procontra Ausgabe 05/2023

16 | TITELTHEMA Altersvorsorge
Altersvorsorgedepots, in dessen
Rahmen Sparer in Fonds, aber auch
in andere realwirtschaftliche Anlageklassen
investieren können, „wäre
eine zukunftsfähige Neuerung“.
Dass Aktien und Realwertanlagen
in Zukunft eine größere Bedeutung
für die Altersvorsorge bekommen,
ist sehr wahrscheinlich. In den USA
und in vielen europäischen Ländern
ist das längst Usus. Jetzt scheint sich
auch in Berlin die Erkenntnis durchzusetzen,
„dass risikoorientierter,
offensiver vorgegangen werden muss,
da ansonsten keine Chance besteht,
die Altersvorsorgelücke zu schließen“,
betont der AfW.
Für Versicherungsmakler mit Schwerpunkt
Altersvorsorgeberatung
bedeutet das, dass sie sich für Investmentprodukte
öffnen, also auch eine
»Bruttobeitragsgarantie
war ein Hemmnis«
Interview mit Klaus Morgenstern, Sprecher des
Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA)
procontra: Angenommen, die Empfehlungen
der Fokusgruppe werden
umgesetzt, ist die Rente dann sicher?
Klaus Morgenstern: Nein, natürlich
nicht. Die Vorschläge zielen auf Verbesserungen
in der privaten Altersvorsorge.
Daneben gibt es auch die
gesetzliche Rente, die Hauptsäule im
deutschen Alterssicherungssystem.
Dort besteht nach wie vor erheblicher
Reformbedarf.
procontra: Kritiker sagen, die Versicherungslobby
habe eine grundlegende
Reform verhindert. Ist da was dran?
Morgenstern: Die Fokusgruppe hat
eine Reihe vernünftiger Vorschläge
unterbreitet. Dabei sind nicht alle mit
100 Prozent Mehrheit abgesegnet worden,
sondern es gab Minderheitsvoten.
Es existieren nun einmal unterschiedliche
Interessenlagen. Aber das ist kein
Anlass, einem Flügel den Schwarzen
Peter zuzuschieben. Ich hatte weniger
von der Gruppe erwartet, nachdem
wir 2020 erlebt hatten, wie wenig bei
der Rentenkommission „Gerechter
Generationenvertrag“ herausgekommen
ist.
procontra: Ein Vorschlag sieht die
Verteilung der Abschlusskosten auf die
gesamte Laufzeit vor. Verbessert sich
dadurch die Kundenbetreuung?
Morgenstern: Ich bin schon immer
für ratierliche Vergütung gewesen.
Berater, die vor allem Investmentprodukte
vertreiben, kommen damit auch
zurecht. Eine ratierliche Vergütung erhöht
die Wahrscheinlichkeit, dass die
Berater sich auch nach dem Abschluss
weiterhin intensiv um ihre Kunden
kümmern.
procontra: Kunden sollen Anbieter
und Produkte kostenfrei wechseln
können. Setzt das nicht selbstlose Berater
voraus?
Morgenstern: Nein, es setzt den
gründlichen und verantwortungsbewussten
Berater voraus. Kunden
wechseln doch vor allem aus Unzufriedenheit,
wenn man mal gezielte
Abwerbungen von Wettbewerbern
außen vor lässt. Es war noch nie eine
gute Lösung, einen Kunden mit extremen
Laufzeiten, Stornoverlusten oder
Strafgebühren in einen Vertrag einzusperren.
Die fairste und dauerhafteste
Bindung ist eine zufriedenstellende
Betreuung.
procontra: Mehr Spielräume in der
Anlage könnten insbesondere Riester-
Fonds wieder interessant machen.
Stimmen Sie dem zu?
Morgenstern: Ohne Frage. Die
Bruttobeitragsgarantie ist unbestritten
in Zeiten niedriger Zinsen ein Hemmnis
gewesen. Das DIA hat mit Studien
in der Vergangenheit dafür plädiert,
den Kunden zumindest ein Wahlrecht
bei der Garantie einzuräumen, damit
sich ihre Renditechancen erhöhen.
Außerdem braucht es bei langfristigen
Sparverträgen für die Altersvorsorge
keine Garantie. Laufzeit und Diversifikation
der Anlagen bringen da statt
der nominalen Garantie eine reale
Absicherung.
procontra 5 | 2023