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gemerkt, dass meine Kunst unbedeutend war.<br />
Aber ich wollte in dieser Welt bleiben, mit<br />
Künstlern arbeiten. Wenn mir Beuys einen Job<br />
angeboten hätte, wäre das das Größte gewesen.<br />
Oder ein Job im Museum. Aber ich erkannte<br />
auch: Ohne dass man sich da auskennt, wird<br />
das nichts. Die Ungeduld war dann zu groß.<br />
»Was machst du in Berlin und Kassel?« fragten<br />
mich meine Freunde dann, und ich erzählte<br />
ihnen, was das für tolle Künstler vor Ort seien.<br />
Die kannte in Österreich aber kaum jemand. Da<br />
hatte ich die Idee, etwas zu machen, was diese<br />
Kunst nach Österreich bringt.<br />
So ein junger Künstler, den Sie nach<br />
Österreich brachten, war Jean-Michel<br />
Basquiat. Wie kamen Sie zu ihm?<br />
Das war einer dieser unglaublichen Zufälle, die<br />
mein Leben begleitet haben. Ich wollte eigentlich<br />
Warhol kennenlernen, und als ich mich bei<br />
Beuys verabschiedete, gab es einen Umtrunk,<br />
bei dem er sich bei all seinen Helfern bedankte.<br />
Da hat er mich gefragt, ob er etwas für mich<br />
tun könne. Ich bat ihn, eine Verbindung zu<br />
Warhol herzustellen. Er nahm eine Serviette<br />
und schrieb, »Dear Andy, please meet this<br />
talented young man!« darauf und gab sie mir.<br />
Mit der Serviette flog ich nach New York. Das<br />
war meine Eintrittskarte in die USA. Warhol hat<br />
mich dann schließlich Basquiat vorgestellt.<br />
Wie verlief das Treffen mit Warhol?<br />
Warhols Manager war unheimlich arrogant<br />
und wies mich barsch ab, nach dem Motto:<br />
Verdien erst mal Geld und dann komm wieder!<br />
Aber Warhol hat das am Rande mitgekriegt.<br />
Seine Familie kam ja aus der Slowakei,<br />
und da kommt jemand den weiten Weg aus<br />
dem kleinen Österreich. Er hatte Sympathie<br />
und meinte, es sei schon okay, wenn ich mich<br />
für ihn interessiere, aber ich solle doch die<br />
Künstler meiner Generation ausstellen. Er<br />
Bild von Mandy El-Sayegh<br />
würde einen Künstler für mich suchen, meinte er. Und so hat er mich mit<br />
Basquiat zusammengebracht. Dadurch entstand die aus heutiger Sicht legendäre<br />
Ausstellung von Basquiat 1984 in Salzburg.<br />
Er hat doch auch bei Ihnen gewohnt, oder?<br />
Ja, er hat in der Kaigasse in meinem Apartment geschlafen.<br />
Im Winter 1986 hatten Sie ein langes Gespräch mit ihm, das ihn<br />
zu seinem Werk »Saxaphone« inspiriert hat, habe ich gelesen.<br />
Stimmt das?<br />
Wir haben drei Ausstellungen mit ihm gemacht: 1984, 1986 und 1988. Wir<br />
zeigten in Salzburg die letzte Ausstellung, bevor er starb. Er ist im Juli aus Salzburg<br />
abgereist, und am 12. August ist er verstorben. Bei seiner zweiten Ausstellung<br />
1986 hat er im Vorfeld nach einem Thema gesucht, und wir haben lange<br />
geplaudert. Er war sich nicht sicher, meinte aber, Salzburg stehe für Musik. Und<br />
er wollte seine Idee von Musik darstellen. Da entstand »Saxaphone«, ein wichtiges<br />
Werk, aber auch ein zweites zu dem Thema, das eine Jazzsängerin zeigt.<br />
Sie haben vor zehn Jahren einen Satz zu mir gesagt, der hängen<br />
geblieben ist: »Nichts was in Salzburg geschieht, geht einfach so an<br />
mir vorbei.« Zu den politischen Veränderungen in der Stadt haben<br />
Sie sich – im Gegensatz zu vielen anderen in der Kultur tätigen<br />
Personen – klar geäußert. Warum diese Klarheit?<br />
Salzburg liegt mir sehr am Herzen. Dieses Salzburg muss man beschützen<br />
und bewahren, weil es hinsichtlich der Kunst und Kultur einzigartig ist. Jede<br />
Gefahr einer Einschränkung wirkt sich deshalb<br />
in diesem Umfeld noch brutaler als anderswo<br />
aus. Dass hier eine rechtslastige Regierungsbeteiligung<br />
stattfindet, war für mich ein<br />
Schock. Aber man muss auch akzeptieren, wie<br />
Menschen fühlen und politisch entscheiden.<br />
Das ist Teil des demokratischen Prozesses.<br />
Trotzdem muss man sich fragen, wie es dazu<br />
kam. Wie konnte das in einer Stadt passieren,<br />
die kulturell so Großes leistet? Wie konnte<br />
dort eine so fremdenfeindliche und nationalistische<br />
Atmosphäre entstehen?<br />
Was wäre die Antwort<br />
der Kunst darauf?<br />
Die Kunst hat eben keine politisch verändernde<br />
Antwort. Eine größere Stimme in der Kunst als<br />
in Salzburg gibt es wohl kaum. Wenn es die<br />
Kunst an einem Ort, an dem so viel Kreatives<br />
entsteht, die sich so kritisch mit dem auseinandersetzt,<br />
was uns alle bewegt, schon nicht<br />
schafft, wie will sie es dann überhaupt schaffen?<br />
Die Kunst war, als Sie anfingen, einer<br />
intellektuellen Elite vorbehalten. Dass<br />
sich seitdem vieles geöffnet hat, loben<br />
Sie immer wieder. Heute gibt es bei<br />
H&M Sweatshirts mit Keith-Haring-<br />
Aufdruck zu kaufen. Freut Sie das oder<br />
stößt es Sie ab?<br />
Es gibt sicherlich auch Nachteile einer zu<br />
starken Kommerzialisierung, aber die Vorteile<br />
der Öffnung überwiegen aus meiner Sicht die<br />
Nachteile. Und wenn Keith Haring bei H&M<br />
ist, stört mich das nicht. Im Gegenteil: Da geht<br />
es um eine Demokratisierung von Kunst, die<br />
ihn wahnsinnig gefreut hätte, denn an die hat<br />
er ganz stark geglaubt. Da wird die Kunst zu<br />
jungen Menschen gebracht.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.