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her. Dort verjagt, hier verjagt, nirgendwo durftest du sein. Wir<br />
sind Flüchtlinge im eigenen Land.»<br />
Kurz vor der Geburt ihrer jüngsten Tochter schlägt Pro<br />
Juventute mit Hilfe der Behörden abermals zu. Zwei Klosterfrauen<br />
werden geschickt, die verbliebenen Kinder zu holen.<br />
Die eine hält Teresa Grossmann an den Haaren zurück, die<br />
an dere greift sich ihre Tochter und ihren Sohn. Zwei Tage später<br />
bringt Teresa Grossmann ihre jüngste Tochter zur Welt.<br />
«Danach hat man mir die Brüste abgebunden und mit Kampfersalbe<br />
eingerieben.» Noch im Wochenbett wird ihr das Kind<br />
weggenommen. «Ich habe nur noch geweint, nichts mehr gegessen.»<br />
Ein langer, einsamer Kampf beginnt.<br />
Zum ersten Mal geht Teresa Grossmann 1956 zum «Schweizerischen<br />
Beobachter». Die Redaktion schenkt ihr Gehör, aber<br />
keinen Glauben. Glauben tut sie Pro Juventute, die Teresa<br />
Grossmann diffamiert. 1959 interessiert sich der «Blick» für<br />
ihr Schicksal. Wieder gelingt es Pro Juventute, die Journalisten<br />
von der Geschichte abzubringen. Der Verweis auf angebliche<br />
Verfehlungen der Eltern wirkt. Schliesslich äussert sich 1965<br />
die «Zürcher Woche» zum ersten Mal kritisch. Selbst wenn die<br />
Kindswegnahmen rechtlich korrekt seien, dürften sie nicht auf<br />
Kosten der Menschlichkeit durchgesetzt werden. Der Artikel<br />
bleibt wirkungslos.<br />
In den 1960erJahren wird auch der «Beobachter» kritischer,<br />
weil sich jenische Eltern häufiger beschweren. Die Redaktion<br />
interveniert mehrmals bei Pro Juventute und auch bei<br />
Vormundschaftsbehörden. Sie lässt sich nicht mehr so schnell<br />
abspeisen, widerspricht den Darstellungen, die sie bekommt,<br />
und recherchiert hartnäckiger als früher. Der Journalist Hans<br />
Caprez nimmt sich des Themas an. Endlich wird auch Teresa<br />
Grossmann ernst genommen. Anfang der 1970erJahre ist die<br />
Zeit reif. 1972 veröffentlicht der «Beobachter» den Artikel von<br />
Hans Caprez mit dem Titel «Fahrende Mütter klagen an».<br />
Es ist ein Text mit Folgen. Zwar streitet die Stiftung Pro<br />
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