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eine japanische TPM-Karriere - CETPM

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YOKOTEN<br />

Magazin für Operational Excellence und Best Practice Sharing 03/2012<br />

<strong>TPM</strong> im Zeichen neuer<br />

Herausforderungen<br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah:<br />

Menschen und Dinge<br />

Prozesslernfabrik<br />

für Energieeffizienz<br />

Mit <strong>TPM</strong> im zweiten<br />

Anlauf erfolgreich<br />

SMED: Hausaufgabe<br />

bringt Einsparung<br />

<strong>TPM</strong>- & Lean-News<br />

1


Liebe Leserinnen und Leser,<br />

2<br />

Herzlich Willkommen<br />

heute in Zeiten schneller Veränderungen werden bewährte Dinge oft in die<br />

Kategorie „alter Hut“ eingeordnet. Die Menschen wollen immer etwas „Neues“.<br />

Das stellt Veranstalter von Fachkongressen, wie z.B. dem <strong>TPM</strong> Forum, vor große<br />

Herausforderungen. Einerseits erwarten Neueinsteiger, dass Methoden erklärt<br />

werden – Fortgeschrittene interessieren sich eher für Best Practice Beispiele<br />

und Möglichkeiten, den <strong>TPM</strong>-/Lean-Prozess weiter voranzutreiben. Auf dem<br />

14. Jahreskongress <strong>TPM</strong>-Forum ist es gelungen, den Bogen vom Basiswissen<br />

bis zur exzellenten Umsetzung zu spannen.<br />

Der <strong>TPM</strong>-Begriff wird kontinuierlich erweitert. So richtet sich momentan der<br />

Fokus auf den effizienten Einsatz von Energie und Rohstoffen. Das Einsparpotenzial<br />

in diesem Bereich wird in Zukunft vermutlich höher sein als die<br />

Einsparmöglickeiten durch sonstige Lean-/<strong>TPM</strong>-Maßnahmen. Lehrfabriken<br />

sind <strong>eine</strong> Möglichkeit, Mitarbeiter für dieses Thema zu sensibilisieren und<br />

ihnen die Methoden nahezubringen. Näheres dazu auf Seite 10.<br />

Die Rolle der Mitarbeiter bei der Herstellung von Produkten beleuchten die<br />

Japan-Expertinnen Katrin Franke und Barbara Ölschleger ab Seite 6. Weitere<br />

interessante Themen dieser Ausgabe sind Berichte über die erfolgreiche Weiterentwicklung<br />

<strong>eine</strong>s Unternehmens im zweiten <strong>TPM</strong>-Anlauf (Seite 12) und<br />

wie ganz nebenbei bei <strong>eine</strong>m Übungsprojekt die Rüstzeit an <strong>eine</strong>r Sägemaschine<br />

drastisch verkürzt wurde (Seite 14). Wie immer gilt das Prinzip: Wer<br />

Erfolge ernten möchte, der muss vorher säen (z.B. in Form von Weiterbildung)<br />

und die Pflänzchen gießen.<br />

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr<br />

Prof. Dr. Constantin May<br />

Herausgeber Yokoten<br />

<strong>TPM</strong>-/Lean-Begriffe unter der Lupe<br />

Lean-/<strong>TPM</strong>-Begriffe<br />

unter der Lupe:<br />

Genba/Gemba<br />

Unter Genba (ausgesprochen: Gemba) versteht man in Japan den Ort<br />

des Geschehens. Für Mitarbeiter <strong>eine</strong>r Mordkommission wäre das zum<br />

Beispiel dort, wo die Leiche liegt. Kein Mordkommissar würde auf die<br />

Idee kommen, von s<strong>eine</strong>m Büro aus <strong>eine</strong> Tat aufklären zu wollen. Es<br />

werden Spuren vor Ort gesichert, um den Dingen auf den Grund zu<br />

gehen. Genauso sollte es sich auch verhalten, wenn es darum geht, in<br />

Produktion, Service oder Büro die Wertschöpfung zu verbessern und<br />

Verschwendung zu eliminieren.<br />

Sich selbst ein Bild machen, sehen was ist – nach diesem Grundsatz<br />

handeln Führungskräfte, denen es Ernst ist mit der Lean-/<strong>TPM</strong>-Philosophie.<br />

Teams, die sich auf dem Weg der kontinuierlichen Verbesserung<br />

befinden, verlassen den Besprechungstisch, um direkt am Genba über<br />

Probleme oder Optimierungspotenzial zu diskutieren. Hier werden die<br />

Menschen befragt, die direkt am Prozess beteiligt sind. Niemand kann<br />

zum Beispiel so gut über Stillstände <strong>eine</strong>r Maschine Auskunft geben<br />

wie der Werker, der tagtäglich daran arbeitet. Oft liefern Menschen<br />

am Genba im Gespräch gleich Lösungsvorschläge mit.


<strong>TPM</strong> im Zeichen neuer Herausforderungen<br />

<strong>TPM</strong> Forum 2012: Begeisterung für Best Practice ungebrochen<br />

Prof. May moderierte das <strong>TPM</strong> Forum 2012<br />

durch Büro-<strong>TPM</strong>, Sicherheit, Umweltaspekte und die<br />

zielgerichtete Entwicklung der Menschen.<br />

„Es ist machbar, dass wir industrielle Produktion bei<br />

uns erhalten“ so die Überzeugung von Prof. May.<br />

„<strong>TPM</strong> ermöglicht es, alle Mitarbeiter ins Boot zu holen“.<br />

Zwar würden die Schwellenländer Gas geben<br />

und ebenfalls <strong>TPM</strong> machen; doch viele europäische<br />

Unternehmen seien sehr gut aufgestellt. Mit Elan und<br />

Begeisterung würden europäische <strong>TPM</strong>-Werke ihre<br />

Spitzenpositionen verteidigen.<br />

<strong>TPM</strong> als Arbeitsweise der Zukunft<br />

Ralf Goldbrunner, Bereichsleiter Fertigung des<br />

Sondermaschinenbauers Krones AG, sagt über<br />

<strong>TPM</strong>: „Das ist kein Projekt sondern die Arbeitsweise<br />

unserer Zukunft.“ Sein Werk in Neutraubling stünde<br />

permanent weltweit im Wettbewerb mit externen<br />

Lieferanten. Um dem Kostendruck gerecht zu werden<br />

seien Benchmarking und die stetige Ausschau nach<br />

Nicht nur auf dem Papier sondern etwas „Handfestes“ zum<br />

Anfassen: Das <strong>TPM</strong>-Haus der Krones AG<br />

STUTTGART. <strong>TPM</strong> hat sich im Lauf der Jahre von „Total Productive<br />

Maintenance“ zum „Total Productive Management“ gewandelt und<br />

entwickelt sich ständig weiter. Eine neue Herausforderung liegt darin,<br />

das Spektrum von <strong>TPM</strong> zu erweitern. Themen sind zum Beispiel die<br />

Erhaltung der industriellen Produktion in Europa oder der effektive<br />

und effiziente Einsatz von Energie und Rohstoffen.<br />

Als Forscher im Lean- und <strong>TPM</strong>-Bereich hat Prof. Dr. Constantin May,<br />

Direktor des CE<strong>TPM</strong> an der Hochschule Ansbach, recherchiert, wann<br />

das Toyota Produktions-System (TPS) erstmalig in der westlichen Welt<br />

beschrieben wurde. Er stieß auf <strong>eine</strong>n Artikel von 1977, in dem bereits<br />

der Aspekt „Respect for the Human System“ der zentrale Punkt beim<br />

TPS war. Dass der Mensch im Mittelpunkt steht, rückte bei uns erst in<br />

den vergangenen Jahren ins Bewusstsein. Bei der Weiterentwicklung<br />

der <strong>TPM</strong>-Philosophie wurden die ursprünglich fokussierten Instandhaltungsthemen<br />

in Richtung <strong>eine</strong>s ganzheitlichen Ansatzes erweitert<br />

Ralf Goldbrunner, Krones AG, sieht in <strong>TPM</strong> die Arbeitsweise der Zukunft<br />

Verbesserungspotenzial an der Tagesordnung. Man<br />

habe mit der Einführung von <strong>TPM</strong> nicht das ganze<br />

System umgekrempelt, sondern <strong>TPM</strong> komplett in<br />

die bestehende Unternehmensstruktur integriert.<br />

Die bisherige Gruppenarbeit wurde beibehalten<br />

und die Administration ebenfalls mit einbezogen.<br />

Inzwischen sei die systematische Bekämpfung<br />

von Verlusten Teil des Tagesgeschäfts geworden.<br />

Begeisterte Krones-Mitarbeiter haben sogar das oft<br />

symbolisch dargestellte „<strong>TPM</strong>-Haus“ mit den Säulen<br />

physisch nachgebaut, als Zeichen für den Wunsch<br />

zum nachhaltigen Einsatz von <strong>TPM</strong>.<br />

Akira Ichikawa: <strong>TPM</strong> im Wandel<br />

Einen Wandel im Anwendungsbereich von <strong>TPM</strong><br />

erkennt Akira Ichikawa, <strong>TPM</strong> Award Assessor, Japan<br />

Institute of Plant Maintenance, Tokio. Bereits 1989<br />

habe man die Inhalte ausgeweitet und neue Säulen<br />

entwickelt. Beispielsweise würde man nun auch<br />

3


in den Büros die Prozesse verbessern. Als wichtige<br />

neue Komponente sieht Ichikawa die soziale Verantwortung<br />

von <strong>TPM</strong>. Die bisherige Fragestellung bei<br />

<strong>TPM</strong>-Aktivitäten „Hilft mir das oder schadet mir das?“<br />

müsse noch <strong>eine</strong>n Schritt weiter geführt werden: „Ist<br />

es gut oder ist es schlecht für die Umwelt und für die<br />

Menschen?“ Risikomanagement und Umweltschutz<br />

werden laut Ichikawa zum Themenspektrum von<br />

<strong>TPM</strong> gehören. So gäbe es neue Regularien für die<br />

<strong>TPM</strong>-Awards des JIPM mit Fokus auf die Erfüllung<br />

gesellschaftlicher Verantwortung und die Sicherheit<br />

von Arbeit und Maschinen.<br />

Bei der bisherigen Denkweise sei es bei der Wartung<br />

und Instandhaltung von Maschinen darum gegangen,<br />

Stillstandszeiten zu reduzieren und Verlusten<br />

durch Maßnahmen vorzubeugen. Doch oft seien<br />

Probleme für die Gesellschaft durch firmeninterne<br />

Probleme entstanden. Daher solle man künftig<br />

Wartung nicht betreiben, um die Betriebskosten<br />

zu senken sondern um Risiken zu vermeiden. Null<br />

Unfälle, Null Störungen, Null Ausschuss laute die<br />

Devise. Ichikawa gab auch Tipps für die Praxis. So<br />

könne man zum Beispiel durch Mängelkarten und<br />

ihre Abarbeitung mögliche Gefahren im Vorfeld<br />

eliminieren. Es sei wichtig, KPIs zu finden und die<br />

Aktivitäten in Zahlen umzusetzen, damit man sich<br />

immer darüber im klaren ist, welche Aktivitäten zu<br />

welchen Zahlen geführt haben.<br />

Ziel ist es laut Ichikawa nicht, Verluste zu bekämpfen,<br />

sondern dafür zu sorgen, dass k<strong>eine</strong> auftreten. Dazu<br />

müsse man Regeln erstellen und Ressourcen aufbauen,<br />

damit diese befolgt werden können. Dabei<br />

gehe es nicht nur um technische Überwachungseinrichtungen<br />

sondern darum, dass die Werker ihre<br />

fünf Sinne einsetzen. „Was hat der Werker gelernt<br />

beim Reinigen <strong>eine</strong>r Maschine? Das ist ein wichtiger<br />

Aspekt“, betont Ichikawa. Menschliche Sensorenfähigkeiten<br />

seien von heutigen Werkern gefordert,<br />

damit sie Risiken rechtzeitig erkennen.<br />

4<br />

<strong>TPM</strong> im Zeichen neuer Herausforderungen<br />

Fordert mehr soziale Verantwortung von Unternehmen:<br />

Akira Ichikawa, verdolmetscht von Barbara Ölschleger<br />

Javier Villalba Diez beleuchtet das Thema Energieeffizienz aus<br />

unterschiedlichen Blickwinkeln<br />

Energieeffizienz als Zukunftsthema<br />

Mit zehn Millionen Megawattstunden pro Jahr verbraucht<br />

der Daimler Konzern so viel Energie wie drei<br />

Millionen Haushalte. Angesichts der Tatsache, dass<br />

sich die Energiekosten im Zeitraum von 1991 bis<br />

2011 verdoppelt haben, lohnt es sich all<strong>eine</strong> unter<br />

finanziellen Aspekten, Energie einzusparen und<br />

Verlustquellen aufzuspüren. Darüber hinaus wird es<br />

immer wichtiger, bei der Produktion auf den „ökologischen<br />

Fußabdruck“ zu achten. Mit diesen Fakten<br />

gelang Javier Villalba Diez, Manager, DAIMLER AG,<br />

Mercedes-Benz Trucks Mannheim, ein überzeugender<br />

Einstieg in das Thema „Lean Energy“. Eindrucksvoll<br />

stellte er dar, dass es auch hier nicht ohne die<br />

Menschen funktioniert. Die Menschen müssen laut<br />

Javier Villalba Diez sensibilisiert werden, damit sie<br />

in der Lage sind, Potenziale zur Energieeinsparung<br />

zu erschließen. Hierzu seien <strong>TPM</strong>-/Lean-Methoden,<br />

wie zum Beispiel der PDCA-Kreis nach Deming sehr<br />

gut geeignet.<br />

Wir stellen unseren Medienpartner vor:<br />

www.leanmagazin.de<br />

In dem Online-Magazin finden Sie Aktuelles und<br />

Interessantes rund um das Thema „Lean“:<br />

Berichte über aktuelle Themen, Hinweise auf<br />

Events bis hin zur Jobbörse.


Ausgezeichnete Unternehmen<br />

Award for Operational Excellence dreimal verliehen<br />

Mit <strong>TPM</strong> ist es möglich, nahezu alle Mitarbeiter mit<br />

einzubeziehen. Und wenn sie dann Feuer gefangen<br />

haben, steuern sie mit Elan und Begeisterung auf<br />

ihr Ziel zu. Und genau diese Begeisterung war zu<br />

spüren bei der Verleihung des Awards for Operational<br />

Excellence. Drei Unternehmen hatten sich 2011<br />

das Ziel gesetzt, <strong>eine</strong>n Award zu erreichen. Alle<br />

bestanden die kritische Prüfung durch die Auditoren<br />

und nahmen die Auszeichnung im Rahmen des <strong>TPM</strong><br />

Forum 2012 in Empfang.<br />

Für den Award in Gold hat sich die Gigaset Communications<br />

GmbH, Bocholt qualifiziert. Mit Begeisterung<br />

und Ehrgeiz haben es die Mitarbeiter geschafft,<br />

Consumerprodukte im Hochlohnland Deutschland<br />

preisgünstiger zu produzieren als in Asien. Seit 1941<br />

fertigt das Werk Bocholt Telefone und nimmt heute<br />

<strong>eine</strong> Spitzenposition am Europäischen Markt für<br />

schnurlose Telefone mit Komfort-Funktionen ein.<br />

14 Millionen Telefone verlassen jährlich das Werk.<br />

Gegenseitige Wertschätzung im Unternehmen ist ein<br />

entscheidender Beitrag zum Erfolg. Die verbindende<br />

Aussage „Wir sind Gigaset“ trägt zu dem nachhaltigen<br />

Erfolgsmodell bei.<br />

Der Award in Bronze ging an das Werk Kapaflex in<br />

Düdingen der Sika Schweiz AG. Aus <strong>eine</strong>m 1910<br />

gegründeten Familienunternehmen ist ein weltweit<br />

operierender Konzern geworden, der für s<strong>eine</strong> Qualitätsprodukte<br />

im Bereich Dichten, Kleben, Dämpfen,<br />

Verstärken und Schützen von Tragstrukturen am<br />

Bau und in der Industrie bekannt ist. Im Rahmen<br />

<strong>eine</strong>s neu ausgerichteten Führungssystems nach<br />

<strong>TPM</strong>-Grundlagen ist es den Teams gelungen, die<br />

Säulen Zielgerichtete Verbesserung, Schulung, Arbeitssicherheit,<br />

Autonome Instandhaltung und Geplante<br />

Instandhaltung bis auf die Teamebene herunterzubrechen.<br />

Nachhaltigkeit wird gesichert durch ein<br />

ausgeklügeltes Schulungssystem, das <strong>eine</strong>r permanenten<br />

Weiterentwicklung und Prüfung unterliegt.<br />

Dritter im Bunde der ausgezeichneten Unternehmen<br />

ist die Weidmann Plastics Technology (D) AG aus<br />

Treuen, ebenfalls ausgezeichnet mit dem Award for<br />

Operational Excellence in Bronze. 1877 in Rapperswil<br />

gegründet begann das Unternehmen um 1930 mit<br />

der Kunststoffverarbeitung und gilt als <strong>eine</strong>r der Pioniere<br />

auf diesem Gebiet. Überzeugt wurde die Jury<br />

unter anderem durch die acht Leitwerte der WICOR-<br />

Gruppe, die auch in Treuen die Grundlage für <strong>eine</strong><br />

hervorragende Entwicklung bieten: Wertschätzung,<br />

Verantwortungsbewusstsein, Veränderungswillen,<br />

Fairness, unternehmerisches Denken und Handeln,<br />

Begeisterungsfähigkeit, Fehlertoleranz, Konsequenz<br />

und Verbindlichkeit.<br />

Preisverleihung im festlichen Rahmen an Stellvertreter der Teams von der Gigaset-Communications GmbH Bocholt, Werk Kapaflex der<br />

Sika Schweiz AG Düdingen und Weidmann Plastics Technology AG Treuen durch Prof. Dr. Constantin May und Peter Schimek.<br />

5


Katrin Franke und Barbara Ölschleger berichten<br />

Interessantes, Wissenswertes und Hilfreiches<br />

aus der <strong>TPM</strong>- und Lean-Szene. Beide sind Japanund<br />

TPS (Toyota Production System)-Expertinnen.<br />

Durch ihre langjährige Praxiserfahrung als<br />

Übersetzerinnen und Beraterinnen rund um die<br />

<strong>japanische</strong> Managementphilo sophie Kaizen<br />

haben sie jede Menge interessanter Geschichten<br />

und Informationen parat.<br />

Katrin Franke Barbara Ölschleger<br />

Monozukuri:<br />

Kinder an die Macht<br />

von Katrin Franke<br />

Monozukuri ist <strong>eine</strong> Zusammensetzung aus den<br />

Kanji (jap. Schriftzeichen) für „Ding, Materie“ und<br />

„herstellen“. Die Dinge herstellen also. Ich übersetze<br />

es ganz frei mit Die Kunst, Dinge zu erschaffen. Denn<br />

wie <strong>eine</strong> Kunst wird die Art und Weise, Produkte herzustellen,<br />

bei manchen <strong>japanische</strong>n Unternehmen<br />

gepflegt. Denso, der First-Tier-Supplier von Toyota,<br />

widmet sich dem Thema in s<strong>eine</strong>r Gallery – <strong>eine</strong>m<br />

riesigen Showroom. Dort erleben die Gäste von<br />

Denso interaktiv die Tradition, die Moderne und<br />

die Zukunftsvision des Unternehmens. Dem Thema<br />

„Monozukuri bei Denso“ ist ein großer Bereich gewidmet.<br />

Unter diesem Begriff stellt das Unternehmen<br />

<strong>eine</strong>rseits das eigene Produktionssystem mit s<strong>eine</strong>n<br />

Verbesserungstools vor, andererseits finden sich dort<br />

Aus dem (<strong>TPM</strong>-)Leben<br />

Bei <strong>eine</strong>m Audit für den Special Award von JIPM wird schon einiges<br />

erwartet, da dies <strong>eine</strong> sehr hohe Stufe ist. Bei <strong>eine</strong>m Unternehmen<br />

waren komplizierte Analysemethoden zu sehen, die gute Ergebnisse<br />

gebracht hatten. Die höchste Punktzahl erhielt jedoch ein einfaches<br />

Genba-Team von zwei Werkern, die <strong>eine</strong> Störung ganz sauber und<br />

mit <strong>eine</strong>m einfachen PDCA-Kreis behoben hatten. Begründung des<br />

Auditors: So sollte <strong>TPM</strong> sein – <strong>eine</strong> Bewegung von unten nach oben.<br />

6<br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />

Exponate von jungen Mitarbeitern und Teams, die<br />

im Rahmen ihrer Ausbildung oder betriebsinterner<br />

Wettbewerbe mechanisch komplizierte Puppen und<br />

Spielzeuge konstruiert haben. Jährlich veranstaltet<br />

Denso <strong>eine</strong>n nationalen Wettbewerb, bei dem sich<br />

Mitarbeiter, welche die „Kunst des Herstellens“ beherrschen,<br />

messen können.<br />

Bei dem „Monozukuri-Wettbewerb“ geht es in k<strong>eine</strong>r<br />

Weise um die Produkte, die Denso herstellt. Vielmehr<br />

wird auf spielerische Art der Tüftlergeist geweckt,<br />

die Fingerfertigkeit geschult und der sinnvolle,<br />

sparsame Umgang mit Ressourcen vermittelt. Man<br />

kann an den Exponaten regelrecht sehen, wie das<br />

Kind im Manne oder in der Frau am Werk war. Da<br />

entstehen komplexe Gebilde mit eingeschlossenen<br />

Figuren aus <strong>eine</strong>m monolithischen Stahlwürfel. Ein<br />

mechanisches Kabuki-Theater en miniature, bei dem<br />

drei verschiedene Puppen komplexe Bewegungen<br />

ausführen. Oder ein Miniroboter made by Denso,<br />

der die 0,5 mm Bleistiftspitze in <strong>eine</strong>n Druckbleistift<br />

befördert – selbstverständlich ohne Bruch und Fehler.<br />

Viele dieser Exponate sind Teamarbeit. Und die<br />

bringt bekanntlich Erfolge und macht den Menschen<br />

auch noch richtig Spaß. Der Grundgedanke dieser<br />

Herangehensweise ist uns Deutschen doch sehr<br />

fremd. Wer käme bei uns schon auf die Idee, Geld für<br />

<strong>eine</strong> Schulung auszugeben, in der die Mitarbeiter das<br />

Basteln von Puppen und anderen Exponaten üben?<br />

Übung macht den Meister<br />

Welcher Mitarbeiter ist bei uns bereit, noch ein<br />

Stündchen länger zu bleiben, um für <strong>eine</strong>n unternehmensweiten<br />

Wettbewerb im „Herstellen“ zu<br />

trainieren? Das würde vielerorts schon an Betriebsratsvereinbarungen<br />

und anderen Festlegungen<br />

scheitern. Was dem Menschen dienen soll, hindert<br />

mitunter den Menschen in s<strong>eine</strong>r freien Entfaltung.<br />

Die Freude am „Machen von Dingen“ spürten sicher auch die<br />

Entwickler des ersten Toyota-Modells, das aus Holz gefertigt<br />

war und heute zu sehen ist im Toyota-Museum in Nagoya.


Monozukuri und Hitozukuri<br />

Vielerorts sucht man nach den Geheimnissen des<br />

Erfolgs von Toyota. Gerade haben wir dank Mike<br />

Rother die Toyota Kata entdeckt. Kata bedeutet im<br />

Japanischen die Art und Weise, etwas zu tun. Jedes Unternehmen<br />

hat s<strong>eine</strong> Kata. Auch „Monozukuri“ ist so<br />

<strong>eine</strong> Art und Weise, etwas zu tun: Frei von Zwängen<br />

über physikalische Zusammenhänge nachdenken,<br />

probieren, basteln, fantasieren. Niemand fragt hier<br />

nach der Motivation der Mitarbeiter – die Fotos vom<br />

Wettbewerb zeigen vom Eifer gerötete Gesichter,<br />

glänzende Augen, Lachen und erübrigen jede Frage<br />

in dieser Richtung. Fast könnte man sagen „Kindergesichter“<br />

– stünde da nicht das Alter des Siegers<br />

dabei: 39 Jahre. Und immer noch am Lernen.<br />

Der <strong>japanische</strong> Automobilzulieferer Denso widmet dem Thema<br />

Monozukuri viel Raum. Foto: Katrin Franke<br />

Im Oktober 2011 fand der 41. Internationale Erfinderwettbewerb<br />

der Unternehmensgruppe Denso<br />

in London statt. Es gab viele Sieger, die Stimmung<br />

war grandios. Einer aber profitiert wohl am meisten<br />

vom Medaillienregen: Das Unternehmen Denso– als<br />

First Tear Supplier von Toyota und als Global Player.<br />

Manche Analysten behaupten, die Zulieferer von<br />

Toyota beherrschen das Toyota Produktionssystem<br />

besser als die Mutter…<br />

Einen Blick in das Geschehen des Internationalen<br />

Erfinderwettbewerbs erlaubt uns DENSO per Video<br />

auf s<strong>eine</strong>r <strong>japanische</strong>n Homepage. Den Link zum<br />

Video finden Sie unter www.cetpm.de/denso.<br />

Auch bei den heutigen <strong>TPM</strong>-Aktivitäten in europäischen<br />

Unternehmen wird Lernen ganz groß<br />

geschrieben. Innerhalb jeder <strong>TPM</strong>-Säule ist für die<br />

Beteiligten intensives Lernen angesagt. Den Menschen<br />

sollten „Experimentierzonen“ eingeräumt<br />

werden. Sind nicht auf diese Weise auch bei uns in<br />

Deutschland die besten Produkte entstanden?<br />

Nun sind wir eigentlich schon mittendrin im nächsten<br />

Beitrag - nämlich die Rolle der Menschen beim<br />

Erschaffen von Dingen.<br />

„Menschenschmiede“ auf<br />

Japanisch: Hitozukuri<br />

von Barbara Ölschleger<br />

Es gibt Begriffe im Japanischen, die sich nicht so<br />

einfach ins Deutsche übertragen lassen. Einer<br />

davon ist Hitozukuri. Er setzt sich zusammen<br />

aus den Zeichen für „Mensch“ und „formen/<br />

herstellen“. Wie so vieles auf dem Gebiet von<br />

<strong>TPM</strong> entstammt dieser Begriff dem Toyota-<br />

Produktionssystem. Hitozukuri dürfte wohl ein<br />

bei uns noch wenig bekannter Erfolgsfaktor von<br />

Toyota sein.<br />

Bei Vorträgen und Seminaren zum Thema Lean<br />

und <strong>TPM</strong> wird in Deutschland seit einiger Zeit<br />

wieder der Mensch mehr in den Vordergrund<br />

gestellt. „Der Mensch ist alles“, betonte Prof. Dr.<br />

Constantin May in s<strong>eine</strong>m Vortrag anlässlich des<br />

<strong>TPM</strong> Forum 2012 in Stuttgart. Diese Ausrichtung<br />

auf den Menschen wurde und wird von Anfang<br />

an bei Toyota und allen erfolgreichen <strong>TPM</strong>-<br />

Anwendern gelebt und stark forciert.<br />

Interpretiert man die Schriftzeichen, dann ist<br />

Hitozukuri also ein Prozess, bei dem Menschen,<br />

sprich Mitarbeiter, geformt werden. Der Arbeitsplatz<br />

als „Menschenschmiede“? Diese leicht<br />

martialische Vorstellung mag bei genauerem<br />

Hinsehen nicht mehr ganz so abstoßend wirken.<br />

Einige der Methoden, mit denen Toyota<br />

aus jungen Mitarbeitern die Mitarbeiter formt,<br />

die nötig sind, um das Unternehmen an der<br />

Spitze zu halten, sind bereits auch in der west-<br />

Fortsetzung auf Seite 8<br />

Wußten Sie schon…<br />

… dass das Wort Kaizen 1993 zum ersten Mal in<br />

<strong>eine</strong>m nicht-<strong>japanische</strong>n Wörterbuch auftauchte?<br />

Es war die Ausgabe des „New Shorter Oxford<br />

Dictionary“. Darin wird Kaizen als kontinuierliche<br />

Verbesserung von Arbeitsmethoden, persönlicher<br />

Effizienz etc. als Unternehmensphilosophie definiert.<br />

Der Duden führt das Wort seit der 22. Auflage<br />

aus dem Jahr 2000 und definiert den Begriff als<br />

Unternehmensführungskonzept aus Japan, das auf<br />

<strong>eine</strong>r Philosophie der ewigen Veränderung beruht.<br />

77


Fortsetzung von Seite 7<br />

Sichtbar beschrieben für alle Besucher des „Kaikan“ - <strong>eine</strong>r Ausstellung<br />

über Geschichte und Produkte der Fa. Toyota in der Präfektur Aichi - ist<br />

die Philosophie, dass die Entwicklung der Menschen an erste Stelle steht:<br />

„Seit Menschen Dinge herstellen ist es unmöglich, Dinge zu produzieren<br />

bevor nicht die Menschen entwickelt wurden ...“<br />

8<br />

Japan: Menschen und Dinge<br />

lichen Welt bekannt. Ein wichtiger Leitspruch lautet<br />

„Frage nicht Personen, sondern frage den Genba.“<br />

Unbewusst oder bewusst gibt ein Mitarbeiter oft<br />

nicht die ganze Wahrheit zu <strong>eine</strong>m Vorfall bekannt.<br />

Ein Blick auf <strong>eine</strong> Maschine, ein fehlerhaftes Teil, die<br />

Situation vor Ort ist meistens viel aufschlussreicher<br />

als ein ellenlanger Bericht.<br />

Auch hat sich folgende Vorgehensweise von Toyota<br />

schon in Europa herumgesprochen: Ein Vorgesetzter<br />

weist <strong>eine</strong>n jungen Produktionsmitarbeiter an, sich<br />

60 Minuten lang an <strong>eine</strong>n bestimmte Ort in der Halle<br />

zu stellen und den dort ablaufenden Prozess genau<br />

zu beobachten, um Probleme aufzuspüren. Das noch<br />

„unverdorbene“ Auge des jungen Mitarbeiters wird<br />

so genutzt, um Missstände, für die langjährige Mitarbeiter<br />

betriebsblind geworden sind, aufzudecken.<br />

Andererseits kann der Vorgesetzte aus dem nachfolgenden<br />

Bericht ersehen, wie gut die Beobachtungsgabe<br />

s<strong>eine</strong>s neuen Mitarbeiters bereits ausgebildet<br />

ist, und darauf die Schulungsmaßnahmen aufbauen.<br />

Es gibt weitere Ansätze, die bei uns noch nicht,<br />

oder nur wenig, bekannt sind. Fragen Sie in Ihrem<br />

Betrieb einmal Ihre Mitarbeiter, von wem sie ihr Gehalt<br />

bekommen. Die Antworten werden wohl von<br />

Abteilungsleiter bis Firmeninhaber reichen. Aber<br />

wird auch jemand darunter sein, der die richtige Antwort<br />

gibt? Nämlich: Vom Kunden. Schöne Produkte<br />

herzustellen erfreut zwar vielleicht die Firma, aber<br />

wenn sie den Kunden nicht erfreuen, egal ob hinsichtlich<br />

Qualität, Liefertreue oder Preis, dann wird<br />

sie König Kunde nicht kaufen. Mit dieser Sichtweise<br />

verändert sich die Einstellung der Mitarbeiter u.a.<br />

zu Themen wie Verschwendung und Qualität. Bei<br />

Toyota wird versucht, nie das Ziel der Bemühungen,<br />

die Zufriedenstellung des Kunden, aus den Augen<br />

zu verlieren. Dieses Ziel ist tief im Bewusstsein der<br />

Mitarbeiter verankert.<br />

Wer dient wem: Der Mensch den Dingen oder die Dinge<br />

den Menschen? Studien über Dinge der Zukunft, wie neue<br />

Fortbewegungsmöglichkeiten für Fußgänger oder ein Roboter,<br />

der Trompete spielt, präsentiert Toyota Besuchern der Ausstellungsräume<br />

in Toyota City, Japan.<br />

Rasches Handeln vor Perfektion<br />

„Ab <strong>eine</strong>r Erfolgsaussicht von 60 Prozent wird <strong>eine</strong><br />

Idee umgesetzt“ ist ein weiterer wichtiger Leitspruch.<br />

Das betriebliche Vorschlagswesen hat in Japan, nicht<br />

nur bei Toyota, <strong>eine</strong>n ganz anderen Stellenwert als<br />

z.B. in Deutschland. Ideen sind nicht nur willkommen,<br />

nein sie werden aktiv eingefordert und erwartet.<br />

Bei der Vielzahl der so generierten Vorschläge ist<br />

natürlich <strong>eine</strong> Priorisierung sinnvoll. Aber sobald<br />

ein Vorschlag nach <strong>eine</strong>r ersten Bewertung <strong>eine</strong><br />

Erfolgsaussicht von 60 Prozent oder darüber verspricht,<br />

wird er umgesetzt. Ziel dieser Regel ist es,<br />

zu raschem Handeln zu ermutigen. Hier greift auch<br />

die Philosophie mit ein, dass <strong>eine</strong> Maßnahme rasch,<br />

und nicht perfekt, sein sollte. Ein <strong>japanische</strong>r Berater<br />

erzählte während <strong>eine</strong>s Rüstworkshops einmal von<br />

s<strong>eine</strong>n Erfahrungen, die er als Berater weltweit sammeln<br />

konnte: S<strong>eine</strong> <strong>japanische</strong>n Kunden bekommen<br />

<strong>eine</strong> Aufgabe gestellt und machen sich sofort an<br />

die Arbeit, auch wenn noch nicht alle Einzelheiten<br />

geklärt sind. In US-amerikanischen Betrieben muss<br />

mindestens 50 Prozent klar sein, bevor Bewegung in<br />

die Mannschaft kommt. Und in Deutschland? Ohne<br />

100-prozentige Sicherheit über Aufgabe, Vorgehen<br />

und Methode, sei es schwierig, Deutsche zum Handeln<br />

zu bewegen.<br />

Kulturelle Unterschiede spielen bei der Umsetzung<br />

von <strong>TPM</strong> durchaus <strong>eine</strong> Rolle. Die Einstellungen


der Mitarbeiter reichen von starker Ablehnung bis<br />

zu absoluter Begeisterung für die Kontinuierliche<br />

Verbesserung mit Wurzeln aus dem Fernen Osten.<br />

Daher sind sicherlich nicht alle Methoden, Ansätze<br />

und Philosophien 1:1 in Deutschland umsetzbar.<br />

Schließlich gilt es nicht, <strong>japanische</strong> Mitarbeiter für<br />

<strong>japanische</strong> Unternehmen zu formen, sondern Mitarbeiter<br />

mit zum Teil unterschiedlichen kulturellen<br />

Hintergründen für deutsche Firmen. Trotzdem sollte<br />

die Idee, Mitarbeiter stetig so zu fördern und weiter<br />

auszubilden, dass sie <strong>eine</strong>rseits den größtmöglichen<br />

Nutzen für das Unternehmen bringen, aber andererseits<br />

ihnen auch die Möglichkeit gegeben wird, sich<br />

weiterzuentwickeln, nicht von der Nationalität der<br />

Mitarbeiter oder dem Standort <strong>eine</strong>s Unternehmens<br />

abhängen.<br />

In Japan heisst es: Monozukuri ist Hitozukuri. Das<br />

bedeutet, es entsteht <strong>eine</strong> wechelseitige Wirkung<br />

durch die Entwicklung von Menschen (Hitozukuri)<br />

indem sie Dinge machen (Monozukuri) und sie<br />

dadurch wiederum in der Lage sind, noch besser zu<br />

werden oder neue Dinge zu kreieren.<br />

Lean & <strong>TPM</strong> hautnah<br />

Wir stellen vor: Akira Ichikawa – <strong>eine</strong> <strong>japanische</strong> <strong>TPM</strong>-<strong>Karriere</strong><br />

Akira Ichikawa als Keynote Speaker auf dem <strong>TPM</strong> Forum 2012<br />

Beim <strong>TPM</strong>-Forum 2012 berichtete Akira Ichikawa als<br />

Keynote Speaker über die Rolle von <strong>TPM</strong> im Hinblick<br />

auf Umweltthemen (s. auch S. 4). Ein guter Grund<br />

also, uns die Person näher anzusehen.<br />

Akira Ichikawa ist Jahrgang 1951 und er schloss 1973<br />

sein Studium der Elektromechanik ab. S<strong>eine</strong> erste<br />

Anstellung fand er in der Lebensmittelindustrie als<br />

Instandhalter. In dieser Funktion kam er schon nach<br />

wenigen Jahren mit dem JIPM (Japanese Institut of<br />

Auf die Menschen kommt es an. Deshalb sollten Unternehmen<br />

auf die Entwicklung der Menschen setzen. Freiräume zum Experimentieren<br />

fördern die Kreativität und machen Mut, Neues<br />

auszuprobieren. So kann Außergewöhnliches entstehen.<br />

ものづくりは人づくり<br />

Oben: „Monozukuri ist Hitozukuri“. Diesen Satz liest man öfter<br />

in Japan. Hier in der <strong>japanische</strong>n Silbenschrift Hiragana.<br />

Plant Maintenance) in Kontakt, bei dem er – auf eigene<br />

Kosten – <strong>TPM</strong>-Kurse besuchte. 1986 trat er dann<br />

diesem Institut bei und arbeitet seither für das JIPM<br />

als Auditor, Berater und Instruktor. In dieser Funktion<br />

hat er zahlreiche Beiträge in Fachzeitschriften und<br />

auch eigene Bücher veröffentlicht, sowie Lehrmaterialien<br />

für Kurse des JIPM.<br />

Auf dem <strong>TPM</strong> Forum durfte ich Herrn Ichikawa<br />

sprachlich betreuen und hatte so die Gelegenheit,<br />

mich mit ihm über <strong>TPM</strong> auszutauschen und auch<br />

s<strong>eine</strong> Begeisterung für <strong>TPM</strong> hautnah zu erleben. Für<br />

ihn war der Besuch in Deutschland , sein erster, sehr<br />

interessant, ebenso wie das <strong>TPM</strong>-Forum. Er betrachtete<br />

dies als <strong>eine</strong> Gelegenheit, <strong>TPM</strong> aus <strong>eine</strong>m anderen,<br />

europäischen Blickwinkel zu sehen.<br />

Mich persönlich hat Herr Ichikawa durch sein umfangreiches<br />

Wissen in vielen Bereichen der <strong>japanische</strong>n<br />

Industrie beeindruckt. Doch trotz s<strong>eine</strong>r<br />

reichhaltigen Erfahrung als Berater und Lehrer hat<br />

er s<strong>eine</strong> Wurzeln als Instandhalter nie vergessen und<br />

freute sich über rege Diskussionen mit Kollegen aus<br />

diesem Bereich. (Barbara Ölschleger)<br />

9


OMCD Prozesslernfabrik für Energieeffizienz bei Daimler Trucks<br />

Den Blick für Energieverluste schärfen und zu kreativen Lösungen anregen<br />

Der effiziente Umgang mit Energie rückt bei Unternehmen immer mehr in den Fokus. Beim Daimler-Konzern gehört<br />

das Thema Energieeffizienz inzwischen zur strategischen Ausrichtung. Ziel ist unter anderem die kontinuierliche<br />

Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks bei der Herstellung von Fahrzeugen. Dabei wird die gesamte Prozesskette<br />

betrachtet.<br />

Lean Management ist für die direkten und indirekten<br />

Bereiche seit einigen Jahren ein Thema bei Daimler<br />

Trucks. Das Management hat den Stellenwert <strong>eine</strong>r<br />

praxisnahen Ausbildung der Mitarbeiter erkannt<br />

und am Standort Mannheim <strong>eine</strong> Prozesslernfabrik<br />

eingerichtet – sowohl für die Produktion als auch für<br />

Büromitarbeiter. Dort werden Prozesse simuliert, die<br />

nicht perfekt sind. Die Schulungsteilnehmer suchen<br />

gemeinsam nach Verschwendungen und Verbesserungspotenzialen<br />

und optimieren die Prozesse.<br />

Neu hinzugekommen ist im Dezember 2011 die Prozesslernfabrik<br />

für Energieeffizienz. Diese Schulungseinrichtung<br />

ist auch dem Operational Management<br />

Counsel Department (kurz: OMCD) zugeordnet - der<br />

Dachorganisation für Lean Management bei Daimler<br />

Trucks.<br />

Kreative Lösungen sind gefragt<br />

„Wir schulen nicht Prozessinhalte, sondern wir geben<br />

Hilfestellung, damit die Führungskräfte Methoden<br />

zur Steigerung der Energieeffizienz auf ihren Bereich<br />

übertragen und selbst kreative Lösungen finden können“,<br />

betont Jutta Lischke, Abteilungsleiterin Change<br />

Process bei Daimler Trucks. Sie ist verantwortlich<br />

für die weltweite Schulung der Führungskräfte von<br />

Daimler Trucks im Hinblick auf Prozessverbesserungen.<br />

„Experimentelles Lernen wirkt stärker. Was die<br />

Menschen selbst tun, das verstehen sie besser und<br />

sie behalten es eher“, so die Überzeugung von Jutta<br />

Lischke. Deshalb setzt sie auf den Wissenstransfer in<br />

Lernen durch Handeln: Jeder bekommt <strong>eine</strong> Rolle<br />

im „Optimierungsteam“<br />

10<br />

Jutta Lischke (links) und Susanne Wotzinski in der<br />

OMCD Prozesslernfabrik<br />

so genannten Lernfabriken. Dort werden Methoden<br />

im realitätsnahen Umfeld geschult und in der Praxis<br />

erfahren.<br />

Die OMCD Prozesslernfabrik für Energieeffizienz simuliert<br />

<strong>eine</strong>n Fertigungsprozess anhand <strong>eine</strong>r Drehmaschine,<br />

<strong>eine</strong>r Waschmaschine und <strong>eine</strong>r Schweißund<br />

Härteeinrichtung, die über ein Roboterhandling<br />

miteinander verbunden sind. Die Teilnehmer <strong>eine</strong>r<br />

Schulung schlüpfen in Rollen wie Produktionsleiter,<br />

Instandhalter oder Produktionsmitarbeiter. Für den<br />

Fertigungsprozess erhalten sie klare Zielvorgaben<br />

zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Sie erfassen<br />

Kennzahlen und analysieren gemeinsam mit Hilfestellung<br />

des Trainers den Prozess.<br />

Sicherheit durch Experimentieren<br />

Zur Optimierung stehen bei Daimler Trucks 16 Methoden<br />

als Standard zur Verfügung, zum Beispiel die<br />

Methode zur Erstellung <strong>eine</strong>s Sankey-Diagramms<br />

oder zur Durchführung <strong>eine</strong>r standardisierten Begehung.<br />

Die Teilnehmer wählen selbst die Vorgehensweise<br />

aus. Susanne Wotzinski, Managerin des OMCD<br />

TrainingCenters in Mannheim, konnte beobachten,<br />

dass die Teams immer die Zielvorgaben erreichen,<br />

dass die Lösungswege und Ergebnisse jedoch gänzlich<br />

unterschiedlich sind. Sie sieht die Vorteile der<br />

OMCD Prozesslernfabrik darin, dass Mitarbeiter im<br />

geschützten Raum neue Vorgehensweisen und Ideen<br />

austesten können: „Wenn etwas ausprobiert wird,<br />

sehen die Menschen hier gleich Ergebnisse, alles ist


sofort transparent und die Beteiligten erhalten ein<br />

schnelles Feedback“, bekräftigt sie. Im Alltag seien<br />

Ergebnisse der umgesetzten Maßnahmen oftmals<br />

nicht sofort sicht- bzw. messbar.<br />

Jutta Lischke und Susanne Wotzinski sehen sich<br />

mit ihrer Einrichtung als interner Dienstleister. Die<br />

Schulungen können von Führungskräften gebucht<br />

werden, die Energieeffizienzprojekte planen und die<br />

Prozessbeteiligten vorab qualifizieren und sensibilisieren<br />

möchten. Drei verschiedene Trainingsstufen<br />

stehen zur Verfügung: Ein eintägiges Sensibilisierungstraining,<br />

ein zweitägiges Grundlagentraining<br />

und ein dreitägiges Vertiefungstraining. Ziel ist,<br />

dass die Teilnehmer Optimierungspotenzial erkennen<br />

und bewerten. Nach dem Training sollen sie<br />

in der Lage sein, in ihrem eigenen Prozess Energieverschwendungen<br />

zu analysieren und zu messen<br />

und Potenziale abzuleiten. Am Ende jedes Trainings<br />

erfolgt <strong>eine</strong> gemeinsame Reflektion und es werden<br />

konkrete Maßnahmen für den Alltag abgeleitet. Laut<br />

Frau Wotzinski gibt es sowohl bunt gemischte Teilnehmergruppen<br />

aus unterschiedlichen Werken und<br />

Bereichen als auch geschlossene Teams aus <strong>eine</strong>m<br />

Bereich, die gemeinsam <strong>eine</strong> Schulung besuchen.<br />

Beides habe Vorteile: Bei gemischten Gruppen erfolgt<br />

ein Erfahrungsaustausch und es kommen neue<br />

Blickwinkel ins Spiel. Teams, die auch sonst zusammenarbeiten,<br />

können bereits während des Trainings<br />

konkrete Optimierungen in ihrem Bereich planen.<br />

Bewusstsein als Basis fürs Handeln<br />

Oft wird den Teilnehmern erst in der transparenten<br />

Einheit der OMCD Prozesslernfabrik bewusst, wie<br />

viel Energie im Alltag verloren geht: Sei es durch<br />

Maschinen und Roboter, die durchgehend laufen,<br />

Die Teilnehmer visualisieren per Sankey-Diagramm mögliche<br />

Einsparpotenziale bei Strom und Druckluft.<br />

Best Practice<br />

Das Logo der OMCD Prozesslernfabrik für Energieeffizienz<br />

obwohl sie z. B. in Pausen nicht benötigt werden,<br />

oder durch Nonstop-Beleuchtung in Bereichen, wo<br />

diese nicht gebraucht wird. Ein Sankey-Diagramm<br />

zeigt die Energieströme auf und regt zum Nachdenken<br />

darüber an, wie viel der eingesetzten Energie<br />

dem Produktionsprozess dient und wo mögliche<br />

Einsparungen liegen.<br />

Eine weitere Methode, um Transparenz über den<br />

Energieverbrauch zu schaffen, ist die standardisierte<br />

Begehung mit Checklisten. Sie liefert <strong>eine</strong>n Überblick<br />

über das Effizienzniveau und hilft, weitere Aktivitäten<br />

zu priorisieren. Erste Maßnahmen können hier bereits<br />

definiert werden. Im Workshop erleben die Teilnehmer,<br />

dass die Vorbereitung der Begehung und die<br />

verwendeten Listen <strong>eine</strong>n entscheidenden Einfluss<br />

auf die Verwertbarkeit und den Nutzen der Ergebnisse<br />

haben. Der Trainer stellt die Methode kurz vor<br />

und dann macht sich das Team an die Arbeit: Es muss<br />

der Begehungsumfang festgelegt werden. Hilfsunterlagen<br />

wie Hallenlayouts, Netzpläne etc. werden<br />

beschafft und Arbeitsdokumente, z. B. Checklisten<br />

und Notizzettel, vorbereitet. Die Begehung erfolgt<br />

entlang der Energieflüsse – von der Schnittstelle<br />

bzw. dem Erzeuger bis zum Verbraucher. Am Ende<br />

werten die Schulungsteilnehmer ihre Beobachtungen<br />

aus und leiten Potenziale ab. In der Diskusssion<br />

erarbeiten sie gemeinsam Lösungen, die im nächsten<br />

Durchlauf getestet werden.<br />

Mit vielen neuen Erkenntnissen und <strong>eine</strong>m Motivationsschub<br />

sind die Schulungsteilnehmer bestens<br />

gerüstet, um Energieeffizienz-Projekte in ihrem<br />

Bereich durchzuführen.<br />

Lean Energy Lehrfabrik des CE<strong>TPM</strong><br />

Unternehmen, die k<strong>eine</strong> eigene Lehrfabrik betreiben,<br />

haben die Möglichkeit, Mitarbeiter in der Lean Energy<br />

Lehrfabrik des CE<strong>TPM</strong> an der Hochschule Ansbach ausbilden<br />

zu lassen. Hier erfahren Fach- und Führungskräfte<br />

durch praktisches Tun, wie sie gemeinsam mit ihren<br />

Mitarbeitern Energiekosten senken können. Nächstes<br />

Seminar: 22. bis 23.10.2012 Infos: www.lehrfabrik.de<br />

11


„Wir hatten bereits 2006 versucht, <strong>TPM</strong> einzuführen“<br />

erzählt Ronny Wilfert, Leiter Instandhaltung<br />

und <strong>TPM</strong>-Koordinator bei der WEIDMANN Plastics<br />

Technology AG in Treuen. „Doch das ging schief, weil<br />

wir die notwendigen Strukturen nicht geschaffen<br />

und k<strong>eine</strong> Ressourcen freigestellt hatten“. Er habe<br />

damals <strong>eine</strong> <strong>TPM</strong>-Ausbildung gemacht und sollte<br />

sich darum kümmern. „Doch das geht nicht einfach<br />

mal so nebenbei“ betont er. Gründe für das damalige<br />

Scheitern sieht er darin, dass die Mitarbeiter nicht im<br />

Vorfeld qualifiziert und informiert gewesen seien.<br />

Ausserdem hätten die für <strong>TPM</strong> benötigten Freiräume<br />

und Ressourcen gefehlt. Doch man habe aus diesen<br />

Fehlern gelernt.<br />

Die zweite Chance genutzt<br />

Der neue Werkleiter Swen Klöden brachte aus s<strong>eine</strong>r<br />

früheren Tätigkeit <strong>TPM</strong>-Erfahrung mit. Er machte<br />

2008 <strong>TPM</strong> zum Werksziel. Die Teams begannen,<br />

Organisations- und Umsetzungspläne zu erarbeiten<br />

und Kennzahlen zu erfassen. 2009 ging es dann los:<br />

In Kick-off-Veranstaltungen wurden mithilfe des<br />

externen Beraters Ulrich Schleuter die Menschen<br />

im Unternehmen geschult. Umstrukturierungen in<br />

den Teams mit kl<strong>eine</strong>ren Einheiten ermöglichten es,<br />

dass die Schichtführer den Rücken frei hatten und<br />

sich ihren Hauptaufgaben widmen konnten. Ziel ist<br />

es, sie in die <strong>TPM</strong>-Aktivitäten mit einzubinden. Auf<br />

12<br />

Ausgezeichnet!<br />

Award for Operational Excellence in Bronze<br />

Zweiter <strong>TPM</strong>-Anlauf führt WICOR-Werk Treuen zum Erfolg<br />

Mit <strong>TPM</strong> lässt sich in Unternehmen viel bewegen – aber nur, wenn bereits bei der Einführung die richtigen Weichen<br />

gestellt werden. Diese Erfahrung machte man im Werk der WICOR-Gruppe in Treuen. Nach <strong>eine</strong>m gescheiterten<br />

Versuch, im Jahr 2006 <strong>TPM</strong> einzuführen, ging das Management 2008 sehr planvoll vor. Mit Erfolg: Weidmann qualifizierte<br />

sich für den Award for Operational Excellence in Bronze.<br />

Das Unternehmen WICOR<br />

WICOR steht für Weidmann International Corporation. Der<br />

Hauptsitz dieser weltweit operierenden Gruppe ist das<br />

schweizerische Rapperswil-Jona. Weidmann wurde 1877 in<br />

Rapperswil als Pressspan- und Papierfabrik gegründet. Das<br />

Unternehmen begann um 1930 mit der Kunststoffverarbeitung,<br />

und es gilt als <strong>eine</strong>r der Kunststoffpioniere, besonders<br />

im Mehrkomponenten-Spritzguss, sowie innovativen Technologien<br />

für die Automobil- und Industrieelektronik und die<br />

Medizintechnik. Das Werk Treuen in der Nähe von Zwickau<br />

fertigt Produkte für die Automobilindustrie.<br />

Ein Weidmann-Standard: Alles hat s<strong>eine</strong>n Platz<br />

Basis <strong>eine</strong>r guten Struktur der Verantwortlichkeiten<br />

und <strong>eine</strong>r geschulten Mannschaft wurde <strong>TPM</strong><br />

sukzessive ausgerollt. Es wurden alle <strong>TPM</strong>-Säulen<br />

in Angriff genommen, inklusive Verwaltung, sowie<br />

Fragen der Ergonomie und Sicherheit am Arbeitsplatz.<br />

Null-Fehler-Qualität und 100 % Erfüllung aller<br />

Kundenanforderungen wird ebenso angestrebt,<br />

wie die ständige Verbesserung von Umwelt- und<br />

Arbeitsschutz.<br />

Instandhaltung startet durch<br />

Große Aufmerksamkeit widmet man im Werk Treuen<br />

der autonomen und geplanten Instandhaltung. Mit<br />

systematischem und geplantem Vorgehen soll die<br />

Feuerwehrrolle der Instandhalter reduziert werden.<br />

Ziel ist <strong>eine</strong> Anlagenverfügbarkeit von 100 % bei<br />

reduziertem Instandhaltungsaufwand. Die Instandhalter<br />

verstehen sich heute als Dienstleister der<br />

Produktion. So unterstützen sie die Produktion bei<br />

der Bearbeitung von Mängelkarten und qualifizieren<br />

die Mitarbeiter der Produktion. Mithilfe <strong>eine</strong>r Datenanalysesoftware<br />

werden Kennzahlen erfasst. Sie


dienen als Basis für die kontinuierliche Verbesserung.<br />

Dank nachhaltiger Rüstzeitverkürzungen wurde der<br />

Übergang von vier auf drei Schichten möglich.<br />

„Wir hatten viele Elemente von <strong>TPM</strong> wie Ordnung<br />

und Sauberkeit schon im Vorfeld praktiziert“ betont<br />

Ronny Wilfert. „Doch es hatte <strong>eine</strong> klare Linie gefehlt.“<br />

Diese wurde nun geschaffen durch die strukturierte<br />

Vorgehensweise und <strong>eine</strong> gut aufgestellte Mannschaft.<br />

Ulrich Schleuter führte mehrere Informationsveranstaltungen<br />

für die Mitarbeiter durch, und<br />

er beantwortete im Vorfeld Fragen wie: Was ist <strong>TPM</strong>?<br />

Was wollen wir erreichen? Was haben andere Unternehmen<br />

erreicht? Nach diesem „sauberen“ Start<br />

gab es laut Ronny Wilfert wenig Widerstände, weil<br />

die Mitarbeiter erkannten, dass sie die Möglichkeit<br />

haben, an der Verbesserung ihres Arbeitsumfeldes<br />

aktiv mitzuwirken. „Es sind die Kleinigkeiten, die in<br />

der ganzen Fabrik gelebt werden, die zu <strong>eine</strong>m hohen<br />

Motivationslevel führen“ erzählt er. So würden<br />

zum Beispiel die Maschinenbediener bei Reparaturen<br />

mit einbezogen. Und es gibt für alle Mitarbeiter Schulungen<br />

in Präsentations- und Moderationstechniken,<br />

so dass sie in der Lage sind, ihre Ideen wirkungsvoll<br />

zu präsentieren.<br />

Administration mit einbezogen<br />

Von Anfang an wurden die administrativen Bereiche<br />

in die <strong>TPM</strong>-Aktivitäten mit einbezogen. Ein vierstufiger<br />

Plan umfasst die Optimierung der Ablagesysteme<br />

und der Arbeitsumgebung mit Blick auf Ordnung<br />

und Sauberkeit, die Einführung von Standards, die<br />

Verbesserung der Mitarbeiter-Qualifikation und die<br />

Optimierung der Arbeitsabläufe. So wurde beim<br />

ersten „Paperday“, im Juni 2010 das Büromaterial<br />

Ronny Wilfert (links): Als <strong>TPM</strong>-Koordinator <strong>eine</strong> treibende<br />

Kraft im Prozess der kontinuierlichen Verbesserung<br />

Stolz und Freude über das Erreichte sorgt für motivierte Teams<br />

unter die Lupe genommen. Nach dem Aussortieren<br />

und Reduzieren wurde das Ablagesystem geordnet<br />

und Standards für die systematische Ordnung am<br />

Arbeitsplatz definiert. Eine Qualifikationsmatrix sorgt<br />

für <strong>eine</strong> zielgerichtete Weiterbildung der Menschen.<br />

Werk wurde zum Benchmark<br />

Inzwischen ist das Werk Treuen Benchmark für die<br />

anderen Standorte. In diesem Jahr ist ein <strong>TPM</strong>-Rollout<br />

auf das Werk Rüti in der Schweiz geplant. Über die<br />

Auszeichnung mit dem Award for Operational Excellence<br />

in Bronze freuen sich die Mitarbeiter. Ronny<br />

Wilfert betont: „Wir haben nicht <strong>TPM</strong> gemacht, um<br />

<strong>eine</strong>n Pokal zu gewinnen“. Er sieht den Award eher<br />

als Ergebnis und Bestätigung der guten Arbeit der<br />

Teams. Das mache die Menschen stolz und deshalb<br />

sei man durchaus geneigt, bis 2015 den Award in Silber<br />

anzustreben. Die <strong>TPM</strong>-Erfolge seien letztendlich<br />

dem guten Zusammenspiel der Teams zu verdanken.<br />

Man habe sich schon immer gut verstanden und mit<br />

<strong>TPM</strong> seien neue Möglichkeiten hinzugekommen, um<br />

die Menschen zu entwickeln und das Unternehmen<br />

voranzubringen. Ein Highlight war für ihn die drastische<br />

Verbesserung der monatlichen Kennzahlen.<br />

So verzeichne man derzeit <strong>eine</strong>n OEE von 90 %. Die<br />

Herausforderung bestehe darin, dieses gute Ergebnis<br />

zu halten und stabil zu bleiben. Das sei besonders<br />

schwierig, wenn neue Projekte eingeführt werden.<br />

Die Auditoren des CE<strong>TPM</strong> waren beeindruckt von<br />

den gelebten Leitwerten der WICOR-Gruppe (siehe<br />

auch Seite 5). Die Werksziele richten sich nach den<br />

PQCDSM-Kategorien des CE<strong>TPM</strong> aus und werden<br />

regelmäßig gemessen. Sie sind Gegenstand täglicher<br />

Gespräche und folgen dem Grundsatz: „Was nicht<br />

gemessen wird, kann auch nicht verbessert werden.<br />

13


Weil Jürgen Steinle, Leitung Qualitätssicherung und<br />

Ideenmanagement bei der Pfeifer Seil- und Hebetechnik<br />

GmbH, Memmingen, s<strong>eine</strong> Hausaufgaben<br />

gemacht hat, konnte die Rüstzeit an <strong>eine</strong>m Sägeautomaten<br />

bereits im ersten Durchlauf fast auf die Hälfte<br />

reduziert werden.<br />

Die Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH in Memmingen<br />

ist Stammhaus der Pfeifer-Gruppe und blickt auf<br />

<strong>eine</strong> 430-jährige Familientradition in der Herstellung<br />

von Seilen zurück. Das rapide Wachstum zur heutigen<br />

international agierenden Firmengruppe nahm hier<br />

ihren Anfang. 2011 startete das Werk Memmingen mit<br />

Lean Production in größerem Umfang. Angestoßen<br />

wurde die Initiative von dem neuen Geschäftsführer<br />

Dr. Günter Fenneberg. Er setzt dabei auf <strong>eine</strong> solide<br />

Ausbildung s<strong>eine</strong>r Mitarbeiter. So besuchte Jürgen<br />

Steinle das Ausbildungsprogramm „Lean Production<br />

Master“ am CE<strong>TPM</strong> der Hochschule Ansbach. Im<br />

Rahmen dieser Ausbildung hatte er die Aufgabe, ein<br />

Projekt zur Rüstzeitoptimierung in s<strong>eine</strong>m Arbeitsumfeld<br />

umzusetzen. Er bildete ein Projektteam mit zwei<br />

Kollegen, dem Vorarbeiter, dem Maschinenbediener<br />

und <strong>eine</strong>m Betriebsrat.<br />

Rüstzeit im ersten Anlauf fast halbiert<br />

Im Fokus stand ein Sägeautomat. Erste Schritte waren<br />

<strong>eine</strong> Arbeitsplatzbegehung und die Information des<br />

Betriebsrates und des Meisters der Abteilung. Zur<br />

Aufnahme des Prozesses wurden einzelne Rüstschritte<br />

und Zeiten erfasst, die Wege per Spaghetti-Diagramm<br />

aufgezeichnet und Verschwendungen notiert. Der<br />

Ist-Zustand wurde anhand von Karteikarten auf <strong>eine</strong>r<br />

großen Moderationsfläche dargestellt. Mit farbigen<br />

Klebezetteln teilte das Team die Tätigkeiten in die<br />

Rubriken internes und externes Rüsten ein (SMED<br />

14<br />

Ausbildung und Praxis<br />

Übung als Ernstfall<br />

SMED-Projekt als Hausaufgabe für Lean Production Master hat sich gelohnt<br />

Teamarbeit: Optimierung des Rüstprozesses<br />

SMED Stufe 1: Betrachtung der Prozessschritte für internes und<br />

externes Rüsten<br />

Stufe 1). Es wurden Maßnahmen zur internen Rüstoptimierung<br />

umgesetzt und die Kosten- und Zeitersparnis<br />

erfasst (SMED Stufe 2). Mit der Aufnahme der externen<br />

Rüstoptimierungsmaßnahmen wurde ein Standard-<br />

Rüstablauf definiert und als Test durchgeführt (SMED<br />

Stufe 3). Das Zwischenergebnis dieses ersten neuen<br />

Standardrüstvorganges ohne Umsetzung der technischen<br />

Maßnahmen: Rüstzeit von 39,4 auf 19,3 Minuten<br />

reduziert, Laufwege um 30 % reduziert. Die nächsten<br />

Schritte sind <strong>eine</strong> Wiederholung der 5S-Methode am<br />

Arbeitsplatz, die Umsetzung technischer Maßnahmen<br />

und <strong>eine</strong> weitere Rüstoptimierung nach PDCA. Endziel<br />

ist <strong>eine</strong> Rüstzeit von 9 Minuten.<br />

Als größten Erfolgsfaktor für Lean-Projekte sieht Jürgen<br />

Steinle motivierte und geschulte Menschen vor<br />

Ort. „Dr. Fenneberg erklärt die Projekte im Rahmen<br />

<strong>eine</strong>r Informationsveranstaltung“, betont er. Außerdem<br />

führe jeder Lean Production Manager einmal<br />

pro Monat ein Projekt durch und schule regelmäßig<br />

die Mitarbeiter anhand konkreter Projekte im Werk.<br />

Das Konzept der Lehrfabrik<br />

Sehen, Verstehen, Umsetzen ...<br />

... nach diesen Grundsätzen sind die praxisnahen<br />

Ausbildungsprogramme des CE<strong>TPM</strong> aufgebaut.<br />

... in der Lehrfabrik erleben die Teilnehmer wie<br />

<strong>TPM</strong>/Lean funktioniert.<br />

... die Umsetzung eigener Projekte im Unternehmen<br />

sind Bestandteil der meisten Ausbildungsprogramme.<br />

Dadurch werden meist<br />

die Kosten für die Weiterbildung durch<br />

Einsparungen wieder eingespielt.<br />

Infos: www.lehrfabrik.de


JIPM <strong>TPM</strong> Excellence Award<br />

Deutsche Firmen schwach vertreten<br />

Im Rahmen <strong>eine</strong>r feierlichen Zeremonie nahmen in<br />

Kyoto über 200 Vertreter von Unternehmen aus aller<br />

Welt die JIPM <strong>TPM</strong> Awards 2011 in Empfang. Faszinierend<br />

und zugleich besorgniserregend fand Prof. Dr.<br />

Constantin May, dass ein Großteil der Preisträger aus<br />

Schwellenländern wie Brasilien, Thailand oder Indien<br />

kam. Als einziges deutsches Unternehmen erhielt<br />

die Firma Tetra Pak aus Limburg den Award (s. auch<br />

Yokoten Ausgabe 2/2012).<br />

Feierliche Zeremonie zur Ehrung der Preisträger aus aller Welt<br />

<strong>TPM</strong>- und Lean-News<br />

Lean Management im öffentlichen Sektor<br />

Neues Buch stellt Möglichkeiten vor, wie staatliche Organisationen effizienter werden<br />

Kann <strong>eine</strong> öffentliche Einrichtung wie ein Unternehmen<br />

geführt werden, in dem der Kunde König ist?<br />

Erobert damit das Konsumdenken den öffentlichen<br />

Sektor? Wie kann <strong>eine</strong> öffentliche Einrichtung ihre<br />

„Kunden“ schnell, effizient, kostengünstig und zu<br />

deren Zufriedenheit bedienen? Mit diesen Fragen<br />

beschäftigt sich Bert Teeuwen seit vielen Jahren.<br />

In s<strong>eine</strong>m Buch Lean Management im öffentlichen<br />

Sektor stellt er anhand zahlreicher Praxisbeispiele<br />

dar, wie aus „verstaubten“ Einrichtungen moderne<br />

Service-Center mit zufriedenen Mitarbeitern und<br />

Beispiel im Buch: „Nur-so-da-Brücke“ in Schwerin, <strong>eine</strong>m<br />

Stadtteil von Castrop-Rauxel, fertig gestellt 1980. Die geplante<br />

Straße wird wohl nicht mehr gebaut. (Foto: Ruhr Nachrichten)<br />

Tokutaro Suzuki überreicht sein jüngstes Buch an Prof. May<br />

Laut Prof. May sch<strong>eine</strong>n die Schwellenländer größere<br />

<strong>TPM</strong>-Fortschritte zu machen als wir Europäer. Er führt<br />

dies darauf zurück, dass dort ein Hunger nach Fortschritt<br />

besteht und mit weniger Vorbehalten einfach<br />

„gemacht“ wird. Zum anderen biete sich <strong>TPM</strong> bei<br />

teilweise nicht ganz modernen Produktionsanlagen<br />

gereadezu an.<br />

Im Herbst 2012 können sich Unternehmen<br />

für den <strong>TPM</strong> Excellence Award 2013 bewerben,<br />

der im Frühjahr 2014 in Japan verliehen<br />

wird. Das CE<strong>TPM</strong> als einzige JIPM Assessment<br />

Agency im deutschsprachigen Raum nimmt<br />

gerne Bewerbungen entgegen.<br />

Besuchern werden. Er<br />

schreibt wertfrei aus der<br />

Perspektive des Beobachters<br />

und beleuchtet<br />

die unterschiedlichen<br />

Rollen von Staatsbediensteten,<br />

Bürgern und<br />

Politikern. Ziel ist es,<br />

Lösungen zu finden, die<br />

allen gerecht werden:<br />

Gesellschaft, Staat und<br />

Individuen.<br />

Bert Teeuwen beschreibt<br />

zahlreiche Beispiele aus<br />

der Praxis, z.B. die so genannten „Soda-Brücken“<br />

die einfach nur so in der Landschaft stehen, weil<br />

der Bau der zugehörigen Straße wieder verworfen<br />

wurde. Beispiele aus dem Gesundheitswesen zeigen<br />

auf, wie öffentliche Einrichtungen bedürftigen Menschen<br />

schnell und unbürokratisch helfen können.<br />

Der Autor gibt viele Tipps, wie durch Einsatz der<br />

Lean-Philosophie Durchlaufzeiten im öffentlichen<br />

Sektor verkürzt werden. ISBN: 9-783940-775-09-2,<br />

Preis 39,95 € inkl. MwSt.<br />

15


16<br />

<strong>TPM</strong>- & Lean-Tipps und Denkanstöße<br />

Praktiker in den Hörsaal<br />

Für Lean-Experten wie Meister, Techniker oder<br />

sonstige Praktiker mit langer Berufserfahrung<br />

bietet sich jetzt an der Hochschule Ansbach die<br />

Möglichkeit, auch ohne Abitur zu studieren. Der<br />

Studiengang Wertschöpfungsmanagement<br />

ist berufsbegleitetend. In der Regel kann innerhalb<br />

von drei Jahren der Bachelor-Abschluss<br />

erreicht werden. Das <strong>TPM</strong>-/Lean-Wissen wird<br />

sehr praxisnah vermittelt, teilweise setzen die<br />

Studierenden das Erlernte direkt in der Lehrfabrik<br />

um. Studienbegleitend ist ein Projekt<br />

vorgesehen, das die Kandidaten in ihrem Betrieb<br />

umsetzen. Meist amortisieren sich die Studiengebühren<br />

durch die in diesen Projekten erzielten<br />

Einsparungen. Die nächste Einstiegsmöglichkeit<br />

ist zum Wintersemester 2012/2013. Infos unter<br />

www.wertschoepfungsmanager.de.<br />

Autoren und Beiträge gesucht<br />

Sie haben ein tolles Best-Practice-Beispiel, das Sie gerne<br />

im Yokoten-Magazin vorstellen möchten? Oder Sie haben<br />

<strong>eine</strong>n Fachbeitrag verfasst, der ins Magazin passen könnte?<br />

Dann kontaktieren Sie uns. Bei Eignung veröffentlichen<br />

wir gerne Ihre Erfolgsstory oder wir recherchieren<br />

bei Ihnen vor Ort. Wir freuen uns auf Ihren Vorschlag per<br />

E-Mail unter yokoten@cetpm.de<br />

Impressum:<br />

Hochschule Ansbach<br />

Campus Herrieden – CE<strong>TPM</strong><br />

Redaktion Yokoten<br />

Steinweg 5<br />

D-91567 Herrieden<br />

Tel. +49 (0) 9825 2038-100<br />

Fax +49 (0) 9825 2038-111<br />

www.yokoten.de ISSN 2193-4835<br />

E-Mail: yokoten@cetpm.de Einzelheft: 5,00 €<br />

Redaktion: Sabine Leikep Jahresabo für 6 Ausgaben:<br />

19,00 € inkl. Versand

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