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Ans Leben ERINNERN

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PFORZHEIM<br />

AUSGABE 31 / Herbst - Winter 2023<br />

<strong>ERINNERN</strong><br />

Magazin für Friedhofs - & Bestattungskultur<br />

1<br />

2<br />

Vorwort<br />

3<br />

Von<br />

4<br />

Konzert<br />

5<br />

Interkulturelles<br />

8<br />

Stadtgeschichte<br />

Inhalt<br />

Markus Pudschun<br />

Stadt Pforzheim<br />

und über Engel<br />

Himmelsboten<br />

auf dem Friedhof<br />

mit Roger Stein<br />

Grabfeld<br />

Ein Ort der Kommunikation<br />

&<br />

Persönlichkeiten<br />

Friedhofsmuseum<br />

EUTINGER GRABFELD<br />

Der Erinnerungsgarten auf dem<br />

Friedhof wurde erweitert.<br />

Aufgrund der großen Nachfrage nach<br />

gärtnergepflegten Grabstätten in einer<br />

anspruchsvoll gestalteten Anlage hat<br />

die Friedhofsverwaltung der Ortsverwaltung<br />

Eutingen gemeinsam mit den<br />

ortsansässigen Friedhofsgärtnereien<br />

und der Genossenschaft Badischer<br />

Friedhofsgärtner eG den Erinnerungsgarten<br />

auf dem Eutinger Friedhof<br />

erweitert. Das Bestattungsangebot<br />

beinhaltet Grabstätten in einer parkähnlichen<br />

Umgebung, die dauerhaft<br />

von qualifizierten Friedhofsgärtnern<br />

gepflegt werden. Dabei wurde auch<br />

das besondere Gestaltungskonzept<br />

des Gräberfeldes weitergeführt: Sanft<br />

geschwungene Wege und abwechslungsreich<br />

bepflanzte Flächen sorgen<br />

für eine stimmungsvolle Atmosphäre.<br />

Unterschiedliche Gehölze, Stauden und<br />

Gräser sowie blühende Saisonblumen<br />

lassen die komplette Anlage wie einen<br />

kleinen, liebevoll gestalteten Garten<br />

wirken. Die einzelnen Grabstätten verschmelzen<br />

ohne Einfassungen dezent<br />

mit der Rahmenbepflanzung. Das<br />

Besondere: Der Erinnerungsgarten<br />

ist von Anfang an attraktiv bepflanzt,<br />

sodass jede Beisetzung in einer würdevollen<br />

Umgebung stattfinden kann.


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

VORWORT<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

der Herbst ist eine ganz besondere Jahreszeit.<br />

Bunt und vielfältig lassen sich auf unseren Friedhöfen<br />

unterschiedlichste Wettererscheinungen wie Frühnebel<br />

und die darauffolgende Herbstsonne erleben, die einen<br />

Friedhof in unterschiedlichsten Farben erscheinen lassen.<br />

Auch erste, frostige Temperaturen und mitunter sehr<br />

stürmische Tage kündigen den nach einem heißen<br />

Sommer den kommenden Winter an<br />

und mit dem einkehrenden Herbst und<br />

dem darauffolgenden Winter geht wieder<br />

ein Jahr vorbei.<br />

Wie immer werden Sie auch in der diesjährigen<br />

Ausgabe „<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern“<br />

interessante, wissenswerte oder hilfreiche<br />

Artikel über die Friedhofs- und<br />

Bestattungskultur finden.<br />

Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß mit der Lektüre, geruhsame<br />

Herbsttage und einen hoffentlich nicht allzu langen<br />

Winter.<br />

Markus Pudschun<br />

<br />

Leiter Friedhofsverwaltung der Stadt Pforzheim<br />

2<br />

Regelmäßige<br />

Angebote für<br />

Trauernde des<br />

Ambulanten<br />

Hospizdienstes<br />

Pforzheim e.V.<br />

Im jährlichen Gedenken würdigt der Ambulante Hospizdienst<br />

Pforzheim e.V. die Verstorbenen des vergangenen Jahres, …<br />

… die von seinen ehrenamtlichen Mitarbeitenden<br />

begleitet wurden oder die dem Hospizdienst<br />

in anderer Weise nahestanden. In diesem Jahr<br />

lädt der Ambulante Hospizdienst Pforzheim e.V.<br />

am Sonntag, den 03. Dezember 2023 um 17:00 Uhr in die Altstadtkirche in<br />

Pforzheim ein. Willkommen sind alle, die sich in Ruhe gemeinsam an ihren verstorbenen<br />

Menschen erinnern und in einer feierlichen Atmosphäre nochmals<br />

besondere Gedanken an diesen richten möchten.<br />

ZEIT DES GEDENKENS<br />

Das Gedenken wird gestaltet von Pastoralreferentin<br />

Regina Mandel und<br />

einem Team von ehrenamtlichen<br />

Hospizbegleitern.<br />

LEBENSCAFÉ<br />

Das <strong>Leben</strong>scafé wird von erfahrenen Ehrenamtlichen vorbereitet<br />

und begleitet. Sie bieten die Möglichkeit, miteinander<br />

ins Gespräch zu kommen. Dabei begegnen sich Menschen,<br />

die in der akuten Trauerphase sind, aber auch Trauernde, bei<br />

denen der Todesfall bereits länger zurück liegt.<br />

Termin: jeweils am 3. Samstag im Monat | 15 – 17 Uhr<br />

Ort: Thomaskirche | Karl-Bührer-Str. 5 | Pforzheim<br />

TRAUERWANDERUNG<br />

Wandern ist für Menschen<br />

in Trauer eine<br />

Möglichkeit, mit sich und<br />

ihrer Trauer in eine natürliche Bewegung zu kommen. Auf<br />

dem Weg kommen die Teilnehmenden ins Gespräch und<br />

knüpfen Kontakte zu Menschen, die sich in einer ähnlichen<br />

<strong>Leben</strong>ssituation befinden. Wir gehen mit ihnen gemeinsam<br />

ein Stück des Trauerweges – Schritt für Schritt.<br />

Termine: Samstag 25. November 2023 | 14 Uhr<br />

Treffpunkt: Gemeindezentrum St. Ulrich in Huchenfeld,<br />

Mörikestr. 12, 75181 Pforzheim.<br />

EINZELBEGLEITUNG: Qualifizierte Ehrenamtliche begleiten Sie persönlich auf Ihrem ganz eigenen Trauerweg.<br />

Wir, der Ambulante Hospizdienst Pforzheim e.V. laden zu den Angeboten herzlich ein. Sie erreichen uns unter:<br />

www.hospizdienst-pforzheim.de | koordination@hospizdienst-pforzheim.de | Telefon 0 72 31 – 12 63 09<br />

AUSGABE 31 Herbst / Winter 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

PFORZHEIM<br />

VON UND<br />

ÜBER ENGEL<br />

Himmelsboten für Trauernde<br />

Text: Yvonne Deichmann-Hein<br />

Bidler: rekodesign.de<br />

Eine besondere Symbolik geht von ihnen aus. In aller Stille<br />

sind sie Bewacher, Beschützer und Begleiter. Als Vermittler<br />

zwischen Himmel und Erde spenden sie Hinterbliebenen<br />

Trost und machen das Unbegreifliche, Unaussprechliche,<br />

die Trauer ein wenig leichter. Engel sind seit vielen Jahrhunderten<br />

ruhende Begleiter auf Friedhöfen.<br />

Eine schützende Hand auf den Toten legen ist eine weitere<br />

wichtige Aufgabe der Himmelsboten – ihn auf seiner letzten<br />

Reise zu begleiten. Viele Trauernde empfinden im Zwiegespräch<br />

und beim Betrachten dieses Symbols eine große<br />

Harmonie.<br />

Bei Verlust eines geliebten Menschen macht ein Talisman<br />

Mut, man fühlt sich beschützt und geborgen. Gerade bei<br />

einem Spaziergang über die Pforzheimer Friedhöfe blitzen<br />

die kleinen Putten überall hervor und gedenken in aller Stille<br />

an die Toten – ein Trost.<br />

Trauernde Hinterbliebene finden aber auch in ihrer Nähe<br />

Trauercafés oder Infocentren, bei denen der Verlust aufgearbeitet<br />

werden darf. Eine Symbiose von beidem hilft über<br />

die Leere hinweg und macht Mut für Kommendes.<br />

3<br />

Preis sei euch, heilige Engel, Hüter der Völker,<br />

deren Gebilde in eurem Antlitz sich spiegelt,<br />

Erzengel euch, die ihr die Seelen<br />

der Heiligen traget empor.<br />

Hildegard von Bingen (1098-1179)<br />

WICHTIGER TIPP<br />

Informieren Sie sich genau, ob man Symbole<br />

wie ein Engelsmotiv oder ähnliches<br />

überhaupt auf dem Grab platzieren darf.<br />

Ihr Friedhofsgärtner vor Ort hat ein offenes<br />

Ohr für sie.<br />

BUCHTIPP DER REDAKTION<br />

MÄRCHEN FÜR TRAUER UND TROST<br />

Zum Erzählen und Vorlesen (Volksmärchen für Erwachsene und Kinder)<br />

Die ausgewählten 5-Minuten-Märchen erzählen vom Umgang mit Abschied und Verlust. Sie<br />

bieten Anregungen und Hilfe, die Trauer auszuhalten, Gedanken und Gefühle zu klären. Und<br />

sie weisen Wege auf, aus der Trauer herauszufinden, wieder ins <strong>Leben</strong> zurück und dem <strong>Leben</strong><br />

einen Sinn zu geben, trotzdem. Jedem Märchen folgt ein Hinweis der Herausgeberin, wie man<br />

die jeweilige Botschaft für sich selber nutzen kann.<br />

Märchen für Trauer und Trost, Michaela Brinkmeier, Königsfurt-Urania, 192 Seiten, 8,99 €<br />

Herbst / Winter 2023<br />

AUSGABE 31


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

KULTUR AUF DEM FRIEDHOF<br />

KONZERT<br />

MITTEN AUF<br />

DEM FRIEDHOF<br />

4<br />

Die Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner<br />

eG präsentierte im September einen<br />

besonderen Chansonvormittag am interkulturellen<br />

Grabfeld in Pforzheim. Unter freiem<br />

Himmel brillierte Roger Stein am Flügel.<br />

Im Rahmen der „Interkulturellen Woche 2023“ fand bei<br />

herrlichem Spätsommerwetter dieses gut besuchte, einstündige<br />

Konzert inmitten des interkulturellen Grabfeldes - Feld<br />

27b - statt. In der Atmosphäre weltumspannender Bepflanzung,<br />

welche von asiatisch über meditteran zu orientalisch<br />

reicht, wird ethnische Vielfalt und Multikulturismus gelebt.<br />

Unter dem Motto „Alles vor dem Aber ...ist nicht wichtig“<br />

erzählt Roger Stein voller Sehnsucht und Humor, poetisch<br />

und bilderreich zugleich, dass der größte Feind des Glücks<br />

im <strong>Leben</strong> die eigene Bequemlichkeit ist. Der Wechsel von<br />

Humor und Ernsthaftigkeit kommt in seinen Liedzeilen oft<br />

unerwartet, pfeilschnell und doch leichtfüßig. Er wirft viele<br />

Fragen auf, viele davon bleiben jedoch auch unbeantwortet.<br />

Seine Denkanstöße sind für die Hörerinnen und Hörer<br />

originell und überraschend, andere einfach unterhaltsam,<br />

wenn er kritisiert, kokettiert und Gesellschaftskritik aus<br />

der Hüfte übt. Stein ist kein vordergründiger Revoluzzer.<br />

Sein Schalk äußert sich nie durch große Gesten, ist jedoch<br />

immer da, wenn er zum Beispiel in dem Song „Gesichter<br />

aus gar nichts“ Menschen ins Visier nimmt, die Krawatten<br />

aus Gleichgültigkeit tragen. Mit Liedern wie „Worauf willst<br />

du warten“ erinnert uns der charmante Songpoet daran, im<br />

<strong>Leben</strong> nicht die Bequemlichkeit siegen zu lassen und uns<br />

in kleinen Wartehäusern gemütlich einzurichten, sondern<br />

dem Glück entgegenzugehen, bevor es zu spät ist. Er besingt<br />

„Glück“ ebenso wie „Verlust“ oder „Zeit“ – und natürlich<br />

auch die Liebe.<br />

Roger Stein ist Sänger, Songwriter, Pianist und Erzähler<br />

zugleich – aber vor allem ist er Poet mit Schalk im Nacken,<br />

schafft er es doch, Schmerz und Melancholie in Wärme und<br />

Leichtigkeit zu hüllen und damit der Tragik die Kälte zu<br />

nehmen: Denn jede Tragik hat ihren eigenen Humor.<br />

FILMTIPP DER REDAKTION<br />

DER TOD<br />

So universell wie der Tod selbst, der<br />

alles <strong>Leben</strong> begrenzt, beendet und es<br />

gerade dadurch so kostbar macht, so<br />

vielfältig sind auch die Todesvorstellungen<br />

in Glauben, Dichtung und Kunst<br />

der verschiedenen Völker, Epochen<br />

und Kulturen. Auch in den neuzeitlichen<br />

Medien und vor allem im filmischen<br />

Bereich begegnen uns immer<br />

wieder Metamorphosen und Personifikationen<br />

des Todes.<br />

Ein cineastischen Triptychons über den<br />

personifizierten Tod im Film.<br />

DAS SIEBENTE SIEGEL<br />

Ingmar Bergmans unvergessliches Meisterwerk schuf vor über<br />

70 Jahren Bilder, die die Filmlandschaft bist heute prägen!<br />

Das Kommunalen Kino Pforzheim zeigt diesen Film in der Reihe "Filme ohne<br />

Verfallsdatum" am Mi 15. November 2023 um 18:00 Uhr - mit<br />

cineastischem Salon mit Prof. Hensel, Prof. Echle (HS Pforzheim) und Holger Jörg<br />

WEITERE FILME DER REIHE<br />

Dezember 2023: Der müde Tod (1921) in der Stephanuskirche Kieselbronn<br />

Januar 2024: Orphée (1950)<br />

AUSGABE 31 Herbst / Winter 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

PFORZHEIM<br />

Trotz der Unterschiede der<br />

verschiedenen Bereiche, ergibt<br />

das Grabfeld ein<br />

stimmiges Ganzes<br />

– ein Ort zum zusammen<br />

kommen, Erholen und<br />

Erinnern.<br />

INTERKULTURELLES<br />

GRABFELD<br />

Durch die Integration von Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen hat<br />

sich unsere Gesellschaft stetig entwickelt. Gelungene Integration findet jedoch<br />

nicht nur „zu Lebzeiten“ statt, dafür gibt es in jeder Kultur verschiedene Trauer-<br />

und Beisetzungsrituale. Auf den meisten Friedhöfen in Deutschland erfolgt nur<br />

selten eine Vermischung der jeweiligen Grabstätten und Traditionen. Das Ziel<br />

sollte es sein, Integration und multikulturelles Miteinander, das über den Tod<br />

hinaus geht, um ein ganzheitliches Integrationskonzept und ein lebendiges Miteinander<br />

wachsen zu lassen. Ein Ort für <strong>Leben</strong>de, um in Kommunikation und<br />

Begegnung mit anderen Hinterbliebenen und Trauernden zu kommen.<br />

5<br />

DIE VIELFALT<br />

Die verschiedenen Bereiche auf dem Grabfeld sind nach<br />

ihrer jeweiligen Herkunft gestaltet. So erinnert der asiatische<br />

Bereich, mit Zierelementen aus Bambus und Azaleen,<br />

an die Zengarten-Kultur. Im mediterranen Bereich werden<br />

traditionelle Erdgrabstätten mit gärtnerischer Gestaltung<br />

und mediterraner Bepflanzung und Blumenschmuck mit<br />

südländischem Charakter kombiniert. Im orientalischen<br />

Bereich sind die Grabstätten in südöstlicher Himmelsrichtung<br />

ausgerichtet und erinnern an die berühmten Parkanlagen<br />

von Istanbul. Ein kleiner Platz in Form von einer<br />

Wasserstelle bietet ausreichend Sitzmöglichkeiten und lädt<br />

zum Verweilen und Innehalten ein.<br />

BESTATTUNGSMÖGLICHKEITEN<br />

Mit der Erweiterung des bestehenden Bestattungsangebotes<br />

wurde mit dem „Interkulturellen Grabfeld“ eine<br />

zusätzliche Möglichkeit geschaffen, sich als Angehöriger,<br />

gleich welcher Kultur, die Grabpflege durch die örtlichen<br />

Gärtnereien professionell abnehmen zu lassen. Neben Sarg<br />

und Urnengrabstätten mit blühender Bepflanzung und individuellem<br />

Grabstein werden auch Urnengräber am Baum<br />

oder Urnengemeinschaften mit einem gemeinsamen Grabmal<br />

angeboten. Das liebevoll angelegte Grabfeld verbindet<br />

damit die traditionelle Friedhofskultur mit den <strong>Ans</strong>prüchen<br />

unserer modernen<br />

Gesellschaft.<br />

GUT ZU WISSEN:<br />

Bei Erwerb einer Grabstätte im gärtnergepflegten Grabfeld wird ein Dauergrabpflege-Vertrag<br />

mit der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner eG<br />

abgeschlossen. Die berufsständische Organisation kontrolliert regelmäßig die<br />

Arbeiten der Friedhofsgärtner und den Pflegezustand der Anlagen.<br />

Weitere Infos zu Bestattungsangeboten:<br />

Bei der Friedhofsverwaltung der Stadt Pforzheim sowie bei allen den örtlichen Friedhofsgärtnereien, Steinmetzbetrieben<br />

und Bestattungsunternehmen. Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner eG (07 21 – 94 48 70) |<br />

www.dauergrabpflege-baden.de<br />

Foto: Daniel Foltin<br />

Herbst / Winter 2023<br />

AUSGABE 31


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

RATGEBER § RECHT INTERESSANT<br />

sers faktisch nicht mehr gelebt werden.<br />

Sie wurde nicht willentlich vom<br />

Erblasser oder seinem ehemaligen<br />

<strong>Leben</strong>spartner beendet. Beide haben<br />

bis zur Einweisung des Erblassers in<br />

das Pflegeheim ohne Einschränkungen<br />

ihre gemeinsame <strong>Leben</strong>spartnerschaft<br />

gelebt und geführt. Auch ist zu<br />

berücksichtigen, dass der <strong>Leben</strong>spartner<br />

wöchentlich an seinem freien Tag<br />

Bild: unsplash<br />

ERBE BLEIBT ERBE?<br />

den Erblasser auch nach der Demenzerkrankung<br />

im Pflegeheim besuchte<br />

und sich nicht von ihm abgewendet<br />

hat. Demzufolge kam auch das Oberlandesgericht<br />

Oldenburg zu dem<br />

Ergebnis, dass die Tochter die Erbein-<br />

Hat der Erblasser seinen <strong>Leben</strong>spartner in einem Testament zum<br />

Miterben eingesetzt, kann diese Erbeinsetzung auch Bestand<br />

haben, wenn der <strong>Leben</strong>spartner nach einer Demenzerkrankung<br />

des Testamentsverfassers einen neuen <strong>Leben</strong>spartner heiratet.<br />

setzung des ehemaligen <strong>Leben</strong>spartners<br />

nicht wirksam angefochten hat<br />

und der ehemalige <strong>Leben</strong>spartner zur<br />

Hälfte neben der Tochter Erbe wurde.<br />

*Namen geändert<br />

(OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2022,<br />

3 W 55/22, BeckRS 2022, 27735)<br />

DER FALL<br />

DIE ENTSCHEIDUNG<br />

Auch das Oberlandesgericht entschied<br />

DVEV-EXPERTENRAT<br />

Bild: DVEV<br />

6<br />

Der Erblasser Theo* hatte in seinem<br />

zugunsten des ehemaligen <strong>Leben</strong>s-<br />

Testament seinen <strong>Leben</strong>spartner<br />

partners. Zwar sei ein Testament, in<br />

Ludwig* und seine Tochter Marie* je<br />

dem ein <strong>Leben</strong>spartner zum Erben<br />

hälftig zu Erben eingesetzt. Nachdem<br />

eingesetzt ist, dann grundsätzlich<br />

T. an Demenz erkrankt war, wurde er<br />

unwirksam, wenn die <strong>Leben</strong>spartner-<br />

ab Ende 2016 stationär in einer Pfle-<br />

schaft im Erbfall nicht mehr besteht.<br />

geeinrichtungen betreut. Sein <strong>Leben</strong>s-<br />

Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn<br />

partner L. heiratete im Sommer 2020<br />

anzunehmen ist, dass der Erblasser die<br />

einen neuen <strong>Leben</strong>spartner. Nachdem<br />

Verfügung auch für einen solchen Fall<br />

der Erblasser T. verstorben war, hat<br />

getroffen hätte. In dem hier zu beurtei-<br />

die Tochter M. das Testament ihres<br />

lenden Einzelfall ist von einer derarti-<br />

Jan Bittler, Fachanwalt für<br />

Vaters aufgrund eines Motivirrtums<br />

gen Ausnahme auszugehen. Zu Recht<br />

Erbrecht in Heidelberg und<br />

angefochten, insoweit der <strong>Leben</strong>s-<br />

hat das Amtsgericht festgestellt, dass<br />

Geschäftsführer der DVEV, sagt<br />

partner L. zum Erben bestimmt ist.<br />

die Beziehung des Erblassers und sei-<br />

dazu: „Dieser Rechtsstreit hätte<br />

Sie begründete dies damit, dass ihr<br />

nes ehemaligen <strong>Leben</strong>spartners nicht<br />

durch eine klare Formulierung<br />

Vater bei Kenntnis der Tatsache, dass<br />

daran scheiterte oder beendet wurde,<br />

im Testament vermieden wer-<br />

sich sein ehemaliger <strong>Leben</strong>sgefährte<br />

weil beide sich auseinander gelebt<br />

den können. Ist ein <strong>Leben</strong>spart-<br />

einem neuen Partner zuwendet und<br />

hatten oder einer der beiden sich<br />

ner oder Ehegatte im Testament<br />

diesen auch heiratet, sein Testament<br />

während laufender <strong>Leben</strong>spartner-<br />

als Erbe eingesetzt, empfiehlt<br />

geändert hätte. Das Amtsgericht hat<br />

schaft einem neuen <strong>Leben</strong>spartner in<br />

sich immer die Klarstellung, ob<br />

diese Anfechtung zurückgewiesen, so<br />

schuldhafter Weise zugewandt hatte.<br />

diese Erbeinsetzung auch im Fall<br />

dass sich das Oberlandesgericht mit<br />

Vielmehr konnte die Beziehung letzt-<br />

einer Trennung bzw. Scheidung<br />

dem Rechtsstreit befassen musste.<br />

lich aufgrund der Demenz des Erblas-<br />

weitergelten soll. Denn nur in<br />

Die Deutsche Vereinigung für Erbrecht- und Vermögensnachfolge e.V. (DVEV) setzt sich für<br />

die Information der Bevölkerung und qualifizierte Beratung in Erbrechts- und Vermögensfragen<br />

ein. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Internet unter www.erbrecht.de<br />

den wenigsten Fällen wird dies<br />

gewollt sein.“<br />

AUSGABE 31 Herbst / Winter 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

PFORZHEIM<br />

UNSER TIPP GRABGESTALTUNG<br />

Bilder: rekodesign.de<br />

FARBSPIEL IM WINTER<br />

Mit dem Abschied der letzten Sommertage und dem Herbstlaub, das von<br />

den Bäumen fällt, wird die Natur oft grau und leer. Doch es gibt Pflanzen,<br />

die auch in den dunkleren Monaten Farbe zeigen können.<br />

Im Winter<br />

wird jedes<br />

Lächeln zum<br />

hellsten Licht.<br />

Monika Minder<br />

PFLANZEN GEKONNT MISCHEN<br />

Teppichbeete bieten viele Kombinationsmöglichkeiten. Allein die große<br />

Auswahl an Heidepflanzen bietet sich für gemischte Beete an. Zum Beispiel<br />

können die Herbstklassiker Silberblatt, Topfheide und Besenheide gut mit<br />

Wüstengras oder Stacheldrahtpflanze kombiniert werden. Alpenveilchen<br />

und Chrysanthemen ermöglichen eine gekonnte Mischung.<br />

7<br />

PFLANZENPORTAIT:<br />

„STACHELDRAHTPFLANZE“<br />

Klein, aber keineswegs unscheinbar.<br />

Viele sehen sie nicht als Blume<br />

an und der Name allein klingt schon<br />

bizarr. Die Stacheldrahtpflanze kann<br />

auch Silberdraht, Silberkörbchen,<br />

Silberkraut, Geisterstrauch oder Gitterpflanze<br />

(bot. Bezeichnung: Calocephalus)<br />

genannt werden. Gleich<br />

ihrem Namen setzt sie auf kühle und<br />

elegante Weise einen abhebenden<br />

Akzent bei Befüllung der Beete. Es ist<br />

die hellgrau- bis silbrige Farbe, was<br />

die Pflanze zu einer Besonderheit<br />

macht. Es genügt, diese Pflanze mäßig<br />

feucht zu halten. Während einer<br />

Überwinterung wird nur sporadisch<br />

gegossen und im Frühjahr darf ein<br />

Rückschnitt erfolgen.<br />

DEKORATIVE ELEMENTE …<br />

… wie Wurzeln und Zweige sind ein wichtiges und natürlich wirkendes Accessoire<br />

bei der Gestaltung von Teppich- und Strukturbeeten. Wichtig ist, dass<br />

dieses Beiwerk von der Größe her auf die gesamten Proportionen des Grabes<br />

abgestimmt wird. Früchte wie Zierkürbis oder Kastanie bieten sich ebenfalls<br />

an, aber auch Engelfiguren und Grablaternen setzen faszinierende Akzente,<br />

besonders in der dunklen Jahreszeit. Steine können bei der Strukturierung<br />

eines Teppichbeetes Sinn machen, gleiches gilt für Rinde, mit der kleine Flächen<br />

im Beet abgedeckt werden, um so den Eindruck der von der Natur abgeschauten<br />

Pflanzung noch zu verstärken.<br />

DAUERHAFTE PFLEGE<br />

Die Wahl eines zeitlosen Grabsteins rundet die Grabgestaltung dauerhaft ab,<br />

während die wiederkehrende Grabpflege zur Last werden kann. Ihr Friedhofsgärtner<br />

vor Ort hat ein offenes Ohr für sie.<br />

Herbst / Winter 2023<br />

AUSGABE 31


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> erinnern<br />

STADTGESCHICHTE & PERSÖNLICHKEITEN<br />

PREISRÄTSEL<br />

8<br />

1824 retteten geschichtsbewusste<br />

Zeitgenossen eine Anzahl von Grabmonumenten<br />

vom aufgelassenen<br />

Heiligkreuz-Kirchhof. Hiermit wurde<br />

der Grundstock der heutigen musealen<br />

Sammlung gelegt. Ihren Platz fand<br />

die Sammlung im Wandelgang des<br />

Hauptfriedhofs im Jahr 1917 auf Initiative<br />

des Pforzheimer Stadtarchivar,<br />

Stadtbaumeister und Museumsgründer<br />

Alfons Kern (1859–1941), dessen<br />

eigene Grabstätte selbst nur wenige<br />

Schritte entfernt bei den Ehrengräbern<br />

des Hauptfriedhofes liegt.<br />

2002 wurde der Bestand erstmals<br />

erweitert. Bei einer archäologischen<br />

Ausgrabung an der Deimlingstrasse<br />

wurden Grabsteine des ehemaligen<br />

Dominikanerklosters gefunden und im<br />

Jahr 2018 der Sammlung hinzugefügt.<br />

GRABSTEINE<br />

ERZÄHLEN<br />

GESCHICHTE<br />

Friedhofsmuseum im Wandelgang.<br />

Der Sammlungsbestand umfasst mittlerweile<br />

mehr als fünfzig Grabplatten<br />

und Grabmonumente aus den Stilepochen<br />

von Romanik, Gotik, Renaissance,<br />

Barock und Klassizismus. Mit ihren<br />

Inschriften geben sie ein einzigartiges<br />

Zeugnis vom mittelalterlichen Pforzheim,<br />

das so in den wenigen erhaltenen<br />

Urkunden kaum überliefert wird.<br />

Der Wandelgang (1915) umschließt<br />

ein auf zwei Seiten mit Bögen umfriedetes<br />

Friedhofsfeld, einen sogenannten<br />

Camposanto (ital. „Heiliges Feld“).<br />

Der hier in Pforzheim ausgebildete<br />

Wandelgang dient zugleich als architektonisches<br />

Bindeglied zwischen<br />

Friedhofsportal, Leichenhalle und Aussegnungshalle.<br />

Entlang der Hauptallee<br />

entstanden prachtvolle Grabstätten<br />

für Pforzheimer Fabrikantenfamilien.<br />

Ein sehenswerter Besuch!<br />

Der Gasometer Pforzheim mit<br />

dem neuen 360° Panorama PER-<br />

GAMON führt in das Jahr 129 n.<br />

Chr. in die griechisch-antike Stadt<br />

Pergamon in Kleinasien. Yadegar<br />

Asisi thematisiert mit dem<br />

Werk die römische Zeit unter<br />

Kaiser Hadrian, dessen Besuch<br />

für das Jahr in der Region belegt<br />

ist. Neben dem Kaiser sind die<br />

Pergamenen in verschiedenen<br />

Szenen und Gruppierungen zu<br />

entdecken, die das pulsierende<br />

<strong>Leben</strong> in der Metropole vor etwa<br />

2000 Jahren verkörpern.<br />

Machen Sie mit bei unserem<br />

Rätsel und gewinnen Sie<br />

2 Eintrittskarten für die<br />

Ausstellung PERGAMON!<br />

1Mit welchem Liedtitel singt<br />

Roger Stein gegen die Bequemlichkeit<br />

an?<br />

2Welche 3 Bereiche symbolisieren<br />

die Bepflanzung auf<br />

dem Interkulturellen Grabfeld?<br />

3Wie viele Grabsteine umfasst<br />

der Sammlungsbestand des<br />

Pforzheimer Friedhofmuseums?<br />

Einsendeschluss: 31.01.2024<br />

Beantworten Sie mit Hilfe der Zeitung die oben<br />

gestellten Fragen und schreiben Sie Ihre<br />

Antworten bitte an:<br />

Verein zur Pflege der Friedhofsund<br />

Bestattungskultur in Baden<br />

Alte Karlsruher Straße 8<br />

76227 Karlsruhe<br />

oder per E-Mail an:<br />

info@friedhofskultur-baden.de<br />

Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht<br />

möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bei<br />

mehreren richtigen Einsendungen entscheidet<br />

das Los. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />

Die Adressen werden ausschließlich<br />

für eventuelle Gewinnbenachrichtigungen<br />

verwendet.<br />

Sie haben Fragen oder Wünsche?<br />

Wenn Sie mehr über die Friedhofs- und<br />

Bestattungskultur in Pforzheim erfahren<br />

möchten, steht Ihnen die Friedhofsverwaltung<br />

der Stadt Pforzheim gerne zur Verfügung.<br />

FRIEDHOFSVERWALTUNG PFORZHEIM<br />

Ispringer Straße 42 | 75177 Pforzheim<br />

Telefon 0 72 31 - 39 30 92<br />

Telefax 0 72 31 - 39 13 33<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montags bis donnerstags von 8 bis 12 Uhr,<br />

sowie 14 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Verein zur Pflege der<br />

Friedhofs- & Bestattungskultur in Baden<br />

Alte Karlsruher Straße 8 | 76227 Karlsruhe<br />

www.friedhofskultur-baden.de<br />

Layout: rekodesign - Büro für Ton & Gestaltung<br />

AUSGABE 32<br />

erscheint Frühling / Sommer 2024

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