KVWL kompakt + praxis intern Oktober 2023
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Das Wartezimmer als (Wahl-)Kampfzone?<br />
W<br />
ir können es an dieser<br />
Stelle kurz machen: Die<br />
niedergelassenen Ärztinnen<br />
und Ärzte, Psychotherapeutinnen<br />
und Psychotherapeuten<br />
und ihre Praxisteams haben<br />
die Nase voll! Gestrichen voll! Das<br />
ist die Botschaft, die wir als <strong>KVWL</strong>-<br />
Vorstand aus der Sonder-Vertreterversammlung<br />
(VV) vom 29. September<br />
mitnehmen. Die Ursachen und<br />
Gründe sind in den vergangenen<br />
Wochen und Monaten öffentlich<br />
hinreichend diskutiert worden.<br />
Allerdings nehmen wir nicht nur<br />
eine Botschaft mit, sondern auch<br />
einen Auftrag. Es klingt auf den<br />
ersten Blick sehr nüchtern, wenn die<br />
VV uns per Resolution beauftragt,<br />
„die Bevölkerung umfassend über<br />
diese Problematik zu informieren“.<br />
Aus unserer Sicht hat damit die<br />
Politik eine weitere Eskalationsstufe<br />
zu verantworten, deren Konsequenzen<br />
kaum absehbar sind.<br />
Als Vertreter der Selbstverwaltung<br />
waren wir - ebenso wie alle niedergelassenen<br />
Ärzte und Therapeuten –<br />
stets darauf bedacht, die Bürger<br />
und Patienten aus diesem Konflikt<br />
herauszuhalten. Nach unserer festen<br />
Überzeugung gehören politische<br />
Auseinandersetzungen und<br />
Meinungsverschiedenheiten nicht<br />
in das Wartezimmer! Aber irgendjemand<br />
muss den Menschen langsam<br />
mal erklären, warum sie keinen<br />
Hausarzt mehr finden, warum sie in<br />
der Praxis lange niemanden an das<br />
Telefon bekommen und warum eine<br />
leerstehende Praxis nicht nachbesetzt<br />
wird. Die schlichte Antwort:<br />
Weil niemand mehr da ist! Weil der<br />
Mangel zur Regel werden wird!<br />
Just zum Redaktionsschluss dieser<br />
Ausgabe macht die neuste Idee<br />
von Bundesgesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach die Runde: ein<br />
Bundesinstitut für Prävention und<br />
Aufklärung in der Medizin – kurz<br />
BIPAM. Prävention und Aufklärung?<br />
Seit vielen Jahren fordern Ärzte,<br />
die sogenannte sprechende Medizin<br />
endlich angemessen zu vergüten.<br />
Hinter „sprechender Medizin“ verbirgt<br />
sich was? Genau, unter anderem<br />
Prävention und Aufklärung!<br />
Mit dem nötigen Zynismus könnte<br />
man hinzufügen, die durch das<br />
BIPAM aufgeklärten Menschen suchen<br />
dann zur weiteren Behandlung<br />
einen Gesundheitskiosk auf.<br />
Die Strategie ist jedenfalls offensichtlich:<br />
Statt vorhandene, gut<br />
eingeführte und bewährte Strukturen<br />
zu stärken, soll immer noch<br />
ein weiteres staatliches Institut,<br />
das manchmal ganz volksnah Kiosk<br />
heißt, medizinische Leistungen<br />
übernehmen.<br />
Klar ist aber, dass in diesen staatlichen<br />
Institutionen der Patient keinen<br />
Fürsprecher mehr hat. Wenn die<br />
Praxen niedergelassener Ärzte flächendeckend<br />
schließen, verliert der<br />
Patient seinen vertrauten Berater für<br />
Gesundheitsfragen. Er verliert seine<br />
Ärztin, die ihn oft über viele Jahre<br />
begleitet hat. Auch das gehört zur<br />
Wahrheit, die die Menschen kennen<br />
sollten. Wir werden es ihnen sagen!<br />
Solange wir Chancen sehen, diese<br />
fatale Entwicklung zu stoppen,<br />
werden wir gemeinsam mit unseren<br />
Mitgliedern alles daransetzen. Wir<br />
wollen nicht, dass Wartezimmer zu<br />
(Wahl-)Kampfzonen werden!<br />
10/<strong>2023</strong><br />
3<br />
Dr. med. Volker Schrage,<br />
stellv. Vorstandsvorsitzender<br />
Dr. med. Dirk Spelmeyer,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
Thomas Müller,<br />
Vorstand