Abschlussbericht FV-Nr.: 326 ZN - Institut für Mikro- und ...
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<strong>Abschlussbericht</strong><br />
<strong>FV</strong>-<strong>Nr</strong>.: <strong>326</strong> <strong>ZN</strong><br />
Thema:<br />
Heißprägen von Kunststofffolien zum<br />
Aufbau von Low Cost Flexschaltungen<br />
Kurzbezeichnung: HP-KSF<br />
Auftraggeber: AiF<br />
Projektleiter: Dr. Horst Richter (HSG-IMAT)<br />
Prof. Dr.-Ing. Jörg Franke (FAPS)<br />
Prof. Dr.-Ing. Dietmar Drummer (LKT)<br />
Bearbeitungszeitraum: 01.07.2009 bis 30.06.2011<br />
Datum:<br />
29.08.2011<br />
HSG-IMAT • Hahn-Schickard-Gesellschaft • <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Mikro</strong>aufbautechnik<br />
Allmandring 9 B • 70569 Stuttgart • Telefon: +49 711 685-83712 • Telefax: +49 711 685-83705<br />
<strong>Institut</strong>sleiter: Prof. Dr. H. Kück<br />
FAPS • Lehrstuhl <strong>für</strong> Fertigungsautomatisierung <strong>und</strong> Produktionssystematik •<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
Nordostpark 91 • 90411 Nürnberg • Telefon: +49 911 58058-14 • Telefax: +49 911 58058-30<br />
Lehrstuhlinhaber: Prof. Dr. J. Franke<br />
LKT • Lehrstuhl <strong>für</strong> Kunststofftechnik • Universität Erlangen-Nürnberg<br />
Am Weichselgarten 9 • 91058 Erlangen • Telefon: +49 9131 85-29700 • Telefax: +49 9131 85-29709<br />
<strong>Institut</strong>sleiter: Prof. Dr. D. Drummer<br />
1
Inhalt<br />
Seite<br />
1 Zusammenfassung 3<br />
2 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung 4<br />
3 Anforderungsprofil, Material- & Prozessauswahl, Versuchsplanung 5<br />
4<br />
4.1<br />
4.2<br />
4.3<br />
4.4<br />
5<br />
5.1<br />
5.2<br />
5.3<br />
5.4<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung der Kunststofffolien<br />
Kunststofffolientypen<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung von Mehrschichtfolien seitens LKT<br />
Bereitstellung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien durch Industriepartner<br />
Folienübersicht <strong>und</strong> Folienauswahl<br />
Charakterisierung der Kunststofffolien<br />
Thermisches Verhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />
Mechanisches Verhalten strahlenvernetzter Mehrschichtfolien<br />
Thermisches Ausdehnungsverhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />
Temperaturbeständigkeit von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien im Lötprozess<br />
6 Konzeption <strong>und</strong> Layout zum Aufbau flexibler Schaltungen 31<br />
7<br />
7.1<br />
7.2<br />
7.3<br />
7.4<br />
Strukturierung der Folien durch Heißprägen<br />
Voruntersuchungen<br />
Herausforderungen beim Heißprägen von Kunststofffolien<br />
Optimierung des Prägeprozesses<br />
Herstellung heißgeprägter Flexschaltungen<br />
8 Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen 41<br />
9 Charakterisierung heißgeprägter Flexschaltungen inkl. Durchkontaktierungen 46<br />
10 Aufbau von Testbaugruppen 49<br />
11<br />
11.1<br />
11.2<br />
11.3<br />
Zuverlässigkeitsuntersuchungen an Testbaugruppen<br />
Prüfplan<br />
Messung des Durchgangswiderstands <strong>und</strong> Schertests<br />
Bestimmung der Biegeermüdungs- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />
12 Kontaktierung von Testschaltungen mit der Peripherie 59<br />
13 Ausarbeitung von Empfehlungen 61<br />
14 Literatur 63<br />
Danksagung 63<br />
8<br />
8<br />
9<br />
14<br />
18<br />
19<br />
20<br />
24<br />
28<br />
30<br />
33<br />
33<br />
34<br />
36<br />
40<br />
51<br />
51<br />
52<br />
56<br />
2
1 Zusammenfassung<br />
Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Entwicklung von Low Cost Flexschaltungen auf<br />
der Basis technischer Kunststofffolien in Kombination mit Heißprägetechnik. Hier<strong>für</strong> wurde<br />
zunächst eine größere Anzahl möglicher Kunststofffolien ausgewählt <strong>und</strong> hinsichtlich ihrer<br />
thermomechanischen, mechanischen <strong>und</strong> thermischen Eigenschaften charakterisiert.<br />
Wichtige Kenngrößen waren dabei das Spannungs-Dehnungs-Verhalten, das Schmelz- <strong>und</strong><br />
Kristallisationsverhalten, der Elastizitätsmodul, der Ausdehnungskoeffizient <strong>und</strong> die<br />
thermische Belastbarkeit. Die Kunststofffolien wurden durch Heißprägen strukturiert, wobei<br />
die Heißprägebedingungen den speziellen Eigenschaften der Folien angepasst <strong>und</strong> auf gute<br />
Leiterbahnhaftung sowie möglichst geringen Folienverzug <strong>und</strong> -verwölbung optimiert wurden.<br />
Anhand dieser Untersuchungen wurden zwei Kunststofffolien, eine Mehrschichtfolie vom Typ<br />
ABA auf Polyamid-Basis <strong>und</strong> eine Einschichtfolie auf Polyphthalamid-Basis <strong>für</strong> die weiteren<br />
Entwicklungsarbeiten ausgewählt. Zusammen mit den zwei eingesetzten Heißprägefolien,<br />
einer ED- <strong>und</strong> einer Walzfolie, ergab sich daraus eine 2 x 2 – Matrix <strong>für</strong> die eingehenderen<br />
Untersuchungen, welche die Verfahrensentwicklung von Durchkontaktierungen, den Aufbau<br />
eines Demonstrators <strong>und</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen umfasste.<br />
Für die Durchkontaktierung zweiseitig strukturierter Folien wurde ein Verfahren entwickelt,<br />
welches mit nur drei Prozessschritten auskommt <strong>und</strong> keine Verwendung von Nasschemie<br />
erfordert. Durch die Prozessabfolge Laserbohren / Heißprägen / Widerstandsschweißen<br />
lassen sich damit zweilagige Leiterstrukturen schnell <strong>und</strong> mit kleinen<br />
Durchgangswiderständen realisieren. Eine Weiterverarbeitung der geprägten<br />
Leiterstrukturen mit Standardprozessen der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik konnte<br />
ebenfalls nachgewiesen werden. Hierbei sind Maßnahmen zu treffen, um den Verzug <strong>und</strong><br />
die Verwölbung der Schaltungen zu kompensieren. Bei den beiden ausgewählten<br />
Folienmaterialien ist eine ausreichende Wärmeformbeständigkeit vorhanden, um eine<br />
Kontaktierung elektronischer Bauelemente mit bleifreien SnAgCu-Loten durchzuführen. Für<br />
die Entwicklung einer Kontaktierung zwischen Folienschaltung <strong>und</strong> Peripherie wurde ein<br />
Demonstrator mit LED-Bestückung aufgebaut. Als geeignete Verfahren wurden die<br />
Kontaktierung mittels Kabel durch Löten <strong>und</strong> <strong>Mikro</strong>schweißen erfolgreich erprobt. Feuchte-<br />
Wärme- <strong>und</strong> Temperaturwechseltests zur beschleunigten Alterung von unbestückten <strong>und</strong><br />
bestückten Folienschaltungen zeigen die hohe Zuverlässigkeit der geprägten<br />
Leiterstrukturen wie auch der Lötstellen. Bei den Biegewechsel- <strong>und</strong> Knicktests weist<br />
insbesondere die Polyamid-Mehrschichtfolie vom Typ ABA in Kombination mit der Walzfolie<br />
eine hohe Zuverlässigkeitkeit gegenüber den anderen Materialkombinationen auf.<br />
3
Insgesamt zeigen die dargelegten Ergebnisse das Potenzial von heißgeprägten<br />
Flexschaltungen als kostengünstige Ergänzung zu aktuell eingesetzten Polyimidschaltungen.<br />
Die wesentlichen Prozesse zu ihrer Herstellung wurden erarbeitet <strong>und</strong> geeignete<br />
Materialpaarungen aufgezeigt. Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.<br />
2 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung<br />
Flexible Schaltungen werden heute überwiegend auf der Basis von Polyimidfolien<br />
hergestellt, da diese neben sehr guten thermischen <strong>und</strong> elektrischen Eigenschaften auch<br />
eine gute Metallisierungshaftung [1] aufweisen. Für die Erzeugung des Leiterbildes wird<br />
zunächst eine Kupferstartschicht ein- oder beidseitig auf die Polyimidfolie aufgebracht. Dies<br />
kann entweder durch Laminieren einer Kupferfolie mittels eines Klebers oder durch<br />
Vakuummetallisierung erfolgen. Für einseitige Flexschaltungen führen dann die Schritte<br />
Fotoprozess, Ätzen der Leiterstruktur, Abdeckfolie(-lack) aufbringen <strong>und</strong> Herstellung der<br />
Endschicht zur fertigen Schaltung. Bei zweiseitigen Flexschaltungen mit<br />
Durchkontaktierungen erfolgt vor dem Fotoprozess noch die Erzeugung <strong>und</strong><br />
Durchkontaktierung der Bohrungen durch chemische Metallisierung <strong>und</strong> galvanische<br />
Verstärkung.<br />
Flexible Schaltungen haben im Vergleich zu starren Schaltungsträgern eine ganze Reihe<br />
entscheidender Vorzüge wie u.a. ihre Biegbarkeit <strong>und</strong> damit die Möglichkeit zur optimalen<br />
Anpassung an vorhandene Gehäuseformen. Ein weiterer Vorteil ist die Gewichtsreduktion<br />
des Schaltungsträgers oder der Baugruppe. Weiter lassen sie sich in nahezu jeder<br />
beliebigen Form anfertigen <strong>und</strong> bei Bedarf mit sehr feinen Leiterbahnen <strong>und</strong>/oder mit<br />
mehreren Metallisierungsebenen (Multilayer) versehen. Neben vielen Vorzügen haben<br />
Flexschaltungen auf Polyimid-Basis aber auch material- bzw. herstellungsbedingte<br />
Nachteile. So sind Polyimidfolien relativ teuer. Ihre Strukturierung ist aufwändig <strong>und</strong> benötigt<br />
umfangreiches Prozessequipment. Aufgr<strong>und</strong> der notwendigen Anlagen <strong>und</strong> des Verfahrens-<br />
Know-hows ist die Herstellung flexibler Schaltungen praktisch nur in entsprechend<br />
ausgestatteten Leiterplattenwerken möglich. Aufgr<strong>und</strong> der hohen Feuchtigkeitsaufnahme von<br />
Polyimid müssen Trocknungsprozesse vor der weiteren Verarbeitung (Löten, Bauelementebestückung)<br />
vorgeschalten werden. Insgesamt gesehen ist die Herstellung von Polyimid-<br />
Schaltungen also relativ aufwändig <strong>und</strong> damit kostenintensiv. Daher ist es wünschenswert,<br />
auf eine kostengünstige <strong>und</strong> einfach verfügbare Alternative zurückgreifen zu können.<br />
Eine preisgünstige <strong>und</strong> schnelle Methode zur Herstellung der Leiterbahnen auf einem<br />
thermoplastischen Schaltungsträger ist das Heißprägen [2, 3]. Bei der Heißprägetechnik wird<br />
über ein beheiztes Prägewerkzeug, auf dem sich das Schaltungslayout befindet, spezielle<br />
kupferbasierte Folie, welche kommerziell erhältlich ist, unter Hitze <strong>und</strong> Druck auf einen<br />
thermoplastischen Werkstoff aufgebracht. Die Kupferfolie wird dabei beim Prägeprozess<br />
4
ausgestanzt <strong>und</strong> verbindet sich mit ihrer aufgerauten Rückseite mit der aufschmelzenden<br />
Kunststoffoberfläche. Auf diese Weise wird das Leiterbahnlayout direkt vom Prägestempel<br />
auf den Schaltungsträger übertragen. Das Verfahren ist voll automatisierbar <strong>und</strong> wird<br />
industriell zur MID-Herstellung (Moulded Interconnect Device) in hohen Stückzahlen<br />
eingesetzt [15].<br />
Trotz der einfachen Prozessführung <strong>und</strong> der Kostenvorteile hat die Anwendung der<br />
Heißprägetechnik zur Herstellung flexibler Schaltungsträger bisher keine Verbreitung<br />
gef<strong>und</strong>en. Ein entscheidender Gr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> ist die Tatsache, dass Versuche, konventionelle<br />
thermoplastische Kunststofffolien mittels Heißprägetechnik mit einer Leiterstruktur zu<br />
versehen, im Regelfall keine befriedigenden Resultate ergeben. Wird bei einer zu niedrigen<br />
Temperatur geprägt, ist die Metallisierungshaftung auf dem Kunststoffsubstrat unzureichend,<br />
wohingegen hohe Prägetemperaturen zu Formveränderungen oder darüber hinaus zur<br />
Zerstörung der Kunststofffolie führen [4]. Um die beschriebene Problematik zu lösen, wurden<br />
im Rahmen dieses Vorhabens u. a. Mehrschichtfolien <strong>für</strong> die Strukturierung mittels<br />
Heißprägen untersucht. Diese Mehrschichtfolien sind so aufgebaut, dass eine in der Mitte<br />
befindliche höher schmelzende Trägerschicht der Folie die notwendige mechanische<br />
Stabilität verleiht, während die außen aufgebrachte thermoplastische Kunststoffschicht mit<br />
einer im Vergleich niedrigeren Schmelztemperatur den Verb<strong>und</strong> zur Heißpräge-<br />
Metallisierung gewährleistet. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> möglichst kostengünstige<br />
Flexschaltungen zu entwickeln wurden bevorzugt technische Thermoplaste untersucht.<br />
Insgesamt wurden die Kunststofffolien so ausgewählt, dass sie <strong>für</strong> das Heißprägen wie auch<br />
die Verarbeitung im bleifreien Lötprozess ausreichend thermisch belastbar <strong>und</strong> damit<br />
möglichst mit den gängigen Prozessen der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik (AVT)<br />
kompatibel sind. Entsprechende Folien wurden entweder von der Industrie bereitgestellt oder<br />
vom Projektpartner LKT aus Kunststoffgranulat <strong>und</strong> Folienvorprodukten hergestellt.<br />
3 Anforderungsprofil, Material- & Prozessauswahl, Versuchsplanung<br />
Zu Projektbeginn wurde ein vorläufiges Anforderungsprofil (Tabelle 3.1) erstellt, bei welchem<br />
alle wichtigen Eigenschaften <strong>und</strong> die Kriterien in Bezug auf das Heißprägen <strong>und</strong> Bestücken<br />
der Kunststofffolien aufgelistet sind. Primär wurde davon ausgegangen, dass<br />
Folienschaltungen hergestellt werden können, welche mit Standardloten (SnAgCu-Lot,<br />
Sp = 217 °C) <strong>und</strong> -prozessen (Konvektionslöten, Tmax = 260 °C bzw. Dampfphasenlöten,<br />
Tmax = 230 °C) weiter verarbeitet werden können. Als Alternative wurden niedrig<br />
schmelzende SnBi-Lote (Sp = 138 °C) in die Tabelle aufgenommen <strong>für</strong> den Fall, dass die<br />
Folienschaltungen thermisch nicht ausreichend belastbar sein sollten.<br />
5
Aufbau der<br />
Kunststofffolien<br />
Temperaturbelastbarkeit<br />
Schmelzverhalten<br />
Folienmaterial<br />
- Prinzipieller Aufbau der Mehrschichtfolien: B = Trägerfolie, A = Haftfolie<br />
bzw. Haftschicht<br />
- Zweischichtaufbau Typ AB oder Dreischichtaufbau Typ ABA <strong>für</strong><br />
einseitige flexible Schaltungen<br />
- Dreischichtaufbau Typ ABA <strong>für</strong> zweiseitige flexible Schaltungen<br />
- Kurzzeitig abhängig vom AVT-Prozess:<br />
SnAgCu: (ca.60 sec) 260°C (Konvektionslötprozess)<br />
SnBi-Lot: (ca.60 sec) 160°C (Konvektionslötprozess) (Fall back solution)<br />
- Dauertemperaturbeständigkeit abhängig vom Anwendungsfeld (am Bsp.<br />
Automobil): Motorraum: 125 °C / motornah: >150 °C / Innenraum: 85 °C<br />
- Folie B sollte eine deutlich höhere Schmelztemperatur aufweisen als<br />
Haftschicht A (Temperaturdifferenz z.B. 40-50 °C)<br />
- Bevorzugt: Technische Thermoplaste wie z.B. teilaromatische PA<br />
- Alternativ: Strahlenvernetzbare Thermoplaste (z.B. PA, PBT), Folien mit<br />
Füllstoffen, High Performance Thermoplaste (PPS, PEI, PEEK)<br />
Dicke der Folien - Gesamtdicke: 80 – 150 µm (Industrie) bzw. > 150 µm (LKT)<br />
Mechanische <strong>und</strong><br />
thermomechanische<br />
Eigenschaften der Folie<br />
Heißprägbarkeit der<br />
Kunststofffolien<br />
Bohrbarkeit der<br />
Kunststofffolien<br />
Konfektionierung der<br />
Folien<br />
Lagerung der Folien<br />
Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />
an Folien<br />
nach DIN<br />
Charakterisierung der Folien durch:<br />
- Spannungs-Dehnungs-Verhalten<br />
- E-Modul, temperaturabhängig (DMA)<br />
- Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten (DSC)<br />
- Ausdehnungskoeffizient (TMA)<br />
- Verb<strong>und</strong>festigkeit des Mehrschichtaufbaus <strong>und</strong> Reißfestigkeit<br />
- Die Kunststofffolie soll beim Heißprägen keine strukturelle Änderung<br />
(Verwölbung/Verzug) erfahren, welche die nachgeschalteten Prozesse<br />
beeinträchtigt<br />
- Die Haftung der Leiter auf der Folie sollte > 1 N/mm betragen (Peeltest)<br />
- Die Restfolie sollte sich nach dem Prägeprozess leicht entfernen lassen<br />
- Die Wulstbildung sollte < 80 µm sein<br />
- Die Kunststofffolien sollten bevorzugt lasertechnisch <strong>für</strong> die Einbringung<br />
von Bohrungen <strong>für</strong> die Durchkontaktierung strukturierbar sein<br />
- Die Folien sollen <strong>für</strong> die Rolle-zu-Rolle-Verarbeitung auf Arbeitsbreite<br />
zuschneidbar sein<br />
- Die Folien sollen <strong>für</strong> die Rolle-zu-Rolle-Verarbeitung auf Pappkernen<br />
wickelbar sein, ohne dass die Folie beim Wickeln verklebt<br />
- Die Folien sollen bei Lagerung unter kontrollierten Bedingungen (T, rel.<br />
LF, Licht) ihre Eigenschaften nicht verändern<br />
- Die Lagerungszeit der Folien soll mindestens 12 Monate betragen<br />
- Die Folienschaltungsträger sollen den Anforderungen der gängigen<br />
Zuverlässigkeitstests (rascher Temperaturwechsel (EN 60068-2-14),<br />
trockene Wärme (EN 60068-2-2), feuchte Wärme (EN 60068-2-67),<br />
Vibration (EN 60068-2-27) <strong>und</strong> Biegezyklen-Tests (IPC/JPCA- 6202)<br />
entsprechen<br />
- Die Bedingungen der Zuverlässigkeitstests sind abhängig von der<br />
geplanten Anwendung<br />
ROHS-Konformität - Die Folienschaltungsträger sollen den VDE-Richtlinien hinsichtlich der<br />
Schadstoffverordnung entsprechen (z.B. keine flammhemmenden<br />
Zusätze auf Br-Basis)<br />
Tabelle 3.1: Anforderungsprofil an die Kunststofffolien zu Projektbeginn<br />
6
Die zu untersuchenden Kunststofffolien wurden einerseits am LKT hergestellt, wobei der LKT<br />
auf Kunststoffgranulat sowie auf Folienvorprodukte der Industrie zurückgreifen konnte. Des<br />
Weiteren wurden Kunststofffolien durch die Industriepartner zur Verfügung gestellt, wobei<br />
neben kommerziell verfügbaren Produkten auf PET-Basis (Mitsubishi Polyester Film) vor<br />
allem Versuchsprodukte auf PA-Basis (BASF, EMS-Chemie) aber auch PPS-Folien (Ticona)<br />
eingesetzt wurden. Eine Übersicht der untersuchten Kunststofffolien ist im Abschnitt 4<br />
enthalten.<br />
Als Heißprägefolien wurden sowohl ED-Folien (electro deposited, galvanisch abgeschiedene<br />
Folien) als auch Walzfolien eingesetzt. Da Walzfolien nicht direkt heißgeprägt werden<br />
können, benötigen sie eine Vorstrukturierung der Leiterbahnstrukturen mittels Laser. Als<br />
weiterer wichtiger Unterschied ist zu erwähnen, dass sie im Vergleich zu ED-Folien ein viel<br />
feineres Rückseitentreatment aufweisen (Bild 3.1). Des Weiteren sind Walzfolien weitaus<br />
weniger spröde als ED-Folien, was gerade im Bezug auf flexible Schaltungen ein<br />
bedeutender Vorteil ist. Tabelle 3.2 zeigt die wichtigsten Eigenschaften beider Folientypen.<br />
ED-Folie Walzfolie<br />
Bild 3.1: REM-Aufnahmen des Rückseitentreatments <strong>und</strong> Querschliffe von ED-Folien <strong>und</strong><br />
Walzfolien im Vergleich<br />
7
Eigenschaft ED-Folie [5] Walzfolie [6]<br />
Foliendicke (µm)<br />
Bruchdehnung (%)<br />
Zugfestigkeit (N/mm²)<br />
Knicktest<br />
Reißtest (N)<br />
Prägbarkeit<br />
Folienoberseite (typisch)<br />
Treatment Folienrückseite<br />
Rauhigkeit Ra (µm)<br />
Rauhigkeit RZ (µm)<br />
Haftung (N/mm) auf PA6T/66Grivory HT2V-3H<br />
25<br />
2-4<br />
400-600<br />
1x<br />
0,15<br />
gut<br />
Sn<br />
Cu/CuO<br />
2-5<br />
20-30<br />
> 2<br />
Tabelle 3.2: Eigenschaften der ausgewählten Heißprägefolien im Vergleich<br />
25<br />
0-2,5<br />
300-450<br />
3x – 6x<br />
0,3 – 0,35<br />
gut nach Laservorschnitt<br />
Cu (passiviert)<br />
Cu/Zn<br />
0,2-0,5<br />
2-5<br />
1,2<br />
In der ersten Projekthälfte wurde ein breites Spektrum an Kunststofffolien auf ihre Eignung<br />
zum Heißprägen untersucht. Nach diesem Screening wurde die Anzahl der in Betracht<br />
kommenden Kunststofffolien stark eingeschränkt. Die verbleibenden Folien wurden<br />
entsprechend dem Anforderungsprofil eingehender getestet, wobei auch weitere Kriterien<br />
wie Verfügbarkeit <strong>und</strong> Preis berücksichtigt wurden. Letztendlich wurden zwei Kunststofffolien<br />
ausgewählt („2 x 2 Matrix“, Abschnitt 7), mit welchen dann alle fortlaufenden Arbeiten wie die<br />
Entwicklung von Durchkontaktierungen, Testschaltungen <strong>für</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />
<strong>und</strong> Aufbau von Demonstratoren durchgeführt wurden.<br />
4 Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung der Kunststofffolien<br />
4.1 Kunststofffolientypen<br />
Bei der Herstellung wie auch der Bereitstellung thermoplastischer Kunststofffolien als flexible<br />
Basismaterialien <strong>für</strong> den Einsatz in Low Cost-Flexschaltungen wurden verschiedene Ansätze<br />
verfolgt.<br />
Zum einen wurden Mehrschichtfolien aus zwei Kunststoffschmelzen mittels der Adapter-<br />
Coextrusion im so genannten Chill-Roll-Verfahren am LKT hergestellt. Dieser<br />
Verfahrensansatz wurde <strong>für</strong> artgleiche, technische Kunststoffe gewählt <strong>und</strong> insbesondere <strong>für</strong><br />
Kombinationen aus technischen Thermoplasten, deren maximale Temperaturdifferenz im<br />
Schmelzepeak einen Wert von 40 °C nicht überschritten.<br />
8
Bei höher schmelzenden Kunststoffen wie etwa aromatischen Polyamiden sowie<br />
Hochleistungsthermoplasten wurden aufgr<strong>und</strong> der stark erhöhten Schmelztemperatur der<br />
Weg über Einschichtfolien als zweiter Ansatz in der Herstellungsfolge zum flexiblen<br />
Schaltungsträger gewählt. Die Einschichtfolien wurden seitens des LKT extrudiert<br />
(Trägerfolien) bzw. konnten durch Industriepartner als Versuchsprodukte (Haft- <strong>und</strong>/oder<br />
Trägerfolien) <strong>für</strong> das Projektvorhaben in jeweils kleinen bis größeren Umfängen zur<br />
Verfügung gestellt werden. Die Einschichtfolien wurden unter anderem in die<br />
Untersuchungen zur Strukturier- <strong>und</strong> Metallisierbarkeit durch Heißprägen (Abschnitt 7) sowie<br />
zum Aufbau <strong>und</strong> zur Zuverlässigkeit von Testbaugruppen (Abschnitt 10) einbezogen.<br />
Darüber hinaus wurden Vorprodukte von Haftfolien genutzt, um diese einerseits mittels<br />
Heißpressens auf das höher schmelzende Trägerfoliensubstrat zu laminieren, zum anderen<br />
um diese während des Extrusionsprozesses nach dem Düsenaustritt der Kunststoffschmelze<br />
über ein Walzensystem zuzuführen. Ergänzend konnten zudem durch den Industriepartner<br />
BASF gefertigte Mehrschichtfolien mit ABA-Schichtaufbau <strong>für</strong> das Projektvorhaben<br />
unmittelbar genutzt werden.<br />
4.2 Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung von Mehrschichtfolien seitens LKT<br />
Bei der Herstellung von Mehrschichtfolien wurde am LKT <strong>für</strong> preisgünstige, technische<br />
Thermoplaste mit Schmelztemperaturen bis etwa 230 °C der Verarbeitungsansatz der<br />
verfügbaren Adapter-Coextrusion verfolgt. Die Herstellung folienförmiger Halbzeuge erfolgte<br />
dabei im Flachfolienextrusionsverfahren mit Chill-Roll.<br />
Die verwendete <strong>und</strong> in Bild 4.2.1 gezeigte Flachfolienanlage des LKT bestand aus den<br />
beiden Einschneckenextrudern Collin E30M der Firma Dr. Collin, Ebersberg, sowie Leistritz<br />
LSM 30/34 GL der Firma Leistritz, Nürnberg, welche jeweils mit einer Schnecke des<br />
Durchmessers 30 mm bei einem L/D-Verhältnis von 25 ausgestattet war. Für die<br />
Zusammenführung der Kunststoffschmelzen besaß die Anlage einen Coex-Adapter der<br />
Firma Dr. Collin, welcher zwischen die Extruder <strong>und</strong> eine Breitschlitzdüse von 250 mm Breite<br />
integriert wurde. Die Kühlung, der Abzug sowie die Konfektionierung der extrudierten<br />
Mehrschichtfolien auf Rolle wurde schließlich über eine Chill-Roll Anlage der Fa. Dr. Collin,<br />
Typ CR136/350, realisiert.<br />
9
Coex-<br />
Feedblock<br />
Bild 4.2.1: Flachfolienanlage zur Herstellung von Mehrschichtfolien mittels Coextrusion<br />
links: Einschneckenextruder, Coex- Feedblock (Adapter) <strong>und</strong> Breitschlitzdüse<br />
rechts: Chill-Roll Anlage mit vertikaler 3-Walzen-Einheit <strong>und</strong> Folienzuführung<br />
Zur Herstellung von coextrudierten Mehrschichtfolien als Basismaterial <strong>für</strong> flexible<br />
Schaltungsträger wurden aufgr<strong>und</strong> ihrer individuellen Vorteile verschiedene, technische<br />
Kunststofftypen ausgewählt, Tabelle 4.2.1. Um deren Beständigkeit bei den im bleifreien<br />
Lötprozess herrschenden Temperaturen bis etwa 260 °C kurzzeitig sicherzustellen, wurden<br />
diese Kunststofftypen von der Firma PTS, Adelhofen, mit speziellen Monomeren versehen,<br />
welche nach der Herstellung von Folien deren Strahlenvernetzung <strong>und</strong> damit Erweiterung<br />
der thermischen Einsatzgrenze ermöglichen.<br />
Kunststoff Bezeichnung Schmelzpunkt<br />
[°C]<br />
PA12-X<br />
(Haftschicht)<br />
PA12-X<br />
(Trägerschicht)<br />
V-CREAMID-<br />
12H2*M807/05<br />
V-CREAMID-<br />
12H2*M807/13<br />
PBT-X V-CREATEC-<br />
B4HZC*M800/25<br />
TPE-X V-UNIFLEX-<br />
E25D/M*M800/20<br />
Folienzuführung<br />
(optional)<br />
3-Walzen-<br />
Einheit<br />
max. Wasseraufnahme<br />
[%]<br />
Bestrahlungsdosis<br />
[kGy]<br />
177 °C 1,6 66<br />
177 °C 1,6 66<br />
220 °C 0,5 165<br />
182 °C -- 165<br />
Tabelle 4.2.1: Ausgewählte strahlenvernetzbare Kunststoffe <strong>für</strong> die Folien-Coextrusion;<br />
Eigenschaften <strong>und</strong> optimale Bestrahlungsdosis nach Herstellerangaben<br />
Polybutylenterephthalat (PBT) weist eine niedrige Wasseraufnahme auf, wobei die<br />
mechanischen Eigenschaften des Materials durch diese Feuchtigkeit nicht beeinflusst<br />
werden. Dies stellt einen deutlichen Vorteil gegenüber Polyamiden dar. Polyamid 12 (PA12)<br />
10
enötigt zur Vernetzung nur eine geringe Dosis von 66 kGy. Dies birgt das Potential<br />
kostengünstiger Vernetzung <strong>und</strong> somit wirtschaftlicher Vorteile. Darüber hinaus hat es<br />
gegenüber anderen Polyamiden eine geringe Wasseraufnahme. Das Eigenschaftsprofil von<br />
thermoplastischen Elastomeren (TPE) kann von gummiartig bis zum hochflexiblen<br />
technischen Thermoplast reichen <strong>und</strong> lässt damit Vorzüge im Hinblick auf eine gute<br />
Haftfestigkeit der Metallisierung auf der Kunststoffoberfläche erwarten.<br />
Die in Tabelle 4.2.1 genannten strahlenvernetzbaren Kunststofftypen wurden im<br />
Coextrusionsverfahren zu zwei Mehrschichtfolien des Schichtaufbautyps AB mit jeweiliger<br />
Gesamtdicke von ca. 150 µm kombiniert<br />
• eine Mehrschichtfolie artgleicher Kunststoffmatrix PA12, keiner Schmelz-<br />
•<br />
temperaturdifferenz <strong>und</strong> unterschiedlichem Vernetzungsmittelgehalts von 5%<br />
(Haftschicht A) bzw. 13% TAIC (Trägerschicht B) sowie<br />
eine Mehrschichtfolie, aufgebaut aus den Kunststoffmatrices PBT <strong>und</strong> TPE mit<br />
Schmelztemperaturdifferenz von etwa 40 °C.<br />
Die Verarbeitungsparameter der Folienextrusion wurden im Hinblick auf einen stabilen<br />
hochviskosen Schmelzeaustrag, eine gute Oberflächenqualität sowie Dickenkonstanz über<br />
den Folienquerschnitt eingestellt <strong>und</strong> sind in Tabelle 4.2.2 aufgeführt.<br />
Im Anschluss an die Fertigung der beiden Mehrschichtfolientypen wurde deren<br />
Elektronenbestrahlung im Rahmen des Projektes von der Firma Beta Gamma Service<br />
(BGS), Saal a. d. Donau, mit einem 5 MeV Elektronenbeschleuniger durchgeführt. Die<br />
jeweilige Dosis wurde dabei in Teilschritten von jeweils 33 kGy aufgebracht, um eine zu<br />
starke Erwärmung der Proben zu vermeiden. Der Vernetzungsgrad wurde mittels<br />
Gelwertanalyse ebenfalls von BGS bestimmt. Zur Charakterisierung der Effekte einer<br />
Elektronenbestrahlung auf die coextrudierten Kunststofffolien kamen im Späteren DSC<br />
(Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten), Zugversuche (σ-ε-Verhalten) <strong>und</strong> Rotationsviskosimetrie<br />
(Nachweis der Rest-Steifigkeit) zum Einsatz (Abschnitt 5).<br />
Mit den beiden ausgewählten Materialkombinationen konnten Mehrschichtfolien des Typs AB<br />
mittels der Adapter-Coextrusion auf Rolle hergestellt werden (Bild 4.2.2). Dabei zeigte sich<br />
auch eine herrschende Schmelztemperaturdifferenz bis zu etwa 40 °C zwischen den beiden<br />
Kunststoffschmelzen (Folie <strong>Nr</strong>. 4) als Prozessgrenze <strong>für</strong> die Fertigung von Mehrschichtfolien<br />
im besagten Coextrusionsverfahren mit Coex-Feedblock (Adapter).<br />
11
lauf. <strong>Nr</strong>. 3 lauf. <strong>Nr</strong>. 4<br />
Schicht A B A B<br />
Kunststoff PA12-X<br />
(5% TAIC)<br />
PA12-X<br />
(13% TAIC)<br />
Extruder Collin E30M Leistritz LSM<br />
30/34 GL<br />
TPE-X PBT-X<br />
Collin E30M Leistritz LSM<br />
30/34 GL<br />
Zone 1 [°C] 235 235 200 260<br />
Zone 2 [°C] 245 245 195 260<br />
Zone 3 [°C] 250 250 195 255<br />
Zone 4 [°C] 250 250 190 250<br />
Zone 5 [°C] -- 250 -- 250<br />
Drehzahl<br />
[min -1 ]<br />
8 40 11 60<br />
Flansch [°C] -- 250 -- 250<br />
Adapter [°C] 250 210 250<br />
Coex-Feedblock<br />
[°C]<br />
Breitschlitz-<br />
düse<br />
250 240<br />
Collin BS 250 mm Collin BS 250 mm<br />
Zone 1 [°C] 250 250<br />
Zone 2 [°C] 250 250<br />
Zone 3 [°C] 250 250<br />
Spaltweite [µm] ~ 550 ~ 600<br />
Chill-Roll Collin CR136/350 Collin CR136/350<br />
Walze, oben [°C] 80 80<br />
Walze, unten [°C] 80 40<br />
Abzug [m/min] 2,42 2,94<br />
Schichtdicke<br />
Mehrschicht [µm] ~ 150<br />
A<br />
B<br />
~ 150<br />
50 µm 50 µm<br />
Einzelschicht [µm] ~ 30 ~ 120 ~ 30 ~ 120<br />
Tabelle 4.2.2: Verarbeitungsparameter bei der Coextrusion von Mehrschichtfolien<br />
A<br />
B<br />
12
Bild 4.2.2: Hergestellte Mehrschichtfolien des Typs AB im Coextrusionsverfahren<br />
links: Mehrschichtfolie auf Basis artgleicher Kunststofftypen (PA12)<br />
rechts: Mehrschichtfolie auf Basis von Kunststofftypen mit akzeptabler<br />
Schmelztemperaturdifferenz (TPE/ PBT)<br />
Bei höheren Differenzen im Schmelzepeak können sich hingegen infolge der eingestellten<br />
Temperaturen im Coex-Adapter <strong>und</strong> in der Düse stark erniedrigte Viskositäten seitens der<br />
Haftschichtmaterialien zeigen, während sich die Materialien der jeweiligen Trägerschichten<br />
noch vergleichsweise höher viskos verhalten. Infolgedessen kommt es in der Düse zu<br />
Schmelzeumverteilungen, wobei der niedrig viskosere Kunststoff der Haftschicht<br />
vornehmlich durch den Verteilerkanal <strong>und</strong> nur in geringem Maße über das Drosselfeld<br />
strömt. Daraus resultiert ein inhomogener Düsenaustritt der Haftschichtschmelze, so dass es<br />
an den Folienrändern zu Masseanhäufungen kommt <strong>und</strong> sich zugleich nur wenig Material in<br />
der Folienmitte ansetzt. Zudem lassen sich Abbauerscheinungen der Haftschichtmaterialien<br />
aufgr<strong>und</strong> der erhöhten Verarbeitungstemperaturen erwarten. Diesen Sachverhalt<br />
verdeutlichen exemplarisch durchgeführte Untersuchungen zur Coextrusion strahlenvernetzbarer<br />
Kunststofftypen mit erhöhter Schmelztemperaturdifferenz. Bild 4.2.3 zeigt hierzu das<br />
Ergebnis einer Oberflächeninspektion <strong>für</strong> eine exemplarische Kombination der Kunststoffe<br />
PA9T (Schmelztemperatur Tm = 304 °C) <strong>und</strong> PA6 (Tm = 220 °C) <strong>und</strong> folgliche Differenz hierin<br />
von über 80 °C.<br />
13
Strahlenvernetzbare<br />
PA 9T-Schicht<br />
25 µm<br />
Masseanhäufung des<br />
strahlenvernetzbaren PA 6<br />
Inhomogene Verteilung des<br />
strahlenvernetzbaren PA 6 in<br />
der Folienmitte<br />
Bild 4.2.3: Oberfläche <strong>und</strong> Materialverteilung einer coextrudierten Mehrschichtfolie bei Aus-<br />
wahl von Materialien mit zu großer Schmelztemperaturdifferenz<br />
Aufgr<strong>und</strong> der dargelegten Sachverhalte ist es hier nicht möglich, mittels der Coextrusion<br />
angemessene Mehrschichtfolien herzustellen. Separat durchgeführte Extrusionsversuche<br />
belegen jedoch, dass sich das eingesetzte PA9T, Bezeichnung Genestar N1006C-H31 von<br />
der Firma Kuraray (Beimischung von 5 Gew.-% Vernetzungsadditiv) mit einem entsprechend<br />
abgestimmten Temperaturprofil ohne Weiteres zu einer einwandfreien Einschichtfolie<br />
verarbeiten ließe.<br />
4.3 Bereitstellung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien durch Industriepartner<br />
Von der Firma BASF, Ludwigshafen, wurden zu Beginn des Vorhabens drei<br />
Mehrschichtfolien auf Polyamid-Basis zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um<br />
Versuchsfolien des Typs ABA. In Tabelle 4.3.1 sind die verwendeten Materialien <strong>und</strong><br />
wichtigsten Eigenschaften der Folien zusammengestellt. Aus den eingefügten<br />
Querschliffbildern sind die Dicken der Einzelschichten ersichtlich.<br />
14
Tabelle 4.3.1: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Mehrschichtfolien auf PA-Basis (BASF)<br />
Unter den in Tabelle 4.3.1 aufgelisteten Folien wies die Folie <strong>Nr</strong>. 6 die besten Eigenschaften<br />
(Dicke Haftschicht, Schmelztemperatur Trägerschicht) auf <strong>und</strong> wurde daher in die<br />
eingehenderen Untersuchungen einbezogen (siehe Abschnitt 7; „2 x 2 – Matrix“).<br />
Darüber hinaus wurden von der Firma EMS-Chemie, Domat/Ems zum Ende der ersten<br />
Hälfte des Projektvorhabens zwei Einschichtfolien auf der Basis von Polyphthalamid (PPA),<br />
welche sowohl <strong>für</strong> den Einsatz als Trägerschicht in Mehrschichtfolien in Frage kommen<br />
können wie auch <strong>für</strong> die direkte Beprägung mit Leiterbahnbildern mittels des Heißprägens,<br />
<strong>und</strong> eine Einschichtfolie auf PA1010-Basis, vorgesehen <strong>für</strong> den Einsatz als Haftfolie <strong>für</strong> die<br />
heißgeprägte Metallisierung (Tabelle 4.3.2), in verschiedenen Dicken zur Verfügung gestellt.<br />
lauf. <strong>Nr</strong>. 8A lauf. <strong>Nr</strong>. 8B lauf. <strong>Nr</strong>. 9<br />
Bezeichnung Grivory FE 8211 Grilamid XE 4019 Grivory FE 8215<br />
Kunststoff PPA PA1010 PPA<br />
Schmelztemp.<br />
[°C]<br />
260 198 268<br />
Dicke [µm] 30 / 120 / 150 30 / 120 / 150 30 / 120 / 150<br />
Tabelle 4.3.2: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Einschichtfolien (EMS-Chemie)<br />
An der Folie <strong>Nr</strong>. 9 wurde im Weiteren unmittelbar mit Untersuchungen zum direkten<br />
Heißprägen auf der Folienoberfläche, zur Zuverlässigkeit sowie zum Aufbau von<br />
Testbaugruppen begonnen. Zuschnitte der Folien 8A <strong>und</strong> 8B wurden am LKT <strong>für</strong><br />
orientierende Heißpressversuche mit einer 4-Säulen-Presse des Typs Blue Tiger Systems<br />
ACU 100 HPV im Sinne der Herstellung der zweilagigen Folie 8 des Typs AB verwendet.<br />
Hierzu kam ein beheizbares Stempelwerkzeug mit planer Oberfläche zum Einsatz. Die<br />
15
Pressversuche wurden jeweils nahe der Schmelztemperatur des verwendeten<br />
Trägersubstrats Grivory FE 8211 von 260 °C durchgeführt, wobei die Stempelkontaktzeit<br />
(Wärmeeintrag, starkes Aufschmelzen der Haftschicht) wie auch der Pressdruck<br />
(Verformung, Schmelzeaustrieb der Haftkomponente) aus den genannten Gründen äußerst<br />
minimal gehalten werden mussten. Hierüber konnte eine zunächst äußerlich verb<strong>und</strong>fest<br />
erscheinende Kombination der beiden isoliert gefertigten Folienschichten realisiert werden.<br />
Im nachfolgenden Schritt des Heißprägens stellte sich unter erneuter Temperatur- <strong>und</strong><br />
Druckeinwirkung allerdings eine Delamination der Mehrschichtfolie in ihre beiden<br />
Einzelschichten ein, weshalb diese Folie in weiterführende Untersuchungen nicht mit<br />
einbezogen wurde.<br />
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen mit den Versuchsfolien der EMS-Chemie,<br />
dass unter den gegebenen Randbedingungen des Heißpressens sich der Verb<strong>und</strong> aus<br />
höher <strong>und</strong> niedrig schmelzenden Einschichtfolien nur vorübergehend realisieren lässt, wurde<br />
unter Einsatz der Haftfolie PA1010 ein zusätzlicher Ansatz <strong>für</strong> die Herstellung von<br />
Mehrschichtfolie gewählt. Hierzu wurde die Möglichkeit der Chill-Roll Anlage am LKT<br />
genutzt, Folienbahnen kontinuierlich bzw. in Form von Zuschnitten vor der 3-Walzen-<br />
Kühleinheit der Oberfläche des aus der Düse heiß heraustretenden Schmelzefilms<br />
zuzuführen. Die Wärme der Schmelze wird dabei <strong>für</strong> ein Anschmelzen des<br />
Haftfolienvorproduktes genutzt <strong>und</strong> dessen leichtes Andrücken durch eine Glättwalze lässt<br />
einen haftfesten Verb<strong>und</strong> erwarten. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde Einschichtfolie auf PPA-<br />
Basis mit der Flachfolienanlage am LKT extrudiert. Eingesetzt hier<strong>für</strong> werden konnte ein als<br />
Granulat von der Firma Evonik, Marl, zur Verfügung gestellte PA10T-Kunststofftyp. Die<br />
Parameter <strong>für</strong> die Folienextrusion sind in Tabelle 4.3.3 zusammengefasst.<br />
Werkstoff PA10T (lauf. <strong>Nr</strong>. 10)<br />
Bezeichnung Vestamid HTplus TGP 3521<br />
Düsentemperatur [°C] 300<br />
Kühlwalzentemperatur [°C] 120<br />
Drehzahl Extruder [min -1 ] 60<br />
Abzugsgeschwindigkeit<br />
[m/min]<br />
2,8<br />
Foliendicke ohne<br />
aufkaschierte Haftfolie [µm]<br />
~ 150<br />
Foliendicke einschl.<br />
aufkaschierte Haftfolie [µm]<br />
~ 170<br />
Tabelle 4.3.3: Parameter zur Herstellung von PA10T-Folien<br />
Der aus der Breitschlitzdüse extrudierte PA10T-Schmelzefilm wurde in die vertikale 3-<br />
Walzen-Einheit der Flachfolienanlage eingefädelt. Dabei wurden in periodischen Abständen<br />
16
Zuschnitte der Einschichtfolie PA1010 zugeführt, welche unter Temperatureinwirkung der<br />
Schmelze bzw. dem Walzendruck haftfest mit dem extrudierten Trägersubstrat PA10T<br />
verb<strong>und</strong>en werden konnte. Die über das Kaschieren von Kunststoffschmelze durch<br />
vorgefertigte Folienhalbzeuge hergestellte Mehrschichtfolie des Typs AB konnte daraufhin in<br />
die weiteren Untersuchungen eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />
Weitere Folien aus dem Bereich der Hochleistungskunststoffe wurden seitens der Firma<br />
Ticona, Oberhausen, bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um vier Einschichtfolien auf PPS-<br />
Basis, eine ungefüllte <strong>und</strong> drei mit Glasfaser bzw. Mineralstoffen gefüllte Varianten (Tabelle<br />
4.3.4).<br />
Bezeichnung Fortron 0320<br />
(ungefüllt)<br />
lauf. <strong>Nr</strong>. 11 lauf. <strong>Nr</strong>. 12 lauf. <strong>Nr</strong>. 13 lauf. <strong>Nr</strong>. 14<br />
Fortron 1115L0 –<br />
gefüllt 15% Gf.<br />
(weiß)<br />
Fortron 1120L0 –<br />
gefüllt 20 % Gf.<br />
(schwarz)<br />
PPS<br />
Entwicklungstyp<br />
gefüllt 20 % Min.<br />
Schmelztemp.<br />
(°C)<br />
115<br />
220 270 -<br />
Dicke (µm) 180 - 190 310 - 330 210 – 220 190<br />
Tabelle 4.3.4: Aufbau <strong>und</strong> Eigenschaften von Einschichtfolien auf PPS-Basis (Ticona)<br />
Insbesondere die Folie <strong>Nr</strong>. 14 zeigte bei den Untersuchungen eine gute Heißprägbarkeit <strong>und</strong><br />
hohe Haftfestigkeitswerte. Dennoch wurde diese Folie nicht in die weiteren Untersuchungen<br />
einbezogen, da sie nur in Versuchsmengen zur Verfügung stand <strong>und</strong> durch Ticona nicht<br />
mehr nachgeliefert werden konnte.<br />
17
4.4 Folienübersicht <strong>und</strong> Folienauswahl<br />
<strong>Nr</strong>. Folien-<br />
typ<br />
Material<br />
A B<br />
Hersteller<br />
(Granulat)<br />
Dicke<br />
µm<br />
Präg-<br />
barkeit<br />
Verfügbarkeit<br />
Lötbeständigkeit<br />
Dampf-<br />
phase<br />
1 ABC PET (Hostaphan RHS) Mitsubishi 85 + + - -<br />
2 AB PC+ABS<br />
(Makrolon 3103 MAS175 +<br />
Bayblend T65)<br />
3 AB PA12<br />
(V-PTS-Creamid-12H2*M80/05)<br />
4 AB TPE<br />
(V-Uniflex-E25D/M*M800/20)<br />
5 ABA PA6<br />
(Ultramid B33L + 1% U180)<br />
6 ABA PA66+PA6<br />
(Ultramid A3401 +<br />
25% Ultramid B33L)<br />
PC<br />
(Bayblend T65)<br />
PA12<br />
(V-PTS-Creamid-12H2*M80/13)<br />
PBT<br />
(V-Createc-B4HZC*M800/25)<br />
PA66<br />
(Ultramid A3401 + 1% Micronuk)<br />
PA6/6T<br />
(Ultramid TKR4531)<br />
LKT<br />
(Bayer)<br />
LKT<br />
(PTS)<br />
LKT<br />
(PTS)<br />
150 - +<br />
Kon-<br />
vektion<br />
150 - + + -<br />
150 - + + -<br />
BASF 130 + + -<br />
BASF 130 + + + +/o<br />
7 ABA PA66 (Ultramid A3401) PA6/6T (Ultramid TKR4531) BASF 120 + o +<br />
8 AB PA1010 (Grilamid XE 4019) PPA (Grivory FE 8211) LKT<br />
(EMS)<br />
220 - + -<br />
9 A PPA (Grivory FE 8215) EMS 110 + + + +<br />
10 AB PA1010 (Grilamid XE 4019) PA10T<br />
(PPA VESTAMID HTplusTGP3521)<br />
LKT<br />
150<br />
(EMS+Degussa)<br />
+ -<br />
11 A PPS (Fortron 0320) Ticona 180 - -<br />
12 A PPS (Fortron 1120L0) Ticona 320 - -<br />
13 A PPS (Fortron 1115L0) Ticona 220 - -<br />
14 A PPS (Entwickungstyp) Ticona 190 + - +<br />
18
5 Charakterisierung der Kunststofffolien<br />
Die in Abschnitt 4 hergestellten Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien bzw. die als Folienprodukt durch<br />
Industriepartner bereitgestellten Kunststofffolientypen wurden primär hinsichtlich des<br />
thermischen Gebrauchsverhaltens (Schmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten) sowie des<br />
mechanischen Verhaltens unter erhöhter Temperatur (thermische Ausdehnung,<br />
Temperaturbeständigkeit) charakterisiert. Die im Folgenden dargestellten Untersuchungen<br />
sowie die zur Generierung der Ergebnisse eingesetzten Analysemethoden sind in Tabelle<br />
5.1 in einer Übersicht nach den Folientypen gegliedert dargestellt. Ergänzend zu den<br />
konsistent an allen Folientypen durchgeführten DSC- <strong>und</strong> TMA-Untersuchungen wurden an<br />
der Folie <strong>Nr</strong>. 1 des Typs ABC eine so genannte µTA (<strong>Mikro</strong>-Thermische Analyse)<br />
durchgeführt, welche unter anderem Erkenntnisse über die Zusammensetzung sowie<br />
Beprägbarkeit dieses Folientyps erbringen sollte. An den coextrudierten<br />
strahlenvernetzbaren Mehrschichtfolien <strong>Nr</strong>. 3 <strong>und</strong> 4 wurde zusätzlich der Nachweis der Rest-<br />
Steifigkeit über Kristallitschmelztemperatur (Temperaturbeständigkeit <strong>für</strong> bleifreie<br />
Lötprozesse) durch Rotationsviskosimetrie sowie die Isotropie im Spannungs-Dehnungs-<br />
Verhaltens in Zugversuchen ermittelt. An den in Abschnitt 4.4 gelisteten PPS-Folientypen<br />
wurde aufgr<strong>und</strong> unzureichender Verfügbarkeit auf Analysen verzichtet.<br />
Folientyp<br />
lauf. <strong>Nr</strong>.<br />
Werkstoff Foliendicke<br />
[µm]<br />
Dosis<br />
[kGy]<br />
Analyse-<br />
methoden<br />
1 PET 85 -- DSC, TMA, µTA<br />
3 PA12 / PA12 150 66 DSC, TMA,<br />
Rotationsviskosimetrie,<br />
Zugversuch<br />
4 TPE / PBT 150 165 DSC, TMA,<br />
Rotationsviskosimetrie,<br />
Zugversuch<br />
5 PA6 / PA66 130 -- DSC, TMA<br />
6 PA66+PA6 / PA6/6T 130 -- DSC, TMA<br />
7 PA66 / PA6/6T 120 -- DSC, TMA<br />
8A PA1010 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />
8B PPA 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />
9 PPA 30 / 120 / 150 -- DSC, TMA<br />
10B PA10T 150 / 260 -- DSC, TMA<br />
Tabelle 5.1: Übersicht der ausgewählten Untersuchungen <strong>und</strong> angewandten Methoden<br />
19
5.1 Thermisches Verhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />
Die Folie <strong>Nr</strong>. 1, welche von der Firma Mitsubishi Polyester Film zur Verfügung gestellt wurde,<br />
lieferte bereits zu Projektbeginn in orientierenden Vorversuchen am HSG-IMAT äußerst gute<br />
Prägeergebnisse. Diese Mehrschichtfolie auf Basis von PET des Typs ABC wurde am LKT<br />
einer <strong>Mikro</strong>-Thermischen Analyse (µTA) unterzogen, eine Analysentechnik, welche die<br />
Möglichkeiten der Thermischen Analyse <strong>und</strong> der örtlich hochauflösenden Rasterkraftmikroskopie<br />
verknüpft. Das Rasterkraftmikroskop mit Messsonde, welche sowohl als<br />
Temperatursensor als auch als Wärmequelle dienen kann, ermöglicht neben der<br />
Bestimmung der Oberflächentopographie der Probe auch eine Ermittlung der thermischen<br />
Eigenschaften oberflächennaher Bereiche. Das Ergebnis der µTA an der PET-Folie zeigt Bild<br />
5.1.1, wobei links die ermittelten Wärmeeigenschaften über den Querschnitt (Prägeseite<br />
gekennzeichnet) <strong>und</strong> rechts die jeweilige Eindringtiefe des Temperatursensors (Messsonde)<br />
an den ausgewählten Messpunkten ersichtlich ist. Zwischen der amorphen PET-Schicht<br />
(Messpunkte 1 bis 3), auf die die Leiterstruktur geprägt wird, <strong>und</strong> der höher kristallinen<br />
PET-Schicht (Messpunkte 4 bis 6) lässt sich eine Differenz von r<strong>und</strong> 220 °C im<br />
Schmelzpunkt ermitteln. Während die amorphe Haftschicht aufschmilzt <strong>und</strong> den Formschluss<br />
mit der Metallisierung eingeht, ist die hinreichende Temperatur- <strong>und</strong> Formstabilität<br />
maßgeblich auf die Kristallinität der PET-Trägerschicht zurückzuführen.<br />
Bild 5.1.1: Thermische Eigenschaften der Mehrschichtfolie auf PET-Basis (Mitsubishi<br />
Polyester Film) bei einer zugr<strong>und</strong>e liegenden Heizrate von 10 K/s<br />
Mit den Folien <strong>Nr</strong>. 3 <strong>und</strong> 4 wurden Mehrschichtfolien des Typs AB erstmalig qualitativ aus<br />
den strahlenvernetzbaren technischen Thermoplasten PA12, PBT <strong>und</strong> TPE unter<br />
Anwendung des Coextrusionsverfahrens erzeugt. Diese Folien mussten nach der<br />
Herstellung durch den Schritt der Elektronenbestrahlung strahlenvernetzt werden, um eine<br />
kurzzeitige Erweiterung der thermischen Einsatzgrenzen in <strong>für</strong> gängige AVT-Prozesse<br />
20
charakteristische Temperaturbereiche, etwa bleifreies Löten mit Spitzentemperaturen bis ca.<br />
260 °C, zu erzielen.<br />
Die Bilder 5.1.2 <strong>und</strong> 5.1.3 zeigen die Ergebnisse von DSC-Untersuchungen zur<br />
Charakterisierung des Einflusses der Bestrahlung auf das Aufschmelz- <strong>und</strong> Kristallisationsverhalten<br />
der beiden coextrudierten Mehrschichtfolien. Die Kristallitschmelztemperatur sinkt<br />
nach der Bestrahlung mit jeweils <strong>für</strong> den Werkstoff charakteristischer Dosis, was auf eine<br />
Störung des kristallinen Aufbaus durch die energiereiche Strahlung zurückzuführen ist.<br />
Bild 5.1.2: Aufschmelzverhalten der bestrahlten <strong>und</strong> unbestrahlten, mittels Coextrusion<br />
hergestellten Mehrschichtfolien<br />
links: Werkstoffkombination PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />
rechts: Werkstoffkombination TPE / PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />
DSC; Einwaage 3-5 mg; Heiz-/Kühlrate 10 °C/min; Spülgas Stickstoff<br />
Bild 5.1.3: Kristallisationsverhalten der bestrahlten <strong>und</strong> unbestrahlten, mittels Coextrusion<br />
hergestellten Mehrschichtfolien<br />
links: Werkstoffkombination PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />
rechts: Werkstoffkombination TPE / PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />
DSC; Einwaage 3-5 mg; Heiz-/Kühlrate 10 °C/min; Spülgas Stickstoff<br />
21
Sowohl Kristallisationsstart- <strong>und</strong> Kristallisationspeaktemperatur beim Abkühlen verschieben<br />
sich mit der Bestrahlung zu niedrigeren Temperaturen. Dieser Effekt deutet auf eine<br />
Vernetzung der Polymerketten hin. Dabei kann die durch die Vernetzungsstellen verminderte<br />
Kettenbeweglichkeit die Kristallisation behindern.<br />
Folie 3<br />
1. Aufheizen Abkühlen 2. Aufheizen<br />
Tpm [°C] ΔHm [J/g] Teic [°C] Tpc [°C] Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />
Mehrschichtfolie (PA12 / PA12)<br />
unbestrahlt 176,6 44,18 155,8 153,1<br />
171,7 <strong>und</strong> 177,4<br />
(Doppelpeak)<br />
54,85<br />
bestrahlt (2 x 33 kGy) 172,1 41,98 151,9 147,3 171,3 47,76<br />
Haftschicht (PA 12 + 5 % TAIC)<br />
unbestrahlt 176,3 46,52 155,3 151,5<br />
171,0 <strong>und</strong> 177,2<br />
(Doppelpeak)<br />
54,34<br />
bestrahlt (2 x 33 kGy) 171,4 46,74 149,7 145,1 171,3 50,33<br />
Trägerschicht (PA 12 + 13 % TAIC)<br />
unbestrahlt 176,4 46,06 155,9 153,2<br />
171,9 <strong>und</strong> 177,2<br />
(Doppelpeak)<br />
55,47<br />
bestrahlt (2 x 33 kGy) 171,8 43,64 152,1 147,5 171,0 50,05<br />
Tabelle 5.1.1: Thermische Eigenschaften von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolie (Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />
Tpm = Peaktemperatur des Schmelzens, ΔHm = Schmelzenthalpie,<br />
Teic = Extrapolierte Anfangstemperatur der Kristallisation,<br />
Tpc = Peaktemperatur der Kristallisation<br />
Folie 4<br />
1. Aufheizen<br />
Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />
Abkühlen<br />
Teic [°C] Tpc [°C]<br />
2. Aufheizen<br />
Tpm [°C] ΔHm [J/g]<br />
Mehrschicht (TPE / PBT)<br />
unbestrahlt 219,8 27,00 199,0 195,1<br />
214,9 <strong>und</strong> 223,2<br />
(Doppelpeak)<br />
33,91<br />
bestrahlt (5 x 33 kGy) 216,4 30,10 197,5 191,0<br />
214,2 <strong>und</strong> 219,3<br />
(Doppelpeak)<br />
34,28<br />
Haftschicht (TPE)<br />
unbestrahlt<br />
W<br />
H<br />
1,3<br />
182,7<br />
14,41<br />
12,60<br />
-22,2<br />
161,0<br />
-34,4<br />
139,7<br />
-5,0<br />
176,9<br />
10,01<br />
14,71<br />
bestrahlt W -4,2 7,78 -22,5 -39,1 -1,1 8,15<br />
(5 x 33 kGy) H 159,6 9,45 133,0 96,4 165,5 12,06<br />
Trägerschicht (PBT)<br />
unbestrahlt 218,7 35,15 198,9 194,7<br />
213,2 <strong>und</strong> 221,9<br />
(Doppelpeak)<br />
40,22<br />
bestrahlt (5 x 33 kGy) 216,0 29,88 197,1 189,9 215,2 35,55<br />
Tabelle 5.1.2: Thermische Eigenschaften von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolie (Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />
Tpm = Peaktemperatur des Schmelzens, ΔHm = Schmelzenthalpie,<br />
Teic = Extrapolierte Anfangstemperatur der Kristallisation,<br />
Tpc = Peaktemperatur der Kristallisation, W = Weichkomponente,<br />
H = Hartkomponente<br />
22
Die entsprechenden thermischen Kennwerte, wie sie <strong>für</strong> beide strahlenvernetzten Coex-<br />
Folientypen sowie die Einzelschichten in DSC-Untersuchungen ermittelt werden konnten,<br />
sind in Tabelle 5.1.1 <strong>und</strong> 5.1.2 zusammengefasst.<br />
Die von der BASF zur Verfügung gestellten Mehrschichtfolien des Typs ABA auf Basis<br />
unterschiedlicher Polyamide (PA6, PA66, PA6/6T) bzw. Polyamid-Blends (PA6+PA66), vgl.<br />
<strong>Mikro</strong>skopieaufnahmen in Bild 5.1.4, wurden in DSC-Untersuchungen vorrangig in Bezug auf<br />
ihre Aufschmelzcharakteristik hin untersucht. Die Ergebnisse der DSC zeigen dabei, dass<br />
insbesondere die beiden mit PA6/6T in der Mittelschicht versehenen Folientypen eine<br />
hinreichende Temperaturstabilität aufweisen, Bild 5.1.5.<br />
200 µm 50 µm<br />
50 µm<br />
Bild 5.1.4: <strong>Mikro</strong>skopieaufnahmen von Querschnitten der Mehrschichtfolien auf PA-Basis<br />
(BASF); Folie <strong>Nr</strong>. 5 bis 7 von links nach rechts<br />
Im Vergleich zu Folie <strong>Nr</strong>. 5 erscheint Folie <strong>Nr</strong>. 6 infolge des Wärmestromverlaufs <strong>für</strong><br />
Prägeversuche interessant. Die <strong>für</strong> die eingesetzten Polyamidwerkstoffe charakteristischen<br />
Kristallitschmelzbereiche treten in den verschiedenen Folientypen der Firma BASF in<br />
unterschiedlichem Maße in Erscheinung.<br />
Bild 5.1.5: Aufschmelzverhalten von Mehrschichtfolien auf PA-Basis (BASF)<br />
23
Die Untersuchungen zum Aufschmelzverhalten der Kunststofffolientypen werden durch die<br />
Ergebnisse der DSC an den von der Firma EMS-Chemie zur Verfügung gestellten beiden<br />
Trägersubstrate auf PPA-Basis (Folie <strong>Nr</strong>. 8B <strong>und</strong> 9) sowie der PA1010-Haftfolie (Folie <strong>Nr</strong>.<br />
8A) komplettiert, Bild 5.16. Zusätzlich ist hier als Ergebnis auch die Wärmestromkurve der<br />
am LKT extrudierten PA10T-Einschichtfolie ersichtlich.<br />
Bild 5.1.6: Aufschmelzverhalten von Trägerfolien auf Basis PPA (PA10T) sowie PA1010-<br />
Haftfolie (EMS-Chemie, Evonik)<br />
Anhand der <strong>für</strong> die PPA-Einschichtfolien ermittelten DSC-Kurven der 1. Aufheizphase lassen<br />
sich gr<strong>und</strong>legende Effekte der Nachkristallisation belegen, welche in stark unterschiedlichen<br />
Temperaturbereichen auftreten. Schmelzepeaktemperaturen können hierbei innerhalb eines<br />
Bereichs von etwa 240 bis 270 °C detektiert werden. Für die Haftfolie, welche auf PA1010<br />
basiert, zeigt sich in der DSC-Untersuchung ein erstes Erweichen im Temperaturbereich um<br />
die 20 bis 60 °C <strong>und</strong> eine Peaktemperatur des Aufschmelzens bei ca. 200 °C. Für die<br />
verb<strong>und</strong>feste Erzeugung von Mehrschichtfolien bedarf es hierzu einer Temperaturdifferenz<br />
von mindestens 40 bis 70 °C zu überwinden, um die oberflächennahe Anschmelzung der<br />
Trägerfolie zu erzielen. Ein übermäßiges Aufschmelzen der Haftfolie, welches unter anderem<br />
im Schmelzeaustrieb resultiert, ist dabei gleichzeitig kaum zu vermeiden.<br />
5.2 Mechanisches Verhalten strahlenvernetzter Mehrschichtfolien<br />
Das mechanische Verhalten vernetzter <strong>und</strong> unvernetzter Folien ist anhand von Speicher<strong>und</strong><br />
Verlustmodulkurven aus der Rotationsviskosimetrie in Bild 5.2.1 <strong>für</strong> die coextrudierte<br />
Mehrschichtfolie PA12 / PA12 (Folie <strong>Nr</strong>. 3) <strong>und</strong> in Bild 5.2.2 <strong>für</strong> die Mehrschichtfolie TPE /<br />
PBT (Folie <strong>Nr</strong>. 4) dargestellt.<br />
24
Anhand des Oszillationsversuchs im Platte/Platte-Rheometer zeigt sich <strong>für</strong> die unvernetzte<br />
Variante von Folie <strong>Nr</strong>. 3 in Bild 5.2.1 ab ca. 162 °C ein starker Abfall des Speichermoduls.<br />
Bei 179 °C ist der Schnittpunkt zwischen Speichermodul <strong>und</strong> Verlustmodul zu erkennen, der<br />
den Beginn des Fließens kennzeichnet.<br />
Bild 5.2.1: Temperaturabhängiger Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul von unbestrahlter <strong>und</strong><br />
vernetzter Mehrschichtfolie auf der Basis von PA12<br />
Platte/Platte-Rheometer (Oszillationsversuch); Heizrate 3 °C/min; Frequenz 1 Hz;<br />
Strain 0,2 %<br />
Dies korrespondiert mit dem im Rahmen der DSC-Untersuchung festgestellten<br />
Schmelzverhalten. Dabei schmelzen die kristallinen Anteile des Materials vollständig,<br />
wodurch der Bindungszusammenhalt der Makromoleküle verloren geht. Demnach besitzt die<br />
unbestrahlte Folie keine Reststeifigkeit nach Einsetzen des Kristallitschmelzens, wodurch es<br />
in einem Reflow-Lötprozess zum Fließen <strong>und</strong> damit zum Verlust an Formstabilität kommt. Im<br />
vernetzten Zustand ist ein ähnlicher Verlauf des Speichermoduls festzustellen. Allerdings<br />
erfolgt dabei zu keinem Zeitpunkt eine Kreuzung mit der Verlustmodulkurve, wonach die<br />
strahlungsinduzierten Vernetzungspunkte der Folie im lötrelevanten Temperaturbereich bis<br />
260 °C die erforderliche Reststeifigkeit verleihen <strong>und</strong> ein Fließen verhindern. Zwar<br />
schmelzen auch im vernetzten Material die kristallinen Anteile ab etwa 172 °C auf, jedoch<br />
gewährleisten die vorrangig in den amorphen Bereichen induzierten Vernetzungspunkte<br />
auch oberhalb der Schmelztemperatur den lötrelevanten molekularen Zusammenhalt.<br />
Daraus abgeleitet lässt sich bereits eine potentielle Eignung dieser strahlenvernetzten<br />
Mehrschichtfolie <strong>für</strong> einen bleifreien Reflow-Lötprozess erwarten. Die Heißprägbarkeit der<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 3 gilt es allerdings in entsprechenden Versuchen nachzuweisen.<br />
25
Der Schnittpunkt zwischen Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul liegt <strong>für</strong> die unbestrahlte<br />
Mehrschichtfolie <strong>Nr</strong>. 4 bei 195 °C <strong>und</strong> kennzeichnet den Beginn des Fließens. Auch bei der<br />
vernetzten Mehrschichtfolie muss entgegen der bislang <strong>für</strong> Strahlenvernetzung bekannten<br />
Sachverhalte ein derartiger Schnittpunkt bei etwa 213 °C festgestellt werden, der auch hier<br />
auf ein Fließen hindeutet. Da die Trägerschicht bei dieser Temperatur allerdings noch im<br />
entropieelastischen Zustand vorliegt, könnte vielmehr das Kollektiv aus Temperatur <strong>und</strong><br />
Scherbeanspruchung in der Rotationsviskosimetrie zu einem Ablösen der TPE-Haftschicht<br />
führen, was sich in den Messergebnissen schließlich fälschlich als Kreuzungspunkt der<br />
Modulkurven darstellt. Anhand der am strahlenvernetzten Verb<strong>und</strong> vorgenommenen<br />
Oszillationsversuche kann eine Erweiterung der thermischen Einsatzgrenzen infolge der<br />
zusätzlichen Elektronenbestrahlung festgestellt werden. Dies wird unter anderem im<br />
insgesamt höheren Niveau des Speichermodulverlaufs <strong>und</strong> im verzögerten Einsetzen des<br />
Kurvenabfalls deutlich (Bild 5.2.2). Inwiefern diese Materialkombinationen nach der<br />
Elektronenbestrahlung allerdings bei Temperaturen oberhalb der Kristallitschmelztemperatur,<br />
im Bereich bleifreier Löttemperaturen von kurzzeitig mehr als 250 bis 260 °C, eine erhöhte<br />
Reststeifigkeit behält, ist im realen Lötprozess zu verifizieren.<br />
Bild 5.2.2: Temperaturabhängiger Speicher- <strong>und</strong> Verlustmodul von unbestrahlter <strong>und</strong><br />
vernetzter Mehrschichtfolie auf der Basis von PBT <strong>und</strong> TPE<br />
Platte/Platte-Rheometer (Oszillationsversuch); Heizrate 3 °C/min; Frequenz 1 Hz;<br />
Strain 0,2 %<br />
Der Einfluss der Elektronenbestrahlung auf die mechanischen Eigenschaften der beiden<br />
coextrudierten Mehrschichtfolien wird in Bild 5.2.3 anhand des Spannungs-Dehnungs-<br />
Verlaufs dargestellt. Die Bestrahlung führt dabei insbesondere zu einer Erhöhung der<br />
26
Streckspannung <strong>und</strong> zum Rückgang von Streck- <strong>und</strong> Bruchdehnung. Dies weist auf die<br />
Vernetzung der Werkstoffe unter Einwirkung der energiereichen Strahlungen hin.<br />
Bild 5.2.3: Spannungs-Dehnungs-Diagramme <strong>für</strong> unbestrahlte (links) <strong>und</strong> vernetzte<br />
Mehrschichtfolien (rechts) , längs <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung<br />
oben: Mehrschichtfolie auf der Basis von PA12<br />
unten: Mehrschichtfolie auf der Basis von TPE <strong>und</strong> PBT<br />
Zugversuch nach DIN EN ISO 527-1; Prüfklima 23 °C, 50 % rel. Luftfeuchtigkeit;<br />
v(E-Modul) = 0,3 mm/min; v(σ-ε-Verhalten) = 15 mm/min; Wassergehalt < 0,2%<br />
Die Zugfestigkeitswerte der beiden Folientypen werden hingegen von der<br />
Elektronenbestrahlung nicht signifikant beeinflusst. Insgesamt können den Mehrschichtfolien<br />
damit weitgehend isotrope mechanische Eigenschaften bescheinigt werden (Bild 5.2.4).<br />
Geringfügige Unterschiede in den Festigkeits- <strong>und</strong> Dehnungskennwerten längs <strong>und</strong> quer zur<br />
Extrusionsrichtung der Folien können durch Orientierung der Makromoleküle im<br />
Extrusionsprozess hervorgerufen werden.<br />
27
Folie Folie Folie Folie<br />
Folie Folie Folie Folie<br />
<strong>Nr</strong>. 3 <strong>Nr</strong>. 3X <strong>Nr</strong>. 4 <strong>Nr</strong>. 4X <strong>Nr</strong>. 3 <strong>Nr</strong>. 3X <strong>Nr</strong>. 4 <strong>Nr</strong>. 4X<br />
Bild 5.2.4: Mechanische Kennwerte coextrudierter Mehrschichtfolien, längs <strong>und</strong> quer zur<br />
Extrusionsrichtung (X = strahlenvernetzt)<br />
links: Zugfestigkeit von Mehrschichtfolien vor <strong>und</strong> nach der Bestrahlung<br />
rechts: Bruchdehnung von Mehrschichtfolien vor <strong>und</strong> nach der Bestrahlung<br />
5.3 Thermisches Ausdehnungsverhalten von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien<br />
Die thermische Ausdehnung von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien hängt maßgeblich von den<br />
verwendeten Materialien, den Temperaturen, der Richtung (längs oder quer zur Extrusionsrichtung)<br />
sowie von der zugr<strong>und</strong>e gelegten Foliendicke ab. Der thermische<br />
Ausdehnungskoeffizient (CTE: Coefficent of Thermal Expansion) von Kunststoffen allgemein<br />
<strong>und</strong> von dünnen, flächigen Kunststofferzeugnissen wie Folien im Speziellen stellt sich dem<br />
von Kupfer mit 17 ppm/°C gegenüber stark erhöht dar (Bilder 5.3.1 bis 5.3.3).<br />
Bild 5.3.1: Thermisches Ausdehnungsverhalten von coextrudierten Mehrschichtfolien des<br />
Typs AB längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts) vor <strong>und</strong> nach der<br />
Elektronenbestrahlung<br />
28
Bild 5.3.2: Thermisches Ausdehnungsverhalten von PA-Mehrschichtfolien des Typs ABA<br />
längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts)<br />
Bild 5.3.3: Thermisches Ausdehnungsverhalten von PPA- <strong>und</strong> PA1010-Einschichtfolien<br />
längs (links) <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung (rechts)<br />
Sprunghafte Änderungen des CTEs sind hierbei insbesondere bei erhöhten Temperaturen<br />
oberhalb der materialspezifischen Glasübergangstemperaturen gegeben, wenn die<br />
Molekülbeweglichkeit deutlich zunimmt. Hieraus resultieren mehr oder minder stark<br />
ausgeprägte Kontraktionsdifferenzen zwischen dem Kupfer <strong>und</strong> der Kunststofffolie während<br />
dem Abkühlvorgang nach dem Heißprägen, sodass es zu einer Folienverwölbung kommt,<br />
wie es im Bild 5.3.4 schematisch dargestellt ist.<br />
29
Bild 5.3.4: Entstehung der Folienverwölbung aufgr<strong>und</strong> von Kontraktionsdifferenzen<br />
zwischen Kupfer <strong>und</strong> Kunststoff während des Abkühlvorgangs<br />
Liegt darüber hinaus eine Verformungsbehinderung vor, so kommt es zum Aufbau von<br />
Wärmespannungen im mittels Formschluss kombinierten Verb<strong>und</strong> aus Kunststoff <strong>und</strong> Metall,<br />
wie etwa Kupfer, das eine gr<strong>und</strong>legend andere Wärmeausdehnung zeigt. Infolge deren nichtlinearen<br />
Verlaufs bei Kunststoffen mit der Temperatur kommt es zum Aufbau von<br />
Spannungen, die besonders im grenzflächennahen Bereich als Schubspannungen wirken.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Dehnungsbehinderung des Metalls werden im Kunststoffteil Druckspannungen<br />
hervorgerufen, die wiederum als Zugspannungen auf die Metallschicht wirken. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> sollte das verwendete Ein- bzw. Mehrschichtfoliensubstrat bei erhöhter Wärme<br />
durch die möglichst geringe sowie isotrope Wärmeausdehnung gekennzeichnet sein.<br />
Betrachtet man die in den Bildern 5.3.1 bis 5.3.3 gezeigten Ergebnisse der TMA-<br />
Untersuchungen, so lassen diesbezüglich Folie <strong>Nr</strong>. 5 (maximaler CTE bis etwa 150 ppm/°C<br />
bei erhöhter Temperatur) sowie die Folien 9 <strong>und</strong> 10 (maximaler CTE bis zu ca. 200 ppm/°C)<br />
vielversprechende Prägeergebnisse erwarten.<br />
Das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten längs <strong>und</strong> quer zur Extrusionsrichtung der<br />
Folien, wie es sich anhand der TMA-Untersuchungen zeigt, kann dabei durch Orientierungen<br />
der Makromoleküle im Extrusionsprozess hervorgerufen werden.<br />
5.4 Temperaturbeständigkeit von Ein- <strong>und</strong> Mehrschichtfolien im Lötprozess<br />
Für ein Screening wurden die bereitgestellten unbeprägten bzw. mit Standardparametern<br />
geprägten Folien in den Lötprozessen untersucht. Im Vordergr<strong>und</strong> standen dabei das<br />
Dampfphasenlöten sowie das Konvektionslöten <strong>für</strong> bleifreie Lote. Bei den Loten handelte es<br />
30
sich um ein niedrigschmelzendes SnBi-Lot sowie ein Standard-SnAgCu-Lot, das in der<br />
Elektronikproduktion als Ersatz <strong>für</strong> SnPb-Lote verwendet wird. Die Einstellungen<br />
entsprachen weitestgehend den Standardprofilen <strong>für</strong> die Herstellung von Elektronikbaugruppen<br />
auf Basis starrer FR4-Leiterplatten. Die Foliensubstrate wurden auf einen planaren<br />
Träger aufgelegt <strong>und</strong> im Lötofen prozessiert <strong>und</strong> der Verzug sowie die Verwerfung vor <strong>und</strong><br />
nach dem Löten bewertet.<br />
Für das SnBi-Lot mit einer Schmelztemperatur TLiquidus = 138 °C zeigten alle Folien außer <strong>Nr</strong>.<br />
8 eine ausreichende Formbeständigkeit im Lötvorgang. Für das höherschmelzende SnAgCu-<br />
Lot mit TLiquidus = 217 °C hingegen erzielte nur Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 eine akzeptables<br />
Ergebnis.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der geringen thermischen Massen der Foliensubstrate war es allerdings möglich,<br />
die Einstellungen der Heizzonen im Peakbereich des Konvektionsofens um 30 °C auf 260 °C<br />
abzusenken. Ein zuverlässiges Umschmelzen der Lotpaste auf den Folien auch bei den<br />
reduzierten Temperaturen wurde in Versuchen mit aufgebrachten Lotpastendepots bis zu<br />
einem Volumen von ca. 0,22 mm³ nachgewiesen. Eine Temperaturmessung ergab eine<br />
Peaktemperatur von ca. 230 °C. Bei diesen Ofeneinstellungen zeigte die Folie <strong>Nr</strong>. 6 zwar<br />
eine leichte Verfärbung, die Formbeständigkeit gewährleistet allerdings eine ausreichende<br />
Verarbeitbarkeit der Substrate in der Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik. Hinsichtlich des<br />
Dampfphasenlötens konnte die Auswahl aus den Versuchen am Konvektionsofen bestätigt<br />
werden. Aufgr<strong>und</strong> der maximal auftretenden Temperaturen im Prozess von 230 °C, die durch<br />
den Siedepunkt des verwendeten Mediums bestimmt wird [7], waren der Verzug <strong>und</strong> die<br />
Verwölbung an den Probefolien vergleichbar mit den Ergebnissen einer Verarbeitung im<br />
Konvektionslötprozess.<br />
6 Konzeption <strong>und</strong> Layout zum Aufbau flexibler Schaltungen<br />
Wie die Übersichtstabelle im Abschnitt 4.4 zeigt, wurde eine relativ große Anzahl von<br />
Kunststofffolien auf ihre prinzipielle Eignung zum Heißprägen untersucht. Als<br />
Bewertungskriterien wurden dabei im Wesentlichen Verzug <strong>und</strong> Verwölbung der<br />
Kunststofffolie sowie die Haftung der Leiterstruktur herangezogen. Dies erfolgte an einem<br />
Layout, welches neben diversen Einzelstrukturen beispielsweise <strong>für</strong> Widerstandsmessungen<br />
(Abschnitt 9) oder Montage von Bauelementen eine Leiterbahnstruktur speziell <strong>für</strong><br />
Haftfestigkeitsmessungen aufweist (Bild 6.1).<br />
Die Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen (Abschnitt 8) erfolgte<br />
an einem einfachen Layout, welches beidseitig vier Felder aufweist, die über DurchkontaktierungenDurchkontaktierungen<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en werden (Bild 6.2). Durch das<br />
Versetzen der Strukturen von Ober- zu Unterseite können dabei auch<br />
Durchgangswiderstände leicht mit der Vierpunktmessmethode ermittelt werden.<br />
31
Bild 6.1: Testlayout <strong>für</strong> Haftfestigkeits-<br />
messungen<br />
Bild 6.2: Layout <strong>für</strong> die Entwicklung von<br />
Durchkontaktierungen<br />
Für Zuverlässigkeitsuntersuchungen (Abschnitt 11) wurden zwei weitere Layouts<br />
ausgewählt. Ein Layout weist streifenförmige Leiter mit einer Länge von bis zu 10 cm auf<br />
(Bild 6.3). Die Streifenleiter wurden nach dem Heißprägen aus dem Gesamtschaltbild<br />
herauspräpariert <strong>und</strong> <strong>für</strong> Biegezyklentests verwendet.<br />
Für Umwelttests (Temperaturschock- <strong>und</strong> Feuchte-Wärme-Test) wurde eine Baugruppe mit<br />
diskreten Widerständen in einer Daisy-ChainAnordnung ausgewählt (Bild 6.4). Die einzelnen<br />
Widerstände sind dabei so ausgelegt, dass im Falle eines Ausfalls eine<br />
Widerstandsänderung Aufschluss darüber liefert, an welcher Stelle der Ausfall erfolgt ist<br />
(Abschnitt 10).<br />
Bild 6.3: Layout mit Streifenleitern <strong>für</strong><br />
Biegezyklentests<br />
Bild 6.4: Layout mit Widerständen <strong>für</strong><br />
Zuverlässigkeitstests<br />
Zum Aufbau einer Testbaugruppe wurde eine Schaltung ausgewählt, welche mit LEDs <strong>und</strong><br />
weiteren Bauelementen bestückt ist. Bei diesem Demonstrator erzeugt das Anlegen einer<br />
Spannung von 3 V ein wechselseitiges Aufleuchten der LEDs. Bild 6.5 zeigt das Layout der<br />
32
Schaltung. Diese elektrisch funktionsfähige Testschaltung wurde auch herangezogen, um<br />
Möglichkeiten der Kontaktierung der Folienschaltung mit der Peripherie zu untersuchen<br />
(Abschnitt 12).<br />
Bild 6.5: Layout <strong>für</strong> den Aufbau eines Demonstrators<br />
7 Strukturierung der Folien durch Heißprägen<br />
7. 1 Voruntersuchungen<br />
Vor Projektbeginn wurde eine Recherche durchgeführt im Hinblick auf Mehrschichtfolien,<br />
welche kommerziell erhältlich sind. Beispielsweise bietet die Fa. Mitsubishi Polyester Film<br />
Mehrschichtfolien auf PET (Polyethylenterephthalat) – Basis an. Diese Folien werden<br />
üblicherweise in der Verpackungsindustrie als sogenannte Heißsiegelfolien eingesetzt. Für<br />
orientierende Untersuchungen wurde eine PET- Folie vom Typ ABC (Hostaphan RHS)<br />
beschafft <strong>und</strong> auf ihre Heißprägbarkeit untersucht (vergleiche Übersichtstabelle im Abschnitt<br />
4.4, lauf. <strong>Nr</strong>. 1). Wie der Querschliff der Folie (Bild 7.1.1) zeigt, weist die Folie eine ca. 10 µm<br />
dicke Haftschicht auf einer ca. 70 µm dicken Trägerschicht auf. Rückseitig ist die Folie aus<br />
Gründen der besseren Verarbeitbarkeit noch mit einer ca. 2 µm dicken Antiadhäsionsschicht<br />
versehen.<br />
→ Haftschicht A<br />
→ Trägerschicht B<br />
→ Antiadhäsionsschicht C<br />
Bild 7.1.1: Querschliff durch eine Mehrschichtfolie auf PET-Basis (Dicke ca. 80 µm)<br />
Diese Folie lässt sich bei einer Temperatur von 130 °C <strong>und</strong> kurzen Haltezeiten gut<br />
heißprägen. Beachtlich ist hierbei, dass es weder zu einem Verzug noch zu einer<br />
Verwölbung der Folie kommt <strong>und</strong> dass sich darüber hinaus mit ED-Heißprägefolien sehr gute<br />
33
Haftfestigkeiten von bis zu 2 N/mm ergeben. Bild 7.1.2 zeigt einige Prägestrukturen <strong>und</strong> Bild<br />
7.1.3 einen Querschliff durch einen heißgeprägten Leiter.<br />
Bild 7.1.2: Heißgeprägte Leiterbilder in Nutzenform auf einem Streifen PET-Folie<br />
Bild 7.1.3: Querschliff durch einen heißgeprägten Leiter auf PET-Folie<br />
Die guten Prägeergebnisse hinsichtlich Verzug <strong>und</strong> Verwölbung sind dadurch zu erklären,<br />
dass die Folie biaxial verstreckt wird <strong>und</strong> dadurch einen den Cu-Heißprägefolien<br />
angepassten Ausdehnungsbereich aufweist (vergleiche Abschnitt 5).<br />
PET-Folien sind natürlich bei weitem nicht ausreichend thermisch belastbar, um damit<br />
Summenlötprozesse wie Dampfphasen- oder Konvektionslöten durchzuführen. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> wurde dieses Material im Rahmen des Projekts nur noch in so weit berücksichtigt, um<br />
Materialeigenschaften mit denen anderer Thermoplasten zu vergleichen.<br />
7.2 Herausforderungen beim Heißprägen von Kunststofffolien<br />
Kunststofffolien, welche mittels Heißprägetechnik strukturiert <strong>und</strong> zu elektronischen<br />
Schaltungen aufgebaut werden, können je nach Material, Verwendung <strong>und</strong> Einsatzgebiet<br />
drei thermischen Belastungen ausgesetzt sein (Tabelle 7.2.1):<br />
34
Prozess Thermische Belastung<br />
Heißprägen Temperaturen bis ca. 250 °C / einige s (abhängig vom Thermoplast)<br />
Lötprozess Reflowlöten im Durchlaufofen (Peaktemperatur 260 °C / ca. 60 s)<br />
alternativ: in der Dampfphase (Peaktemperatur 230 °C / ca. 20 s)<br />
Feldeinsatz Dauertemperaturbelastung bis 150 °C (z.B. im Motorraum eines<br />
Automobils)<br />
Tabelle 7.2.1: Thermische Belastungen <strong>für</strong> heißgeprägte Folienschaltungen<br />
Wie aus Tabelle 7.2.1 ersichtlich ist, sind die thermischen Belastungen relativ hoch, was die<br />
Auswahl an Kunststofffolien stark einschränkt. Prinzipiell kommen <strong>für</strong> derart hohe<br />
Temperaturbelastungen bestimmte Polyamidtypen <strong>und</strong> Hochleistungskunststoffe wie z.B.<br />
PEEK, PPS, PSU <strong>und</strong> PES in Betracht. Denkbar sind auch Kunststoffe wie PBT oder<br />
Polyamide, welche durch Strahlenvernetzung eine höhere Wärmeformbeständigkeit<br />
aufweisen.<br />
Unabhängig von der Art der Kunststofffolie tauchten zu Projektbeginn bei allen Folien (außer<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 1) beim Heißprägen folgende Probleme auf:<br />
- neben dem gewollten Wärmeeintrag im Bereich der Leiterbahnstrukturen wird die<br />
Kunststofffolie durch die Strahlungswärme, die vom Stempel ausgeht, geschädigt. Es<br />
kommt zum Verzug der Folie in unmittelbarer Umgebung der Leiterstrukturen.<br />
- durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Cu- <strong>und</strong> Kunststofffolie<br />
kommt es nach dem Prägevorgang zur Verwölbung.<br />
Bild 7.2.1 <strong>und</strong> 7.2.2 zeigen typische Prägergebnisse.<br />
Bild 7.2.1: Verzug der Folie in der<br />
Umgebung der Leiterstrukturen<br />
(am Beispiel der Folie <strong>Nr</strong>. 4)<br />
Bild 7.2.2: Verwölbung der Folie<br />
(am Beispiel der Folie <strong>Nr</strong>. 3)<br />
35
Darüber hinaus zeigten sich beim Heißprägen weitere Probleme, die mit abnehmender<br />
Folienstärke deutlich zunehmen:<br />
- Das geringe Gewicht der Kunststofffolie führt dazu, dass diese beim Rückhub des<br />
Prägestempels hochgezogen wird <strong>und</strong> dort kleben bleibt, was zu einer nicht<br />
gewünschten längeren Wärmeeinwirkung auf die Folie führt.<br />
- Je dünner die Kunststofffolie, desto schlechter ist der Folienschnitt der Heißprägefolie,<br />
da der Einsinkweg des Heißprägestempels geringer wird.<br />
All diese Probleme führten zu der Erkenntnis, dass der Heißprägeprozess nicht eins zu eins<br />
von starren thermoplastischen Schaltungsträgern auf Kunststofffolien übertragen werden<br />
kann, sondern dass der Heißprägeprozess verbessert <strong>und</strong> an die spezifischen Eigenschaften<br />
von Folien angepasst werden muss.<br />
7.3 Modifizierung des Heißprägeprozesses<br />
Zur Verbesserung des Heißprägeprozesses <strong>für</strong> Kunststofffolien lässt sich im Wesentlichen<br />
von zwei Seiten ansetzen; an der Auslegung des Prägestempels <strong>und</strong> am Aufbau der<br />
Aufnahme, also der Gestaltung des Prägeambosses.<br />
Temperaturmessungen unterhalb eines beispielsweise 225 °C heißen Prägestempels haben<br />
ergeben, dass die Temperatur im Abstand von 0,4 mm noch 175 °C, im Abstand von 4,0 mm<br />
hingegen nur noch 45 °C beträgt (Bild 7.3.1).<br />
Bild 7.3.1: Beispiel <strong>für</strong> den Temperaturverlauf unterhalb eines Heißprägestempels<br />
Um nun den Wärmeeintrag in die Kunststofffolie ausgehend vom Prägestempel zu<br />
reduzieren, kann man die Prägestrukturen des Stempels höher aufbauen oder, falls dies aus<br />
Geometriegründen nicht möglich ist, sie zumindest einzeln oder gruppenweise auf Podesten<br />
platzieren. Auf diese Weise lässt sich die Strahlungswärme, die auf die Folie einwirkt,<br />
deutlich reduzieren. Bild 7.3.2 veranschaulicht diesen Zusammenhang.<br />
36
Bild 7.3.2: Heißprägestempel klassisch (links) <strong>und</strong> mit reduzierter Wärmeabstrahlung<br />
(rechts)<br />
Kunststofffolien, welche beprägt werden sollen, sind im Allgemeinen aufgr<strong>und</strong> ihrer in der<br />
Praxis etablierten Konfektionierung <strong>und</strong> Bereitstellung auf Rolle nicht so plan wie starre<br />
Substrate, sondern meistens leicht gewellt. Dies führt zu lokal unterschiedlichen Abständen<br />
zwischen dem Stempel <strong>und</strong> der Folienoberfläche. Um dies zu vermeiden, kann man die Folie<br />
auf dem Amboss fixieren. Dies geschieht vorteilhafterweise durch eine zu- <strong>und</strong> abschaltbare<br />
Vakuumansaugung (Bild 7.3.3).<br />
Bild 7.3.3: Foliensubstrat auf Amboss ohne (links) <strong>und</strong> mit Vakuumansaugung (rechts)<br />
Durch dieses „Glattziehen“ der Folie wird sichergestellt, dass der Wärmeeintrag der<br />
Prägestrukturen in die Folie an jeder Stelle gleich ist. Eine weitere Möglichkeit zur<br />
Begrenzung des Wärmeeintrags in die Folie ist, den Amboss neben der Vakuumansaugung<br />
noch mit einer Kühlvorrichtung auszustatten. Durch die gekühlte Ambossplatte wird dann die<br />
in die Folie eingetragene Wärme nur auf der Folienoberfläche voll wirksam, nicht jedoch in<br />
tieferen Schichten, da sie hier sofort Richtung Amboss abgeleitet wird. Bild 7.3.4 zeigt einen<br />
entsprechenden Amboss mit x/y-Tisch zur Positionierung mit integrierter Kühlung <strong>und</strong><br />
Vakuumansaugung.<br />
37
Kühlung ↓ ↓ Vakuumansaugung<br />
Bild 7.3.4: Amboss mit x/y-Tisch mit integrierter Kühlung <strong>und</strong> Vakuumansaugung<br />
Unter Verwendung des modifizierten Heißprägestempels sowie des oben beschriebenen<br />
Ambosses konnten die Heißprägeergebnisse in Bezug auf Verwölbung <strong>und</strong> Verzug<br />
entscheidend verbessert werden. Darüber hinaus ermöglicht die Kühlung des<br />
Foliensubstrats eine Anhebung der Prägetemperatur, welche wiederum die Haftung des<br />
Verb<strong>und</strong>s Kunststofffolie/Heißprägefolie erhöht. Dies wird in Tabelle 7.3.1 sowie den Bildern<br />
7.3.5 <strong>und</strong> 7.3.6 am Beispiel der Kunststofffolien 6 <strong>und</strong> 9 (siehe Übersichtstabelle im<br />
Abschnitt 4.4) veranschaulicht. Die Begriffe „vorher“ <strong>und</strong> „nachher“ bedeuten dabei vor <strong>und</strong><br />
nach der Optimierung der Prägebedingungen.<br />
Heißprägefolie ED-Folie Walzfolie<br />
=> Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 vorher nachher vorher nachher<br />
Prägetemperatur 205°C 225°C 205°C 225°C<br />
Haltezeit 0,2 s 0,2 s 0,2 s 0,2 s<br />
Prägekraft 20 kN 20 kN 15 kN 15 kN<br />
Ambosstemperatur <strong>und</strong>efiniert 7 °C <strong>und</strong>efiniert 7 °C<br />
Haftfestigkeit 1,6 N/mm 1,7 N/mm 0,9 N/mm 1,1 N/mm<br />
=> Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 vorher nachher vorher nachher<br />
Prägetemperatur 225°C 257°C - 257°C<br />
Haltezeit 0 s 0,2 s - 0,2 s<br />
Prägekraft 15 kN 20 kN - 20 kN<br />
Ambosstemperatur <strong>und</strong>efiniert 7 °C - 7 °C<br />
Haftfestigkeit 0,2 N/mm 1,15 N/mm - 0,8 N/mm<br />
Tabelle 7.3.1: Prägeparameter <strong>und</strong> Haftfestigkeiten vor <strong>und</strong> nach Optimierung der<br />
Prägebedingungen<br />
38
Haftung N/mm<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />
ED‐Folie<br />
Walzfolie<br />
vorher nachher<br />
Bild 7.3.5: Haftfestigkeiten vor <strong>und</strong> nach der Optimierung der Prägebedingungen<br />
Haftung N/mm<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
ED‐Folie<br />
Walzfolie<br />
vorher nachher<br />
Beispiel: Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 heißgeprägt mit Walzfolie<br />
Bild 7.3.6: Prägeergebnis nach Optimierung der Prägebedingungen<br />
39
7.4 Auswahl der Kunststoff- <strong>und</strong> Heißprägefolien<br />
Wie in Tabelle 7.2.1 dargestellt, ist neben dem Heißprägen ein Summenlötprozess zur<br />
Bestückung der Folienschaltung mit Bauelementen ein weiterer Prozess, bei welchem die<br />
Kunststofffolie einer hohen Wärmebelastung ausgesetzt wird. Um diesen Summenlötprozess<br />
zu simulieren wurden die unbeprägten Kunststofffolien entsprechenden Wärmebehandlungen<br />
unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass nur ein einziger Folientyp (Folie <strong>Nr</strong>. 9) einen<br />
Konvektionslötprozess im Durchlaufofen unbeschadet übersteht. Folie <strong>Nr</strong>. 6 besteht zwar<br />
das bei etwas tieferen Spitzentemperaturen stattfindende Dampfphasenlöten, verfärbt sich<br />
hingegen beim Konvektionslöten infolge des thermooxidativen Abbaus bräunlich (Bild 7.4.1).<br />
Zwar bestehen auch noch andere Folien die Wärmebehandlung entsprechend dem<br />
Dampfphasenlöten, jedoch sind sie entweder nicht verfügbar (Folie <strong>Nr</strong>. 14) oder<br />
delaminieren nach dem Heißprägen (Folie <strong>Nr</strong>. 8).<br />
Ausgangszustand Dampfphasenlöten<br />
(Tmax=230°C)<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 6<br />
Konvektionslöten<br />
(Tmax=265°C)<br />
Bild 7.4.1: Folien vor <strong>und</strong> nach Wärmebehandlung entsprechend den Summenlötprozessen<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse zum Heißprägen <strong>und</strong> zur Wärmebelastbarkeit wurde die Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />
<strong>für</strong> alle weiteren Arbeiten als bester Kandidat gesehen. Weitere Vorteile sind ihre<br />
Verfügbarkeit <strong>und</strong> ihr als technischer Thermoplast moderater Preis. Als weiterer Kandidat<br />
wurde trotz der genannten Einschränkungen die Folie <strong>Nr</strong>. 6 ausgewählt. Mit diesen beiden<br />
40
Kunststofffolien <strong>und</strong> den zwei ausgewählten Heißprägefolien (vergleiche Tabelle 3.2) wurden<br />
alle nachfolgenden Arbeiten wie die Entwicklung von Durchkontaktierungen,<br />
Testschaltungen <strong>für</strong> Zuverlässigkeitsuntersuchungen <strong>und</strong> der Aufbau von Demonstratoren<br />
durchgeführt („2 x 2 - Matrix“, Tabelle 7.4.1).<br />
<strong>Nr</strong>. 6 (PA-Folie)<br />
+<br />
ED-Folie<br />
<strong>Nr</strong>. 6 (PA-Folie)<br />
+<br />
Walzfolie<br />
<strong>Nr</strong>. 9 (PPA-Folie)<br />
+<br />
ED-Folie<br />
<strong>Nr</strong>. 9 (PPA-Folie)<br />
+<br />
Walzfolie<br />
Tabelle 7.4.1: Auswahl von Heißpräge- <strong>und</strong> Kunststofffolien („2 x 2 – Matrix“)<br />
8 Verfahrensentwicklung zur Realisierung von Durchkontaktierungen<br />
Das Heißprägen von Kunststofffolien ist insbesondere <strong>für</strong> ein- <strong>und</strong> zweilagige<br />
Flexschaltungen von Interesse. Für die Herstellung zweilagiger Schaltungen ist jedoch die<br />
Realisierung von Durchkontaktierungen eine notwendige Voraussetzung. Für die Herstellung<br />
von Durchkontaktierungen in Kunststofffolien in Kombination mit Heißprägetechnik kommen<br />
mehrere Möglichkeiten in Betracht. Bild 8.1 zeigt eine Auswahl.<br />
Beprägen der Rückseite<br />
Durchkontaktierung mittels<br />
Widerstandsschweißen<br />
Laserbohrungen zur<br />
Durchkontaktierung<br />
Beprägen der Oberseite<br />
Lot dispensen<br />
Beprägen der Rückseite<br />
Lot aufschmelzen<br />
Laserbohrungen<br />
zur Positionierung<br />
Beprägen der Oberseite<br />
Laserbohrungen zur<br />
Durchkontaktierung +<br />
Entfernen des Blackoxid<br />
Lot dispensen<br />
Beprägen der Rückseite Beprägen der Rückseite<br />
Durchkontaktierung mittels<br />
Widerstandsschweißen<br />
Lot aufschmelzen<br />
1a 1b 2a 2b<br />
Tabelle 8.1: Möglichkeiten zur Durchkontaktierung von zweilagigen Flexschaltungen<br />
41
In Anbetracht des Anspruchs, mittels Heißprägetechnik möglichst preisgünstige<br />
Flexschaltungen herstellen zu wollen, sind natürlich die Wege zu bevorzugen, welche ohne<br />
Hilfsmittel <strong>und</strong> mit möglichst wenigen Zusatzschritten auskommen. Bezogen auf das<br />
Flussdiagramm sind dies die Wege 1a <strong>und</strong> 2a. Da sich bei 1a eine nicht unterbrochene<br />
Prozessabfolge mit den Schritten Laserbearbeitung / Heißprägen / Widerstandschweißen<br />
ergibt <strong>und</strong> das Rückseitentreatment (schwarzes CuO bei ED-Folie, Cu/Zn bei Walzfolie) <strong>für</strong><br />
eine gute Schweißung kein Hindernis ist, wurde diese Methode favorisiert <strong>und</strong> eingehender<br />
untersucht.<br />
Hierzu wurde ein einfaches Layout ausgewählt, welches vier rechteckige<br />
Heißprägestrukturen auf beiden Seiten aufweist, welche direkt übereinander oder auch<br />
gegeneinander versetzt heißgeprägt werden können (Layout siehe Bild 6.2). Jeweils zwei<br />
übereinander liegende Strukturen sind durch eine Bohrung miteinander verb<strong>und</strong>en, die durch<br />
Lasertechnik oder im einfachsten Fall auch durch einen Stanzprozess in die Folie<br />
eingebracht wird.<br />
Der erste Schritt besteht aus dem Einbringen der Referenz- <strong>und</strong> Durchkontaktierungsbohrungen<br />
in die Folie. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Durchmesser der Bohrung<br />
beim Heißprägen durch Materialverdrängung schrumpft, wobei das Ausmaß der<br />
Schrumpfung abhängig ist von der Art <strong>und</strong> Dicke des Kunststoffs <strong>und</strong> den Prägeparametern.<br />
Bild 8.1 zeigt exemplarisch die Schrumpfung des Bohrlochdurchmessers <strong>für</strong> die Folie <strong>Nr</strong>. 6<br />
mit der Dicke 120 µm <strong>und</strong> den in Tabelle 7.3.1 beschriebenen Prägeparametern.<br />
Laserbohrung Ø 0,9mm<br />
gestanzte Öffnung Ø 0,9mm<br />
beidseitig beprägte Folie<br />
Heißprägefolie einseitig entfernt,<br />
resultierender Ø 0,6mm<br />
Bild 8.1: Schrumpfung des Bohrungs-Ø beim Heißprägen (Folie <strong>Nr</strong>. 6, Dicke 120 µm)<br />
Im zweiten Schritt wird dann die Bohrung auf der Vorder- <strong>und</strong> Rückseite überprägt. Hier hat<br />
sich bewährt, zunächst die Vorderseite zu beprägen ohne die Restfolie zu entfernen. Danach<br />
wird die Rückseite beprägt <strong>und</strong> erst jetzt die Restfolie auf beiden Seiten entfernt. Auf diese<br />
Weise wird verhindert, dass beim Beprägen der Rückseite durch die bereits strukturierte<br />
42
Vorderseite über Stufen geprägt wird, welche im ungünstigsten Fall zu Rissbildung in den<br />
Leitern führen können. Des Weiteren führen Stufen dazu, dass Leiterbahnstrukturen mit<br />
unterschiedlichen Prägedrücken geprägt werden, was zu erheblichen Schwankungen der<br />
Haftfestigkeitswerte führt. Bild 8.2 zeigt das Layout nach dem beidseitigen Beprägen sowie<br />
nach der Herstellung der Durchkontaktierungen.<br />
Folie beidseitig beprägt,<br />
ED-Folie<br />
Folie beidseitig beprägt mit Versatz,<br />
Walzfolie, mit Durchkontaktierungen<br />
Bild 8.2: Herstellung von Durchkontaktierungen (Folie <strong>Nr</strong>. 6, Dicke 120 µm)<br />
Die Durchkontaktierung zwischen beiden Lagen erfolgt mittels Widerstandschweißen. Dabei<br />
wird der Schaltungsträger zwischen zwei Punktschweißelektroden (Bild 8.3) ausgerichtet, die<br />
Schweißelektroden mit einer definierten Kraft zusammengefahren <strong>und</strong> die Schweißung<br />
mittels eines kurzen Strompulses durchgeführt. Anhand von Versuchsreihen wurden die<br />
optimalen Schweißparameter <strong>für</strong> die jeweilige Heißprägefolie bestimmt. Zu berücksichtigen<br />
ist dabei, dass die zu verschweißenden Oberflächen einmal schwarzes CuO (ED-Folie) <strong>und</strong><br />
zum andern eine Cu/Zn-Schicht (Walzfolie) sind. Eingesetzt wurden die Schweißelektroden<br />
mit dem geringsten verfügbaren Durchmesser von 0,5 mm. Tabelle 8.2 zeigt die optimierten<br />
Schweißparameter <strong>für</strong> den jeweiligen Folientyp.<br />
43
Bild 8.3: Punktschweißkopf mit Detailausschnitt der Punktschweißelektrode<br />
ED-Folie Walzfolie<br />
Elektrode Ø 0,5 mm 0,5 mm<br />
U max 1 V 1 V<br />
I max 2,3 kA 1,5 kA<br />
F Schweiß 30 N 35 N<br />
t Schweiß 1,9 ms 1,5 ms<br />
Tabelle 8.2: Optimierte Schweißparameter beim Punktschweißen von Heißprägefolien<br />
Derart hergestellte Punktschweißverbindungen wurden charakterisiert durch <strong>Mikro</strong>skopaufnahmen,<br />
Schliffbilder, Reißtests <strong>und</strong> Durchgangswiderstandsmessungen. Bild 8.4 zeigt<br />
exemplarisch eine Querschliffaufnahme einer Schweißverbindung sowie eine Punktschweißung<br />
in der Aufsicht. Wie in dem Querschliff deutlich erkennbar ist, zeigen die<br />
verschweißten Flächen ein einheitliches Cu-Gefüge, eine Grenzschicht ist nach der<br />
Schweißung nicht mehr erkennbar. Die Ausbildung einer perfekten Schweißverbindung wird<br />
auch dadurch belegt, dass bei einem Reißversuch nie die Schweißstelle selbst getrennt wird,<br />
sondern immer die Heißprägefolie in der Umgebung der Schweißverbindung reißt.<br />
44
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 + Walzfolie Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 +<br />
Walzfolie<br />
Bild 8.4: Querschliff <strong>und</strong> Aufsicht einer Punktschweißverbindung (Ø ca. 500 µm)<br />
Neben der optischen Charakterisierung ermöglicht das gewählte Schaltungslayout auch die<br />
elektrische Charakterisierung der Schweißverbindung. Gemessen wurde der Durchgangswiderstand<br />
nach der Vierpunkt-Messmethode an je 20 Schaltungen je Materialpaarung. Wie<br />
aus Bild 8.5 hervorgeht, liegt der Durchgangswiderstand bei allen Messungen unterhalb von<br />
2 mΩ <strong>und</strong> kann damit als sehr gering angesehen werden.<br />
Widerstand mΩ<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 6 Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />
ED‐Folie<br />
Walzfolie<br />
Bild 8.5: Durchgangswiderstand von Durchkontaktierungen in Folienschaltungen<br />
Insgesamt wurde mit den Herstellungsschritten Erzeugung der Bohrungen / Heißprägen /<br />
Widerstandschweißen ein Prozess entwickelt, welcher es ermöglicht, mit einer minimalen<br />
Anzahl von Schritten <strong>und</strong> ohne die Verwendung von Nasschemie zweilagige<br />
Flexschaltungen schnell <strong>und</strong> kostengünstig herzustellen. Zu berücksichtigen ist lediglich,<br />
dass der Durchmesser der Bohrung deutlich größer als der Durchmesser der<br />
45
Punktschweißelektrode sein muss. Als Faustregel können die in Tabelle 8.3 aufgeführten<br />
Werte dienen.<br />
Bohrloch- Ø vor dem<br />
Heißprägen<br />
Bohrloch- Ø nach dem<br />
Heißprägen<br />
Ø Schweißelektrode<br />
1,2 mm Bereich 1,0 – 0,7 mm 0,5 mm<br />
Tabelle 8.3: Durchmesser von Bohrungen <strong>und</strong> Elektroden beim Widerstandsschweißen<br />
9 Charakterisierung heißgeprägter Flexschaltungen<br />
Neben den in Abschnitt 7 <strong>und</strong> 8 beschriebenen bereits nach der Herstellung der<br />
Flexschaltungen durchgeführten Charakterisierungen wurden weitere 360 Testsubstrate (90<br />
Schaltungen je Variante der „2 x 2 – Matrix“) <strong>für</strong> Prüfungen nach Umwelttests vorbereitet. Auf<br />
den Testsubstraten befinden sich Strukturen <strong>für</strong> den Peeltest <strong>und</strong> <strong>für</strong> Widerstandsmessungen,<br />
wobei die Strukturen <strong>für</strong> die Widerstandsmessung längs <strong>und</strong> quer zur<br />
Extrusionsrichtung der Folie orientiert sind (Bild 9.1).<br />
Bild 9.1: Testsubstrat <strong>für</strong> die Charakterisierung von Flexschaltungen nach Umwelttests<br />
Als Umwelttests wurden 1000 Temperaturwechselzyklen im Bereich -40°C bis +85°C <strong>und</strong><br />
1000 h Feuchte-Wärme-Lagerung bei 85°C <strong>und</strong> 85% rel. Luftfeuchte durchgeführt. Bild 9.2<br />
zeigt eine Übersicht über die durchgeführten Tests, die Aufteilung der Proben <strong>und</strong> die<br />
Intervalle <strong>für</strong> die Zwischenmessungen.<br />
46
Bild 9.2: Übersicht über durchgeführte Umwelttests an heißgeprägten Flexschaltungen<br />
Für die Widerstandsmessung wurden je Materialpaarung 150 Strukturelemente vermessen.<br />
Als Ausfall bei der Widerstandsmessung wurde neben einer Rissbildung im Leiter ein<br />
gemessener Widerstandswert R > 8 mΩ definiert. Da bei der Widerstandsmessung bis 500<br />
Zyklen Temperaturwechseltest <strong>und</strong> bis 500 h Feuchte-Wärme-Lagerung keinerlei Ausfälle zu<br />
beobachten waren, sind in Tabelle 9.1 nur die Ergebnisse nach 1000 Temperaturwechseln<br />
bzw. 1000 h Feuchte-Wärme-Lagerung dargestellt.<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 <strong>Nr</strong>. 9<br />
Test Temperatur-<br />
Heißpräge-Folie<br />
wechsel<br />
Feuchte-<br />
Wärme<br />
Temperaturwechsel<br />
Feuchte-<br />
Wärme<br />
ED-Folie 0 % 0% 1,3 % 0 %<br />
Walzfolie 0 % 0 % 0 % 0 %<br />
Tabelle 9.1: Ergebnisse der Widerstandsmessungen nach Umwelttests<br />
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, zeigen alle vier Materialpaarungen nach 1000 h Feuchte-<br />
Wärme-Lagerung keine Ausfälle. Bei den Temperaturwechseltests zeigen drei<br />
Materialpaarungen nach 1000 Temperaturwechselzyklen ebenfalls keine Ausfälle. Lediglich<br />
47
die Paarung Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9 / ED-Folie zeigt zwei Ausfälle, welches bei 150 Messungen<br />
einer Ausfallrate von 1,3 % entspricht.<br />
Für die Haftfestigkeitsprüfungen wurden zu Beginn der Umwelttests <strong>und</strong> entsprechend den<br />
Intervallen in Bild 9.2 jeweils 10 Streifenleiter im Peeltest vermessen. Dabei zeigte sich, dass<br />
die Temperaturwechsel nur geringen Einfluss auf die Haftfestigkeit haben. Bild 9.3 zeigt die<br />
Haftfestigkeiten <strong>für</strong> die jeweiligen Materialpaarungen. Die Werte insgesamt sind <strong>für</strong> die Folie<br />
<strong>Nr</strong>. 9 als gut <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Folie 6 als akzeptabel zu bezeichnen.<br />
Haftung N/mm<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />
Bild 9.3: Haftfestigkeiten heißgeprägter Leiter nach Temperaturwechseltests<br />
Haftung N/mm<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0 250 500 1000<br />
ED‐Folie Walzfolie<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />
0 250 500 1000<br />
ED‐Folie Walzfolie<br />
Bild 9.4: Haftfestigkeiten heißgeprägter Leiter nach Feuchte-Wärme-Test<br />
Etwas anders stellt sich die Situation beim Feuchte-Wärme-Test dar. Hier zeigt sich bei der<br />
Folie <strong>Nr</strong>. 6 eine tendenzielle Verschlechterung der Haftfestigkeit auf Werte, die so als nicht<br />
mehr ausreichend betrachtet werden können. Folie <strong>Nr</strong>. 9 hingegen zeigt wie schon beim<br />
Temperaturwechseltest gleichbleibend hohe Werte (Bild 9.4). Während, wie schon beim<br />
Haftung N/mm<br />
Haftung N/mm<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0 250 500 1000<br />
ED‐Folie Walzfolie<br />
0 250 500 1000<br />
ED‐Folie Walzfolie<br />
48
Temperaturwechseltest, die Haftfestigkeiten auf den beiden Kunststofffolien doch deutlich<br />
abweichen, haben die Heißprägefolien nur einen geringen Einfluss. Dies überrascht, da sich<br />
das Rückseitentreatment der Cu-Folien doch deutlich unterscheidet (vergleiche Tabelle 3.2).<br />
10 Aufbau von Testbaugruppen<br />
Für weiterführende Untersuchungen wurden im Rahmen des Projektes auf den<br />
unterschiedlichen Foliensubstraten (2 x 2 – Matrix) beprägt mit dem Layout <strong>für</strong> Widerstände<br />
(siehe Bild 6.4) zweipolige Keramik-SMD-Widerstände der Größe 1206, 0805 <strong>und</strong> 0603, wie<br />
in Bild 10.1 dargestellt, aufgebaut. Für die Verarbeitung in der Aufbau- <strong>und</strong><br />
Verbindungstechnik erfolgte eine gr<strong>und</strong>legende Untersuchung der Fertigungsschritte Auftrag<br />
der Lotpaste, Bestückung mit elektronischen Bauelementen sowie Kontaktieren im<br />
Lötprozess. Hier<strong>für</strong> wurden Standardfertigungsanlagen eingesetzt, die <strong>für</strong> eine Verarbeitung<br />
von Folienschaltungsträgern angepasst wurden <strong>und</strong> auch eine Rolle-zu-Rolle Verarbeitung<br />
ermöglichen [8].<br />
Als größte Herausforderung <strong>für</strong> die automatisierte Fertigung ist in diesem Zusammenhang<br />
die <strong>und</strong>efinierte Verwerfung der Folie nach dem Heißprägen zu nennen. Dadurch ergeben<br />
sich werkstückabhängige Positionen <strong>für</strong> den Auftrag der Verbindungsmedien sowie <strong>für</strong> die<br />
Bestückung mit elektronischen Bauelementen. Die Bildverarbeitung der Anlagen ist hierbei<br />
auf exakte Relativpositionen zu Referenzmarken angewiesen, die ihrerseits nur in einem<br />
eingeschränkten Suchfeld automatisch erkannt werden können. Da im Projektfortschritt der<br />
Verzug der Folien durch optimierte Prägebedingungen allerdings erheblich reduziert werden<br />
konnte, war eine Verarbeitung von geprägten Testschaltungen auf Standardanlagen der<br />
Elektronikproduktion möglich.<br />
Allerdings ist es, abhängig vom Layout der Metallisierung, auch bei den Substraten aus<br />
optimierten Heißprägeprozessen erforderlich, den bestehenden Verzug <strong>und</strong> die Verwölbung<br />
auszugleichen.<br />
Während ein Leiterbild mit geringem Anteil an Oberflächenmetallisierung (beispielsweise<br />
Layout zur Herstellung eines Demonstrators, siehe Bild 6.5) insgesamt einen geringeren<br />
Verzug aufweist, ergibt sich bei dichtgepackten Leiterbildern, z. B. bei dem verwendeten<br />
Layout mit Widerständen, eine stärkere Deformation. Dies kann einerseits durch einen<br />
ausreichend leistungsstarken Vakuumtisch kompensiert werden, der in die Anlagen zum<br />
Lotpastenauftrag <strong>und</strong> zur Bestückung integriert wird, um die Folien im Arbeitsraum zu<br />
fixieren <strong>und</strong> eine weitestgehend planare Werkstückoberfläche zu ermöglichen. Als<br />
Ergänzung bzw. Alternative eignen sich Werkstückträger mit baugruppenspezifischen<br />
Niederhaltern, die die Folie einspannen.<br />
Da ein gewisses Maß an Unebenheit auch nach Anwendung dieser Maßnahmen noch<br />
vorhanden ist, war es bei den Testbaugruppen erforderlich, die Lotpaste sequentiell durch<br />
49
einen Nadeldispenser (CAM/ALOT 1818) aufzutragen. Durchgeführte Tests im<br />
Schablonendruck zeigten ein ungleichmäßiges Auslösen der Lotpaste. Da hier zwingend ein<br />
Vakuumtisch verwendet werden muss <strong>und</strong> keine Niederhalter eingesetzt werden können,<br />
liegt die Schablone nicht plan auf. Es bestehen beim Auslösevorgang teilweise größere<br />
Nassklebekräfte zur Schablonenwandung als zur Anschlussfläche auf der<br />
Folienmetallisierung. Die Paste verbleibt damit in der Apertur der Metallschablone. Dieser<br />
Prozess sollte daher nur bei einfachen Layouts mit geringer Packungsdichte <strong>und</strong> damit<br />
geringen Verzug eingesetzt werden.<br />
Beim Pastenauftrag im Dispensprozess konnten hingegen sehr gleichmäßige Ergebnisse<br />
erzielt werden. Durch eine Erhöhung der Lotpastendepotmenge um ca. 30 % zeigten die<br />
Bauelemente im anschließenden Bestückprozess ein ausreichend gleichmäßiges Einsinken<br />
in die Pastendepots. Damit wird vermieden, dass im Lötprozess der sogenannte Tombstone-<br />
Effekt auftritt, die Bauelemente sich also durch die ungleichmäßig wirkenden<br />
Benetzungskräfte an den Anschlüssen aufrichten. Eine elektrische Kontaktierung kann somit<br />
nicht hergestellt werden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang das Pastenvolumen<br />
ebenfalls aufgr<strong>und</strong> des fehlenden Lötstopplacks zu erhöhen, um das Abfließen des Lotes<br />
über die Leiterbahnen beim Umschmelzen auszugleichen. Bei einer Erhöhung der<br />
Lotpastenvolumina um ca. 50 % gegenüber den Werten im Schablonendruck zeigte sich<br />
hingegen bei einigen Testschaltungen eine verstärkte Bildung von Lotperlen, die wiederum<br />
zu Kurzschlüssen in der Schaltung führen können.<br />
Die Bestückung der Testschaltung erfolgte, wie oben beschrieben, mit einem Standard-<br />
Bestückautomaten. Sowohl bei einer Vakuumansaugung als auch bei der Verwendung von<br />
Werkstückträgern kann bei dem gewählten Layout eine zuverlässige Bestückung<br />
vorgenommen werden. Um der Verwerfung der Folie in der Höhe zu kompensieren, wurde<br />
eine Bestückkraftregelung eingesetzt, die ein Platzieren der Bauelemente auf<br />
unterschiedlichen Höhen eingeschränkt erlaubt.<br />
Für den Lötprozess fand das in Abschnitt 5.4 beschriebene Konvektionslötverfahren mit<br />
reduzierter Ofentemperatur in der Peakzone Anwendung. Dabei waren die bestückten Folien<br />
auf einen planaren Werkstückträger aufgelegt <strong>und</strong> verblieben während des Lötens bis zur<br />
Abkühlung auf Raumtemperatur darauf. Beim Aufbau von je 20 Testschaltungen pro<br />
Werkstoffkombination (2 x 2-Matrix) <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen mit den<br />
erarbeiteten Parametern <strong>und</strong> Anpassungen konnte so, bei 3832 von insgesamt 3840<br />
Lötstellen, eine zuverlässige Ausbildung von Lotmenisken <strong>und</strong> damit eine sichere<br />
Kontaktierung detektiert werden. Lediglich bei vier Bauelementen war ein Tombstoning zu<br />
verzeichnen. Die heißgeprägten Low-Cost-Folien zeigen sich darüber hinaus unter<br />
Berücksichtigung der erwähnten Anpassungen ebenfalls gr<strong>und</strong>legend <strong>für</strong> die Verarbeitung im<br />
Rolle-zu-Rolle Prozess geeignet [9].<br />
50
Schaltbild der Testschaltung Höhenprofil einer bestückten <strong>und</strong> gelöteten<br />
Testschaltung<br />
Bauelemente:<br />
CR 0805 CR 0603 CR 1206<br />
Bild 10.1: Testschaltung <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />
11 Zuverlässigkeitsuntersuchungen an Testbaugruppen<br />
11.1 Prüfplan<br />
Für die Analyse der Baugruppenzuverlässigkeit wurden die aufgebauten Testschaltungen<br />
sowie auch das Layout mit Streifenleitern (siehe Bild 6.3) elektrisch <strong>und</strong> mechanisch<br />
charakterisiert. Zur Simulation der Baugruppenalterung erfolgte eine Lagerung gelöteter<br />
Substrate im Temperaturschock- <strong>und</strong> im Feuchte-Wärme-Schrank. Der sich damit<br />
ergebende Prüfplan ist in der Übersicht in Bild 11.1.1 dargestellt.<br />
51
Belastungsart: Stufe:<br />
Konvektionslöten<br />
SnAgCu<br />
Temperatur-<br />
Schock<br />
-40 °C / +85 °C<br />
t(Umlagerung)<br />
< 10 s<br />
Wärme-Feuchte<br />
Lagerung<br />
85 °C / 85 % r.F.<br />
250<br />
Zyklen<br />
500<br />
Zyklen<br />
750<br />
Zyklen<br />
1000<br />
Zyklen<br />
Charakterisierung<br />
Layout mit Widerständen<br />
(Bild 6.4) Layout mit Streifenleitern (Bild 6.3.)<br />
Durchgangs<br />
-widerstand<br />
jeweils 16 BE pro Größe<br />
<strong>und</strong><br />
Werkstoffkombination<br />
jeweils 16 BE pro Größe<br />
<strong>und</strong><br />
Werkstoffkombination<br />
168 h jeweils 16 BE pro Größe<br />
336 h<br />
500 h<br />
<strong>und</strong><br />
Werkstoffkombination<br />
Bild 11.1.1: Prüfplan <strong>für</strong> die Zuverlässigkeitsuntersuchungen<br />
11.2 Messung des Durchgangswiderstands <strong>und</strong> Schertests<br />
Scherkraft<br />
-messung Biegeermüdung Knicktest<br />
4 Leiterbahnen pro<br />
Werkstoffkombination<br />
4 Leiterbahnen pro<br />
Werkstoffkombination<br />
4 Leiterbahnen pro<br />
Werkstoffkombination<br />
4 Leiterbahnen pro<br />
Werkstoffkombination<br />
Zu Charakterisierung der Baugruppen erfolgte eine elektrische Messung des<br />
Durchgangswiderstandes über alle 24 Bauelemente pro Schaltung nach den jeweiligen<br />
Stufen der Tests zur beschleunigten Alterung. Dabei zeigte sich ein näherungsweise linearer<br />
Anstieg der Widerstandswerte. Die Ergebnisse nach den letzten Stufen der Tests sind in<br />
Tabelle 11.2.1 dargestellt.<br />
Anstieg des Durchgangswiderstandes<br />
bei den Substratkombinationen<br />
Test<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 9<br />
1000 Zykl.<br />
Temperaturwechsel<br />
500 h<br />
Feuchte-<br />
Wärme<br />
1000 Zykl.<br />
Temperaturwechsel<br />
500 h<br />
Feuchte-<br />
Wärme<br />
ED-Folie 8,8 % 0,8 % 8,4 % 0,7 %<br />
Walzfolie 2,7 % 0,7 % 1,8 % 0,7 %<br />
Tabelle 11.2.1: Widerstandsmessungen an den gealterten Testschaltungen<br />
52
Aus den Messungen wird wiederum der Einfluss der spröden ED-Metallfolie ersichtlich.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen thermischen Ausdehnung der Fügepartner werden bei dem<br />
verwendeten Layout neben der Lötstelle auch die Leiterbahnen zwischen den in Reihe<br />
geschaltenen Widerständen bei Temperaturschwankungen stark belastet. Die entstehenden<br />
Kräfte bewirken eine Materialermüdung, die besonders bei der ED-Folie in Form eines<br />
erhöhten Durchgangswiderstandes messbar wird. Ein signifikanter Unterschied zwischen<br />
beiden Kunststofffolientypen konnte in den Untersuchungen nicht erkannt werden.<br />
Für eine weiterführende Charakterisierung der Lötstellenqualität wurden die benötigten<br />
Kräfte zum Abscheren der Bauelemente mit einem Schertester der Fa. XYZ-Tech gemessen.<br />
Dazu wurden die aus den Alterungstests entnommenen Folienschaltungen mit Epoxidharz<br />
auf starre Träger aufgeklebt. Die Testbaugruppen konnten somit eingespannt <strong>und</strong> ähnlich<br />
starrer Leiterplatten getestet werden.<br />
Die gemessenen Scherkräfte <strong>für</strong> die jeweilige Bauelementgröße auf einer Baugruppe sind in<br />
Bild 11.2.1 dargestellt.<br />
Bild 11.2.1: Bewertung der Streuung am Beispiel der Kombination Kunststofffolie 9 +<br />
Walzfolie<br />
Eine Bewertung der Streuung ergibt, dass die Standardabweichung der gemessenen<br />
Scherkräfte größer sind als bei Messwerten auf starren Substraten oder Polyimidfolien. Dies<br />
ist einerseits durch die ungleichmäßige Ausbildung der Lötstellen aufgr<strong>und</strong> der<br />
Substartverformung zu erklären. Andererseits wird durch die unterschiedlichen<br />
Bauteilverkippungen der Einfluss von Messungenauigkeiten beim Schertest erhöht.<br />
Bei den elektrischen Messungen wie auch bei den Schertests ergab eine Analyse der<br />
Messwerte keine signifikante Abhängigkeit der Zuverlässigkeit der Kontaktstellen von der<br />
Orientierung der Zweipoler zur Extrusionsrichtung der Folie (vgl. Abschnitt 5.3). Zwar ist<br />
dieser Effekt auf starren Substraten bekannt [10], aufgr<strong>und</strong> fehlender (anisotroper) Füllstoffe<br />
<strong>und</strong> der vergleichsweise geringen Dicke kann dieser Einfluss bei den Folienschaltungen<br />
allerdings vernachlässigt werden.<br />
53
Für einen Vergleich der Werkstoffkombinationen sind im Bild 11.2.2 die mittleren Scherwerte<br />
nach den Temperaturschocktests dargestellt.<br />
ED-Folie Walzfolie<br />
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 6<br />
(PA)<br />
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 9<br />
(PPA)<br />
Bild 11.2.2: Ergebnisse des Schertests nach den Temperaturschockprüfung<br />
Aus der Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass die Scherkräfte bei der Walzfolie insgesamt<br />
etwas stärker mit dem Bautgruppenalter abfallen, als auf der ED-Folie. Dies kann mit den<br />
unterschiedlich ausgeprägten Geometrien der Lotmenisken aufgr<strong>und</strong> der verschiedenen<br />
Oberflächenendschichten (galvanisch Sn bei ED-Folie, Cu bei Walzfolie) begründet werden.<br />
Hieraus kann ein unterschiedliches Ermüdungsverhalten bei der Belastung mit thermisch<br />
induzierten Spannungen entstehen. Hinsichtlich der beiden Kunststoffsubstrate ist,<br />
betrachtet über alle Bauelementgrößen, allerdings kein signifikanter Unterschied zu<br />
erkennen.<br />
Auch zeigt eine Betrachtung der Versagensstelle beim Schertest, dass ein Bruch praktisch<br />
ausschließlich in der Lötstelle bzw. zwischen Lot <strong>und</strong> Bauelement auftritt. Eine<br />
unzureichende Metallisierungshaftung auf den Kunststofffolien konnte nur bei insgesamt<br />
sechs Bauelementen bei einer Alterungsstufe ab 750 Zyklen festgestellt werden.<br />
Im Vergleich hierzu sind die Ergebnisse aus der Scherkraftmessung nach der Feuchte-<br />
Wärme-Lagerung in Bild 11.2.3 dargestellt. Die insgesamt geringere Abnahme der<br />
Scherkräfte nach der Feuchte-Wärme-Lagerung im Vergleich zum Temperaturschocktest<br />
korreliert mit den Messungen der Durchgangswiderstände. Ein signifikanter Einfluss der<br />
unterschiedlichen Foliensubstrate ist, trotz der erwarteten höheren Wasseraufnahme bei<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6, nicht ersichtlich. Das Versagen im Schertest findet ebenfalls<br />
54
vorwiegend im Bereich der Lötstelle bzw. zwischen Bauelement <strong>und</strong> Lot statt. Insgesamt ist<br />
der Verlauf der Scherfestigkeit in den Zuverlässigkeitsuntersuchungen mit Werten auf<br />
anderen flexiblen (Hochleistungs-)Schaltungsträgermaterialien vergleichbar [11, 12].<br />
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 6<br />
(PA)<br />
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 9<br />
(PPA)<br />
ED-Folie Walzfolie<br />
Bild 11.2.3: Ergebnisse des Schertests nach der Feucht-Wärme-Lagerung<br />
Ergänzend zu den Schertests erfolgte eine mikroskopische Analyse der Fügestellen anhand<br />
angefertigter Schliffbilder (Bild 11.2.4 <strong>und</strong> Bild 11.2.5).<br />
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 6<br />
(PA)<br />
Ausgangszustand nach 500 h Feuchte-Wärme-Lagerung<br />
Bild 11.2.4: Schliffbilder am bestückten Probekörper Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 + ED-Folie<br />
55
Folientyp<br />
<strong>Nr</strong>. 9<br />
(PPA<br />
Ausgangszustand nach 1000 Zykl. T.-Schock-Lagerung<br />
Bild 11.2.5: Schliffbilder am bestückten Probekörper Kunststofffolie <strong>Nr</strong>.9 + Walzfolie<br />
Hier konnten sichtbare Schädigungen im Substrat, wie z. B. lokale Delamination oder<br />
Lunkerbildung durch eine Nachkristallisation der Thermoplaste, weder nach den<br />
Temperaturschock- noch nach den Feuchte-Wärme-Tests festgestellt werden.<br />
11.3. Bestimmung der Biegeermüdungs- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />
Zur Bestimmung der mechanischen Belastbarkeit der Folien wurde die Folien in Anlehnung<br />
an die Norm IPC/JPCA-6202 untersucht. Im Vordergr<strong>und</strong> standen hierbei die<br />
Biegeermüdungs- sowie Knickbeständigkeit der geprägten Strukturen aus Bild 6.3. Der<br />
gr<strong>und</strong>legende Aufbau der beiden Testverfahren sowie die ausgewählten Parametereinstellungen<br />
sind in Bild 11.3.1 <strong>und</strong> Bild 11.3.2 dargestellt.<br />
Parametereinstellungen Aufbau gemäß IPC/JPCA- 6202<br />
� Biegeradius: 10 mm<br />
� Verfahrweg: 25 mm<br />
� Frequenz: 15 Hz<br />
� Ausfallkriterium: Widerstandsänderung<br />
> 30 %<br />
Bild 11.3.1: Prüfung zur Bestimmung der Ermüdung durch Biegung<br />
56
Parametereinstellungen Aufbau gemäß IPC/JPCA- 6202<br />
� Knickwinkel: 270°<br />
� Frequenz: 175 Knickzyklen<br />
pro Minute<br />
� Biegeradius: ca. 1 mm<br />
� Folienvorspannung: 4,9 N<br />
� Ausfallkriterium: Widerstandsänderung<br />
> 30 %<br />
Bild 11.3.2: Prüfung zur Bestimmung der Knickfestigkeit<br />
Hier<strong>für</strong> wurde im Rahmen des Projektes ein Prüfstand aufgebaut, mit dessen Hilfe die oben<br />
beschriebenen Prüfabläufe an den heißgeprägten Folienschaltungsträgern durchgeführt<br />
werden konnten. Der mechanische Aufbau ist in Bild 11.3.3 dargestellt.<br />
Knickfestigkeit<br />
CAD-Modell aufgebauter Prüfstand<br />
Biegeermüdung<br />
Bild 11.3.3: mechanischer Aufbau des Prüfstands <strong>für</strong> die Biege- <strong>und</strong> Knickfestigkeit<br />
Für den Antrieb wurden zwei 16 W Gleichstrommotoren verwendet, die über einen externen<br />
Motortreiber samt dSpace-Schnittstelle <strong>und</strong> einer in MATLAB-Simulink erstellten Regelungssoftware<br />
betrieben werden können.<br />
In den Prüfstand wurden die Proben mit dem Streifenleitern nach den unterschiedlichen<br />
Belastungsstufen der Alterungstests eingespannt <strong>und</strong> mit den oben beschriebenen<br />
Parametern geprüft. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Biegeermüdungsfestigkeit sind<br />
in Bild 11.3.4 dargestellt.<br />
57
Bild 11.3.4: Ergebnisse des Biegeermüdungstests<br />
Im ungelöteten Zustand halten alle untersuchten Kunststoff-/Metallfolienkombinationen einer<br />
Biegebelastung von mehr als 25.000 Zyklen stand. Durch den Lötprozess wird das<br />
elastische Verhalten der Baugruppe herabgesetzt. Dies liegt in der thermischen Alterung <strong>und</strong><br />
der damit verb<strong>und</strong>enen Versprödung der Kunststoffe begründet, die insbesondere beim<br />
Kunststofffolientyp 9 erkennbar wird. Die Folie <strong>Nr</strong>. 9 auf PPA-Basis besitzt daher eine<br />
geringere Widerstandfähigkeit bei Biegebelastung als die Mehrschichtfolie <strong>Nr</strong>. 6 auf<br />
Polyamid-Basis. Ebenfalls wird in Bild 11.3.4 deutlich, dass die bruchempfindliche ED-<br />
Kupferfolie eine geringere Zuverlässigkeit aufweist, als die duktilere Walzfolie. Eine Analyse<br />
der Versagensart nach den Biegetests zeigt, dass bei den Kunststoff-Metallfolien-<br />
Kombinationen vorwiegend ein Bruch des kompletten Schaltungsträgers, also der Folie<br />
zusammen mit der Leiterbahn, festgestellt werden kann. Bei der Kunststofffolie 6 beprägt mit<br />
Walzfolie sind bis zu 750 Temperaturschockzyklen hingegen vorwiegend Brüche nur in der<br />
Metallisierung festzustellen. Als Referenz wurde eine kleberlose Polyimidfolie mit einer Dicke<br />
von 100 µm <strong>und</strong> einer kleberlosen 18 µm Cu-Schicht getestet. Diese zeigte eine geringere<br />
Biegeermüdung <strong>und</strong> erreichte auch nach 1000 Temperaturschockzyklen <strong>und</strong> 20.000<br />
Biegezyklen das Ausfallkriterium nicht.<br />
Auch bei den durchgeführten Untersuchungen zur Knickbelastung weist die<br />
Polyimidschaltung eine hohe Zuverlässigkeit auf <strong>und</strong> versagt im gealterten Zustand im Mittel<br />
erst bei ca. 260 Zyklen. Bei den thermoplastischen Folien fällt die Sprödigkeit der Folie <strong>Nr</strong>. 9<br />
beim Knicktest sehr stark ins Gewicht, wie in Bild 11.3.5 ersichtlich wird.<br />
58
Bild 11.3.5: Ergebnisse der Knick-Untersuchungen<br />
Während ungelötete Substratfolien sowohl von Typ 6 als auch von Typ 9 mehr als 300<br />
Knickvorgängen bei der Walzfolie <strong>und</strong> mehr als 200 Knickbelastungen bei einer<br />
aufgeprägten ED-Folie widerstehen, sinkt der Wert nach dem Löten deutlich ab. Die<br />
Substrate vom Kunststofftyp 9 brechen bereits nach 3 bzw. 4 Knickzyklen. Die Folie 6 ist hier<br />
deutlich elastischer. Auch in diesem Test versagen Testschaltungen auf Basis der ED-Folie<br />
früher als aus Walzfolie hergestellt Leiterbilder, so dass bei dynamischen Belastungen klar<br />
dieser Kupferfolientyp zu bevorzugen ist.<br />
12 Kontaktierung von Testschaltungen mit der Peripherie<br />
Zur Bearbeitung dieser Aufgabe wurde eine elektrisch funktionsfähige Testschaltung<br />
ausgewählt, welche <strong>für</strong> den Betrieb über zwei Anschlusskontakte mit der Peripherie<br />
verb<strong>und</strong>en werden muss <strong>und</strong> bei welcher dann zwei LEDs im Wechsel blinken (vergleiche<br />
Layout Bild 6.5). Insgesamt ist die Schaltung bestückt mit zwei LEDs, zwei Transistoren,<br />
zwei Kondensatoren <strong>und</strong> vier Widerständen. Der Aufbau der Testschaltung erfolgte in allen<br />
vier Materialpaarungen der „2 x 2 - Matrix“. Die Bauelementebestückung erfolgte durch<br />
Dispensen von eutektischem SnAgCu-Lot, Platzieren der Bauelemente im feuchten Lot <strong>und</strong><br />
anschließendem manuellem Löten sowie auch Reflow-Löten in der Dampfphase. Bild 12.1<br />
zeigt die Testschaltung nach dem Heißprägen <strong>und</strong> nach der Bestückung mit den SMD-<br />
Bauelementen. Legt man an die beiden Kontakte der fertigen Baugruppen eine<br />
Gleichspannung von 3 V an, beginnen die beiden LEDs im Wechsel zu blinken.<br />
59
Bild 12.1: Flexible Testschaltung zur Entwicklung einer Kontaktierung mit der Peripherie<br />
Bei der Kontaktierung der Flexschaltung mit der Peripherie ist prinzipiell zu unterscheiden<br />
zwischen einer trennbaren <strong>und</strong> einer nicht trennbaren Verbindung. Zur ersteren gehören<br />
beispielsweise Steckkontakte, zur letzteren Löt- oder Schweißverbindungen. Da der flexible<br />
Schaltungsträger mit einer Dicke von ca. 110 µm im Gegensatz zu starren Substraten nicht<br />
die nötige mechanische Festigkeit <strong>für</strong> die Einbringung von Stiftkontakten aufweist, wurden<br />
nur Verfahren hinsichtlich nicht trennbaren Verbindungen untersucht.<br />
Die wohl einfachste Methode zum Anschluss der Schaltung ist das Anlöten von Kabeln,<br />
welche dann trennbar über Stecker mit einer Batterie verb<strong>und</strong>en werden. Das Anlöten der<br />
Kabel erfolgte manuell bei ca. 260 °C wiederum unter Verwendung von SnCuAg-Lot (Bild<br />
12.2).<br />
Bild 12.2: Kontaktierung einer Baugruppe auf flexiblem Schaltungsträger<br />
Eine weitere Methode zur Kontaktierung von Baugruppen mit der Peripherie ist das<br />
Widerstandsschweißen. Es wird vor allem dann eingesetzt, wenn die Verbindungsstellen<br />
thermisch hoch belastet werden. Während das Widerstandsschweißen auf starren<br />
Substraten wie Leiterplatten oder MID weitgehend erprobt ist [13], ist über die Anwendung<br />
dieses Verfahrens auf Flexschaltungsträgern bisher nichts bekannt.<br />
60
Erste Untersuchungen haben ergeben, dass Widerstandsschweißverbindungen auch auf<br />
Flexschaltungsträgern gr<strong>und</strong>sätzlich herstellbar sind. Voraussetzung ist allerdings, dass<br />
mindestens einer der Fügepartner eine Sn-Auflage aufweist, also entweder eine verzinnte<br />
Heißprägestruktur oder ein verzinnter Anschlussdraht oder beides. Hat man jedoch eine<br />
Heißprägefolie mit reiner Cu-Oberfläche <strong>und</strong> als Anschlussdraht eine Cu-Litze, erhält man<br />
keine Schweißverbindung. Bild 12.3 zeigt ein Beispiel einer Schweißverbindung, bei welcher<br />
beide Fügepartner eine Sn-Auflage aufweisen.<br />
Bild 12.3: Schweißverbindung zur peripheren Kontaktierung eines flexiblen<br />
Schaltungsträgers<br />
Unter optimierten Schweißbedingungen wird keine Schädigung der Kunststofffolien-<br />
Rückseite beobachtet. Beim 0° Zugversuch kommt es nicht zu einer Trennung der<br />
Schweißverbindung, sondern es wird die Heißprägestruktur von der Kunststofffolie abgelöst.<br />
Im vorliegenden Fall wurde beim 0° Zugversuch eine Scherkraft von ca. 15,5 N gemessen,<br />
welche nur gering unter den Werten von Schweißverbindungen auf starren Substraten liegt.<br />
13 Ausarbeitung von Empfehlungen<br />
Aus den im Projekt gewonnenen Erkenntnissen lässt sich <strong>für</strong> das Heißprägen auf<br />
Kunststofffolien eine Reihe von Empfehlungen ableiten.<br />
Der ursprüngliche Ansatz, dass Mehrschichtfolien bestehend aus Trägerfolie B <strong>und</strong><br />
„Klebeschicht“ A benötigt werden, um gute Heißprägeergebnisse zu erzielen, hat sich nicht<br />
umfänglich bestätigt. Zwar konnten mit der Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 auf PA-Basis (Typ ABA) gute<br />
Ergebnisse beim Aufbau ein- wie auch zweilagiger Schaltungen erzielt werden, doch gleich<br />
gute Prägeergebnisse wurden auch mit der Einschichtfolie <strong>Nr</strong>. 9 auf PPA-Basis (Typ B)<br />
erreicht. In jedem Fall sollte die Dicke der Kunststofffolie größer sein als dies bei<br />
Polyimidfolien, die oft eine Standarddicke von 50 µm aufweisen, üblich ist. Bewährt haben<br />
61
sich Folien im Dickenbereich 100 + 20 µm. Werden dünnere Kunststofffolien beidseitig<br />
beprägt, sind aufgr<strong>und</strong> des feineren Treatments <strong>und</strong> des angewendeten<br />
Leiterbahnvorschnitts Walzfolien vorzuziehen. Damit sicher gestellt ist, dass die<br />
Kunststofffolie beim Heißprägen im gesamten Prägebereich gleichmäßig beaufschlagt wird,<br />
ist die Folie während des Prägevorgangs mittels Vakuumansaugung auf dem Amboss zu<br />
fixieren. Bewährt hat sich dabei, dass der Amboss gleichzeitig eine definierte Temperatur<br />
aufweist. So lässt sich durch Kühlung des Foliensubstrats die Prägetemperatur anheben <strong>und</strong><br />
dadurch die Haftung der Heißprägestrukturen auf der Folie erhöhen.<br />
Für die Herstellung zweilagiger Schaltungen hat es sich bewährt, die Restfolie erst nach dem<br />
beidseitigen Beprägen zu entfernen. Hierdurch wird vermieden, dass beim Beprägen der<br />
zweiten Seite möglicherweise über „Stufen“ geprägt wird, welche dann zu Schädigungen der<br />
Leiterstrukturen oder schlechten Haftfestigkeitswerten führen können. Bei der Herstellung<br />
von Durchkontaktierungen mittels Widerstandsschweißen richtet sich die Bohrungsöffnung<br />
<strong>für</strong> die Durchkontaktierung nach dem Durchmesser der Punktschweißelektrode. Weist diese<br />
beispielsweise einen Durchmesser von 0,5 mm auf <strong>und</strong> berücksichtigt man, dass die lichte<br />
Weite der Bohrung beim Heißprägen durch Materialverdrängung um ca. 20 – 40 %<br />
schrumpft, sollte der ursprüngliche Bohrlochdurchmesser ca. 1,2 mm betragen. Für die<br />
Herstellung zweilagiger Schaltungen ist aufgr<strong>und</strong> der geringsten Anzahl von Arbeitsschritten<br />
<strong>und</strong> der nicht unterbrochenen Prozessabfolge der Herstellprozess Erzeugung der Bohrungen<br />
/ Beidseitiges Heißprägen / Widerstandsschweißen zu favorisieren.<br />
Für die Aufbau- <strong>und</strong> Verbindungstechnik können mit nur geringen Anpassungen<br />
Standardprozesse <strong>und</strong> -anlagen aus der Elektronikproduktion <strong>für</strong> die heißgeprägten<br />
Folienschaltungen eingesetzt werden. Um den Verzug der Schaltungen nach dem<br />
Heißprägen zu kompensieren, müssen geeignete Vorrichtungen wie beispielsweise<br />
leistungsstarke Vakuumtische bzw. angepasste Werkstückträger mit Niederhaltern<br />
verwendet werden. In den Versuchen hat sich weiterhin eine Erhöhung der<br />
Lotpastenvolumina bei den zweipoligen Bauelementen um ca. 30 % bewährt, um ein<br />
gleichmäßige Benetzung der Anschlüsse zu erzielen <strong>und</strong> dem „Grabsteineffekt“ nach dem<br />
Löten vorzubeugen. Für den Bestückprozess sollte zum Ausgleich der unterschiedlichen<br />
Höhen der Landeflächen durch den Verzug der Folien eine Regelung der Bestückkraft<br />
vorgenommen werden. Aufgr<strong>und</strong> der geringeren thermischen Massen der Foliensubstrate<br />
können die Peaktemperaturen im Konvektionsprozess gegenüber starren Leiterplatten<br />
reduziert <strong>und</strong> so die thermische Belastung der Kunststoffe verringert werden. Damit ist eine<br />
Verarbeitung der Folien <strong>Nr</strong>. 6 <strong>und</strong> <strong>Nr</strong>. 9 mit SnAgCu-Lotpaste möglich. Alternativ bieten sich<br />
das Dampfphasenlöten bzw. der Einsatz niedrigschmelzender Lote (z. B. SnBi) an. Im<br />
Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Baugruppen auf den Foliensubstraten kann festgehalten<br />
werden, dass die Verwendung von Walzfolien aufgr<strong>und</strong> ihrer höheren Duktilität eine<br />
62
interessante Alternative zu den ED-Folien darstellt. Insbesondere in Kombination mit der<br />
Kunststofffolie <strong>Nr</strong>. 6 erscheinen aufgebaute Schaltungen geeignet <strong>für</strong> Einsatzgebiete, die<br />
eine niedrige bis mittlere dynamische Belastung aufweisen. Beispielsweise sind dies<br />
Anwendungen, die eine flexible Baugruppe zur optimalen Anpassung an den Bauraum<br />
erfordern, ein Trend, der durch die wachsende Integration elektronischer Komponenten<br />
zunehmend an Bedeutung gewinnt [14].<br />
14 Literatur<br />
[1] W. Reise <strong>und</strong> K. Ritz: Flexible <strong>und</strong> starrflexible Leiterplatten. Eugen G. Leuze Verlag,<br />
Bad Saulgau, 2006.<br />
[2] Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V. (Hrsg.):<br />
3D-MID-Technologie. Herstellungsverfahren, Gebrauchsanforderungen,<br />
Materialkennwerte, München, 2004.<br />
[3] S. Stampfer: Heißprägen von spritzgegossenen Schaltungsträgern, Dissertation am<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Kunststofftechnik (LKT), Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-<br />
Nürnberg, Erlangen, 1999.<br />
[4] M. Fuchs, Z. Broka, E. Schmachtenberg: Heißprägen flexibler Kunststoffsubstrate<br />
zum Aufbau funktionalisierter Mehrschichtverb<strong>und</strong>e. Proceedings zum Workshop<br />
„Innovative Anwendungen in der MID-Technik“, S. 103-112, Stuttgart, 10.10.2007.<br />
[5] www.bolta-gottmadingen.de<br />
[6] H. Richter, H. Kappl, T. Booz, S. Lapper, K. Petrikowski, W. Eberhardt, M. Fenker, H.<br />
Kück: New Developments in Hot Embossing MID Technology. Proc. 6 th Int. 4M<br />
Conference, Oyonnax, France, Nov. 17 th -19 th , 2010,<br />
[7] R. J. Klein-Wassink: Weichlöten in der Elektronik. 2. Auflage, Leuze-Verlag Saulgau,<br />
1991.<br />
[8] A. Reinhardt: Rolle-zu-Rolle-Produktion flexibler Schaltungsträger. In Produktion von<br />
Leiterplatten <strong>und</strong> Systemen -PLUS; Leuze Verlag, Bad Saulgau, 2008.<br />
[9] T. Bigl: Entwicklung, angepasste Herstellungsverfahren <strong>und</strong> erweiterte<br />
Qualitätssicherung von einsatzgerechten elektronischen Baugruppen; Meisenbach<br />
Verlag, Bamberg, 2007.<br />
[10] F. Schüßler u. a.: Heißgeprägte MID-Baugruppen <strong>für</strong> erhöhte thermische<br />
Anforderungen. In: Kunststoffe 99. Jahrgang, Ausgabe 11/2009, S. 96-101.<br />
[11] P. Wölflick: Innovative Substrate <strong>und</strong> Prozesse mit feinsten Strukturen <strong>für</strong> bleifreie<br />
Mechatronik-Anwendungen; Meisenbach Verlag, Bamberg, 2006.<br />
[12] B. Balogh et. al.: Qualification and Reliability Tests of flexible Printed Circuits.<br />
Electronics Technology, 30th International Spring Seminar on, pp.82-87, 9-13 May<br />
2007.<br />
[13] U. Keßler, P. Buckmüller, W. Eberhardt, H. Richter, H. Kück: Peripheral Connections<br />
for MID. Proc. 9 th Int. MID Congress, Nuremberg-Fuerth, Germany, Sept. 29 th -30 th ,<br />
2010,<br />
63
[14] C. Goth, J. Franke, K. Feldmann: MOLDED INTERCONNECT DEVICES –<br />
Progressive Approach for Mechatronic Products and Efficient Manufacturing<br />
Processes. In: Proceedings of SMTA 2010 Pan Pacific Microelectronics Symposium<br />
& Tabletop Exhibition, Kauai, Hawaii, 2010.<br />
[15] Pojtinger A.: Erfahrungen in der Serienfertigung einer komplexen heißgeprägten MID-<br />
Baugruppe, Proceedings Workshop „Innovative Anwendungen in der MID-Technik“,<br />
S. 117-129, 05.10.2005, Stuttgart<br />
Danksagung<br />
Das IGF-Vorhaben <strong>326</strong> <strong>ZN</strong> der Forschungsvereinigungen Hahn-Schickard-Gesellschaft <strong>für</strong><br />
angewandte Forschung e. V. - HSG, Wilhelm-Schickard-Straße 10, 78052 Villingen-<br />
Schwenningen <strong>und</strong> Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V., Nordostpark 91,<br />
90411 Nürnberg, wurde über die AIF im Rahmen des Programms zu Förderung der<br />
industriellen Gemeinschaftsforschung <strong>und</strong> -entwicklung (IGF) vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong><br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie aufgr<strong>und</strong> eines Beschlusses des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
gefördert. Für diese Förderung sei gedankt.<br />
Dem projektbegleitenden Ausschuss sei <strong>für</strong> die Unterstützung <strong>und</strong> die Hinweise aus den<br />
zahlreichen Diskussionen gedankt. Namentlich sind dies:<br />
- Herr Dr. Pojtinger, 2E mechatronic GmbH & Co. KG<br />
- Herr Udo Biedermann, BGS GmbH<br />
- Herr Wolfgang Binder, Binder Elektronik GmbH<br />
- Herr Unger, Bolta Werke GmbH<br />
- Herr Peter Borsch, Eaton Industries GmbH<br />
- Herr Siegbert Gabriel, EMS Chemie GmbH<br />
- Herr Lars Blassmann, Festo AG & Co. KG<br />
- Herr Thorsten Hampf, GST GmbH<br />
- Herr Jürgen Hornberger, Kombi Tec GmbH<br />
- Herr Dr. Harald Heßberger, Mitsubishi Polyester Film GmbH<br />
- Herr Thomas Booz, Schlenk Metallfolien GmbH<br />
- Herr Dr. Michael Häußler, Schreiner Group GmbH<br />
Besonderer Dank gilt den Firmen EMS-Chemie AG, Ticona GmbH, BASF SE, Evonik<br />
Degussa GmbH, Mitsubishi Polyester Film GmbH, Schlenk Metallfolien GmbH <strong>und</strong> BGS<br />
GmbH <strong>für</strong> die Bereitstellung von Materialien, die Durchführung von Versuchen <strong>und</strong> die<br />
vielfältige Beratung in speziellen Fragestellungen.<br />
64