wellhotel Ausgabe 3-2023
Das Fachmagazin für Hotellerie & Gastronomie, Tourismus & Freizeit, Wellness & Beauty
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Hotellerie | Gastronomie | Tourismus [ Branchennews ]<br />
Foto: photosky99 – stock.adobe.com<br />
Urlaub als Rezept gegen trübe Stimmung und Depressionen?<br />
Wenn der Urlaub zur seelischen Belastung wird<br />
Immer wieder aufs Tapet gebracht werden Stereotypen und Mythen, die über Jahre und Jahrzehnte in der<br />
Tourismusbranche verbreitet werden, ohne dass sich jemand wirklich die Mühe macht, objektiv nachzuforschen,<br />
wie denn nun die Wirklichkeit aussieht. In dieser <strong>Ausgabe</strong> gehen die Münchner Tourismus- und<br />
Sozialwissenschaftler Dr. H. Jürgen Kagelmann und Dr. Walter Kiefl der Frage auf den Grund, ob Reisen<br />
und Urlaub gegen Niedergeschlagenheit und depressive Stimmungen helfen.<br />
Teil 22 der Serie Text: Dr. H. Jürgen Kagelmann und Dr. Walter Kiefl<br />
Mythos:<br />
Urlaub und<br />
Reisen helfen<br />
gegen Niedergeschlagenheit<br />
und depressive<br />
Stimmungen.<br />
bereits der Gedanke an eine geplante<br />
oder bevorstehende Reise löst bei<br />
vielen Menschen Glücksgefühle und<br />
Stimmungsverbesserungen aus, was<br />
sich die Tourismuswerbung auch<br />
zunutze macht. Bilder von interessanten<br />
Sehenswürdigkeiten, attraktiven<br />
Landschaften im Sonnenlicht<br />
und schönen fröhlichen Menschen<br />
bei lustvollen Aktivitäten in einer<br />
aufregenden oder entspannten Atmosphäre<br />
verstärken nicht nur die<br />
Vorfreude auf den Urlaub, sondern<br />
tragen oft auch zu einer anhaltenden<br />
Steigerung des Wohlbefindens<br />
bei und helfen über Alltagsroutinen<br />
und manche trübe Tage hinweg.<br />
Wenn dies offenbar bei einem<br />
Großteil der Bevölkerung der Fall<br />
ist, müsste die Aussicht auf einen bevorstehenden<br />
Urlaub bei dauerhaft<br />
seelisch belasteten und leidenden<br />
Menschen doch erst recht positive<br />
Wirkungen hervorbringen. So denken<br />
viele – aber stimmt das auch?<br />
| Verreisen und Urlaub beinhalten<br />
Belastungen | Fachleute teilen<br />
diese Ansicht aus mehreren Gründen<br />
nicht, denn „Urlaub machen“<br />
ist auch für unbelastete, gesunde<br />
und psychisch stabile Menschen<br />
kein reines Vergnügen, sondern beinhaltet<br />
mehr oder weniger Mühe<br />
und Stress. Dieser beginnt bereits<br />
bei der Planung und Vorbereitung,<br />
setzt sich fort bei der Buchung von<br />
Flügen und Unterkünften und endet<br />
auch im besten Fall erst bei der<br />
glücklichen Rückkehr.<br />
Für die meisten Menschen handelt<br />
es sich dabei um bewältigbare<br />
und oft sogar gerne angenommene<br />
Herausforderungen. Während aber<br />
Lebenskünstler manchen Missverständnissen,<br />
Pannen, Verspätungen<br />
und verpassten Anschlüssen sogar<br />
positive Seiten abgewinnen können,<br />
treten bei vielen von depressiven<br />
Verstimmungen und Niedergeschlagenheit<br />
Betroffenen – objektiv<br />
vielleicht übertriebene und unangemessene,<br />
aber subjektiv sehr reale<br />
– Ängste und Panikreaktionen auf,<br />
wenn etwas nicht ganz nach Plan<br />
verläuft. Darunter leiden nicht nur<br />
die Betroffenen selbst, sondern auch<br />
ihre Reisebegleiter, unbeteiligte<br />
Mitreisende und auch Dienstleister.<br />
Für Menschen, die unter depressiven<br />
Verstimmungen oder gar<br />
einer ausgeprägten Depression leiden,<br />
überwiegen die vielfältigen<br />
realen oder auch nur vorgestellten<br />
Belastungen, da an die Stelle<br />
der wenn auch oft trostlosen Routine<br />
und des bedrückenden, aber<br />
wenigstens Sicherheit vermittelnden<br />
Zuhauses eine mehr oder weniger<br />
fremde Umgebung tritt, die<br />
– in ihren Vorstellungen – ein für<br />
sie kaum oder gar nicht zu bewältigendes<br />
Maß an Aktivität und Organisationsgeschick<br />
erfordert. Das<br />
bedeutet ein Mehr an Stress, Unsicherheit,<br />
Unruhe, Ratlosigkeit,<br />
22<br />
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