procontra Ausgabe 05/2023
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Biometrie GIPFELTREFFEN | 55<br />
»Seid mutig in der Beratung!«<br />
Beim Gipfeltreffen Biometrie haben vier Vertreter von Versicherern diverse Ideen für den<br />
Vertrieb von BU-Policen – auch im Betrieb. Und alle fordern Vermittelnde zum Dialog auf.<br />
MODERATION: SARAH SCHRÖTER<br />
<strong>procontra</strong>: Herzlich willkommen zum<br />
Gipfeltreffen Biometrie. Anhand von<br />
Thesen diskutieren wir dieses Thema<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln. Die<br />
erste Behauptung: Bedingungswerke<br />
sind qualitativ ausgereizt, ein wirklicher<br />
Wettbewerb zwischen den Versicherern<br />
findet hier nicht mehr statt. Welchen<br />
Versicherer ein Makler auswählt, ist<br />
somit unerheblich geworden. Was sagen<br />
Sie dazu?<br />
Jörg Illing: „Qualitativ ausgereift“ – das<br />
ist thesenhaft scharf formuliert. Grundsätzlich<br />
haben sich die Bedingungen<br />
über die Zeit enorm weiterentwickelt.<br />
Mittlerweile schleifen wir an Nuancen<br />
wie Nachversicherungsgarantien und<br />
ähnlichen Klauseln. Dennoch ist es nicht<br />
unerheblich, welchen Anbieter man<br />
wählt. Neben dem Bedingungswerk<br />
spielen weitere Faktoren auch für Makler<br />
eine Rolle. Zum Beispiel die Qualität<br />
der Prozesse mit einem Versicherer,<br />
dessen Annahmepolitik, wie werden<br />
Leistungen reguliert und so weiter. Was<br />
nutzt das beste Bedingungswerk, wenn<br />
ein Kunde am Ende keinen Anspruch<br />
auf Leistung hat, weil die Leistungsabteilung<br />
alles haarklein auseinandernimmt,<br />
mit dem Ziel, einen Schadensausgleich<br />
zu verweigern? Nahezu<br />
alle Tarifvergleiche belegen das hohe<br />
Niveau der Bedingungswerke, aber dahinter<br />
gibt es sehr große Unterschiede<br />
zwischen den einzelnen Versicherern.<br />
Michael Hinz: Tatsächlich ist das Niveau<br />
der Bedingungswerke heute bereits<br />
recht hoch. Allerdings ist längst nicht<br />
alles ausgereizt. Gerade erst hat eine<br />
99 %<br />
der neuen Berufsbilder<br />
finden einen Weg in die<br />
Versicherungswirtschaft.<br />
Jörg Illing<br />
Studie aufgezeigt, dass 40 Prozent der<br />
Versicherer die Marktstandards bei den<br />
Bedingungen nicht erfüllen. Das lässt<br />
reichlich Raum für Wettbewerb – und<br />
der findet auch statt. Jeder Versicherer<br />
baut irgendwo Besonderheiten ein,<br />
setzt eigene Schwerpunkte und spricht<br />
gezielt bestimmte Kundengruppen an.<br />
Insofern wird es immer Modifikationen<br />
geben. Das ist ein dynamischer Prozess<br />
ganz im Sinne der Kunden.<br />
Panos Kalantzis: Ich sehe das genauso.<br />
Es gibt immer noch sehr viele Tarife, die<br />
unter dem Marktdurchschnitt liegen.<br />
Und zwischen den überdurchschnittlichen<br />
Verträgen findet man trotzdem<br />
einige Abweichungen. Zum Beispiel<br />
hat inzwischen fast jeder Anbieter eine<br />
Nachversicherungsgarantie. Die Ausgestaltung<br />
dieses Bausteins ist aber sehr<br />
unterschiedlich – je nachdem, welche<br />
Zielgruppe ein Makler bedient.<br />
<strong>procontra</strong>: Kommen wir bitte zu einem<br />
anderen Bereich. Meine These: Die<br />
vereinbarten Renten der BU-Versicherungen<br />
sind gering. Auch eine betriebliche<br />
BU-Police kann dieses Problem<br />
nicht lösen.<br />
Hinz: Ja, es gibt Analysen, die eine<br />
geringe durchschnittliche vereinbarte<br />
Rente der Versicherer ausweisen.<br />
Beachten muss man aber, dass dabei<br />
der Gesamtbestand eines Versicherers<br />
betrachtet wird; bei Signal Iduna zum<br />
Beispiel über die vergangenen 50 Jahre.<br />
Darin sind sehr viele Zusatzversicherungen<br />
mit bestimmungsgemäß geringeren<br />
Leistungen enthalten. Unter dem<br />
Strich kommt dann eine relativ kleine<br />
durchschnittliche BU-Rente heraus.<br />
Schaut man nur auf die aktuellen Abschlüsse,<br />
sind die vereinbarten Leistungen<br />
deutlich höher. Und dann müssen<br />
wir noch differenzieren: Bei wem ist die<br />
vereinbarte Rente wirklich zu niedrig<br />
und bei wem angemessen? Bei handwerklichen<br />
Berufen, die ein höheres<br />
Risiko einer Berufsunfähigkeit haben,<br />
ist oft der Preis der limitierende Faktor.<br />
Signal Iduna ist auch bei Beamten sehr<br />
aktiv. Hier begrenzt eine bereits hohe<br />
Vorleistung des Dienstherrn im Fall<br />
einer Berufsunfähigkeit das notwendige<br />
private Leistungsniveau. Insgesamt<br />
bin ich der Meinung, dass die aktuell<br />
abgeschlossenen Rentenhöhen in die<br />
richtige Richtung weisen. Gewiss ist die<br />
Rente nicht immer vollständig ausfinanziert.<br />
Aber dann kommt zusätzlich die<br />
betriebliche BU-Rente ins Spiel. Diese<br />
wird aus dem Bruttolohn finanziert, ist<br />
also steuer- und sozialabgabenfrei.<br />
<strong>procontra</strong> 5 | <strong>2023</strong>