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Abschlussbericht FV-Nr.: 326 ZN - Institut für Mikro- und ...

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<strong>Abschlussbericht</strong><br />

<strong>FV</strong>-<strong>Nr</strong>.: <strong>326</strong> <strong>ZN</strong><br />

Thema:<br />

Heißprägen von Kunststofffolien zum<br />

Aufbau von Low Cost Flexschaltungen<br />

Kurzbezeichnung: HP-KSF<br />

Auftraggeber: AiF<br />

Projektleiter: Dr. Horst Richter (HSG-IMAT)<br />

Prof. Dr.-Ing. Jörg Franke (FAPS)<br />

Prof. Dr.-Ing. Dietmar Drummer (LKT)<br />

Bearbeitungszeitraum: 01.07.2009 bis 30.06.2011<br />

Datum:<br />

29.08.2011<br />

HSG-IMAT • Hahn-Schickard-Gesellschaft • <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Mikro</strong>aufbautechnik<br />

Allmandring 9 B • 70569 Stuttgart • Telefon: +49 711 685-83712 • Telefax: +49 711 685-83705<br />

<strong>Institut</strong>sleiter: Prof. Dr. H. Kück<br />

FAPS • Lehrstuhl <strong>für</strong> Fertigungsautomatisierung <strong>und</strong> Produktionssystematik •<br />

Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Nordostpark 91 • 90411 Nürnberg • Telefon: +49 911 58058-14 • Telefax: +49 911 58058-30<br />

Lehrstuhlinhaber: Prof. Dr. J. Franke<br />

LKT • Lehrstuhl <strong>für</strong> Kunststofftechnik • Universität Erlangen-Nürnberg<br />

Am Weichselgarten 9 • 91058 Erlangen • Telefon: +49 9131 85-29700 • Telefax: +49 9131 85-29709<br />

<strong>Institut</strong>sleiter: Prof. Dr. D. Drummer<br />

1


Inhalt<br />

Seite<br />

1 Zusammenfassung 3<br />

2 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung 4<br />

3 Anforderungsprofil, Material- & Prozessauswahl, Versuchsplanung 5<br />

4<br />

4.1<br />

4.2<br />

4.3<br />

4.4<br />

5<br />

5.1<br />

5.2<br />

5.3<br />

5.4<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung der Kunststofffolien<br />

Kunststofffolientypen<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung von Mehrschichtfolien seitens LKT<br />

Bereitstellung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien durch Industriepartner<br />

Folienübersicht <strong>und</strong> Folienauswahl<br />

Charakterisierung der Kunststofffolien<br />

Thermisches Verhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />

Mechanisches Verhalten strahlenvernetzter Mehrschichtfolien<br />

Thermisches Ausdehnungsverhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />

Temperaturbeständigkeit von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien im Lötprozess<br />

6 Konzeption <strong>und</strong> Layout zum Aufbau flexibler Schaltungen 31<br />

7<br />

7.1<br />

7.2<br />

7.3<br />

7.4<br />

Strukturierung der Folien durch Heißprägen<br />

Voruntersuchungen<br />

Herausforderungen beim Heißprägen von Kunststofffolien<br />

Optimierung des Prägeprozesses<br />

Herstellung heißgeprägter Flexschaltungen<br />

8 Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen 41<br />

9 Charakterisierung heißgeprägter Flexschaltungen inkl. Durchkontaktierungen 46<br />

10 Aufbau von Testbaugruppen 49<br />

11<br />

11.1<br />

11.2<br />

11.3<br />

Zuverlässigkeitsuntersuchungen an Testbaugruppen<br />

Prüfplan<br />

Messung des Durchgangswiderstands <strong>und</strong> Schertests<br />

Bestimmung der Biegeermüdungs- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />

12 Kontaktierung von Testschaltungen mit der Peripherie 59<br />

13 Ausarbeitung von Empfehlungen 61<br />

14 Literatur 63<br />

Danksagung 63<br />

8<br />

8<br />

9<br />

14<br />

18<br />

19<br />

20<br />

24<br />

28<br />

30<br />

33<br />

33<br />

34<br />

36<br />

40<br />

51<br />

51<br />

52<br />

56<br />

2


1 Zusammenfassung<br />

Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Entwicklung von Low Cost Flexschaltungen auf<br />

der Basis technischer Kunststofffolien in Kombination mit Heißprägetechnik. Hier<strong>für</strong> wurde<br />

zunächst eine größere Anzahl möglicher Kunststofffolien ausgewählt <strong>und</strong> hinsichtlich ihrer<br />

thermomechanischen, mechanischen <strong>und</strong> thermischen Eigenschaften charakterisiert.<br />

Wichtige Kenngrößen waren dabei das Spannungs-Dehnungs-Verhalten, das Schmelz- <strong>und</strong><br />

Kristallisationsverhalten, der Elastizitätsmodul, der Ausdehnungskoeffizient <strong>und</strong> die<br />

thermische Belastbarkeit. Die Kunststofffolien wurden durch Heißprägen strukturiert, wobei<br />

die Heißprägebedingungen den speziellen Eigenschaften der Folien angepasst <strong>und</strong> auf gute<br />

Leiterbahnhaftung sowie möglichst geringen Folienverzug <strong>und</strong> -verwölbung optimiert wurden.<br />

Anhand dieser Untersuchungen wurden zwei Kunststofffolien, eine Mehrschichtfolie vom Typ<br />

ABA auf Polyamid-Basis <strong>und</strong> eine Einschichtfolie auf Polyphthalamid-Basis <strong>für</strong> die weiteren<br />

Entwicklungsarbeiten ausgewählt. Zusammen mit den zwei eingesetzten Heißprägefolien,<br />

einer ED- <strong>und</strong> einer Walzfolie, ergab sich daraus eine 2 x 2 – Matrix <strong>für</strong> die eingehenderen<br />

Untersuchungen, welche die Verfahrensentwicklung von Durchkontaktierungen, den Aufbau<br />

eines Demonstrators <strong>und</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen umfasste.<br />

Für die Durchkontaktierung zweiseitig strukturierter Folien wurde ein Verfahren entwickelt,<br />

welches mit nur drei Prozessschritten auskommt <strong>und</strong> keine Verwendung von Nasschemie<br />

erfordert. Durch die Prozessabfolge Laserbohren / Heißprägen / Widerstandsschweißen<br />

lassen sich damit zweilagige Leiterstrukturen schnell <strong>und</strong> mit kleinen<br />

Durchgangswiderständen realisieren. Eine Weiterverarbeitung der geprägten<br />

Leiterstrukturen mit Standardprozessen der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik konnte<br />

ebenfalls nachgewiesen werden. Hierbei sind Maßnahmen zu treffen, um den Verzug <strong>und</strong><br />

die Verwölbung der Schaltungen zu kompensieren. Bei den beiden ausgewählten<br />

Folienmaterialien ist eine ausreichende Wärmeformbeständigkeit vorhanden, um eine<br />

Kontaktierung elektronischer Bauelemente mit bleifreien SnAgCu-Loten durchzuführen. Für<br />

die Entwicklung einer Kontaktierung zwischen Folienschaltung <strong>und</strong> Peripherie wurde ein<br />

Demonstrator mit LED-Bestückung aufgebaut. Als geeignete Verfahren wurden die<br />

Kontaktierung mittels Kabel durch Löten <strong>und</strong> <strong>Mikro</strong>schweißen erfolgreich erprobt. Feuchte-<br />

Wärme- <strong>und</strong> Temperaturwechseltests zur beschleunigten Alterung von unbestückten <strong>und</strong><br />

bestückten Folienschaltungen zeigen die hohe Zuverlässigkeit der geprägten<br />

Leiterstrukturen wie auch der Lötstellen. Bei den Biegewechsel- <strong>und</strong> Knicktests weist<br />

insbesondere die Polyamid-Mehrschichtfolie vom Typ ABA in Kombination mit der Walzfolie<br />

eine hohe Zuverlässigkeitkeit gegenüber den anderen Materialkombinationen auf.<br />

3


Insgesamt zeigen die dargelegten Ergebnisse das Potenzial von heißgeprägten<br />

Flexschaltungen als kostengünstige Ergänzung zu aktuell eingesetzten Polyimidschaltungen.<br />

Die wesentlichen Prozesse zu ihrer Herstellung wurden erarbeitet <strong>und</strong> geeignete<br />

Materialpaarungen aufgezeigt. Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.<br />

2 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung<br />

Flexible Schaltungen werden heute überwiegend auf der Basis von Polyimidfolien<br />

hergestellt, da diese neben sehr guten thermischen <strong>und</strong> elektrischen Eigenschaften auch<br />

eine gute Metallisierungshaftung [1] aufweisen. Für die Erzeugung des Leiterbildes wird<br />

zunächst eine Kupferstartschicht ein- oder beidseitig auf die Polyimidfolie aufgebracht. Dies<br />

kann entweder durch Laminieren einer Kupferfolie mittels eines Klebers oder durch<br />

Vakuummetallisierung erfolgen. Für einseitige Flexschaltungen führen dann die Schritte<br />

Fotoprozess, Ätzen der Leiterstruktur, Abdeckfolie(-lack) aufbringen <strong>und</strong> Herstellung der<br />

Endschicht zur fertigen Schaltung. Bei zweiseitigen Flexschaltungen mit<br />

Durchkontaktierungen erfolgt vor dem Fotoprozess noch die Erzeugung <strong>und</strong><br />

Durchkontaktierung der Bohrungen durch chemische Metallisierung <strong>und</strong> galvanische<br />

Verstärkung.<br />

Flexible Schaltungen haben im Vergleich zu starren Schaltungsträgern eine ganze Reihe<br />

entscheidender Vorzüge wie u.a. ihre Biegbarkeit <strong>und</strong> damit die Möglichkeit zur optimalen<br />

Anpassung an vorhandene Gehäuseformen. Ein weiterer Vorteil ist die Gewichtsreduktion<br />

des Schaltungsträgers oder der Baugruppe. Weiter lassen sie sich in nahezu jeder<br />

beliebigen Form anfertigen <strong>und</strong> bei Bedarf mit sehr feinen Leiterbahnen <strong>und</strong>/oder mit<br />

mehreren Metallisierungsebenen (Multilayer) versehen. Neben vielen Vorzügen haben<br />

Flexschaltungen auf Polyimid-Basis aber auch material- bzw. herstellungsbedingte<br />

Nachteile. So sind Polyimidfolien relativ teuer. Ihre Strukturierung ist aufwändig <strong>und</strong> benötigt<br />

umfangreiches Prozessequipment. Aufgr<strong>und</strong> der notwendigen Anlagen <strong>und</strong> des Verfahrens-<br />

Know-hows ist die Herstellung flexibler Schaltungen praktisch nur in entsprechend<br />

ausgestatteten Leiterplattenwerken möglich. Aufgr<strong>und</strong> der hohen Feuchtigkeitsaufnahme von<br />

Polyimid müssen Trocknungsprozesse vor der weiteren Verarbeitung (Löten, Bauelementebestückung)<br />

vorgeschalten werden. Insgesamt gesehen ist die Herstellung von Polyimid-<br />

Schaltungen also relativ aufwändig <strong>und</strong> damit kostenintensiv. Daher ist es wünschenswert,<br />

auf eine kostengünstige <strong>und</strong> einfach verfügbare Alternative zurückgreifen zu können.<br />

Eine preisgünstige <strong>und</strong> schnelle Methode zur Herstellung der Leiterbahnen auf einem<br />

thermoplastischen Schaltungsträger ist das Heißprägen [2, 3]. Bei der Heißprägetechnik wird<br />

über ein beheiztes Prägewerkzeug, auf dem sich das Schaltungslayout befindet, spezielle<br />

kupferbasierte Folie, welche kommerziell erhältlich ist, unter Hitze <strong>und</strong> Druck auf einen<br />

thermoplastischen Werkstoff aufgebracht. Die Kupferfolie wird dabei beim Prägeprozess<br />

4


ausgestanzt <strong>und</strong> verbindet sich mit ihrer aufgerauten Rückseite mit der aufschmelzenden<br />

Kunststoffoberfläche. Auf diese Weise wird das Leiterbahnlayout direkt vom Prägestempel<br />

auf den Schaltungsträger übertragen. Das Verfahren ist voll automatisierbar <strong>und</strong> wird<br />

industriell zur MID-Herstellung (Moulded Interconnect Device) in hohen Stückzahlen<br />

eingesetzt [15].<br />

Trotz der einfachen Prozessführung <strong>und</strong> der Kostenvorteile hat die Anwendung der<br />

Heißprägetechnik zur Herstellung flexibler Schaltungsträger bisher keine Verbreitung<br />

gef<strong>und</strong>en. Ein entscheidender Gr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> ist die Tatsache, dass Versuche, konventionelle<br />

thermoplastische Kunststofffolien mittels Heißprägetechnik mit einer Leiterstruktur zu<br />

versehen, im Regelfall keine befriedigenden Resultate ergeben. Wird bei einer zu niedrigen<br />

Temperatur geprägt, ist die Metallisierungshaftung auf dem Kunststoffsubstrat unzureichend,<br />

wohingegen hohe Prägetemperaturen zu Formveränderungen oder darüber hinaus zur<br />

Zerstörung der Kunststofffolie führen [4]. Um die beschriebene Problematik zu lösen, wurden<br />

im Rahmen dieses Vorhabens u. a. Mehrschichtfolien <strong>für</strong> die Strukturierung mittels<br />

Heißprägen untersucht. Diese Mehrschichtfolien sind so aufgebaut, dass eine in der Mitte<br />

befindliche höher schmelzende Trägerschicht der Folie die notwendige mechanische<br />

Stabilität verleiht, während die außen aufgebrachte thermoplastische Kunststoffschicht mit<br />

einer im Vergleich niedrigeren Schmelztemperatur den Verb<strong>und</strong> zur Heißpräge-<br />

Metallisierung gewährleistet. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> möglichst kostengünstige<br />

Flexschaltungen zu entwickeln wurden bevorzugt technische Thermoplaste untersucht.<br />

Insgesamt wurden die Kunststofffolien so ausgewählt, dass sie <strong>für</strong> das Heißprägen wie auch<br />

die Verarbeitung im bleifreien Lötprozess ausreichend thermisch belastbar <strong>und</strong> damit<br />

möglichst mit den gängigen Prozessen der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik (AVT)<br />

kompatibel sind. Entsprechende Folien wurden entweder von der Industrie bereitgestellt oder<br />

vom Projektpartner LKT aus Kunststoffgranulat <strong>und</strong> Folienvorprodukten hergestellt.<br />

3 Anforderungsprofil, Material- & Prozessauswahl, Versuchsplanung<br />

Zu Projektbeginn wurde ein vorläufiges Anforderungsprofil (Tabelle 3.1) erstellt, bei welchem<br />

alle wichtigen Eigenschaften <strong>und</strong> die Kriterien in Bezug auf das Heißprägen <strong>und</strong> Bestücken<br />

der Kunststofffolien aufgelistet sind. Primär wurde davon ausgegangen, dass<br />

Folienschaltungen hergestellt werden können, welche mit Standardloten (SnAgCu-Lot,<br />

Sp = 217 °C) <strong>und</strong> -prozessen (Konvektionslöten, Tmax = 260 °C bzw. Dampfphasenlöten,<br />

Tmax = 230 °C) weiter verarbeitet werden können. Als Alternative wurden niedrig<br />

schmelzende SnBi-Lote (Sp = 138 °C) in die Tabelle aufgenommen <strong>für</strong> den Fall, dass die<br />

Folienschaltungen thermisch nicht ausreichend belastbar sein sollten.<br />

5


Aufbau der<br />

Kunststofffolien<br />

Temperaturbelastbarkeit<br />

Schmelzverhalten<br />

Folienmaterial<br />

- Prinzipieller Aufbau der Mehrschichtfolien: B = Trägerfolie, A = Haftfolie<br />

bzw. Haftschicht<br />

- Zweischichtaufbau Typ AB oder Dreischichtaufbau Typ ABA <strong>für</strong><br />

einseitige flexible Schaltungen<br />

- Dreischichtaufbau Typ ABA <strong>für</strong> zweiseitige flexible Schaltungen<br />

- Kurzzeitig abhängig vom AVT-Prozess:<br />

SnAgCu: (ca.60 sec) 260°C (Konvektionslötprozess)<br />

SnBi-Lot: (ca.60 sec) 160°C (Konvektionslötprozess) (Fall back solution)<br />

- Dauertemperaturbeständigkeit abhängig vom Anwendungsfeld (am Bsp.<br />

Automobil): Motorraum: 125 °C / motornah: >150 °C / Innenraum: 85 °C<br />

- Folie B sollte eine deutlich höhere Schmelztemperatur aufweisen als<br />

Haftschicht A (Temperaturdifferenz z.B. 40-50 °C)<br />

- Bevorzugt: Technische Thermoplaste wie z.B. teilaromatische PA<br />

- Alternativ: Strahlenvernetzbare Thermoplaste (z.B. PA, PBT), Folien mit<br />

Füllstoffen, High Performance Thermoplaste (PPS, PEI, PEEK)<br />

Dicke der Folien - Gesamtdicke: 80 – 150 µm (Industrie) bzw. > 150 µm (LKT)<br />

Mechanische <strong>und</strong><br />

thermomechanische<br />

Eigenschaften der Folie<br />

Heißprägbarkeit der<br />

Kunststofffolien<br />

Bohrbarkeit der<br />

Kunststofffolien<br />

Konfektionierung der<br />

Folien<br />

Lagerung der Folien<br />

Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />

an Folien<br />

nach DIN<br />

Charakterisierung der Folien durch:<br />

- Spannungs-Dehnungs-Verhalten<br />

- E-Modul, temperaturabhängig (DMA)<br />

- Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten (DSC)<br />

- Ausdehnungskoeffizient (TMA)<br />

- Verb<strong>und</strong>festigkeit des Mehrschichtaufbaus <strong>und</strong> Reißfestigkeit<br />

- Die Kunststofffolie soll beim Heißprägen keine strukturelle Änderung<br />

(Verwölbung/Verzug) erfahren, welche die nachgeschalteten Prozesse<br />

beeinträchtigt<br />

- Die Haftung der Leiter auf der Folie sollte > 1 N/mm betragen (Peeltest)<br />

- Die Restfolie sollte sich nach dem Prägeprozess leicht entfernen lassen<br />

- Die Wulstbildung sollte < 80 µm sein<br />

- Die Kunststofffolien sollten bevorzugt lasertechnisch <strong>für</strong> die Einbringung<br />

von Bohrungen <strong>für</strong> die Durchkontaktierung strukturierbar sein<br />

- Die Folien sollen <strong>für</strong> die Rolle-zu-Rolle-Verarbeitung auf Arbeitsbreite<br />

zuschneidbar sein<br />

- Die Folien sollen <strong>für</strong> die Rolle-zu-Rolle-Verarbeitung auf Pappkernen<br />

wickelbar sein, ohne dass die Folie beim Wickeln verklebt<br />

- Die Folien sollen bei Lagerung unter kontrollierten Bedingungen (T, rel.<br />

LF, Licht) ihre Eigenschaften nicht verändern<br />

- Die Lagerungszeit der Folien soll mindestens 12 Monate betragen<br />

- Die Folienschaltungsträger sollen den Anforderungen der gängigen<br />

Zuverlässigkeitstests (rascher Temperaturwechsel (EN 60068-2-14),<br />

trockene Wärme (EN 60068-2-2), feuchte Wärme (EN 60068-2-67),<br />

Vibration (EN 60068-2-27) <strong>und</strong> Biegezyklen-Tests (IPC/JPCA- 6202)<br />

entsprechen<br />

- Die Bedingungen der Zuverlässigkeitstests sind abhängig von der<br />

geplanten Anwendung<br />

ROHS-Konformität - Die Folienschaltungsträger sollen den VDE-Richtlinien hinsichtlich der<br />

Schadstoffverordnung entsprechen (z.B. keine flammhemmenden<br />

Zusätze auf Br-Basis)<br />

Tabelle 3.1: Anforderungsprofil an die Kunststofffolien zu Projektbeginn<br />

6


Die zu untersuchenden Kunststofffolien wurden einerseits am LKT hergestellt, wobei der LKT<br />

auf Kunststoffgranulat sowie auf Folienvorprodukte der Industrie zurückgreifen konnte. Des<br />

Weiteren wurden Kunststofffolien durch die Industriepartner zur Verfügung gestellt, wobei<br />

neben kommerziell verfügbaren Produkten auf PET-Basis (Mitsubishi Polyester Film) vor<br />

allem Versuchsprodukte auf PA-Basis (BASF, EMS-Chemie) aber auch PPS-Folien (Ticona)<br />

eingesetzt wurden. Eine Übersicht der untersuchten Kunststofffolien ist im Abschnitt 4<br />

enthalten.<br />

Als Heißprägefolien wurden sowohl ED-Folien (electro deposited, galvanisch abgeschiedene<br />

Folien) als auch Walzfolien eingesetzt. Da Walzfolien nicht direkt heißgeprägt werden<br />

können, benötigen sie eine Vorstrukturierung der Leiterbahnstrukturen mittels Laser. Als<br />

weiterer wichtiger Unterschied ist zu erwähnen, dass sie im Vergleich zu ED-Folien ein viel<br />

feineres Rückseitentreatment aufweisen (Bild 3.1). Des Weiteren sind Walzfolien weitaus<br />

weniger spröde als ED-Folien, was gerade im Bezug auf flexible Schaltungen ein<br />

bedeutender Vorteil ist. Tabelle 3.2 zeigt die wichtigsten Eigenschaften beider Folientypen.<br />

ED-Folie Walzfolie<br />

Bild 3.1: REM-Aufnahmen des Rückseitentreatments <strong>und</strong> Querschliffe von ED-Folien <strong>und</strong><br />

Walzfolien im Vergleich<br />

7


Eigenschaft ED-Folie [5] Walzfolie [6]<br />

Foliendicke (µm)<br />

Bruchdehnung (%)<br />

Zugfestigkeit (N/mm²)<br />

Knicktest<br />

Reißtest (N)<br />

Prägbarkeit<br />

Folienoberseite (typisch)<br />

Treatment Folienrückseite<br />

Rauhigkeit Ra (µm)<br />

Rauhigkeit RZ (µm)<br />

Haftung (N/mm) auf PA6T/66Grivory HT2V-3H<br />

25<br />

2-4<br />

400-600<br />

1x<br />

0,15<br />

gut<br />

Sn<br />

Cu/CuO<br />

2-5<br />

20-30<br />

> 2<br />

Tabelle 3.2: Eigenschaften der ausgewählten Heißprägefolien im Vergleich<br />

25<br />

0-2,5<br />

300-450<br />

3x – 6x<br />

0,3 – 0,35<br />

gut nach Laservorschnitt<br />

Cu (passiviert)<br />

Cu/Zn<br />

0,2-0,5<br />

2-5<br />

1,2<br />

In der ersten Projekthälfte wurde ein breites Spektrum an Kunststofffolien auf ihre Eignung<br />

zum Heißprägen untersucht. Nach diesem Screening wurde die Anzahl der in Betracht<br />

kommenden Kunststofffolien stark eingeschränkt. Die verbleibenden Folien wurden<br />

entsprechend dem Anforderungsprofil eingehender getestet, wobei auch weitere Kriterien<br />

wie Verfügbarkeit <strong>und</strong> Preis berücksichtigt wurden. Letztendlich wurden zwei Kunststofffolien<br />

ausgewählt („2 x 2 Matrix“, Abschnitt 7), mit welchen dann alle fortlaufenden Arbeiten wie die<br />

Entwicklung von Durchkontaktierungen, Testschaltungen <strong>für</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />

<strong>und</strong> Aufbau von Demonstratoren durchgeführt wurden.<br />

4 Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung der Kunststofffolien<br />

4.1 Kunststofffolientypen<br />

Bei der Herstellung wie auch der Bereitstellung thermoplastischer Kunststofffolien als flexible<br />

Basismaterialien <strong>für</strong> den Einsatz in Low Cost-Flexschaltungen wurden verschiedene Ansätze<br />

verfolgt.<br />

Zum einen wurden Mehrschichtfolien aus zwei Kunststoffschmelzen mittels der Adapter-<br />

Coextrusion im so genannten Chill-Roll-Verfahren am LKT hergestellt. Dieser<br />

Verfahrensansatz wurde <strong>für</strong> artgleiche, technische Kunststoffe gewählt <strong>und</strong> insbesondere <strong>für</strong><br />

Kombinationen aus technischen Thermoplasten, deren maximale Temperaturdifferenz im<br />

Schmelzepeak einen Wert von 40 °C nicht überschritten.<br />

8


Bei höher schmelzenden Kunststoffen wie etwa aromatischen Polyamiden sowie<br />

Hochleistungsthermoplasten wurden aufgr<strong>und</strong> der stark erhöhten Schmelztemperatur der<br />

Weg über Einschichtfolien als zweiter Ansatz in der Herstellungsfolge zum flexiblen<br />

Schaltungsträger gewählt. Die Einschichtfolien wurden seitens des LKT extrudiert<br />

(Trägerfolien) bzw. konnten durch Industriepartner als Versuchsprodukte (Haft- <strong>und</strong>/oder<br />

Trägerfolien) <strong>für</strong> das Projektvorhaben in jeweils kleinen bis größeren Umfängen zur<br />

Verfügung gestellt werden. Die Einschichtfolien wurden unter anderem in die<br />

Untersuchungen zur Strukturier- <strong>und</strong> Metallisierbarkeit durch Heißprägen (Abschnitt 7) sowie<br />

zum Aufbau <strong>und</strong> zur Zuverlässigkeit von Testbaugruppen (Abschnitt 10) einbezogen.<br />

Darüber hinaus wurden Vorprodukte von Haftfolien genutzt, um diese einerseits mittels<br />

Heißpressens auf das höher schmelzende Trägerfoliensubstrat zu laminieren, zum anderen<br />

um diese während des Extrusionsprozesses nach dem Düsenaustritt der Kunststoffschmelze<br />

über ein Walzensystem zuzuführen. Ergänzend konnten zudem durch den Industriepartner<br />

BASF gefertigte Mehrschichtfolien mit ABA-Schichtaufbau <strong>für</strong> das Projektvorhaben<br />

unmittelbar genutzt werden.<br />

4.2 Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung von Mehrschichtfolien seitens LKT<br />

Bei der Herstellung von Mehrschichtfolien wurde am LKT <strong>für</strong> preisgünstige, technische<br />

Thermoplaste mit Schmelztemperaturen bis etwa 230 °C der Verarbeitungsansatz der<br />

verfügbaren Adapter-Coextrusion verfolgt. Die Herstellung folienförmiger Halbzeuge erfolgte<br />

dabei im Flachfolienextrusionsverfahren mit Chill-Roll.<br />

Die verwendete <strong>und</strong> in Bild 4.2.1 gezeigte Flachfolienanlage des LKT bestand aus den<br />

beiden Einschneckenextrudern Collin E30M der Firma Dr. Collin, Ebersberg, sowie Leistritz<br />

LSM 30/34 GL der Firma Leistritz, Nürnberg, welche jeweils mit einer Schnecke des<br />

Durchmessers 30 mm bei einem L/D-Verhältnis von 25 ausgestattet war. Für die<br />

Zusammenführung der Kunststoffschmelzen besaß die Anlage einen Coex-Adapter der<br />

Firma Dr. Collin, welcher zwischen die Extruder <strong>und</strong> eine Breitschlitzdüse von 250 mm Breite<br />

integriert wurde. Die Kühlung, der Abzug sowie die Konfektionierung der extrudierten<br />

Mehrschichtfolien auf Rolle wurde schließlich über eine Chill-Roll Anlage der Fa. Dr. Collin,<br />

Typ CR136/350, realisiert.<br />

9


Coex-<br />

Feedblock<br />

Bild 4.2.1: Flachfolienanlage zur Herstellung von Mehrschichtfolien mittels Coextrusion<br />

links: Einschneckenextruder, Coex- Feedblock (Adapter) <strong>und</strong> Breitschlitzdüse<br />

rechts: Chill-Roll Anlage mit vertikaler 3-Walzen-Einheit <strong>und</strong> Folienzuführung<br />

Zur Herstellung von coextrudierten Mehrschichtfolien als Basismaterial <strong>für</strong> flexible<br />

Schaltungsträger wurden aufgr<strong>und</strong> ihrer individuellen Vorteile verschiedene, technische<br />

Kunststofftypen ausgewählt, Tabelle 4.2.1. Um deren Beständigkeit bei den im bleifreien<br />

Lötprozess herrschenden Temperaturen bis etwa 260 °C kurzzeitig sicherzustellen, wurden<br />

diese Kunststofftypen von der Firma PTS, Adelhofen, mit speziellen Monomeren versehen,<br />

welche nach der Herstellung von Folien deren Strahlenvernetzung <strong>und</strong> damit Erweiterung<br />

der thermischen Einsatzgrenze ermöglichen.<br />

Kunststoff Bezeichnung Schmelzpunkt<br />

[°C]<br />

PA12-X<br />

(Haftschicht)<br />

PA12-X<br />

(Trägerschicht)<br />

V-CREAMID-<br />

12H2*M807/05<br />

V-CREAMID-<br />

12H2*M807/13<br />

PBT-X V-CREATEC-<br />

B4HZC*M800/25<br />

TPE-X V-UNIFLEX-<br />

E25D/M*M800/20<br />

Folienzuführung<br />

(optional)<br />

3-Walzen-<br />

Einheit<br />

max. Wasseraufnahme<br />

[%]<br />

Bestrahlungsdosis<br />

[kGy]<br />

177 °C 1,6 66<br />

177 °C 1,6 66<br />

220 °C 0,5 165<br />

182 °C -- 165<br />

Tabelle 4.2.1: Ausgewählte strahlenvernetzbare Kunststoffe <strong>für</strong> die Folien-Coextrusion;<br />

Eigenschaften <strong>und</strong> optimale Bestrahlungsdosis nach Herstellerangaben<br />

Polybutylenterephthalat (PBT) weist eine niedrige Wasseraufnahme auf, wobei die<br />

mechanischen Eigenschaften des Materials durch diese Feuchtigkeit nicht beeinflusst<br />

werden. Dies stellt einen deutlichen Vorteil gegenüber Polyamiden dar. Polyamid 12 (PA12)<br />

10


enötigt zur Vernetzung nur eine geringe Dosis von 66 kGy. Dies birgt das Potential<br />

kostengünstiger Vernetzung <strong>und</strong> somit wirtschaftlicher Vorteile. Darüber hinaus hat es<br />

gegenüber anderen Polyamiden eine geringe Wasseraufnahme. Das Eigenschaftsprofil von<br />

thermoplastischen Elastomeren (TPE) kann von gummiartig bis zum hochflexiblen<br />

technischen Thermoplast reichen <strong>und</strong> lässt damit Vorzüge im Hinblick auf eine gute<br />

Haftfestigkeit der Metallisierung auf der Kunststoffoberfläche erwarten.<br />

Die in Tabelle 4.2.1 genannten strahlenvernetzbaren Kunststofftypen wurden im<br />

Coextrusionsverfahren zu zwei Mehrschichtfolien des Schichtaufbautyps AB mit jeweiliger<br />

Gesamtdicke von ca. 150 µm kombiniert<br />

• eine Mehrschichtfolie artgleicher Kunststoffmatrix PA12, keiner Schmelz-<br />

•<br />

temperaturdifferenz <strong>und</strong> unterschiedlichem Vernetzungsmittelgehalts von 5%<br />

(Haftschicht A) bzw. 13% TAIC (Trägerschicht B) sowie<br />

eine Mehrschichtfolie, aufgebaut aus den Kunststoffmatrices PBT <strong>und</strong> TPE mit<br />

Schmelztemperaturdifferenz von etwa 40 °C.<br />

Die Verarbeitungsparameter der Folienextrusion wurden im Hinblick auf einen stabilen<br />

hochviskosen Schmelzeaustrag, eine gute Oberflächenqualität sowie Dickenkonstanz über<br />

den Folienquerschnitt eingestellt <strong>und</strong> sind in Tabelle 4.2.2 aufgeführt.<br />

Im Anschluss an die Fertigung der beiden Mehrschichtfolientypen wurde deren<br />

Elektronenbestrahlung im Rahmen des Projektes von der Firma Beta Gamma Service<br />

(BGS), Saal a. d. Donau, mit einem 5 MeV Elektronenbeschleuniger durchgeführt. Die<br />

jeweilige Dosis wurde dabei in Teilschritten von jeweils 33 kGy aufgebracht, um eine zu<br />

starke Erwärmung der Proben zu vermeiden. Der Vernetzungsgrad wurde mittels<br />

Gelwertanalyse ebenfalls von BGS bestimmt. Zur Charakterisierung der Effekte einer<br />

Elektronenbestrahlung auf die coextrudierten Kunststofffolien kamen im Späteren DSC<br />

(Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten), Zugversuche (σ-ε-Verhalten) <strong>und</strong> Rotationsviskosimetrie<br />

(Nachweis der Rest-Steifigkeit) zum Einsatz (Abschnitt 5).<br />

Mit den beiden ausgewählten Materialkombinationen konnten Mehrschichtfolien des Typs AB<br />

mittels der Adapter-Coextrusion auf Rolle hergestellt werden (Bild 4.2.2). Dabei zeigte sich<br />

auch eine herrschende Schmelztemperaturdifferenz bis zu etwa 40 °C zwischen den beiden<br />

Kunststoffschmelzen (Folie <strong>Nr</strong>. 4) als Prozessgrenze <strong>für</strong> die Fertigung von Mehrschichtfolien<br />

im besagten Coextrusionsverfahren mit Coex-Feedblock (Adapter).<br />

11


lauf. <strong>Nr</strong>. 3 lauf. <strong>Nr</strong>. 4<br />

Schicht A B A B<br />

Kunststoff PA12-X<br />

(5% TAIC)<br />

PA12-X<br />

(13% TAIC)<br />

Extruder Collin E30M Leistritz LSM<br />

30/34 GL<br />

TPE-X PBT-X<br />

Collin E30M Leistritz LSM<br />

30/34 GL<br />

Zone 1 [°C] 235 235 200 260<br />

Zone 2 [°C] 245 245 195 260<br />

Zone 3 [°C] 250 250 195 255<br />

Zone 4 [°C] 250 250 190 250<br />

Zone 5 [°C] -- 250 -- 250<br />

Drehzahl<br />

[min -1 ]<br />

8 40 11 60<br />

Flansch [°C] -- 250 -- 250<br />

Adapter [°C] 250 210 250<br />

Coex-Feedblock<br />

[°C]<br />

Breitschlitz-<br />

düse<br />

250 240<br />

Collin BS 250 mm Collin BS 250 mm<br />

Zone 1 [°C] 250 250<br />

Zone 2 [°C] 250 250<br />

Zone 3 [°C] 250 250<br />

Spaltweite [µm] ~ 550 ~ 600<br />

Chill-Roll Collin CR136/350 Collin CR136/350<br />

Walze, oben [°C] 80 80<br />

Walze, unten [°C] 80 40<br />

Abzug [m/min] 2,42 2,94<br />

Schichtdicke<br />

Mehrschicht [µm] ~ 150<br />

A<br />

B<br />

~ 150<br />

50 µm 50 µm<br />

Einzelschicht [µm] ~ 30 ~ 120 ~ 30 ~ 120<br />

Tabelle 4.2.2: Verarbeitungsparameter bei der Coextrusion von Mehrschichtfolien<br />

A<br />

B<br />

12


Bild 4.2.2: Hergestellte Mehrschichtfolien des Typs AB im Coextrusionsverfahren<br />

links: Mehrschichtfolie auf Basis artgleicher Kunststofftypen (PA12)<br />

rechts: Mehrschichtfolie auf Basis von Kunststofftypen mit akzeptabler<br />

Schmelztemperaturdifferenz (TPE/ PBT)<br />

Bei höheren Differenzen im Schmelzepeak können sich hingegen infolge der eingestellten<br />

Temperaturen im Coex-Adapter <strong>und</strong> in der Düse stark erniedrigte Viskositäten seitens der<br />

Haftschichtmaterialien zeigen, während sich die Materialien der jeweiligen Trägerschichten<br />

noch vergleichsweise höher viskos verhalten. Infolgedessen kommt es in der Düse zu<br />

Schmelzeumverteilungen, wobei der niedrig viskosere Kunststoff der Haftschicht<br />

vornehmlich durch den Verteilerkanal <strong>und</strong> nur in geringem Maße über das Drosselfeld<br />

strömt. Daraus resultiert ein inhomogener Düsenaustritt der Haftschichtschmelze, so dass es<br />

an den Folienrändern zu Masseanhäufungen kommt <strong>und</strong> sich zugleich nur wenig Material in<br />

der Folienmitte ansetzt. Zudem lassen sich Abbauerscheinungen der Haftschichtmaterialien<br />

aufgr<strong>und</strong> der erhöhten Verarbeitungstemperaturen erwarten. Diesen Sachverhalt<br />

verdeutlichen exemplarisch durchgeführte Untersuchungen zur Coextrusion strahlenvernetzbarer<br />

Kunststofftypen mit erhöhter Schmelztemperaturdifferenz. Bild 4.2.3 zeigt hierzu das<br />

Ergebnis einer Oberflächeninspektion <strong>für</strong> eine exemplarische Kombination der Kunststoffe<br />

PA9T (Schmelztemperatur Tm = 304 °C) <strong>und</strong> PA6 (Tm = 220 °C) <strong>und</strong> folgliche Differenz hierin<br />

von über 80 °C.<br />

13


Strahlenvernetzbare<br />

PA 9T-Schicht<br />

25 µm<br />

Masseanhäufung des<br />

strahlenvernetzbaren PA 6<br />

Inhomogene Verteilung des<br />

strahlenvernetzbaren PA 6 in<br />

der Folienmitte<br />

Bild 4.2.3: Oberfläche <strong>und</strong> Materialverteilung einer coextrudierten Mehrschichtfolie bei Aus-<br />

wahl von Materialien mit zu großer Schmelztemperaturdifferenz<br />

Aufgr<strong>und</strong> der dargelegten Sachverhalte ist es hier nicht möglich, mittels der Coextrusion<br />

angemessene Mehrschichtfolien herzustellen. Separat durchgeführte Extrusionsversuche<br />

belegen jedoch, dass sich das eingesetzte PA9T, Bezeichnung Genestar N1006C-H31 von<br />

der Firma Kuraray (Beimischung von 5 Gew.-% Vernetzungsadditiv) mit einem entsprechend<br />

abgestimmten Temperaturprofil ohne Weiteres zu einer einwandfreien Einschichtfolie<br />

verarbeiten ließe.<br />

4.3 Bereitstellung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien durch Industriepartner<br />

Von der Firma BASF, Ludwigshafen, wurden zu Beginn des Vorhabens drei<br />

Mehrschichtfolien auf Polyamid-Basis zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um<br />

Versuchsfolien des Typs ABA. In Tabelle 4.3.1 sind die verwendeten Materialien <strong>und</strong><br />

wichtigsten Eigenschaften der Folien zusammengestellt. Aus den eingefügten<br />

Querschliffbildern sind die Dicken der Einzelschichten ersichtlich.<br />

14


Tabelle 4.3.1: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Mehrschichtfolien auf PA-Basis (BASF)<br />

Unter den in Tabelle 4.3.1 aufgelisteten Folien wies die Folie <strong>Nr</strong>. 6 die besten Eigenschaften<br />

(Dicke Haftschicht, Schmelztemperatur Trägerschicht) auf <strong>und</strong> wurde daher in die<br />

eingehenderen Untersuchungen einbezogen (siehe Abschnitt 7; „2 x 2 – Matrix“).<br />

Darüber hinaus wurden von der Firma EMS-Chemie, Domat/Ems zum Ende der ersten<br />

Hälfte des Projektvorhabens zwei Einschichtfolien auf der Basis von Polyphthalamid (PPA),<br />

welche sowohl <strong>für</strong> den Einsatz als Trägerschicht in Mehrschichtfolien in Frage kommen<br />

können wie auch <strong>für</strong> die direkte Beprägung mit Leiterbahnbildern mittels des Heißprägens,<br />

<strong>und</strong> eine Einschichtfolie auf PA1010-Basis, vorgesehen <strong>für</strong> den Einsatz als Haftfolie <strong>für</strong> die<br />

heißgeprägte Metallisierung (Tabelle 4.3.2), in verschiedenen Dicken zur Verfügung gestellt.<br />

lauf. <strong>Nr</strong>. 8A lauf. <strong>Nr</strong>. 8B lauf. <strong>Nr</strong>. 9<br />

Bezeichnung Grivory FE 8211 Grilamid XE 4019 Grivory FE 8215<br />

Kunststoff PPA PA1010 PPA<br />

Schmelztemp.<br />

[°C]<br />

260 198 268<br />

Dicke [µm] 30 / 120 / 150 30 / 120 / 150 30 / 120 / 150<br />

Tabelle 4.3.2: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Einschichtfolien (EMS-Chemie)<br />

An der Folie <strong>Nr</strong>. 9 wurde im Weiteren unmittelbar mit Untersuchungen zum direkten<br />

Heißprägen auf der Folienoberfläche, zur Zuverlässigkeit sowie zum Aufbau von<br />

Testbaugruppen begonnen. Zuschnitte der Folien 8A <strong>und</strong> 8B wurden am LKT <strong>für</strong><br />

orientierende Heißpressversuche mit einer 4-Säulen-Presse des Typs Blue Tiger Systems<br />

ACU 100 HPV im Sinne der Herstellung der zweilagigen Folie 8 des Typs AB verwendet.<br />

Hierzu kam ein beheizbares Stempelwerkzeug mit planer Oberfläche zum Einsatz. Die<br />

15


Pressversuche wurden jeweils nahe der Schmelztemperatur des verwendeten<br />

Trägersubstrats Grivory FE 8211 von 260 °C durchgeführt, wobei die Stempelkontaktzeit<br />

(Wärmeeintrag, starkes Aufschmelzen der Haftschicht) wie auch der Pressdruck<br />

(Verformung, Schmelzeaustrieb der Haftkomponente) aus den genannten Gründen äußerst<br />

minimal gehalten werden mussten. Hierüber konnte eine zunächst äußerlich verb<strong>und</strong>fest<br />

erscheinende Kombination der beiden isoliert gefertigten Folienschichten realisiert werden.<br />

Im nachfolgenden Schritt des Heißprägens stellte sich unter erneuter Temperatur- <strong>und</strong><br />

Druckeinwirkung allerdings eine Delamination der Mehrschichtfolie in ihre beiden<br />

Einzelschichten ein, weshalb diese Folie in weiterführende Untersuchungen nicht mit<br />

einbezogen wurde.<br />

Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen mit den Versuchsfolien der EMS-Chemie,<br />

dass unter den gegebenen Randbedingungen des Heißpressens sich der Verb<strong>und</strong> aus<br />

höher <strong>und</strong> niedrig schmelzenden Einschichtfolien nur vorübergehend realisieren lässt, wurde<br />

unter Einsatz der Haftfolie PA1010 ein zusätzlicher Ansatz <strong>für</strong> die Herstellung von<br />

Mehrschichtfolie gewählt. Hierzu wurde die Möglichkeit der Chill-Roll Anlage am LKT<br />

genutzt, Folienbahnen kontinuierlich bzw. in Form von Zuschnitten vor der 3-Walzen-<br />

Kühleinheit der Oberfläche des aus der Düse heiß heraustretenden Schmelzefilms<br />

zuzuführen. Die Wärme der Schmelze wird dabei <strong>für</strong> ein Anschmelzen des<br />

Haftfolienvorproduktes genutzt <strong>und</strong> dessen leichtes Andrücken durch eine Glättwalze lässt<br />

einen haftfesten Verb<strong>und</strong> erwarten. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde Einschichtfolie auf PPA-<br />

Basis mit der Flachfolienanlage am LKT extrudiert. Eingesetzt hier<strong>für</strong> werden konnte ein als<br />

Granulat von der Firma Evonik, Marl, zur Verfügung gestellte PA10T-Kunststofftyp. Die<br />

Parameter <strong>für</strong> die Folienextrusion sind in Tabelle 4.3.3 zusammengefasst.<br />

Werkstoff PA10T (lauf. <strong>Nr</strong>. 10)<br />

Bezeichnung Vestamid HTplus TGP 3521<br />

Düsentemperatur [°C] 300<br />

Kühlwalzentemperatur [°C] 120<br />

Drehzahl Extruder [min -1 ] 60<br />

Abzugsgeschwindigkeit<br />

[m/min]<br />

2,8<br />

Foliendicke ohne<br />

aufkaschierte Haftfolie [µm]<br />

~ 150<br />

Foliendicke einschl.<br />

aufkaschierte Haftfolie [µm]<br />

~ 170<br />

Tabelle 4.3.3: Parameter zur Herstellung von PA10T-Folien<br />

Der aus der Breitschlitzdüse extrudierte PA10T-Schmelzefilm wurde in die vertikale 3-<br />

Walzen-Einheit der Flachfolienanlage eingefädelt. Dabei wurden in periodischen Abständen<br />

16


Zuschnitte der Einschichtfolie PA1010 zugeführt, welche unter Temperatureinwirkung der<br />

Schmelze bzw. dem Walzendruck haftfest mit dem extrudierten Trägersubstrat PA10T<br />

verb<strong>und</strong>en werden konnte. Die über das Kaschieren von Kunststoffschmelze durch<br />

vorgefertigte Folienhalbzeuge hergestellte Mehrschichtfolie des Typs AB konnte daraufhin in<br />

die weiteren Untersuchungen eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />

Weitere Folien aus dem Bereich der Hochleistungskunststoffe wurden seitens der Firma<br />

Ticona, Oberhausen, bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um vier Einschichtfolien auf PPS-<br />

Basis, eine ungefüllte <strong>und</strong> drei mit Glasfaser bzw. Mineralstoffen gefüllte Varianten (Tabelle<br />

4.3.4).<br />

Bezeichnung Fortron 0320<br />

(ungefüllt)<br />

lauf. <strong>Nr</strong>. 11 lauf. <strong>Nr</strong>. 12 lauf. <strong>Nr</strong>. 13 lauf. <strong>Nr</strong>. 14<br />

Fortron 1115L0 –<br />

gefüllt 15% Gf.<br />

(weiß)<br />

Fortron 1120L0 –<br />

gefüllt 20 % Gf.<br />

(schwarz)<br />

PPS<br />

Entwicklungstyp<br />

gefüllt 20 % Min.<br />

Schmelztemp.<br />

(°C)<br />

115<br />

220 270 -<br />

Dicke (µm) 180 - 190 310 - 330 210 – 220 190<br />

Tabelle 4.3.4: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Einschichtfolien auf PPS-Basis (Ticona)<br />

Insbesondere die Folie <strong>Nr</strong>. 14 zeigte bei den Untersuchungen eine gute Heißprägbarkeit <strong>und</strong><br />

hohe Haftfestigkeitswerte. Dennoch wurde diese Folie nicht in die weiteren Untersuchungen<br />

einbezogen, da sie nur in Versuchsmengen zur Verfügung stand <strong>und</strong> durch Ticona nicht<br />

mehr nachgeliefert werden konnte.<br />

17


4.4 Folienübersicht <strong>und</strong> Folienauswahl<br />

<strong>Nr</strong>. Folien-<br />

typ<br />

Material<br />

A B<br />

Hersteller<br />

(Granulat)<br />

Dicke<br />

µm<br />

Präg-<br />

barkeit<br />

Verfügbarkeit<br />

Lötbeständigkeit<br />

Dampf-<br />

phase<br />

1 ABC PET (Hostaphan RHS) Mitsubishi 85 + + - -<br />

2 AB PC+ABS<br />

(Makrolon 3103 MAS175 +<br />

Bayblend T65)<br />

3 AB PA12<br />

(V-PTS-Creamid-12H2*M80/05)<br />

4 AB TPE<br />

(V-Uniflex-E25D/M*M800/20)<br />

5 ABA PA6<br />

(Ultramid B33L + 1% U180)<br />

6 ABA PA66+PA6<br />

(Ultramid A3401 +<br />

25% Ultramid B33L)<br />

PC<br />

(Bayblend T65)<br />

PA12<br />

(V-PTS-Creamid-12H2*M80/13)<br />

PBT<br />

(V-Createc-B4HZC*M800/25)<br />

PA66<br />

(Ultramid A3401 + 1% Micronuk)<br />

PA6/6T<br />

(Ultramid TKR4531)<br />

LKT<br />

(Bayer)<br />

LKT<br />

(PTS)<br />

LKT<br />

(PTS)<br />

150 - +<br />

Kon-<br />

vektion<br />

150 - + + -<br />

150 - + + -<br />

BASF 130 + + -<br />

BASF 130 + + + +/o<br />

7 ABA PA66 (Ultramid A3401) PA6/6T (Ultramid TKR4531) BASF 120 + o +<br />

8 AB PA1010 (Grilamid XE 4019) PPA (Grivory FE 8211) LKT<br />

(EMS)<br />

220 - + -<br />

9 A PPA (Grivory FE 8215) EMS 110 + + + +<br />

10 AB PA1010 (Grilamid XE 4019) PA10T<br />

(PPA VESTAMID HTplusTGP3521)<br />

LKT<br />

150<br />

(EMS+Degussa)<br />

+ -<br />

11 A PPS (Fortron 0320) Ticona 180 - -<br />

12 A PPS (Fortron 1120L0) Ticona 320 - -<br />

13 A PPS (Fortron 1115L0) Ticona 220 - -<br />

14 A PPS (Entwickungstyp) Ticona 190 + - +<br />

18


5 Charakterisierung der Kunststofffolien<br />

Die in Abschnitt 4 hergestellten Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien bzw. die als Folienprodukt durch<br />

Industriepartner bereitgestellten Kunststofffolientypen wurden primär hinsichtlich des<br />

thermischen Gebrauchsverhaltens (Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten) sowie des<br />

mechanischen Verhaltens unter erhöhter Temperatur (thermische Ausdehnung,<br />

Temperaturbeständigkeit) charakterisiert. Die im Folgenden dargestellten Untersuchungen<br />

sowie die zur Generierung der Ergebnisse eingesetzten Analysemethoden sind in Tabelle<br />

5.1 in einer Übersicht nach den Folientypen gegliedert dargestellt. Ergänzend zu den<br />

konsistent an allen Folientypen durchgeführten DSC- <strong>und</strong> TMA-Untersuchungen wurden an<br />

der Folie <strong>Nr</strong>. 1 des Typs ABC eine so genannte µTA (<strong>Mikro</strong>-Thermische Analyse)<br />

durchgeführt, welche unter anderem Erkenntnisse über die Zusammensetzung sowie<br />

Beprägbarkeit dieses Folientyps erbringen sollte. An den coextrudierten<br />

strahlenvernetzbaren Mehrschichtfolien <strong>Nr</strong>. 3 <strong>und</strong> 4 wurde zusätzlich der Nachweis der Rest-<br />

Steifigkeit über Kristallitschmelztemperatur (Temperaturbeständigkeit <strong>für</strong> bleifreie<br />

Lötprozesse) durch Rotationsviskosimetrie sowie die Isotropie im Spannungs-Dehnungs-<br />

Verhaltens in Zugversuchen ermittelt. An den in Abschnitt 4.4 gelisteten PPS-Folientypen<br />

wurde aufgr<strong>und</strong> unzureichender Verfügbarkeit auf Analysen verzichtet.<br />

Folientyp<br />

lauf. <strong>Nr</strong>.<br />

Werkstoff Foliendicke<br />

[µm]<br />

Dosis<br />

[kGy]<br />

Analyse-<br />

methoden<br />

1 PET 85 -- DSC, TMA, µTA<br />

3 PA12 / PA12 150 66 DSC, TMA,<br />

Rotationsviskosimetrie,<br />

Zugversuch<br />

4 TPE / PBT 150 165 DSC, TMA,<br />

Rotationsviskosimetrie,<br />

Zugversuch<br />

5 PA6 / PA66 130 -- DSC, TMA<br />

6 PA66+PA6 / PA6/6T 130 -- DSC, TMA<br />

7 PA66 / PA6/6T 120 -- DSC, TMA<br />

8A PA1010 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />

8B PPA 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />

9 PPA 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />

10B PA10T 150 / 260 -- DSC, TMA<br />

Tabelle 5.1: Übersicht der ausgewählten Untersuchungen <strong>und</strong> angewandten Methoden<br />

19


5.1 Thermisches Verhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />

Die Folie <strong>Nr</strong>. 1, welche von der Firma Mitsubishi Polyester Film zur Verfügung gestellt wurde,<br />

lieferte bereits zu Projektbeginn in orientierenden Vorversuchen am HSG-IMAT äußerst gute<br />

Prägeergebnisse. Diese Mehrschichtfolie auf Basis von PET des Typs ABC wurde am LKT<br />

einer <strong>Mikro</strong>-Thermischen Analyse (µTA) unterzogen, eine Analysentechnik, welche die<br />

Möglichkeiten der Thermischen Analyse <strong>und</strong> der örtlich hochauflösenden Rasterkraftmikroskopie<br />

verknüpft. Das Rasterkraftmikroskop mit Messsonde, welche sowohl als<br />

Temperatursensor als auch als Wärmequelle dienen kann, ermöglicht neben der<br />

Bestimmung der Oberflächentopographie der Probe auch eine Ermittlung der thermischen<br />

Eigenschaften oberflächennaher Bereiche. Das Ergebnis der µTA an der PET-Folie zeigt Bild<br />

5.1.1, wobei links die ermittelten Wärmeeigenschaften über den Querschnitt (Prägeseite<br />

gekennzeichnet) <strong>und</strong> rechts die jeweilige Eindringtiefe des Temperatursensors (Messsonde)<br />

an den ausgewählten Messpunkten ersichtlich ist. Zwischen der amorphen PET-Schicht<br />

(Messpunkte 1 bis 3), auf die die Leiterstruktur geprägt wird, <strong>und</strong> der höher kristallinen<br />

PET-Schicht (Messpunkte 4 bis 6) lässt sich eine Differenz von r<strong>und</strong> 220 °C im<br />

Schmelzpunkt ermitteln. Während die amorphe Haftschicht aufschmilzt <strong>und</strong> den Formschluss<br />

mit der Metallisierung eingeht, ist die hinreichende Temperatur- <strong>und</strong> Formstabilität<br />

maßgeblich auf die Kristallinität der PET-Trägerschicht zurückzuführen.<br />

Bild 5.1.1: Thermische Eigenschaften der Mehrschichtfolie auf PET-Basis (Mitsubishi<br />

Polyester Film) bei einer zugr<strong>und</strong>e liegenden Heizrate von 10 K/s<br />

Mit den Folien <strong>Nr</strong>. 3 <strong>und</strong> 4 wurden Mehrschichtfolien des Typs AB erstmalig qualitativ aus<br />

den strahlenvernetzbaren technischen Thermoplasten PA12, PBT <strong>und</strong> TPE unter<br />

Anwendung des Coextrusionsverfahrens erzeugt. Diese Folien mussten nach der<br />

Herstellung durch den Schritt der Elektronenbestrahlung strahlenvernetzt werden, um eine<br />

kurzzeitige Erweiterung der thermischen Einsatzgrenzen in <strong>für</strong> gängige AVT-Prozesse<br />

20


charakteristische Temperaturbereiche, etwa bleifreies Löten mit Spitzentemperaturen bis ca.<br />

260 °C, zu erzielen.<br />

Die Bilder 5.1.2 <strong>und</strong> 5.1.3 zeigen die Ergebnisse von DSC-Untersuchungen zur<br />

Charakterisierung des Einflusses der Bestrahlung auf das Aufschmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten<br />

der beiden coextrudierten Mehrschichtfolien. Die Kristallitschmelztemperatur sinkt<br />

nach der Bestrahlung mit jeweils <strong>für</strong> den Werkstoff charakteristischer Dosis, was auf eine<br />

Störung des kristallinen Aufbaus durch die energiereiche Strahlung zurückzuführen ist.<br />

Bild 5.1.2: Aufschmelzverhalten der bestrahlten <strong>und</strong> unbestrahlten, mittels Coextrusion<br />

hergestellten Mehrschichtfolien<br />

links: Werkstoffkombination PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />

rechts: Werkstoffkombination TPE / PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />

DSC; Einwaage 3-5 mg; Heiz-/Kühlrate 10 °C/min; Spülgas Stickstoff<br />

Bild 5.1.3: Kristallisationsverhalten der bestrahlten <strong>und</strong> unbestrahlten, mittels Coextrusion<br />

hergestellten Mehrschichtfolien<br />

links: Werkstoffkombination PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />

rechts: Werkstoffkombination TPE / PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />

DSC; Einwaage 3-5 mg; Heiz-/Kühlrate 10 °C/min; Spülgas Stickstoff<br />

21


Sowohl Kristallisationsstart- <strong>und</strong> Kristallisationspeaktemperatur beim Abkühlen verschieben<br />

sich mit der Bestrahlung zu niedrigeren Temperaturen. Dieser Effekt deutet auf eine<br />

Vernetzung der Polymerketten hin. Dabei kann die durch die Vernetzungsstellen verminderte<br />

Kettenbeweglichkeit die Kristallisation behindern.<br />

Folie 3<br />

1. Aufheizen Abkühlen 2. Aufheizen<br />

Tpm [°C] ΔHm [J/g] Teic [°C] Tpc [°C] Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />

Mehrschichtfolie (PA12 / PA12)<br />

unbestrahlt 176,6 44,18 155,8 153,1<br />

171,7 <strong>und</strong> 177,4<br />

(Doppelpeak)<br />

54,85<br />

bestrahlt (2 x 33 kGy) 172,1 41,98 151,9 147,3 171,3 47,76<br />

Haftschicht (PA 12 + 5 % TAIC)<br />

unbestrahlt 176,3 46,52 155,3 151,5<br />

171,0 <strong>und</strong> 177,2<br />

(Doppelpeak)<br />

54,34<br />

bestrahlt (2 x 33 kGy) 171,4 46,74 149,7 145,1 171,3 50,33<br />

Trägerschicht (PA 12 + 13 % TAIC)<br />

unbestrahlt 176,4 46,06 155,9 153,2<br />

171,9 <strong>und</strong> 177,2<br />

(Doppelpeak)<br />

55,47<br />

bestrahlt (2 x 33 kGy) 171,8 43,64 152,1 147,5 171,0 50,05<br />

Tabelle 5.1.1: Thermische Eigenschaften von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolie (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />

Tpm = Peaktemperatur des Schmelzens, ΔHm = Schmelzenthalpie,<br />

Teic = Extrapolierte Anfangstemperatur der Kristallisation,<br />

Tpc = Peaktemperatur der Kristallisation<br />

Folie 4<br />

1. Aufheizen<br />

Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />

Abkühlen<br />

Teic [°C] Tpc [°C]<br />

2. Aufheizen<br />

Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />

Mehrschicht (TPE / PBT)<br />

unbestrahlt 219,8 27,00 199,0 195,1<br />

214,9 <strong>und</strong> 223,2<br />

(Doppelpeak)<br />

33,91<br />

bestrahlt (5 x 33 kGy) 216,4 30,10 197,5 191,0<br />

214,2 <strong>und</strong> 219,3<br />

(Doppelpeak)<br />

34,28<br />

Haftschicht (TPE)<br />

unbestrahlt<br />

W<br />

H<br />

1,3<br />

182,7<br />

14,41<br />

12,60<br />

-22,2<br />

161,0<br />

-34,4<br />

139,7<br />

-5,0<br />

176,9<br />

10,01<br />

14,71<br />

bestrahlt W -4,2 7,78 -22,5 -39,1 -1,1 8,15<br />

(5 x 33 kGy) H 159,6 9,45 133,0 96,4 165,5 12,06<br />

Trägerschicht (PBT)<br />

unbestrahlt 218,7 35,15 198,9 194,7<br />

213,2 <strong>und</strong> 221,9<br />

(Doppelpeak)<br />

40,22<br />

bestrahlt (5 x 33 kGy) 216,0 29,88 197,1 189,9 215,2 35,55<br />

Tabelle 5.1.2: Thermische Eigenschaften von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolie (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />

Tpm = Peaktemperatur des Schmelzens, ΔHm = Schmelzenthalpie,<br />

Teic = Extrapolierte Anfangstemperatur der Kristallisation,<br />

Tpc = Peaktemperatur der Kristallisation, W = Weichkomponente,<br />

H = Hartkomponente<br />

22


Die entsprechenden thermischen Kennwerte, wie sie <strong>für</strong> beide strahlenvernetzten Coex-<br />

Folientypen sowie die Einzelschichten in DSC-Untersuchungen ermittelt werden konnten,<br />

sind in Tabelle 5.1.1 <strong>und</strong> 5.1.2 zusammengefasst.<br />

Die von der BASF zur Verfügung gestellten Mehrschichtfolien des Typs ABA auf Basis<br />

unterschiedlicher Polyamide (PA6, PA66, PA6/6T) bzw. Polyamid-Blends (PA6+PA66), vgl.<br />

<strong>Mikro</strong>skopieaufnahmen in Bild 5.1.4, wurden in DSC-Untersuchungen vorrangig in Bezug auf<br />

ihre Aufschmelzcharakteristik hin untersucht. Die Ergebnisse der DSC zeigen dabei, dass<br />

insbesondere die beiden mit PA6/6T in der Mittelschicht versehenen Folientypen eine<br />

hinreichende Temperaturstabilität aufweisen, Bild 5.1.5.<br />

200 µm 50 µm<br />

50 µm<br />

Bild 5.1.4: <strong>Mikro</strong>skopieaufnahmen von Querschnitten der Mehrschichtfolien auf PA-Basis<br />

(BASF); Folie <strong>Nr</strong>. 5 bis 7 von links nach rechts<br />

Im Vergleich zu Folie <strong>Nr</strong>. 5 erscheint Folie <strong>Nr</strong>. 6 infolge des Wärmestromverlaufs <strong>für</strong><br />

Prägeversuche interessant. Die <strong>für</strong> die eingesetzten Polyamidwerkstoffe charakteristischen<br />

Kristallitschmelzbereiche treten in den verschiedenen Folientypen der Firma BASF in<br />

unterschiedlichem Maße in Erscheinung.<br />

Bild 5.1.5: Aufschmelzverhalten von Mehrschichtfolien auf PA-Basis (BASF)<br />

23


Die Untersuchungen zum Aufschmelzverhalten der Kunststofffolientypen werden durch die<br />

Ergebnisse der DSC an den von der Firma EMS-Chemie zur Verfügung gestellten beiden<br />

Trägersubstrate auf PPA-Basis (Folie <strong>Nr</strong>. 8B <strong>und</strong> 9) sowie der PA1010-Haftfolie (Folie <strong>Nr</strong>.<br />

8A) komplettiert, Bild 5.16. Zusätzlich ist hier als Ergebnis auch die Wärmestromkurve der<br />

am LKT extrudierten PA10T-Einschichtfolie ersichtlich.<br />

Bild 5.1.6: Aufschmelzverhalten von Trägerfolien auf Basis PPA (PA10T) sowie PA1010-<br />

Haftfolie (EMS-Chemie, Evonik)<br />

Anhand der <strong>für</strong> die PPA-Einschichtfolien ermittelten DSC-Kurven der 1. Aufheizphase lassen<br />

sich gr<strong>und</strong>legende Effekte der Nachkristallisation belegen, welche in stark unterschiedlichen<br />

Temperaturbereichen auftreten. Schmelzepeaktemperaturen können hierbei innerhalb eines<br />

Bereichs von etwa 240 bis 270 °C detektiert werden. Für die Haftfolie, welche auf PA1010<br />

basiert, zeigt sich in der DSC-Untersuchung ein erstes Erweichen im Temperaturbereich um<br />

die 20 bis 60 °C <strong>und</strong> eine Peaktemperatur des Aufschmelzens bei ca. 200 °C. Für die<br />

verb<strong>und</strong>feste Erzeugung von Mehrschichtfolien bedarf es hierzu einer Temperaturdifferenz<br />

von mindestens 40 bis 70 °C zu überwinden, um die oberflächennahe Anschmelzung der<br />

Trägerfolie zu erzielen. Ein übermäßiges Aufschmelzen der Haftfolie, welches unter anderem<br />

im Schmelzeaustrieb resultiert, ist dabei gleichzeitig kaum zu vermeiden.<br />

5.2 Mechanisches Verhalten strahlenvernetzter Mehrschichtfolien<br />

Das mechanische Verhalten vernetzter <strong>und</strong> unvernetzter Folien ist anhand von Speicher<strong>und</strong><br />

Verlustmodulkurven aus der Rotationsviskosimetrie in Bild 5.2.1 <strong>für</strong> die coextrudierte<br />

Mehrschichtfolie PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3) <strong>und</strong> in Bild 5.2.2 <strong>für</strong> die Mehrschichtfolie TPE /<br />

PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4) dargestellt.<br />

24


Anhand des Oszillationsversuchs im Platte/Platte-Rheometer zeigt sich <strong>für</strong> die unvernetzte<br />

Variante von Folie <strong>Nr</strong>. 3 in Bild 5.2.1 ab ca. 162 °C ein starker Abfall des Speichermoduls.<br />

Bei 179 °C ist der Schnittpunkt zwischen Speichermodul <strong>und</strong> Verlustmodul zu erkennen, der<br />

den Beginn des Fließens kennzeichnet.<br />

Bild 5.2.1: Temperaturabhängiger Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul von unbestrahlter <strong>und</strong><br />

vernetzter Mehrschichtfolie auf der Basis von PA12<br />

Platte/Platte-Rheometer (Oszillationsversuch); Heizrate 3 °C/min; Frequenz 1 Hz;<br />

Strain 0,2 %<br />

Dies korrespondiert mit dem im Rahmen der DSC-Untersuchung festgestellten<br />

Schmelzverhalten. Dabei schmelzen die kristallinen Anteile des Materials vollständig,<br />

wodurch der Bindungszusammenhalt der Makromoleküle verloren geht. Demnach besitzt die<br />

unbestrahlte Folie keine Reststeifigkeit nach Einsetzen des Kristallitschmelzens, wodurch es<br />

in einem Reflow-Lötprozess zum Fließen <strong>und</strong> damit zum Verlust an Formstabilität kommt. Im<br />

vernetzten Zustand ist ein ähnlicher Verlauf des Speichermoduls festzustellen. Allerdings<br />

erfolgt dabei zu keinem Zeitpunkt eine Kreuzung mit der Verlustmodulkurve, wonach die<br />

strahlungsinduzierten Vernetzungspunkte der Folie im lötrelevanten Temperaturbereich bis<br />

260 °C die erforderliche Reststeifigkeit verleihen <strong>und</strong> ein Fließen verhindern. Zwar<br />

schmelzen auch im vernetzten Material die kristallinen Anteile ab etwa 172 °C auf, jedoch<br />

gewährleisten die vorrangig in den amorphen Bereichen induzierten Vernetzungspunkte<br />

auch oberhalb der Schmelztemperatur den lötrelevanten molekularen Zusammenhalt.<br />

Daraus abgeleitet lässt sich bereits eine potentielle Eignung dieser strahlenvernetzten<br />

Mehrschichtfolie <strong>für</strong> einen bleifreien Reflow-Lötprozess erwarten. Die Heißprägbarkeit der<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 3 gilt es allerdings in entsprechenden Versuchen nachzuweisen.<br />

25


Der Schnittpunkt zwischen Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul liegt <strong>für</strong> die unbestrahlte<br />

Mehrschichtfolie <strong>Nr</strong>. 4 bei 195 °C <strong>und</strong> kennzeichnet den Beginn des Fließens. Auch bei der<br />

vernetzten Mehrschichtfolie muss entgegen der bislang <strong>für</strong> Strahlenvernetzung bekannten<br />

Sachverhalte ein derartiger Schnittpunkt bei etwa 213 °C festgestellt werden, der auch hier<br />

auf ein Fließen hindeutet. Da die Trägerschicht bei dieser Temperatur allerdings noch im<br />

entropieelastischen Zustand vorliegt, könnte vielmehr das Kollektiv aus Temperatur <strong>und</strong><br />

Scherbeanspruchung in der Rotationsviskosimetrie zu einem Ablösen der TPE-Haftschicht<br />

führen, was sich in den Messergebnissen schließlich fälschlich als Kreuzungspunkt der<br />

Modulkurven darstellt. Anhand der am strahlenvernetzten Verb<strong>und</strong> vorgenommenen<br />

Oszillationsversuche kann eine Erweiterung der thermischen Einsatzgrenzen infolge der<br />

zusätzlichen Elektronenbestrahlung festgestellt werden. Dies wird unter anderem im<br />

insgesamt höheren Niveau des Speichermodulverlaufs <strong>und</strong> im verzögerten Einsetzen des<br />

Kurvenabfalls deutlich (Bild 5.2.2). Inwiefern diese Materialkombinationen nach der<br />

Elektronenbestrahlung allerdings bei Temperaturen oberhalb der Kristallitschmelztemperatur,<br />

im Bereich bleifreier Löttemperaturen von kurzzeitig mehr als 250 bis 260 °C, eine erhöhte<br />

Reststeifigkeit behält, ist im realen Lötprozess zu verifizieren.<br />

Bild 5.2.2: Temperaturabhängiger Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul von unbestrahlter <strong>und</strong><br />

vernetzter Mehrschichtfolie auf der Basis von PBT <strong>und</strong> TPE<br />

Platte/Platte-Rheometer (Oszillationsversuch); Heizrate 3 °C/min; Frequenz 1 Hz;<br />

Strain 0,2 %<br />

Der Einfluss der Elektronenbestrahlung auf die mechanischen Eigenschaften der beiden<br />

coextrudierten Mehrschichtfolien wird in Bild 5.2.3 anhand des Spannungs-Dehnungs-<br />

Verlaufs dargestellt. Die Bestrahlung führt dabei insbesondere zu einer Erhöhung der<br />

26


Streckspannung <strong>und</strong> zum Rückgang von Streck- <strong>und</strong> Bruchdehnung. Dies weist auf die<br />

Vernetzung der Werkstoffe unter Einwirkung der energiereichen Strahlungen hin.<br />

Bild 5.2.3: Spannungs-Dehnungs-Diagramme <strong>für</strong> unbestrahlte (links) <strong>und</strong> vernetzte<br />

Mehrschichtfolien (rechts) , längs <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung<br />

oben: Mehrschichtfolie auf der Basis von PA12<br />

unten: Mehrschichtfolie auf der Basis von TPE <strong>und</strong> PBT<br />

Zugversuch nach DIN EN ISO 527-1; Prüfklima 23 °C, 50 % rel. Luftfeuchtigkeit;<br />

v(E-Modul) = 0,3 mm/min; v(σ-ε-Verhalten) = 15 mm/min; Wassergehalt < 0,2%<br />

Die Zugfestigkeitswerte der beiden Folientypen werden hingegen von der<br />

Elektronenbestrahlung nicht signifikant beeinflusst. Insgesamt können den Mehrschichtfolien<br />

damit weitgehend isotrope mechanische Eigenschaften bescheinigt werden (Bild 5.2.4).<br />

Geringfügige Unterschiede in den Festigkeits- <strong>und</strong> Dehnungskennwerten längs <strong>und</strong> quer zur<br />

Extrusionsrichtung der Folien können durch Orientierung der Makromoleküle im<br />

Extrusionsprozess hervorgerufen werden.<br />

27


Folie Folie Folie Folie<br />

Folie Folie Folie Folie<br />

<strong>Nr</strong>. 3 <strong>Nr</strong>. 3X <strong>Nr</strong>. 4 <strong>Nr</strong>. 4X <strong>Nr</strong>. 3 <strong>Nr</strong>. 3X <strong>Nr</strong>. 4 <strong>Nr</strong>. 4X<br />

Bild 5.2.4: Mechanische Kennwerte coextrudierter Mehrschichtfolien, längs <strong>und</strong> quer zur<br />

Extrusionsrichtung (X = strahlenvernetzt)<br />

links: Zugfestigkeit von Mehrschichtfolien vor <strong>und</strong> nach der Bestrahlung<br />

rechts: Bruchdehnung von Mehrschichtfolien vor <strong>und</strong> nach der Bestrahlung<br />

5.3 Thermisches Ausdehnungsverhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />

Die thermische Ausdehnung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien hängt maßgeblich von den<br />

verwendeten Materialien, den Temperaturen, der Richtung (längs oder quer zur Extrusionsrichtung)<br />

sowie von der zugr<strong>und</strong>e gelegten Foliendicke ab. Der thermische<br />

Ausdehnungskoeffizient (CTE: Coefficent of Thermal Expansion) von Kunststoffen allgemein<br />

<strong>und</strong> von dünnen, flächigen Kunststofferzeugnissen wie Folien im Speziellen stellt sich dem<br />

von Kupfer mit 17 ppm/°C gegenüber stark erhöht dar (Bilder 5.3.1 bis 5.3.3).<br />

Bild 5.3.1: Thermisches Ausdehnungsverhalten von coextrudierten Mehrschichtfolien des<br />

Typs AB längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts) vor <strong>und</strong> nach der<br />

Elektronenbestrahlung<br />

28


Bild 5.3.2: Thermisches Ausdehnungsverhalten von PA-Mehrschichtfolien des Typs ABA<br />

längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts)<br />

Bild 5.3.3: Thermisches Ausdehnungsverhalten von PPA- <strong>und</strong> PA1010-Einschichtfolien<br />

längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts)<br />

Sprunghafte Änderungen des CTEs sind hierbei insbesondere bei erhöhten Temperaturen<br />

oberhalb der materialspezifischen Glasübergangstemperaturen gegeben, wenn die<br />

Molekülbeweglichkeit deutlich zunimmt. Hieraus resultieren mehr oder minder stark<br />

ausgeprägte Kontraktionsdifferenzen zwischen dem Kupfer <strong>und</strong> der Kunststofffolie während<br />

dem Abkühlvorgang nach dem Heißprägen, sodass es zu einer Folienverwölbung kommt,<br />

wie es im Bild 5.3.4 schematisch dargestellt ist.<br />

29


Bild 5.3.4: Entstehung der Folienverwölbung aufgr<strong>und</strong> von Kontraktionsdifferenzen<br />

zwischen Kupfer <strong>und</strong> Kunststoff während des Abkühlvorgangs<br />

Liegt darüber hinaus eine Verformungsbehinderung vor, so kommt es zum Aufbau von<br />

Wärmespannungen im mittels Formschluss kombinierten Verb<strong>und</strong> aus Kunststoff <strong>und</strong> Metall,<br />

wie etwa Kupfer, das eine gr<strong>und</strong>legend andere Wärmeausdehnung zeigt. Infolge deren nichtlinearen<br />

Verlaufs bei Kunststoffen mit der Temperatur kommt es zum Aufbau von<br />

Spannungen, die besonders im grenzflächennahen Bereich als Schubspannungen wirken.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Dehnungsbehinderung des Metalls werden im Kunststoffteil Druckspannungen<br />

hervorgerufen, die wiederum als Zugspannungen auf die Metallschicht wirken. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> sollte das verwendete Ein- bzw. Mehrschichtfoliensubstrat bei erhöhter Wärme<br />

durch die möglichst geringe sowie isotrope Wärmeausdehnung gekennzeichnet sein.<br />

Betrachtet man die in den Bildern 5.3.1 bis 5.3.3 gezeigten Ergebnisse der TMA-<br />

Untersuchungen, so lassen diesbezüglich Folie <strong>Nr</strong>. 5 (maximaler CTE bis etwa 150 ppm/°C<br />

bei erhöhter Temperatur) sowie die Folien 9 <strong>und</strong> 10 (maximaler CTE bis zu ca. 200 ppm/°C)<br />

vielversprechende Prägeergebnisse erwarten.<br />

Das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten längs <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung der<br />

Folien, wie es sich anhand der TMA-Untersuchungen zeigt, kann dabei durch Orientierungen<br />

der Makromoleküle im Extrusionsprozess hervorgerufen werden.<br />

5.4 Temperaturbeständigkeit von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien im Lötprozess<br />

Für ein Screening wurden die bereitgestellten unbeprägten bzw. mit Standardparametern<br />

geprägten Folien in den Lötprozessen untersucht. Im Vordergr<strong>und</strong> standen dabei das<br />

Dampfphasenlöten sowie das Konvektionslöten <strong>für</strong> bleifreie Lote. Bei den Loten handelte es<br />

30


sich um ein niedrigschmelzendes SnBi-Lot sowie ein Standard-SnAgCu-Lot, das in der<br />

Elektronikproduktion als Ersatz <strong>für</strong> SnPb-Lote verwendet wird. Die Einstellungen<br />

entsprachen weitestgehend den Standardprofilen <strong>für</strong> die Herstellung von Elektronikbaugruppen<br />

auf Basis starrer FR4-Leiterplatten. Die Foliensubstrate wurden auf einen planaren<br />

Träger aufgelegt <strong>und</strong> im Lötofen prozessiert <strong>und</strong> der Verzug sowie die Verwerfung vor <strong>und</strong><br />

nach dem Löten bewertet.<br />

Für das SnBi-Lot mit einer Schmelztemperatur TLiquidus = 138 °C zeigten alle Folien außer <strong>Nr</strong>.<br />

8 eine ausreichende Formbeständigkeit im Lötvorgang. Für das höherschmelzende SnAgCu-<br />

Lot mit TLiquidus = 217 °C hingegen erzielte nur Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 eine akzeptables<br />

Ergebnis.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der geringen thermischen Massen der Foliensubstrate war es allerdings möglich,<br />

die Einstellungen der Heizzonen im Peakbereich des Konvektionsofens um 30 °C auf 260 °C<br />

abzusenken. Ein zuverlässiges Umschmelzen der Lotpaste auf den Folien auch bei den<br />

reduzierten Temperaturen wurde in Versuchen mit aufgebrachten Lotpastendepots bis zu<br />

einem Volumen von ca. 0,22 mm³ nachgewiesen. Eine Temperaturmessung ergab eine<br />

Peaktemperatur von ca. 230 °C. Bei diesen Ofeneinstellungen zeigte die Folie <strong>Nr</strong>. 6 zwar<br />

eine leichte Verfärbung, die Formbeständigkeit gewährleistet allerdings eine ausreichende<br />

Verarbeitbarkeit der Substrate in der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik. Hinsichtlich des<br />

Dampfphasenlötens konnte die Auswahl aus den Versuchen am Konvektionsofen bestätigt<br />

werden. Aufgr<strong>und</strong> der maximal auftretenden Temperaturen im Prozess von 230 °C, die durch<br />

den Siedepunkt des verwendeten Mediums bestimmt wird [7], waren der Verzug <strong>und</strong> die<br />

Verwölbung an den Probefolien vergleichbar mit den Ergebnissen einer Verarbeitung im<br />

Konvektionslötprozess.<br />

6 Konzeption <strong>und</strong> Layout zum Aufbau flexibler Schaltungen<br />

Wie die Übersichtstabelle im Abschnitt 4.4 zeigt, wurde eine relativ große Anzahl von<br />

Kunststofffolien auf ihre prinzipielle Eignung zum Heißprägen untersucht. Als<br />

Bewertungskriterien wurden dabei im Wesentlichen Verzug <strong>und</strong> Verwölbung der<br />

Kunststofffolie sowie die Haftung der Leiterstruktur herangezogen. Dies erfolgte an einem<br />

Layout, welches neben diversen Einzelstrukturen beispielsweise <strong>für</strong> Widerstandsmessungen<br />

(Abschnitt 9) oder Montage von Bauelementen eine Leiterbahnstruktur speziell <strong>für</strong><br />

Haftfestigkeitsmessungen aufweist (Bild 6.1).<br />

Die Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen (Abschnitt 8) erfolgte<br />

an einem einfachen Layout, welches beidseitig vier Felder aufweist, die über DurchkontaktierungenDurchkontaktierungen<br />

miteinander verb<strong>und</strong>en werden (Bild 6.2). Durch das<br />

Versetzen der Strukturen von Ober- zu Unterseite können dabei auch<br />

Durchgangswiderstände leicht mit der Vierpunktmessmethode ermittelt werden.<br />

31


Bild 6.1: Testlayout <strong>für</strong> Haftfestigkeits-<br />

messungen<br />

Bild 6.2: Layout <strong>für</strong> die Entwicklung von<br />

Durchkontaktierungen<br />

Für Zuverlässigkeitsuntersuchungen (Abschnitt 11) wurden zwei weitere Layouts<br />

ausgewählt. Ein Layout weist streifenförmige Leiter mit einer Länge von bis zu 10 cm auf<br />

(Bild 6.3). Die Streifenleiter wurden nach dem Heißprägen aus dem Gesamtschaltbild<br />

herauspräpariert <strong>und</strong> <strong>für</strong> Biegezyklentests verwendet.<br />

Für Umwelttests (Temperaturschock- <strong>und</strong> Feuchte-Wärme-Test) wurde eine Baugruppe mit<br />

diskreten Widerständen in einer Daisy-ChainAnordnung ausgewählt (Bild 6.4). Die einzelnen<br />

Widerstände sind dabei so ausgelegt, dass im Falle eines Ausfalls eine<br />

Widerstandsänderung Aufschluss darüber liefert, an welcher Stelle der Ausfall erfolgt ist<br />

(Abschnitt 10).<br />

Bild 6.3: Layout mit Streifenleitern <strong>für</strong><br />

Biegezyklentests<br />

Bild 6.4: Layout mit Widerständen <strong>für</strong><br />

Zuverlässigkeitstests<br />

Zum Aufbau einer Testbaugruppe wurde eine Schaltung ausgewählt, welche mit LEDs <strong>und</strong><br />

weiteren Bauelementen bestückt ist. Bei diesem Demonstrator erzeugt das Anlegen einer<br />

Spannung von 3 V ein wechselseitiges Aufleuchten der LEDs. Bild 6.5 zeigt das Layout der<br />

32


Schaltung. Diese elektrisch funktionsfähige Testschaltung wurde auch herangezogen, um<br />

Möglichkeiten der Kontaktierung der Folienschaltung mit der Peripherie zu untersuchen<br />

(Abschnitt 12).<br />

Bild 6.5: Layout <strong>für</strong> den Aufbau eines Demonstrators<br />

7 Strukturierung der Folien durch Heißprägen<br />

7. 1 Voruntersuchungen<br />

Vor Projektbeginn wurde eine Recherche durchgeführt im Hinblick auf Mehrschichtfolien,<br />

welche kommerziell erhältlich sind. Beispielsweise bietet die Fa. Mitsubishi Polyester Film<br />

Mehrschichtfolien auf PET (Polyethylenterephthalat) – Basis an. Diese Folien werden<br />

üblicherweise in der Verpackungsindustrie als sogenannte Heißsiegelfolien eingesetzt. Für<br />

orientierende Untersuchungen wurde eine PET- Folie vom Typ ABC (Hostaphan RHS)<br />

beschafft <strong>und</strong> auf ihre Heißprägbarkeit untersucht (vergleiche Übersichtstabelle im Abschnitt<br />

4.4, lauf. <strong>Nr</strong>. 1). Wie der Querschliff der Folie (Bild 7.1.1) zeigt, weist die Folie eine ca. 10 µm<br />

dicke Haftschicht auf einer ca. 70 µm dicken Trägerschicht auf. Rückseitig ist die Folie aus<br />

Gründen der besseren Verarbeitbarkeit noch mit einer ca. 2 µm dicken Antiadhäsionsschicht<br />

versehen.<br />

→ Haftschicht A<br />

→ Trägerschicht B<br />

→ Antiadhäsionsschicht C<br />

Bild 7.1.1: Querschliff durch eine Mehrschichtfolie auf PET-Basis (Dicke ca. 80 µm)<br />

Diese Folie lässt sich bei einer Temperatur von 130 °C <strong>und</strong> kurzen Haltezeiten gut<br />

heißprägen. Beachtlich ist hierbei, dass es weder zu einem Verzug noch zu einer<br />

Verwölbung der Folie kommt <strong>und</strong> dass sich darüber hinaus mit ED-Heißprägefolien sehr gute<br />

33


Haftfestigkeiten von bis zu 2 N/mm ergeben. Bild 7.1.2 zeigt einige Prägestrukturen <strong>und</strong> Bild<br />

7.1.3 einen Querschliff durch einen heißgeprägten Leiter.<br />

Bild 7.1.2: Heißgeprägte Leiterbilder in Nutzenform auf einem Streifen PET-Folie<br />

Bild 7.1.3: Querschliff durch einen heißgeprägten Leiter auf PET-Folie<br />

Die guten Prägeergebnisse hinsichtlich Verzug <strong>und</strong> Verwölbung sind dadurch zu erklären,<br />

dass die Folie biaxial verstreckt wird <strong>und</strong> dadurch einen den Cu-Heißprägefolien<br />

angepassten Ausdehnungsbereich aufweist (vergleiche Abschnitt 5).<br />

PET-Folien sind natürlich bei weitem nicht ausreichend thermisch belastbar, um damit<br />

Summenlötprozesse wie Dampfphasen- oder Konvektionslöten durchzuführen. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> wurde dieses Material im Rahmen des Projekts nur noch in so weit berücksichtigt, um<br />

Materialeigenschaften mit denen anderer Thermoplasten zu vergleichen.<br />

7.2 Herausforderungen beim Heißprägen von Kunststofffolien<br />

Kunststofffolien, welche mittels Heißprägetechnik strukturiert <strong>und</strong> zu elektronischen<br />

Schaltungen aufgebaut werden, können je nach Material, Verwendung <strong>und</strong> Einsatzgebiet<br />

drei thermischen Belastungen ausgesetzt sein (Tabelle 7.2.1):<br />

34


Prozess Thermische Belastung<br />

Heißprägen Temperaturen bis ca. 250 °C / einige s (abhängig vom Thermoplast)<br />

Lötprozess Reflowlöten im Durchlaufofen (Peaktemperatur 260 °C / ca. 60 s)<br />

alternativ: in der Dampfphase (Peaktemperatur 230 °C / ca. 20 s)<br />

Feldeinsatz Dauertemperaturbelastung bis 150 °C (z.B. im Motorraum eines<br />

Automobils)<br />

Tabelle 7.2.1: Thermische Belastungen <strong>für</strong> heißgeprägte Folienschaltungen<br />

Wie aus Tabelle 7.2.1 ersichtlich ist, sind die thermischen Belastungen relativ hoch, was die<br />

Auswahl an Kunststofffolien stark einschränkt. Prinzipiell kommen <strong>für</strong> derart hohe<br />

Temperaturbelastungen bestimmte Polyamidtypen <strong>und</strong> Hochleistungskunststoffe wie z.B.<br />

PEEK, PPS, PSU <strong>und</strong> PES in Betracht. Denkbar sind auch Kunststoffe wie PBT oder<br />

Polyamide, welche durch Strahlenvernetzung eine höhere Wärmeformbeständigkeit<br />

aufweisen.<br />

Unabhängig von der Art der Kunststofffolie tauchten zu Projektbeginn bei allen Folien (außer<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 1) beim Heißprägen folgende Probleme auf:<br />

- neben dem gewollten Wärmeeintrag im Bereich der Leiterbahnstrukturen wird die<br />

Kunststofffolie durch die Strahlungswärme, die vom Stempel ausgeht, geschädigt. Es<br />

kommt zum Verzug der Folie in unmittelbarer Umgebung der Leiterstrukturen.<br />

- durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Cu- <strong>und</strong> Kunststofffolie<br />

kommt es nach dem Prägevorgang zur Verwölbung.<br />

Bild 7.2.1 <strong>und</strong> 7.2.2 zeigen typische Prägergebnisse.<br />

Bild 7.2.1: Verzug der Folie in der<br />

Umgebung der Leiterstrukturen<br />

(am Beispiel der Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />

Bild 7.2.2: Verwölbung der Folie<br />

(am Beispiel der Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />

35


Darüber hinaus zeigten sich beim Heißprägen weitere Probleme, die mit abnehmender<br />

Folienstärke deutlich zunehmen:<br />

- Das geringe Gewicht der Kunststofffolie führt dazu, dass diese beim Rückhub des<br />

Prägestempels hochgezogen wird <strong>und</strong> dort kleben bleibt, was zu einer nicht<br />

gewünschten längeren Wärmeeinwirkung auf die Folie führt.<br />

- Je dünner die Kunststofffolie, desto schlechter ist der Folienschnitt der Heißprägefolie,<br />

da der Einsinkweg des Heißprägestempels geringer wird.<br />

All diese Probleme führten zu der Erkenntnis, dass der Heißprägeprozess nicht eins zu eins<br />

von starren thermoplastischen Schaltungsträgern auf Kunststofffolien übertragen werden<br />

kann, sondern dass der Heißprägeprozess verbessert <strong>und</strong> an die spezifischen Eigenschaften<br />

von Folien angepasst werden muss.<br />

7.3 Modifizierung des Heißprägeprozesses<br />

Zur Verbesserung des Heißprägeprozesses <strong>für</strong> Kunststofffolien lässt sich im Wesentlichen<br />

von zwei Seiten ansetzen; an der Auslegung des Prägestempels <strong>und</strong> am Aufbau der<br />

Aufnahme, also der Gestaltung des Prägeambosses.<br />

Temperaturmessungen unterhalb eines beispielsweise 225 °C heißen Prägestempels haben<br />

ergeben, dass die Temperatur im Abstand von 0,4 mm noch 175 °C, im Abstand von 4,0 mm<br />

hingegen nur noch 45 °C beträgt (Bild 7.3.1).<br />

Bild 7.3.1: Beispiel <strong>für</strong> den Temperaturverlauf unterhalb eines Heißprägestempels<br />

Um nun den Wärmeeintrag in die Kunststofffolie ausgehend vom Prägestempel zu<br />

reduzieren, kann man die Prägestrukturen des Stempels höher aufbauen oder, falls dies aus<br />

Geometriegründen nicht möglich ist, sie zumindest einzeln oder gruppenweise auf Podesten<br />

platzieren. Auf diese Weise lässt sich die Strahlungswärme, die auf die Folie einwirkt,<br />

deutlich reduzieren. Bild 7.3.2 veranschaulicht diesen Zusammenhang.<br />

36


Bild 7.3.2: Heißprägestempel klassisch (links) <strong>und</strong> mit reduzierter Wärmeabstrahlung<br />

(rechts)<br />

Kunststofffolien, welche beprägt werden sollen, sind im Allgemeinen aufgr<strong>und</strong> ihrer in der<br />

Praxis etablierten Konfektionierung <strong>und</strong> Bereitstellung auf Rolle nicht so plan wie starre<br />

Substrate, sondern meistens leicht gewellt. Dies führt zu lokal unterschiedlichen Abständen<br />

zwischen dem Stempel <strong>und</strong> der Folienoberfläche. Um dies zu vermeiden, kann man die Folie<br />

auf dem Amboss fixieren. Dies geschieht vorteilhafterweise durch eine zu- <strong>und</strong> abschaltbare<br />

Vakuumansaugung (Bild 7.3.3).<br />

Bild 7.3.3: Foliensubstrat auf Amboss ohne (links) <strong>und</strong> mit Vakuumansaugung (rechts)<br />

Durch dieses „Glattziehen“ der Folie wird sichergestellt, dass der Wärmeeintrag der<br />

Prägestrukturen in die Folie an jeder Stelle gleich ist. Eine weitere Möglichkeit zur<br />

Begrenzung des Wärmeeintrags in die Folie ist, den Amboss neben der Vakuumansaugung<br />

noch mit einer Kühlvorrichtung auszustatten. Durch die gekühlte Ambossplatte wird dann die<br />

in die Folie eingetragene Wärme nur auf der Folienoberfläche voll wirksam, nicht jedoch in<br />

tieferen Schichten, da sie hier sofort Richtung Amboss abgeleitet wird. Bild 7.3.4 zeigt einen<br />

entsprechenden Amboss mit x/y-Tisch zur Positionierung mit integrierter Kühlung <strong>und</strong><br />

Vakuumansaugung.<br />

37


Kühlung ↓ ↓ Vakuumansaugung<br />

Bild 7.3.4: Amboss mit x/y-Tisch mit integrierter Kühlung <strong>und</strong> Vakuumansaugung<br />

Unter Verwendung des modifizierten Heißprägestempels sowie des oben beschriebenen<br />

Ambosses konnten die Heißprägeergebnisse in Bezug auf Verwölbung <strong>und</strong> Verzug<br />

entscheidend verbessert werden. Darüber hinaus ermöglicht die Kühlung des<br />

Foliensubstrats eine Anhebung der Prägetemperatur, welche wiederum die Haftung des<br />

Verb<strong>und</strong>s Kunststofffolie/Heißprägefolie erhöht. Dies wird in Tabelle 7.3.1 sowie den Bildern<br />

7.3.5 <strong>und</strong> 7.3.6 am Beispiel der Kunststofffolien 6 <strong>und</strong> 9 (siehe Übersichtstabelle im<br />

Abschnitt 4.4) veranschaulicht. Die Begriffe „vorher“ <strong>und</strong> „nachher“ bedeuten dabei vor <strong>und</strong><br />

nach der Optimierung der Prägebedingungen.<br />

Heißprägefolie ED-Folie Walzfolie<br />

=> Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 vorher nachher vorher nachher<br />

Prägetemperatur 205°C 225°C 205°C 225°C<br />

Haltezeit 0,2 s 0,2 s 0,2 s 0,2 s<br />

Prägekraft 20 kN 20 kN 15 kN 15 kN<br />

Ambosstemperatur <strong>und</strong>efiniert 7 °C <strong>und</strong>efiniert 7 °C<br />

Haftfestigkeit 1,6 N/mm 1,7 N/mm 0,9 N/mm 1,1 N/mm<br />

=> Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 vorher nachher vorher nachher<br />

Prägetemperatur 225°C 257°C - 257°C<br />

Haltezeit 0 s 0,2 s - 0,2 s<br />

Prägekraft 15 kN 20 kN - 20 kN<br />

Ambosstemperatur <strong>und</strong>efiniert 7 °C - 7 °C<br />

Haftfestigkeit 0,2 N/mm 1,15 N/mm - 0,8 N/mm<br />

Tabelle 7.3.1: Prägeparameter <strong>und</strong> Haftfestigkeiten vor <strong>und</strong> nach Optimierung der<br />

Prägebedingungen<br />

38


Haftung N/mm<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />

ED‐Folie<br />

Walzfolie<br />

vorher nachher<br />

Bild 7.3.5: Haftfestigkeiten vor <strong>und</strong> nach der Optimierung der Prägebedingungen<br />

Haftung N/mm<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

ED‐Folie<br />

Walzfolie<br />

vorher nachher<br />

Beispiel: Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 heißgeprägt mit Walzfolie<br />

Bild 7.3.6: Prägeergebnis nach Optimierung der Prägebedingungen<br />

39


7.4 Auswahl der Kunststoff- <strong>und</strong> Heißprägefolien<br />

Wie in Tabelle 7.2.1 dargestellt, ist neben dem Heißprägen ein Summenlötprozess zur<br />

Bestückung der Folienschaltung mit Bauelementen ein weiterer Prozess, bei welchem die<br />

Kunststofffolie einer hohen Wärmebelastung ausgesetzt wird. Um diesen Summenlötprozess<br />

zu simulieren wurden die unbeprägten Kunststofffolien entsprechenden Wärmebehandlungen<br />

unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass nur ein einziger Folientyp (Folie <strong>Nr</strong>. 9) einen<br />

Konvektionslötprozess im Durchlaufofen unbeschadet übersteht. Folie <strong>Nr</strong>. 6 besteht zwar<br />

das bei etwas tieferen Spitzentemperaturen stattfindende Dampfphasenlöten, verfärbt sich<br />

hingegen beim Konvektionslöten infolge des thermooxidativen Abbaus bräunlich (Bild 7.4.1).<br />

Zwar bestehen auch noch andere Folien die Wärmebehandlung entsprechend dem<br />

Dampfphasenlöten, jedoch sind sie entweder nicht verfügbar (Folie <strong>Nr</strong>. 14) oder<br />

delaminieren nach dem Heißprägen (Folie <strong>Nr</strong>. 8).<br />

Ausgangszustand Dampfphasenlöten<br />

(Tmax=230°C)<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 6<br />

Konvektionslöten<br />

(Tmax=265°C)<br />

Bild 7.4.1: Folien vor <strong>und</strong> nach Wärmebehandlung entsprechend den Summenlötprozessen<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse zum Heißprägen <strong>und</strong> zur Wärmebelastbarkeit wurde die Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />

<strong>für</strong> alle weiteren Arbeiten als bester Kandidat gesehen. Weitere Vorteile sind ihre<br />

Verfügbarkeit <strong>und</strong> ihr als technischer Thermoplast moderater Preis. Als weiterer Kandidat<br />

wurde trotz der genannten Einschränkungen die Folie <strong>Nr</strong>. 6 ausgewählt. Mit diesen beiden<br />

40


Kunststofffolien <strong>und</strong> den zwei ausgewählten Heißprägefolien (vergleiche Tabelle 3.2) wurden<br />

alle nachfolgenden Arbeiten wie die Entwicklung von Durchkontaktierungen,<br />

Testschaltungen <strong>für</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen <strong>und</strong> der Aufbau von Demonstratoren<br />

durchgeführt („2 x 2 - Matrix“, Tabelle 7.4.1).<br />

<strong>Nr</strong>. 6 (PA-Folie)<br />

+<br />

ED-Folie<br />

<strong>Nr</strong>. 6 (PA-Folie)<br />

+<br />

Walzfolie<br />

<strong>Nr</strong>. 9 (PPA-Folie)<br />

+<br />

ED-Folie<br />

<strong>Nr</strong>. 9 (PPA-Folie)<br />

+<br />

Walzfolie<br />

Tabelle 7.4.1: Auswahl von Heißpräge- <strong>und</strong> Kunststofffolien („2 x 2 – Matrix“)<br />

8 Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen<br />

Das Heißprägen von Kunststofffolien ist insbesondere <strong>für</strong> ein- <strong>und</strong> zweilagige<br />

Flexschaltungen von Interesse. Für die Herstellung zweilagiger Schaltungen ist jedoch die<br />

Realisierung von Durchkontaktierungen eine notwendige Voraussetzung. Für die Herstellung<br />

von Durchkontaktierungen in Kunststofffolien in Kombination mit Heißprägetechnik kommen<br />

mehrere Möglichkeiten in Betracht. Bild 8.1 zeigt eine Auswahl.<br />

Beprägen der Rückseite<br />

Durchkontaktierung mittels<br />

Widerstandsschweißen<br />

Laserbohrungen zur<br />

Durchkontaktierung<br />

Beprägen der Oberseite<br />

Lot dispensen<br />

Beprägen der Rückseite<br />

Lot aufschmelzen<br />

Laserbohrungen<br />

zur Positionierung<br />

Beprägen der Oberseite<br />

Laserbohrungen zur<br />

Durchkontaktierung +<br />

Entfernen des Blackoxid<br />

Lot dispensen<br />

Beprägen der Rückseite Beprägen der Rückseite<br />

Durchkontaktierung mittels<br />

Widerstandsschweißen<br />

Lot aufschmelzen<br />

1a 1b 2a 2b<br />

Tabelle 8.1: Möglichkeiten zur Durchkontaktierung von zweilagigen Flexschaltungen<br />

41


In Anbetracht des Anspruchs, mittels Heißprägetechnik möglichst preisgünstige<br />

Flexschaltungen herstellen zu wollen, sind natürlich die Wege zu bevorzugen, welche ohne<br />

Hilfsmittel <strong>und</strong> mit möglichst wenigen Zusatzschritten auskommen. Bezogen auf das<br />

Flussdiagramm sind dies die Wege 1a <strong>und</strong> 2a. Da sich bei 1a eine nicht unterbrochene<br />

Prozessabfolge mit den Schritten Laserbearbeitung / Heißprägen / Widerstandschweißen<br />

ergibt <strong>und</strong> das Rückseitentreatment (schwarzes CuO bei ED-Folie, Cu/Zn bei Walzfolie) <strong>für</strong><br />

eine gute Schweißung kein Hindernis ist, wurde diese Methode favorisiert <strong>und</strong> eingehender<br />

untersucht.<br />

Hierzu wurde ein einfaches Layout ausgewählt, welches vier rechteckige<br />

Heißprägestrukturen auf beiden Seiten aufweist, welche direkt übereinander oder auch<br />

gegeneinander versetzt heißgeprägt werden können (Layout siehe Bild 6.2). Jeweils zwei<br />

übereinander liegende Strukturen sind durch eine Bohrung miteinander verb<strong>und</strong>en, die durch<br />

Lasertechnik oder im einfachsten Fall auch durch einen Stanzprozess in die Folie<br />

eingebracht wird.<br />

Der erste Schritt besteht aus dem Einbringen der Referenz- <strong>und</strong> Durchkontaktierungsbohrungen<br />

in die Folie. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Durchmesser der Bohrung<br />

beim Heißprägen durch Materialverdrängung schrumpft, wobei das Ausmaß der<br />

Schrumpfung abhängig ist von der Art <strong>und</strong> Dicke des Kunststoffs <strong>und</strong> den Prägeparametern.<br />

Bild 8.1 zeigt exemplarisch die Schrumpfung des Bohrlochdurchmessers <strong>für</strong> die Folie <strong>Nr</strong>. 6<br />

mit der Dicke 120 µm <strong>und</strong> den in Tabelle 7.3.1 beschriebenen Prägeparametern.<br />

Laserbohrung Ø 0,9mm<br />

gestanzte Öffnung Ø 0,9mm<br />

beidseitig beprägte Folie<br />

Heißprägefolie einseitig entfernt,<br />

resultierender Ø 0,6mm<br />

Bild 8.1: Schrumpfung des Bohrungs-Ø beim Heißprägen (Folie <strong>Nr</strong>. 6, Dicke 120 µm)<br />

Im zweiten Schritt wird dann die Bohrung auf der Vorder- <strong>und</strong> Rückseite überprägt. Hier hat<br />

sich bewährt, zunächst die Vorderseite zu beprägen ohne die Restfolie zu entfernen. Danach<br />

wird die Rückseite beprägt <strong>und</strong> erst jetzt die Restfolie auf beiden Seiten entfernt. Auf diese<br />

Weise wird verhindert, dass beim Beprägen der Rückseite durch die bereits strukturierte<br />

42


Vorderseite über Stufen geprägt wird, welche im ungünstigsten Fall zu Rissbildung in den<br />

Leitern führen können. Des Weiteren führen Stufen dazu, dass Leiterbahnstrukturen mit<br />

unterschiedlichen Prägedrücken geprägt werden, was zu erheblichen Schwankungen der<br />

Haftfestigkeitswerte führt. Bild 8.2 zeigt das Layout nach dem beidseitigen Beprägen sowie<br />

nach der Herstellung der Durchkontaktierungen.<br />

Folie beidseitig beprägt,<br />

ED-Folie<br />

Folie beidseitig beprägt mit Versatz,<br />

Walzfolie, mit Durchkontaktierungen<br />

Bild 8.2: Herstellung von Durchkontaktierungen (Folie <strong>Nr</strong>. 6, Dicke 120 µm)<br />

Die Durchkontaktierung zwischen beiden Lagen erfolgt mittels Widerstandschweißen. Dabei<br />

wird der Schaltungsträger zwischen zwei Punktschweißelektroden (Bild 8.3) ausgerichtet, die<br />

Schweißelektroden mit einer definierten Kraft zusammengefahren <strong>und</strong> die Schweißung<br />

mittels eines kurzen Strompulses durchgeführt. Anhand von Versuchsreihen wurden die<br />

optimalen Schweißparameter <strong>für</strong> die jeweilige Heißprägefolie bestimmt. Zu berücksichtigen<br />

ist dabei, dass die zu verschweißenden Oberflächen einmal schwarzes CuO (ED-Folie) <strong>und</strong><br />

zum andern eine Cu/Zn-Schicht (Walzfolie) sind. Eingesetzt wurden die Schweißelektroden<br />

mit dem geringsten verfügbaren Durchmesser von 0,5 mm. Tabelle 8.2 zeigt die optimierten<br />

Schweißparameter <strong>für</strong> den jeweiligen Folientyp.<br />

43


Bild 8.3: Punktschweißkopf mit Detailausschnitt der Punktschweißelektrode<br />

ED-Folie Walzfolie<br />

Elektrode Ø 0,5 mm 0,5 mm<br />

U max 1 V 1 V<br />

I max 2,3 kA 1,5 kA<br />

F Schweiß 30 N 35 N<br />

t Schweiß 1,9 ms 1,5 ms<br />

Tabelle 8.2: Optimierte Schweißparameter beim Punktschweißen von Heißprägefolien<br />

Derart hergestellte Punktschweißverbindungen wurden charakterisiert durch <strong>Mikro</strong>skopaufnahmen,<br />

Schliffbilder, Reißtests <strong>und</strong> Durchgangswiderstandsmessungen. Bild 8.4 zeigt<br />

exemplarisch eine Querschliffaufnahme einer Schweißverbindung sowie eine Punktschweißung<br />

in der Aufsicht. Wie in dem Querschliff deutlich erkennbar ist, zeigen die<br />

verschweißten Flächen ein einheitliches Cu-Gefüge, eine Grenzschicht ist nach der<br />

Schweißung nicht mehr erkennbar. Die Ausbildung einer perfekten Schweißverbindung wird<br />

auch dadurch belegt, dass bei einem Reißversuch nie die Schweißstelle selbst getrennt wird,<br />

sondern immer die Heißprägefolie in der Umgebung der Schweißverbindung reißt.<br />

44


Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 + Walzfolie Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 +<br />

Walzfolie<br />

Bild 8.4: Querschliff <strong>und</strong> Aufsicht einer Punktschweißverbindung (Ø ca. 500 µm)<br />

Neben der optischen Charakterisierung ermöglicht das gewählte Schaltungslayout auch die<br />

elektrische Charakterisierung der Schweißverbindung. Gemessen wurde der Durchgangswiderstand<br />

nach der Vierpunkt-Messmethode an je 20 Schaltungen je Materialpaarung. Wie<br />

aus Bild 8.5 hervorgeht, liegt der Durchgangswiderstand bei allen Messungen unterhalb von<br />

2 mΩ <strong>und</strong> kann damit als sehr gering angesehen werden.<br />

Widerstand mΩ<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 6 Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />

ED‐Folie<br />

Walzfolie<br />

Bild 8.5: Durchgangswiderstand von Durchkontaktierungen in Folienschaltungen<br />

Insgesamt wurde mit den Herstellungsschritten Erzeugung der Bohrungen / Heißprägen /<br />

Widerstandschweißen ein Prozess entwickelt, welcher es ermöglicht, mit einer minimalen<br />

Anzahl von Schritten <strong>und</strong> ohne die Verwendung von Nasschemie zweilagige<br />

Flexschaltungen schnell <strong>und</strong> kostengünstig herzustellen. Zu berücksichtigen ist lediglich,<br />

dass der Durchmesser der Bohrung deutlich größer als der Durchmesser der<br />

45


Punktschweißelektrode sein muss. Als Faustregel können die in Tabelle 8.3 aufgeführten<br />

Werte dienen.<br />

Bohrloch- Ø vor dem<br />

Heißprägen<br />

Bohrloch- Ø nach dem<br />

Heißprägen<br />

Ø Schweißelektrode<br />

1,2 mm Bereich 1,0 – 0,7 mm 0,5 mm<br />

Tabelle 8.3: Durchmesser von Bohrungen <strong>und</strong> Elektroden beim Widerstandsschweißen<br />

9 Charakterisierung heißgeprägter Flexschaltungen<br />

Neben den in Abschnitt 7 <strong>und</strong> 8 beschriebenen bereits nach der Herstellung der<br />

Flexschaltungen durchgeführten Charakterisierungen wurden weitere 360 Testsubstrate (90<br />

Schaltungen je Variante der „2 x 2 – Matrix“) <strong>für</strong> Prüfungen nach Umwelttests vorbereitet. Auf<br />

den Testsubstraten befinden sich Strukturen <strong>für</strong> den Peeltest <strong>und</strong> <strong>für</strong> Widerstandsmessungen,<br />

wobei die Strukturen <strong>für</strong> die Widerstandsmessung längs <strong>und</strong> quer zur<br />

Extrusionsrichtung der Folie orientiert sind (Bild 9.1).<br />

Bild 9.1: Testsubstrat <strong>für</strong> die Charakterisierung von Flexschaltungen nach Umwelttests<br />

Als Umwelttests wurden 1000 Temperaturwechselzyklen im Bereich -40°C bis +85°C <strong>und</strong><br />

1000 h Feuchte-Wärme-Lagerung bei 85°C <strong>und</strong> 85% rel. Luftfeuchte durchgeführt. Bild 9.2<br />

zeigt eine Übersicht über die durchgeführten Tests, die Aufteilung der Proben <strong>und</strong> die<br />

Intervalle <strong>für</strong> die Zwischenmessungen.<br />

46


Bild 9.2: Übersicht über durchgeführte Umwelttests an heißgeprägten Flexschaltungen<br />

Für die Widerstandsmessung wurden je Materialpaarung 150 Strukturelemente vermessen.<br />

Als Ausfall bei der Widerstandsmessung wurde neben einer Rissbildung im Leiter ein<br />

gemessener Widerstandswert R > 8 mΩ definiert. Da bei der Widerstandsmessung bis 500<br />

Zyklen Temperaturwechseltest <strong>und</strong> bis 500 h Feuchte-Wärme-Lagerung keinerlei Ausfälle zu<br />

beobachten waren, sind in Tabelle 9.1 nur die Ergebnisse nach 1000 Temperaturwechseln<br />

bzw. 1000 h Feuchte-Wärme-Lagerung dargestellt.<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 <strong>Nr</strong>. 9<br />

Test Temperatur-<br />

Heißpräge-Folie<br />

wechsel<br />

Feuchte-<br />

Wärme<br />

Temperaturwechsel<br />

Feuchte-<br />

Wärme<br />

ED-Folie 0 % 0% 1,3 % 0 %<br />

Walzfolie 0 % 0 % 0 % 0 %<br />

Tabelle 9.1: Ergebnisse der Widerstandsmessungen nach Umwelttests<br />

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, zeigen alle vier Materialpaarungen nach 1000 h Feuchte-<br />

Wärme-Lagerung keine Ausfälle. Bei den Temperaturwechseltests zeigen drei<br />

Materialpaarungen nach 1000 Temperaturwechselzyklen ebenfalls keine Ausfälle. Lediglich<br />

47


die Paarung Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 / ED-Folie zeigt zwei Ausfälle, welches bei 150 Messungen<br />

einer Ausfallrate von 1,3 % entspricht.<br />

Für die Haftfestigkeitsprüfungen wurden zu Beginn der Umwelttests <strong>und</strong> entsprechend den<br />

Intervallen in Bild 9.2 jeweils 10 Streifenleiter im Peeltest vermessen. Dabei zeigte sich, dass<br />

die Temperaturwechsel nur geringen Einfluss auf die Haftfestigkeit haben. Bild 9.3 zeigt die<br />

Haftfestigkeiten <strong>für</strong> die jeweiligen Materialpaarungen. Die Werte insgesamt sind <strong>für</strong> die Folie<br />

<strong>Nr</strong>. 9 als gut <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Folie 6 als akzeptabel zu bezeichnen.<br />

Haftung N/mm<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />

Bild 9.3: Haftfestigkeiten heißgeprägter Leiter nach Temperaturwechseltests<br />

Haftung N/mm<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

0 250 500 1000<br />

ED‐Folie Walzfolie<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />

0 250 500 1000<br />

ED‐Folie Walzfolie<br />

Bild 9.4: Haftfestigkeiten heißgeprägter Leiter nach Feuchte-Wärme-Test<br />

Etwas anders stellt sich die Situation beim Feuchte-Wärme-Test dar. Hier zeigt sich bei der<br />

Folie <strong>Nr</strong>. 6 eine tendenzielle Verschlechterung der Haftfestigkeit auf Werte, die so als nicht<br />

mehr ausreichend betrachtet werden können. Folie <strong>Nr</strong>. 9 hingegen zeigt wie schon beim<br />

Temperaturwechseltest gleichbleibend hohe Werte (Bild 9.4). Während, wie schon beim<br />

Haftung N/mm<br />

Haftung N/mm<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

0 250 500 1000<br />

ED‐Folie Walzfolie<br />

0 250 500 1000<br />

ED‐Folie Walzfolie<br />

48


Temperaturwechseltest, die Haftfestigkeiten auf den beiden Kunststofffolien doch deutlich<br />

abweichen, haben die Heißprägefolien nur einen geringen Einfluss. Dies überrascht, da sich<br />

das Rückseitentreatment der Cu-Folien doch deutlich unterscheidet (vergleiche Tabelle 3.2).<br />

10 Aufbau von Testbaugruppen<br />

Für weiterführende Untersuchungen wurden im Rahmen des Projektes auf den<br />

unterschiedlichen Foliensubstraten (2 x 2 – Matrix) beprägt mit dem Layout <strong>für</strong> Widerstände<br />

(siehe Bild 6.4) zweipolige Keramik-SMD-Widerstände der Größe 1206, 0805 <strong>und</strong> 0603, wie<br />

in Bild 10.1 dargestellt, aufgebaut. Für die Verarbeitung in der Aufbau- <strong>und</strong><br />

Verbindungstechnik erfolgte eine gr<strong>und</strong>legende Untersuchung der Fertigungsschritte Auftrag<br />

der Lotpaste, Bestückung mit elektronischen Bauelementen sowie Kontaktieren im<br />

Lötprozess. Hier<strong>für</strong> wurden Standardfertigungsanlagen eingesetzt, die <strong>für</strong> eine Verarbeitung<br />

von Folienschaltungsträgern angepasst wurden <strong>und</strong> auch eine Rolle-zu-Rolle Verarbeitung<br />

ermöglichen [8].<br />

Als größte Herausforderung <strong>für</strong> die automatisierte Fertigung ist in diesem Zusammenhang<br />

die <strong>und</strong>efinierte Verwerfung der Folie nach dem Heißprägen zu nennen. Dadurch ergeben<br />

sich werkstückabhängige Positionen <strong>für</strong> den Auftrag der Verbindungsmedien sowie <strong>für</strong> die<br />

Bestückung mit elektronischen Bauelementen. Die Bildverarbeitung der Anlagen ist hierbei<br />

auf exakte Relativpositionen zu Referenzmarken angewiesen, die ihrerseits nur in einem<br />

eingeschränkten Suchfeld automatisch erkannt werden können. Da im Projektfortschritt der<br />

Verzug der Folien durch optimierte Prägebedingungen allerdings erheblich reduziert werden<br />

konnte, war eine Verarbeitung von geprägten Testschaltungen auf Standardanlagen der<br />

Elektronikproduktion möglich.<br />

Allerdings ist es, abhängig vom Layout der Metallisierung, auch bei den Substraten aus<br />

optimierten Heißprägeprozessen erforderlich, den bestehenden Verzug <strong>und</strong> die Verwölbung<br />

auszugleichen.<br />

Während ein Leiterbild mit geringem Anteil an Oberflächenmetallisierung (beispielsweise<br />

Layout zur Herstellung eines Demonstrators, siehe Bild 6.5) insgesamt einen geringeren<br />

Verzug aufweist, ergibt sich bei dichtgepackten Leiterbildern, z. B. bei dem verwendeten<br />

Layout mit Widerständen, eine stärkere Deformation. Dies kann einerseits durch einen<br />

ausreichend leistungsstarken Vakuumtisch kompensiert werden, der in die Anlagen zum<br />

Lotpastenauftrag <strong>und</strong> zur Bestückung integriert wird, um die Folien im Arbeitsraum zu<br />

fixieren <strong>und</strong> eine weitestgehend planare Werkstückoberfläche zu ermöglichen. Als<br />

Ergänzung bzw. Alternative eignen sich Werkstückträger mit baugruppenspezifischen<br />

Niederhaltern, die die Folie einspannen.<br />

Da ein gewisses Maß an Unebenheit auch nach Anwendung dieser Maßnahmen noch<br />

vorhanden ist, war es bei den Testbaugruppen erforderlich, die Lotpaste sequentiell durch<br />

49


einen Nadeldispenser (CAM/ALOT 1818) aufzutragen. Durchgeführte Tests im<br />

Schablonendruck zeigten ein ungleichmäßiges Auslösen der Lotpaste. Da hier zwingend ein<br />

Vakuumtisch verwendet werden muss <strong>und</strong> keine Niederhalter eingesetzt werden können,<br />

liegt die Schablone nicht plan auf. Es bestehen beim Auslösevorgang teilweise größere<br />

Nassklebekräfte zur Schablonenwandung als zur Anschlussfläche auf der<br />

Folienmetallisierung. Die Paste verbleibt damit in der Apertur der Metallschablone. Dieser<br />

Prozess sollte daher nur bei einfachen Layouts mit geringer Packungsdichte <strong>und</strong> damit<br />

geringen Verzug eingesetzt werden.<br />

Beim Pastenauftrag im Dispensprozess konnten hingegen sehr gleichmäßige Ergebnisse<br />

erzielt werden. Durch eine Erhöhung der Lotpastendepotmenge um ca. 30 % zeigten die<br />

Bauelemente im anschließenden Bestückprozess ein ausreichend gleichmäßiges Einsinken<br />

in die Pastendepots. Damit wird vermieden, dass im Lötprozess der sogenannte Tombstone-<br />

Effekt auftritt, die Bauelemente sich also durch die ungleichmäßig wirkenden<br />

Benetzungskräfte an den Anschlüssen aufrichten. Eine elektrische Kontaktierung kann somit<br />

nicht hergestellt werden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang das Pastenvolumen<br />

ebenfalls aufgr<strong>und</strong> des fehlenden Lötstopplacks zu erhöhen, um das Abfließen des Lotes<br />

über die Leiterbahnen beim Umschmelzen auszugleichen. Bei einer Erhöhung der<br />

Lotpastenvolumina um ca. 50 % gegenüber den Werten im Schablonendruck zeigte sich<br />

hingegen bei einigen Testschaltungen eine verstärkte Bildung von Lotperlen, die wiederum<br />

zu Kurzschlüssen in der Schaltung führen können.<br />

Die Bestückung der Testschaltung erfolgte, wie oben beschrieben, mit einem Standard-<br />

Bestückautomaten. Sowohl bei einer Vakuumansaugung als auch bei der Verwendung von<br />

Werkstückträgern kann bei dem gewählten Layout eine zuverlässige Bestückung<br />

vorgenommen werden. Um der Verwerfung der Folie in der Höhe zu kompensieren, wurde<br />

eine Bestückkraftregelung eingesetzt, die ein Platzieren der Bauelemente auf<br />

unterschiedlichen Höhen eingeschränkt erlaubt.<br />

Für den Lötprozess fand das in Abschnitt 5.4 beschriebene Konvektionslötverfahren mit<br />

reduzierter Ofentemperatur in der Peakzone Anwendung. Dabei waren die bestückten Folien<br />

auf einen planaren Werkstückträger aufgelegt <strong>und</strong> verblieben während des Lötens bis zur<br />

Abkühlung auf Raumtemperatur darauf. Beim Aufbau von je 20 Testschaltungen pro<br />

Werkstoffkombination (2 x 2-Matrix) <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen mit den<br />

erarbeiteten Parametern <strong>und</strong> Anpassungen konnte so, bei 3832 von insgesamt 3840<br />

Lötstellen, eine zuverlässige Ausbildung von Lotmenisken <strong>und</strong> damit eine sichere<br />

Kontaktierung detektiert werden. Lediglich bei vier Bauelementen war ein Tombstoning zu<br />

verzeichnen. Die heißgeprägten Low-Cost-Folien zeigen sich darüber hinaus unter<br />

Berücksichtigung der erwähnten Anpassungen ebenfalls gr<strong>und</strong>legend <strong>für</strong> die Verarbeitung im<br />

Rolle-zu-Rolle Prozess geeignet [9].<br />

50


Schaltbild der Testschaltung Höhenprofil einer bestückten <strong>und</strong> gelöteten<br />

Testschaltung<br />

Bauelemente:<br />

CR 0805 CR 0603 CR 1206<br />

Bild 10.1: Testschaltung <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />

11 Zuverlässigkeitsuntersuchungen an Testbaugruppen<br />

11.1 Prüfplan<br />

Für die Analyse der Baugruppenzuverlässigkeit wurden die aufgebauten Testschaltungen<br />

sowie auch das Layout mit Streifenleitern (siehe Bild 6.3) elektrisch <strong>und</strong> mechanisch<br />

charakterisiert. Zur Simulation der Baugruppenalterung erfolgte eine Lagerung gelöteter<br />

Substrate im Temperaturschock- <strong>und</strong> im Feuchte-Wärme-Schrank. Der sich damit<br />

ergebende Prüfplan ist in der Übersicht in Bild 11.1.1 dargestellt.<br />

51


Belastungsart: Stufe:<br />

Konvektionslöten<br />

SnAgCu<br />

Temperatur-<br />

Schock<br />

-40 °C / +85 °C<br />

t(Umlagerung)<br />

< 10 s<br />

Wärme-Feuchte<br />

Lagerung<br />

85 °C / 85 % r.F.<br />

250<br />

Zyklen<br />

500<br />

Zyklen<br />

750<br />

Zyklen<br />

1000<br />

Zyklen<br />

Charakterisierung<br />

Layout mit Widerständen<br />

(Bild 6.4) Layout mit Streifenleitern (Bild 6.3.)<br />

Durchgangs<br />

-widerstand<br />

jeweils 16 BE pro Größe<br />

<strong>und</strong><br />

Werkstoffkombination<br />

jeweils 16 BE pro Größe<br />

<strong>und</strong><br />

Werkstoffkombination<br />

168 h jeweils 16 BE pro Größe<br />

336 h<br />

500 h<br />

<strong>und</strong><br />

Werkstoffkombination<br />

Bild 11.1.1: Prüfplan <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />

11.2 Messung des Durchgangswiderstands <strong>und</strong> Schertests<br />

Scherkraft<br />

-messung Biegeermüdung Knicktest<br />

4 Leiterbahnen pro<br />

Werkstoffkombination<br />

4 Leiterbahnen pro<br />

Werkstoffkombination<br />

4 Leiterbahnen pro<br />

Werkstoffkombination<br />

4 Leiterbahnen pro<br />

Werkstoffkombination<br />

Zu Charakterisierung der Baugruppen erfolgte eine elektrische Messung des<br />

Durchgangswiderstandes über alle 24 Bauelemente pro Schaltung nach den jeweiligen<br />

Stufen der Tests zur beschleunigten Alterung. Dabei zeigte sich ein näherungsweise linearer<br />

Anstieg der Widerstandswerte. Die Ergebnisse nach den letzten Stufen der Tests sind in<br />

Tabelle 11.2.1 dargestellt.<br />

Anstieg des Durchgangswiderstandes<br />

bei den Substratkombinationen<br />

Test<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />

1000 Zykl.<br />

Temperaturwechsel<br />

500 h<br />

Feuchte-<br />

Wärme<br />

1000 Zykl.<br />

Temperaturwechsel<br />

500 h<br />

Feuchte-<br />

Wärme<br />

ED-Folie 8,8 % 0,8 % 8,4 % 0,7 %<br />

Walzfolie 2,7 % 0,7 % 1,8 % 0,7 %<br />

Tabelle 11.2.1: Widerstandsmessungen an den gealterten Testschaltungen<br />

52


Aus den Messungen wird wiederum der Einfluss der spröden ED-Metallfolie ersichtlich.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen thermischen Ausdehnung der Fügepartner werden bei dem<br />

verwendeten Layout neben der Lötstelle auch die Leiterbahnen zwischen den in Reihe<br />

geschaltenen Widerständen bei Temperaturschwankungen stark belastet. Die entstehenden<br />

Kräfte bewirken eine Materialermüdung, die besonders bei der ED-Folie in Form eines<br />

erhöhten Durchgangswiderstandes messbar wird. Ein signifikanter Unterschied zwischen<br />

beiden Kunststofffolientypen konnte in den Untersuchungen nicht erkannt werden.<br />

Für eine weiterführende Charakterisierung der Lötstellenqualität wurden die benötigten<br />

Kräfte zum Abscheren der Bauelemente mit einem Schertester der Fa. XYZ-Tech gemessen.<br />

Dazu wurden die aus den Alterungstests entnommenen Folienschaltungen mit Epoxidharz<br />

auf starre Träger aufgeklebt. Die Testbaugruppen konnten somit eingespannt <strong>und</strong> ähnlich<br />

starrer Leiterplatten getestet werden.<br />

Die gemessenen Scherkräfte <strong>für</strong> die jeweilige Bauelementgröße auf einer Baugruppe sind in<br />

Bild 11.2.1 dargestellt.<br />

Bild 11.2.1: Bewertung der Streuung am Beispiel der Kombination Kunststofffolie 9 +<br />

Walzfolie<br />

Eine Bewertung der Streuung ergibt, dass die Standardabweichung der gemessenen<br />

Scherkräfte größer sind als bei Messwerten auf starren Substraten oder Polyimidfolien. Dies<br />

ist einerseits durch die ungleichmäßige Ausbildung der Lötstellen aufgr<strong>und</strong> der<br />

Substartverformung zu erklären. Andererseits wird durch die unterschiedlichen<br />

Bauteilverkippungen der Einfluss von Messungenauigkeiten beim Schertest erhöht.<br />

Bei den elektrischen Messungen wie auch bei den Schertests ergab eine Analyse der<br />

Messwerte keine signifikante Abhängigkeit der Zuverlässigkeit der Kontaktstellen von der<br />

Orientierung der Zweipoler zur Extrusionsrichtung der Folie (vgl. Abschnitt 5.3). Zwar ist<br />

dieser Effekt auf starren Substraten bekannt [10], aufgr<strong>und</strong> fehlender (anisotroper) Füllstoffe<br />

<strong>und</strong> der vergleichsweise geringen Dicke kann dieser Einfluss bei den Folienschaltungen<br />

allerdings vernachlässigt werden.<br />

53


Für einen Vergleich der Werkstoffkombinationen sind im Bild 11.2.2 die mittleren Scherwerte<br />

nach den Temperaturschocktests dargestellt.<br />

ED-Folie Walzfolie<br />

Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 6<br />

(PA)<br />

Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 9<br />

(PPA)<br />

Bild 11.2.2: Ergebnisse des Schertests nach den Temperaturschockprüfung<br />

Aus der Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass die Scherkräfte bei der Walzfolie insgesamt<br />

etwas stärker mit dem Bautgruppenalter abfallen, als auf der ED-Folie. Dies kann mit den<br />

unterschiedlich ausgeprägten Geometrien der Lotmenisken aufgr<strong>und</strong> der verschiedenen<br />

Oberflächenendschichten (galvanisch Sn bei ED-Folie, Cu bei Walzfolie) begründet werden.<br />

Hieraus kann ein unterschiedliches Ermüdungsverhalten bei der Belastung mit thermisch<br />

induzierten Spannungen entstehen. Hinsichtlich der beiden Kunststoffsubstrate ist,<br />

betrachtet über alle Bauelementgrößen, allerdings kein signifikanter Unterschied zu<br />

erkennen.<br />

Auch zeigt eine Betrachtung der Versagensstelle beim Schertest, dass ein Bruch praktisch<br />

ausschließlich in der Lötstelle bzw. zwischen Lot <strong>und</strong> Bauelement auftritt. Eine<br />

unzureichende Metallisierungshaftung auf den Kunststofffolien konnte nur bei insgesamt<br />

sechs Bauelementen bei einer Alterungsstufe ab 750 Zyklen festgestellt werden.<br />

Im Vergleich hierzu sind die Ergebnisse aus der Scherkraftmessung nach der Feuchte-<br />

Wärme-Lagerung in Bild 11.2.3 dargestellt. Die insgesamt geringere Abnahme der<br />

Scherkräfte nach der Feuchte-Wärme-Lagerung im Vergleich zum Temperaturschocktest<br />

korreliert mit den Messungen der Durchgangswiderstände. Ein signifikanter Einfluss der<br />

unterschiedlichen Foliensubstrate ist, trotz der erwarteten höheren Wasseraufnahme bei<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6, nicht ersichtlich. Das Versagen im Schertest findet ebenfalls<br />

54


vorwiegend im Bereich der Lötstelle bzw. zwischen Bauelement <strong>und</strong> Lot statt. Insgesamt ist<br />

der Verlauf der Scherfestigkeit in den Zuverlässigkeitsuntersuchungen mit Werten auf<br />

anderen flexiblen (Hochleistungs-)Schaltungsträgermaterialien vergleichbar [11, 12].<br />

Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 6<br />

(PA)<br />

Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 9<br />

(PPA)<br />

ED-Folie Walzfolie<br />

Bild 11.2.3: Ergebnisse des Schertests nach der Feucht-Wärme-Lagerung<br />

Ergänzend zu den Schertests erfolgte eine mikroskopische Analyse der Fügestellen anhand<br />

angefertigter Schliffbilder (Bild 11.2.4 <strong>und</strong> Bild 11.2.5).<br />

Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 6<br />

(PA)<br />

Ausgangszustand nach 500 h Feuchte-Wärme-Lagerung<br />

Bild 11.2.4: Schliffbilder am bestückten Probekörper Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 + ED-Folie<br />

55


Folientyp<br />

<strong>Nr</strong>. 9<br />

(PPA<br />

Ausgangszustand nach 1000 Zykl. T.-Schock-Lagerung<br />

Bild 11.2.5: Schliffbilder am bestückten Probekörper Kunststofffolie <strong>Nr</strong>.9 + Walzfolie<br />

Hier konnten sichtbare Schädigungen im Substrat, wie z. B. lokale Delamination oder<br />

Lunkerbildung durch eine Nachkristallisation der Thermoplaste, weder nach den<br />

Temperaturschock- noch nach den Feuchte-Wärme-Tests festgestellt werden.<br />

11.3. Bestimmung der Biegeermüdungs- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />

Zur Bestimmung der mechanischen Belastbarkeit der Folien wurde die Folien in Anlehnung<br />

an die Norm IPC/JPCA-6202 untersucht. Im Vordergr<strong>und</strong> standen hierbei die<br />

Biegeermüdungs- sowie Knickbeständigkeit der geprägten Strukturen aus Bild 6.3. Der<br />

gr<strong>und</strong>legende Aufbau der beiden Testverfahren sowie die ausgewählten Parametereinstellungen<br />

sind in Bild 11.3.1 <strong>und</strong> Bild 11.3.2 dargestellt.<br />

Parametereinstellungen Aufbau gemäß IPC/JPCA- 6202<br />

� Biegeradius: 10 mm<br />

� Verfahrweg: 25 mm<br />

� Frequenz: 15 Hz<br />

� Ausfallkriterium: Widerstandsänderung<br />

> 30 %<br />

Bild 11.3.1: Prüfung zur Bestimmung der Ermüdung durch Biegung<br />

56


Parametereinstellungen Aufbau gemäß IPC/JPCA- 6202<br />

� Knickwinkel: 270°<br />

� Frequenz: 175 Knickzyklen<br />

pro Minute<br />

� Biegeradius: ca. 1 mm<br />

� Folienvorspannung: 4,9 N<br />

� Ausfallkriterium: Widerstandsänderung<br />

> 30 %<br />

Bild 11.3.2: Prüfung zur Bestimmung der Knickfestigkeit<br />

Hier<strong>für</strong> wurde im Rahmen des Projektes ein Prüfstand aufgebaut, mit dessen Hilfe die oben<br />

beschriebenen Prüfabläufe an den heißgeprägten Folienschaltungsträgern durchgeführt<br />

werden konnten. Der mechanische Aufbau ist in Bild 11.3.3 dargestellt.<br />

Knickfestigkeit<br />

CAD-Modell aufgebauter Prüfstand<br />

Biegeermüdung<br />

Bild 11.3.3: mechanischer Aufbau des Prüfstands <strong>für</strong> die Biege- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />

Für den Antrieb wurden zwei 16 W Gleichstrommotoren verwendet, die über einen externen<br />

Motortreiber samt dSpace-Schnittstelle <strong>und</strong> einer in MATLAB-Simulink erstellten Regelungssoftware<br />

betrieben werden können.<br />

In den Prüfstand wurden die Proben mit dem Streifenleitern nach den unterschiedlichen<br />

Belastungsstufen der Alterungstests eingespannt <strong>und</strong> mit den oben beschriebenen<br />

Parametern geprüft. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Biegeermüdungsfestigkeit sind<br />

in Bild 11.3.4 dargestellt.<br />

57


Bild 11.3.4: Ergebnisse des Biegeermüdungstests<br />

Im ungelöteten Zustand halten alle untersuchten Kunststoff-/Metallfolienkombinationen einer<br />

Biegebelastung von mehr als 25.000 Zyklen stand. Durch den Lötprozess wird das<br />

elastische Verhalten der Baugruppe herabgesetzt. Dies liegt in der thermischen Alterung <strong>und</strong><br />

der damit verb<strong>und</strong>enen Versprödung der Kunststoffe begründet, die insbesondere beim<br />

Kunststofffolientyp 9 erkennbar wird. Die Folie <strong>Nr</strong>. 9 auf PPA-Basis besitzt daher eine<br />

geringere Widerstandfähigkeit bei Biegebelastung als die Mehrschichtfolie <strong>Nr</strong>. 6 auf<br />

Polyamid-Basis. Ebenfalls wird in Bild 11.3.4 deutlich, dass die bruchempfindliche ED-<br />

Kupferfolie eine geringere Zuverlässigkeit aufweist, als die duktilere Walzfolie. Eine Analyse<br />

der Versagensart nach den Biegetests zeigt, dass bei den Kunststoff-Metallfolien-<br />

Kombinationen vorwiegend ein Bruch des kompletten Schaltungsträgers, also der Folie<br />

zusammen mit der Leiterbahn, festgestellt werden kann. Bei der Kunststofffolie 6 beprägt mit<br />

Walzfolie sind bis zu 750 Temperaturschockzyklen hingegen vorwiegend Brüche nur in der<br />

Metallisierung festzustellen. Als Referenz wurde eine kleberlose Polyimidfolie mit einer Dicke<br />

von 100 µm <strong>und</strong> einer kleberlosen 18 µm Cu-Schicht getestet. Diese zeigte eine geringere<br />

Biegeermüdung <strong>und</strong> erreichte auch nach 1000 Temperaturschockzyklen <strong>und</strong> 20.000<br />

Biegezyklen das Ausfallkriterium nicht.<br />

Auch bei den durchgeführten Untersuchungen zur Knickbelastung weist die<br />

Polyimidschaltung eine hohe Zuverlässigkeit auf <strong>und</strong> versagt im gealterten Zustand im Mittel<br />

erst bei ca. 260 Zyklen. Bei den thermoplastischen Folien fällt die Sprödigkeit der Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />

beim Knicktest sehr stark ins Gewicht, wie in Bild 11.3.5 ersichtlich wird.<br />

58


Bild 11.3.5: Ergebnisse der Knick-Untersuchungen<br />

Während ungelötete Substratfolien sowohl von Typ 6 als auch von Typ 9 mehr als 300<br />

Knickvorgängen bei der Walzfolie <strong>und</strong> mehr als 200 Knickbelastungen bei einer<br />

aufgeprägten ED-Folie widerstehen, sinkt der Wert nach dem Löten deutlich ab. Die<br />

Substrate vom Kunststofftyp 9 brechen bereits nach 3 bzw. 4 Knickzyklen. Die Folie 6 ist hier<br />

deutlich elastischer. Auch in diesem Test versagen Testschaltungen auf Basis der ED-Folie<br />

früher als aus Walzfolie hergestellt Leiterbilder, so dass bei dynamischen Belastungen klar<br />

dieser Kupferfolientyp zu bevorzugen ist.<br />

12 Kontaktierung von Testschaltungen mit der Peripherie<br />

Zur Bearbeitung dieser Aufgabe wurde eine elektrisch funktionsfähige Testschaltung<br />

ausgewählt, welche <strong>für</strong> den Betrieb über zwei Anschlusskontakte mit der Peripherie<br />

verb<strong>und</strong>en werden muss <strong>und</strong> bei welcher dann zwei LEDs im Wechsel blinken (vergleiche<br />

Layout Bild 6.5). Insgesamt ist die Schaltung bestückt mit zwei LEDs, zwei Transistoren,<br />

zwei Kondensatoren <strong>und</strong> vier Widerständen. Der Aufbau der Testschaltung erfolgte in allen<br />

vier Materialpaarungen der „2 x 2 - Matrix“. Die Bauelementebestückung erfolgte durch<br />

Dispensen von eutektischem SnAgCu-Lot, Platzieren der Bauelemente im feuchten Lot <strong>und</strong><br />

anschließendem manuellem Löten sowie auch Reflow-Löten in der Dampfphase. Bild 12.1<br />

zeigt die Testschaltung nach dem Heißprägen <strong>und</strong> nach der Bestückung mit den SMD-<br />

Bauelementen. Legt man an die beiden Kontakte der fertigen Baugruppen eine<br />

Gleichspannung von 3 V an, beginnen die beiden LEDs im Wechsel zu blinken.<br />

59


Bild 12.1: Flexible Testschaltung zur Entwicklung einer Kontaktierung mit der Peripherie<br />

Bei der Kontaktierung der Flexschaltung mit der Peripherie ist prinzipiell zu unterscheiden<br />

zwischen einer trennbaren <strong>und</strong> einer nicht trennbaren Verbindung. Zur ersteren gehören<br />

beispielsweise Steckkontakte, zur letzteren Löt- oder Schweißverbindungen. Da der flexible<br />

Schaltungsträger mit einer Dicke von ca. 110 µm im Gegensatz zu starren Substraten nicht<br />

die nötige mechanische Festigkeit <strong>für</strong> die Einbringung von Stiftkontakten aufweist, wurden<br />

nur Verfahren hinsichtlich nicht trennbaren Verbindungen untersucht.<br />

Die wohl einfachste Methode zum Anschluss der Schaltung ist das Anlöten von Kabeln,<br />

welche dann trennbar über Stecker mit einer Batterie verb<strong>und</strong>en werden. Das Anlöten der<br />

Kabel erfolgte manuell bei ca. 260 °C wiederum unter Verwendung von SnCuAg-Lot (Bild<br />

12.2).<br />

Bild 12.2: Kontaktierung einer Baugruppe auf flexiblem Schaltungsträger<br />

Eine weitere Methode zur Kontaktierung von Baugruppen mit der Peripherie ist das<br />

Widerstandsschweißen. Es wird vor allem dann eingesetzt, wenn die Verbindungsstellen<br />

thermisch hoch belastet werden. Während das Widerstandsschweißen auf starren<br />

Substraten wie Leiterplatten oder MID weitgehend erprobt ist [13], ist über die Anwendung<br />

dieses Verfahrens auf Flexschaltungsträgern bisher nichts bekannt.<br />

60


Erste Untersuchungen haben ergeben, dass Widerstandsschweißverbindungen auch auf<br />

Flexschaltungsträgern gr<strong>und</strong>sätzlich herstellbar sind. Voraussetzung ist allerdings, dass<br />

mindestens einer der Fügepartner eine Sn-Auflage aufweist, also entweder eine verzinnte<br />

Heißprägestruktur oder ein verzinnter Anschlussdraht oder beides. Hat man jedoch eine<br />

Heißprägefolie mit reiner Cu-Oberfläche <strong>und</strong> als Anschlussdraht eine Cu-Litze, erhält man<br />

keine Schweißverbindung. Bild 12.3 zeigt ein Beispiel einer Schweißverbindung, bei welcher<br />

beide Fügepartner eine Sn-Auflage aufweisen.<br />

Bild 12.3: Schweißverbindung zur peripheren Kontaktierung eines flexiblen<br />

Schaltungsträgers<br />

Unter optimierten Schweißbedingungen wird keine Schädigung der Kunststofffolien-<br />

Rückseite beobachtet. Beim 0° Zugversuch kommt es nicht zu einer Trennung der<br />

Schweißverbindung, sondern es wird die Heißprägestruktur von der Kunststofffolie abgelöst.<br />

Im vorliegenden Fall wurde beim 0° Zugversuch eine Scherkraft von ca. 15,5 N gemessen,<br />

welche nur gering unter den Werten von Schweißverbindungen auf starren Substraten liegt.<br />

13 Ausarbeitung von Empfehlungen<br />

Aus den im Projekt gewonnenen Erkenntnissen lässt sich <strong>für</strong> das Heißprägen auf<br />

Kunststofffolien eine Reihe von Empfehlungen ableiten.<br />

Der ursprüngliche Ansatz, dass Mehrschichtfolien bestehend aus Trägerfolie B <strong>und</strong><br />

„Klebeschicht“ A benötigt werden, um gute Heißprägeergebnisse zu erzielen, hat sich nicht<br />

umfänglich bestätigt. Zwar konnten mit der Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 auf PA-Basis (Typ ABA) gute<br />

Ergebnisse beim Aufbau ein- wie auch zweilagiger Schaltungen erzielt werden, doch gleich<br />

gute Prägeergebnisse wurden auch mit der Einschichtfolie <strong>Nr</strong>. 9 auf PPA-Basis (Typ B)<br />

erreicht. In jedem Fall sollte die Dicke der Kunststofffolie größer sein als dies bei<br />

Polyimidfolien, die oft eine Standarddicke von 50 µm aufweisen, üblich ist. Bewährt haben<br />

61


sich Folien im Dickenbereich 100 + 20 µm. Werden dünnere Kunststofffolien beidseitig<br />

beprägt, sind aufgr<strong>und</strong> des feineren Treatments <strong>und</strong> des angewendeten<br />

Leiterbahnvorschnitts Walzfolien vorzuziehen. Damit sicher gestellt ist, dass die<br />

Kunststofffolie beim Heißprägen im gesamten Prägebereich gleichmäßig beaufschlagt wird,<br />

ist die Folie während des Prägevorgangs mittels Vakuumansaugung auf dem Amboss zu<br />

fixieren. Bewährt hat sich dabei, dass der Amboss gleichzeitig eine definierte Temperatur<br />

aufweist. So lässt sich durch Kühlung des Foliensubstrats die Prägetemperatur anheben <strong>und</strong><br />

dadurch die Haftung der Heißprägestrukturen auf der Folie erhöhen.<br />

Für die Herstellung zweilagiger Schaltungen hat es sich bewährt, die Restfolie erst nach dem<br />

beidseitigen Beprägen zu entfernen. Hierdurch wird vermieden, dass beim Beprägen der<br />

zweiten Seite möglicherweise über „Stufen“ geprägt wird, welche dann zu Schädigungen der<br />

Leiterstrukturen oder schlechten Haftfestigkeitswerten führen können. Bei der Herstellung<br />

von Durchkontaktierungen mittels Widerstandsschweißen richtet sich die Bohrungsöffnung<br />

<strong>für</strong> die Durchkontaktierung nach dem Durchmesser der Punktschweißelektrode. Weist diese<br />

beispielsweise einen Durchmesser von 0,5 mm auf <strong>und</strong> berücksichtigt man, dass die lichte<br />

Weite der Bohrung beim Heißprägen durch Materialverdrängung um ca. 20 – 40 %<br />

schrumpft, sollte der ursprüngliche Bohrlochdurchmesser ca. 1,2 mm betragen. Für die<br />

Herstellung zweilagiger Schaltungen ist aufgr<strong>und</strong> der geringsten Anzahl von Arbeitsschritten<br />

<strong>und</strong> der nicht unterbrochenen Prozessabfolge der Herstellprozess Erzeugung der Bohrungen<br />

/ Beidseitiges Heißprägen / Widerstandsschweißen zu favorisieren.<br />

Für die Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik können mit nur geringen Anpassungen<br />

Standardprozesse <strong>und</strong> -anlagen aus der Elektronikproduktion <strong>für</strong> die heißgeprägten<br />

Folienschaltungen eingesetzt werden. Um den Verzug der Schaltungen nach dem<br />

Heißprägen zu kompensieren, müssen geeignete Vorrichtungen wie beispielsweise<br />

leistungsstarke Vakuumtische bzw. angepasste Werkstückträger mit Niederhaltern<br />

verwendet werden. In den Versuchen hat sich weiterhin eine Erhöhung der<br />

Lotpastenvolumina bei den zweipoligen Bauelementen um ca. 30 % bewährt, um ein<br />

gleichmäßige Benetzung der Anschlüsse zu erzielen <strong>und</strong> dem „Grabsteineffekt“ nach dem<br />

Löten vorzubeugen. Für den Bestückprozess sollte zum Ausgleich der unterschiedlichen<br />

Höhen der Landeflächen durch den Verzug der Folien eine Regelung der Bestückkraft<br />

vorgenommen werden. Aufgr<strong>und</strong> der geringeren thermischen Massen der Foliensubstrate<br />

können die Peaktemperaturen im Konvektionsprozess gegenüber starren Leiterplatten<br />

reduziert <strong>und</strong> so die thermische Belastung der Kunststoffe verringert werden. Damit ist eine<br />

Verarbeitung der Folien <strong>Nr</strong>. 6 <strong>und</strong> <strong>Nr</strong>. 9 mit SnAgCu-Lotpaste möglich. Alternativ bieten sich<br />

das Dampfphasenlöten bzw. der Einsatz niedrigschmelzender Lote (z. B. SnBi) an. Im<br />

Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Baugruppen auf den Foliensubstraten kann festgehalten<br />

werden, dass die Verwendung von Walzfolien aufgr<strong>und</strong> ihrer höheren Duktilität eine<br />

62


interessante Alternative zu den ED-Folien darstellt. Insbesondere in Kombination mit der<br />

Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 erscheinen aufgebaute Schaltungen geeignet <strong>für</strong> Einsatzgebiete, die<br />

eine niedrige bis mittlere dynamische Belastung aufweisen. Beispielsweise sind dies<br />

Anwendungen, die eine flexible Baugruppe zur optimalen Anpassung an den Bauraum<br />

erfordern, ein Trend, der durch die wachsende Integration elektronischer Komponenten<br />

zunehmend an Bedeutung gewinnt [14].<br />

14 Literatur<br />

[1] W. Reise <strong>und</strong> K. Ritz: Flexible <strong>und</strong> starrflexible Leiterplatten. Eugen G. Leuze Verlag,<br />

Bad Saulgau, 2006.<br />

[2] Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V. (Hrsg.):<br />

3D-MID-Technologie. Herstellungsverfahren, Gebrauchsanforderungen,<br />

Materialkennwerte, München, 2004.<br />

[3] S. Stampfer: Heißprägen von spritzgegossenen Schaltungsträgern, Dissertation am<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Kunststofftechnik (LKT), Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-<br />

Nürnberg, Erlangen, 1999.<br />

[4] M. Fuchs, Z. Broka, E. Schmachtenberg: Heißprägen flexibler Kunststoffsubstrate<br />

zum Aufbau funktionalisierter Mehrschichtverb<strong>und</strong>e. Proceedings zum Workshop<br />

„Innovative Anwendungen in der MID-Technik“, S. 103-112, Stuttgart, 10.10.2007.<br />

[5] www.bolta-gottmadingen.de<br />

[6] H. Richter, H. Kappl, T. Booz, S. Lapper, K. Petrikowski, W. Eberhardt, M. Fenker, H.<br />

Kück: New Developments in Hot Embossing MID Technology. Proc. 6 th Int. 4M<br />

Conference, Oyonnax, France, Nov. 17 th -19 th , 2010,<br />

[7] R. J. Klein-Wassink: Weichlöten in der Elektronik. 2. Auflage, Leuze-Verlag Saulgau,<br />

1991.<br />

[8] A. Reinhardt: Rolle-zu-Rolle-Produktion flexibler Schaltungsträger. In Produktion von<br />

Leiterplatten <strong>und</strong> Systemen -PLUS; Leuze Verlag, Bad Saulgau, 2008.<br />

[9] T. Bigl: Entwicklung, angepasste Herstellungsverfahren <strong>und</strong> erweiterte<br />

Qualitätssicherung von einsatzgerechten elektronischen Baugruppen; Meisenbach<br />

Verlag, Bamberg, 2007.<br />

[10] F. Schüßler u. a.: Heißgeprägte MID-Baugruppen <strong>für</strong> erhöhte thermische<br />

Anforderungen. In: Kunststoffe 99. Jahrgang, Ausgabe 11/2009, S. 96-101.<br />

[11] P. Wölflick: Innovative Substrate <strong>und</strong> Prozesse mit feinsten Strukturen <strong>für</strong> bleifreie<br />

Mechatronik-Anwendungen; Meisenbach Verlag, Bamberg, 2006.<br />

[12] B. Balogh et. al.: Qualification and Reliability Tests of flexible Printed Circuits.<br />

Electronics Technology, 30th International Spring Seminar on, pp.82-87, 9-13 May<br />

2007.<br />

[13] U. Keßler, P. Buckmüller, W. Eberhardt, H. Richter, H. Kück: Peripheral Connections<br />

for MID. Proc. 9 th Int. MID Congress, Nuremberg-Fuerth, Germany, Sept. 29 th -30 th ,<br />

2010,<br />

63


[14] C. Goth, J. Franke, K. Feldmann: MOLDED INTERCONNECT DEVICES –<br />

Progressive Approach for Mechatronic Products and Efficient Manufacturing<br />

Processes. In: Proceedings of SMTA 2010 Pan Pacific Microelectronics Symposium<br />

& Tabletop Exhibition, Kauai, Hawaii, 2010.<br />

[15] Pojtinger A.: Erfahrungen in der Serienfertigung einer komplexen heißgeprägten MID-<br />

Baugruppe, Proceedings Workshop „Innovative Anwendungen in der MID-Technik“,<br />

S. 117-129, 05.10.2005, Stuttgart<br />

Danksagung<br />

Das IGF-Vorhaben <strong>326</strong> <strong>ZN</strong> der Forschungsvereinigungen Hahn-Schickard-Gesellschaft <strong>für</strong><br />

angewandte Forschung e. V. - HSG, Wilhelm-Schickard-Straße 10, 78052 Villingen-<br />

Schwenningen <strong>und</strong> Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V., Nordostpark 91,<br />

90411 Nürnberg, wurde über die AIF im Rahmen des Programms zu Förderung der<br />

industriellen Gemeinschaftsforschung <strong>und</strong> -entwicklung (IGF) vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong><br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie aufgr<strong>und</strong> eines Beschlusses des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />

gefördert. Für diese Förderung sei gedankt.<br />

Dem projektbegleitenden Ausschuss sei <strong>für</strong> die Unterstützung <strong>und</strong> die Hinweise aus den<br />

zahlreichen Diskussionen gedankt. Namentlich sind dies:<br />

- Herr Dr. Pojtinger, 2E mechatronic GmbH & Co. KG<br />

- Herr Udo Biedermann, BGS GmbH<br />

- Herr Wolfgang Binder, Binder Elektronik GmbH<br />

- Herr Unger, Bolta Werke GmbH<br />

- Herr Peter Borsch, Eaton Industries GmbH<br />

- Herr Siegbert Gabriel, EMS Chemie GmbH<br />

- Herr Lars Blassmann, Festo AG & Co. KG<br />

- Herr Thorsten Hampf, GST GmbH<br />

- Herr Jürgen Hornberger, Kombi Tec GmbH<br />

- Herr Dr. Harald Heßberger, Mitsubishi Polyester Film GmbH<br />

- Herr Thomas Booz, Schlenk Metallfolien GmbH<br />

- Herr Dr. Michael Häußler, Schreiner Group GmbH<br />

Besonderer Dank gilt den Firmen EMS-Chemie AG, Ticona GmbH, BASF SE, Evonik<br />

Degussa GmbH, Mitsubishi Polyester Film GmbH, Schlenk Metallfolien GmbH <strong>und</strong> BGS<br />

GmbH <strong>für</strong> die Bereitstellung von Materialien, die Durchführung von Versuchen <strong>und</strong> die<br />

vielfältige Beratung in speziellen Fragestellungen.<br />

64

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