem Automotive Sektor,<br />
wie man Additive Manufacturing erfolgreich<br />
einsetzt und welche Bedeutung<br />
Dienstleister dabei haben. Auf der Sonderschau<br />
präsentieren auch namhafte<br />
Automotive-Unternehmen wie Daimler<br />
Fokus auf Nachhaltigkeit:<br />
Partnerregion Nordic<br />
Die diesjährige Partnerregion der Formnext<br />
ist die Region Nordic. Aus Dänemark,<br />
Schweden, Norwegen und Finnland stammen<br />
weltweit führende Hersteller von<br />
AM-Anlagen, Materialanbieter sowie eine<br />
Vielzahl innovativer Start-ups und mittelständischer<br />
AM-Betriebe. Gleichzeitig<br />
steht die Region im Norden Europas<br />
ebenso für nachhaltiges Denken und wird<br />
hierzu innovative Lösungen auf der Messe<br />
präsentieren. Daneben haben sich auch<br />
zahlreiche Delegationen aus der Nordic-<br />
Region angekündigt. So gibt es unter<br />
anderem aus den Industriebereichen Öl<br />
und Gas, Fishfarming und -verarbeitung,<br />
Bootsbau ein hohes Interesse und Entwicklungspotenzial<br />
für die additive Fer -<br />
tigung.<br />
Weiterentwickeltes<br />
Konferenzkonzept für alle<br />
Die Formnext hat auch ihr Konferenzkonzept<br />
weiterentwickelt. In diesem Jahr<br />
wird das Vortragsprogramm erstmals auf<br />
drei Bühnen (Industry Stage, Application<br />
Stage, Technology Stage) verteilt in den<br />
Messehallen stattfinden. Die unterschiedlichen<br />
Schwerpunkte umfassen AM-<br />
Trends, Anwendungen und Neuheiten der<br />
Aussteller. Daneben finden sich im Rahmenprogramm<br />
der Formnext 2023 auch<br />
etablierte Events wie zum Beispiel die<br />
Formnext Start-up Challenge.<br />
Sieger der Start-up Challenge<br />
Im Rahmen der internationalen Startup<br />
Challenge hat die Formnext bereits zum<br />
40 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Auch inhaltlich will die weltweit führende Messe für additive Fertigung Maßstäbe setzen.<br />
Bild: Mesago Messe Frankfurt GmbH/Mathias Kutt<br />
neunten Mal junge Unternehmen aus der<br />
Welt der additiven Fertigung für ihre Geschäftsideen<br />
und technischen Entwicklungen<br />
ausgezeichnet. Die Gewinner, die<br />
sich auch auf der Messe präsentieren<br />
werden, sind Endless Industries (Deutschland),<br />
Helio Additive (USA), Odapt (Spanien),<br />
Progresja New Materials (Polen)<br />
und Vitro3D (USA).<br />
Die prämierten Innovationen reichen<br />
von medizinischen Anwendungen über<br />
das Materialrecycling von Titan und einer<br />
Analysesoftware bis hin zu neuen<br />
3D-Drucktechnologien, die sich unter anderem<br />
an die Automobil-, Elektronik-,<br />
Dental- und Maschinenbauindustrie richten:<br />
• Endless Industries und Vitro3D haben<br />
bestehende 3D-Druck-Technologien<br />
(3D-Druck von faserverstärkten Bau -<br />
teilen und Stereolithografie) weiter -<br />
ent wickelt und versprechen damit<br />
höhere Produktionsgeschwindigkeiten<br />
und eine höhere Bauteilqualität.<br />
• Eine Verbesserung des Druckprozesses<br />
hat auch Helio Additive mit seiner Dragon-Analysesoftware<br />
für das Slicing im<br />
Blick.<br />
• Odapt hat eine individuelle Basisplatte<br />
für Stomapatienten entwickelt und will<br />
damit die Behandlung vereinfachen<br />
und gleichzeitig Abfall vermeiden.<br />
• Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch<br />
für Progresja New Materials eine Rolle<br />
– das polnische Start-up will Titan recyclen<br />
und daraus Pulver für die additive<br />
Fertigung herstellen. Damit gewinnt<br />
es gleichzeitig den mit 5.000<br />
Euro dotierten AM Ventures Impact<br />
Award, der im Rahmen der Formnext<br />
Start-up Challenge vergeben wird.<br />
Sonderschau mit<br />
AM- Anwendungen<br />
Die Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing<br />
im VDMA, der ideelle Träger der<br />
Formnext, präsentiert eine Sonderschau<br />
mit AM-Anwendungen aus der Welt des<br />
Maschinenbaus. Die Sonderschau BE-AM<br />
zeigt anhand realer Anwendungen die<br />
fortschrittlichen Entwicklungen des immer<br />
wichtigeren Themas 3D-Druck in der<br />
Bauindustrie. Gleichzeitig präsentiert das<br />
BE-AM-Symposium zahlreiche Hintergründe<br />
und künftige Entwicklungen in<br />
diesem Feld.<br />
Das für die gesamte AM-Industrie<br />
wichtige Thema Normen und Standards<br />
wird auch in diesem Jahr wieder auf dem<br />
ASTM Standards Forum diskutiert, das in<br />
Kooperation mit den Organisationen<br />
USCS, ASTM, ISO und America Makes bereits<br />
einen Tag vor Messestart, am Montag,<br />
6. November, stattfindet. (fr)<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 41
Die Kunststofffertigung am Standort Limburg an der Lahn von Bega verfügt über einen HP-Jet-Fusion-5210-3D-Drucker.<br />
Mit ihm fertigt das Unternehmen Bauteile mit großen Detailoptionen.<br />
Bild: HP<br />
Für Bauteile mit großen Detailoptionen<br />
3D-Drucker sorgt in der Leuchten-<br />
Produktion für mehr Flexibilität<br />
Um die Kunststoffkomponenten für die eignen Außen- und Innenleuchten zu fertigen,<br />
setzt das Unternehmen Bega Gantenbrink-Leuchten am Standort in Limburg an der<br />
Lahn einen Jet-Fusion-5210-3D-Drucker von HP (Halle 12.1, Stand D41) ein.<br />
Holger Zick, Standortleiter Limburg,<br />
Bega Gantenbrink-Leuchten KG.<br />
Bild: Bega<br />
tionen her und das immer in der exakt<br />
richtigen Stückzahlen. „Eine schnellere<br />
Produktion in eigener Regie, die Robustheit<br />
der Anlage und der in ihr hergestellten<br />
Komponenten sowie Ressourcenscho-<br />
Seit mehr als 75 Jahren entwickelt und<br />
produziert Bega hochwertige Leuchten<br />
für nahezu alle Bereiche der Architektur<br />
im Innen- und Außenbereich. In dieser<br />
Zeit entstanden Produkte, deren Idee und<br />
Warenzeichen zum Gattungs begriff für<br />
unzählige Leuchten der gesamten Branche<br />
wurden.<br />
„Unser neuer industrieller 3D-Drucker<br />
sollte Bauteile von höchster Qualität<br />
möglichst schnell und umweltfreundlich<br />
produzieren“, sagt Standortleiter Holger<br />
Zick. All das biete der HP Jet Fusion 5210<br />
3D-Drucker. Er optimiert die Arbeitsschritte,<br />
beschleunigt Prozesse und mit<br />
ihm können die Bauteil-Konstruktion<br />
schnell angepasst werden. Zudem stellt er<br />
belastbare Bauteile mit großen Detailopnung<br />
– das waren für uns entscheidende<br />
Parameter“, erklärt Zick.<br />
Von der Übermittlung der Daten bis<br />
zum Ausdruck der Komponenten vergehen<br />
nur wenige Tage. Zudem sind dabei<br />
auch noch die CO 2 -Emissionen geringer.<br />
Änderungen beim Design und im Konstruktionsprozess<br />
lassen sich ebenfalls<br />
flexibel und effizient realisieren.<br />
Support überzeugt<br />
Zick stellt noch einen weiteren Grund für<br />
die Entscheidung heraus, den 3D Druck<br />
mit der Anlage von HP zu planen und umzusetzen:<br />
„Die gute Zusammenarbeit und<br />
der Support durch HP haben uns vom ersten<br />
Kontakt bis zum Abschluss des Projektes<br />
überzeugt.“ (fr)<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
System für die Kleinserienfertigung<br />
Starter Package als Türöffner<br />
in den SLS-3D-Druck<br />
Formlabs (Halle 11.1, Stand E11) stellt zur Formnext das<br />
Fuse Starter Package vor, eine Komplettlösung für den<br />
industriellen SLS-3D-Druck (selektives Lasersintern). Für<br />
unter 24.000 Euro erhält man den 3D-Drucker Fuse 1+<br />
30W, eine Konstruktionskammer und eine Pulverkartusche<br />
für die Fuse-Serie und das neue Fuse Depowdering<br />
Kit, eine preisgünstige Lösung zur manuellen Nachbearbeitung<br />
und Pulverrückgewinnung. Mit dem Starter<br />
Package erhält man somit ein vollständiges SLS-Ecosystem<br />
für die Kleinserienfertigung. Mit dem Fuse Depowdering<br />
Kit kann zudem noch zwischen unterschiedlichen<br />
Materialien gewechselt werden, ohne das die<br />
Nachbearbeitungsgeräte gereinigt werden müssen.<br />
Der Fuse 1+ 30W baut auf dem Fuse 1 SLS-3D-Drucker<br />
auf, besitzt aber im Vergleich noch weitere Komponenten<br />
– einschließlich eines leistungsfähigeren Lasers. Damit<br />
soll es möglich sein Bauteile doppelt so schnell zu<br />
produzieren. Durch ein verbessertes Galvanometersystem,<br />
einen leistungsstarken Laser und eine schnelle<br />
Scan-Geschwindigkeit von bis zu 12,5 Meter pro Sekunde<br />
erzielt der SLS-3D-Drucker sehr hohe Druckgeschwindigkeiten.<br />
Die Eigenschaften des Fuse 1+ 30W im<br />
Überblick:<br />
• Hoher Durchsatz und kurze Durchlaufzeiten mit<br />
30-W-Laser bei einer Scangeschwindigkeiten von bis<br />
zu 12,5 Meter pro Sekunde<br />
• Inhouse-Druck der Bauteile innerhalb von 24 Stunden<br />
möglich<br />
• Neue, industrietaugliche Materialien, ermöglicht<br />
durch ein aktives Pulver-Handlingsystem<br />
• Die Eigenschaften des gedruckten Materials sind<br />
dank der Stickstoffspülung wettbewerbsfähig mit<br />
denen der Branchenführer<br />
• Abfallarmer Druck aufgrund der hohen Packungsdichte<br />
und der Wiederverwertbarkeit des Pulvers (fr)<br />
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Bild: Formlabs<br />
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30W einen Einstieg<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 43
» MESSE FORMNEXT<br />
Projektionsmikro-Stereolithografie<br />
3D-Drucker für den Mikrobereich<br />
Die Projektionsmikro-Stereolithografie<br />
verbindet die Vorteile des Digital Light<br />
Processings mit denen der Stereolithografie,<br />
indem durch einen Lichtblitz die<br />
schnelle Photopolymerisation einer ganzen<br />
Schicht von Kunstharz ausgelöst<br />
wird. Es entstehen Kleinserienteile im Mikrobereich<br />
mit einer sehr hohen Auflösung.<br />
Zu sehen sind die Projektionsmikro-<br />
Stereolithografie-3D-Drucker von Boston<br />
Micro Fabrication (BMF) (Halle 11.1,<br />
Stand B38) auf der Formnext 2023.<br />
Die 3D-Drucker der microArch-Serie von<br />
BMF, die sowohl für Prototypen als auch<br />
für Endprodukte geeignet sind, sollen die<br />
Grenzen der Auflösung, Genauigkeit und<br />
Präzision der additiven Fertigungstechnologie<br />
erweitern und damit die Miniaturisierung<br />
mit neuen Anwendungsmöglichkeiten<br />
in vielen Branchen fördern.<br />
Bei der Projektionsmikro-Stereolithografie<br />
werden die Bauteile von oben nach<br />
unten in einem Harzbad aufgebaut, was<br />
den Bedarf an Stützstrukturen reduziert.<br />
Der MicroArch S240<br />
3D-Drucker von<br />
BMF beruht auf<br />
dem Verfahren der<br />
Projektionsmikro-<br />
Stereolithografie.<br />
Die Auflösung der Optik, die Präzision der<br />
mechanischen Komponenten, die Steuerung<br />
der Belichtung und die daraus resultierende<br />
Aushärtung ermöglichen Auflösungen<br />
bis zu 2 µm und eine Maßhaltigkeit<br />
von ± 10 µm.<br />
Die microArch 3D-Drucker werden je<br />
nach erreichbarer Auflösung in drei Serien<br />
unterteilt:<br />
Das Modell S350 eignet sich mit einer<br />
Auflösung von bis zu 25 µm für Teile im<br />
Mikrobereich, aber auch für kleine Teile,<br />
die eine hohe Genauigkeit und Präzision<br />
erfordern.<br />
Die zweite Serie umfasst Drucker mit<br />
einer Auflösung von bis zu 10 µm und einem<br />
großen Bauraum für industrielle Anwendungen.<br />
Dazu gehört der microArch<br />
S240 mit einem Bauraum von 100 mm x<br />
100 mm x 75 mm.<br />
Die höchste Auflösung von bis zu 2 µm<br />
bieten Drucker wie der microArch S230.<br />
BMF bietet für die Projektionsmikro-<br />
Stereolithografie ein offenes Werkstoffsystem<br />
an. Dazu gehören Kunstharze, die<br />
steif, zäh, hochtemperaturbeständig, biokompatibel,<br />
flexibel oder auch transparent<br />
sind. Neben technischen und biomedizinischen<br />
Kunststoffen können auch<br />
Hydrogele und Verbundharze mit Keramik-<br />
oder Metallpartikeln eingesetzt<br />
werden. (fr)<br />
Bild: Boston Micro Fabrication<br />
Weniger Aufwand bei der Nachbearbeitung<br />
CAD/CAM-Software für die additive Fertigung<br />
Bild: Open Mind<br />
Detailgetreue Abbildung<br />
des Laserbearbeitungs -<br />
kopfes in der Bearbeitungssimulation<br />
des CAD/CAM-<br />
Systems HyperMill.<br />
Dass sich die CAD/CAM-Software<br />
HyperMill auch für additive Fertigungsverfahren<br />
eignet, will Open<br />
Mind (Halle 12.0, Stand A39) auf<br />
der Formnext anhand additiv gefertigter<br />
Bauteile zeigen. Außerdem<br />
stellt der Hersteller sein Best<br />
Fit-Konzept vor, eine Technik zur<br />
Reduzierung des Nachbearbeitungsaufwands.<br />
Die CAD/CAM-Software HyperMill<br />
Additive Manufacturing kann dabei<br />
speziell den Verfahren Direct Energy<br />
Deposition (DED) und Wire Arc Additive<br />
Manufacturing (WAAM) die flexiblen<br />
Möglichkeiten der komplexen 5-Achs-<br />
Simultanbearbeitung eröffnen. Denn die<br />
NC-Codes können mithilfe der Software<br />
programmiert und zur Kollisionsvermeidung<br />
auch automatisch simuliert werden.<br />
Als durchgängige Softwarelösung ermöglicht<br />
dies eine effiziente Hybridbearbeitung<br />
mit additiver und subtraktiver Bearbeitung<br />
auf einer Maschine.<br />
Stützstrukturen und Oberflächen, denen<br />
man den schichtweisen Aufbau ansieht,<br />
machen bei additiv gefertigten Werkstücken<br />
ein Finish in der zerspanenden Bearbeitung<br />
nötig. Außer bei der Verwendung<br />
hybrider Maschinen verlangt die Nachbearbeitung<br />
die Ausrichtung eines<br />
fast fertigen Rohteils mit<br />
geringem Aufmaß in der Werkzeugmaschine.<br />
Mit HyperMill<br />
Best Fit ersetzt Open Mind die<br />
fehleranfällige manuelle Ausrichtung<br />
durch ein automatisches Verfahren.<br />
Anstatt additiv erzeugte Bauteile so<br />
für die Nachbearbeitung in der Fräsmaschine<br />
zu positionieren, dass Nullpunkt<br />
und Achsen zum NC-Code passen, passt<br />
Best Fit den Code an die über Messung<br />
und Simulation als digitalen Zwilling importierte<br />
reale Position des Werkstücks im<br />
Arbeitsraum der Maschine an. (fr)<br />
44 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Granulate, Filamente und Flüssigsilikon<br />
Hochtemperatur-3D-Druck mit Ultem-Granulat<br />
Das Unternehmen Arburgadditive (Halle<br />
12.1, Stand D79) zeigt auf der Formnext<br />
2023 sein komplettes Spektrum für die<br />
industrielle additive Fertigung auf Basis<br />
von Granulaten, Filamenten und Flüssigsilikon<br />
(LSR). Ein Exponat ist der neue<br />
Hochtemperatur-Freeformer 750-3X, der<br />
aus dem Ultem-Originalgranulat hochbelastbare<br />
Luftverteiler herstellt.<br />
Mit den Freeformern lassen sich im Arburg<br />
Kunststoff-Freiformen (AKF) voll<br />
funktionsfähige Bauteile und Kleinserien<br />
auf Basis von originalen Kunststoffgranulaten<br />
industriell additiv fertigen, auch aus<br />
sehr weichen Materialien (bis Härte 28<br />
Shore A) oder in Hart-Weich-Verbindung.<br />
Die 3D-Drucker eignen sich für anspruchsvolle<br />
Anwendungen in der Medizintechnik,<br />
Automobilindustrie oder Luftund<br />
Raumfahrt.<br />
Auf der Formnext 2023 zeigt Arburgadditive<br />
wie mit dem neuen Freeformer<br />
750-3X in Hochtemperatur-Ausführung<br />
aus dem Originalmaterial Ultem 9085<br />
geometrisch anspruchsvolle Luftverteiler<br />
hergestellet werden können. Die Highend-Maschine<br />
verfügt dafür über drei<br />
Austragseinheiten, ist aber äußerlich<br />
nicht vom Freeformer 300-3X zu unterscheiden.<br />
Mit rund 750 cm 2 ist jedoch der<br />
Bauteilträger rund 2,5 Mal größer. Zudem<br />
ist die Datenaufbereitung und die von<br />
Arburg selbst entwickelte und gefertigte<br />
Gestica-Steuerung hinsichtlich Prozessstabilität<br />
und Bauteilqualität optimiert<br />
sowie die Bauzeit deutlich verkürzt. Ergebnis<br />
sind signifikant reduzierte Kosten<br />
pro Bauteil und ein geringerer Materialeinsatz.<br />
Der Bauraum lässt sich in dem neuen<br />
Freeformer auf 200 °C temperieren, die<br />
Plastifizierung des Granulats erfolgt bei<br />
bis zu 450 °C.<br />
Ein zweiter Freeformer 750-3X produziert<br />
auf dem Messestand orthopädische Einlagen<br />
bis Schuhgröße 50. Dank des AKF-<br />
Verfahrens lassen sich dabei bestimmte<br />
Stellen des Fußbettes individuell verstärken<br />
und andere gezielt weich auslegen –<br />
entweder durch eine Multimaterial-Kombination<br />
z. B. von hartem PP und weichem<br />
TPE oder über eine Anpassung der Fülldichte.<br />
Anhand dieses Musterteils wird<br />
auch gezeigt, wie sich die Bauzeit z. B.<br />
aufgrund von weiterentwickelten Software-Features<br />
und gitterförmigen Stützstrukturen<br />
signifikant reduzieren lässt.<br />
Das dritte AKF-Exponat, ein Freeformer<br />
200-3X, ist speziell für die Verarbeitung<br />
von Weichmaterialien ausgelegt. (fr)<br />
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Beim Hochtemperatur-<br />
Freeformer 750-3X<br />
mit drei Austragseinheiten<br />
lässt sich der<br />
Bauraum auf 200 Grad<br />
Celsius temperieren,<br />
die Plastifizierung<br />
des Originalgranulats<br />
erfolgt bei bis zu 450<br />
Grad Celsius.<br />
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» MESSE FORMNEXT<br />
Halterungen für Satelliten-Antriebssystem<br />
Metall-3D-Druck mit Titan<br />
für anspruchsvolle Bauteile<br />
Das elektrothermische Antriebssystem Comet 1000 von Bradford Space<br />
wird in Kleinsatelliten eingesetzt, um diese in der Erdumlaufbahn zu<br />
manövrieren. Bis heute ist das Triebwerk bereits in mehr als 25 Satelliten<br />
als Antrieb im Einsatz. Der Metall-3D-Druck hat entscheidend zu<br />
diesem Erfolg beigetragen.<br />
Die für Kleinsatelliten konzipierten<br />
Einheiten verwenden Wasser als<br />
Treibstoff und sind daher einfacher zu betreiben.<br />
Die Herausforderungen ergeben<br />
sich jedoch aus den harten Einsatzbedingungen<br />
im Orbit der Satelliten. Eine wichtige<br />
Komponente dabei sind die Halterungen,<br />
mit denen die Triebwerke auf einer<br />
Vielzahl von Satelliten montiert werden<br />
können. Ursprünglich wurden die Halterungen<br />
für die additive Fertigung in den<br />
USA entwickelt, doch Bradford Space<br />
brauchte einen lokalen Hersteller in<br />
Europa, der sie hier nach den geforderten<br />
Standards produzieren konnte. Schließlich<br />
wandte sich das Unternehmen mit<br />
dem Bauteil an Materialise (Halle 12.1,<br />
Stand C139).<br />
Angesichts der kritischen Bedeutung<br />
der Halterung und der Belastungen, denen<br />
sie ausgesetzt ist, lag die Lösung für<br />
die 3D-Druckexperten auf der Hand: Metall-3D-Druck<br />
mit Titan. Im Kompetenzzentrum<br />
für Metall-3D-Druck in Bremen<br />
arbeiteten die Ingenieure von Materialise<br />
und Bradford Space gemeinsam an einer<br />
optimalen Lösung.<br />
Bild: Bradford Space<br />
Mehr als 25 der wassergetriebenen Antriebssysteme von Bradford Space befinden sich derzeit in<br />
der Umlaufbahn.<br />
3D-Druck als optimale<br />
Fertigungsmethode<br />
„Da das Design des Bauteils von den Anforderungen<br />
unserer Kunden bestimmt<br />
wird, insbesondere von den Schnittstellen<br />
zu den Satelliten, haben wir es zunächst<br />
nicht vollständig optimiert“, erklärt Edder<br />
Rabadán Santana, Projektleiter für das<br />
Comet-Antriebssystem. „Aufgrund dieser<br />
Anforderungen ist die Form des Halters<br />
46 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
für eine konventionelle Bearbeitung zu<br />
kompliziert und für andere Fertigungsverfahren<br />
zu teuer. Das ist der Hauptgrund,<br />
warum wir uns für den 3D-Druck entschieden<br />
haben.“<br />
Auch für Santana und sein Team war<br />
Titan die naheliegende Wahl. Denn wie<br />
bei jedem Raumfahrtprojekt ist es wichtig,<br />
Gewicht zu sparen, aber das darf<br />
nicht auf Kosten der Festigkeit gehen. Die<br />
raue Umgebung bringt viele Stressfaktoren<br />
mit sich, die das Triebwerk aushalten<br />
muss.<br />
Mehr als 100 3D-gedruckte<br />
Teile in der Umlaufbahn<br />
Heute umkreisen mehr als 25 Comet-Antriebssysteme<br />
an Bord von Beobachtungssatelliten<br />
die Erde, jedes mit vier<br />
3D-gedruckten Titanhalterungen – ein<br />
klarer Beweis dafür, dass die Teile wie erwartet<br />
funktionieren. Wie bei jedem Projekt<br />
arbeiten die Ingenieure von<br />
Materialise und Bradford Space auch hier<br />
noch an weiteren Optimierungen: „Unsere<br />
Ingenieure haben mit denen von Materialise<br />
zusammengearbeitet, um die Halterung<br />
so weit wie möglich zu verbessern“,<br />
erklärt Santana. „Wir wollen sie so flach<br />
wie möglich konstruieren, um die Integration<br />
zu erleichtern. Das Team ist sehr<br />
hilfsbereit, und ich denke, der gesamte<br />
Prozess verlief sehr reibungslos.“ Bradford<br />
Space setzt den 3D-Druck allerdings immer<br />
nur dort ein, wo es auch sinnvoll ist.<br />
Die Vorteile liegen dabei für Santana und<br />
sein Team auf der Hand – allerdings müssen<br />
die Bauteile auch für die additive Fertigung<br />
ausgelegt sein.<br />
„Ich denke, dass der 3D-Druck für jede<br />
Branche sehr attraktiv ist, aber ganz besonders<br />
für die Luft- und Raumfahrt“,<br />
Materialise hat<br />
die Halterungen im<br />
Metall-3D-Druck<br />
aus Titan gefertigt.<br />
Bild: Bradford Space<br />
sagt Santana. „Natürlich kommt es auf<br />
das Produkt oder das Geschäftsmodell an,<br />
aber wenn es Sinn macht, ein Teil im<br />
3D-Druckverfahren herzustellen, werden<br />
die meisten Unternehmen das jetzt tun.<br />
Im Allgemeinen geht es schneller, und die<br />
Kosten sind in der Regel vergleichbar oder<br />
sogar niedriger. Manchmal, wie bei unseren<br />
Halterungen, entwerfen die Ingenieure<br />
zudem ein Design mit Geometrien, die<br />
für herkömmliche Fertigungsmethoden zu<br />
komplex sind.“ (fr)<br />
Alles rund um<br />
die Verbindung<br />
Wenn man alles aus einer Hand bekommt,<br />
passt auch alles perfekt zusammen!<br />
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Elemente<br />
Baugruppen<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 47
TECHNIK » Interview<br />
Dr. Henrike Wonneberger, COO & Co-Founder der 3D-Druck-Plattform Replique im Interview<br />
„Digitale Dateien transportieren,<br />
Waren dezentral produzieren“<br />
Replique betreibt eine industrielle 3D-Druck-Plattform, die es OEMs ermöglicht, Ersatzteile digital<br />
zu speichern. Ziel des jungen Unternehmens ist es, das weltweit größte digitale Warenlager<br />
für Ersatzteile auf Abruf zu werden. Wie diese bedarfsgerechte, dezentrale Produktion von<br />
3D-druckbaren Einzelteilen und Kleinserien funktioniert und welche Vorteile sich durch diesen<br />
Fertigungsweg ergeben, erklärt COO & Co-Founder Dr. Henrike Wonneberger im Interview.<br />
» Interview: Dr.-Ing. Ralf Beck, Redakteur Konradin Industrie<br />
Replique betreibt eine industrielle Plattform<br />
für den 3D-Druck. Was genau ist<br />
die Idee oder das Geschäftsmodell?<br />
Lieferketten sind heutzutage zwar sehr<br />
effizient, aber damit auch störanfällig.<br />
Gerade im Ersatzteilmanagement stehen<br />
Unternehmen oft vor dem Problem, dass<br />
kritische Teile fehlen oder nur zu hohen<br />
Kosten über traditionelle Fertigungstechnologien<br />
beschafft werden können. Mit<br />
unserem digitalen Warenlager können wir<br />
diese Probleme lösen und Bauteile auf<br />
Abruf über ein angebundenes globales<br />
Netzwerk von 3D-Druckservicebüros lokal<br />
produzieren.<br />
Diese Umstellung auf eine bedarfsgerechte<br />
Produktion macht die Herstellung von<br />
Ersatzteilen und Kleinserien effizienter<br />
und widerstandsfähiger. Durch unsere<br />
Plattform können wir die Lagerbestände<br />
reduzieren, Verfügbarkeit steigern und<br />
gleichzeitig das gebundene Kapital und<br />
damit verbundene Risiken senken.<br />
Dr. Henrike Wonneberger, COO & Co-Founder, Replique GmbH.<br />
Bild: Replique<br />
Wie ist Replique entstanden?<br />
Die Idee zu Replique entstand im Rahmen<br />
unserer Arbeit im Bereich der BASF- Ini -<br />
tiative „Digitale Transformation“: Daten<br />
transportieren, statt physischen Produkten.<br />
Nach einem erfolgreichen Pitch im<br />
internen Geschäftsinkubator der BASF<br />
(Chemovator) konnten wir bereits erste renommierte<br />
Kunden wie Miele und Alstom<br />
gewinnen und Replique von der Idee hin<br />
zum Geschäft entwickeln. Nun sind wir<br />
eigenständig, mit STS Ventures als Lead<br />
Investor unserer Seed-Finanzierungsrunde.<br />
48 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Bild: Replique<br />
Die digitale Produktionsplattform<br />
von Replique<br />
ermöglicht es OEMs,<br />
Teile auf Abruf, überall<br />
und ab Losgröße eins<br />
bereitzustellen.<br />
Wie groß ist das Team von Replique<br />
jetzt?<br />
Derzeit besteht unser Team aus insgesamt<br />
16 Mitarbeitenden, die in verschiedenen<br />
Bereichen von Vertrieb, Marketing, IT,<br />
Engineering und Qualitätssicherung arbeiten.<br />
Jeder von uns trägt zum Erfolg<br />
von Replique bei und wir sind stolz darauf,<br />
gemeinsam durch dezentrale Fertigung<br />
auf Abruf Lieferketten von heute zu<br />
revolutionieren.<br />
Replique wurde im Juni 2023 von Chemovator,<br />
dem Business-Inkubator der<br />
BASF, ausgegründet. Was bedeutet dieser<br />
Schritt für Ihr Unternehmen?<br />
Die Ausgründung von Chemovator bedeutet<br />
für uns vor allem Unabhängigkeit und<br />
Wachstum. Während die BASF zwar aktiv<br />
im 3D-Druck-Markt tätig ist und sich dabei<br />
auf Materialien und Anwendungen<br />
konzentriert, dreht sich bei Replique alles<br />
um die digitale Seite des 3D-Drucks. Uns<br />
wurde daher schnell klar, dass wir uns als<br />
eigenständiges Unternehmen etablieren<br />
müssen, um in diesem dynamischen<br />
Marktumfeld agieren zu können.<br />
Unsere Unabhängigkeit von BASF ermöglicht<br />
es uns, mit einem breiteren Netzwerk<br />
von Lösungsanbietern zusammenzuarbeiten.<br />
Aufgrund unserer Verbindung<br />
zur BASF bringen wir zudem ein tiefes<br />
Verständnis für Materialien, industrielle<br />
Standards und Prozessqualifikationen<br />
mit. Dieses Know-how ermöglicht es uns,<br />
genau das zu liefern, was unsere Kunden<br />
brauchen, um im AM-Bereich erfolgreich<br />
zu sein: einen unabhängigen Partner, der<br />
ihnen Zugang zum gesamten 3D-Druck-<br />
Ökosystem eröffnet.<br />
Wie macht sich der Einfluss der Investoren<br />
bemerkbar?<br />
Durch unsere Investoren erhalten wir<br />
nicht nur finanziellen Rückhalt, sondern<br />
auch einen strategischen Mehrwert. Unsere<br />
Investoren sind sehr gut in der Industrie<br />
vernetzt, was uns neue Marktchancen<br />
eröffnet. Langfristig wollen wir uns zudem<br />
international stärker etablieren.<br />
Auch hier können uns unsere Investoren<br />
durch ihre Erfahrung in Bezug auf Internationalisierungsstrategien<br />
unterstützen.<br />
Welche konkreten Aufträge/Anwendungen<br />
bieten sich für Ihre 3D-Druck-<br />
Plattform an?<br />
3D-Druck eignet sich im Grunde für alle<br />
Kleinserien und Einzelteile. Dazu zählen<br />
unter anderem das Ersatzteilgeschäft, bei<br />
dem Bedarfe oft schwer abzuschätzen<br />
sind, der Ramp-up neuer Produkte oder<br />
die Fertigung individueller Komponenten.<br />
Denn für Kleinserien ist die traditionelle<br />
Fertigung in vielen Fällen nicht kosteneffizient,<br />
aufgrund der Herstellung teurer<br />
Gussformen. Dadurch kommt es auch zu<br />
hohen Mindestbestellmengen. Alle Teile<br />
auf Lager zu halten ist nicht sehr effizient.<br />
Sie nicht verfügbar zu haben, jedoch<br />
noch teuer.<br />
Da helfen die digitale Lagerung und bedarfsgerechte<br />
Produktion immens. Mit<br />
unserer Plattform können Bestellungen<br />
einfach und in gleichbleibender Qualität<br />
wiederbestellt werden. Letztlich kann<br />
3D-Druck auch als Back-up-Lösung für<br />
kritische Teile genutzt werden, die im<br />
Falle von Lieferkettenstörungen einfach<br />
reproduziert werden können.<br />
Welche Dienstleistungen sind bei einem<br />
Auftrag möglich?<br />
Je nach den individuellen Bedürfnissen<br />
unserer Kunden bieten wir eine breite<br />
Palette von Dienstleistungen an. Einige<br />
Kunden haben bereits druckfertige Dateien<br />
und benötigen nur Druckdienstleistungen.<br />
Andere brauchen Unterstützung bei<br />
der Identifizierung von 3D-druckbaren<br />
Teilen, bei der Auswahl von Materialien<br />
und Technologien oder gar beim Design<br />
sowie Reverse Engineering. Unser Ziel ist<br />
es, unsere Kunden bei jedem Schritt ihrer<br />
3D-Druck-Reise zu unterstützen.<br />
Gefertigt wird dezentral und kundennah,<br />
das heißt die Herstellung wird von<br />
Partnern übernommen. Wie viele Produktionspartner<br />
gibt es und wo überall<br />
in der Welt sitzen diese?<br />
Wir haben aktuell mehr als 85 Produk -<br />
tionspartner auf allen sechs Kontinenten<br />
der Welt, in Druckern übersetzt sind das<br />
mehr als 2500. Unser Fokus liegt aktuell<br />
insbesondere auf Europa, hier haben wir<br />
in nahezu jedem Land Produktionspartner.<br />
Wie wird die Qualitätssicherung bei einer<br />
solchen dezentralen Fertigung gewährleistet?<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 49
TECHNIK » Interview<br />
Zur Qualitätssicherung haben wir unter<br />
anderem das Qualitätsmodul RSure in<br />
unsere Plattform integriert. Produktionspartner<br />
füllen nach der Fertigung eine<br />
vom Kunden zuvor definierte Qualitäts-<br />
„Checkliste“ digital aus, die zentral mit<br />
den dazugehörigen Produktionsparametern<br />
auf der Plattform gespeichert wird.<br />
Zudem können wir Produkte mittels einer<br />
Art QR-Code „markieren“, sodass der<br />
Nutzer mittels einfachem Scan per<br />
Smartphone am Teil alle relevanten teilespezifischen<br />
Informationen erhält.<br />
Wie sicher ist ihre Produktionsplattform?<br />
Wie können Sie den Schutz des<br />
geistigen Eigentums Ihrer Auftraggeber<br />
zuverlässig gewährleisten?<br />
Durch Verschlüsselung unserer Plattform<br />
können wir die nötige Sicherheit im industriellen<br />
Umfeld gewährleisten. Dabei<br />
können wir auch die Druckaufträge selbst<br />
verschlüsseln. Das bedeutet, dass unser<br />
Druckpartner über die Plattform einen<br />
vorqualifizierten Druckauftrag erhält, den<br />
er nicht ändern kann. Er kann lediglich das<br />
passende Material im richtigen Drucker<br />
einlegen. Das setzt sowohl die Menge als<br />
auch Qualität der Druckparameter fest.<br />
Welche additiven Fertigungstechno -<br />
logien sind über Ihre Produktionspartner<br />
realisierbar?<br />
Dank unserer Produktionspartner können<br />
wir auf alle gängigen additiven Fertigungstechnologien<br />
zurückgreifen, also<br />
von Polymerdruck wie FDM, SLS, SLA und<br />
MJF zu Metalldruck wie SLM, um nur<br />
einige Technologien zu nennen.<br />
Welche Materialien sind möglich und<br />
welche Unterstützung gibt es bei der<br />
Auswahl?<br />
Wir bieten eine sehr breite Materialpalette<br />
von Polymeren, Metall und Keramik.<br />
Dazu zählen auch Hochleistungspolymere<br />
und zertifizierte Materialien. Wir unterstützen<br />
Kunden dabei, traditionelle Materialien<br />
in 3D-Druck-Materialien zu übersetzen<br />
und das richtige Material für jeden<br />
Anwendungsfall zu finden. Dafür launchen<br />
wir zum Start der Formnext eine offene<br />
Materialdatenbank, mit der Anwender<br />
unkompliziert das optimale Material<br />
anhand unterschiedlicher Filteroptionen<br />
finden können. Unsere Kooperation mit<br />
vielfältigen Materialpartnern ermöglicht<br />
es, Materialexpertise und -innovation<br />
direkt an unsere Kunden weiterzutragen<br />
und bei der Entwicklung anwenderindi -<br />
vidueller Materialien zu unterstützen.<br />
Ihre Plattform ermöglicht es den Kunden,<br />
Teile bedarfsgerecht zu bestellen.<br />
Lässt sich der Prozess in andere Bestellkanäle<br />
integrieren?<br />
Viele Unternehmen haben bereits eigene<br />
Bestellkanäle für Mitarbeiter und Kunden,<br />
wie Webshops oder ERP-Systeme. Um den<br />
Mehraufwand gering zu halten, können<br />
wir diese an unsere Plattform anbinden.<br />
Wie das funktioniert, zeigt unsere Zusammenarbeit<br />
mit Miele. Endkunden können<br />
über den Miele-Webshop einfach das<br />
3D-gedruckte Zubehörteil bestellen. Die<br />
Bestellung wird im Hintergrund automatisiert<br />
über unsere Plattform abgewickelt<br />
und das Teil von unserem 3D-Druckpartner<br />
direkt an den Endkunden versendet.<br />
Wie kann die Replique-Plattform zu<br />
mehr Nachhaltigkeit, Robustheit und<br />
Effizienz beitragen?<br />
Ein anschauliches Beispiel für unsere<br />
Nachhaltigkeitsinitiative ist unsere Partnerschaft<br />
mit dem Gartenmöbellieferanten<br />
Siena Garden. In dieser Zusammen -<br />
arbeit fertigen wir sogenannte „Ewige<br />
Ersatzteile“, darunter beispielsweise Fußkappen<br />
für Gartenstühle.<br />
Durch diese Initiative ermöglichen wir Reparaturen<br />
von Produkten, für die zuvor keine<br />
Ersatzteile verfügbar waren. Obwohl die<br />
Ersatzteile zwar auf den ersten Blick relativ<br />
teuer erscheinen, ist das Konzept beim genaueren<br />
Hinschauen nicht nur nachhaltiger,<br />
sondern auch günstiger durch die Chance,<br />
die Gartenmöbel länger nutzen zu können.<br />
Gleichzeitig reduzieren wir physische Lagerbestände,<br />
minimieren Transportwege und<br />
ermöglichen es Unternehmen durch On-demand-Produktion<br />
über eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Produktionspartner weltweit,<br />
flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Ein<br />
perfekter Mix aus Effizienz und Resilienz.<br />
Bild: Replique<br />
Die Pokale für die World Car Awards 2023 wurden über Replique 3D-gedruckt und vom<br />
Automobildesigner Ian Callum entworfen.<br />
Welcher war der außergewöhnlichste<br />
Auftrag?<br />
Einer der außergewöhnlichsten Aufträge<br />
war die Herstellung von 3D-gedruckten<br />
Pokalen für die World Car Awards 2023 in<br />
Zusammenarbeit mit dem Designstudio<br />
Callum. Das sind nicht gerade Standardteile<br />
im industriellen Bereich. Das Projekt<br />
verdeutlicht jedoch das Potenzial von<br />
3D-Druck bezüglich Designfreiheit,<br />
schnellem Time-to-Market und bedarfsgerechter<br />
Produktion in kleinen Serien.<br />
Wir haben uns sehr über die positive Resonanz<br />
aus der Automobilindustrie gefreut.<br />
50 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
ANZEIGE<br />
Foto: MKS | Ophir<br />
Ophir Messtechnik für jede AM-Anwendung: Qualität in jeder Schicht<br />
Messtechnik für nachhaltigere Fertigung<br />
Das pulverbettbasierte selektive Laserschmelzen ermöglicht es, filigrane und beliebig<br />
komplexe Strukturen zu schaffen. Ressourcenschonend wird dabei nur das tatsächlich<br />
benötigte Material aufgeschmolzen und verarbeitet. Allerdings: Die Vorteile in Hinblick<br />
auf die Nachhaltigkeit zahlen sich nur bei konstanter Fertigungsqualität aus.<br />
Ausschuss vermeiden<br />
Sobald die Maschinen Ausschuss produzieren, leidet<br />
die Ökobilanz signifikant. Entscheidend sind sowohl<br />
die Qualität der verwendeten Materialien als<br />
auch des bzw. der fokussierten Laserstrahlen. Lange<br />
wurden die Laserparameter beim selektiven Laserschmelzen<br />
nur in der Konstruktionsphase gemessen.<br />
Hier findet aktuell ein Umdenken statt. Mit der zunehmenden<br />
Industrialisierung der Technologie werden<br />
Qualitätsprüfung und Wiederholbarkeit in der Anwendung<br />
immer wichtiger.<br />
Messtechnik speziell für AM-Systeme<br />
Mit dem Ophir BeamWatch AM entwickelte MKS<br />
ein System zur Messung von Lasern speziell für die<br />
Additive Fertigung, das auf einer berührungslosen<br />
Messung des Laserstrahls basiert. Jetzt erweiterte<br />
MKS sein Portfolio um zwei weitere AM-Messgeräte:<br />
Das Ophir Ariel Leistungsmessgerät ist äußerst kompakt<br />
– es passt auf eine Hand – und arbeitet völlig autark.<br />
Die Stromversorgung übernimmt ein integrierter<br />
Akku, die Datenübertragung erfolgt mittels Bluetooth.<br />
Mit einer eigenen App lässt sich das Messgerät<br />
bequem per Handy bedienen. Es eignet sich zudem<br />
für grüne und blaue Laser.<br />
Das Ophir BeamPeek Analysegerät erfasst sowohl<br />
Leistung als auch Strahlprofil. Dank eines eigens entwickelten<br />
Kühlsystems mit auswechselbaren Einschüben<br />
lassen sich Leistung und Strahlprofil des Lasers<br />
schnell und ohne Abkühlzeiten zwischen aufeinanderfolgende<br />
Messungen ermitteln.<br />
Die additive Fertigung bietet beste Voraussetzungen,<br />
um nachhaltig zu fertigen. Gelingt es, die Atmosphäre<br />
in der Baukammer, die Qualität des verwendeten<br />
Pulvers und den Laserstrahl optimal abzustimmen,<br />
wird Ausschuss vermieden, die Energieeffizienz<br />
steigt und der Materialverbrauch sinkt.<br />
KONTAKT<br />
Ophir Spiricon Europe GmbH<br />
MKS Instruments<br />
Guerickeweg 7<br />
D-64291 Darmstadt<br />
Telefon: +49 6151 708–0<br />
E-Mail: Info-Ophir-EU@mksinst.com<br />
www.ophiropt.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 51
» TECHNIK<br />
Wie digitale Assistenzsysteme die Produktentwicklung beschleunigen<br />
Auf Knopfdruck:<br />
Neue Produktvarianten erstellen<br />
Schneller bessere Produkte entwickeln: Das bieten digitale Assistenzsysteme auf Basis<br />
von algorithmischen Designs. Wie sie funktionieren und welche Vorteile sie bringen,<br />
zeigt der Use Case kleiner Wärmeüberträgerrohre (Heatpipes). Den Transfer in die<br />
Wirtschaft treibt das Aachen Center for Additive Manufacturing (ACAM) mit Experten<br />
des Lehrstuhls Digital Additive Production (DAP) der RWTH Aachen voran.<br />
» Stefan Reich, M. Sc., Technologie-Experte Design for Additive Manufacturing am ACAM und Gruppenleiter<br />
am Lehrstuhl DAP der RWTH Aachen<br />
Algorithmisches Design im Maschinenbau funktioniert<br />
so: Der Konstrukteur abstrahiert das<br />
Bauteil in Funktionen und beschreibt diese Funktionen<br />
über Algorithmen. Er hat dann keine CAD-Daten<br />
auf dem Bildschirm, sondern visualisierte Algorithmen.<br />
Die Methode ermöglicht es nun, automatisierte<br />
Designkonfiguratoren zu konzipieren. Sie dienen<br />
als digitale Assistenzsysteme und entlasten den<br />
Konstrukteur in der Produktentwicklung.<br />
Diese Dateikonfiguratoren übernehmen automa -<br />
tisiert Aufgaben beim Konzipieren, Entwerfen und<br />
Ausarbeiten. Der Konstrukteur muss nur noch<br />
Eingabedaten einspeisen (zum Beispiel verfügbarer<br />
Bauraum) und am Ende die automatisch generierten<br />
Varianten bewerten.<br />
„Auf Knopfdruck“ können unterschiedliche Produktvarianten<br />
erstellt werden. Verändert sich in einer<br />
Konstruktion eines der umliegenden Bauteile und<br />
Heterogene Dochtstruktur im Inneren einer Heatpipe,<br />
konzipiert für die additive Fertigung. Sie lässt sich auf<br />
Knopfdruck an veränderte Bedingungen anpassen.<br />
Bild: DAP<br />
52 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Bild: DAP<br />
Hier wird der<br />
Effizienz unterschied<br />
deutlich: Gegenüberstellung<br />
von konventionellem<br />
Produktentwicklungsprozess<br />
mit dem Einsatz von<br />
Designkonfigurationen<br />
(rechts), welche<br />
die Produktentwicklung<br />
beschleunigen.<br />
somit auch der vorhandene Bauraum, wird mit Eingabe<br />
des veränderten Bauraums eine neue Variante erzeugt.<br />
Ähnlich verhält es sich, wenn der Konstrukteur zum<br />
Beispiel ein Bauteil mit höherer Steifigkeit benötigt.<br />
Durch das Generieren von Lösungsvarianten über<br />
die Methode des algorithmischen Designs kann ein<br />
erheblicher Zeitvorteil entstehen, da händische und<br />
zeitaufwändige Anpassungen der Konstruktion vermieden<br />
werden. Im Zusammenspiel mit der additiven<br />
Fertigung lassen sich darüber hinaus Synergieeffekte<br />
nutzen: geringe Stückkosten bei kleinen Losgrößen<br />
und größere Designfreiheiten.<br />
Sinnvolle Anwendungsbeispiele finden sich dort,<br />
wo hohe Variantenvielfalt gegeben ist. Sie lassen<br />
sich in fast allen Sparten identifizieren: Bei hydrau -<br />
lischen Verbindungselementen, bei Halterungen und<br />
Formwerkzeugen ebenso wie bei medizinischen<br />
Implantaten, Gasbrennern oder Wärmeübertragern<br />
– hier unser Anschauungsbeispiel.<br />
Mit steigender Leistung und Packungsdichte elektronischer<br />
Bauteile nimmt auch die Abwärme zu, die<br />
auf engem Raum erzeugt wird. Dies führt zu höheren<br />
Wärmestromdichten und Ausfallrisiken. Heute<br />
werden bis zu 55 % der Ausfälle von Elektronikbauteilen<br />
auf überhöhte Temperaturen zurückgeführt.<br />
Dies führt zu steigenden Anforderungen an Wärmemanagementkomponenten,<br />
wie der Heatpipe. Kaum<br />
bekannt, wird sie in nahezu allen Smart Devices (zum<br />
Beispiel Laptops und Smartphones) zur Kühlung eingesetzt<br />
und begleitet uns jeden Tag.<br />
Heatpipes gibt es in verschiedenen Ausführungen,<br />
jedoch ist das grundlegende Funktionsprinzip bei<br />
allen Formen gleich: In einem geschlossenen System<br />
wird Wärme in einem flüssigen Arbeitsmedium<br />
aufgenommen, im nunmehr gasförmigen Zustand<br />
transportiert und in einem Kondensator wieder abgegeben.<br />
Das Arbeitsmedium wird dann in der Regel in<br />
einer Dochtstruktur durch Kapillarkräfte in den<br />
Verdampfer zurückgeführt.<br />
Über die Verdampfung können die Heatpipes eine<br />
große Wärmemenge aufnehmen und transportieren.<br />
Die Wärmeleitfähigkeit ist daher um mehrere<br />
Größenordnungen höher als bei Vollmaterial gleicher<br />
Abmessungen (wie Kupfer).<br />
Die Herstellung der porösen Dochtstruktur im<br />
Inneren der Heatpipe ist in der Regel komplex und<br />
erfolgt durch Aufwickeln von Metallgewebe oder<br />
durch Sintern. Konventionell werden die Dochtstruktur<br />
und die äußere Hülle dann zusammengefügt und<br />
in Form gebogen, wobei die Gefahr besteht, dass der<br />
Docht beschädigt und folglich die Leistung der Heatpipe<br />
verringert wird.<br />
Abhilfe schafft hier die additive Fertigung: Der<br />
Außenmantel und die poröse Dochtstruktur können<br />
direkt in der gewünschten Form hergestellt werden.<br />
Außerdem lässt sich die Dochtstruktur heterogen<br />
(mit örtlich angepassten Eigenschaften) fertigen,<br />
was die Leistung deutlich erhöhen kann.<br />
Anpassen per Knopfdruck<br />
Mit automatisierten Designkonfiguratoren lässt sich<br />
die Heatpipe später auf Knopfdruck an geänderte<br />
Einbaubedingungen und Leistungsklassen anpassen,<br />
zum Beispiel für die nächste Produktgeneration. Und<br />
additiv kann die neu gestaltete Komponente werkzeuglos<br />
und schnell gefertigt werden.<br />
Die Aachener Institute wollen diese Technologie<br />
der Industrie zugänglich machen. Das ACAM unterstützt<br />
Unternehmen zusammen mit den Techno -<br />
logieexperten des DAP mit anwendungsorientierten<br />
Lösungen auf Basis der aktuellen Forschung. Das<br />
geschieht ganz nach Bedarf und auf Anfrage.<br />
anfrage@acam-aachen.de<br />
Mehr Infos: acam.rwth-campus.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 53
TOPSTORY » Vernetzte Blechfertigung<br />
Bild: Bystronic<br />
Digital vernetzte Fertigung in der Blechindustrie<br />
ist mehr als nur der Einsatz neuer digitaler<br />
Elemente, Sensoren und Software. Es erfordert<br />
ein neues Denken in der Fertigungs-IT.<br />
Worauf Blechteilefertiger beim Einstieg ins Industrial Internet of Things achten sollten<br />
Digital vernetzen<br />
im Bestand<br />
Eine Neugründung auf der grünen Wiese lässt sich leicht mit digital vernetzter<br />
Blechfertigung aufbauen. In der Praxis sind es aber Unternehmen mit gewachsenen<br />
Produktionsumgebungen aus alten und neuen Maschinen und unterschied licher<br />
Software, die sich auf den Weg in die Welt von Industrie 4.0 machen sollen.<br />
Dabei müssen sie einige Hürden überwinden.<br />
» Volker Albrecht, Fachjournalist in Bamberg<br />
54 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Die Vision der Smart Factory, wie sie in Industrie<br />
4.0 entwickelt wurde, wird auch in naher Zukunft<br />
bei den meisten Blechbearbeitern nicht umgesetzt<br />
sein. Von der komplett vernetzten und automatisierten<br />
Produktionsumgebung, in der alle Daten der<br />
Fertigung erfasst und in einer Plattform respektive<br />
einer angebundenen Cloud für verschiedene Auswertungen<br />
und Programme in Echtzeit bereitgestellt<br />
werden, ist man ziemlich weit entfernt. Ganz zu<br />
schweigen von digitalen Vernetzungen mit Kunden<br />
und Lieferanten über das Internet of Things.<br />
Aber in der Branche bewegt sich etwas. Die Vorteile<br />
und Chancen der digitalen Vernetzung werden von<br />
vielen Unternehmen erkannt. Die Maschinenhersteller<br />
präsentieren erste bei Kunden umgesetzte „Smart<br />
Factorys“ oder innovative Anwendungen digital vernetzter<br />
Fertigungszellen.<br />
So anschaulich und verlockend sich die Visionen<br />
der Industrie 4.0 lesen, es ist bei weitem noch nicht<br />
ausgemacht, wie der Weg dorthin aussieht. Die Anbieter<br />
verfolgen durchaus unterschiedliche Wege auf<br />
dem Weg in das Industrial Internet of Internet of<br />
Things (IIoT) – also jenem abgeschirmten Teil des Internet<br />
of Things, in dem Produktionswissen hinterlegt<br />
ist und optimiert wird.<br />
Die Prinzipien des IIoT und seine Ziele sind festgelegt,<br />
die konkrete Ausgestaltung der IT-Architektur<br />
dahinter ist es nicht. Hier prägen ganz unterschied -<br />
liche Ansätze und Entwicklungsrichtungen die Angebote.<br />
Dabei geht es auch um die Frage, wie vorhandene<br />
betriebliche Software wie ERP-, ME-Systeme<br />
oder Scada eingebunden wird und wie zugehörige<br />
Plattformen ausgestaltet sind. Insgesamt sind der<br />
Markt selbst sowie die technischen Systementwicklung<br />
eher unübersichtlich, was gerade kleinen und<br />
mittelständischen Blech bearbeitern hinsichtlich der<br />
Evaluation geeigneter Lösungen größere Anstrengungen<br />
abverlangen wird. Eine externe fachliche Unterstützung<br />
dürfte ange raten sein.<br />
Auflösen der Automatisierungspyramide<br />
Viele Unternehmen in der Branche sind mehr oder<br />
weniger automatisiert und technisch gut aufgestellt.<br />
In ihren Hallen findet sich oft ein Maschinenmix<br />
unterschiedlicher Hersteller und Baujahre; ähnlich<br />
vielfältig ist auch die eingesetzte Software. Neben<br />
Softwarepaketen der Maschinenhersteller werden<br />
Programme maschinenunabhängiger Softwarehäuser<br />
und für die Verwaltung der Geschäftsprozesse<br />
betriebliche Software wieder anderer Hersteller<br />
genutzt. Das Spektrum in den Betrieben reicht von<br />
der einfachen Grundausstattung mit CAD/CAM-<br />
System samt Nesting-Tool und einfacher Auftragsverwaltung<br />
samt Maschinenbelegungsplanung bis<br />
zur High-End-Ausstattung mit Webshop samt automatischer<br />
Machbarkeitsprüfung, CAD/CAM-Assistenten<br />
bis Auftragsverwaltung und Fertigungssteuerung.<br />
BDE-Systeme ermöglichen die Maschinenüber -<br />
wachung.<br />
Insofern orientiert sich die IT- und Automati -<br />
sierungsarchitektur in vielen Unternehmen an<br />
der Automatisierungspyramide. Sie wurde in den<br />
1980er-Jahren definiert, als große Lose und lange<br />
Lieferzeiten die Produktion prägten. Die Automatisierungspyramide<br />
teilt die Produktion eines Industrieunternehmens<br />
in Hierarchieebenen für die Steuerung,<br />
Planung und Überwachung auf. Das reduziert<br />
die Komplexität und grenzt Zuständigkeiten ab. Die<br />
jeweiligen Ebenen werden durch Systeme wie ERP<br />
auf der Geschäftsprozesssteuerung, MES auf der Fertigungsplanung<br />
samt Produktionsfeinplanung, Scada<br />
Bild: Tom Oettle<br />
Es liegt nicht am Wollen<br />
Was viele Blechteilefertiger am Umsetzen eines durchgängigen<br />
Industrie 4.0-Konzepts hindert, ist nicht deren Bereitschaft,<br />
sich darauf einzulassen. Vielmehr sind die unterschiedlichen<br />
Lösungsansätze, unklaren Entwicklungsrichtungen<br />
und der unübersichtliche Markt für die überwiegend<br />
kleinen und mittleren Betriebe kaum zu durschauen.<br />
Es fehlt oft an kompetenten Fachberatern.<br />
Manch kleiner Betrieb steht<br />
vor der Frage, ob sich der Aufbau einer<br />
eigenen IT-Abteilung überhaupt<br />
rechnet. Wer einsteigen will, muss<br />
frühzeitig die personellen und finanziellen<br />
Ressourcen aufbauen.<br />
Mona Willrett,<br />
Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Die Automationspyramide<br />
bildet seit den<br />
1980er-Jahren die<br />
Grundstruktur in der<br />
Automations- und der<br />
Informationstechnik.<br />
Bild: Archiv Albrecht<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 55
TOPSTORY » Vernetzte Blechfertigung<br />
Mit dem Industrial<br />
Internet of Things löst<br />
sich die Automatisierungspyramide<br />
auf in<br />
eine Netzstruktur und<br />
eine Datenwolke.<br />
Bild: Orbis / HIR GmbH<br />
auf der Ebene der Maschinenüberwachung und SPS<br />
auf der Ebene der Maschinen- und Anlagensteuerung<br />
unterstützt. Innerhalb der jeweiligen Ebenen<br />
werden verschiedene Datenübertragungssysteme<br />
eingesetzt, die einen digitalen Datenaustausch über<br />
verschiedene Ebenen hinweg erschweren. Das Ergebnis<br />
ist die in vielen Fertigungshallen und Büros zu<br />
beobachtende Zettelwirtschaft.<br />
Kernelement IIoT-Plattform<br />
In der Pyramide nimmt von oben nach unten die verarbeitete<br />
Datenmenge sowie die Zahl der Teilnehmer<br />
am Netzwerk ab und die Bedeutung der Verarbeitungszeit<br />
zu. Erlaubt das ERP-System noch vergleichsweise<br />
lange Planungszeiten, arbeitet SPS auf<br />
Maschinenebene unter Echtzeitanforderungen.<br />
Mit der Zeit haben sich in der Praxis Überschneidungen<br />
zwischen den Softwaresystemen herausge-<br />
bildet, sodass Funktionalitäten teils mehrfach verfügbar<br />
sind.<br />
Kerngedanke des Industrial Internet of Things ist<br />
es, die Automatisierungspyramide aufzulösen und<br />
durch ein Netzwerk zu ersetzen, das alle Elemente<br />
vom Topfloor bis zum Shopfloor vernetzt und umfassenden<br />
Datenaustausch zwischen allen Elementen<br />
und Programmen ermöglicht. Von der Maschinen-<br />
SPS bis zur Produktionsplanung und Auftragsverwaltung.<br />
Einerseits werden so alle Daten erfasst, eindeutig<br />
gekennzeichnet und so vorgehalten, dass verschiedene<br />
Programme und Anwendungen dieselben<br />
Daten nutzen. Dazu werden die Zustandsdaten der<br />
Maschinen mit Sensoren und Aktoren erfasst. Ältere<br />
Maschinen lassen sich mit Sensoren und Aktoren<br />
sowie Gateways oder Edge-Devices nachrüsten, die<br />
in den Sensoren ermittelten Zustände datentechnisch<br />
aufbereiten und weiterleiten. Der Einsatz<br />
Alle Elemente der<br />
Smarten Fabrik sind<br />
Elemente des IIoT und<br />
haben ihre eindeutigen<br />
Datenentsprechung.<br />
Bild: Fraunhofer IPK<br />
56 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
von Edge-Computern erlaubt es, Datenauswertungen<br />
direkt im Gerät vorzunehmen, bevor eventuell auf -<br />
bereitete Daten in der Cloud gespeichert werden.<br />
Jüngere Maschinen sind dazu Industrie-4.0-ready<br />
und übermitteln die Daten in einem einheitlichen<br />
maschinenlesbaren OPC-UA-Schnittstellen-Standard.<br />
Andersherum wird damit auch eine Steuerung<br />
der moderneren Maschinen möglich.<br />
Der Markt für IoT-Plattformen<br />
Das setzt eine stabile IT-Infrastruktur voraus und den<br />
Einsatz von Internet-Plattformtechnologien. Eine<br />
IIoT-Plattform sorgt für die Konnektivität unter den<br />
vernetzten Geräten, Programmen und Speichermedien.<br />
Hierbei gehen im Markt die Definitionen mittlerweile<br />
auseinander. Abweichend von den Urge -<br />
danken einer kompletten Auflösung der Automatisierungspyramide<br />
durch IIoT-Plattformen, beschränken<br />
einige Anbieter die Funktion der IIoT-Plattform auf<br />
Verknüpfungen auf dem Shopfloor. ERP- und ME-<br />
Systeme sowie weitere Anwendungen werden als<br />
Komplettsysteme eingebunden. Das Speichern der<br />
Bild: PSI Automotive & Industry GmbH<br />
Daten erfolgt in der Cloud oder vor Ort. Im Markt<br />
werden rund 450 IoT-Plattformen angeboten. Alle<br />
erlauben zwar, digitalisierte Maschinen und Geräte<br />
zu vernetzen, zentral zu verwalten und zu bedienen,<br />
aber im Detail sind die Leistungsangebote sehr unterschiedlich.<br />
Das zeigt eine Untersuchung der 21<br />
bekanntesten IIot-Plattformen durch das BMWK-<br />
Förderprojekt IIP-Ecosphere.<br />
Die komplette Fertigung<br />
wird als digitaler<br />
Zwilling im Industrial-<br />
Internet-of-Things<br />
abgebildet. Zusammen<br />
bilden Daten und reale<br />
Entsprechung ein Cyber-Physisches<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 57
TOPSTORY » Vernetzte Blechfertigung<br />
Praktische Anwendung: Sorting Guide von Trumpf. Dem Bediener kann am<br />
Bildschirm angezeigt werden, welche Teile zu welchem Auftrag gehören.<br />
Bild: Trumpf<br />
Eine vernetzte Fertigung erlaubt schnelle Reaktionen auf Änderungen in der<br />
Produktionsplanung – automatisch.<br />
So lassen sich die meisten Plattformen mit<br />
einem breiten Spektrum von Protokollen und<br />
Datenstandards in vielfältige Betriebsumgebungen<br />
integrieren, aber schon hinsichtlich der Datenverwertung<br />
in Echtzeit gibt es deutliche Unterschiede.<br />
Ein Großteil der Plattformen nutzt Cloud-Technologien.<br />
Allerdings ist nur bei einem kleinen Teil die<br />
Cloud-Nutzung optional, was Vor-Ort-Auswertungen<br />
bei kritischen Anwendungen erschwert. Hinsichtlich<br />
des Einbindens von KI-Anwendungen geben sich die<br />
Plattformen unklar oder vage in ihren Aussagen,<br />
heißt es. Und nicht alle Plattformen ermöglichen das<br />
Einbinden von Edge-Geräten. Es hängt von der Plattform<br />
ab, wie die Datenspeicherung und Datenverarbeitung<br />
auf den Edge-Geräten oder der Steuerung<br />
der Maschinen und Geräte unterstützt wird.<br />
Ganz unterschiedlich handhaben die Plattformen<br />
die Ausführung kundenspezifischer Anwendungen,<br />
die Offenheit für Ergänzungen oder die Zusammenarbeit<br />
mit anderen Plattformen. Selbst der Einsatz<br />
von digitalen Zwillingen ist nicht überall unterstützt.<br />
Und nicht alle Anbieter unterstützen neuere Datenstandards<br />
und Protokollfamilien wie Open Plattform<br />
Communications Unified Architecture (OPC-UA),<br />
Universal Machine Technology Interface (Umati) oder<br />
Industrie 4.0-Verwaltungsschalen.<br />
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass hinsichtlich<br />
der IT-Architektur des Industrial Internet of Things<br />
derzeit die IIot-Plattform überwiegt, es gibt aber<br />
auch Stimmen, die moderne MES-Systeme mit IIOT-<br />
Funktionalitäten als Alternative sehen.<br />
Unternehmen interessant. Sie lassen sich schnell und<br />
ohne hohe Investitionskosten implementieren, sie erfordern<br />
vom Anwender keinen Aufwand für Pflege<br />
und Wartung und erlauben das problemlose Einbinden<br />
externer Niederlassungen. Für sensitive Bereiche<br />
oder dort, wo schnelle Auswertungen erforderlich<br />
sind, können Hybrid-Lösungen aus Cloud- und<br />
On-Premises-Speicherung umgesetzt werden. Ein<br />
weiterer Vorteil ist die Nutzung von XaaS-Angeboten<br />
wie Software-as-a-Service über die Cloud. So bieten<br />
Industrie-Cloud-Plattformen wie Microsoft Azure<br />
beispielsweise den einfachen Einstieg in die KI-<br />
Nutzung. Das könne sich schon bei zehn bis 15<br />
Maschinen lohnen, heißt es bei Microsoft.<br />
Firmenübergreifende Vernetzung<br />
Immer wieder diskutiert wird, inwiefern eine vorkonfigurierte<br />
oder eine individuell zugeschnittene IIoT-<br />
Plattform günstiger ist. Für Blechbearbeiter gibt es<br />
eine ganze Reihe von Anbietern, angefangen bei den<br />
Maschinenherstellern bis hin zu den Anbietern freier<br />
Software-Systeme, die speziell auf Belange der<br />
Cloud oder On-Premises<br />
Die in den Anfangszeiten von Industrie 4.0 häufigen<br />
Bedenken gegen die Datenspeicherung in der Cloud<br />
scheinen in den Hintergrund gerückt. Cloudbasierte<br />
IIoT-Lösungen sind im Kommen. Sie sind skalierbar<br />
und insbesondere für kleine und mittelständische<br />
An der Maschine stehen dem Mitarbeiter alle Daten rund um<br />
Maschine und Auftrag zur Verfügung.<br />
Bild: Albrecht<br />
58 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Hersteller für CNC-Drehteile<br />
Bild: Albrecht<br />
Mit IIoT-Plattformen wird es möglich, künstliche Intelligenz in<br />
die Blechfertigung einzubinden.<br />
Bild: Albrecht unterstützt von DALL E3<br />
Blechbearbeitung zugeschnittene Softwarelösungen<br />
bereithalten und auch bereits installiert haben.<br />
Anwender wie Leegte Metaal in Hapert (NL), die mit<br />
Bystronic eine Smart Factory aufbauen, oder GS Metaal<br />
begrüßen es, dass es die Softwarelösungen mittlerweile<br />
erlauben, auch Fremdfabrikate einzubinden.<br />
Allgemein lernen die Anwender die neue Transparenz<br />
in der Fertigung zu schätzen. Sei es durch einfacheres<br />
Überwachen der Maschinen, was Fehlproduktionen<br />
vermeiden hilft, oder durch das Nutzen von eindeutigen<br />
Kennzahlen im Shopfloor-Management.<br />
Und teilweise erleichtern sich auch Arbeitsvorgänge<br />
so ganz nebenbei, wenn wie bei GS Metaal in Vriezenveen<br />
der Bediener an der Maschine zu seinem<br />
aktuellen Auftrag nur die eine richtige Zeichnung auf<br />
seinem Tablet sieht und Verwechslungen ausgeschlossen<br />
sind.<br />
Folgt man den Berichten von Anwendern, dann sehen<br />
sich Unternehmen, die den ersten Schritt in eine<br />
digital vernetzte Fertigung gewagt haben, auf einem<br />
längeren Weg hin zur „Smart Factory“. Digitale Vernetzung<br />
sei kein Projekt, das in einem definierten<br />
Zeitraum abgeschlossen wird. Es entwickle sich immer<br />
weiter, heißt es.<br />
Dass Industrie 4.0 nicht an den Firmengrenzen<br />
haltmachen wird, zeichnet sich schon jetzt bei den<br />
Blechbearbeitern ab, die ihre Kunden über das Internet<br />
ansprechen. Die Zahl der Webshops für Schneidund<br />
Biegeteile im Internet ist deutlich gewachsen.<br />
Die ersten Erfahrungen eines neuen Anbieters mit<br />
dem Einkäufer eines größeren Kunden deuten an,<br />
woran es oft mangelt – an der Möglichkeit, die selben<br />
Daten in verschiedenen Systemen zu nutzen. Bevor<br />
der Einkäufer die Daten zweimal eintrage, nämlich<br />
in seinem ERP-System und über den Webshop im<br />
ERP des Anbieters, schicke er schneller eine Mail mit<br />
Zeichnungs-PDF. Der firmenübergreifende Datenaustausch<br />
ist aber eine der nächsten Baustellen.<br />
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FIT FOR FUTURE WITH BEHRINGER <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 59<br />
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» TECHNIK<br />
Forschungsprojekt will CO 2 -Last von Blechteilen ermitteln und deren Fußabdruck minimieren<br />
Plattform macht ökologischen<br />
Wert von Blechteilen transparent<br />
Im Forschungsprojekt de:karb will Trumpf gemeinsam mit Thyssenkrupp und anderen Partnern<br />
eine Onlineplattform entwickeln, über die sich die CO 2 -Last von Blechteilen gezielt ermitteln<br />
und deren Fußabdruck minimieren lässt. Die Ergebnisse sollen gerade mittelständischen<br />
Blechteilefertigern helfen, künftige Regularien zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
» Mona Willrett, Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Bild: Trumpf<br />
Trumpf entwickelt Verfahren,<br />
um möglichst<br />
viele Bauteile aus einer<br />
Blechtafel herauszuschneiden.<br />
Das spart<br />
Material und senkt den<br />
ökologischen Fußabdruck<br />
der Fertigung.<br />
Wer ein Blechteil in der Hand halte, habe in den<br />
seltensten Fällen eine konkrete Vorstellung,<br />
wie viel CO 2 an diesem Teil hängt, sagt Dr. Jens Ottnad.<br />
„Deshalb gehört es zur Basisarbeit des Projekts<br />
de:karb, hier Transparenz zu schaffen.“ Zu wissen,<br />
welche Maßnahmen welche Effekte zur Folge haben,<br />
ist laut Ottnad die Grundvoraussetzung, um Fertigungsprozesse<br />
optimieren zu können. Der Konsortialführer<br />
des Projekts und Spezialist für vernetzte Fertigungsprozesse<br />
bei Trumpf vergleicht: „Wenn wir unseren<br />
Gasverbrauch beim Heizen reduzieren wollen,<br />
bringt es uns nicht weiter, einmal im Jahr auf die Abrechnung<br />
zu schauen.“ Erst wenn jede wichtige Veränderung<br />
dokumentiert und ausgewertet werden<br />
könne, sei zu erkennen, welches Verhalten wann und<br />
an welcher Stelle zu Verbrauchsspitzen geführt oder<br />
den Verbrauch am effektivsten reduziert habe. Transparenz<br />
sei zudem die Basis, um das Umsetzen von<br />
Regularien zu vereinfachen, Nachweise zu erstellen,<br />
Zertifikate auszugeben und Anreize zu schaffen, sich<br />
zu verbessern. Außerdem ist sie auch die Grundlage<br />
für den Einstieg in eine Kreislaufwirtschaft.<br />
Über die Transparenz hinaus nennt Ottnad zwei<br />
wichtige Aspekte, die die Projektpartner mit ihrer<br />
Arbeit erreichen wollen: Im ersten Schritt geht es darum,<br />
den CO 2 -Fußabdruck eines Blechteils möglichst<br />
präzise ausweisen zu können. Das dadurch gewonnene<br />
Know-how soll dann im zweiten Schritt helfen,<br />
den Fußabdruck zu minimieren.<br />
„Wenn wir unsere Produkte und Technologien so<br />
verbessern, dass unsere Kunden damit ihre Prozesse,<br />
und letztlich ihre Produkte, umwelt- und klimafreundlicher<br />
gestalten können, dann entsteht ein extrem<br />
wirkungsvoller Hebel“, unterstreicht Ottnad.<br />
Außerdem sollen die Ergebnisse des Projekts die<br />
überwiegend mittelständisch geprägten Kunden dabei<br />
unterstützen, all die Vorschriften und Regularien<br />
zu erfüllen, die in absehbarer Zeit auf sie zukommen.<br />
Alleine werden das die wenigsten schaffen. Das zeigen<br />
auch entsprechende Hilferufe aus der Branche,<br />
die bereits eingegangen sind.<br />
Anforderungen steigen dynamisch<br />
„Da Nachhaltigkeit für uns bei Trumpf schon lange<br />
ein wichtiges Thema ist, war es logisch, dass wir uns<br />
darum kümmern“, betont Ottnad. Von Anfang an sei<br />
jedoch klar gewesen, dass ein Unternehmen allein<br />
ein solches Projekt nicht stemmen kann. „Als Maschinenbauer<br />
sind wir beispielsweise auf die Daten<br />
des Materialherstellers angewiesen. Deshalb haben<br />
wir uns bereits ein Jahr bevor es die Ausschreibung<br />
des BMWK gab, mit Thyssenkrupp über Anknüpfungspunkte<br />
ausgetauscht – schließlich beliefern wir<br />
in vielen Fällen die gleichen Kunden.“ Beide Unternehmen<br />
begannen mit der Grundlagenarbeit, sprachen<br />
dabei auch mit Kunden über deren Bedürfnisse.<br />
Dabei zeigte sich, dass das Thema eine deutlich höhere<br />
Dynamik entwickelt als bislang angenommen.<br />
„Wenn uns ein Unternehmen sagt, 2025 dürfe es seinen<br />
Kunden nichts mehr verkaufen, wenn es kein<br />
60 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Bild: Trumpf<br />
Ziel des Projekts de:karb<br />
ist es, den CO 2 -Abdruck<br />
eines Bauteils über die<br />
gesamte Wertschöpfungskette<br />
hinweg<br />
transparent zu machen.<br />
Zertifikat habe, dann verschiebt das die Prioritäten –<br />
auch jenseits eines Forschungsprojekts.“ Der ökologische<br />
Fußabdruck einer Fertigung oder eines Produkts<br />
entwickelt sich also immer mehr zum Wettbewerbskriterium.<br />
Als der Forschungsaufruf vom Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)<br />
kam, passte das sehr gut. Trumpf und Thyssenkrupp<br />
beschlossen, das Projekt gezielt anzugehen und mit<br />
dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und<br />
Automatisierung (IPA), den Unternehmensberatungen<br />
AEC und SES-Ingenieure, der dualen Hochschule<br />
Baden-Württemberg, dem KI-Start-up Nash und<br />
dem Blechfertiger H.P. Kaysser weitere Partner mit<br />
ins Boot zu holen. Das vom BMWK mit 8,3 Mio. Euro<br />
geförderte Projekt startete im Mai 2023.<br />
Daten helfen, Maßnahmen zu bewerten<br />
Den Aufwand fürs Erfassen der Daten schätzt Ottnad<br />
im Rahmen des Projekts etwa doppelt so groß ein,<br />
wie jenen für die Optimierungsmaßnahmen. Hauptgrund<br />
dafür seien die Brüche in den Informationsketten.<br />
Damit die Module der Projektpartner mit -<br />
einander kommunizieren können, müssen Schnittstellen<br />
geschaffen werden. Dabei kommen Stichworte<br />
wie OPC UA oder Umati ins Spiel.<br />
Lassen sich Maschinen- und Produktionsdaten<br />
über die gesamte Lieferkette hinweg gezielt festhalten<br />
und auswerten, können die Projektpartner Maßnahmen<br />
für mehr Nachhaltigkeit bewerten. Dazu gehört<br />
beispielsweise die konkrete CO 2 -Ersparnis, wenn<br />
Anwender aus einer bestimmten Menge Metall zusätzliche<br />
Bauteile gewinnen oder unnötige Materialtransporte<br />
vermeiden. Unterm Strich soll die Onlineplattform<br />
zeigen, mit welchen Maßnahmen ein<br />
Blechteilefertiger bei einem bestimmten Produktionsschritt<br />
die größten CO 2 -Einspareffekte erzielt.<br />
Eine Besonderheit des Projekts de:karb ist, dass die<br />
CO 2 -Emissionen durch Optimierungsmaßnahmen<br />
entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert<br />
werden sollen, sagt Marco Huber, der am Fraunhofer<br />
IPA das Projekt verantwortet. Dabei spielten<br />
auch künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Die CO 2 -Last eines Blechteils soll ab der ersten Minute<br />
der Rohmaterialgewinnung einfließen. Die Idee<br />
ist, dass beispielsweise eine Bearbeitungsmaschine<br />
auf der Plattform nachfragen kann, wie viel CO 2 bereits<br />
in einer Blechtafel steckt, dann selbst errechnet<br />
wie viele Gutteile aus der Tafel entstehen, wie groß<br />
der Schrottanteil ist, der umgelegt werden muss und<br />
wie viel Energie fürs Bearbeiten des Teils benötigt<br />
wird und schließlich den Rucksackinhalt wieder an<br />
die Plattform meldet. In gleicher Weise könnten dann<br />
noch weitere CO 2 -Lasten ergänzt werden, die zum<br />
Beispiel beim Transport, bei der Weiterverarbeitung<br />
oder bei der Montage entstehen. Die nachfolgende<br />
Nutzungsphase des Blechteils steht dagegen nicht<br />
im Fokus dieses Projekts. „Aber wenn das Teil beispielsweise<br />
in einen Backofen eingebaut wird, dann<br />
kann der Ofenhersteller den Rucksack des Blechteils<br />
in sein Produkt einrechnen“, sagt Ottnad.<br />
Der Experte für vernetzte Fertigungsprozesse ist<br />
überzeugt, dass selbst aktuelle Technologien noch<br />
signifikante Fortschritte ermöglichen. Das liege unter<br />
anderem daran, dass sich manche Technologie noch<br />
nicht in der vollen Breite am Markt durchgesetzt habe.<br />
Ein Beispiel dafür seien die Algorithmen in der<br />
Trumpf-Software Trutops Boost fürs Schachteln der<br />
Teile auf der Blechtafel. „Diese Algorithmen arbeiten<br />
sehr gut. Allerdings hat das Thema Software nicht bei<br />
allen Kunden den Stellenwert, den es haben sollte.“<br />
Ein anderes Beispiel seien intelligente Funktionen wie<br />
etwa Smart Collision Prevention, das durch clevere<br />
Strategien Kollisionen im Arbeitsraum der Maschine<br />
verhindert. Manche Kunden wollten jedoch das Geld<br />
für solche Optionen sparen. Um Kollisionen zu ver-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 61
» TECHNIK<br />
Bild: Thyssenkrupp Materials Services<br />
meiden, platzieren sie die Teile weiter auseinander.<br />
Das Ergebnis: ein deutlich größerer Verschnitt. „Hätten<br />
wir heute schon die Transparenz, die wir anstreben,<br />
könnten wir den Nutzen smarter Funktionen<br />
konkret nachweisen, so dass sie auch für kritische<br />
Kunden einen höheren Stellenwert erhielten“, sagt<br />
Ottnad. Und das sei wichtig, denn: „Entscheidend ist<br />
nicht, welche Möglichkeiten Technologien bieten,<br />
sondern wie diese vom Markt angenommen werden<br />
und wie konsequent unsere Kunden sie nutzen.“<br />
Schachtelpläne zu optimieren, sei eine hochkomplexe<br />
Aufgabe, die auch den Einsatz von künstlicher<br />
Intelligenz erfordere. „Wir gehen davon aus, dass<br />
rund zwei Drittel des Materials in Gutteile verarbeitet<br />
werden und etwa ein Drittel in den Schrott wandert.<br />
Natürlich lassen sich nicht alle Reststücke weiterverwerten,<br />
aber unser Ziel ist, die durchschnittliche<br />
Nutzung einer Blechtafel auf etwa 75 Prozent zu<br />
erhöhen“, sagt der Trumpf-Experte. Das sei zwar<br />
noch Zukunftsmusik, aber welcher Nutzen damit verbunden<br />
wäre, das verdeutlicht er mit einem Vergleich:<br />
„Wenn wir es schaffen, auf allen Trumpf-Laserschneidmaschinen,<br />
die auf der Welt arbeiten, den<br />
Verschnitt um rund zehn Prozent zu reduzieren, dann<br />
hätte das den gleichen Einspareffekt, wie wenn Lettland<br />
von heute auf morgen CO 2 -neutral wäre.“<br />
Ein weiterer Aspekt, der im Projekt optimiert werden<br />
soll, ist der zeitliche Ablauf in der Produktion.<br />
Hier arbeitet das Fraunhofer IPA daran, mithilfe von<br />
KI ökologische Rahmenbedingungen bei der Fertigung<br />
zu berücksichtigen. So sollen künftig etwa<br />
energieintensive Produktionsschritte wie die Laserbearbeitung<br />
dann stattfinden, wenn viel Strom aus<br />
erneuerbaren Ressourcen zur Verfügung steht.<br />
Solange die Stahl- und Blechproduktion rund ein<br />
Viertel der Industrieemissionen in Deutschland ver-<br />
Im Projekt de:karb arbeiten die Partner daran, die Umweltauswirkungen der<br />
Blechfertigung – beginnend bei der Rohmaterialgewinnung – zu minimieren.<br />
ursache, habe das Vermeiden von Verschnitt, Schrott<br />
und Ausschuss einen dominierenden Anteil am Optimierungsbestreben,<br />
sagt Ottnad. „Aber unser Projektpartner<br />
Thyssenkrupp investiert viel, um bis 2045<br />
mithilfe von Wasserstoff eine CO 2 -neutrale Stahlproduktion<br />
aufzubauen.“ Sobald mehr grüner Stahl verarbeitet<br />
werde, müsse der Hauptfokus in andere<br />
Richtungen gelenkt werden, unter anderem eben darauf,<br />
überall dort, wo die Maschinen nicht rund um<br />
die Uhr laufen, die produktiven Stunden in jene Zeiten<br />
zu legen, in denen viel Strom aus regenerativen<br />
Quellen zur Verfügung stehe. Das intelligent zu steuern,<br />
sei jedoch extrem anspruchsvoll.<br />
Zu den Aufgaben von Thyssenkrupp im Projekt gehört,<br />
die Material-, Wert- und Datenströme mittels<br />
der Plattform so zu orchestrieren, dass sich Materialien<br />
und deren Kenndaten zurückverfolgen lassen.<br />
Nachhaltigkeit muss sich lohnen<br />
Wann der deutsche Strom welchen CO 2 -Gehalt mitbringt,<br />
lässt sich auf 15 min genau ermitteln. Typischerweise<br />
ist bei einem hohen CO 2 -Anteil auch der<br />
Preis hoch. Andererseits sind die Preise gut, wenn der<br />
Anteil an erneuerbaren Energien hoch ist. „Dieses<br />
Zusammenspiel zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
ist wichtig“, betont Ottnad, „denn nur<br />
mit Idealismus werden wir die entscheidenden Fortschritte<br />
nicht erreichen. Das geschieht erst, wenn<br />
Nachhaltigkeit auch finanziell Spaß macht.“<br />
Die CO 2 -Buchhaltung könnte deshalb bald ähnlich<br />
funktionieren wie die finanzielle. Ware gegen Geld<br />
ist ein längst bekanntes Prinzip. Künftig könnte neben<br />
dem monetären Wert einer Ware auch der ökologische<br />
Wert in Form des CO 2 -Äquivalents auf der<br />
Rechnung stehen. Um dabei korrekt und gerecht Bilanz<br />
ziehen zu können, muss jedoch bekannt sein,<br />
wie viel CO 2 sich im Lauf der Zeit im Rucksack eines<br />
Produkts angesammelt hat.<br />
Um diese Transparenz in der Breite zu schaffen,<br />
soll die Plattform zu 100 % offen sein und am Ende<br />
auch nicht auf die Blechbearbeitung beschränkt bleiben.<br />
Welche Geschäftsmodelle sich daraus entwickeln,<br />
ist laut Ottnad noch nicht abzusehen. „Klar,<br />
am Ende wird damit Geld verdient werden müssen.<br />
Aber es wird so sein, dass die Hürden möglichst gering<br />
sind und viele vom Nutzen profitieren können.“<br />
Eine Grundfrage für das Projektteam bestehe darin,<br />
wie genau gearbeitet werden muss, um vernünftige<br />
Ergebnisse sicherzustellen und inwieweit vereinfacht<br />
werden kann, um die Nutzer nicht zu überfordern<br />
und viele ins Boot zu holen. „Deshalb würden wir uns<br />
freuen, wenn sich möglichst viele Branchenmitglieder<br />
melden und uns ein Feedback geben, was wir<br />
noch berücksichtigen müssen“, schließt Ottnad.<br />
62 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Bild: Bystronic<br />
Die neue Abkantpresse<br />
ByBend Star 120 verbindet<br />
kompakte Abmessungen<br />
mit großer Leistung.<br />
Bild: Bystronic<br />
Das perfekte Biegeresultat<br />
ab dem ersten<br />
Teil – das Laser Winkel<br />
Messsystem LAMS<br />
macht es auch bei<br />
der ByBend Star 120<br />
möglich.<br />
Kompakte Abkantpresse produziert mittelgroße Teile hochpräzise<br />
Findet in jeder Fertigung ein Plätzchen<br />
Wo die Applikationen zu groß für eine kleine Maschine und zu klein für eine große<br />
sind, braucht es eine spezielle Lösung. Bystronic bietet diese mit seiner der neuen<br />
Abkantpresse ByBend Star 120. Sie ist stark, flexibel und energieeffizient.<br />
Blechbearbeitende Unternehmen leiden häufig<br />
unter demselben Problem: Zuwenig Platz in ihrer<br />
Fertigung. Die ByBend Star 120, das jüngste Mitglied<br />
der Abkantpressen-Familie von Bystronic,<br />
schafft hier Abhilfe, denn sie hat einen minimalen<br />
Platzbedarf. Dennoch bietet sie dem Anwender Biegetechnologie<br />
für höchste Ansprüche an Prozessgeschwindigkeit,<br />
Flexibilität und Genauigkeit.<br />
Das Biegen von kleinen bis mittelgroßen Teilen in<br />
verschiedensten Blechdicken sowie Materialien in<br />
höheren Zugfestigkeitsklassen wird für die Anwender<br />
laut Bystronic zum Kinderspiel. Die schnelle Biegemaschine<br />
für höchste Ansprüche biegt alles – von<br />
kleinen bis zu mittelgroßen Teilen in verschiedenen<br />
Blechdicken, und bis zu einer Länge von 2,05 m. Bescheiden<br />
ist sie bei ihren Abmessungen: Mit einer<br />
Länge von etwas über 2,6 m, einer Breite von rund<br />
1,9 und einer Höhe von 2,85 m passt sie in jede Produktionshalle.<br />
Deutlich weniger bescheiden ist hingegen<br />
die Biegeleistung, die beeindruckende 120 t<br />
erreicht.<br />
Sofort das gewünschte Biegeergebnis<br />
Die ByBend Star 120 arbeitet schnell und minimiert<br />
dank kurzer Zykluszeiten die Kosten beim Biegen insbesondere<br />
für kleine und mittelgroße Teile. Sparen<br />
können sich die Bediener ab sofort aufwändige Biegewinkelmessungen:<br />
Die Funktion LAMS (Laser Angle<br />
Measuring System) erledigt das automatisch und<br />
sehr präzise. So wird das gewünschte Biegeresultat<br />
ab dem ersten Teil erreicht.<br />
Die Funktion FastBend Plus bietet einen effektiven<br />
Personenschutz bei maximaler Produktivität und reduziert<br />
zudem die Rüstzeiten. Anwender können sofort<br />
mit Biegen loslegen. So wird das Biegen von<br />
kleinen bis mittelgroßen Teilen in verschiedensten<br />
Blechstärken sowie Materialien in höheren Zugfestigkeitsklassen<br />
zum Kinderspiel.<br />
Strom gespart, Speed erhalten<br />
Die neue ByBend Star 120 ist nicht nur schnell und<br />
äußerst flexibel, sondern auch nachhaltig effizient:<br />
Dank der energieeffizienten Servo-Hydraulik können<br />
bis zu 30 % Energie gespart und im Gegenzug gibt’s<br />
20 % mehr Geschwindigkeit.<br />
Gesteuert wird der gesamte Biegeprozess über<br />
einem 21,5-Zoll großen Touchscreen mit wenigen<br />
Fingerstrichen. Die intuitive Bedienoberfläche BySoft<br />
Cell Control Bend nimmt dem Bediener viel Arbeit ab.<br />
Je nach Materialdicke und Biegewinkel ermittelt sie<br />
den idealen Biegeablauf und schlägt das passende<br />
Werkzeug vor. (mw)<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 63
TECHNIK » Interview<br />
Interview mit Werner Kraus, Leiter der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA<br />
„Aktuell ist es spannend wie nie zuvor“<br />
„50 Jahre Robotik“ feiert das Fraunhofer IPA in diesem Jahr. Wir haben uns mit Dr. Werner Kraus, dem<br />
Leiter der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am IPA, über die Highlights der Vergangenheit<br />
und aktuelle Trends unterhalten. Im Interview verrät er auch, welches das ungewöhnlichste Projekt<br />
der Stuttgarter Robotik-Forscher war.<br />
Interview: Armin Barnitzke, Automationspraxis<br />
Dr. Werner Kraus ist seit<br />
2019 Leiter der Abteilung<br />
Roboter- und Assistenzsysteme<br />
am Fraunhofer<br />
IPA in Stuttgart.<br />
wir noch heute den Flaschenhals für die<br />
Roboternutzung.<br />
50 Jahre sind eine lange Zeit. Gab es<br />
denn bestimmte Themen, die charakteristisch<br />
waren für bestimmte Zeiten?<br />
Tatsächlich kann man rückblickend einige<br />
Schwerpunkte beobachten. In den 1970er<br />
Jahren, als das IPA mit der Robotikforschung<br />
begann, lag der Fokus auf der<br />
Handhabung. Auch in den 1980er Jahren<br />
haben wir schwerpunktmäßig noch für<br />
die industrielle Fertigung gearbeitet und<br />
es kamen viele Montageentwicklungen<br />
dazu.<br />
Bild: Fraunhofer IPA<br />
Wie kam es eigentlich dazu, dass sich<br />
das IPA so stark mit Robotik beschäftigt?<br />
Tatsächlich hatten die damaligen Mitarbeiter<br />
in den 1970er Jahren einen ‚guten<br />
Riecher‘ für Trends. Sie haben deshalb<br />
auch eines der allerersten „International<br />
Symposium on Robotics“, die ISR-Konferenz,<br />
in den USA besucht und brachten<br />
somit frisches Expertenwissen rund um<br />
die Robotik nach Europa. Förderlich war<br />
sicher auch die Nähe des Instituts zu den<br />
hiesigen Automobil-OEM, bei denen Industrieroboter<br />
bereits ihren Siegeszug im<br />
Rohbau angetreten hatten. Seither gestaltet<br />
das Fraunhofer IPA die Zukunft der<br />
Robotik wegweisend mit und aktuell ist<br />
es spannend wie nie zuvor.<br />
Inwiefern?<br />
Nun, unsere Forschungsthemen leiteten<br />
sich schon immer aus einer starken Anwendungsorientierung<br />
ab. Eigenentwicklungen<br />
ganzer Roboter sind eine Ausnahme<br />
bei uns. Stattdessen dreht sich vieles<br />
um das ganze Robotersystem, den Prozess<br />
und die Systemintegration. Hierin sehen<br />
Blieb es denn bei der Industrierobotik?<br />
Nein, in den 1990er Jahren kam dann die<br />
Servicerobotik mit ins Spiel mit der Vision,<br />
einen flexiblen Assistenten für Haushalt<br />
und Dienstleistung zu entwickeln.<br />
Dies war die Geburtsstunde des ersten<br />
Serviceroboters Care-O-bot. Die Idee war<br />
und ist noch immer, dass er Menschen zuhause,<br />
in Hotels, Pflegeheimen oder Krankenhäusern<br />
aktiv unterstützt. Nach verschiedenen<br />
Weiterentwicklungen haben<br />
wir 2015 den Care-O-bot 4 vorgestellt,<br />
ein modularer Serviceroboter, der als Basis<br />
für kommerzielle Weiterentwicklungen<br />
rund um die Servicerobotik dient. In den<br />
2000er Jahren widmete sich die Forschung<br />
dann vermehrt der Bildverarbeitung,<br />
um damit den Griff-in-die-Kiste zu<br />
unterstützen. Dadurch konnten Roboter<br />
64 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Von der industriellen Handhabung und Montage bis zur KI und kognitiven Robotik: Diese Trends haben die Robotikforschung am IPA geprägt.<br />
Bild: Fraunhofer IPA<br />
chaotisch bereitgestellte Objekte vereinzeln<br />
und auf neue Objektlagen reagieren.<br />
Bestimmt hat irgendwann auch der Begriff<br />
„Industrie 4.0“ eine Rolle gespielt?<br />
Klar. Anfang 2010 waren Industrie 4.0 mit<br />
cyber-physischen Systemen sowie Ökosysteme<br />
auch für die Robotik die Themen<br />
der Stunde. Beispielsweise stand mit dem<br />
Robot Operating System (ROS) nun eine<br />
frei verfügbare Middleware für Roboter<br />
zur Verfügung. Dieses entwickeln wir am<br />
IPA nicht nur selbst weiter, sondern koordinieren<br />
auch die Aktivitäten des ROS-Industrial<br />
Consortium Europe, eines Open-<br />
Source-Projekts mit dem Ziel, ROS-Fähigkeiten<br />
für die industrielle Fertigung einzusetzen.<br />
Seit Mitte der 2010er Jahre arbeiten<br />
wir mit „Deep Grasping“ an einer<br />
virtuellen Lernumgebung, um den Griffin-die-Kiste<br />
mithilfe von Künstlicher Intelligenz<br />
(KI) zu perfektionieren. Neuronale<br />
Netze werden virtuell trainiert und<br />
auf reale Roboter übertragen. Die Bildverarbeitungsalgorithmen<br />
lernen die neuen<br />
Werkstücke selbstständig ein, was Zeit<br />
spart und das nötige Fachwissen reduziert.<br />
Und welche Trends und Technologien<br />
bestimmen heute die Robotikforschung<br />
am IPA?<br />
Hier sehe ich aktuell insbesondere zwei<br />
Trends, die sowohl stark nachgefragt werden<br />
als auch ein hohes technisches Potenzial<br />
haben. Das ist zum einen die Automatisierung<br />
der Automatisierung, um<br />
Ingenieure bei der Planung und Auslegung<br />
von Robotersystemen zu unterstützen.<br />
Die Engineering-Aufwände zu senken<br />
ist entscheidend, weil sie einen Großteil<br />
der Kosten für eine neue Anwendung verursachen.<br />
Der Roboter selbst schlägt dabei<br />
nämlich meist nur mit etwa einem<br />
Viertel bis Fünftel aller Kosten zu Buche.<br />
Der Großteil der Kosten entfällt auf Peripherie,<br />
Software-Entwicklung, Integration<br />
und Inbetriebnahme.<br />
Wie kann man hier helfen?<br />
Wichtig ist eine frühzeitige Absicherung<br />
des Automatisierungskonzepts. Denn wenn<br />
es im Planungsprozess zu Fehlern kommt,<br />
rächen sich diese im Projektverlauf. Das<br />
können höhere Kosten sein oder auch das<br />
Verpassen des „Start of Production“. Neue<br />
Angebote, die auf Künstlicher Intelligenz<br />
(KI) basieren, wie beispielsweise eine virtuelle<br />
Machbarkeitsanalyse für Griff-in-die-<br />
Kiste-Anwendungen, sind Teil dieses automatisierten<br />
Engineerings. Nicht zuletzt<br />
kann man mit „Automation of Automation“<br />
auch das nötige Fachwissen auf Anwenderseite<br />
für die Inbetriebnahme senken.<br />
Und der zweite Trend?<br />
Ist die kognitive Robotik. Hierbei geht es<br />
darum, dass Roboter nicht mehr „blind“<br />
eine einmal programmierte Aufgabe ausführen,<br />
sondern dass sie ein eigenes „Verständnis“<br />
für die Aufgabe, das Bauteil und<br />
ihr Umfeld entwickeln. Grundlage hierfür<br />
sind Sensordaten, die das Robotersystem<br />
verarbeitet und darauf aufbauend passende<br />
Aktionen plant. Diese Fähigkeiten<br />
werden im produktiven Kontext gebraucht,<br />
wenn es beispielsweise um die<br />
wirtschaftliche Fertigung kleiner Losgrößen<br />
geht. Sie sind aber auch insbesondere<br />
dort wichtig, wo ein Roboter nicht vollständig<br />
programmiert werden kann, sondern<br />
situativ verstehen und reagieren<br />
können muss, beispielsweise ein Serviceroboter,<br />
der sich für Hol- und Bringdienste<br />
unter Menschen bewegt.<br />
Wohin wird die weitere Reise der Robotik<br />
gehen?<br />
Die aktuellen Projekte bei uns weisen den<br />
Weg der Robotik in die Zukunft: Mit AI-<br />
Matters entstehen in Stuttgart Test- und<br />
Erprobungszentren, in denen Unternehmen<br />
KI-basierte Komponenten testen und<br />
zertifizieren können. In unserem KI-Fortschrittszentrum<br />
»Lernende Systeme und<br />
Kognitive Robotik« gemeinsam mit dem<br />
Fraunhofer IAO und als Teil von Cyber<br />
Valley, Europas größtem Forschungsverbund<br />
rund um KI, haben wir bereits mit<br />
über 200 Unternehmen KI-Projekte<br />
durchgeführt – von der ersten Ideenfindung<br />
bis zum Demonstratoraufbau. Robo-<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 65
TECHNIK » Interview<br />
Mit künstlicher Intelligenz und Deep Learning will das Fraunhofer IPA etwa den Griff-in-die-Kiste perfektionieren.<br />
Bild: Fraunhofer IPA<br />
tik als ‚verkörperte KI‘ wird viele neue Anwendungen<br />
ermöglichen, die heute noch<br />
herausfordernd sind.<br />
Nämlich?<br />
Dazu gehört auch, dass Roboter mithilfe<br />
maschineller Lernverfahren vermehrt in<br />
Simulationen trainiert werden, sodass die<br />
tatsächliche Inbetriebnahme schneller<br />
geht und weniger Fachwissen auf Anwenderseite<br />
erfordert. Wie das umsetzbar<br />
wird, zeigt unser Projekt „Sim4Dexterity“.<br />
Für mehr Effizienz in der Software-Entwicklung<br />
zu sorgen, ist ebenfalls entscheidend.<br />
Denn das Rad stets neu zu erfinden,<br />
kostet zu viele Ressourcen. Hierfür wird<br />
vermehrt die modellgetriebene Entwicklung<br />
eine Rolle spielen.<br />
Von der Zukunft nochmal zurück in die<br />
Geschichte: Wo hat denn das IPA in den<br />
50 Jahren mit seiner Forschung Akzente<br />
gesetzt und Entwicklungen geprägt?<br />
In jedem Fall haben wir sehr früh die noch<br />
vergleichsweise junge Branche der Ser-<br />
vicerobotik mitdefiniert und durch die<br />
Entwicklungen rund um den Serviceroboter<br />
Care-O-bot eine Vorreiterposition innegehabt.<br />
Zudem gehen viele Basispatente<br />
rund um die Mensch-Roboter-Kollaboration<br />
auf unsere Forschungsergebnisse<br />
aus den 1990er Jahren zurück. Außerdem<br />
möchte ich unsere starke Mittelstandsorientierung<br />
hervorheben, etwa haben wir<br />
vor rund 20 Jahren das Projekt „SMErobot“<br />
und im Anschluss das Folgeprojekt<br />
„SMErobotics“ geleitet, die viele Weichen<br />
für den Robotereinsatz auch in mittelständisch<br />
geprägten Produktionen gestellt<br />
haben.<br />
Gab es in den 50 Jahren auch Exoten?<br />
In unserer Ausstellung „Meilensteine der<br />
Robotik“ zeigen wir Exponate aus diesen<br />
rund 50 Jahren Robotik am IPA. Ein Highlight<br />
für mich ist unsere sogenannte<br />
„Greiferwand“: Das ist eine Bildercollage,<br />
die etwa 150 Werkzeuge zeigt, die wir für<br />
Roboter entwickelt haben. Und da ist<br />
wirklich alles dabei – bis hin zu Greifsys-<br />
temen, die Maultaschen oder kleine Salamisnacks<br />
vereinzelt haben.<br />
Auch Projekte, die so wegweisend wie<br />
obskur waren?<br />
Da wäre beispielsweise der Roboter „Skywash“,<br />
der für die automatisierte Reinigung<br />
von Flugzeugen entwickelt wurde.<br />
Die Anwendung Flugzeuge-Reinigen kam<br />
zwar nicht zum Fliegen, aber die damals<br />
entwickelte Robotersteuerung für Betonpumpen<br />
ist noch heute bei Putzmeister<br />
im Programmcode zu finden. Oder ein Roboter<br />
für das Betanken von Autos mit<br />
Wasserstoff – dank intelligenter Sensorik<br />
schon in den 1990er Jahren ein Roboter,<br />
der die direkte Mensch-Roboter-Kollaboration<br />
umsetzte. Und tatsächlich haben<br />
wir auch einen mobilen Inspektionsroboter<br />
für Offshore-Plattformen entwickelt.<br />
Das damalige Team testete diesen auf<br />
einer Offshore-Plattform im chinesischen<br />
Meer – was wohl eine unserer ungewöhnlichsten<br />
Dienstreisen war.<br />
66 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Industrie<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 67
» TECHNIK<br />
Cobot unterstützt anspruchsvolle Qualitätsmessung<br />
Automatisierung mit<br />
Fingerspitzengefühl<br />
In seinem Glaslabor nutzt das Unternehmen Schott eine kollaborative Applikation für die<br />
Qualitätsprüfung – und entlastet so seine Labormitarbeiter. Möglich macht dies ein Greifer<br />
von OnRobot: Dank integrierter Sensoren in seinen Fingerspitzen kann der Cobot individuell<br />
geformte Glasproben handhaben und hochempfindliche Messgeräte bedienen.<br />
» Björn Milsch, General Manager bei OnRobot<br />
Die Greifer des Cobots<br />
verfügen über integrierte<br />
Sensorik. Dadurch<br />
kann er seinen<br />
Kraftaufwand präzise<br />
dosieren.<br />
Ob in der Raumfahrt, der Medizintechnik oder in<br />
der Automobilindustrie: In fast allen Lebensbereichen<br />
kommen die Produkte von Schott zum Einsatz.<br />
Der Technologiekonzern mit dem Fokus auf Glas<br />
und Glaskeramik entwickelt seit 130 Jahren Innovationen<br />
– genauso lange existiert auch schon die Spezialglasindustrie<br />
als eigener Zweig im Unternehmen.<br />
Mittels neuartiger Fertigungsverfahren wurden damals<br />
erstmals Gläser mit genau definierten Eigenschaften<br />
konzipiert. Das Einsatzspektrum des Materials<br />
erweiterte Schott mit den Jahren beträchtlich.<br />
Bild: OnRobot<br />
Im Einklang mit seinem Gründungsgedanken agiert<br />
auch das heutige Unternehmen Schott stets an der<br />
Grenze des Machbaren und dehnt diese durch technologischen<br />
Fortschritt kontinuierlich aus. Eine tragende<br />
Rolle spielt dabei das eigene Forschungszentrum<br />
in Mainz. Im dortigen Glaslabor testen die Mitarbeiter<br />
Glasproben auf ihre physikalischen Eigenschaften.<br />
Durch ihre Messungen erzeugen sie einerseits<br />
Daten, die in die zahlreichen Forschungsprojekte<br />
des Unternehmens einfließen. Andererseits prüfen<br />
sie regelmäßig Proben aus der Produktion.<br />
„Das verarbeitete Material muss ganz bestimmte<br />
Spezifikationen einhalten, damit am Ende ein einwandfreies<br />
Produkt entsteht“, erklärt Dr. Axel Engel,<br />
Senior Manager Physical Analytics bei Schott. „Dies<br />
gewährleistet eine hohe Produktqualität und trägt<br />
dazu bei, Ausschuss zu reduzieren.“ Geht es zum Beispiel<br />
um Ceranglas für Kochplatten oder Glas für Kamintüren,<br />
so darf sich dieses bei Hitze unter keinen<br />
Umständen verformen. „Die Qualitätsprüfung ist daher<br />
sehr wichtig für den gesamten Herstellungsprozess.“<br />
Heute automatisiert Schott einen Teil dieses<br />
Schrittes mithilfe einer kollaborativen Applikation<br />
mit einem Greifer von OnRobot.<br />
Den Anstoß dazu gab eine starke Zunahme der<br />
Proben, die zu Forschungszwecken getestet werden<br />
müssen. „In den letzten drei Jahren hat sich das Probenaufkommen<br />
hier im Labor um etwa 30 Prozent<br />
erhöht“, berichtet Dr. Engel. Dies stellte den Manager<br />
und sein Team gleich vor mehrere Herausforderungen:<br />
Um so viele Proben in der verfügbaren Zeit zu<br />
testen, benötigte Schott mehr Kapazitäten. Zusätzliche<br />
Messgeräte und Personal hätten in den begrenzten<br />
Laborräumen jedoch nur bedingt Platz. Hinzu<br />
kam, dass es die Mitarbeiter viel Zeit kostete, das<br />
Messgerät zu bestücken: Eine Messung dauert zwischen<br />
drei und 15 Minuten, nach denen die Mitarbeiter<br />
andere Tätigkeiten unterbrechen müssen, um<br />
68 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
eine neue Probe einzulegen. Hier kam zum ersten<br />
Mal die Idee auf, den Messprozess zu automatisieren.<br />
Feinfühliger Greifer benötigt<br />
„Wir haben sehr viel Zeit und Mühe in die Auswahl<br />
einer geeigneten Automatisierungslösung gesteckt“,<br />
erinnert sich Dr. Engel. „Die Lösung musste platzsparend<br />
sein und direkt neben den Laboranten arbeiten<br />
können. Ein herkömmlicher Industrieroboter kam<br />
nicht infrage: Dieser hätte zusätzlich eine Schutzumhausung<br />
gebraucht, und dafür ist kein Platz.“ Dazu<br />
gesellte sich eine weitere Schwierigkeit: Das<br />
Messgerät, ein sogenanntes Transmissionsspektrometer,<br />
das die optischen Eigenschaften des Glases<br />
erfasst, ist äußerst empfindlich. Die Proben so einzulegen,<br />
dass das teure Gerät nicht beschädigt wird, erfordert<br />
größtes Fingerspitzengefühl. „Nachdem wir<br />
uns die Lösungen verschiedener Hersteller angeschaut<br />
hatten, sind wir schließlich bei OnRobot fündig<br />
geworden“, berichtet Dr. Engel.<br />
Schott entschied sich für eine Applikation, bei der<br />
ein RG2-FT Greifer von OnRobot auf einen kollaborierenden<br />
Roboterarm montiert ist. Das Besondere an<br />
dem elektrischen Zwei-Finger-Greifer: In seinen Fingerspitzen<br />
befinden sich sowohl Kraft-/Drehmomentsensoren<br />
als auch optische Sensoren. Diese befähigen<br />
ihn zum „Mitdenken“: Die Sensoren spielen<br />
ihre Prozessdaten zurück an den Roboterarm, der seinen<br />
Kurs entsprechend anpasst. Den Kraftaufwand<br />
des Arms kann der Greifer dadurch exakt dosieren.<br />
Damit verfügt die Applikation als Ganzes über das<br />
nötige Feingefühl, um das Spektrometer millimetergenau<br />
zu bestücken.<br />
Applikation entlastet Mitarbeiter<br />
„Mithilfe seiner Sensorik ist der Greifer in der Lage,<br />
die Position von Objekten zu identifizieren und sie<br />
mittig zu greifen, ohne die genauen Parameter vorab<br />
zu kennen“, erklärt Florian Grabowski, Projektingenieur<br />
bei Schott. „So kann er auch den Messvorgang<br />
effizient unterstützen.“ Zu diesem Zweck sind die<br />
Glasproben neben der Applikation in einer Haltevorrichtung<br />
aufgereiht, dem sogenannten Tray. Der<br />
RG2-FT ist mit der Software des Messgeräts gekoppelt.<br />
Dadurch weiß er, welche Probe als nächstes gemessen<br />
werden soll. Er nimmt die entsprechende<br />
Probe auf und setzt sie in das Spektrometer ein, wo<br />
sie ein Druckluftzylinder einspannt. Dann beginnt die<br />
Messung. Im Anschluss entnimmt der Roboter die<br />
Probe automatisch und setzt sie zurück in das Tray.<br />
Physiklaborantin Nicole Mück hat das Spektrometer<br />
bislang manuell bedient. Nun profitiert sie unmittelbar<br />
von der neuen Applikation. „Ich habe mehr<br />
Zeit für Dokumentationsaufgaben, zum Bespiel aufwendige<br />
Prüfberichte“, erzählt Mück. Der Cobot ist in<br />
der Lage, das Messgerät laufend zu bestücken und<br />
kann ohne Pause auch über Nacht und am Wochenende<br />
arbeiten. Dadurch hat er bereits einen großen<br />
Teil des Probenaufkommens bewältigt, wenn Frau<br />
Mück und ihre Kollegen den Arbeitstag beginnen.<br />
Die kollaborative Applikation<br />
von OnRobot<br />
bestückt ein hochempfindliches<br />
Messgerät<br />
mit Probengläsern.<br />
Bild: OnRobot<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 69
Bild: Abuatop/stock.adobe.com<br />
Automobilhersteller setzen auf Steckverbindungen bei der Produktion. Doch nicht richtig gesteckte Verbindungen kosten den Hersteller Zeit und Geld.<br />
Audiotechnik prüft Steckverbindungen in der Automobilproduktion<br />
Qualität hat einen guten Klang<br />
Steckverbindungen kommen bei der Produktion von Automobilen viel zum Einsatz.<br />
Eine audiobasierte Lösung des Fraunhofer IDMT analysiert das Klick-Geräusch, das<br />
beim Stecken entsteht – und entdeckt so fehlerhaft eingesetzte Verbindungen.<br />
In der modernen Industrieproduktion, insbesondere<br />
im Automobilbau, werden viele Verbindungen<br />
zwischen Einzelkomponenten nicht mehr geschraubt,<br />
geklebt oder geschweißt, sondern durch Steckverbindungen<br />
zusammengehalten. Aber sind die Verbindungen<br />
wirklich alle korrekt gesteckt? Eine Möglichkeit,<br />
dies zu überprüfen, haben Forschende am<br />
Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie<br />
IDMT in Oldenburg entwickelt. Aus dem Institutsteil<br />
Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA stammt ein<br />
System, das erkennt, ob Teile korrekt verbunden sind<br />
– basierend auf dem Geräusch, das bei jedem Steckvorgang<br />
entsteht.<br />
Zunächst erfassen Mikrofone das Geräusch, dann<br />
wird es von Algorithmen analysiert. Schließlich gibt<br />
das System positive Rückmeldung oder es sendet<br />
eine Warnung, wenn es einmal nicht richtig Klick gemacht<br />
hat. Davon profitieren Mitarbeitende sowie<br />
automatisierte Roboter-Systeme. Das Feedback an<br />
einen Menschen kann akustisch, optisch oder auch<br />
taktil, zum Beispiel über Vibration, erfolgen. Ein<br />
Roboter bekommt die notwendige Information direkt<br />
aus dem Sensorsystem. „Mit dieser Technologie rücken<br />
wir einem Problem bei der Montage von Automobilen<br />
zu Leibe“, sagt Danilo Hollosi, Gruppenleiter<br />
Akustische Ereignisdetektion. Automobile haben in<br />
70 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
TECHNIK «<br />
Bild: lichtreflexe/stock.adobe.com<br />
der Regel mehrere Hundert Steckverbindungen.<br />
Wenn bei der Fertigung eine einzige dieser Verbindungen<br />
nicht richtig einrastet und der Fehler erst<br />
bemerkt wird, nachdem das Auto an den Kunden geliefert<br />
wurde, dann muss der Wagen zur Nachbesserung<br />
zurück. „Das ist ärgerlich für die Besitzerin oder<br />
den Besitzer, und die Autohersteller verlieren Zeit<br />
und Geld. Bei den niedrigen Margen in der Massenproduktion<br />
wird das zum ernsthaften Problem“, so<br />
Hollosi. Hier schafft das audiobasierte Monitoring<br />
Abhilfe.<br />
Innovatives Akustikverfahren<br />
Herzstück der Audiotechnologie des Fraunhofer-<br />
Teams aus Oldenburg sind ausgetüftelte Algorithmen.<br />
Diese sind sogar in der Lage, in der lauten und<br />
dynamischen Umgebung einer Fabrikhalle einzelne<br />
Klicks zu isolieren und zu analysieren. Für die Forschenden<br />
war es eine echte Herausforderung, das<br />
System mit dieser Fähigkeit auszustatten. Schließlich<br />
klingen die Klick- Geräusche oft sehr ähnlich. »Wir<br />
arbeiten seit vielen Jahren an Akustikverfahren im<br />
Bereich der Geräuscherkennung und -analyse. Unser<br />
System kann heute sehr nahe beieinander liegende<br />
akustische Signale zuverlässig auseinanderhalten<br />
und untersuchen«, erläutert Hollosi. Die Experten aus<br />
Oldenburg haben auch die Störgeräuschreduktion<br />
weiterentwickelt, damit Umgebungsgeräusche wirksam<br />
ausgeblendet werden – ohne die Signalqualität<br />
des Klick-Geräusches zu beeinträchtigen. Bei Bedarf<br />
können weitere Sensoren eingesetzt werden, die eine<br />
noch robustere Arbeit gewährleisten.<br />
Die Prüftechnik lässt sich in der Produktion auf<br />
verschiedene Weise installieren. Zum einen kann sie<br />
Bestandteil der Sensorik in der automatisierten Fabrik<br />
sein, zum Beispiel am Arm eines Roboters. Zum<br />
anderen könnte eine kompakte Hardware-Box mit<br />
Mikrofon und integriertem Mini-PC zur Verarbeitung<br />
Das Prüfsystem des Fraunhofer IDMT analysiert das Klickgeräusch<br />
des Steckvorgangs. So kann es fehlerhaft sitzende Verbindungen<br />
identifizieren.<br />
der Audiodaten an der jeweiligen Arbeitsstation platziert<br />
werden. Das Mikrofon ließe sich aber auch in<br />
einem Arbeitshandschuh des Werkers integrieren.<br />
»Sogar die Kombination mit einer speziellen Smartwatch<br />
ist machbar«, erklärt Hollosi.<br />
Für die Industriekunden kann das System beliebig<br />
konfiguriert und an individuelle Bedürfnisse angepasst<br />
werden. Die audiobasierte Technologie passt<br />
nicht nur in den Trend, die Fertigungsschritte in der<br />
Produktion durch Sensoren zu kontrollieren und dadurch<br />
sicherer und zuverlässiger zu gestalten. Sie erhöht<br />
auch die Effizienz merklich und senkt gleichzeitig<br />
die Kosten. Natürlich freuen sich auch die Kunden,<br />
wenn ihr sehnsüchtig erwartetes Automobil<br />
fehlerfrei vom Band rollt.<br />
Forschung am Fraunhofer IDMT<br />
Der Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie<br />
HSA des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie<br />
IDMT wurde im Jahre 2008 als Projektgruppe<br />
gegründet. Er steht für marktnahe Forschung<br />
und Entwicklung mit Schwerpunkten auf Sprachund<br />
Ereigniserkennung, Klangqualität und Sprachverständlichkeit<br />
sowie mobile Neurotechnologie und<br />
Systeme für eine vernetzte Gesundheitsversorgung.<br />
Mit eigener Kompetenz in der Entwicklung von Hardund<br />
Softwaresystemen für Audiosystemtechnologie<br />
und Signalverbesserung setzen die über 100 Mitarbeitenden<br />
am Standort Oldenburg wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse in kundengerechte, praxisnahe Lösungen<br />
um. Die Arbeit der Forscher an dem System zur<br />
Erkennung fehlerhaft eingesetzter Steckverbindungen<br />
wurde gefördert durch das Programm »Vorab«<br />
des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft<br />
und Kultur und der Volkswagen Stiftung. Erstmals<br />
öffentlich präsentiert wurde das System auf der<br />
Hannover Messe 2023. (dak)<br />
Das Meldewesen des<br />
Systems informiert die<br />
Mitarbeiter im Falle<br />
einer nicht richtig<br />
sitzenden Steckverbindung.<br />
Diese können<br />
dann sofort justieren.<br />
Bild: Anastasiia/stock.adobe.com<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 71
IMPRESSUM<br />
» PRODUKTE<br />
Leichtfüllstoff<br />
Füllmaterial für hochdynamische Maschinenteile<br />
erscheint dienstags ISSN 0019–9036<br />
Organ des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung e.V.<br />
(WSM), Düsseldorf, Hagen. Die Mitglieder des Verbandes erhalten<br />
den <strong>Industrieanzeiger</strong> im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Zusammenarbeit<br />
im Fachbereich der Gießereitechnik mit der Zentrale für<br />
Gussverwendung, Düsseldorf.<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Mitherausgeber: Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher (Werkzeug -<br />
maschinen); Prof. Dr.-Ing. Thomas Bergs (Technologie der<br />
Fertigungsverfahren); Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt (Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement); Prof. Dr.-Ing.<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Günther Schuh (Produktions systematik),<br />
WZL RWTH Aachen<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredaktion:<br />
B. A. Alexander Gölz (ag), Phone +49 711 7594–438,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Redaktion:<br />
M. A. David Kuhlmann (dak), Phone +49 711 7594–456;<br />
Frederick Rindle (fr), Phone +49 711 7594–539;<br />
Dipl.-Inf. (FH) Uwe Schoppen (us), Phone +49 711 7594–458;<br />
M. A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879;<br />
Dipl.-Ing. Olaf Stauß (os), Phone +49 711 7594–495;<br />
B. A. Hagen Wagner (hw), Phone +49 711 7594–391;<br />
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Infowirtin (FH) Mona Willrett (mw),<br />
Phone +49 711 7594–285<br />
Ständige freie Mitarbeiter:<br />
Dipl.-Ing. Volker Albrecht (va), Ulrike Dautzenberg (ud),<br />
Karin Faulstroh (kf), Michael Grupp (mg), Sabine Koll (sk),<br />
Markus Strehlitz (ms), Henriette Steuer (hs)<br />
Redaktionsassistenz: Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
Fax –1452, E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Layout: Laura Gehring, Jonas Groshaupt, Michael Kienzle,<br />
Ana Turina<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
Verantwortlich für den Anzeigenteil:<br />
Joachim Linckh, Phone +49 711 7594–565, Fax –1565<br />
Auftragsmanagement:<br />
Diana Rabalt, Phone +49 711 7594–328, Fax –1328<br />
Leserservice: <strong>Industrieanzeiger</strong> +49 711 7252–209,<br />
konradinversand@zenit-presse.de<br />
Erscheinungsweise: dienstags (15 x jährlich)<br />
Bezugspreis: Inland jährlich 210,00 € inkl. Versandkosten und<br />
MwSt; Ausland 210,00 € inkl. Versandkosten. Einzelpreis 14,10 €<br />
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Bestellungen erbitten wir an den Verlag. Sofern die Lieferung nicht<br />
für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich bestellt war, läuft das<br />
Abonnement bis auf Widerruf. Bezugszeit: Das Abonnement kann<br />
erstmals vier Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt<br />
werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist<br />
von jeweils vier Wochen zum Quartalsende.<br />
Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer Gewalt<br />
entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
Auslandsvertretungen:<br />
Großbritannien/Irland: Jens Smith Partnership, The Court,<br />
Long Sutton, GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info;<br />
USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />
19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881,<br />
Fax +1 212 6293988, detleffox@comcast.net<br />
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70771 Leinfelden-Echterdingen, Printed in Germany<br />
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Leinfelden-Echterdingen<br />
Bild: Rampf<br />
Bild: Munk Group<br />
Epument Ultralight Flow von Rampf ist<br />
ein neuer Werkstoff auf Basis von Epoxidharz<br />
mit speziellem Leichtfüllstoff. Das<br />
stark dämpfende Material mit einer Dichte<br />
von
VORSCHAU «<br />
NACHHALTIGE FERTIGUNG<br />
Ein Weg, um gleichsam wachsen und nachhaltiger<br />
produzieren zu können, ist ein Energieeinsatz<br />
ohne fossile Energien und eine intelligente<br />
Infrastruktur sowie Vernetzung.<br />
AUTOMATISIERUNG<br />
Die SPS, eine der wichtigsten Fachmessen der Automatisierungsbranche,<br />
findet vom 14. bis 16.11. in Nürnberg<br />
statt. Sie deckt das gesamte Spektrum der smarten und<br />
digitalen Automation ab – vom einfachen Sensor bis<br />
zur intelligenten Lösung, vom heute Machbaren bis zur<br />
Vision einer umfassend digitalisierten Industriewelt.<br />
Zum Messebeginn berichten wir über die ersten<br />
Höhepunkte.<br />
SMART DESIGN<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Auf dem Weg zur Smart Factory lassen sich auch<br />
Planung und Bau innovativer gestalten. Mit einem rundum<br />
„smarten“ Planungs- und Bauprozess kann nicht<br />
nur schneller gebaut, sondern auch früher produziert<br />
werden. Ein Beispiel dafür, wie digitale Fabrikplanung<br />
aussehen kann, zeigt eine neue Fabrik des Heiz- und<br />
Klimatechnikanbieters Viessmann in Polen.<br />
Der <strong>Industrieanzeiger</strong> 15/2023 erscheint am 14.11.2023<br />
Bild: Diefenbacher<br />
Pressen<br />
Pumpenantriebe minimieren Energieverbrauch<br />
Die Diefenbacher TailoredPress ist der<br />
wirtschaftliche Allrounder für die Metallund<br />
Kunststoffumformung. Bei den Pressen<br />
kommen drehzahlvariable Pumpenantriebe<br />
zum Einsatz, die dafür sorgen, dass<br />
Anlagenbetreiber Energie und Betriebskosten<br />
sparen. Der Antrieb wird in Pressen<br />
von 1000 bis 10.000 kN eingesetzt.<br />
Die Energie zum Antrieb hydraulischer<br />
Pressen wird üblicherweise über einen<br />
Pumpenantrieb erzeugt und entweder direkt<br />
oder über einen Zwischenspeicher für<br />
den Umformprozess zur Verfügung gestellt.<br />
In der Regel sind hier Elektromotoren<br />
mit einer konstanten Drehzahl vorgesehen<br />
die selbst beim Einsatz von Pumpen<br />
mit verstellbarem Volumenstrom ständig<br />
Öl fördern.<br />
Die Presse benötigt aber nicht permanent<br />
die volle Leistung. In Pausen, die etwa<br />
beim Be- und Entladen, beim Einrichten<br />
oder in der Wartung entstehen, und selbst<br />
in vielen Phasen des normalen Presszyklus<br />
befindet sich das hydraulische Antriebssystem<br />
oft nur im Teillastbetrieb oder im<br />
sogenannten ‚drucklosen Umlauf‘. Der Antrieb<br />
fördert also das Hydrauliköl, ohne<br />
dass es tatsächlich genutzt wird. Zudem<br />
arbeitet das gesamte System in einem<br />
Lastbereich in dem es nicht effizient ist.<br />
Beides verbraucht überdurchschnittlich<br />
viel unnötige Energie.<br />
DIESER AUSGABE LIEGEN<br />
PROSPEKTE FOLGENDER<br />
FIRMEN BEI:<br />
Barth GmbH<br />
Bihl + Wiedemann GmbH<br />
Wir bitten unsere Leser um<br />
freundliche Beachtung.<br />
Gerne können Sie die Beilagen<br />
auch digital lesen unter<br />
www.industrieanzeiger.<br />
industrie.de/beilagenservice/<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023 73
» ZULETZT<br />
KI gefährdet<br />
IT-Sicherheit<br />
KI verändert die Bedrohungslandschaft.<br />
Sie bietet Cyberangreifern neue Möglichkeiten,<br />
Identitäten ins Visier zu nehmen<br />
und Authentifizierungsmechanismen zu umgehen.<br />
Damit gefährde sie die IT-Sicherheit<br />
massiv, teilte kürzlich das Informationssicherheitsunternehmen<br />
Cyberark mit. Der Anbieter von Identitätsmanagement<br />
hat drei KI-basierte Angriffsszenarien<br />
näher untersucht.<br />
KI-Szenario 1 – Vishing: Anders als bei Phishing-E-Mails seien viele Menschen beim<br />
Voice Phishing noch zu wenig sensibel. Derartige KI-basierte Angriffe seien<br />
aber bereits an der Tagesordnung und schon heute nur schwer zu erkennen.<br />
KI-Szenario 2 – biometrische Authentifizierung: Generative KI-Modelle können<br />
unglaublich trainiert werden. Exponentielles Wachstum der Parameter unterstützt<br />
realistische Fälschungen, auch für die Gesichtserkennung.<br />
KI-Szenario 3 – Polymorphe Malware: Wenn der Angreifer mit Malware ein End -<br />
gerät infiziert und lokal gespeicherte Session Cookies abruft, kann er die Sicherheitsabwehr<br />
umgehen und unbemerkt auf Zielsysteme zugreifen.<br />
Die drei KI-basierten Bedrohungen für die Cybersicherheit zeigen laut den Identitätsmanagern,<br />
dass Identitäten das primäre Ziel von Angreifern sind.<br />
Also, ich find´s beruhigend, dass ich keine Angst mehr vor Maskierten haben muss,<br />
die nachts in mein Schlafzimmer eindringen, mir Messer oder Pistole ins Gesicht<br />
halten, um so zu erfahren, wo Oma´s Goldschmuck versteckt ist. Moderne<br />
Verbrecher haben viel effizientere Methoden, einen zu ruinieren.<br />
Damit das nicht passiert, bieten Unternehmen wie Cyberark Schutzmaßnahmen an.<br />
Schließlich seien KI-basierte Angriffe zwar eine Bedrohung, zugleich sei KI aber auch<br />
ein leistungsfähiges Werkzeug, um Gefahren zu erkennen und abzuwehren. (mw)<br />
Bild: akf/stock.adobe.com<br />
74 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023
Industrie<br />
Das Kompetenznetzwerk der Industrie<br />
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Bild: Fraunhofer IPA/Janhsen<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> Die Plattform für additive » Fertigung 14 | 2023 75
BLECHEXPO<br />
Stuttgart<br />
We’re here, ready to listen!<br />
76 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 14 | 2023<br />
07. – 10.<br />
November<br />
2023<br />
Informationen zur Blechexpo: www.trumpf.com