Baumeister 11/23
Orient Express
Orient Express
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
B<strong>11</strong><br />
B A U<br />
November <strong>23</strong><br />
120. JAHRGANG<br />
Das Architektur-<br />
Magazin<br />
MEISTER<br />
Reisen<br />
ohne Mord<br />
Orient Express:<br />
Bitte<br />
einsteigen<br />
4 194673 017505<br />
<strong>11</strong><br />
D 17,50 €<br />
A,L 19,95 €<br />
CH 2 4 , 9 0 S F R
B<strong>11</strong><br />
Editorial<br />
COVERFOTO: BELMOND, VENICE SIMPLON-ORIENT-EXPRESS<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wo darf die nächste Reise hingehen? Einige<br />
von Ihnen stellen sich der Frage nur ein-,<br />
zweimal im Jahr, manche vielleicht auch<br />
monatlich mit Blick auf spontane Kurztrips<br />
oder den Resturlaub. Auch wir in der Redaktion<br />
grübeln über diese Frage – besonders,<br />
wenn wir uns für die November-Ausgabe als<br />
Reiseleitung beweisen dürfen. Aber wo fängt<br />
man bei der Suche nach einer Antwort an?<br />
Es gibt (leider) so viele touristisch überlaufene<br />
Orte oder Geheimtipps, die (zum Glück)<br />
immer noch geheim sind. Die Verantwortung<br />
gegenüber unserer Umwelt sollte stets im<br />
Fokus stehen.<br />
Doch dürfen wir uns nicht auf Reisen träumen,<br />
den Luxus fern vom Alltag suchen? Und<br />
wenn wir ihn gefunden haben, warum nicht<br />
auch mal mit Bedacht gönnen? Eben. So<br />
stellte ich mich der Herausforderung, ein<br />
kompaktes, kurzweiliges Konzept zu kuratieren,<br />
das das Träumen und den Luxus – ob<br />
klein oder groß – zulässt; Fernweh stillt, aber<br />
zugleich keine Weltreise ist. Der Schlüssel<br />
ist kein geringerer als der Inbegriff von<br />
traumhafter Luxusreise: der Orient Express.<br />
Erstmals 1883 von Paris nach Konstantinopel<br />
aufgebrochen, oft Literatur-, Kunst- und<br />
Film-, jedoch kein Mordschauplatz (Achtung<br />
Spoiler zu Seite <strong>11</strong>), Zeitzeuge und Gast geber<br />
über mehrere Jahrzehnte, ließ der Zug von<br />
sich träumen oder wurde zum real gewordenen<br />
Traum. Selbst heute, wenn auch nicht im<br />
Originalzuschnitt, kann man ab £17.500<br />
pittoresk, international und ein bisschen<br />
leichter im Portemonnaie mit ihm reisen.<br />
Wir präsentieren in diesem Heft allerdings<br />
nicht den Zug, sondern die Idee, die Illusion.<br />
Oder genauer gesagt: sieben Stationen der<br />
Route. Unsere Reise startet ebenso in Paris<br />
und endet im heutigen Istanbul. Zwischendrin<br />
halten wir in Straßburg, München, Wien,<br />
Budapest und Bukarest. In jeder Stadt werfen<br />
wir einen Blick auf ein neues oder sogar das<br />
neuste Hotel. Die luxuriösen Projekte bestechen<br />
dabei nicht unbedingt mit ihrer Definition<br />
von kostspieligem und verschwenderischem<br />
Genuss. Umnutzung, Renovierung<br />
und Aufstockung gehören auch dazu und zu<br />
einer Art Luxus, den wir uns für unsere Zukunft<br />
leisten sollten.<br />
Da Gastlichkeit natürlich weit mehr als den<br />
Schlaf- und Spabereich betrifft, haben wir<br />
außerdem eine Auswahl der neusten Restaurants,<br />
Bars, Cafés und mehr in der jeweiligen<br />
Stadt zusammengestellt – mit viel Potenzial<br />
für den Beginn einer kulinarischen Liebe.<br />
Übrigens: Wenn Sie das frisch gedruckte Heft<br />
in Ihren Händen halten, komme ich gerade<br />
von meiner Reise wieder daheim in München<br />
an. Wo ich war? In Paris, unserer Station eins.<br />
Zwar fuhr ich nicht mit dem Orient Express,<br />
aber mit dem TGV; ganz in der Fantasie der<br />
Eisenbahnromantik des Heftes. Wie die<br />
Croissants der Boulangerie Bulle oder die<br />
sternewürdigen Burger bei Jòia Bun sind,<br />
kann ich Ihnen dann mit Gewissheit ver raten.<br />
Und nächstes Jahr? Da begebe ich mich<br />
sicherlich auf eine kurze Reise nach Straßburg<br />
oder Wien. Die B<strong>11</strong> als Reiseführer im<br />
Gepäck. In diesem Sinne: Bitte einsteigen<br />
und die Reise genießen!<br />
Herzlichst,<br />
Jessica Mankel<br />
j.mankel@georg-media.de<br />
@baumeister_architekturmagazin
Stationen<br />
Lösungen<br />
14<br />
Paris<br />
28<br />
Straßburg<br />
38<br />
München<br />
48<br />
Wien<br />
56<br />
Budapest<br />
68<br />
Bukarest<br />
76<br />
Istanbul<br />
Frage<br />
85<br />
Gibt es im<br />
Ultraluxusbereich<br />
nur eine sehr<br />
geringe<br />
Fehlertoleranz<br />
?<br />
92<br />
Branchenfeature:<br />
Neue<br />
Materialien<br />
im Bad<br />
96<br />
Bad<br />
106<br />
Interior +<br />
Design<br />
RUBRIKEN<br />
27<br />
KLEINE WERKE<br />
46<br />
GROSSE WERKE<br />
47<br />
REFERENZ: COTIDIANO<br />
1 0 2<br />
REFERENZ: HOTEL BRIOSA<br />
<strong>11</strong>3<br />
IMPRESSUM + VORSCHAU<br />
<strong>11</strong>4<br />
KOLUMNE
Expr<br />
Der<br />
Or
Einführung<br />
7<br />
Für die einen ist er der König der Züge und für die<br />
anderen der Zug der Könige. Der Orient Express<br />
fuhr in seinem historischen Zuschnitt zum ersten Mal<br />
im Juni 1883 von Paris in Richtung Konstantinopel,<br />
dem heutigen Istanbul. Seit 2009 ist Schluss, und<br />
trotzdem reißt die Faszination um den ikonischen Zug<br />
nicht ab.<br />
ient<br />
ess
8<br />
140<br />
Jahre<br />
Orient<br />
Express<br />
Nicht nur wegen der Faszination haben wir uns<br />
in der BAUMEISTER-Redaktion dazu entschlossen,<br />
die originale Route des Orient Express zum<br />
roten Faden der vorliegenden Ausgabe zu<br />
nehmen. Denn wenn es um Gastlichkeit ging,<br />
setzte der Luxuszug (bis 1951 durfte er auch<br />
noch als solcher bezeichnet werden) stets neue<br />
Maßstäbe. Und genau das ist auch der Anspruch<br />
der Hotel- und Gastro-Architekturprojekte,<br />
die wir in diesem Heft vorstellen dürfen.<br />
Text Tobias Hager
Einführung<br />
9<br />
FOTOS: BELMOND, VENICE SIMPLON-ORIENT-EXPRESS<br />
1<br />
2<br />
1<br />
Im Laufe der Zeit gab<br />
es zahlreiche Routen<br />
und ebenso viele<br />
Ableger des originalen<br />
Orient Express. Einer<br />
davon ist noch heute<br />
der Venice Simplon-<br />
Orient-Express.<br />
2<br />
Am 5. Juni 1883<br />
machte sich der Orient<br />
Express auf den Weg<br />
von Paris nach<br />
Konstantinopel, dem<br />
heutigen Istanbul.<br />
Dauer: 81 Stunden und<br />
40 Minuten.<br />
Der Orient Express wurde nicht nur durch Agatha<br />
Christies Roman „Mord im Orient Express“ weltweit<br />
bekannt. Zahlreiche teils wahre und teils erfundene<br />
Geschichten ranken sich um den Zug der Züge.<br />
Äußerst luxuriös ausgestattet, bestand der Orient<br />
Express ursprünglich nur aus Speise- und Schlafwagen.<br />
Betrieben wurde er von der Compagnie Internationale<br />
des Wagons-Lits (kurz: CIWL). Die<br />
Grundlage des späteren Orient Express und anderer<br />
luxuriöser Züge war sicherlich der steigende<br />
Bedarf an internationalen Zugverbindungen, etwa<br />
ab 1850. Bis dato wurden die Schienennetze von<br />
jedem Land separat und ohne weitere Verbindung<br />
in andere Länder ausgebaut. Dies hatte zur Folge,<br />
dass eine erhebliche Umsteigenotwendigkeit bestand.<br />
Komfortabel war anders. Also machte sich<br />
der Belgier Georges Nagelmackers auf und versuchte<br />
nach dem Vorbild amerikanischer Luxuszüge,<br />
wie den Pullmans, Schlafwagen in Europa einzuführen.<br />
Parallel dazu und unabhängig von den<br />
Bestrebungen des Belgiers bemühten sich die<br />
Bahngesellschaften vieler europäischer Länder<br />
um den internationalen Ausbau der Schienennetze<br />
und um die darauffolgende Einführung internationaler<br />
Zugverbindungen.<br />
1872 gründete Nagelmackers die Compagnie de<br />
Wagons-Lits und verfolgte das Schlafwagen-<br />
Thema weiter. Nachdem er einen amerikanischen<br />
Investor in die Unternehmung aufnehmen musste,<br />
konnte die nun in Mann´s Railway Sleeping Carriage<br />
Co. Ltd. umbenannte Firma schnell erste Angebote<br />
mit entsprechenden Schlafwagen in Europa<br />
realisieren. Bereits 1876 verließ der amerikanische<br />
Investor William d’Alton Mann nach Auszahlung<br />
das Unternehmen, und Nagelmackers<br />
gründete im selben Jahr in Brüssel die Compagnie<br />
Internationale des Wagons-Lits (CIWL). Spannend<br />
dabei: Hauptaktionär wurde der belgische König<br />
Leopold II. Nach vielen erfolgreichen Fahrten entstand<br />
die Idee, einen kompletten Zug nur aus<br />
Wagen der CIWL zu stellen. Einige kleinere Testläufe<br />
später wurden 1883 alle erforderlichen Verträge<br />
mit den nationalen Bahngesellschaften für den<br />
späteren Orient Express geschlossen. So machte<br />
sich der zuvor erst noch Express d’Orient genannte<br />
Orient Express am 5. Juni 1883 auf den Weg vom<br />
Pariser Gare de l‘Est nach Konstantinopel, dem<br />
heutigen Istanbul. In insgesamt 81 Stunden und<br />
40 Minuten erreichte der Luxuszug sein Ziel. Damals<br />
allerdings noch mithilfe von Schiff- und Fährverbindungen,<br />
da das Schienennetz noch nicht<br />
komplett gesetzt war. Die sogenannten Schienenkreuzfahrten<br />
erfreuten sich zeitweilig enormer<br />
Beliebtheit und wurden oftmals von Diplomaten,<br />
Politikern und reichen Geschäftsleuten genutzt.<br />
Im Laufe der Zeit gab es zahlreiche weitere Routen<br />
und ebenso viele Ableger des originalen Orient<br />
WEITER
16<br />
Die Straßenfassade tritt als Hauptelement der Architektur auf. Die vorpatinierte, grau-grüne Zinkverkleidung<br />
und die gleichmäßige Gliederung bezwecken die Assoziation von Gewächshäusern.
Ideen<br />
17<br />
Bukolische<br />
Traumwelt<br />
im<br />
Gemüse-<br />
Z I M M<br />
garten<br />
E R<br />
B U C H<br />
E N<br />
•<br />
B U C H E N<br />
Z I M M<br />
E<br />
R<br />
Architekten:<br />
Petitdidierprioux<br />
Text:<br />
Jessica<br />
Mankel<br />
E R<br />
Z I M M<br />
•<br />
B U C H E N<br />
FOTO: SERGIO GRAZIA<br />
Die Historie der Pariser Rue Cadet ist bodenständig<br />
sowie königlich, das neue Hotel<br />
„La Fantaisie“ von außen schlicht und harmonisierend,<br />
von innen bunt, laut und pittoresk.<br />
Dass all dies zusammen eine überzeugende<br />
Einheit ergibt, zeigen PPX und Martin Brudnizki.
40<br />
Ein Umhüllung im wahrsten Sinne des Wortes:<br />
HInter die historische, restaurierte Fassade im Barock- und Rokokostil wurde das Hotel eingebaut.
E R<br />
Ideen<br />
41<br />
Raffiniertes<br />
Design in<br />
historischer<br />
Hülle<br />
Z I M M<br />
E R<br />
B U C H<br />
E N<br />
•<br />
Z I M M<br />
E<br />
R<br />
B U C H E N<br />
•<br />
Z I M M<br />
Architekten:<br />
Hilmer<br />
Sattler<br />
Innenarchitektin:<br />
Tara Bernerd<br />
Text:<br />
Tobias Hager<br />
B U C H E N<br />
FOTO: DAVIDE LOVATTI<br />
Mit dem neuen Luxushotel Rosewood Munich<br />
stürmt ein einzigartiges, hochmodernes<br />
und architektonisch herausragendes Projekt<br />
der Rosewood Hotelgruppe auf den Markt.<br />
Jedoch sorgte es schon vor seiner Eröffnung für<br />
einigen Wirbel in der bayerischen Landeshauptstadt.<br />
Warum die verantwortlichen Büros<br />
Hilmer Sattler und Tara Bernerd & Partners dennoch<br />
mehr als stolz auf ihr Werk sein können.
50<br />
Von außen unscheinbar, aber typisch wienerisch.<br />
Im Innern wurde vor dem Leerstand Theater gespielt, nun sind hier die Urbanauts gelandet.
•<br />
Ideen<br />
51<br />
Ein Hotel<br />
mit<br />
Nachbarschaft<br />
Z I M M<br />
E R<br />
B U C H<br />
E N<br />
B U C H E N<br />
Z I M M<br />
E<br />
R<br />
E R<br />
Z I M M<br />
•<br />
B U C H E N<br />
Architekten:<br />
Büro<br />
KLK<br />
Text:<br />
Ramona<br />
Kraxner<br />
FOTO: ROBERTO PASTROVICCHIO<br />
„Urbanauts Wien“ entstand aus dem Ge danken<br />
nachhaltiger Gastlichkeit. Den Geschäftsführerinnen<br />
war es ein Anliegen, nicht nur ein<br />
Hotel in das Stadtgefüge zu setzen, sondern<br />
es mit der vorhandenen Umgebung zu verbinden.<br />
Das Wiener Büro KLK lieferte den<br />
Entwurf, welcher auf der vormaligen Nutzung<br />
durch das Interkulturtheater basiert.
70 Ideen<br />
zu klein<br />
Das denkmalgeschützte Erdgeschoss stammt aus dem Jahr 1903.<br />
Darauf setzte die Architektin einen sechsgeschossigen Neubau auf.
E R<br />
•<br />
Ideen<br />
71<br />
Geheimtipp<br />
im<br />
Geheimtipp<br />
B U C H E N<br />
Z I M M<br />
E R<br />
B U C H<br />
E N<br />
Architektin:<br />
Elena<br />
Gheorghiță<br />
Text:<br />
Tobias<br />
Hager<br />
Z I M M<br />
•<br />
B U C H E N<br />
R<br />
E<br />
Z I M M<br />
FOTO: VLAD PĂTRU<br />
Wer nach Bukarest fährt, der kommt in der<br />
Regel aus dem Staunen nicht raus. Da ist es<br />
vollkommen unverständlich, dass die rumänische<br />
Hauptstadt im Vergleich zu Amsterdam,<br />
Berlin oder auch London in puncto<br />
Reisedestination ein solcher Underdog ist.<br />
Mit dem Rosetti Aparthotel beweist die Stadt<br />
ein weiteres Mal: Sie kann Architektur.