QZEIT 10-2023
Magazin für Rinderzucht
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QPRAXIS
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gute Ideen. Man merkt schnell, wer Interesse hat. Diesen
Funken kann man zu einem Feuer schüren und darauf
aufbauen. Natürlich muss man auch den jungen Menschen
würdige Arbeits- und Lebensbedingungen sowie
eine Perspektive bieten. Wir haben im Betrieb eine voll
ausgestattete, fast kostenfreie Unterbringung. Lehrlinge
werden in den Arbeitsprozess gleichwertig integriert,
müssen nicht nur die „Drecksarbeit“ machen oder den
kleinsten Schlepper fahren. Dennoch fordere ich Ergebnisse,
die täglich auswertbar sind. Das Leben ist nicht nur
ein Nehmen, auch ein Geben. Dabei sollten Lob und Kritik
konstruktiv und sachlich sein und den jungen Menschen
zugleich stärken und motivieren
Für den Vorführwettbewerb bei den Grünen
Tagen arbeitet das Team gemeinsam an einer
perfekten Vorbereitung der Tiere.
Was macht Ihren Betrieb für junge Menschen
besonders interessant?
Junge Menschen unterliegen einem intensiven gesellschaftlichen
Einfluss. In den Schulen und Familien, in
den Nachrichten und vor allem in sozialen Netzwerken
wird viel über Tierwohl und Klimaschutz geredet. Dabei
wird die Landwirtschaft zumeist kritisiert, vielfach aufgrund
von Unkenntnis und Inkompetenz. Wir befinden
uns nicht nur in einem Klimawandel, auch in einem
gesellschaftlichen Wandel. Junge Menschen mögen
Veränderungen, wollen Neues und sich ausprobieren,
sind eigentlich schnell zu begeistern. Die Landwirtschaft
muss sich gezielt und kontrolliert anpassen, nur
so können wir überleben und ein wenig Selbstbestimmung
erhalten. Unser Betrieb ist seit 2020 vom Deutschen
Tierschutzbund zertifiziert und mit dem Tierschutzlabel
ausgezeichnet worden. Unsere 400 Milchkühe haben
im Sommer Weidegang und im Winter Laufhofzugang.
Es gibt nur wenige Arbeitsroutinen und viel Automatisierung,
für junge Menschen ideal. Wir nehmen an der
Herdentypisierung und Gesundheitsmonitoring teil und
wollen unsere Herde noch gezielter genomisch verbessern.
Unsere Tiere sollen noch älter werden. Mit einer
Reproduktionsrate von 23 % und einer Lebensleistung
von 36.000 kg Milch sind wir nicht schlecht, wollen uns
aber weiterentwickeln. Wir bereiten uns gemeinsam auf
Jungzüchterwettbewerbe vor, d.h. suchen die schönsten
Tiere aus, machen sie führig, waschen und „frisieren“ sie.
Hier haben wir immer viel Spaß miteinander, oft auch
in der Freizeit.
Junge Menschen haben nur noch wenige Hobbies und
Interessen. Sie sind mit Schule und der digitalen Welt
beschäftigt, da bleibt kaum noch Zeit. Wer in der Landwirtschaft
tätig sein will, muss jedoch eine Grundvoraussetzung
mitbringen: die Liebe zur Natur und zum Tier,
Respekt und Teamgeist. Wir brauchen verantwortungsbewusste
Mitarbeiter, die selbständig arbeiten können. Sind
diese Kompetenzen vorhanden, haben unsere Mitarbeiter
alle Möglichkeiten der betrieblich geförderten Qualifikation.
In Thüringen und speziell über den Zuchtverband
werden verschiedene Lehrgänge und Schulungen angeboten,
die wir als Betrieb gern unterstützen, auch Zusatzqualifikationen
über die Landvolkbildung oder Fachschule
werden gefördert. Wichtig ist uns auch das Engagement
bei Vorführwettbewerben und die öffentliche Präsenz
z.B. zum Tag der offenen Tür oder über unseren neuen
Hofladen mit regionalen Produkten. In den sozialen Netzwerken
sind immer aktuelle Informationen über unseren
Betrieb einzusehen. Unsere Mitarbeiter können sich
häufig in der Öffentlichkeit präsentieren und zeigen, was
wir können. Mit einem positiven Feedback, gekoppelt mit
einem starken Team in einem Milchviehstall der Zukunft,
kann man von guten Perspektiven ausgehen. Die Gemeinschaft
in der Landwirtschaft wird mit Sicherheit kleiner
aber die Qualität und Stabilität wird wachsen. Ich kann
jeden dazu ermuntern, aktiv dabei zu sein und sich mit
seinen Kompetenzen einzubringen.
Geschäftsführerin Isabel Schmidt
(Mitte) mit Kevin Ledermann und
Lara Fischer im Vorführwettbewerb bei
den Grünen Tagen 2022 in Erfurt.
Was wünschen Sie sich von der Jugend und welche
Perspektiven bieten Sie als Betriebsleiterin?
Geschäftsführer Marcus Recknagel
(links) mit seinem Team aus der
Pflanzenproduktion zur Vorbereitung
des Hoffestes im Juli 2023
QZEIT OKTOBER 2023