2023_38
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2 Dorfspiegel Dietlikon<br />
Kurier Nr. <strong>38</strong> 21.9.<strong>2023</strong><br />
Bei einem Grosseinsatz kooperieren die Feuerwehren von Dietlikon, Wallisellen und Bassersdorf gemeinsam. (Foto zvg)<br />
Ein frustrierter Mitarbeiter startet<br />
in der Tiefgarage eine Rauchentwicklung<br />
und flüchtet dann mit einem<br />
Auto. Vor dem Neubau von<br />
Luzi baut er allerdings einen Unfall<br />
und zieht sich aufs Dach zurück,<br />
wo er Suizid begeht. Ausserdem<br />
gibt es Rauchentwicklungen im Lager<br />
und der Entsorgungsstelle. All<br />
das wissen die Feuerwehrleute allerdings<br />
noch nicht. «Ich bin gespannt,<br />
was der Einsatzleiter machen<br />
wird, es gibt meistens verschiedene<br />
Möglichkeiten», sagt<br />
Dietliker Feuerwehrkommandant<br />
Stefan Dangel.<br />
18.28 Uhr, die Verletzten treffen ein<br />
Eine halbe Stunde vor Übungsbeginn<br />
treffen die Figuranten auf dem<br />
Schauplatz ein. Einige von ihnen<br />
sehen übel geschminkt aus. Eine<br />
Schnittwunde quer über das Gesicht,<br />
eine Verletzung am Bein und<br />
gar eine Schusswunde in den Kopf<br />
ist mit dabei. Einziges Problem:<br />
Das kaputte Auto des vom Amokläufer<br />
verursachten Unfalls ist weit<br />
und breit nicht in Sicht. Das Unfall-<br />
Auto war vor einigen Tagen extra<br />
für die Übung bestellt worden,<br />
doch dem Abschleppdienst ist ein<br />
Fehler unterlaufen.<br />
19.08 Uhr, Start der Übung<br />
Trotz mehreren Anrufen des Feuerwehrkommandanten<br />
fehlt vom<br />
Auto jegliche Spur. Um weitere<br />
Verspätungen zu verhindern, gibt<br />
Stefan Dangel also den Startschuss<br />
für die Übung: «Es ist kurz vor 17<br />
Uhr auf dem Luzi Areal. Ein PW ist<br />
in Brand mit Gebäudegefährdung.»<br />
Aufgeboten wird die Alarmgruppe<br />
«Kleinalarm Tag» der Feuerwehr<br />
Dietlikon, die Autodrehleiter (ADL)<br />
kommt automatisch dazu. Und tatsächlich:<br />
neben einem Luzi Auto<br />
stehen zwei brennende Feuerschalen<br />
und zwei Verletzte, die danebenliegen.<br />
Einsatzleiter Alain Rieder<br />
trifft ein. Zu diesem Zeitpunkt<br />
weiss er noch nicht vom ganzen<br />
Ausmass des Einsatzes Bescheid.<br />
19.15 Uhr, erste<br />
Feuerwehrautos zur Stelle<br />
Wenige Minuten nach dem ersten<br />
Anruf ist die Feuerwehr von Dietlikon<br />
zur Stelle. Es kommen Schreie<br />
vom Dach. Nun steigt auch Rauch<br />
in der Entsorgungsstelle und aus<br />
der Tiefgarage auf. Durch den<br />
Rauch im Gebäude wird eine Evakuierung<br />
des ganzen Gebäudes<br />
ausgelöst. Einige rennen raus und<br />
einer kommt mit einem Beinbruch<br />
aus einem Treppenhaus nicht mehr<br />
weiter und schreit um Hilfe. In der<br />
Entsorgung sind Mitarbeiter durch<br />
die Einatmung von Rauch bewusstlos<br />
liegen geblieben. Ein Figurant<br />
im Rollstuhl beim Treppenhaus,<br />
Lifte gehen ausser Betrieb.<br />
Der Einsatzleiter fordert ein Nachaufgebot<br />
und einen Notarzt an.<br />
Auch die Polizei ist mittlerweile<br />
vor Ort. Just in dem Moment trifft<br />
das geplante Unfallauto ein. Doch<br />
die Übung muss nun trotzdem<br />
ohne dieses stattfinden.<br />
19.21 Uhr, die<br />
Chaos-Phase beginnt<br />
Die Ereignisse überschlagen sich.<br />
Verschiedene weitere Feuerwehrautos<br />
treffen ein. Überall rennen<br />
Feuerwehrleute herum. Um den<br />
Einsatzleiter bildet sich einen Pulk<br />
von Menschen. Schilder werden<br />
aufgestellt, der Brand des Wagens<br />
gelöscht und die ersten Personen<br />
gerettet. Nun ist auch ein grosses<br />
Feuerwehrauto mit Kran (ADL)<br />
zur Stelle, um die Personen vom<br />
Dach zu holen. Wenige Minuten<br />
später sind auch die Feuerwehr<br />
Bassersdorf und Wallisellen vor<br />
Ort. Die letzteren kümmern sich<br />
um den Keller, studieren Pläne und<br />
diskutieren über Rettungsmassnahmen.<br />
Jetzt hört man das laute Atmen<br />
der Feuerwehrleute. Sie rennen,<br />
aber hetzen nicht. Es ist immer<br />
noch heiss, auch der Einsatzleiter<br />
schwitzt. Einige Sportler vom Fitnessstudio<br />
nebenan spazieren verwundert<br />
vorbei.<br />
19.36 Uhr, ab jetzt ist<br />
alles durchstrukturiert<br />
Mittlerweile rettet der Feuerwehrkran<br />
die ersten Figuranten. Beim<br />
Einsatzleiter trifft die Führungsunterstützung<br />
ein. Sofort sind Ablaufpläne,<br />
Prioritätenlisten und Karten<br />
aufgestellt. Nun läuft alles organisiert<br />
und eingespielt ab. Es sind alle<br />
Ein Feuerwehrauto mit Kran, genannt Autodrehleiter, kommt bei Rettung<br />
und Hilfeleistung in der Höhe zum Einsatz.<br />
in ihrer Rolle, vereinzelt wirft man<br />
sich ein verschwörerisches Lächeln<br />
zu. Die Rettungen auf dem Dach<br />
gehen weiter, auch im Keller gibt<br />
es Fortschritte.<br />
19.55 Uhr, der Rapport<br />
Kurz vor acht treffen sich alle Führungsleute<br />
zum Rapport. Jeder<br />
gibt den neusten Stand seines Abschnittes<br />
bekannt und klärt allfällige<br />
Fragen. Es wird bekannt, dass<br />
auf dem Dach eine Schusswaffe<br />
und eine Person mit Kopfschuss<br />
gefunden wurde. Es herrscht zudem<br />
leichte Verwirrung, wie viele<br />
Verletzte nun genau wo sind. Während<br />
dem Rapport kommt allerdings<br />
auch die Nachricht, dass es<br />
einen echten Ernstfall auf dem<br />
Dach gegeben hat. Ein Feuerwehrmann<br />
hat auf dem Dach einen Hitzestau<br />
erlitten und muss von dort<br />
gerettet werden. 144 ist nun tatsächlich<br />
auf dem Weg.<br />
20.22 Uhr, Übungsstopp<br />
Die Einsatzübung, welche sowieso<br />
gleich vorüber wäre, wird gestoppt,<br />
als das 144 eintrifft. Erste<br />
Abschnitte sind bereits an den Aufräumarbeiten.<br />
Wenig später versammeln<br />
sich alle. Der betroffene<br />
Feuerwehrmann sei ansprechbar<br />
und mit einer Begleitperson nun<br />
auf dem Weg ins Spital. Für die<br />
Übung gibt es viel Lob, aber auch<br />
vereinzelte Verbesserungspunkte.<br />
Zwischen den Abschnitten dürfe<br />
das Material künftig nicht durchmischt<br />
werden. Die Feuerwehr<br />
Wallisellen bemängelt die Kommunikation<br />
mit dem Leitungsteam.<br />
Und die Polizei sagte, dass es ein<br />
wichtiger Unterschied sei, ob ihnen<br />
mitgeteilt wird, ob es einen<br />
Bewusstlosen oder einen Toten auf<br />
dem Dach hat. Nun heisst es aber:<br />
Aufräumen.<br />
21.04 Uhr, Zusammensitzen<br />
und etwas essen<br />
Nach den Aufräumarbeiten gibt es<br />
für alle im Einsatz Essen und Trinken.<br />
Die Kameraden können sich<br />
untereinander austauschen. «In<br />
meinem Bereich lief es tiptop»,<br />
sagt eine junge Feuerwehrfrau.<br />
Die Übung ist beendet. Am nächsten<br />
Tag kann die Arbeit auf dem<br />
Luzi Areal wie gewohnt fortgeführt<br />
werden.