wellhotel Ausgabe 3-2023

Das Fachmagazin für Hotellerie & Gastronomie, Tourismus & Freizeit, Wellness & Beauty Das Fachmagazin für Hotellerie & Gastronomie, Tourismus & Freizeit, Wellness & Beauty

12.10.2023 Aufrufe

Hotellerie | Gastronomie | Tourismus [ Branchennews ] „Gutes Revenue Management kann, soll und muss die Direktbuchungen beeinflussen.“ Deniel Frey ››› Joachim Leiter: Wenn man das jetzt so zusammenfasst, kann Revenue Management den Anteil an Direktbuchungen sehr wohl beeinflussen? Joachim Leiter: Welche Maßnahmen finden bei H-Hotels.com aktuell Anwendung, um Direktbuchungen gezielt zu steigern? Joachim Leiter: Inwiefern können Marketing-Automatisierung und spezielle Softwarelösungen den Anteil an Direktbuchungen steigern? Sind bereits konkrete Pläne zur Implementierung einer Marketing-Automatisierung bei H-Hotels.com vorhanden? Joachim Leiter: Gerne würden wir noch Ihre Meinung zu einem, bei Hoteliers, weitverbreiteten Mythos hören: „Dynamische Preise sind in der Ferienhotellerie schwierig einzuführen, um langjährige Stammgäste nicht zu verlieren.“ Wenn jemand den Preis auf OTA-Plattformen und auf unserer Webseite vergleicht, wird er immer einen günstigeren Preis auf unserer Webseite finden und direkt bei uns buchen – dadurch sparen wir die Kommissionskosten ein. Wenn jemand den höheren Preis auf der OTA-Plattform bezahlt, wird unsere Kommission etwas reduziert. Es kommt letztendlich darauf an, den Gast und seine Gewohnheiten zu verstehen. Hierbei muss man berücksichtigen, ob es sich beispielsweise um einen internationalen Touristen handelt, der einmalig durch Europa reist, oder um einen Gast mit Potenzial für eine Wiederkehr. Deniel Frey: Revenue Management gibt dem E-Commerce-Team dabei Impulse und Vorschläge, wie beispielsweise eine Direktkampagne für ein bestimmtes Hotel, das in einem bestimmten Zeitraum noch Kapazitäten hat. Außerdem kann es vorschlagen, mehr Budget in Google-Kampagnen für dieses spezielle Hotel zu investieren. Wenn es Probleme in einem bestimmten Hotel gibt, kann das Revenue Management-Team dem E-Commerce-Team empfehlen, dieses Hotel stärker zu bewerben, um die Auslastung zu verbessern. Das Revenue Management- Team arbeitet eng mit dem E-Commerce-Team zusammen, um die Verkaufszahlen zu steigern. Deniel Frey: Ein spezifisches Beispiel ist der Black Friday. In den letzten Jahren haben wir klassischerweise nur Rabatte auf unserer Webseite angeboten (30 %, 40 %, 50 %). Diese Rabatte waren immer höher als auf den OTAs, dort waren es etwa 20 %. Dieses Jahr haben wir beschlossen, nur noch eine Direktkampagne auf unserer Webseite zu schalten. Dabei wurden unseren Gästen 25 Euro vom Warenkorb abgezogen, wenn sie einen Mindestbestellwert von 250 Euro erreicht haben. Um das Buchungsverhalten der Gäste besser nachvollziehen zu können, haben wir entsprechend spezielle Codes zur Nachverfolgung hinterlegt. Eine Sache, die wir sehr häufig machen, ist E-Mail-Marketing an unsere HotMiles-Mitglieder, also unsere Kunden, die uns ihr Einverständnis zur Kontaktaufnahme gegeben haben. Dabei bieten wir spezielle Angebote an, die nur auf unserer Webseite buchbar sind, wie beispielsweise kostenlose Upgrades vom Frühstück bis hin zum Abendessen. Dabei sind wir sehr kreativ, um diese Kanäle gekonnt zu nutzen und Direktbuchungen zu generieren. Deniel Frey: Wenn man das Automatisierungs-Level bewerten müsste, dann würde ich sagen, dass wir im klassischen Revenue Management bei etwa 90 % liegen. Das bedeutet, dass unser System voll automatisiert Preise ändert und Updates direkt an alle relevanten Kanäle übermittelt. Buchungen über OTAs laufen voll automatisiert ein, ohne manuelle Prozesse. Wir ändern unsere Preise dreimal am Tag automatisch. Es gibt auch Häuser in unserem System, die sich konstant updaten und Preise anheben, sobald eine Buchung eingeht. Ein Mitarbeiter könnte das alles gar nicht manuell bewältigen. Im Marketingbereich haben wir noch Potenzial unser Automatisierungs- Level zu steigern. Wir durchleuchten zurzeit unsere IT-Struktur und arbeiten laufend daran, diese zu verbessern. Einen Großanteil unserer IT- Struktur wird das CRM in Kombination mit Sales Force spielen. Natürlich brauchen wir zusätzliche Anwendungen, für reibungslose Abläufe. Ein Teil dieser Anwendungen ist bereits gebaut, ein Teil muss noch gebaut werden und da sind wir gerade dabei. Deniel Frey: Zum einen müssen auch Stammgäste anreisen und es ist unwahrscheinlich, dass Fluggesellschaften oder andere Dienstleister wissen, wer ihre Stammkunden sind. Höhere Preise für Flüge oder Treibstoffe wie Diesel und Benzin werden von den Kunden in der Regel problemlos akzeptiert. Warum sollte es in der Hotellerie anders sein? Ein wichtiges Instrument im Revenue Management ist die Segmentierung. Stammgästen kann ein Preis mit einem gewissen Inflationsausgleich angeboten werden. Gleichzeitig ist die Fortführung der Online-Distribution mit dynamischen Preisen möglich. 36 WellHotel

Hotellerie | Gastronomie | Tourismus [ Branchennews ] Joachim Leiter: Gibt es eine Persönlichkeit aus dem Tourismus (oder gerne aus einem anderen Bereich), welche Sie schon immer einmal treffen wollten? Warum und was wäre Ihre zentrale Frage an diese Person? Gäste, die das Hotel nicht kennen, bezahlen den aktuellen Preis, während Stammgäste ihr „Goodie“ erhalten. Der Mythos, dass sich Gäste bei den Preisen der Zimmer untereinander absprechen, ist ebenfalls zu hinterfragen. Aber es ist oft einfacher, sich auf Mythen zu stützen, anstatt dynamische Preise zu implementieren und auszuprobieren. Deniel Frey: Es gibt eine Persönlichkeit, ich habe in einer Art und Weise schon für diese Person gearbeitet, aber ich hatte leider nie einen direkten Berührungspunkt. Die Rede ist von Barry Sternlicht, dem CEO der Starwood Capital Group, einem Immobilien Hedgefonds. Das Unternehmen kauft Assets von Hotels, „low hanging fruits“, wie man so schön sagt. Diese werden anschließend renoviert und rentabel gemacht, fünf bis zehn Jahre später werden die Häuser dann abgestoßen. Ich habe vier Jahre in England für diese Firma gearbeitet und dabei geholfen, das Revenue Management aufzubauen. Barry Sternlicht hat erkannt, wie viel Potenzial noch in der Hotellerie liegt, indem man digitalisiert, Revenue Management Systeme einbringt und gleichzeitig das ganze „Old School Denken“ eliminiert. Meine zentrale Frage an ihn: Was ihn dazu getrieben hat, dieses Unternehmen aufzubauen und so erfolgreich zu betreiben. „Ich denke, dass der Mythos, dass Stammgäste dynamisches Pricing nicht akzeptieren, nicht wirklich begründet ist.“ Deniel Frey Foto: armin-terzer.com Zum Autor: Joachim Leiter ist als Geschäftsführer von ADDITIVE stets auf der Suche nach neuesten Trends, innovativen Hotelkonzepten und interessanten Gesprächspartnern aus der Tourismusbranche. ADDITIVE vereint technische Expertise im digitalen Marketing mit Leidenschaft für den Tourismus und über 15 Jahren Erfahrung in der Hotelbranche. Das Unternehmen bietet effizientes Online-Marketing und Kommunikation durch innovative Software mittels laufender Datenanalyse und Automatisierung. Das Resultat sind in Umsatz messbare und nachhaltige Marketing- und Vertriebserfolge. www.additive.eu 37 WellHotel

Hotellerie | Gastronomie | Tourismus [ Branchennews ]<br />

„Gutes<br />

Revenue<br />

Management<br />

kann, soll<br />

und muss die<br />

Direktbuchungen<br />

beeinflussen.“<br />

Deniel Frey<br />

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Joachim Leiter: Wenn man das jetzt so<br />

zusammenfasst, kann Revenue Management<br />

den Anteil an Direktbuchungen<br />

sehr wohl beeinflussen?<br />

Joachim Leiter: Welche Maßnahmen<br />

finden bei H-Hotels.com aktuell Anwendung,<br />

um Direktbuchungen gezielt zu<br />

steigern?<br />

Joachim Leiter: Inwiefern können Marketing-Automatisierung<br />

und spezielle<br />

Softwarelösungen den Anteil an Direktbuchungen<br />

steigern? Sind bereits<br />

konkrete Pläne zur Implementierung<br />

einer Marketing-Automatisierung bei<br />

H-Hotels.com vorhanden?<br />

Joachim Leiter: Gerne würden wir noch<br />

Ihre Meinung zu einem, bei Hoteliers,<br />

weitverbreiteten Mythos hören: „Dynamische<br />

Preise sind in der Ferienhotellerie<br />

schwierig einzuführen, um langjährige<br />

Stammgäste nicht zu verlieren.“<br />

Wenn jemand den Preis auf OTA-Plattformen und auf unserer Webseite<br />

vergleicht, wird er immer einen günstigeren Preis auf unserer Webseite<br />

finden und direkt bei uns buchen – dadurch sparen wir die Kommissionskosten<br />

ein. Wenn jemand den höheren Preis auf der OTA-Plattform bezahlt,<br />

wird unsere Kommission etwas reduziert. Es kommt letztendlich darauf<br />

an, den Gast und seine Gewohnheiten zu verstehen. Hierbei muss man<br />

berücksichtigen, ob es sich beispielsweise um einen internationalen Touristen<br />

handelt, der einmalig durch Europa reist, oder um einen Gast mit<br />

Potenzial für eine Wiederkehr.<br />

Deniel Frey: Revenue Management gibt dem E-Commerce-Team dabei Impulse<br />

und Vorschläge, wie beispielsweise eine Direktkampagne für ein bestimmtes<br />

Hotel, das in einem bestimmten Zeitraum noch Kapazitäten hat.<br />

Außerdem kann es vorschlagen, mehr Budget in Google-Kampagnen für<br />

dieses spezielle Hotel zu investieren.<br />

Wenn es Probleme in einem bestimmten Hotel gibt, kann das Revenue Management-Team<br />

dem E-Commerce-Team empfehlen, dieses Hotel stärker<br />

zu bewerben, um die Auslastung zu verbessern. Das Revenue Management-<br />

Team arbeitet eng mit dem E-Commerce-Team zusammen, um die Verkaufszahlen<br />

zu steigern.<br />

Deniel Frey: Ein spezifisches Beispiel ist der Black Friday. In den letzten<br />

Jahren haben wir klassischerweise nur Rabatte auf unserer Webseite angeboten<br />

(30 %, 40 %, 50 %). Diese Rabatte waren immer höher als auf den<br />

OTAs, dort waren es etwa 20 %.<br />

Dieses Jahr haben wir beschlossen, nur noch eine Direktkampagne auf<br />

unserer Webseite zu schalten. Dabei wurden unseren Gästen 25 Euro vom<br />

Warenkorb abgezogen, wenn sie einen Mindestbestellwert von 250 Euro<br />

erreicht haben. Um das Buchungsverhalten der Gäste besser nachvollziehen<br />

zu können, haben wir entsprechend spezielle Codes zur Nachverfolgung<br />

hinterlegt. Eine Sache, die wir sehr häufig machen, ist E-Mail-Marketing<br />

an unsere HotMiles-Mitglieder, also unsere Kunden, die uns ihr<br />

Einverständnis zur Kontaktaufnahme gegeben haben. Dabei bieten wir<br />

spezielle Angebote an, die nur auf unserer Webseite buchbar sind, wie beispielsweise<br />

kostenlose Upgrades vom Frühstück bis hin zum Abendessen.<br />

Dabei sind wir sehr kreativ, um diese Kanäle gekonnt zu nutzen und Direktbuchungen<br />

zu generieren.<br />

Deniel Frey: Wenn man das Automatisierungs-Level bewerten müsste,<br />

dann würde ich sagen, dass wir im klassischen Revenue Management bei<br />

etwa 90 % liegen. Das bedeutet, dass unser System voll automatisiert Preise<br />

ändert und Updates direkt an alle relevanten Kanäle übermittelt. Buchungen<br />

über OTAs laufen voll automatisiert ein, ohne manuelle Prozesse. Wir<br />

ändern unsere Preise dreimal am Tag automatisch. Es gibt auch Häuser in<br />

unserem System, die sich konstant updaten und Preise anheben, sobald<br />

eine Buchung eingeht. Ein Mitarbeiter könnte das alles gar nicht manuell<br />

bewältigen.<br />

Im Marketingbereich haben wir noch Potenzial unser Automatisierungs-<br />

Level zu steigern. Wir durchleuchten zurzeit unsere IT-Struktur und<br />

arbeiten laufend daran, diese zu verbessern. Einen Großanteil unserer IT-<br />

Struktur wird das CRM in Kombination mit Sales Force spielen. Natürlich<br />

brauchen wir zusätzliche Anwendungen, für reibungslose Abläufe. Ein Teil<br />

dieser Anwendungen ist bereits gebaut, ein Teil muss noch gebaut werden<br />

und da sind wir gerade dabei.<br />

Deniel Frey: Zum einen müssen auch Stammgäste anreisen und es ist unwahrscheinlich,<br />

dass Fluggesellschaften oder andere Dienstleister wissen,<br />

wer ihre Stammkunden sind. Höhere Preise für Flüge oder Treibstoffe wie<br />

Diesel und Benzin werden von den Kunden in der Regel problemlos akzeptiert.<br />

Warum sollte es in der Hotellerie anders sein?<br />

Ein wichtiges Instrument im Revenue Management ist die Segmentierung.<br />

Stammgästen kann ein Preis mit einem gewissen Inflationsausgleich angeboten<br />

werden. Gleichzeitig ist die Fortführung der Online-Distribution mit<br />

dynamischen Preisen möglich.<br />

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