VdK-RhPfalz_10-2023-Ansicht-ohne-Anzeigen
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14 Zeitung Oktober <strong>2023</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Stein auf Stein zur Barrierefreiheit<br />
<strong>VdK</strong>-Aktion: Schüler bauen Lego-Rampe<br />
„Kein normaler Büro-Job“<br />
Jana Golov macht Karriere im Kreisverband Zweibrücken<br />
Hält was aus: Die Lego-Rampe.<br />
Foto: <strong>VdK</strong><br />
Warum der <strong>VdK</strong> als Arbeitgeber<br />
auch für junge Menschen attraktiv<br />
ist, erzählt Jana Golov. Der<br />
21-Jährigen hat die Ausbildungszeit<br />
in der <strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsstelle<br />
in Zweibrücken so gut gefallen,<br />
dass sie geblieben ist und nun als<br />
Expertin <strong>VdK</strong>-Mitglieder im<br />
Schwerbehindertenrecht berät.<br />
Wann haben Sie Ihre Ausbildung<br />
begonnen, und warum haben Sie<br />
sich für den <strong>VdK</strong> entschieden?<br />
Meine Ausbildung beim <strong>VdK</strong> begann<br />
am 21. September 2020. Das<br />
war leider während der Corona-Zeit.<br />
Ich habe mich für eine<br />
Ausbildung beim Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> entschieden, da mich das<br />
Themengebiet interessiert und<br />
man die Arbeit beim <strong>VdK</strong> nicht mit<br />
einem normalen Bürojob vergleichen<br />
kann.<br />
es meine tägliche Aufgabe ist,<br />
Schwerbehindertenanträge zu stellen,<br />
erfahre ich sehr viel über unsere<br />
Mitglieder. Vor allem welche<br />
Erkrankungen ihnen besonders zu<br />
schaffen machen.<br />
Während der Ausbildungszeit habe<br />
ich unsere Mitglieder nur telefonisch<br />
kennengelernt, da wir die<br />
Corona-Vorschriften beachten<br />
mussten. Seit dem dritten Lehrjahr<br />
ist die Arbeit interessanter geworden,<br />
da ich mit den Beratungen<br />
beginnen durfte und persönlich<br />
mit den Mitgliedern sprechen<br />
kann.<br />
Was würden Sie Menschen sagen,<br />
die sich für einen Job beim <strong>VdK</strong><br />
interessieren?<br />
Wer beim <strong>VdK</strong> arbeiten möchte,<br />
sollte auf jeden Fall kommunikationsfähig<br />
sein und mit Menschen<br />
umgehen können, da man mit vielen<br />
verschiedenen <strong>VdK</strong>-Mitgliedern<br />
zusammenarbeitet. Das Schöne<br />
an der Arbeit ist, dass es nie<br />
langweilig wird, da jeder Fall anders<br />
ist.<br />
Hatten Sie einen Fall, der Ihnen<br />
besonders nah gegangen ist?<br />
Nein. Jeder Fall ist sehr individuell<br />
und man freut sich einfach, wenn<br />
die Mitglieder einem für die Arbeit<br />
und Beratung sehr dankbar sind.<br />
Das Interview führte Meliha<br />
Dölen.<br />
Wie sensibilisiert man junge Menschen<br />
für das Thema Barrierefreiheit?<br />
„Mit Legosteinen!“, lautet die<br />
Antwort von drei ehrenamtlich<br />
engagierten <strong>VdK</strong>-Mitgliedern aus<br />
dem Rhein-Lahn-Kreis.<br />
Das <strong>VdK</strong>-Projekt „Barrieren im<br />
Alltag“ brachte die Siebtklässler<br />
der Taunusschule (Förderschule)<br />
in Nastätten ganz schön ins<br />
Schwitzen, Staunen und Nachdenken.<br />
Unter der Anleitung von Peter<br />
Groß, Beauftragter für Barrierefreiheit<br />
des <strong>VdK</strong>-Kreisverbands<br />
Rhein-Lahn, Kreisfrauenvertreterin<br />
Jutta Sütfels und Tobias Lotz,<br />
Vertreter der jüngeren im<br />
<strong>VdK</strong>-Landesverband, testeten die<br />
Jugendlichen ihre Schule auf Barrierefreiheit.<br />
Ihr ernüchtertes Fazit:<br />
„Ohne Hilfe kommt man im<br />
Rollstuhl nicht weit.“ Als Zeichen<br />
für mehr Inklusion bauten sie anschließend<br />
eine belastbare Rampe<br />
aus 6000 Legosteinen, die vor Ort<br />
sofort getestet wurde.<br />
Auch nächstes Jahr möchte Tobias<br />
Lotz das Thema Barrierefreiheit<br />
öffentlichkeitswirksam ins<br />
Rampenlicht rücken – mit einem<br />
Rollstuhlparcours und weiteren<br />
Lego-Rampen. „Wir brauchen Tausende<br />
von Legosteinen und freuen<br />
uns sehr über Spenden. So kommen<br />
wir Stein für Stein zu mehr<br />
Barrierefreiheit!“ KSG<br />
LEGO-Spenden an:<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
Schlesierstr. 7<br />
65582 Diez<br />
Warum sind Sie dem <strong>VdK</strong> auch<br />
nach Ihrer Ausbildung treu geblieben?<br />
Mir hat die Ausbildungszeit gut<br />
gefallen. Die Kolleginnen und Kollegen<br />
waren immer freundlich und<br />
hilfsbereit. Außerdem hatte ich<br />
immer einen festen Ansprechpartner.<br />
Das hat mir sehr geholfen.<br />
Was macht Ihnen bei Ihrer Arbeit<br />
am meisten Spaß?<br />
An meiner Arbeit gefällt mir besonders<br />
gut, dass ich viel mit Menschen<br />
zusammenarbeite und man<br />
diese auf eine ganz besondere Art<br />
und Weise kennenlernt. Dadurch,<br />
dass mein Schwerpunkt im<br />
Schwerbehindertenrecht liegt und<br />
Man sieht ihr die Freude an der Arbeit an: Jana Golov an ihrem Schreibtisch<br />
im Kreisverband Zweibrücken.<br />
Foto: privat<br />
<strong>VdK</strong>-TIPP<br />
Barrierefreiheit oder Datenschutz?<br />
Wegweisende Einzelfallentscheidung: Mann mit Sehbehinderung klagt gegen datenschutzrechtliche Vorgaben<br />
Datenschutz hat in unserer Gesellschaft<br />
einen hohen Stellenwert:<br />
Bei Verstößen drohen teils hohe<br />
Bußgelder. Doch was ist, wenn<br />
datenschutzrechtliche Vorgaben<br />
mit dem Anspruch auf Barrierefreiheit<br />
kollidieren? Damit musste sich<br />
das Hamburger Sozialgericht beschäftigten<br />
– und hat eine Entscheidung<br />
getroffen, die für viele<br />
Menschen mit Behinderung interessant<br />
sein dürfte.<br />
Menschen mit Sehbehinderung<br />
sind auf barrierefreie Kommunikation<br />
angewiesen. Denn die Betroffenen<br />
können Dokumente in Papierform<br />
nicht oder nur schwer<br />
lesen; sie benötigen PDF-Dokumente,<br />
die von einem speziellen<br />
Computerprogramm vorgelesen<br />
werden können.<br />
Nun hat das Hamburger Sozialgericht<br />
im Juni <strong>2023</strong> eine wichtige<br />
Einzelfallentscheidung getroffen.<br />
Dem sehbehinderten Kläger müssen<br />
wichtige Bescheide auch als<br />
unverschlüsselte E-Mail geschickt<br />
werden, wenn er das wünscht. Das<br />
hatte das Jobcenter zuvor aus datenschutzrechtlichen<br />
Bedenken<br />
abgelehnt.<br />
Sehbehinderte können mit speziellen Computer-Programmen Dokumente lesen.<br />
Der sehbehinderte Kläger hatte<br />
gegenüber dem Jobcenter seinen<br />
Anspruch geltend gemacht auf<br />
elektronische Übersendung wichtiger<br />
Dokumente wie Anträge,<br />
Hinweisblätter, Verwaltungsakte<br />
und Widerspruchsbescheide.<br />
Das Jobcenter bestand aber darauf,<br />
ihm die PDF-Dokumente<br />
nur in einer verschlüsselten<br />
E-Mail zu schicken, um den Datenschutz<br />
zu wahren. Da der<br />
Foto: Michel Ariens/ /www.michelariens.de<br />
Empfänger kein entsprechendes<br />
Computerprogramm zur Entschlüsselung<br />
installiert hatte,<br />
gab er dem Jobcenter seine Einwilligung,<br />
ihm die Schriftstücke<br />
unverschlüsselt zu mailen. Das<br />
Jobcenter weigerte sich, und der<br />
Fall ging vor Gericht. Der Kläger<br />
argumentierte, dass nicht vorausgesetzt<br />
werden kann, dass jeder<br />
über ein solches Programm verfügt<br />
und auch in der Lage ist, es zu<br />
bedienen. Barrierefreie Kommunikation<br />
sei ihm wichtiger als die<br />
Risiken einer unverschlüsselten<br />
Übertragung seiner Daten. Dieser<br />
Argumentation ist schließlich auch<br />
das Gericht gefolgt.<br />
Ob auch andere Behörden aufgrund<br />
dieser Einzelfallentscheidung<br />
ihre datenschutzrechtlichen<br />
Vorgaben für sehbehinderte Menschen<br />
lockern, bleibt abzuwarten.<br />
Wer aber auf barrierefreie Kommunikation<br />
angewiesen ist und das<br />
Risiko der unverschlüsselten Übermittlung<br />
bewusst in Kauf nehmen<br />
möchte, kann sich nun gegenüber<br />
Behörden und Leistungsträgern<br />
auf das Hamburger Urteil berufen.<br />
Übrigens: Auf einen Papierversand<br />
müssen Betroffene nicht<br />
verzichten, selbst wenn sie alle<br />
Schriftstücke per E-Mail erhalten.<br />
Ida Schneider<br />
SG Hamburg, Urteil vom<br />
30.06.<strong>2023</strong> - S 39 AS 517/23