WASISTLOS Magazin September 2023
Die September-Ausgabe unseres Magazins "wasistlos - Bad Füssing". Das Magazin mit allen Infos über und aus Bad Füssing, Europas größtem Kurort, mit seinen Thermen, Hotels, Gastronomiebetrieben und Geschäften. Veranstaltungen, Neuigkeiten, TV-Programm und mehr!
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D A S<br />
NEUE<br />
BUCH<br />
VON ELLA<br />
W. ANDERS<br />
Ella W. Anders<br />
schreibt Krimis, die in Niederbayern spielen.<br />
Ihre Bücher sind im Buchhandel zu beziehen,<br />
sowie in Bad Füssing im Kaufhaus Geml<br />
oder unter folgender E-Mail-Adresse:<br />
Ella.W.Anders@gmx.de<br />
Alberta erhob sich, ließ absichtlich den Rucksack liegen, aus dem<br />
sie vorsorglich die Geldbörse und den Autoschlüssel genommen<br />
und in die Jackentasche gesteckt hatte. Sie ging hastig weiter. Nach<br />
etwa 200 m sprang neben ihr ein Fünfjähriger von seinem Tretroller,<br />
reichte ihr den Rucksack und rief: »Bekomme ich zum Dank ein Eis?«<br />
Sie erwiderte säuerlich: »Aber selbstverständlich! Deine Ehrlichkeit<br />
muss belohnt werden, junger Mann.« Weil sie keine fünf Euro hatte,<br />
sauste der Knirps mit einem Zehner auf den Eismann zu. Und Alberta<br />
ging verärgert weiter. Da fiel ihr ein, dass im Falle eines Diebstahls<br />
des Rucksacks niemand wüsste, wem der Haustürschlüssel<br />
zugeordnet werden muss und wo sich das dazugehörende Gebäude<br />
befindet.<br />
Alberta kehrte um und erwarb im Kaufhaus Geml einen<br />
Schlüsselanhänger, schrieb deutlich Name und Adresse ihres<br />
Mannes im sichtbaren Adressfeld ein, hängte den Hausschlüssel<br />
an das Metallstück und legte ihn in das Seitenfach des Rucksacks<br />
zurück. Dann setzte sich die Kriminelle hoffnungsvoll auf die<br />
Terrasse eines Cafés.<br />
Gegen zwölf Uhr war es überfüllt. Das Kommen und Gehen wurde<br />
unübersichtlich. Die Gelegenheit war günstig. Alberta beugte sich<br />
nach vorn, um das Mittagessen zu genießen. Währenddessen hing<br />
der Rucksack unbeaufsichtigt hinter ihr an der Lehne des Stuhls. Und<br />
viele Menschen gingen daran vorbei. Aber als sie sich regelmäßig<br />
alle zehn Minuten umdrehte, war er immer noch da. Sie ließ sich Zeit<br />
und genoss ausgiebig zwei Kännchen Kaffee und mehrere Kuchen.<br />
Aber um 16 Uhr war ihr klar, dass entweder kein Dieb um die Wege<br />
ist oder dass man diesen Rucksack verschmäht. Etwa weil er zu alt<br />
und unauffällig ist? Und weil man nicht glaubt, dass sich in diesem<br />
Ding auch Wertgegenstände verbergen könnten?<br />
Da betrat sie erneut »den Geml« und legte sich eine orangefarbige<br />
Umhängetasche zu. Die war nun nicht mehr zu übersehen. Aber<br />
um 18 Uhr war sie entnervt. Egal wo sie war und die auffallende<br />
Tasche mit dem Schlüssel zurück ließ. Irgendjemand bemerkte<br />
es sofort und lief ihr hinterher. Schließlich gab sie auf und kehrte<br />
unverrichteter Dinge in die Unterkunft nach Würding zurück.<br />
In der darauffolgenden Nacht schlief sie kaum. Sie war seit diesem<br />
Zeitungsartikel wie besessen von dem Gedanken, irgendwelche<br />
Taschendiebe für den Tod bringenden Kampf mit dem Ehemann<br />
einzuspannen. Dann brach der Samstag-Morgen an. Mittlerweile<br />
ging sie davon aus, dass der Handtaschenklau in Bad Füssing nicht<br />
klappt. Da hatte sie einen genialen Gedanken: »Warum denn die<br />
neue, orangefarbige Umhängetasche opfern? Sie könnte doch den<br />
Schlüssel mitsamt dem Adressanhänger »verlieren«! Zumindest<br />
würde man ihn ihr nicht nachtragen können, weil es keinen Hinweis<br />
auf sie gäbe. Warum fiel ihr das nicht schon gestern ein? Da hätte<br />
sie sich den Kauf der sündteuren Handtasche ersparen können.<br />
Alberta setzte sich in das Auto und fuhr nach Neuburg am Inn. Das<br />
liegt knapp vor Passau. Dann walkte sie auf einem Pfad durch den<br />
Neuburger Wald. Und als nach längerer Zeit wie zufällig ein einzelner,<br />
dunkel gekleideter und nicht gerade vertrauenswürdig aussehender<br />
Jogger hinter ihr lief, wartete sie ab, bis er wegen des Gestrüpps<br />
in einer kleinen Rechtskurve außer Sichtweite war. Dann ließ sie<br />
den Haus-Schlüssel im Scheitelpunkt der Kurve auf den feuchten<br />
Waldboden fallen und ging rasch weiter. Alberta hoffte, dass ihn der<br />
ständig zu Boden blickende Mann mit der tief ins Gesicht gezogenen<br />
Kapuze, entdeckt. Als der Jogger näher kam bückte sie sich, damit<br />
er ihr Gesicht nicht sehen konnte und beschäftigte sich mit den<br />
Schnürsenkeln der Wanderschuhe. Da erhielt sie einen schweren,<br />
dumpfen Schlag auf den Kopf. Sie spürte noch undeutlich, dass<br />
man ihr die auffallende Umhängetasche vom Rücken riss. Dann war<br />
der Jogger fort - und Alberta war tot.<br />
Der Ehemann der Ermordeten öffnete unwirsch, als seine<br />
Haustürglocke schellte. Zwei Kripobeamte standen auf der<br />
Schwelle und informierten ihn über den Tod seiner Frau. Sie<br />
hielten ihm ihren Schlüssel vor die Nase und sagten, dass ihn die<br />
Spurensicherung in der unmittelbaren Nähe des Tatortes auf dem<br />
Waldboden fand. Und dass dieser Schlüssel der einzige Hinweis auf<br />
die Identität der Toten ist und nun zum Ehemann geführt hat, weil<br />
Namen und Anschrift im Sichtfeld gut lesbar sind. Der Witwer war<br />
kurz angebunden und auffallend desinteressiert. Er bedankte sich<br />
für die Benachrichtigung und wollte die Haustüre schließen. Da lag<br />
es für die Beamten nahe, sich eingehender mit ihm zu befassen und<br />
sein Alibi zu überprüfen. Sie schoben ihn zur Seite und traten ein.<br />
Als sie an der Garderobe vorbeigingen und eine neu aussehende,<br />
orangefarbige Umhängetasche mit mehreren dunkelroten Flecken<br />
auf den beiden Trägerriemen erblickten, war die Aufklärung des<br />
»Mordes im Neuburger Wald« nur mehr reine Routine. Der Ehemann<br />
wurde als Mörder verhaftet.<br />
Ein gieriges, skrupelloses Ehepaar, hatte sich gegenseitig an´s<br />
Messer geliefert.<br />
ENDE<br />
Kurzkrimi<br />
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