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Jürgen van Oorschot | Andreas Wagner (Hrsg.): Biografie und Lebensalter (Leseprobe)

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

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Anchtifi als „erschienener Messias“ 55<br />

Jahre jüngere Text – eine Zusammenschau von Schöpfung, eschatologischer<br />

Neuschöpfung <strong>und</strong> Messianologie vor, wobei im Rekurs auf die Gottebenbildlichkeit<br />

Christi (πρωτόκος πάσης κτίσεως; V. 15) eine Anleihe an die ägyptische<br />

Königideologie durchschimmern könnte.<br />

Allerdings scheint mir die überschneidende Sphäre von Göttlichem <strong>und</strong><br />

Menschlichem in der Inschrift des Anchtifi deutlich in den Hintergr<strong>und</strong> zu treten.<br />

11 Zentral geht es doch um einen konkreten Herrscher, der in Zeiten einer<br />

großen politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Krise ein äußerst hohes Sendungsbewusstsein<br />

erkennen lässt. Denn er bezieht die Einzigkeitsaussage in dem<br />

Selbstlob auf sich selbst <strong>und</strong> bereitet damit einen sich im Mittleren Reich neu<br />

ausbildenden Herrschaftsdiskurs vor, wie er z. B. in der Vorhersage des Neferti<br />

wiederbegegnet. 12<br />

Anders als es die Übersetzung der Inschrift durch Francis Breyer erkennen<br />

lässt, die allerdings die Inschrift von Pfeiler 6 nicht dokumentiert hat, betont<br />

Ludwig Morenz das Aufkommen einer neuen Form des Gott-Königtums. Unter<br />

Berücksichtigung von Pfeiler VIγ mit der Erwähnung von rk R‘ „Zeit des Sonnengottes“<br />

(s. oben S. 44) hebt er die enge Beziehung zwischen politischer Endzeitstimmung<br />

<strong>und</strong> der Erwartung einer durch Anchtifi selbst erwirkten Neuschöpfung<br />

hervor. Dank der Nennung von Apophis (IV.10) als Chaossymbol sei<br />

auf ein kosmologisches Thema angespielt. Ein zweiter Topos sei das in Iα2 erwähnte<br />

Sumpfgebiet (grg.t) von Edfu, das der Neugründung (grg) durch Anchtifi<br />

bedarf. Und daraus lese sich s. E. Anchtifis Schöpfungsanspruch ab, der zu einem<br />

neuen Äon („in dieser Jahr Million“ ḥḥ n rnp.t pn in IIβ1) führe. Diesen<br />

neuen Zeitbegriff könne man mit „der Zeit Res“ (rk R‘) parallelisieren, wodurch<br />

der Schöpfungsaspekt wiederum verstärkt werde (s. oben S. 38). Die von rebellierenden<br />

Kräften verantwortete Krise müsse behoben werden, <strong>und</strong> Anchtifi<br />

werde zum erwarteten Helden (vgl. die Inschrift auf Pfeiler Iβ2-3):<br />

„2 … Ich bin der Anfang des Menschen <strong>und</strong> das Ende des Menschen, einer, der die Lösung<br />

fand, als es an ihr ermangelte im Land, (<strong>und</strong> dies) wegen meines [energisch]en<br />

Vorgehens <strong>und</strong> gewaltigen Wortes (einer,) 3 der am Tag, als die (drei?) Gaue vereinigt<br />

wurden [kühlen Kopf bewahrte]. 13<br />

Auf Pfeiler IIβ1 erfährt die Selbstprädikation noch eine Steigerung, indem<br />

Anchtifis Stärke sogar auf einen neuen Äon (so Morenz, s. o. S. 43) verweist:<br />

11<br />

Vgl. ASSMANN, Herrschaft <strong>und</strong> Heil, 117–122, der für die Inschrift die entschiedene<br />

Loyalität in einem Patronatsverhältnis herausstreicht, zu der die Inschrift in Abwehr<br />

anderer möglicher Patronatsherren aufruft.<br />

12<br />

S. dazu oben Morenz, S. 48.<br />

13<br />

Übersetzung BREYER, TUAT NF Bd. 2, 190.

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