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Das StadtSalzburgMagazin Ausgabe 2023_3

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WHAT<br />

THE<br />

F***?<br />

WENN IN SALZBURG MEN-<br />

SCHEN AUF EINER BÜHNE<br />

ÜBERS SCHEITERN REDEN…<br />

… dann ist das nicht nur<br />

während der Salzburger<br />

Festspiele der Fall, wenn<br />

der reiche Mann lebt, versagt<br />

und stirbt. Sondern auch<br />

bei den Fuckup Nights! Bei<br />

diesen Veranstaltungen<br />

erzählen Menschen auf<br />

einer Bühne von ihrem<br />

beruflichen Scheitern –<br />

mit dem Ziel, dass andere<br />

aus ihren Fehlern lernen,<br />

um diese nicht ebenfalls zu<br />

machen.<br />

Zu verdanken hat Salzburg<br />

dieses Veranstaltungsformat<br />

der Kommunikationsexpertin<br />

Aleksandra Nagele, die das<br />

öffentliche Reden übers<br />

Scheitern in Salzburg<br />

bühnenreif gemacht hat.<br />

TEXT TANJA PETRITSCH-ZOPF<br />

FOTOS NORMAN PRODUIT<br />

Fehler passieren! Jedem von uns!<br />

Ja, wir machen alle Fehler! Egal, ob im<br />

Privat- oder im Arbeitsleben. Doch während<br />

das private Scheitern auf vielen Ebenen<br />

thematisiert und diskutiert wird, wird<br />

über berufliche Misserfolge in Österreich<br />

nicht ganz so gerne offen gesprochen.<br />

Und wenn, dann schon gar nicht in der<br />

Öffentlichkeit! Ein echter Game-Changer<br />

in dieser Hinsicht sind die Fuckup<br />

Nights. Eine Veranstaltungsreihe, bei der<br />

Gescheiterte auf einer Bühne von ihren<br />

»Fuckups« – wie Misserfolge umgangssprachlich<br />

im Englischen bezeichnet werden<br />

– berichten. Aber vor allem auch über<br />

die Lehren, die sie daraus gezogen haben.<br />

Mit der Absicht, dass andere dieselben<br />

Fehler nicht noch einmal machen müssen.<br />

Fröhliche Fuckup Nights<br />

Grundsätzlich laufen die Fuckup-Abende<br />

nach einem festen Schema ab: Die<br />

Speakerinnen und Speaker – meistens sind<br />

es zwischen drei und vier an einem Abend<br />

– erzählen ihre Scheiter-Geschichte und<br />

reflektieren, was sie daraus gelernt haben.<br />

Dafür haben sie zehn Bilder und zehn Minuten<br />

Zeit. Danach können die Gäste den<br />

Vortragenden Fragen stellen. Die Stimmung<br />

ist offen und locker: Es wird über<br />

die Selbstironie der Gescheiterten gelacht,<br />

es wird gestaunt und mitgelitten und ab<br />

und zu werden Tränen weggeblinzelt. Dazwischen<br />

gibt es Live-Musik von Hamam,<br />

einem Salzburger Duo, das die Texte ihrer<br />

Songs auf die Stories der Gescheiterten<br />

maßschneidert. Und danach ist noch Zeit,<br />

um sich bei einem Getränk mit den Gescheiterten<br />

und anderen Gästen auszutauschen.<br />

Ganz oft sind dann Sätze zu hören<br />

wie: »Das ist mir auch so gegangen.« Oder:<br />

»Oh ja, das kenn ich!« Aber auch: »Gut,<br />

dass ich das jetzt weiß. Das werd ich sicher<br />

nicht so machen!« Lessons learned, also.<br />

Bitcoin-Millionär bis<br />

Schoko-Revolutionär<br />

Die Veranstalterin dieser abwechslungsund<br />

lehrreichen Abende ist Aleksandra<br />

Nagele. Die Kommunikationsexpertin hat<br />

die Fuckup Nights 2018 nach Salzburg<br />

geholt. Die nächste, bereits fünfundzwanzigste<br />

(!) findet am 11. Oktober im Quartier<br />

Rauchmühle in den Räumlichkeiten des<br />

Unternehmens hotelkit statt. Schließlich<br />

hat Marius Donhauser, Geschäftsführer<br />

des Unternehmens und Gastgeber<br />

des Abends, selbst schon als Speaker auf<br />

der Fuckup-Bühne seine Geschichte mit<br />

knapp 150 Zuhörerinnen und Zuhörern geteilt.<br />

Und damit befindet er sich in bester<br />

Gesellschaft: Von der Hüttenwirtin bis zur<br />

Hotel-Managerin, vom Studierenden bis<br />

zum Uni-Professor, vom Bitcoin-Millionär<br />

bis zum Mönch sind schon viele verschiedene<br />

Menschen auf der Salzburger Fuckup-Bühne<br />

gestanden. Einer davon: Der<br />

berühmte Steirer Chocolatier Josef Zotter.<br />

Gebannt haben die Gäste den Worten des<br />

Schokolade-Revolutionärs gelauscht, als<br />

er vom Konkurs seiner Konditorei, von seinem<br />

Friedhof für erfolglose Schoko-Kreationen<br />

und gescheiterte Ideen und von anderen<br />

Fehlurteilen berichtete.<br />

Gemeinsam gescheiter scheitern<br />

Aber was die Besucherinnen und Besucher<br />

der Fuckup Nights vor allem interessiert:<br />

Was haben die Gescheiterten aus<br />

ihren Fehlern gelernt? Welche Fehler kann<br />

man selbst vermeiden? »Tatsache ist, dass<br />

man viel mehr aus Misserfolgen als aus<br />

Erfolgen lernt. Wenn man sich traut hinschauen<br />

und aus Fehlern Lehren zieht,<br />

dann kann daraus Innovation entstehen«,<br />

sagt Aleksandra Nagele, Veranstalterin der<br />

Fuckup Nights. Sie ergänzt: »Fuckup Nights<br />

sind Safe Spaces, in denen wir erzählen, zuhören<br />

und fragen. Dadurch entwickelt sich<br />

ein wunderbarer Resonanzraum, in dem wir<br />

voneinander lernen – genau dazu sind Fehler<br />

da.« Und der Vorteil, den die Speakerinnen<br />

und Speaker davon haben, ihre größten<br />

Misserfolge noch einmal auf der Bühne zu<br />

durchleben? »Viele der Vortragenden haben<br />

mir gesagt, dass es eine Katharsis war,<br />

sich in der Vorbereitung auf den Abend<br />

noch einmal Gedanken über das eigene<br />

Scheitern zu machen. Alles kurz und prägnant<br />

auf den Punkt bringen zu müssen und<br />

vor vielen Menschen auf einer Bühne darüber<br />

zu reden. Viele sehen das als Chance,<br />

noch einmal einen echten Schlussstrich<br />

unter ihren Fail ziehen zu können. Und sie<br />

freuen sich darüber, andere vielleicht davor<br />

bewahren zu können, die eigenen Fehler zu<br />

wiederholen«, erläutert Nagele.<br />

Die kluge Firma baut vor…<br />

Das Credo des Hinfallens, Lernens und<br />

wieder Aufstehens teilt Nagele übrigens<br />

auch auf andere Weise: Und zwar, indem<br />

sie Fuckup Nights für Firmen organisiert,<br />

Workshops zum Thema Scheitern anbietet<br />

und Unternehmen dabei unterstützt,<br />

wie sie eine Fehlerkultur etablieren und<br />

Irrtumskompetenz stärken können. »Denn<br />

der größte Fehler ist es, wenn Mitarbeiter<br />

aus Angst vor Fehlern gar nichts machen.<br />

Ich fülle den Koffer mit Werkzeugen, die dabei<br />

helfen, die Chance hinter den Fehlern zu<br />

sehen. Oder anders gesagt: Ich unterstütze<br />

Unternehmen dabei, ihre Irrtumskompetenz<br />

zu stärken, Erfahrungen in Erkenntnisse<br />

zu verwandeln. Damit sie bereit sind,<br />

wenn einmal Fehler passieren. Und die passieren<br />

in Unternehmen, die offen und innovativ<br />

agieren…« schmunzelt Aleks Nagele.<br />

28 what_the_f***

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