92 | SACHWERTE Immobilien Wohnen überm Limit Mieten und Kaufpreise bewegen sich an der Belastungsgrenze. Interessenten fragen sich, in welchen Regionen die (eigenen) vier Wände noch erschwinglich sind. ST STEFAN TERLIESNER Illustration: Roman Kulon
Immobilien SACHWERTE | 93 Was Sie erfahren werden: Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Das gilt für die Wahl des Ehepartners wie für den Immobilienkauf. Derzeit herrscht viel Verunsicherung bei Kaufwilligen, was die weitere Entwicklung von Zinsen und Objektpreisen, aber auch Vorgaben wie Heizungsgesetz und Gebäudesanierung betrifft. Teilweise dramatisch ist die Lage auf dem Mietmarkt. Bezahlbare Wohnungen sind kaum noch zu finden – zumindest in den Großstädten und deren Speckgürteln. Kaufen oder mieten? Das ist die Frage. Maximal 25 Prozent Belastung Orientierung gibt diese Faustformel: Gib nicht mehr fürs Wohnen aus als 25 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens. Diese Linie nicht zu überschreiten, ist für durchschnittlich verdienende Haushalte schwierig geworden. Dies geht aus dem Postbank Wohnatlas <strong>2023</strong> hervor. Demnach lebte 2022 jeder zweite Haushalt in einer der 144 Regionen Deutschlands, in denen im Schnitt mehr als 25 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Kreditfinanzierung einer beispielhaften 70-Quadratmeter-Wohnung ausgegeben werden musste. 2021 seien nur 35 Regionen als entsprechend teuer für Durchschnittshaushalte eingeordnet worden. Belastung der Haushalte durch Mieten und Zinskosten Ob eine Entlastung in Sicht ist Regionen für Käufer nahe der Belastungsgrenze Ein Grund: Vielerorts sind die Immobilienpreise schneller gestiegen als die Einkommen in der jeweiligen Region. Noch entscheidender für die verschlechterte Lage für Kaufwillige sei der steile Zinsanstieg gewesen. Bekanntlich hat die Europäische Zentralbank seit Mitte 2022 den Leitzins von 0 auf aktuell 4,25 Prozent in die Höhe katapultiert; so rasch wie nie in ihrer Geschichte. Zinsniveau bleibt hoch In der Folge sind auch die Zinskosten für Immobilienkredite auf lange nicht gesehene Niveaus gestiegen. Laut Ingmar Rega, Chef des Genossenschaftsverbands, wird das derzeitige Niveau für langfristige Kreditzinsen zum Marktstandard. Kurz: Geld leihen bleibt teuer. Aktuell, so »Aktuell sind für Kreditnehmer die Niedrigzinsen der gefühlte Maßstab.« Ingmar Rega Chef des Genossenschafts verbands – Verband der Regionen Rega, sind für Nachfrager „noch die Niedrigzinsen der gefühlte Maßstab“, was abwartendes Verhalten bei der Kreditaufnahme begünstige. „Wer ein Objekt im Auge hat, sollte umso gründlicher prüfen, ob die Finanzierung auch langfristig zu stemmen ist“, meint Manuel Beermann, Leiter Immobiliengeschäft der Postbank. „Auch einen Puffer für unvorhersehbare Änderungen der finanziellen Lage und für Belastungen durch Inflation und hohe Energiepreise sollten Kaufinteressenten einbauen.“ In den vergangenen Jahren sei der Einkommensanteil, der für die Finanzierung von Eigentumswohnungen aufgewendet werden musste, stetig gewachsen. Diese Entwicklung flache nun ab, weil die Kaufpreise langsamer oder gar nicht mehr stiegen. Fachleuten zufolge verharren sie aber auf hohem Niveau. Extreme Lage in Großstädten Teuer ist Kaufen in 23 Regionen, darunter die sechs Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Hier überweisen Eigentümer mehr als 40 Prozent ihres durchschnittlichen regionalen Haushaltseinkommens für die laufenden Kreditzahlungen an die Banken. Die Großstadt Stuttgart – Nummer sieben der sogenannten Big Seven – liegt mit 39,7 Prozent knapp unter dieser Schwelle. Betrachtet man nur die sieben Metropolen, wird eine deutliche Veränderung sichtbar. Dort fließt mittlerweile ein sehr hoher Einkommensanteil in die Finanzierung der beispielhaften 70-Quadratmeter-Wohnung. Laut Wohnatlas sprang der Anteil am verfügbaren Einkommen von 34,3 Prozent im Jahr 2021 auf 48,8 Prozent im Jahr 2022. Die höchste durchschnittliche Belastung haben Käufer in München (62 Prozent), gefolgt von Berlin (57 Prozent), Hamburg (52 Prozent) und Frankfurt (50 Prozent). Mietbelastung bundesweit im Rahmen Weitere Großstädte mit hohen monatlichen Ratenzahlungen sind Rostock, Potsdam, Freiburg, Heidelberg, Regensburg und Augsburg. Sogar <strong>procontra</strong> 5 | <strong>2023</strong>