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procontra Ausgabe 05/2023

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90 | SACHWERTE Pflegeimmobilien<br />

»Weitere Insolvenzen würden<br />

mich nicht überraschen«<br />

Pflegeimmobilien gelten als risikoarmes Investment. Doch eine Reihe von Insolvenzen<br />

verunsichert Investoren. Markus Bienentreu, Geschäftsführer der Terranus GmbH, eines<br />

Spezialmaklers für Sozialimmobilien, erläutert die Umstände und Aussichten.<br />

IR IMKE REIHER<br />

<strong>procontra</strong>: Etliche Pflegeheime sind in<br />

Schieflage geraten und mussten Insolvenz<br />

anmelden. Viele Hundert könnten<br />

zeitnah folgen, meinen Experten. Ist<br />

deren Befürchtung berechtigt?<br />

Markus Bienentreu: Laut der Pflegestatistik<br />

von Ende 2021 gibt es in Deutschland<br />

über 16.100 Pflegeeinrichtungen,<br />

und wir haben auf dem Markt sicher<br />

noch nicht die letzte Insolvenz gesehen.<br />

„Mehrere Hundert Insolvenzen“ ist<br />

vielleicht etwas hoch angesetzt. Aber<br />

100 weitere würden mich nicht überraschen.<br />

<strong>procontra</strong>: Woher rührt die Pleitewelle?<br />

Bienentreu: Für die wirtschaftlichen<br />

Schwierigkeiten von Pflegeheimbetreibern<br />

sind mehrere Gründe ausschlaggebend.<br />

Neben den gestiegenen Kosten<br />

für Personal, Energie, andere Sachkosten<br />

und Mieten, ist dies vor allem<br />

im Fachkräftemangel begründet. Wenn<br />

nicht genug Personal vorhanden ist, um<br />

die Quote zu erfüllen, kann ich die Einrichtung<br />

nicht voll belegen. Je geringer<br />

die Belegung, umso schwieriger wird es,<br />

kostendeckend zu wirtschaften.<br />

<strong>procontra</strong>: Alles keine Faktoren, die<br />

sich schnell beheben lassen. Lohnt ein<br />

Investment in Pflegeimmobilien?<br />

Bienentreu: Das Ausfallrisiko ist unterm<br />

Strich geringer als in vielen anderen As-<br />

Was Sie erfahren<br />

werden:<br />

Warum sich die Spielregeln<br />

am Markt verändern<br />

Welche Kriterien für Investoren<br />

besonders wichtig sind<br />

Warum der langfristige Blick<br />

lohnt<br />

setklassen, und in den letzten 20 Jahren<br />

ist der Markt gut gelaufen. Zudem ist er<br />

hoch reguliert. Aktuell kommen einfach<br />

zu viele Faktoren zusammen. Diese<br />

Kumulation macht den Markt schwierig<br />

und bremst ihn aus, denn natürlich verunsichern<br />

Insolvenzen oder Mietausfälle<br />

Investoren. Trotzdem gilt weiter: Solide<br />

kalkulierte und ausgelastete Einrichtungen<br />

bringen eine stabile, langfristige<br />

Rendite bei geringer Volatilität, und die<br />

Nachfrage nach Pflegeplätzen ist hoch.<br />

<strong>procontra</strong>: Für Rückenwind sorgt die<br />

Demografie. Auf welche Kennziffern<br />

sollten Investoren besonders achten?<br />

Bienentreu: Der Standort und der Bedarf<br />

sind extrem wichtig, denn davon<br />

hängt die Auslastung ab. Weitere wichtige<br />

Kennziffern sind die Investitionsfolgekosten<br />

und die Personalverfügbarkeit.<br />

Die beste Absicherung ist eine vernünftige<br />

Prüfung aller Rahmenbedingungen<br />

im Vorfeld des Investments. Dazu zählt<br />

auch zu schauen, wie das Geschäftsmodell<br />

des Verkäufers aussieht und wie die<br />

Miete refinanziert wird. Idealerweise<br />

sollte dieser schon länger im Markt aktiv<br />

sein und Kunden auch nach dem Verkauf<br />

bei Problemen noch betreuen.<br />

<strong>procontra</strong>: Doch was, wenn das Kind<br />

bereits in den Brunnen gefallen ist?<br />

Welche Chance haben Investoren, ihre<br />

Gelder zurückzubekommen?<br />

Bienentreu: Im Insolvenzfall gibt es für<br />

Pflegeeinrichtungen keine Sonderregeln<br />

oder eine besondere Absicherung. Ist<br />

das Geld investiert, ist es meist zu spät.<br />

Da bleibt oft nur ein Verkauf durch den<br />

Insolvenzverwalter, und jener kann<br />

wahrscheinlich nur mit deutlichen<br />

Abschlägen realisiert werden. Die Umwidmung<br />

von Pflegeheimen ist nicht<br />

leicht und mit hohen Umbaukosten<br />

verbunden, weil die Gemeinschaftsflächen<br />

sehr groß sind. Insofern sollte<br />

die Fortführung des Betriebs angestrebt<br />

werden, sofern die Immobilie das hergibt.<br />

Aber natürlich kostet ein Betreiberwechsel<br />

Geld und es können weitere<br />

Verluste entstehen. Wenn ein Heim<br />

300.000 Euro im Minus ist, wird es<br />

nicht in drei Monaten Gewinn erzielen.<br />

<strong>procontra</strong> 5 | <strong>2023</strong>

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