procontra Ausgabe 05/2023
Das freie Finanzmagazin als eBook.
Das freie Finanzmagazin als eBook.
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
60 | GIPFELTREFFEN Biometrie<br />
<strong>procontra</strong>: Den Aspekt „welches Risiko<br />
zu welchem Preis“ würde ich gerne<br />
vertiefen. Vergleichsweise einfach und<br />
attraktiv ist das bei den Berufen mit<br />
gutem Risikoprofil. Dazu lautet meine<br />
nächste These: Die Versicherer werben<br />
mit einer aggressiven Preisgestaltung<br />
um die vermeintlich „guten“ Risiken.<br />
Dabei sind gerade diese Berufsgruppen<br />
vom Anstieg psychischer Probleme<br />
betroffen, heißt es bei Franke und Bornberg.<br />
Insofern nehmen die Versicherer<br />
zukünftige Beitragssprünge in Kauf.<br />
Schröter: Im Grunde würde ich keinem<br />
Versicherer ein mangelndes Aktuariat<br />
unterstellen. Aber es gibt immer wieder<br />
mal Anbieter, die versuchen innerhalb<br />
eines begrenzten Zeitraums bei bestimmten<br />
Berufsgruppen mehr Geschäft<br />
zu machen. Diese Unternehmen<br />
stehen dann bei den Vergleichern eine<br />
Zeit lang ganz oben in der Rangliste,<br />
verschwinden dann aber auch wieder<br />
daraus. Dass dauerhaft Risiken gegen<br />
die Meinung der Versicherungsmathematiker<br />
gezeichnet werden oder gegen<br />
die Meinung des Rückversicherers, das<br />
kann ich mir im Markt nicht vorstellen.<br />
Das Pricing in der Branche halte ich für<br />
gesund, mit der Einschränkung, dass es<br />
immer wieder mal für eine kurze Zeit<br />
Ausreißer gibt, die schnell Marktanteile<br />
erobern möchten. Maklerinnen und<br />
Makler achten aber aus meiner Erfahrung<br />
auf das Gesamtpaket.<br />
Kalantzis: Was sind denn die vermeintlich<br />
„guten“ Risiken, welche die Versicherer<br />
angeblich so günstig einkaufen?<br />
Das ist eine Frage der Definition. Kürzlich<br />
habe ich eine Statistik gesehen mit<br />
Tagen der Arbeitsunfähigkeit bei Burnout,<br />
was ja psychische Erkrankungen<br />
sind. Ganz oben standen keine akademischen<br />
Berufsgruppen, die allgemein<br />
als „gute“ Risiken eingestuft werden.<br />
Daher stimme ich Herrn Schröter zu,<br />
dass Versicherer nicht Tarife gegen den<br />
Rat ihrer Aktuare in den Markt drücken.<br />
Hinz: Das sehe ich ebenso. Bei uns<br />
»Beim Thema Portabilität<br />
kommen<br />
Versicherer Arbeitnehmern<br />
ein Stück<br />
weit entgegen.«<br />
haben akademische Berufe günstige<br />
Prämien. Wir wissen aus unserer Erfahrung,<br />
dass diese Personen mit zumeist<br />
hohem Einkommen fast alles tun, um<br />
berufsfähig zu bleiben, da spielt auch<br />
das persönliche Ansehen eine Rolle.<br />
Burn-out spielt eher bei Sozialberufen<br />
eine große Rolle.<br />
Michael Hinz<br />
Illing: In diesem Fall sind wir uns alle<br />
einig. In Deutschland macht keiner<br />
etwas richtig Unanständiges. Bei den<br />
Vergleichern drängen immer wieder mal<br />
Versicherer an die Spitze der Rangliste.<br />
Oft geht es hier um Cent-Beträge, ob<br />
ein Anbieter auf Platz eins oder Platz<br />
sechs landet. Das sind aber Auswüchse,<br />
die nicht den breiten Markt repräsentieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Ich komme zur letzten These:<br />
Der Arbeitsmarkt schafft neue Berufsbilder<br />
vor allem für junge Menschen<br />
in digitalen Branchen. Die Versicherer<br />
reagieren hierauf zu schwerfällig. Die<br />
Absicherung der Arbeitskraft wird unnötig<br />
erschwert.<br />
Michael Hinz arbeitet sei 25 Jahren<br />
für Signal Iduna und ist dort<br />
verantwortlich für das bundesweite<br />
Spezialisten-Management<br />
Lebensversicherung, Unfallversicherung<br />
und Finanzzweige im<br />
freien Vertrieb. Hinz hat den Studienabschluss<br />
Master of Business<br />
Administration Versicherungsmanagement.<br />
Hinz: Auch aus meiner Erfahrung haben<br />
sich in der Vergangenheit etliche Versicherer<br />
auf alte Berufstabellen zurückgezogen.<br />
Wir selbst hatten vor ein paar<br />
Jahren rund 2.500 Berufe aufgelistet.<br />
<strong>procontra</strong> 5 | <strong>2023</strong>