PT-Magazin - Ausgabe 5 2023
PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft Die Top-Themen • Postartifizielles Zeitalter - Trennlinie zwischen Mensch und KI verschwimmt • Gegen Bürokratie und Verkrustung - Die Politik muss liefern • Zum Wachstum inspirieren - Mit neuer Unternehmenskultur • Studie der Oskar-Patzelt-Stiftung und RKW - Weiterbildung als Treibstoff
PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft
Die Top-Themen
• Postartifizielles Zeitalter - Trennlinie zwischen Mensch und KI verschwimmt
• Gegen Bürokratie und Verkrustung - Die Politik muss liefern
• Zum Wachstum inspirieren - Mit neuer Unternehmenskultur
• Studie der Oskar-Patzelt-Stiftung und RKW - Weiterbildung als Treibstoff
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03<br />
EDITORIAL<br />
Im Schlaraffenland<br />
SCHILLING ENGINEERING<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Dass es das Schlaraffenland nur im Märchen<br />
gibt, weiß eigentlich jedes Kind.<br />
Man muss sich anstrengen, wenn es<br />
einem besser gehen soll als ohne Anstrengung.<br />
Wer sich keine Mühe gibt,<br />
wird beim 100-Meter-Lauf Letzter. Wer<br />
sich keine Mühe gibt, erhält beim Musikschul-Vorspiel<br />
nur wenig Beifall, aber<br />
keine Begeisterung. Und wer sich keine<br />
Mühe gibt, bekommt den heißbegehrten<br />
Studienplatz nicht, wenn es bessere Bewerber<br />
gibt.<br />
Trotzdem träumten in den letzten Jahrzehnten<br />
immer mehr Menschen von<br />
einem Wohlstand, den es ohne eigene<br />
Anstrengungen geben sollte. Diese Menschen<br />
haben die Ära harter Arbeit des<br />
Wiederaufbaus nach dem Krieg nicht<br />
selbst erlebt. Ihre Eltern und Großeltern<br />
schufteten dafür, dass es ihren Kindern<br />
besser gehen möge. Und nun halten<br />
diese Kinder sogar ein „bedingungsloses“<br />
Grundeinkommen für möglich. Diese<br />
Vorstellungen eroberten in den letzten<br />
Jahrzehnten mediale, universitäre und<br />
politische Bühnen und mit der letzten<br />
Bundestagswahl die Regierungsbank.<br />
„Schon in der Ära Merkel gab es keine<br />
einzige wichtige Strukturreform in<br />
Deutschland, die das Land leistungsfähiger<br />
gemacht hätte“ kritisiert Wolfgang<br />
Reitzle in einem Kommentar für die WELT.<br />
„Deutschland ist im Niedergang. Nicht<br />
erst seit Corona und dem Ukraine-Krieg.<br />
Schon lange sind relevante Leistungsindikatoren<br />
im Trend negativ. …Aus der Liste<br />
der 20 wettbewerbsfähigsten Länder<br />
der Welt sind wir herausgefallen. … In<br />
Jahrzehnten der Prosperität ist ein neues<br />
Leitbild entstanden. Sein Kern: anstrengungsloser<br />
Wohlstand und Abkehr vom<br />
Leistungsgedanken.“<br />
Margaret Thatcher sagte mal, die EU<br />
würde irgendwann daran scheitern, dass<br />
ihr das Geld der Deutschen ausgeht.<br />
Aber dass den Deutschen das Geld selbst<br />
ausgehen könnte, bevor die EU an ihre<br />
finanziellen Grenzen kommt, konnte sich<br />
nicht mal Margaret Thatcher vorstellen.<br />
Nur 20 Prozent der Deutschen über 40<br />
Jahre haben persönlich das Ausmaß der<br />
Zerstörung einer Volkswirtschaft erlebt,<br />
das in nur 40 Jahren sozialistischer Planwirtschaft<br />
erreicht werden kann: Diejenigen,<br />
die östlich der Elbe lebten. Dort<br />
sicherte der staatliche Mietendeckel<br />
niedrige Mieten. Aber mit den niedrigen<br />
Erlösen konnten weder private noch<br />
öffentliche Vermieter städtische Mehrfamilienhäuser<br />
erhalten. Deshalb verfielen<br />
die Straßenzüge, und Erbschaften<br />
mit Häusern wurden vorsorglich abgelehnt.<br />
Weil der Höchststeuersatz von 95<br />
Prozent Körperschaftssteuer bereits ab<br />
250.000 Mark Gewinn galt, konnte in der<br />
DDR kein privater Kapitalstock entstehen.<br />
Und da die Staatswirtschaft trotz aller<br />
Anstrengungen nicht genug Überschüsse<br />
erwirtschaftete, wurde zu wenig investiert.<br />
Also wurde der Kapitalstock der<br />
Volkswirtschaft geschreddert, während<br />
gleichzeitig der Öffentlichkeit vorgegaukelt<br />
wurde, die DDR sei die zehntgrößte<br />
Industrienation der Welt.<br />
Weil keine Diktatur Protest duldet, wurde<br />
der DDR-Aufstand um den 17. Juni 1953<br />
von sowjetischen Panzern niedergewalzt.<br />
Am 13. August 1961 mauerte die Partei<br />
"ihr" Volk ein. An den Grenzen wurden<br />
Minenzäune und Selbstschussanlagen<br />
installiert. Ausreiseanträge wurden abgelehnt,<br />
die Antragsteller wurden häufig<br />
inhaftiert. Erst 1989 hatte die von Leipzig<br />
ausgehende Friedliche Revolution Erfolg.<br />
In der Folge zerbrach das komplette "Sozialistische<br />
Weltsystem" vollständig.<br />
Im Gegensatz zu damals wird in der Bundesrepublik<br />
mindestens alle vier Jahre<br />
über die Zukunft Landes frei abgestimmt.<br />
Das ist jedes Mal wieder eine neue Chance<br />
auf friedliche Veränderung.<br />
Übrigens:<br />
Natürlich ist anstrengungsloser Wohlstand<br />
doch möglich! Allerdings nur so<br />
lange, bis der Kapitalstock des Schlaraffenlandes<br />
vollständig aufgebraucht<br />
wurde.<br />
Ihr Helfried Schmidt<br />
Reinraumsysteme<br />
Rein in die Zukunft<br />
Preisträger<br />
im Wettbewerb<br />
«Großer Preis des<br />
Mittelstandes»<br />
SCHILLING ENGINEERING GmbH<br />
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04 Gesellschaft<br />
05<br />
52<br />
49<br />
12<br />
INHALT<br />
34<br />
21<br />
03<br />
Im Schlaraffenland<br />
Editorial von Helfried Schmidt<br />
Gesellschaft<br />
06<br />
Das postartifizielle Zeitalter<br />
Wenn die Trennlinie zwischen<br />
Mensch und KI verschwimmt: Eine<br />
Betrachtung von Patrick Hedfeld<br />
10<br />
12<br />
Kinderschach und Unternehmertum<br />
Dr. Helfried Schmidt über Gerhard<br />
Köhler, der Kindern das Spiel der<br />
Könige nahebringt<br />
Die Politik muss liefern<br />
Ein Interview mit Lukas Zörner über<br />
den neuen deutschen Mittelstand<br />
und seinen Kampf gegen Bürokratie<br />
und Verkrustung<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
28<br />
29<br />
30<br />
Balleinladung<br />
Termine und Infos für Auszeichnungsgalas<br />
und Bälle <strong>2023</strong><br />
Glück und Anerkennung<br />
Kolumne von Petra Tröger<br />
Weiterbildung als Treibstoff<br />
Ute Juschkus und Christian Wewezow<br />
präsentieren die Ergebnisse der<br />
neuesten gemeinsamen Studie des<br />
RKW-Kompetenzzentrums und der<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
38<br />
30<br />
Coaching und Führung – zum<br />
Wachstum inspirieren<br />
Prof. Dr. Monika Zimmermann<br />
plädiert für eine neue, Generationen<br />
übergreifende Unternehmenskultur<br />
52<br />
56<br />
62<br />
Aus Fehlern lernen -<br />
in komplexen Zeiten ein Muss<br />
Das Neue erschließt sich nur dem,<br />
der ausgetretene Pfade verlässt. Wie,<br />
das beschreibt Anne M. Schüller<br />
Cyberkriminalität<br />
So werden Mitarbeiter-PCs in freier<br />
Wildbahn sicherer<br />
Lifestyle | Auto<br />
64<br />
Das Phämomen der Distanz<br />
Mercedes Kompakt -SUV GLC 300e<br />
Die Autoseiten von Arnd<br />
und Wilhelm Garth<br />
Impressum<br />
66<br />
Leserbriefe und Impressum<br />
Titelbild<br />
© freepik.com<br />
Covermontage Clemens Vogel<br />
… ABER UNSER<br />
ZUHAUSE IST GANZ<br />
NACH UNSEREM<br />
GESCHMACK.<br />
© FREEPIK.COM | VECSTOCK<br />
16<br />
18<br />
21<br />
Das Wahlrecht nicht allein<br />
den Parteien überlassen<br />
mahnt Dr. Hanspeter Georgi<br />
Geringe Emotionale Bindung – Die<br />
Deutschen mögen ihre Chefs nicht<br />
Gerald Wood interpretiert die neueste<br />
Gallup-Engagement-Studie<br />
Gesetze werden nicht<br />
zu Ende gedacht<br />
Lothar Müller kommentiert das<br />
Gebäudeenergiegesetz<br />
Wirtschaft<br />
34<br />
36<br />
Trotz Wirtschaftskrise<br />
Umfrage: Deutsche KMU investieren<br />
verstärkt in neue Technologien<br />
Achtung, Start-ups<br />
und Unternehmen:<br />
Jetzt schnell handeln bei wertgeminderten<br />
Gesellschafterdarlehen<br />
im steuerlichen Privatvermögen - rät<br />
Dr. Lukas Karrenbrock<br />
44<br />
46<br />
49<br />
Verkaufen ist unsexy<br />
Falk S. Al-Omary argumentiert<br />
gegen eine radikale Sales-Kultur<br />
Geldverschwendung<br />
bei digitalem Marketing<br />
Werbung ist wertlos ohne solide<br />
Website, erklärt Dominik Pühringer<br />
Der Deindustrialisierung<br />
entgegenwirken<br />
7 Maßnahmen für das Pflichtenheft<br />
des Mittelstandes<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
58<br />
62<br />
Moderne Lebensentwürfe in<br />
Familienunternehmen- Wie Patchworkfamilien<br />
erfolgreich zusammenarbeiten<br />
Die Veränderungen in den Strukturen<br />
bringen jedoch auch Herausforderungen<br />
mit sich, weiß Thomas<br />
A. Zenner<br />
Verbesserter Patentschutz -<br />
EPG stärkt innovativen deutschen<br />
Mittelstand<br />
Eine effiziente Möglichkeit,<br />
Patente durchzusetzen, sieht darin<br />
Dr. Stefan Zech<br />
Bildnachweise<br />
© pixabay.com (Seite 62)<br />
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06 Gesellschaft<br />
07<br />
Das postartifizielle<br />
Zeitalter<br />
Wenn die Trennlinie zwischen Mensch und KI verschwimmt<br />
Wir führen manchmal falsche und<br />
manchmal richtige Diskussionen. Die<br />
Debatten um ChatG<strong>PT</strong> werden auf diese<br />
Weise geführt. Natürlich kann man jetzt<br />
Vergleiche aus der Vergangenheit herausholen<br />
und anstreben, schauen wir uns die<br />
industriellen Revolutionen an: Der erste<br />
Schub I führte dazu, dass Dampf durch<br />
Maschinen in unglaubliche Kraft umgewandelt<br />
werden konnte, große Anlagen<br />
waren möglich und pulverisierten in kurzer<br />
Zeit Berufe, die noch als sicher galten.<br />
Eine starke Maschine, die alles verarbeiten<br />
kann, kann auch sich selber bewegen und<br />
mit Rädern und Schienen Orte miteinander<br />
verbinden, die früher Wochen voneinander<br />
entfernt lagen und nun in kurzer<br />
Zeit erreichbar waren. Der Raum, in dem<br />
wir lebten, änderte sich. Der zweite Schub<br />
führte u.a. das Fließband ein und die Fabrik,<br />
trennte Wohnstätte- und Berufsstätte<br />
und Arbeit wurde streng nach der Uhr<br />
in Lohn umgewandelt. II Die Zeit änderte<br />
sich. Der dritte Schub führte den Computer<br />
ein. Wer kann sich heute noch vorstellen<br />
mit Tusche und Papier eine präzise<br />
Zeichnung anzufertigen, wenn es hunderte<br />
von Apps dafür gibt? Unsere Produktivität<br />
erfuhr wieder einen Schub und Emails<br />
beschleunigten unsere Welt und verbanden<br />
weltweit Menschen miteinander, die<br />
sogar unterschiedliche Sprachen gelernt<br />
hatten. Die Kommunikation und das Zusammenleben<br />
änderten sich, noch einmal.<br />
Wir verlieben uns sogar manchmal über<br />
das Internet und den Computer.<br />
Und heute? Der vierte Schub?<br />
ChatG<strong>PT</strong> revolutioniert wie viele KI-Generatoren<br />
ganze Branchen und wir stehen<br />
erst am Anfang. III<br />
Ein paar wichtige Gedanken hierzu. KI<br />
ist in seinem eigentlichen Kern zunächst<br />
statistische Mathematik. Keine Monster<br />
oder bösen Roboter, die uns am ersten<br />
Tag versuchen, gleich umzubringen. Meine<br />
persönliche Verschwörungstheorie<br />
handelt von ein paar Mathematikern, die<br />
bei anderen befreundeten Kollegen in<br />
den 70er Jahren im Keller bei ein paar Getränken<br />
saßen und sich überlegten, Statistik<br />
interessanter zu machen und nannten<br />
das, was sie machten, einfach „künstliche<br />
Intelligenz“. Aber was heißt schon intelligent?<br />
Eine menschliche Intelligenz würde<br />
mir nicht immer einen freundlichen guten<br />
Morgen wünschen, Texte zusammenfassen<br />
und mir einen Plan schreiben, was ich<br />
aus den Resten in meinem Kühlschrank<br />
kochen könnte. Unser Nachbar - früher<br />
aus der alten Wohnung - hätte nach der<br />
ersten Frage die Tür wieder zugeknallt.<br />
Auch eine Form von „Intelligenz“. Ich<br />
musste laut lachen, als die erste „menschliche<br />
Intelligenz“ von einer Spaßzeitschrift<br />
entworfen wurde, der sogenannte Depp-<br />
G<strong>PT</strong> IV . Nach der ersten Frage hat er oft keine<br />
Lust mehr oder empfiehlt den Mist, den<br />
ich da will, einfach mal selber zu googlen.<br />
Die KI macht da was anderes für mich.<br />
Die Debatte um künstliche Intelligenz ist<br />
schwierig, weil die Debatte um Intelligenz<br />
schon schwierig ist. Vielleicht ist die Frage<br />
auch gar nicht zu beantworten. Und will<br />
ich überhaupt menschliche Intelligenz<br />
nachbilden und ist das mein Ziel oder will<br />
ich einen datengetriebenen Berater, der<br />
uns im Alltag hilft oder uns beschützt,<br />
wenn es schwierig wird?<br />
Die Debatte sollte eine andere werden<br />
und sie wird auch in drei bis fünf Jahren<br />
eine komplett andere sein. Erinnern Sie<br />
sich noch an die erste Schreibkorrektur?<br />
Zu umständlich, zu ungenau, zu künstlich,<br />
zu artifiziell. Einem Menschen geht<br />
seine Rechtschreibung und damit seine<br />
eigene Sprache abhanden. Man kann das<br />
nicht nehmen, was wird nur aus unseren<br />
Kindern in der Schule? Heute benutzt es<br />
fast jeder. Ich denke mit Generatoren, egal<br />
ob Text, Bild oder Musik - werden wir das<br />
eines Tages auch machen. v<br />
Und ChatG<strong>PT</strong>?<br />
Es beschleunigt mich. Es beschleunigt<br />
mich aber nur dann, wenn ich schlau<br />
genug bin, kritisch auf das Ergebnis zu<br />
schauen. Alles, was semantisch ist, ist jetzt<br />
erzeugbar. Also auch Programmiersprachen.<br />
Natürlich kann ich einen Webzugriff<br />
in der alten Programmiersprache COBOL<br />
schreiben lassen, wenn ich ihn danach frage.<br />
Aber ich muss wissen, dass ich dazu die<br />
Technologie CICS brauche. Ich muss wissen,<br />
wie ich den Code teste. Ich muss verstehen,<br />
wenn ich etwas will, wie man etwas Neues<br />
einbaut. Einfach so, geht es nicht. Aber<br />
das Programm ist wie ein intelligenter<br />
Teenager: es lernt dazu und hilft mir bei<br />
meinen Aufgaben, die mich vielleicht zu<br />
© FREEPIK.COM | VECSTOCK<br />
viel Zeit kosten. Ich darf sie abgeben und mich<br />
wichtigen Dingen zuwenden. Wenn Sie gerade<br />
nicht verstehen, worum es geht, dann erzeugen<br />
Sie die Programme lieber nicht. Wozu kann man<br />
unseren KI-Assistenten denn noch benutzen?<br />
Schnelle Antworten: ChatG<strong>PT</strong> kann Ihnen sofortige<br />
Antworten auf Ihre Fragen liefern, ohne<br />
dass Sie Zeit mit der Suche nach Informationen<br />
verbringen müssen. Dadurch sparen Sie Zeit und<br />
können sich auf andere Aufgaben konzentrieren.<br />
Automatisierte Aufgaben: ChatG<strong>PT</strong> kann einfache<br />
Aufgaben automatisieren, wie z.B. das<br />
Erstellen von Terminen, das Überprüfen von Informationen<br />
oder das Durchführen von Recherchen.<br />
Ressourcenoptimierung: ChatG<strong>PT</strong> kann dabei<br />
helfen, Ressourcen effizienter zu nutzen, indem<br />
es bei der Planung, Organisation und Priorisierung<br />
von Aufgaben unterstützt.<br />
Ideenfindung: ChatG<strong>PT</strong> kann Ihnen bei der<br />
Generierung von Ideen und Lösungen helfen.<br />
Wenn Sie beispielsweise in einem kreativen Prozess<br />
stecken, kann ChatG<strong>PT</strong> neue Perspektiven<br />
oder Ansätze vorschlagen, um Ihre Produktivität<br />
zu steigern.<br />
Und natürlich hat das Schwächen. Es können<br />
falsche Aussagen vorkommen oder falsche Ergebnisse<br />
produziert werden. Aber das gehört<br />
zum Beschleunigt-sein dazu. In der Diskussion<br />
nennt man das „statistischer Papagei“ - die<br />
Ergebnisse sind fantastisch und sehen wunderschön<br />
aus, sind aber vielleicht kompletter<br />
Unsinn und nur schön zusammengestellt ṾI<br />
Manchmal. Oder vielleicht bis zum nächsten<br />
Update?<br />
Logische Voraussagen<br />
Manchmal sollte einem der Zauberer den Trick<br />
nicht verraten, dann ist es weniger spektakulär,<br />
gilt auch für KI Algorithmen und dennoch:<br />
Stellen Sie sich vor, Sie würden das Internet auswendig<br />
lernen, zweimal. Alle Wörter in ihrem<br />
Kopf würden sie mathematisch in Bezug setzen.<br />
So hat das Wort „Apfel“ einen hohen Bezug<br />
zum Wort „Baum“ und das Wort „Käsekuchen“<br />
einen sehr niedrigen Bezug zum Wort „Eclipse“.<br />
Das ist in Ordnung. Lesen Sie mal folgenden<br />
Text VII und überlegen Sie welches Wort als<br />
nächsten kommen könnte: „Meine Großmutter<br />
muss oft die Räder wechseln lassen und auch<br />
die Windschutzscheibe ist in den letzten Jahren<br />
immer dreckiger geworden, dennoch leiht sie<br />
uns gerne ihr schönes altes …“<br />
Bei den meisten Personen kommt nun u
08 Gesellschaft<br />
09<br />
www.efen.com<br />
© PATRICK HEDFELD<br />
hoffentlich das Wort Auto in den Sinn,<br />
wenn nicht, habe ich mein Ziel verfehlt.<br />
Vor einiger Zeit hatte ich mal einen Studenten,<br />
der an dieser Stelle unbedingt<br />
Toyota gesagt hat, obwohl es grammatikalisch<br />
gar nicht perfekt passte. Seine<br />
Großmutter fuhr einen alten gelben Toyota.<br />
Das Wort „Großmutter“ und das Wort<br />
„Toyota“ waren in seinem Kopf stärker<br />
miteinander verbunden als vielleicht bei<br />
uns. Aber wie auch immer. Das ist das, was<br />
diese Modelle machen: VIII Mit viel Mathematik<br />
und Statistik sagen sie Wörter<br />
voraus, die möglicherweise als nächstes<br />
kommen können. „Unterhält“ man sich<br />
mit ihnen, dann setzen sie andere Wörter<br />
in Bezug und modellieren eher diese als<br />
die voreingestellten Verbindungen.<br />
Mein Dialog mit DeppG<strong>PT</strong><br />
Wir kommen in ein anderes Zeitalter, das<br />
Zeitalter des postartifiziellen. Am Beispiel<br />
eines Plagiats in der Wissenschaft erkennt<br />
man das am besten: Früher war der vom<br />
Menschen selbst geschriebene und gestaltete<br />
Text richtig, der kopierte und nicht<br />
durchdachte Text war das Plagiat. Auch<br />
wenn man da eine unterschiedliche Meinung<br />
haben konnte, der Plagiatscanner<br />
hatte eine Aufgabe: Nämlich die kopierten<br />
Textstellen zu finden. Klingt fast einfach.<br />
Das Zeitalter heute? Algorithmus, also<br />
texterzeugende Maschinen, gegen den<br />
Gegen-Algorithmus, also textanalysierende<br />
Maschinen. Beide werden verbessert<br />
und manchmal gewinnen die einen und<br />
manchmal die anderen Strukturen. Das ist<br />
nicht mehr so einfach.<br />
Unsere Texte sind vielleicht ab einem bestimmten<br />
Jahr – nehmen wir einfach mal<br />
das Jahr 2010 – nicht mehr unbedingt von<br />
Menschen geschrieben, sondern wurden<br />
erzeugt oder vermischt. Das Jahr ist<br />
schlecht gewählt, denn schon 1959 wurden<br />
in Deutschland pionierhaft Texte generiert,<br />
die sogenannten „stochastischen<br />
Texte“ von Theo Lutz gab es damals schon.<br />
IX Man gab ein paar Wörter ein und die<br />
Maschine erstellte eine Art Text oder Gedicht.<br />
Ein Kunstwerk? Vielleicht. Ein artifizieller<br />
und generierter Text? Ganz sicher.<br />
Auch fast jedes Bild kann man schon heute<br />
ändern und verschieben. x<br />
Trennlinie zwischen Mensch<br />
und KI verschwimmt<br />
Woran erkennt man den künstlichen<br />
also artifiziellen Text? Hätten wir vielleicht<br />
alles sammeln und wegschließen<br />
sollen, was noch<br />
garantiert von Menschen<br />
produziert<br />
wurde? Muss man<br />
in der Zukunft eine<br />
„Quote“ einführen,<br />
mit der man Texte<br />
auf „Menschlichkeit“<br />
prüfen sollte?<br />
Und wie sollte diese<br />
aussehen? Und will<br />
ich überhaupt einen<br />
Text, der zu 100 Prozent<br />
von Menschen<br />
geschrieben wurde<br />
oder geht es mir um<br />
den Inhalt? Ein sehr<br />
guter Brief, der mir<br />
eine Beförderung<br />
einbringt. Ein Bewerbungsschreiben,<br />
das<br />
mich in einer Firma<br />
aufsteigen lässt.<br />
Ein Liebesbrief, der<br />
meine Angebetete dahinschmelzen<br />
lässt. Ein erster Buchvertrag<br />
mit einem Bild von mir auf dem<br />
Cover – als Superman verkleidet und schöner<br />
als ich es mir hätte erträumen lassen.<br />
Produziert in weniger als einer Stunde. Der<br />
Rest des Tages ist frei.<br />
Und heute? Man kann sich im Grunde<br />
nicht sicher sein, wer den Text, den man gerade<br />
liest, verfasst hat. Wir sind im postartifiziellen<br />
Zeitalter angekommen, da die<br />
Trennlinie zwischen menschlichem und<br />
künstlich erzeugtem Text verschwimmt.<br />
Keine Sorge, der Text kommt direkt aus<br />
meinem Kopf und soll Sie zum Nachdenken<br />
bringen. Vielleicht ist er in einem halben<br />
Jahr auch schon wieder überholt. Aber<br />
wer hätte schon gedacht, dass der Teil<br />
- genau in diesem Text – nämlich zwischen<br />
„Schnelle Antworten“ und „-… Produktivität<br />
zu steigern.“ in Wirklichkeit von ChatG<strong>PT</strong><br />
geschrieben wurde? •<br />
I Phyllis Dean: The First Industrial Revolution. 2nd ed.<br />
Cambridge University Press, Cambridge 1982, ISBN<br />
0 521 22667 8.<br />
II Christian Kleinschmidt: Technik und Wirtschaft im<br />
19. und 20. Jahrhundert. Göttingen, 2007.<br />
III Introducing ChatG<strong>PT</strong> (openai.com) (Abruf<br />
08.07.<strong>2023</strong>)<br />
IV DeppG<strong>PT</strong>: Der Postillon veröffentlicht erste wirklich<br />
menschliche KI (der-postillon.com), Abruf<br />
08.07.<strong>2023</strong><br />
V Noch lange nicht in die Jahre gekommen und<br />
Quelle vieler solcher Idee ist: "Ethical IT Innovation:<br />
A Value-based System Design Approach" (Taylor &<br />
Francis, 2015) von S. Spiekermann.<br />
VI https://www.youtube.com/<br />
watch?v=N5c2X8vhfBE (Abruf 08.07.<strong>2023</strong>)<br />
VII Ein Berührungspunkt zwischen Psychologie,<br />
Sprache und KI ist der Konnektionismus, vergleiche:<br />
Ulrich Schade: Konnektionismus. Zur Modellierung<br />
der Sprachproduktion. Westdeutscher<br />
Verlag. Opladen 1992, ISBN 3-531-12301-7<br />
VIII Die wissenschaftliche Arbeit hierzu ist das berühmte<br />
„Attention is all you need“ Paper von<br />
2017. https://arxiv.org/abs/1706.03762 (Abruf<br />
08.07.<strong>2023</strong>)<br />
IX Theo Lutz: "Stochastische Texte", in: augenblick<br />
4 (1959), H. 1, S. 3-9 und auch Theo Lutz: Stochastische<br />
Texte (stuttgarter-schule.de) (Abruf<br />
08.07.<strong>2023</strong>)<br />
X DragGAN: KI-gestützte, fotorealistische Bildbearbeitung<br />
per Drag & Drop | heise online (Abruf<br />
08.07.<strong>2023</strong>) oder hier das Paper: Drag Your GAN:<br />
Interactive Point-based Manipulation on the Generative<br />
Image Manifold (mpg.de) (Abruf 08.07.<strong>2023</strong>)<br />
Über den Autor<br />
Patrick Hedfeld<br />
studierte Theoretische Physik<br />
und Philosophie an der TU<br />
Darmstadt und an der Universidad<br />
de Salamanca und<br />
promovierte über Kognitionspositionen<br />
bei Hegel. Der<br />
Publizist ist Freier Dozent an<br />
der FOM Hochschule und<br />
Senior IT Projektleiter bei der<br />
Deutschen Leasing AG in Bad Homburg.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Das EFEN-Versprechen: Einfach.Mehr.Möglichkeiten.<br />
Qualität Service Zuverlässigkeit Nachhaltigkeit<br />
Einfach.Mehr.Möglichkeiten.<br />
Smarte Technik für die Energieversorgung<br />
Für EFEN steht der ressourcenschonende Umgang mit Rohstoffen<br />
im Fokus. Wir nehmen Chancen aktiv wahr und investieren<br />
in Zukunftstechnologien, sowie in Aus- und Weiterbildung<br />
unserer Mitarbeiter. Unsere Vision von nachhaltiger<br />
Entwicklung, um Erfolg dauerhaft zu sichern.<br />
Unser Nachhaltigkeitsgebot:<br />
Die Fertigung unserer Produkte<br />
erfolgt nachhaltig und emissionsarm.
10 Gesellschaft<br />
11<br />
64 Felder,<br />
32 Figuren<br />
Im Jahr 2009 wurde der Taucher Unternehmer<br />
Gerhard Köhler Preisträger<br />
des „Großen Preis des Mittelstandes“:<br />
Er hatte mit Partnern die ORWO Net<br />
GmbH gegründet, um den traditionsreichen<br />
Fotostandort ORWO in Wolfen<br />
aus der Insolvenz zu retten und zu sanieren.<br />
Erfolgreich. Aus damals 31 Beschäftigten<br />
wurden 350 Mitarbeiter.<br />
Köhler ist sich sicher, dass er diesen unternehmerischen<br />
Erfolg auch seinem<br />
Hobby verdankt:<br />
Schon im Alter von sechs Jahren lernte<br />
Gerhard Köhler selbst das Schachspiel<br />
und liebt es bis heute. Er wurde zwei<br />
mal Dritter der DDR-Jugendmeisterschaften,<br />
gewann 2010 den Deutschlandcup<br />
der Schachamateure und<br />
wurde 2012 Dritter der Deutschen<br />
Schachamateurmeisterschaften. In<br />
2016 wurde er Amateur-Weltmeister<br />
und gewann danach verschiedene Landesmeisterschaften<br />
der Senioren.<br />
Spiel der Könige<br />
Das Schachspiel fördert Tugenden<br />
wie Sorgfalt, Strategie, Geduld, Planung,<br />
Weitsicht, Empathie, Willenskraft<br />
und soziale Kompetenzen. Aber<br />
beim Schach spielen übt man auch<br />
Führungsqualitäten, Mut und nicht<br />
zuletzt die Fähigkeit, mit anderen<br />
Menschen netzwerken zu können<br />
oder in mehreren Schritten und vernetzten<br />
Konstellationen denken und<br />
planen zu können. Es gibt nur wenige<br />
Aktivitäten, bei denen Bildung<br />
so unmittelbar mit Erziehung und<br />
Persönlichkeitsentwicklung verzahnt<br />
ist. Kein Unternehmer, keine Führungskraft<br />
kann dauerhaft Erfolg haben,<br />
ohne diese Eigenschaften entwickelt<br />
zu haben.<br />
„Spiel der Könige“ wird das Schachspiel<br />
deshalb genannt. Es zählt zu den ältesten<br />
und am weitverbreitetsten Brettspielen<br />
der Welt. Acht mal acht Felder<br />
auf denen Bauern, Springer, Türme, Läufer<br />
und Dame seit alters her Zug um<br />
Zug verschoben werden,<br />
den König matt<br />
zu setzen. Kaum ein<br />
anderes Spiel kann<br />
auf eine so traditionsreiche<br />
Geschichte<br />
zurückblicken wie<br />
Schach. Kaum ein<br />
anderes Spiel verbindet<br />
so viele verschiedene<br />
Menschen und<br />
Kulturen und ist gleichermaßen<br />
einfach<br />
wie komplex. Und<br />
nicht zuletzt: Man<br />
kann auch mal einen<br />
schlechten Zug machen,<br />
und am Ende<br />
trotzdem gewinnen.<br />
Sieg und<br />
Niederlage<br />
Deshalb ist auch<br />
kaum ein anderes<br />
Spiel so geeignet, Kindern<br />
die Freude am<br />
Spiel zu vermitteln<br />
und gleichzeitig einen<br />
fundamentalen Beitrag<br />
für die frühkindliche<br />
Bildung zu leisten.<br />
Schach fördert<br />
die Konzentration, das<br />
strategische Denken,<br />
die Kreativität. Alles<br />
Eigenschaften, ohne<br />
die kein Unternehmen<br />
entwickelt werden kann. Ebenso<br />
wie den Umgang mit Sieg und Niederlage,<br />
ein wichtiger Bestandteil sozialer<br />
Kompetenz. Und nicht zuletzt können<br />
behinderte und nichtbehinderte Menschen<br />
problemlos miteinander spielen.<br />
Seit mehreren Jahren ist Gerhard Köhler<br />
Präsident des Vereins „Kinderschach<br />
in Deutschland“ und gründete 2016<br />
eine eigene Schachstiftung. Hier konnte<br />
er den leidenschaftlichen Schachspieler<br />
Peer Steinbrück, Bundesminister<br />
und Ministerpräsident a. D., als<br />
Gerhard Köhlers Vision ist, jedem zweiten Kind ab vier Jahren<br />
das Schachspiel beizubringen. Er ist Präsident des ISO-zertifizierten<br />
Vereins „Kinderschach in Deutschland“<br />
© JANIN HEMMANN (ORWO NET GMBH)<br />
Vorsitzenden des Beirats gewinnen.<br />
Steinbrück teilt Köhlers<br />
Vision, jedem zweiten Kind ab vier<br />
Jahren das Schachspiel beizubringen.<br />
Damit sie Schach schon in den<br />
Kitas und Grundschulen lernen können,<br />
müssen wiederum Erzieherinnen<br />
und Erzieher dafür gewonnen werden.<br />
Und um das Programm bundesweit<br />
umzusetzen, braucht es breite<br />
gesellschaftliche Unterstützung.<br />
Die Oskar-Patzelt-Stiftung und das<br />
<strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong> sind schon dabei. Helfen<br />
auch Sie mit! •<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
PEER STEINBRÜCK<br />
Wer an strategischem Denken und Spielwitz<br />
seine Freude hat, wer der Ästhetik eines<br />
Spieles und seiner Figuren etwas abgewinnen<br />
kann, wer Spannung und Nervenkitzel sucht,<br />
wer bereit ist, sich sowohl im Sieg als auch in<br />
der Niederlage zu bewähren, der sollte Schach<br />
lernen - was ihn lebenslang beschäftigen kann.<br />
DIE GEMEINNÜTZIGE SCHACHSTIFTUNG GK GGMBH<br />
fördert die frühkindliche Bildung in Deutschland durch das<br />
Schachspielen in Kindergärten und Grundschulen<br />
GERHARD KÖHLER<br />
Durch das Schachspiel habe ich das Treffen von<br />
Entscheidungen auf der Basis von unsicheren<br />
Informationen über die Zukunft gelernt. Die<br />
Förderung von Kindern ab 4 Jahren in diesem<br />
Bereich unterstützt zudem Konzentration,<br />
Ausdauer, Problemlösungsfähigkeiten und<br />
strategisches Denken, die für künftige<br />
Unternehmer(innen) wichtig sind.<br />
www.schachstiftung-gk.de<br />
www.kinderschach-in-deutschland.de
13<br />
DIE POLITIK<br />
MUSS LIEFERN<br />
Ein Interview mit Lukas Zörner, Vice President Germany von Qonto,<br />
dem europäischen Marktführer im Finanzmanagement<br />
für KMU und Selbstständige.<br />
© FREEPIK.COM | CREATIVART<br />
© FREEPIK.COM<br />
Neuer deutscher Mittelstand und sein Kampf<br />
gegen Bürokratie und Verkrustung<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>: Herr Zörner, seit Ende Oktober letzten<br />
Jahres sind Sie Vice President Germany<br />
von Qonto, einer Finanzlösung für KMU<br />
und damit ganz dicht am deutschen Mittelstand.<br />
Wie würden Sie dessen Innovationskraft<br />
einschätzen?<br />
Ich glaube, die Innovations- und Schlagkraft<br />
des deutschen Mittelstands sucht<br />
seinesgleichen – innerhalb Europas, aber<br />
auch international. Unsere KMU entwickeln<br />
hochinnovative Lösungen und<br />
bauen Produkte von hervorragender<br />
Qualität – in Wahrheit ist der deutsche<br />
Mittelstand die Messlatte für internationale<br />
Standards.<br />
Gleichzeitig beweist der Mittelstand immer<br />
wieder, wie anpassungsfähig er ist.<br />
Besonders zu spüren war dies zu Beginn<br />
der Coronakrise: Selbst KMU, bei denen<br />
zum Beispiel Homeoffice nie ein Thema<br />
war, führten dies zu Krisenbeginn ein –<br />
ohne großes Zögern. Das war in vielen<br />
Großkonzernen anders.<br />
Gleichzeitig beobachte ich aber auch,<br />
dass kleine und mittlere Unternehmen<br />
in Deutschland zunehmend gebremst<br />
werden. Hindernisse gibt es vor allem<br />
von Seiten der Politik und Bürokratie.<br />
Die bürokratischen Hürden, die unseren<br />
KMU auferlegt werden, bremsen auch<br />
ihre Ambitionen. Wer ständig gegen<br />
Wände läuft, dem fehlt irgendwann die<br />
Energie zu rennen. Gerade in einer Welt,<br />
die sich immer schneller dreht und immer<br />
komplexer wird, ist es wichtig, den<br />
Mittelstand zu stärken und ihm zur Seite<br />
zu stehen. Für die Politik, aber auch für<br />
uns in der Wirtschaft bedeutet das: Wir<br />
müssen Barrieren identifizieren, sie aus<br />
dem Weg räumen und dem Mittelstand<br />
bessere Rahmenbedingungen bieten.<br />
Dann können sich KMU auch wieder auf<br />
das konzentrieren, was sie am besten<br />
können: innovative Produkte bauen.<br />
<strong>PT</strong>: Was wären denn bessere Rahmenbedingungen,<br />
um die Innovationsfähigkeit<br />
des Mittelstands zu stärken?<br />
Bessere Rahmenbedingungen für den<br />
Mittelstand beginnen für mich bei der<br />
engeren Zusammenarbeit von Politik<br />
und Wirtschaft. Eine Verzahnung von<br />
politischen Akteuren und Unternehmern,<br />
zum Beispiel in Form<br />
eines gemeinsamen Unterstützungsnetzwerkes,<br />
könnte in Deutschland<br />
viel Wert erzeugen – vor<br />
allem auch beim Thema<br />
Unternehmensgründung.<br />
Ohnehin müssen wir dafür<br />
sorgen, dass junge<br />
Menschen schon früh<br />
mit Gründungsthematiken<br />
in Berührung kommen<br />
– am besten schon<br />
zu Schulzeiten. Unternehmerisches<br />
Denken<br />
erfordert ein erhebliches<br />
Maß an Vorstellungsvermögen,<br />
viel Mut und die<br />
Fähigkeit, Dinge neu zu denken. Dazu<br />
kommt die Bereitschaft, tagtäglich Probleme<br />
lösen zu wollen – und können. Wie<br />
können wir erwarten, dass junge Gründern<br />
all das schon mitbringen, wenn es<br />
nur den allerwenigsten wirklich beigebracht<br />
wird?<br />
Mit Elite-Programmen in einigen wenigen<br />
Schulen oder Universitäten ist es<br />
nicht getan; stattdessen brauchen wir<br />
flächendeckende Programme – und zwar<br />
in allen Regionen Deutschlands, ob in der<br />
Stadt oder auf dem Land.<br />
Zusätzlich müssen wir dafür sorgen, dass<br />
es in Deutschland endlich entbürokratisierte<br />
und volldigitale Gründungs- und<br />
Unternehmensprozesse gibt. Dies wird<br />
maßgeblich von politischen Rahmenbedingungen<br />
bestimmt. Dort muss sich<br />
deutlich mehr bewegen – und zwar in<br />
Zusammenarbeit mit der etablierten<br />
Wirtschaft. Nur so wird am Ende ein<br />
Schuh draus – und der deutsche Mittelstand<br />
auch nachhaltig gestärkt.<br />
<strong>PT</strong>: Aktuell macht dem Mittelstand weniger<br />
die Bürokratie, sondern viel mehr<br />
die Inflation und Rezession zu schaffen.<br />
Bekommen Sie das auch zu spüren - oder<br />
Ihre Kunden?<br />
Richtig ist, dass das Marktumfeld aktuell<br />
instabiler ist als in den vergangenen Jahren.<br />
Sicherlich kann das auch bei dem ein<br />
oder anderen KMU zu Unsicherheiten<br />
führen, das ist ganz natürlich. Dennoch<br />
© QONTO DEUTSCHLAND<br />
lässt sich eindeutig sagen: Die Unternehmen,<br />
die von Anfang an auf ein robustes<br />
Geschäftsmodell gesetzt haben und<br />
finanziell gesund gewachsen sind, kommen<br />
auch gut durch diese Phase.<br />
Und: Die aktuelle Situation ist eine gute<br />
Erinnerung daran, dass es auch in wirtschaftlich<br />
guten Zeiten essenziell für Unternehmen<br />
ist, auf eine gesunde Finanzlage<br />
zu achten.<br />
Darüber hinaus bleibe ich dabei: Die<br />
deutsche Bürokratie ist und bleibt der<br />
größte Hemmschuh. Das zeigt übrigens<br />
auch eine Umfrage der Deutschen Industrie-<br />
und Handelskammer: Die Mehrheit<br />
der Unternehmer sehen Bürokratie als<br />
größtes Problem in Deutschland – und<br />
das trotz der anhaltenden Probleme<br />
bei der Energieversorgung. In meinen<br />
Augen ist das ein Weckruf. Eigentlich<br />
erstaunlich: Trotz einer turbulenten<br />
Wirtschaftslage ist das größte Problem<br />
hausgemacht und nicht etwa Folge einer<br />
externen Krise. Bedeutet für uns im Umkehrschluss<br />
aber auch: die Lösung haben<br />
wir selbst in der Hand.<br />
<strong>PT</strong>: Wo sehen Sie denn Möglichkeiten<br />
zum Bürokratie-Abbau?<br />
Allein die Tatsache, dass wir Unternehmer<br />
(und Bürger im Allgemeinen) nicht<br />
digital mit unseren Behörden kommunizieren<br />
können, spricht schon Bände. Ein<br />
Beispiel aus dem Leben unserer Kunden,<br />
die im Baugewerbe tätig sind: Bei u
14 Gesellschaft<br />
15<br />
großen Bauprojekten ist es immer noch<br />
üblich, kistenweise Ordner in mehrfacher<br />
Ausführung an die zuständigen Stellen<br />
zu schicken. Die Zeit und Energie, die Unternehmern<br />
solche Vorgänge kosten, ist<br />
enorm. Und es ist eben diese Zeit und Energie,<br />
die die Unternehmen in ihr Wachstum<br />
stecken sollten – nicht in unnötigen<br />
Papierkram. Ich zweifle nicht daran, dass<br />
auch der Staat mehr Digitalisierung will –<br />
aber an der Geschwindigkeit müssen wir<br />
dringend schrauben.<br />
Fairerweise muss man sagen, dass die<br />
Politik schon Schritte in die richtige Richtung<br />
macht: Das Zukunftsfinanzierungsgesetz<br />
ist ein gutes Beispiel. Für den<br />
Start-up-Standort Deutschland wäre es<br />
in der Tat wichtig, die Mitarbeiterbeteiligung<br />
steuerfrei zu stellen – besonders<br />
angesichts des Fachkräf- temangels. Allerdings<br />
ist dieser nicht nur für Start-ups,<br />
sondern auch für den Mittelstand ein<br />
enormes Problem. Deshalb sollten wir<br />
weit über dieses Gesetz hinaus Gas geben<br />
– nur mit ESOP für Start-ups ist es in<br />
Deutschland noch lange nicht getan.<br />
<strong>PT</strong>: Sie sind selbst Gründer und arbeiten<br />
für ein europäisches Scale-Up. Wie sehen<br />
Sie denn die Rahmenbedingungen für<br />
Gründer?<br />
Das größte Problem ist meiner Meinung<br />
nach, wie gesagt, die Bürokratie – insbesondere<br />
für Gründer. Wenn zwischen erster<br />
Geschäftsidee und Gründung sechs,<br />
sieben oder acht Monate ins Land ziehen,<br />
weil viele Vorgänge manuell<br />
erledigt werden müssen,<br />
man monatelang keine Rechnungen<br />
schreiben kann, weil<br />
zwar Kunden da sind, aber die<br />
Steuernummer auf sich warten<br />
lässt – das erstickt den<br />
Gründergeist doch im Keim.<br />
Ich habe vor einigen Jahren<br />
ein Fintech in London gegründet<br />
– dort dauerte die Gründung<br />
etwa 24 Stunden. Das<br />
müssen wir auch in Deutschland<br />
hinkriegen, sonst wandern<br />
uns die guten Leute mit<br />
ihren guten Ideen ab. Das können<br />
wir uns allein schon aufgrund<br />
des Fachkräftemangels<br />
nicht leisten.<br />
Ohnehin ist die Konkurrenz<br />
von Übersee groß. Für Scaleups<br />
ist es in Deutschland<br />
© FREEPIK.COM | CREATIVART<br />
zum Beispiel meist deutlich schwieriger,<br />
an Kapital zu kommen. So werden dann<br />
andere Länder, vor allem auch außerhalb<br />
Europas, attraktiver. Europa muss hier<br />
viel entschlossener vorgehen, um wettbewerbsfähiger<br />
zu werden.<br />
<strong>PT</strong>: Welche spezifischen Herausforderungen<br />
sehen Sie für kleine und mittlere<br />
Unternehmen in Bezug auf ihr Finanzmanagement<br />
und wie unterstützt Qonto<br />
dabei, diese zu bewältigen?<br />
Das Wichtigste für Unternehmer ist,<br />
dass sie im Hier und Jetzt agieren können.<br />
Wenn ein Einkauf ansteht oder eine<br />
Rechnung bezahlt werden muss, dann<br />
müssen Unternehmer die sofort begleichen<br />
können. Und nicht erst, wenn die<br />
Bankfiliale oder der Kundenservice Montagmorgen<br />
wieder öffnet. Dafür dreht<br />
sich unsere Welt mittlerweile einfach zu<br />
schnell. Außerdem brauchen KMU eine<br />
Lösung, die all ihre finanziellen Bedürfnisse<br />
abdeckt. Niemand hat Zeit, sich<br />
in zehn verschiedene Tools einzuloggen,<br />
die alle nicht vernünftig miteinander<br />
verbunden sind. Alle Funktionen – vom<br />
Zahlungsverkehr zur Rechnungsstellung<br />
und <strong>Ausgabe</strong>nmanagement – an einem<br />
Ort zu haben, das erzeugt echten Wert<br />
für Unternehmen. Dazu sind wir in der<br />
Lage, mit den KMU mitzuwachsen. Ob<br />
das Team wächst oder das deutsche<br />
KMU nach Spanien expandiert – eine<br />
Finanzmanagementlösung muss sich<br />
den verschiedenen Wachstumsphasen<br />
eines Unternehmens anpassen können.<br />
Dazu muss es auch fortwährend neue<br />
Angebote geben, die sich nach den sich<br />
ständig wandelnden Bedürfnissen von<br />
KMU richten. Wir arbeiten zum Beispiel<br />
mit innovativen Partnern wie Banxware<br />
und Silvr zusammen, um KMU auch<br />
kurzfristige Finanzierungen zur Verfügung<br />
stellen zu können. Erreichbar sind<br />
die Partnerangebote direkt über unsere<br />
Plattform – um es den Unternehmern<br />
so einfach wie möglich zu machen, sich<br />
finanziell gesund für die Zukunft aufzustellen.<br />
<strong>PT</strong>: Haben Sie denn Hoffnung, dass<br />
Deutschland und Europa in Sachen KMUund<br />
Start-up-Förderung noch die Kurve<br />
bekommen können?<br />
Ich bin absolut überzeugt davon, dass<br />
Deutschland alles hat, was es braucht,<br />
um langfristig erfolgreich zu sein. Ich<br />
beobachte auch, dass sich unser Blick<br />
langsam schärft – und sowohl die Wirtschaft<br />
als auch die hiesige Politik beginnt,<br />
deutlich europäischer zu denken. Wir<br />
müssen in Europa näher zusammenrücken,<br />
mehr voneinander lernen und ein<br />
starkes Deutschland schaffen. Bauen wir<br />
Bürokratie ab und ermöglichen es KMU<br />
und Start-ups, sich mehr auf ihr Business<br />
zu fokussieren, dann stärken wir auch<br />
Europa insgesamt. Das muss unser Ziel<br />
sein, denn davon profitieren wir alle.<br />
Qonto vereinfacht das tägliche<br />
Finanzgeschäft von 350.000 Unternehmen,<br />
automatisiert Buchhaltung,<br />
und ihr Rechnungsmanagement<br />
einer effizienten Online-App.<br />
Das Unternehmen ist in 4 Ländern<br />
(Deutschland, Frankreich, Spanien<br />
und Italien) mit derzeit 1.000 MitarbeiterInnen<br />
tätig. Seit seiner Gründung<br />
hat Qonto insgesamt 622<br />
Millionen Euro von Valar, Alven, der<br />
Europäischen Investitionsbank,<br />
Tencent, DST Global, Tiger Global,<br />
TCV, Alkeon, Eurazeo, KKR, Insight<br />
Partners, Exor und Gaingels gesammelt,<br />
die den globalen Wachstumsanspruch<br />
des Unternehmens<br />
unterstützen. Im Juli 2022 schloss<br />
sich Qonto mit dem deutschen Fintech-Champion<br />
Penta zusammen<br />
und wurde so auch in Deutschland<br />
Marktführer. •<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
202 Jahre Qualitätsfertigung<br />
Dieses Jahr feiern unsere Werke Geburtstag: Seit 100 Jahren in Saarbrücken, seit 80 Jahren in Calau und seit<br />
22 Jahren in Lubsko prägen unsere Werke die Industrie, setzen Maßstäbe und definieren die Grenzen des Möglichen<br />
immer wieder neu. Sie sind ein Symbol unseres Erbes und unseres andauernden Engagements für Qualität.<br />
Wir sind stolz auf unsere Geschichte und noch gespannter auf unsere Zukunft. Gemeinsam haben diese<br />
drei Werke 202 Jahre harten Arbeitens, Innovation und Engagement für unsere Kunden repräsentiert.<br />
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und Ihre Unterstützung haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind – vielen Dank!<br />
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16 Gesellschaft<br />
17<br />
© FREEPIK.COM | ARTBUTENKOV<br />
Das Wahlrecht nicht allein<br />
den Parteien überlassen<br />
1. „In einer offenen Demokratie ist konstruktives<br />
Misstrauen Bürgerpflicht,<br />
wenn die Regeln der politischen Willensbildung<br />
geändert werden“, schreibt<br />
uns mahnend Udo di Fabio ins Stammbuch.<br />
In seinem Beitrag in der FAZ vom<br />
17. Mai <strong>2023</strong> weist er zudem darauf<br />
hin, dass Wahlrechtsfragen eminente<br />
Machtfragen sind. Und da alle Staatsmacht,<br />
alle „Staatsgewalt vom Volke<br />
ausgeht“, wie es in Art. 20 GG formuliert<br />
ist, und da dies über Wahlen erfolgt,<br />
sollten wir Bürger wachsam sein, wenn<br />
Parteien das Wahlrecht ändern.<br />
geordneter in der Lage sei, die Sitzverteilung<br />
unfallfrei zu erklären“. Ähnlich<br />
schon einige Jahre vorher der Staatsrechtler<br />
Josef Isensee: Für den Normalwähler<br />
sei es kaum verständlich, was<br />
mit seiner Stimme passiere, wenn sie<br />
in die kafkaeske Rechenmaschine des<br />
deutschen Wahlsystems gesteckt werde.<br />
3. Hinzukommt, dass sicherlich ein Zusammenhang<br />
zwischen der Klage über<br />
den Mangel an Qualität des politischen<br />
Personals und der konkreten Ausgestaltung<br />
des Wahlrechts besteht. So seien<br />
auch für diese Diagnose zwei Stimmen<br />
zitiert. Der Sozialdemokrat Hans Apel<br />
beklagte dies 1991 in seinem Buch „Die<br />
deformierte Demokratie-Parteienherrschaft<br />
in Deutschland“. Ebenso der<br />
Christdemokrat Richard von Weizsäcker<br />
1992 im Gespräch mit Gunter Hofmann<br />
2. Das waren wir in der Vergangenheit<br />
sicherlich nicht. Denn wie sonst kann es<br />
geschehen, dass das jetzige Wahlrecht<br />
völlig intransparent ist? So beklagte<br />
schon im Jahr 2015 der damalige Präsident<br />
des Bundestags, Norbert Lammert,<br />
dass „nicht einmal eine Handvoll Abund<br />
Werner A. Perger. „Es ist ein spürbarer<br />
Mangel, dass wir auf wichtigen<br />
Fachgebieten viel zu wenig wirkliche<br />
Kenner haben.“ Das Hinterherhinken<br />
bei der Digitalisierung in Verwaltung<br />
und Schulen ist nur ein Beispiel. Und<br />
auch die große Dame des politischen<br />
Liberalismus Hildegard Hamm-Brücher<br />
ließ vor ihrem Tod 2016 verlauten: „Unsere<br />
Parteien-Demokratie funktioniert<br />
in ihren äußeren Abläufen. Aber sie verliert<br />
an Erneuerungs- und Gestaltungskraft<br />
nach innen als auch das Vertrauen<br />
der Bürgergesellschaft.“<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
4. Der Mangel an genügend qualifiziertem<br />
politischen Personal erklärt,<br />
zumindest teilweise, warum trotz aller<br />
Deregulierungsversprechen und Deregulierungskommissionen<br />
das Ergebnis<br />
erschreckend ist: das Verordnungsdickicht<br />
hat im Steuer-, Planungs-, Umwelt-<br />
und Sozialrecht immer mehr zugenommen.<br />
Nichts geht mehr, summum<br />
bonum-summum malum. Und die politischen<br />
Entscheidungsträger gerieren<br />
sich wie die tragische Figur des Sisyphos.<br />
Es scheint so, dass die Ministerialbürokratie<br />
mächtiger ist als der Gesetzgeber.<br />
5. Neben der mangelnden Transparenz<br />
und dem Zusammenhang zwischen<br />
Qualität des Personals und Qualität der<br />
Politik hat das aktuelle Wahlrecht auch<br />
die Zahl der Mandate erhöht. Gegenwärtig<br />
731 statt 598 in 299 Wahlkreisen.<br />
Die Wirkung der Verringerung auf 280<br />
Wahlkreise-Reform der großen Koalition-<br />
wird erst gar nicht abgewartet, die<br />
Ampel-Koalition hat ruck-zuck eine weitere<br />
Reform beschlossen, wonach bei<br />
künftigen Wahlen für die Stärke einer<br />
Partei im Parlament allein ihr Zweitstimmenergebnis<br />
entscheidend sein<br />
wird. Ohne hier auf Details eingehen zu<br />
wollen, bleibt festzuhalten: die Reform<br />
wertet eine Direktwahl durch uns Bürger<br />
ab. Direkt gewählte Repräsentanten<br />
werden ihr Mandat auch bei großen<br />
Mehrheiten in ihren Wahlkreisen nicht<br />
annehmen können, wenn dies mit dem<br />
Gewicht der Partei insgesamt nicht in<br />
Übereinstimmung zu bringen ist. Die<br />
Logik der Reform ist: Stärkung des Parteiensystems,<br />
Schwächung der Beteiligung<br />
des Bürgers an der Willensbildung.<br />
6. Das ist zweifellos ein Affront gegen<br />
uns Wahlbürger. Aber der Aufschrei, das<br />
konstruktive Misstrauen, das di Fabio<br />
anmahnt, bleibt aus. Obgleich durch das<br />
Wahlsystem die Mängel der Parteien-<br />
Demokratie verfestigt werden, obgleich<br />
die Intransparenz des Wahlsystems zunehmen<br />
wird - Was würden Lammert<br />
und Isensee sagen? - und obgleich das<br />
Machtgefüge weg vom Wahlbürger hin<br />
zu den Parteien weiter verstärkt würde.<br />
7. Hier könnte das Institut des Bürgerrats<br />
als Instrument der deliberativen<br />
Demokratie weiterhelfen. Da die Parteien<br />
es nicht geschafft haben, sich auf<br />
ein transparentes Wahlsystem zu verständigen,<br />
könnte diese Aufgabe auf<br />
den Bürgerrat übertragen werden. Bürger<br />
werden per Los in diesen Bürgerrat<br />
„gewählt“, beraten unter Hinzuziehung<br />
von politischen und verfassungsrechtlichen<br />
Experten und erarbeiten einen<br />
Vorschlag, mit dem sich der Bundestag<br />
abschließend befasst und dann<br />
eine Entscheidung trifft. Möglichweise<br />
werden die Bürger vorschlagen, in 299<br />
Wahlkreisen den jeweils Erst- und jeweils<br />
Zweitplatzierten je Wahlkreis in<br />
den Bundestag zu wählen. Das ergäben<br />
genau 598 Mandate, nicht mehr und<br />
nicht weniger als bislang vorgesehen,<br />
was aber nie mehr eingehalten worden<br />
ist. Dieses Wahlrecht wäre transparent<br />
und würde dem Wahlbürger mehr Mitsprache<br />
bei der Auswahl der fähigsten<br />
Repräsentanten einräumen.<br />
Und die Wahrscheinlichkeit würde zunehmen,<br />
stabilere Regierungen bilden<br />
zu können und bessere Gesetze zu bekommen.<br />
Was wollen wir Wahlbürger<br />
mehr? •<br />
Dr. Hanspeter Georgi<br />
Über den Autor<br />
ist Präsidiumsmitglied der<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung. Das<br />
Engagement des langjährigen<br />
saarländischen<br />
Wirtschafts- und Arbeitsministers<br />
und Volkswirtschaftlers<br />
galt vor allem<br />
der Aufwertung des Wirtschaftsstandortes<br />
Saarland,<br />
der Weiterentwicklung der beruflichen Bildung<br />
und der Fortentwicklung des allgemeinbildenden<br />
Schulsystems.<br />
Energizing Productivity<br />
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19<br />
Geringe emotionale Bindung<br />
Die Deutschen mögen ihre Chefs nicht<br />
Jahr für Jahr veröffentlicht das renommierte<br />
Markt- und Meinungsforschungsunternehmen<br />
die Ergebnisse<br />
der mittlerweile viel zitierten und bekannten<br />
„Gallup-Engagement-Studie 1 ”.<br />
Die Ergebnisse aus der letzten Erhebung<br />
in Deutschland sind ernüchternd: Nur<br />
dreizehn Prozent der Arbeitnehmer haben<br />
eine hohe emotionale Bindung zu<br />
ihrem Job, ihrem Chef und ihrem Unternehmen.<br />
69 Prozent haben eine geringe<br />
emotionale Bindung, leisten sozusagen<br />
„Dienst nach Vorschrift”, während fast<br />
jeder fünfte Mitarbeiter (18 Prozent) gar<br />
keine emotionale Bindung hat und sich<br />
demzufolge im Zustand der sogenannten<br />
inneren Kündigung befindet.<br />
Damit erreicht Deutschland nur den 27.<br />
Platz von 38 europäischen Ländern. Das<br />
Gallup-Institut hat ausgerechnet, dass<br />
damit der deutschen Wirtschaft volkswirtschaftliche<br />
Kosten zwischen 118,1<br />
und 151,1 Milliarden Euro 2 entstehen.<br />
Schlechte Nachrichten<br />
für die deutsche Wirtschaft<br />
Schon im Januar veröffentlichte das<br />
Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) seine Studie<br />
zum Wirtschafsstandort-Ranking 3 unter<br />
Familienunternehmen, wonach die Bundesrepublik<br />
nur den 18. Platz unter den<br />
21 Industrieländern belegt. Der Vorstand<br />
der Stiftung Familienunternehmen, Rainer<br />
Kirchdörfer, kritisiert: „Der Industriestandort<br />
Deutschland hat dramatisch an<br />
Qualität verloren.”<br />
Im März wurde der hessische Wärmepumpenhersteller<br />
Viessmann an den<br />
US-Konzern Carrier Global verkauft, und<br />
die Sorge, wie es mit dem Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland weiter gehen<br />
© FREEPIK.COM | MASTER1305<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
© <strong>2023</strong>, GALLUP INC.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
würde, wuchs. Lars Feld, Professor für<br />
Wirtschaftspolitik an der Albert-Ludwigs-Universität<br />
Freiburg, erklärte damals<br />
live im ZDF, dass der Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland für Unternehmen<br />
zuletzt immer unattraktiver geworden<br />
sei.<br />
Im Juli meldete dann der Onlinedienst<br />
Telepolis, dass sich der Kapitalabfluss aus<br />
Deutschland auf Rekordniveau befinde<br />
und zitierte dabei eine aktuelle Studie<br />
des Instituts der deutschen Wirtschaft<br />
(IW). Die Kapitalflucht nehme inzwischen<br />
besorgniserregende Ausmaße an.<br />
Der Standort Deutschland werde unattraktiv.<br />
Und schließlich meldete sich der Unternehmer,<br />
Startup-Investor und TV-Löwe<br />
Carsten Maschmeyer mit folgendem<br />
Post auf LinkedIn, dem größten Wirtschaftsnetzwerk<br />
der Welt, zu Wort:<br />
„Made in Germany gibt es bald nicht<br />
mehr!“<br />
Schrumpfende Wirtschaft,<br />
fehlende Innovationskraft<br />
Der aktuellen IWF-Prognose zufolge<br />
wird Deutschland das einzige große Industrieland<br />
sein, dessen Wirtschaft <strong>2023</strong><br />
schrumpft. Der Grund dafür liegt auf der<br />
Hand: Ein Giftcocktail aus Digitalisierungsstau,<br />
Innovationsschwäche, hohen Energiekosten<br />
und Arbeitskräftemangel. Längst<br />
fehlen Deutschland nicht mehr nur Fachkräfte.<br />
Es fehlen Arbeitskräfte – im Service,<br />
in der Dienstleistung, in der Pflege, in der<br />
Produktion.<br />
Es wird also höchste Zeit, dass die Ampel-<br />
Regierung aus ihrem Dornröschenschlaf<br />
erwacht und eine Standortpolitik verfolgt,<br />
die Deutschlands Wirtschaft stärkt: Schluss<br />
macht mit Klein-Klein-Regulierungen. Jetzt<br />
gilt es: Innovationskraft fördern, Energiepreise<br />
runter, Bürokratie abbauen.<br />
Kurz gesagt: Die Politik muss endlich anfangen,<br />
sich auf die Kernprobleme des Landes<br />
zu fokussieren, statt sich mit Orchideenthemen<br />
aufzuhalten.<br />
Dass unsere Politik bis heute den Eindruck<br />
erweckt, das Internet sei Neuland und neue<br />
Technologien seien eine vorübergehende<br />
Modeerscheinung, rächt sich jetzt und<br />
findet Ausdruck in den oben genannten<br />
Zahlen.<br />
Die USA machen es besser<br />
Der Blick in die USA zeigt, wie es auch<br />
hierzulande hätte funktionieren können<br />
– und müssen. Die Bilanz der letzten 15<br />
Jahre dort: Die US-Wirtschaft wuchs um<br />
76 Prozent auf 25,5 Billionen Dollar, angetrieben<br />
vom Silicon Valley. Die deutsche<br />
Wirtschaft wuchs stattdessen nur um<br />
magere 19 Prozent auf 4,1 Billionen Dollar.<br />
Hier besteht also großer Nachhol- und vor<br />
allem Handlungsbedarf.<br />
„Glaubt Ihr, Deutschland schafft<br />
es wieder in die internationale<br />
Spitzengruppe zurück?“<br />
Carsten Maschmeyer,<br />
LinkedIn, 26. Juli <strong>2023</strong><br />
Wenn man auf die Entwicklung des Gallup-Engagement-Indexes<br />
seit 2001 blickt,<br />
muss man die Hoffnung von Carsten Maschmeyer<br />
leider dämpfen und seine Frage<br />
mit einem klaren „Nein“ beantworten.<br />
Jahr für Jahr kamen deutsche Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer nicht über<br />
die 20-Prozent-Marke für hohe emotionale<br />
Bindung zum Job, zum Chef und zum<br />
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20 Gesellschaft<br />
150 Euro Milliarden Euro Verlust<br />
durch fehlende emotionale Bindung<br />
Darunter leidet – wie eingangs erwähnt<br />
– die Produktivität von Unternehmen<br />
sehr. Rund 150 Milliarden Euro gehen<br />
der deutschen Volkswirtschaft jährlich<br />
verloren. Mit Veränderungen in der Unternehmens-<br />
und Führungskultur in<br />
Deutschland könnte man eine Produktivitätssteigerung<br />
in Höhe des gesamten<br />
Bundeshaushaltes erreichen.<br />
Deutschland hat eine<br />
Führungs- und Kulturkrise<br />
Doch wie hängen die Ergebnisse von Gallup,<br />
dem ZEW, des IWF und der Befund<br />
von Carsten Maschmeyer zusammen?<br />
Gallup misst die emotionale Bindung<br />
von Mitarbeitern in deutschen Unternehmen<br />
und stellt fest, dass diese seit<br />
zumindest zwei Jahrzehnten auf sehr<br />
niedrigem Niveau ist. Das kostet Unternehmen<br />
Produktivität, Profitabilität,<br />
Mitarbeiter und Kunden. Jahr für Jahr<br />
tut sich nicht viel in den Betrieben der<br />
Bundesrepublik in Bezug auf die Mitarbeiter-<br />
und Kundenbegeisterung. Das<br />
gesamtdeutsche Ergebnis von 13 Prozent<br />
(hoch emotional gebunden), 69 Prozent<br />
(gering emotional gebunden) und 18<br />
Prozent (gar nicht emotional gebunden)<br />
ist ein Armutszeugnis für Arbeitgeber in<br />
diesem Land. Wenn man bedenkt, dass<br />
diese Ergebnisse letztendlich die Durchschnittswerte<br />
darstellen, heißt dies auch,<br />
dass es Unternehmen gibt, die noch<br />
weitaus schlechtere Quoten und somit<br />
noch weniger emotional gebundene<br />
Mitarbeiter haben. Wer als Partner, Kunde<br />
oder Bewerber an ein solches Unternehmen<br />
gerät, wird die volle Katastrophe<br />
des Standortes Deutschland am eigenen<br />
Leib zu spüren bekommen.<br />
Nicht nur die Politik muss handeln<br />
Die Unternehmens- und Führungskultur<br />
ist der Hauptgrund für mangelnde emotionale<br />
Bindung in deutschen Unternehmen.<br />
Das stellen sowohl Gallup als auch andere<br />
namhafte Unternehmensberatungen in<br />
Studien und Befragungen immer wieder<br />
fest.<br />
Viele Experten machen die Bürokratie,<br />
hohe Energiekosten, das Hochsteuersystem,<br />
staatliche Regulierung und andere<br />
Faktoren verantwortlich für die deutsche<br />
Misere. Das sind auch wichtige Faktoren.<br />
Aber: Diese sind nur ein Teil der Wahrheit.<br />
Denn: Wer fragt denn nach der Bürokratie,<br />
die in den Unternehmen selbst stattfindet?<br />
Oder nach der Angst- und Fehlerkultur,<br />
die noch weit verbreitet ist? Oder nach<br />
Kontroll-Freaks, die wenig Vertrauen in ihre<br />
Mitarbeiter haben? Was ist mit Führung<br />
und interner Innovationsbereitschaft? In<br />
all diesen Punkten gehört Deutschland<br />
ebenso zu den Ländern in der Welt, das am<br />
schlechtesten abschneiden – und dies seit<br />
zwei Jahrzehnten. Es sind nicht nur die Metadaten<br />
des Wirtschaftsstandortrankings,<br />
die Deutschland ein schlechtes Zeugnis<br />
ausstellen, es sind auch die Unternehmen<br />
selbst. Nicht nur die Politik muss handeln,<br />
auch das Management deutscher Unternehmen.<br />
Leadership muss neu gedacht<br />
und vor allem neu gemacht werden.<br />
Trendwende ist möglich<br />
Wenn in deutschen Unternehmen nicht<br />
eine Trendwende bei der Mitarbeiterführung<br />
von der Entdeckung bis hin zur<br />
Förderung individueller Talente im Unternehmen<br />
und in der Unternehmenskultur<br />
vollzogen wird, dann wird es auch mit dem<br />
Wirtschaftsstandort nichts mehr. Dabei<br />
liegen Mitarbeiterführung und die Schaffung<br />
einer positiven Leistungskultur fest<br />
in der eigenen Hand der Unternehmensführung.<br />
Die Unternehmen könnten selbst<br />
gestalten.<br />
Sie müssen nicht nur auf externe Einflüsse<br />
verweisen, könnten stattdessen selbst<br />
eine Wende zum Besseren einleiten. Es bedarf<br />
eines Paradigmenwechsels in den eigenen<br />
Köpfen. Was dieser bewirken könnte,<br />
zeigen die Studien ebenfalls: 10 Prozent<br />
mehr Kundenbindung, 21 Prozent mehr<br />
Produktivität, 22 Prozent mehr Gewinn –<br />
im Durchschnitt. •<br />
1 Engagement Index 2022 Deutschland, Gallup<br />
Deutschland GmbH<br />
2 Berechnung von Gallup Deutschland GmbH basierend<br />
auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes<br />
3 Länderindex Familienunternehmen, Leibniz-Zentrum<br />
für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)<br />
Gerald Wood ist Gründer<br />
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Potsdam und Münster und<br />
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Über den Autor<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Gesetze<br />
werden nicht<br />
zu Ende gedacht<br />
Die große Politik hatte sich in die Sommerpause<br />
verabschiedet und eine Auszeit<br />
für die Ampelkoalition war mehr als<br />
nötig. Denn was in den zurückliegenden<br />
Monaten auf dem Berliner Parkett geboten<br />
wurde, hatte nichts mit konstruktivem<br />
Regieren zu tun. Es war einer<br />
Demokratie unwürdig, wie die Ampelregierung<br />
versuchte, mit ihrer Stimmenmehrheit<br />
im Parlament vor der parlamentarischen<br />
Sommerpause ein Gesetz<br />
durchzubringen, dessen Auswirkungen<br />
für Deutschland in seiner Gesamtheit<br />
verheerende Auswirkungen hätte. Gut,<br />
dass der Rechtsstaat noch funktioniert,<br />
und das Bundesverfassungsgericht die<br />
geplante Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes<br />
(GEG) im Deutschen<br />
Bundestag in einem Eilverfahren gestoppt<br />
hat.<br />
Nun zieht in Berlin Mitte langsam wieder<br />
Leben ein. Doch es wird weiter heiß<br />
hergehen, denn ungelöste Themen wie<br />
die Gefahr der Deindustrialisierung des<br />
Wirtschaftsstandortes Deutschland und<br />
eine unausgegorene Energiepolitik des<br />
Habeck-Ministeriums sind nicht vom<br />
Tisch. Insbesondere das Reizthema Gebäudeenergiegesetzt,<br />
kurz GEG wird in<br />
diesen Wochen erneut zu heißen Diskussionen<br />
führen.<br />
Habecks Verständnis von Wirtschaft -<br />
ein Märchenbuch?<br />
Wirtschafts- und Klimaminister Habeck<br />
offenbart ein seltsames Verständnis und<br />
fragwürdige Kenntnis von der deutschen<br />
Wirtschaft. Er preist die Standortbedingungen<br />
in Deutschland und verteilt<br />
zugleich umfassende Subventionen für<br />
wenige Industriekonzerne. Durch Subventionen<br />
wie dem Industriestrompreis<br />
gelingt es bestenfalls einige Großkonzerne<br />
für eine gewisse Dauer im Land zu<br />
halten. Seine Erzählung, der Industriestrompreis<br />
werde in der Breite der Wirtschaft<br />
eine Besserung auslösen, stimmt<br />
einfach nicht. Denn gerade die mittelständische<br />
Wirtschaft erfährt diese Subventionen<br />
nicht.<br />
Um die Abkehr von Deutschland bei mittelständischen<br />
Unternehmen und Investoren<br />
aufzuhalten, muss die Regierung<br />
und allen voran der Wirtschaftsminister<br />
endlich die strukturellen Probleme anpacken<br />
– und zwar auf breiter Front. Die hohen<br />
Energiepreise sind dabei nur ein Thema,<br />
das der Wirtschaftsminister durch<br />
eine Ausweitung des Energieangebots in<br />
den Griff bekommen muss. Und welche<br />
Auswirkungen auf künftige Strompreise<br />
der Deal von BP und Total Energies mit<br />
Deutschland hat, für 12,6 Milliarden Euro<br />
das Recht zur Sicherung der Windkrafterzeugung<br />
vor der deutschen Küste zu<br />
erhalten, ist heute noch nicht absehbar.<br />
Gebäudeenergiegesetz -<br />
ein unfertiges Stückwerk<br />
Einige Anmerkungen zur Diskussion um<br />
den Dauerbrenner Gebäudeenergiegesetz<br />
(GEG), die nun nach der Sommerpause<br />
wieder zunehmen wird. Habecks u<br />
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22 Gesellschaft<br />
23<br />
© FRONTIER ECONOMICS<br />
Anteil der Wohnungen nach Baujahr. Berücksichtigt sind alle Wohnungen auf dem<br />
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, die über ein Heizsystem jedweder Art verfügen.<br />
Ministerium und die Ampelregierung<br />
stehen in der Pflicht zu liefern. Denn der<br />
bisherige Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens<br />
rund um das GEG ist gerade<br />
mit Blick auf seine enorme Bedeutung<br />
für alle Bürger vollkommen inakzeptabel.<br />
„Ein solches Verfahren, wie wir es beim<br />
GEG erleben, ist unserer Demokratie<br />
unwürdig,“ so die Meinung von Axel Gedaschko,<br />
Präsident des Spitzenverbandes<br />
der Wohnungswirtschaft GdW und<br />
Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Immobilienwirtschaft Deutschland<br />
(BID). Eigentlich sollte dem Ministerium<br />
und den Abgeordneten daran<br />
gelegen sein, dass Expertenmeinungen<br />
in das Gesetz einfließen. Das geht aber<br />
nicht im Schnellverfahren von heute auf<br />
morgen. Vor allem nicht in Anbetracht<br />
weitreichender finanzieller Folgen, die<br />
das Habeck-Gesetz neben Kommunen<br />
und Haushalten auch für Unternehmen<br />
und u. a. für Immobilienbesitzer und<br />
Mieter nach sich zieht. Und es fehlt bisher<br />
der überzeugende Nachweis, was das<br />
GEG dem Klimaschutz wirklich bringt.<br />
Im Gesetzentwurf fehlt Förderkonzept<br />
Auf wesentliche Defizite des Gesetzes<br />
verweist noch einmal der Spitzenverband<br />
der Wohnungswirtschaft. Dem<br />
GEG-Entwurf fehlt ein klares, belastbares<br />
und mit EU-Beihilferecht abgestimmtes<br />
Förderkonzept. An vorderster Stelle muss<br />
eine funktionierende Fördersystematik<br />
stehen, um die Wärmewende nicht nur<br />
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machen. Vermieter und Mieter dürfen<br />
hier nicht benachteiligt werden, was<br />
nach den aktuellen Vorhaben eindeutig<br />
der Fall wäre. Die soziale Gerechtigkeit<br />
wurde bei diesem elementaren Thema<br />
von der sozial-grün-liberalen Koalition<br />
vollkommen ausgeblendet, was für die<br />
Bürger und die Wohnungsunternehmen<br />
eine enorme Verunsicherung bedeutet.<br />
Der GdW verweist auf Erfahrungen mit<br />
der KfW-Förderung im Jahr 2022 und<br />
die Skepsis, ob die in Aussicht gestellten<br />
Förderinstrumente auch zur Verfügung<br />
stehen werden. Denn die Mittel aus dem<br />
Energie- und Klimafonds (EKF) sind dafür<br />
nicht längerfristig in ausreichender<br />
Größenordnung vorhanden. Der Gesetzgeber<br />
muss für Planungssicherheit<br />
sorgen und deshalb einen gesetzlichen<br />
Förderanspruch für mindestens 10 Jahre<br />
verankern. So wie es beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />
(GVFG) gehandhabt<br />
wird, um den Ländern langfristige<br />
Planungssicherheit zu geben.<br />
Entscheidend ist, dass Förderung und<br />
Modernisierungsumlage wirtschaftlich<br />
und sozial gerecht erfolgen. Da aber<br />
ausgerechnet bei größeren Mehrfamilienhäusern<br />
die Förderung stark eingeschränkt<br />
werden soll, fehlt den sozial<br />
orientierten Wohnungsunternehmen<br />
schlicht Eigenkapital. Investitionen in<br />
die energetische Sanierung der Gebäude<br />
werden somit erschwert und für den<br />
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von Raumwärme und Warmwasser (2019).<br />
Die Energieträger Strom und Fernwärme werden<br />
ebenfalls anteilig auf Basis der Primärenergieträger<br />
Gas und Kohle erzeugt.<br />
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notwendigen Wohnungsneubau<br />
bleibt kein Geld mehr übrig.<br />
Gesetz ist nicht zu Ende gedacht<br />
Ziel des Gesetzes ist es, CO2 zu reduzieren.<br />
Nur steht weder im Entwurf<br />
noch in dessen Begründung, wieviel<br />
CO2. Aber macht so ein Gesetz nicht<br />
überhaupt erst Sinn, wenn klar ist,<br />
was es bringt? Es kommt darauf<br />
an, teure Fehlentscheidungen für<br />
Bürger und Unternehmen auszuschließen.<br />
Das GEG funktioniert<br />
nur mit einer sozial gerechten Fördersystematik<br />
und muss zwingend<br />
gemeinsam mit dem Wärmeplanungsgesetz<br />
und der Wärmelieferverordnung<br />
verabschiedet werden.<br />
Auch kann es nicht sein, dass Bürger<br />
und Unternehmen in die Umsetzung<br />
des GEG gezwungen werden,<br />
ohne dass die von der Kommune gesetzlich<br />
geforderte Wärmeplanung<br />
auf dem Tisch liegt. Was bei der<br />
kommunalen Wärmeplanung konkret<br />
herauskommt, lässt sich erst sagen,<br />
wenn diese vor Ort abgeschlossen ist. Bis<br />
dahin bleibt die Unsicherheit groß und<br />
ein Umstieg risikobehaftet. Außerdem<br />
muss die Digitalisierung der Heizkostenverordnung<br />
und der Betriebskostenverordnung<br />
gestartet werden. Wenn die<br />
Ampel-Koalition es mit der Energiewende<br />
ernst meint und gleichzeitig soziale<br />
Spaltung verhindern will, muss sie die<br />
notwendigen Stellschrauben dringend<br />
anpassen. •<br />
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Hilfe leisten zu können,<br />
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Das Leben ist ein ständiger Wechsel. Risiken<br />
und Chancen, Erfolge und Verluste,<br />
Glück und Niederlagen wechseln einander<br />
ab. Wer kennt das nicht selbst. Wir<br />
genießen die Momente, in denen uns das<br />
Leben beschenkt. Da wird ein Kind geboren,<br />
das neue Auto wird geliefert, der Arzt<br />
hat eine gute Diagnose parat. Egal was<br />
jeder Einzelne tut, welche Verantwortung<br />
er trägt, diese Momente bleiben gern in<br />
Erinnerung.<br />
Viel seltener passieren solche Momente<br />
der Anerkennung. Anerkennung für das<br />
Geschaffene, für Leistung, für die Veränderung<br />
eines Stückchens Welt zum Besseren.<br />
Für die Schaffung von Arbeits- und<br />
Ausbildungsplätzen. Oder gar für die<br />
Schaffung eines Unternehmens, das die<br />
Jahre und Jahrzehnte übersteht und nach<br />
wie vor Kunden bedient und Mitarbeiter<br />
beschäftigt.<br />
Bei manchem begann es in der sprichwörtlichen<br />
Garage. Ein anderer startete<br />
mit einem Freund. Einer hatte schon mit<br />
17 die ersten Kunden gewonnen, unbeirrbar<br />
seinem Traum von der Selbständigkeit<br />
folgend. Eine Tochter führt voller Stolz die<br />
vom Großvater aufgebaute Unternehmung<br />
ins nächste Jahrzehnt. Zwei Söhne<br />
haben aus dem kleinen Handwerksbetrieb<br />
des Vaters ein Unternehmen mit<br />
mehreren hundert Beschäftigten gemacht.<br />
In den vergangenen 29 Jahren haben wir<br />
Tausende solcher Geschichten in den Juryunterlagen<br />
der nominierten Unternehmen<br />
gelesen. Aus Träumen wurde Realität.<br />
Und aus der Wirklichkeit entstehen<br />
neue Träume. Beim Durcharbeiten der<br />
Juryunterlagen bekommen wir oft eine<br />
Gänsehaut.<br />
Die Erfolgsgeschichten vieler Firmen sind<br />
auch ein Auf und Ab von Erfolgen und<br />
Niederlagen, von Höhen und Tiefen. Es gehört<br />
Mut und Kraft dazu, diesen Weg zu<br />
beschreiten, den Glauben an sich selbst<br />
nicht zu verlieren, trotz aller Widrigkeiten.<br />
Menschen gestalten mit Menschen die<br />
Zukunft. Dabei treten auch Fehler auf.<br />
Menschen irren. Erfahrungen machen<br />
uns reicher. Wir können daraus lernen.<br />
Das ist der steile und steinige Weg zum<br />
Erfolg. Es gibt keinen Erfolg ohne diese<br />
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30 Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
31<br />
Weiterbildung als Treibstoff<br />
Innovationsmotor Personal<br />
Der deutsche Mittelstand ist in den letzten<br />
Jahren von zahlreichen Krisen betroffen<br />
und befindet sich aktuell in einem<br />
weitreichenden Wandel. Trotzdem schaffen<br />
es viele Unternehmen, sich nicht nur<br />
widerstandsfähig den Polykrisen gegenüber<br />
aufzustellen, sondern auch nachhaltige<br />
Erfolge zu erzielen. Viele dieser<br />
Unternehmen wurden auch 2022 für den<br />
Großen Preis des Mittelstandes der Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
nominiert. Deshalb<br />
geben die Ergebnisse der neuesten gemeinsamen<br />
Studie des RKW-Kompetenzzentrum<br />
und der Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
einen guten Einblick, mit welchen Weiterbildungs-<br />
bzw. Personalentwicklungsmaßnahmen<br />
kleine (1-50 Mitarbeitende),<br />
mittlere (51-250 Mitarbeitende) und<br />
große (>251 Mitarbeitende) Mittelständler<br />
die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden<br />
gezielt fördern sowie entwickeln und ihr<br />
Personal dadurch resilienter und zum Innovationsmotor<br />
machen können.<br />
Weiterbildung ist nicht gleich<br />
Weiterbildung – ein paar Grundlagen<br />
Schauen wir kurz auf ein paar wichtige<br />
Begriffe, die für die Studie relevant sind.<br />
Weiterbildung dient der Entwicklung<br />
oder Förderung von Kompetenzen. Un-<br />
© FREEPIK.COM<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
ter dem Begriff „Kompetenzen“ wird die<br />
Befähigung verstanden, Anforderungen<br />
situativ bewältigen zu können (Bijedic<br />
2013; Jung 2010). In diesem Zusammenhang<br />
kann zwischen „fachbezogenen“<br />
Kompetenzen (wie Fach- und Methodenkompetenzen)<br />
sowie „fachübergreifenden“<br />
Kompetenzen (wie Selbst- und Sozialkompetenzen)<br />
unterschieden werden<br />
(Euler/Hahn 2014).<br />
In der Studie wurde eine Dreiteilung der<br />
Weiterbildungsmaßnahmen nach dem<br />
Grad der Formalisierung der jeweiligen<br />
Angebote in formelle, non-formelle und<br />
informelle Weiterbildung nach dem Berichtssystem<br />
Weiterbildung des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) vorgenommen (Ebner et al. 2018;<br />
Behringer et al. 2016; Bilger et al. 2013; Eurostat<br />
2006).<br />
„Formelle Weiterbildung“ bezieht sich<br />
auf formal organisierte und institutionell<br />
verankerte Unterrichtsformen,<br />
wie zum Beispiel die Berufsausbildung,<br />
das duale Studium oder Zertifikatsprogramme.<br />
„Non-formelle Weiterbildung“ ist eine<br />
strukturierte Lehr-Lern-Situationen außerhalb<br />
des formalen Weiterbildungssystems,<br />
die keine „zertifizierten“ Abschlüsse<br />
zur Folge hat. Hierzu gehören<br />
beispielsweise Training on the Job, Fortbildung,<br />
Coaching oder Mentoring.<br />
„Informelle Weiterbildung“ vereint verschiedene<br />
flexible Lernformen, die zwar<br />
ein Lernziel haben, aber wenig bis kaum<br />
„formal“ organisiert und „inhaltlich“<br />
strukturiert sind, beispielsweise Vorträge,<br />
Selbststudium oder Know-how-<br />
Transfer.<br />
© RKW KOMPETENZZENTRUM<br />
Methodik und Vorgehensweise<br />
Die Oskar-Patzelt-Stiftung hat im Jahr<br />
2022 insgesamt für 4.546 Unternehmen<br />
Nominierungen erhalten, davon haben<br />
542 Unternehmen die Jurystufe erreicht<br />
und 102 eine Auszeichnung erhalten.<br />
Anhand der Wettbewerbsfragebögen<br />
wurden zunächst zahlreiche Schlüsselbegriffe<br />
der Personalentwicklung (wie<br />
„Ausbildung“, „Training“, „Coaching“,<br />
„Führungskräfteentwicklung“ etc.) in<br />
den Fragebogenkategorien „Schaffung,<br />
Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen“,<br />
„Mitarbeiterförderung“,<br />
„Führungskultur“ und „Weiterbildung“<br />
identifiziert und den drei Formalisierungsgraden<br />
zugeordnet. Im Anschluss<br />
wurden die umfangreichen Textmengen<br />
mittels Natural Language Processing<br />
(NLP), einem Teilgebiet der Künstlichen<br />
Intelligenz, semi-automatisiert verarbeitet<br />
und ausgewertet.<br />
Die Schlüsselbegriffe wurden anhand ihrer<br />
statistischen Auftrittshäufigkeit und<br />
Signifikanz in der jeweiligen Unternehmensgröße<br />
nach Anzahl der Mitarbeitenden<br />
geordnet. Hierdurch konnte ermittelt<br />
werden, ob der jeweilige Schlüsselbegriff<br />
innerhalb einer Betriebsgrößenklasse, im<br />
Verhältnis zu dem Gesamtauftreten des<br />
Begriffs über alle Betriebsgrößenklassen<br />
hinweg, über- oder auch unterproportional<br />
häufig erwähnt wurde.<br />
Die zentralen Ergebnisse der Studie<br />
Alle untersuchten Unternehmen investieren<br />
in Personalentwicklung und<br />
Weiterbildung. Erfolgreiche Unternehmen<br />
legen den größten Fokus auf<br />
formelle Weiterbildungen. Doch sogar<br />
kleine KMU führen zunehmend viele u<br />
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32 Oskar-Patzelt-Stiftung<br />
33<br />
Entwicklung des Großen Preis des Mittelstandes<br />
verschiedene Personalentwicklungsmaßnahmen<br />
durch.<br />
Die Weiterbildungsbeteiligung<br />
112<br />
in kleineren Unternehmen<br />
wird<br />
641<br />
möglicherweise<br />
sogar unterschätzt,<br />
besonders bei Maßnahmen<br />
mit geringem<br />
Formalisierungsgrad.<br />
In der Kategorie der<br />
formellen Weiterbildung<br />
konnte zum<br />
Beispiel festgestellt<br />
werden, dass:<br />
• die „Ausbildung“ bei großen und mittleren<br />
Betrieben überrepräsentiert und<br />
bei Kleinbetrieben unterrepräsentiert<br />
ist.<br />
• ein „Duales Studium“ eher von den<br />
mittelgroßen Unternehmen als von<br />
kleinen oder großen durchgeführt<br />
wird.<br />
• „Trainee-Programme“ von großen Unternehmen<br />
im signifikanten Maße<br />
eingesetzt werden. Kleine und mittlere<br />
Unternehmen sind hier bislang unterrepräsentiert.<br />
• „Weiterbildungen“ im Allgemeinen<br />
für alle Unternehmensgrößen relevant<br />
sind und in hohem Maße zum Einsatz<br />
kommen.<br />
• „Workshop-Formate“ häufiger von<br />
großen Unternehmen genutzt werden<br />
als von kleinen und mittelgroßen Unternehmen.<br />
© OSKAR-PATZELT-STIFUNG<br />
In der Kategorie der „Non-formelle Weiterbildung“<br />
in kleinen, mittleren und<br />
großen Unternehmen ist hervorzuheben,<br />
dass<br />
• „Coaching“ (insbesondere Online-Coaching)<br />
eher von großen Unternehmen<br />
sehr häufig genutzt wird. Im Gegensatz<br />
dazu wird Coaching von mittleren<br />
Unternehmen nur durchschnittlich<br />
und von kleinen Unternehmen bislang<br />
nur selten genutzt.<br />
• „E-Learning“ besonders von großen<br />
Unternehmen genutzt wird, was auf<br />
den zunehmenden Wettbewerb in der<br />
Digitalisierung zurückzuführen ist.<br />
• auch die allgemeine „Fortbildung“ in<br />
113 114<br />
794 817<br />
3.366 3.522 3.589<br />
106<br />
670<br />
4.035<br />
117<br />
866<br />
4.555<br />
119<br />
815<br />
5.009<br />
4.763 4.923 4.917<br />
5.399<br />
den untersuchten Unternehmen als<br />
wichtige Maßnahme zur Personalentwicklung<br />
angewandt wird.<br />
• „Führungskräfteentwicklung“ für bestehende<br />
und ebenso angehende Führungskräfte<br />
von großer Wichtigkeit ist<br />
und demzufolge über alle Unternehmensgrößen<br />
eine wichtige Rolle spielt.<br />
• das „Mentoring“ als Personalentwicklungsmaßnahme<br />
von allen Unternehmensgrößen<br />
bisher wenig genutzt<br />
wird.<br />
• „Trainings“ – ähnlich wie Fortbildungen<br />
– von allen Unternehmen in<br />
einer Vielzahl durchgeführt werden.<br />
• die Konzepte „Job Enlargement“ und<br />
„Job Rotation“ bisher in Unternehmen<br />
aller Betriebsgrößenklassen noch wenig<br />
Anwendung finden.<br />
115<br />
685<br />
839 742<br />
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022<br />
112<br />
119<br />
Nominierte Jurystufe Ausgezeichnete<br />
121<br />
758<br />
97<br />
553<br />
4.970<br />
91<br />
667<br />
102<br />
542<br />
Christian Wewezow,<br />
Managing Partner der Startify<br />
GmbH und Clockwise<br />
Consulting GmbH, ehemaliger<br />
Bundesvorsitzender<br />
der Wirtschaftsjunioren<br />
Deutschland und Vorsitzender<br />
des Kuratoriums der<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung.<br />
Ute Juschkus, ist Referentin<br />
für Digitalisierung und<br />
Innovation bei RKW Kompetenzzentrum<br />
und beschäftigt<br />
sich dort mit dem Thema<br />
"Krisen als Innovations- und<br />
Digitalisierungstreiber nutzen"<br />
.<br />
Für die „Informelle Weiterbildung“ in<br />
kleinen, mittleren und großen Unternehmen<br />
ergab die Studie, dass<br />
• der „Know-how-Transfer“ und dessen<br />
Möglichkeiten – im Vergleich zu großen<br />
und kleinen Unternehmen – besonders<br />
von mittleren Unternehmen<br />
genutzt wird.<br />
• die „Nachwuchsförderung“ häufiger<br />
von großen Unternehmen genutzt<br />
wird als von kleinen und mittleren.<br />
• „Onboarding“ besonders in mittleren<br />
und großen Unternehmen zur Einarbeitung<br />
der Mitarbeitenden angewandt<br />
wird, während es in kleinen Unternehmen<br />
weniger genutzt wird.<br />
• „Sprachkurse“ im Hinblick auf die globalisierte<br />
Wirtschaft von allen Unternehmensklassen<br />
angeboten werden.<br />
• andere Maßnahmen<br />
wie „Qualitätszirkel“<br />
oder<br />
„Tandems“.<br />
Der Mix zählt –<br />
4.674 4.546<br />
ein Fazit<br />
Zukünftig braucht<br />
der Mittelstand<br />
vermutlich einen<br />
ausgewogenen<br />
Mix aus verschiedenen<br />
Weiterbildungsmaßnahmen<br />
1<br />
unterschiedlicher<br />
Formalisierungsgrade.<br />
Nur so können kleine und mittelständische<br />
Unternehmen die innovativen<br />
und engagierten Talente<br />
der Zukunft durch Personalentwicklung<br />
fördern und binden. Die Studie<br />
„Deutschlands Mittelstand#3 – Innovationsmotor<br />
Personal“ gibt Ihnen hierfür<br />
einige Anregungen. •<br />
Über die Autoren<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong>
34 Wirtschaft<br />
35<br />
© FREEPIK.COM | ARTPHOTO_STUDIO<br />
IT-Investitionen von KMU <strong>2023</strong><br />
Ungeachtet des herausfordernden Wirtschaftsklimas ist Technologie wichtiger für den Unternehmenserfolg<br />
als je zuvor. Neue Erkenntnisse von Sharp Europe zeigen die wichtigsten geschäftlichen<br />
und technologischen Herausforderungen auf und beleuchten die IT-Investitionsprioritäten für<br />
kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – hier unsere Ergebnisse aus Deutschland.<br />
IT Investitionen<br />
Europäische<br />
KMU in 11<br />
Ländern<br />
45%<br />
Fast die Hälfte der KMU in Deutschland<br />
werden <strong>2023</strong> mehr in IT investieren<br />
als im Jahr zuvor<br />
61%<br />
gaben an, dass sie mehr als<br />
€ 20.000 ausgeben wollen<br />
5%<br />
der kleinen und mittleren Unternehmen<br />
sogar mehr als € 100.000 in<br />
IT-Projekte investieren möchten<br />
Trotz Wirtschaftskrise<br />
Deutsche KMU investieren verstärkt in neue Technologien<br />
97%<br />
Fast alle befragten KMU planen<br />
in diesem Jahr Investitionen zur<br />
Verbesserung ihrer IT-Struktur<br />
92%<br />
der deutschen KMU werden<br />
genauso viel oder mehr als im<br />
Jahr 2022 investieren<br />
Prioritäten über 12 Monate<br />
Die angespannte wirtschaftliche Lage<br />
sowie die Folgen der Corona-Pandemie<br />
beschäftigen mittelständische Unternehmen<br />
nach wie vor. Dennoch plant mehr<br />
als die Hälfte (61 Prozent) von ihnen, noch<br />
in diesem Jahr in ihre IT zu investieren –<br />
und zwar jeweils mehr als 20.000 Euro.<br />
Das ergibt eine aktuelle Umfrage von<br />
Sharp unter mehr als 500 IT-Entscheidern<br />
und -Beschaffungsverantwortlichen aus<br />
KMU verschiedener Branchen in ganz<br />
Deutschland. Die Ergebnisse sind Teil einer<br />
großangelegten europaweiten Studie<br />
von Sharp.<br />
Demnach werden nahezu alle befragten<br />
KMU (97 Prozent) <strong>2023</strong> verschiedene IT-<br />
Projekte umsetzen. Schwerpunktmäßig<br />
geht es dabei vor allem um die Verbesserung<br />
der IT-Sicherheit und Gewährleistung<br />
der Geschäftskontinuität, was<br />
insbesondere KMU im Bereich IT und<br />
Telekommunikation (76 Prozent) sowie<br />
Produktion (74 Prozent) stark beschäftigt.<br />
Weitere wichtige, branchenübergreifende<br />
Themen betreffen die Anschaffung neuer<br />
Hardware sowie die Implementierung<br />
von Cloud-Telefonie und Collaboration-<br />
Tools. Das Thema Cloud-Migration steht<br />
bei rund einem Drittel der Befragten (32<br />
Prozent) im Fokus.<br />
IT-Investitionen als Wachstumstreiber<br />
Die Ergebnisse legen nahe, dass KMU IT-<br />
Investitionen nicht länger als unvermeidlichen<br />
Kostenpunkt, sondern immer mehr<br />
als entscheidenden Treiber für Unternehmenswachstum<br />
und Gewinnsteigerung<br />
erkennen: Gezielte Investitionen in die IT<br />
ermöglichen es, Potenziale auszuschöpfen,<br />
aktuelle Fragestellungen effektiv anzugehen<br />
und damit langfristig größere<br />
Probleme und Kosten zu vermeiden.<br />
Größte Herausforderungen:<br />
IT-Sicherheit, steigende Lieferkosten,<br />
Fachkräftemangel<br />
Im Rahmen der Studie hat Sharp die KMU-<br />
Entscheider befragt, mit welchen Herausforderungen<br />
sie sich aktuell konfrontiert<br />
sehen und denen sie in den kommenden<br />
zwölf Monaten die höchste Priorität einräumen.<br />
Demzufolge sieht fast die Hälfte<br />
(43 Prozent) der befragten deutschen<br />
KMU das Thema IT-Sicherheit als dringlichstes<br />
Problem. Für 31 Prozent steht die<br />
Gewährleistung ununterbrochener Netzwerkfunktionalität<br />
im Fokus. Weitere 35<br />
Prozent befürchten steigende Lieferkosten,<br />
und 33 Prozent bereitet das Thema<br />
Fachkräftemangel Kopfzerbrechen.<br />
Bestimmte Branchen in Deutschland stehen<br />
zudem vor weiteren, individuellen<br />
technologischen Herausforderungen. Der<br />
HR-Sektor sieht diese beispielsweise in<br />
der Beschaffung neuer Hardware (36 Prozent),<br />
während Unternehmen im Bereich<br />
Gesundheit noch Bedarf bei der Kenntnis<br />
ihrer Angestellten im Umgang mit spezifischer<br />
Software melden (27 Prozent). Der<br />
IT- und Telekommunikationssektor sowie<br />
das Rechtswesen wiederum haben vor<br />
allem mit Problemen bei der hybriden<br />
Zusammenarbeit zu kämpfen (32 und 33<br />
Prozent).<br />
IT-Investitionen als Wettbewerbsvorteil<br />
Kai Scott, Geschäftsführer Sharp Business<br />
Systems Deutschland, kommentiert die<br />
Ergebnisse der Befragung: „Mit 61 Prozent<br />
wird mehr als die Hälfte der befragten<br />
deutschen KMU dieses Jahr noch in ihre<br />
IT investieren, 32 Prozent von ihnen planen<br />
ganz konkret die Migration von Servern<br />
in die Cloud. Dieser Fokus überrascht<br />
nicht, denn IT-Probleme und -Bedenkeninsbesondere<br />
in Sachen Sicherheit und<br />
Gewährleistung von Netzwerkfunktionalität,<br />
sehen deutsche KMU als größte<br />
Herausforderung in der nahen Zukunft<br />
an. Gleichzeitig ist die Investitionsbereitschaft<br />
innerhalb der einzelnen Branchen<br />
unterschiedlich stark. Unternehmen aus<br />
den betreffenden Branchen – allen voran<br />
beispielsweise der Bildungssektor –<br />
sollten sich noch einmal ins Gedächtnis<br />
rufen, dass IT-Investitionen mittel- und<br />
langfristig immer zu Wettbewerbsvorteilen<br />
werden. Gerade im internationalen<br />
Vergleich gibt es hier noch einiges aufzuholen.“<br />
•<br />
Über die Studie<br />
Die Befragung wurde von Censuswide im Zeitraum<br />
vom 01.02.<strong>2023</strong> bis 13.02.<strong>2023</strong> unter 5.770<br />
IT-Entscheidungsträgern und IT-Beschaffungsverantwortlichen<br />
in europäischen KMU durchgeführt,<br />
davon 501 aus Deutschland. Die befragten<br />
Unternehmen stammen aus elf Märkten:<br />
Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien,<br />
Schweden, Niederlande, Frankreich, Italien, Spanien,<br />
Polen und Belgien.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
43% 32% 33% 40% nur 3%<br />
der kleinen und mittleren Unternehmen<br />
werden in diesem<br />
Jahr in die Verbesserung der<br />
IT-Sicherheit investieren<br />
Bei fast einem Drittel der Unternehmen<br />
hat die Migration von Diensten<br />
in die Cloud oberste Priorität, auch,<br />
um gut für die technischen Herausforderungen<br />
des hybriden Arbeitens<br />
gewappnet zu sein<br />
Größte unternehmerische Herausforderungen<br />
2. Findung und<br />
Bindung von<br />
Mitarbeitenden<br />
5. Inflation<br />
sowie steigende<br />
Lebenshaltungskosten<br />
der KMU in Deutschland<br />
sehen Kostensteigerungen<br />
als größte unternehmerische<br />
Herausforderung<br />
in diesem Jahr<br />
für deutsche KMU<br />
6. Anspruchsvollere<br />
Kunden<br />
7. Wachstumsmanagement<br />
Ein Drittel wird sich auf die Aufrüstung<br />
oder den Ersatz von<br />
Servern konzentrieren, da traditionelle<br />
IT-Strukturen nach wie<br />
vor weit verbreitet sind<br />
Eine deutliche Anzahl der KMU in<br />
Deutschland plant Investitionen<br />
in neue Hardware<br />
1. Steigende Lieferkosten 1. IT-Sicherheit<br />
3. Management einer<br />
diversen und hybriden<br />
Mitarbeiterschaft<br />
sagen, dass das Finden<br />
und die Bindung von<br />
(neuen) Mitarbeitenden<br />
in diesem Jahr besonders<br />
wichtig für ihr<br />
Unternehmen sein wird<br />
4. Nutzung von<br />
Investitionen in<br />
Technologie<br />
der KMU geben an, dass<br />
dem Management einer<br />
diversen und hybriden<br />
Mitarbeiterschaft besonderes<br />
Augenmerk<br />
gilt<br />
2. Sicherung eines<br />
konstant verfügbaren<br />
Netzwerks<br />
5. Hardware-<br />
Upgrades<br />
in Deutschland denken,<br />
dass die größte technologische<br />
Herausforderung<br />
in <strong>2023</strong> die IT-Sicherheit<br />
ist<br />
glauben, dass vor dem<br />
Hintergrund der anstehenden<br />
System-Upgrades die<br />
Sicherstellung der konstanten<br />
Verfügbarkeit von<br />
Netzwerken besonders<br />
wichtig sein wird<br />
der Befragten planen überhaupt<br />
keine IT-Investitionen<br />
in diesem Jahr<br />
Größte technologische Herausforderungen<br />
für deutsche KMU<br />
3. Technologische<br />
Aspekte von<br />
hybrider Arbeit<br />
6. System-<br />
Upgrades<br />
4. Software-<br />
Know-how von<br />
Mitarbeitenden<br />
7. Unterstützung<br />
von IT-Umgebungen<br />
für User<br />
35% 33% 30% 43% 31% 26%<br />
sehen den Umgang mit<br />
Fragestellungen rund<br />
um hybride Technologien<br />
als zentrale Herausforderung<br />
an<br />
Stand: 06/23 | D30-IT-Invest-Grafik-DE-V1-23<br />
Quelle: Die Studie wurde von Censuswide zwischen dem 1. und dem 13. Februar <strong>2023</strong> durchgeführt. Insgesamt haben 5.770 IT-Entscheidungsträger und für den IT-Einkauf in KMU verantwortliche Personen aus 11 Ländern<br />
(Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Schweden und Großbritannien) die Studienfragen beantwortet, davon 1.543 Personen in der DACH-Region.<br />
© SHARP BUSINESS SYSTEMS DEUTSCHLAND
36 Wirtschaft<br />
37<br />
Achtung,<br />
Start-ups<br />
und Unternehmen:<br />
Jetzt schnell handeln bei wertgeminderten Gesellschafterdarlehen im<br />
steuerlichen Privatvermögen!<br />
Die Gesetzliche Übergangsfrist läuft am<br />
31.12.<strong>2023</strong> ab. Doch wer rechtzeitig handelt,<br />
kann sich enorme finanzielle Vorteile<br />
sichern.<br />
Die Darlehensforderung eines Gesellschafters<br />
gegenüber „seiner“ GmbH ist<br />
nach der neueren Rechtsprechung des<br />
Bundesfinanzhofs ein eingeständiges<br />
Wirtschaftsgut und steuerlich grundsätzlich<br />
gesondert vom Gesellschaftsanteil<br />
zu betrachten. Dies führt dazu, dass ein<br />
Verlust aus einer Darlehensforderung<br />
zu einem Verlust bei den Einkünften aus<br />
Kapitalvermögen führt und nicht zu Anschaffungskosten<br />
auf die Beteiligung.<br />
In der Vergangenheit war dies häufig vorteilhaft,<br />
da ein solcher Verlust unabhängig<br />
von einem Verkauf oder der Liquidation<br />
der GmbH realisiert wird. Außerdem<br />
konnte eine Einkunftsarten-übergreifende<br />
Berücksichtigung in voller Höhe (kein<br />
Teileinkünfteverfahren) stattfinden, wenn<br />
die Beteiligungshöhe des Gläubigers mindestens<br />
10 Prozent beträgt (Ausschluss<br />
der Abgeltungsteuer durch § 32d Abs. 2 Nr.<br />
1 S. 1 Buchst. b) EStG). Diese vorteilhafte<br />
© PIXABAY.COM | GERD ALTMANN<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Rechtsprechung ist von der Finanzverwaltung<br />
nach langem Zögern anerkannt<br />
(BMF vom 07.06.2022, BStBl. II 2022, 897).<br />
Letztmalig von alter<br />
Regelung profitieren<br />
Nun hat der Gesetzgeber auf die BFH-<br />
Rechtsprechung mit der Implementierung<br />
einer restriktiven Verlustverrechnungsbeschränkung<br />
mit entsprechenden<br />
Übergangsvorschriften reagiert (§ 20 Abs.<br />
6 S. 6 EStG). Verluste aus wertlosen Kapitalforderungen<br />
dürfen pro Jahr nur noch<br />
mit 20.000 Euro und nur noch innerhalb<br />
der Einkünfte aus Kapitalvermögen verrechnet<br />
werden. Für Darlehensverluste<br />
aus bestimmten „Altdarlehen“ kann letztmalig<br />
<strong>2023</strong> von der alten Regelung profitiert<br />
werden.<br />
Wurde also ein Darlehen nach dem<br />
31.12.2008, aber vor dem 01.01.2021 begründet,<br />
können Anteilseigner mit einer<br />
Beteiligungshöhe von mindestens 10 Prozent<br />
noch bis Ende des Veranlagungszeitraums<br />
<strong>2023</strong> einen Darlehensausfall oder<br />
-verzicht uneingeschränkt verrechnen.<br />
Handlungsbedarf noch im Jahr <strong>2023</strong> ergibt<br />
sich für folgende Fälle:<br />
• wertlose oder wertgeminderte Darlehensforderung<br />
eines Gesellschafters an<br />
„seine“ GmbH<br />
• Beteiligungshöhe an der GmbH mindestens<br />
10 Prozent<br />
• Beteiligung und Darlehensforderung im<br />
steuerlichen Privatvermögen und<br />
• Darlehensbegründung im Zeitraum<br />
01.01.2009 bis 31.12.2020<br />
Ein Beispiel:<br />
A ist alleiniger Gesellschafter der A-GmbH<br />
und hat gegenüber der A-GmbH eine<br />
Darlehensforderung von 100.000 Euro.<br />
Die Darlehensforderung ist aufgrund der<br />
wirtschaftlichen Situation der A-GmbH<br />
nur noch zu 60 Prozent werthaltig. A verzichtet<br />
gegenüber der A-GmbH auf seine<br />
Forderung in voller Höhe.<br />
Die Lösung:<br />
Bei A kommt es in Höhe des werthaltigen<br />
Teils der Forderung durch den Verzicht zu<br />
einem Zufluss, eine Darlehenstilgung von<br />
60.000 Euro wird fingiert. In dieser Höhe<br />
ist eine verdeckte Einlage in die A-GmbH<br />
gegeben, außerbilanziell ist der Ertrag<br />
für die Ermittlung des steuerpflichtigen<br />
Gewinns insoweit in Abzug zu bringen.<br />
Es liegen 60.0000 Euro nachträgliche<br />
Anschaffungskosten des A für seine Anteile<br />
an der A-GmbH vor. Eine steuermindernde<br />
Berücksichtigung erfolgt erst zum<br />
Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile<br />
an der A-GmbH, da im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens<br />
der diesbezügliche<br />
Gewinn reduziert beziehungsweise der<br />
Verlust erhöht wird.<br />
Der Verzicht auf den nicht mehr werthaltigen<br />
Teil der Forderung von 40.000 Euro<br />
führt hingegen in voller Höhe zu einem<br />
Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.<br />
Dieser Verlust entsteht zum Zeitpunkt<br />
des Verzichts und wirkt sich folglich<br />
unmittelbar steuermindernd aus. Dies<br />
gilt aufgrund einer Änderung des § 32d<br />
Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst b EStG letztmalig<br />
bis VZ <strong>2023</strong>, ab VZ 2024 greift die Verlustverrechnungsbeschränkung<br />
des § 20 Abs.<br />
6 S. 6 EStG (§ 52 Abs. 33b S. 2 EStG; BMF v<br />
07.06.2022, BStBl. I 2022, 897, Rz. 30).<br />
Bei der GmbH ist durch den Verzicht die<br />
Forderung gewinnerhöhend auszubuchen.<br />
Nur der werthaltige Teil wird eingelegt<br />
und außerbilanziell korrigiert. Häufig<br />
sind jedoch ausreichende laufende Verluste<br />
oder Verlustvorträge vorhanden, sodass<br />
es bei der GmbH auch für den nicht<br />
mehr werthaltigen Teil der Forderung im<br />
Ergebnis zu keinen Steuerbelastungen<br />
kommt.<br />
Die komplexe Gesetzeslage überfordert<br />
zum Teil auch die Finanzämter, eine kompetente<br />
Begleitung durch Steuerexperten<br />
ist daher notwendig. Sie kann letztendlich<br />
zu einer sehr hohen Steuerersparnis<br />
führen. •<br />
Über den Autor<br />
Dr. Lukas Karrenbrock<br />
ist Steuerberater bei der<br />
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Koblenz und Mitglied im globalen<br />
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werden durch motivierte Mitarbeitende<br />
geprägt. Indem wir sie nicht nur als Ausführende<br />
betrachten, sondern vielmehr als „Mitunternehmer“,<br />
sie zu Kreativität und Innovation ermutigen und<br />
auch Fehler als unabdingbaren Teil eines vorwärts<br />
gerichteten Entwicklungsprozesses verstehen, werden<br />
Unternehmen erfolgreicher und auch für junge<br />
Talente attraktiver. Die Transformation im Strukturwandel<br />
gelingt, wenn Leadership gelebt und in die<br />
Unternehmenskultur integriert wird.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
In Zeiten des Wandels<br />
braucht es mehr „Leadership“<br />
Häufig werden die Begriffe „Führung“<br />
und „Management“ nicht streng abgegrenzt,<br />
sondern synonym verwendet<br />
und vermischt. Diese mangelnde Trennschärfe<br />
verursacht Missverständnisse<br />
in Bezug auf das Wesen von Führung.<br />
Aus sozialpsychologischer Perspektive<br />
kann Führung als ein „Prozess der sozialen<br />
Einflussnahme verstanden werden,<br />
durch den ein oder mehrere Mitglieder<br />
einer Gruppe andere Gruppenmitglieder<br />
motivieren und befähigen, etwas zur Erreichung<br />
der Gruppenziele beizutragen“.<br />
Kotter erläutert den Unterschied zwischen<br />
Managern und Leadern bzw. Anführern<br />
so: Manager seien eher Verwalter,<br />
Leader dagegen Visionäre. Management<br />
stehe für das perfekte Organisieren der<br />
Abläufe, Planen und Kontrollieren. Leadership<br />
bedeute dagegen, die Geführten<br />
mit Visionen zu inspirieren und zu motivieren.<br />
Leadership schaffe Kreativität,<br />
Innovation, Sinnerfüllung und Wandel.<br />
Kotter sieht „Führung“ damit in deutlicher<br />
Abgrenzung zu Management:<br />
„Leadership“ und „Management“ stellen<br />
zwei unterschiedliche, aber komplementäre<br />
Handlungsmuster dar. In Organisationen<br />
werden beide benötigt.<br />
Es geht um ein ausbalanciertes Verhältnis<br />
zwischen Exploration, die zu Veränderungen<br />
und Fortentwicklung führt,<br />
und Exploitation zur Stabilisierung eines<br />
derzeit bekannten und wirtschaftlichen<br />
Zustandes. In diesem Spannungsfeld<br />
bewegen sich Leadership und Management<br />
und müssen untereinander ein<br />
ausgewogenes Verhältnis finden.<br />
Zudem ist das Bedürfnis der jüngeren<br />
Generation nach Orientierung, Sicherheit,<br />
Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit<br />
ein wichtiger Aspekt für Leadership<br />
und die Anerkennung einer zukunftsorientierten<br />
Unternehmenskultur. Die<br />
integrative Kraft von Jung und Alt kann<br />
im Wandel eine Brücke zur Bewältigung<br />
gegenwärtiger und zukünftiger gesamtgesellschaftlicher<br />
Aufgaben sein, beispielsweise,<br />
um dem Fachkräftemangel<br />
entgegenzuwirken, Umweltthemen anzugehen<br />
oder Künstliche Intelligenz (KI)<br />
für sich nutzbar zu machen.<br />
Gute Führung ist selbstreflexiv und lässt<br />
sich durch Coaching inspirieren<br />
Die Schlüsselelemente persönlicher<br />
Spitzenleistung für verantwortliche Entscheidungsträger<br />
sind Klarheit, Selbstwirksamkeit,<br />
Umsetzung und mentale<br />
Stärke. Doch was kann eine einzelne<br />
Führungskraft schon bewirken, ohne das<br />
möglichst beste Team an ihrer Seite zu<br />
haben? Es gilt die eigenen High Potentials<br />
und Teams zu fördern, zu führen und<br />
zu coachen.<br />
Dabei zählt mehr denn je, dass Führungskräfte<br />
auf jeder Ebene ein Vorbild<br />
für ihre Mitarbeitenden und Teams sind.<br />
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ein „humanistisches“ Menschenbild,<br />
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40 Wirtschaft<br />
41<br />
Teil A:<br />
Bereich des<br />
„freien Handelns“<br />
Teil B:<br />
Bereich des<br />
„blinden Flecks“<br />
allem auch daran messen lässt, wird als<br />
Autorität und Leader anerkannt und akzeptiert.<br />
Gute Führung inspiriert<br />
zum Wachstum<br />
Falls nötig, gilt es als Führungskraft, die<br />
Mitarbeitenden und Teams vertrauensvoll<br />
und professionell an die Hand zu<br />
nehmen, damit sie ihre eigenen Potentiale<br />
entdecken und ausbauen, Aufgaben<br />
selbstbestimmt und eigenverantwortlich<br />
gestalten und Lösungen mit Mut<br />
zum Selbstdenken und selbstverantwortlichem<br />
Entscheiden erfolgreich umsetzen.<br />
Selbstwirksamkeit zu ermöglichen,<br />
meint dabei auch die Fähigkeit von<br />
Führungskräften, loslassen zu können,<br />
bewusst die Steuerung bestimmter Vorgänge<br />
und Sachverhalte abzugeben. Das<br />
missfällt uns in der Regel, da wir uns<br />
dann des Ergebnisses nicht sicher sind<br />
und dessen Erreichen in Frage stellen.<br />
Mit einem Führungsverständnis, welches<br />
im Sinne eines möglichst vorurteilsfreien<br />
Denkens und Handelns jedoch nicht nur<br />
DIE Lösung zulässt, sondern sich vielmehr<br />
auf die Möglichkeit mehrerer guter<br />
Lösungen einlässt, entwickeln sich Persönlichkeiten,<br />
die sowohl „gut“ führen<br />
als auch „gute“ Führung anerkennen<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
und zu einer besseren Unternehmenskultur,<br />
sowie zu Inspiration<br />
und Wachstum, beitragen wollen<br />
und können.<br />
Gute Führung folgt dem „WEK-<br />
Ruf“ und geht in Resonanz<br />
Unsere Werte leiten das Denken,<br />
Handeln oder Nicht-Handeln und<br />
Führen. Der „WEK-Ruf“ nach Carl<br />
Rogers prägt das „Kern-Werte-Trio“<br />
meines personenzentrierten systemischen<br />
Coaching- und Führungsverständnisses:<br />
Wertschätzung: Mitmenschen möglichst<br />
frei von (Vor-)-Urteilen zu begegnen und<br />
sie dort abzuholen, wo sie stehen.<br />
Empathie: Proaktives Verständnis für bestimmte<br />
Erklärungsmuster, Handlungen<br />
mir und anderen<br />
bekannt<br />
Teil C:<br />
Bereich des<br />
„Verbergens“<br />
nur mir bekannt<br />
anderen bekannt<br />
Teil D:<br />
Bereich des<br />
„Unbewussten“<br />
mir und anderen nicht<br />
bekannt<br />
oder Vermeidungsreaktionen anderer,<br />
mit einer Haltung besonderer Sachlichkeit<br />
und der entschiedenen Hinwendung<br />
zur Sache selbst, also dem Menschen und<br />
seinen individuellen Herausforderungen.<br />
Kongruenz: Annahme der eigenen<br />
Vorbildrolle als Führungskraft mit<br />
bewussten, offenen und transparenten<br />
Erwartungshaltungen,<br />
Gefühlen, Werten und Erlebenswelten.<br />
Der bedeutsamste Einfluss,<br />
dem der Mensch ausgesetzt<br />
ist, solange er mit seinesgleichen<br />
kommuniziert, beruht auf<br />
Resonanz. Resonante Führung<br />
ermöglicht u. a. die Weiterentwicklung<br />
von individuellen<br />
oder kollektiven Lern- und Leistungsprozessen,<br />
die Prävention<br />
oder Lösung von Problemen, die<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit<br />
im Team, die Förderung von Selbstführung<br />
und gesunder „Work-Life-Balance“<br />
und letztlich die Aktivierung von<br />
Ressourcen und Entwicklungspotentialen,<br />
bei der vorhandene Stärken<br />
wertgeschätzt und ausgebaut werden,<br />
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42 Wirtschaft<br />
43<br />
Eine konstruktive Feedback-Kultur<br />
ist das Fundament einer produktiven<br />
Arbeitshaltung<br />
Resonanz bedeutet eine gesunde Feedback-Kultur.<br />
Fehler sind dabei für den<br />
individuellen Lernprozess von großer<br />
Bedeutung und können ihn beeinflussen.<br />
Sie können einerseits Lernchancen<br />
darstellen, wenn sie als solche erkannt<br />
werden und zu einer Einsicht führen.<br />
Andererseits können sie aber auch Lernhindernisse<br />
darstellen, wenn sie unerkannt<br />
bleiben. Beteiligte müssen das „sichere“<br />
Gefühl haben, etwas Schwieriges<br />
risikolos ausprobieren und aus Fehlern<br />
gemeinsam lernen zu dürfen. Eine konstruktive<br />
Feedback-Kultur ist der Nährboden,<br />
auf dem individuelles, kollektives<br />
Wachstum und Unternehmenserfolg gedeihen<br />
kann.<br />
Durch das aktive Geben und Erfragen<br />
von Feedback können zudem Selbst- und<br />
Fremdbild zusammengeführt werden:<br />
Der „blinde Fleck“ und die Geheimnisse<br />
der Beteiligten werden durch die vermehrt<br />
offene Kommunikation kleiner.<br />
Durch den Abbau „blinder Flecken“ wird<br />
zugleich der Bereich des freien Handelns<br />
vergrößert und damit die professionelle<br />
Handlungsfähigkeit gesteigert.<br />
Wirksame Führung ermöglicht und forciert<br />
Lösungs- statt Problemtrance<br />
Eine besonders richtungsweisende Eigenschaft<br />
„guter” Führung ist der unbedingte<br />
Fokus auf die Lösungsorientierung.<br />
Das Zulassen von häufigen, andauernden,<br />
wiederkehrenden Arbeitstreffen,<br />
die ausschließlich von Problemtrance<br />
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<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
(Fokussierung und Explikation dessen,<br />
was nicht funktioniert) geprägt sind,<br />
wird in der Regel die Handlungsfähigkeit<br />
und Produktivität eines Unternehmens<br />
schwächen. „Gute” Führung entdeckt<br />
und entlarvt diese Negativschleifen und<br />
ist selbst ein Quell von (realitätsnahem)<br />
Optimismus, lösungsfokussiertem Weitblick<br />
und Tatendrang.<br />
(Die Quellenangaben finden Sie in der<br />
Online-Version auf www.pt-magazin.de/<br />
coaching) •<br />
Über die Autorin<br />
Prof. Dr. Monika<br />
Zimmermann vom<br />
Zentrum für interdisziplinäres<br />
Coaching ist Senior-/Lehr-Coach<br />
(DBVC<br />
und IOBC), Systemische<br />
Beraterin/Therapeutin<br />
(IGST), Professorin an<br />
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44 Wirtschaft<br />
45<br />
Verkaufen ist unsexy<br />
Ein Plädoyer gegen die radikale Sales-Kultur<br />
Geld ist niemals das Ziel, sondern immer<br />
nur das Ergebnis. Im Kern erfolgreicher<br />
Marken stehen Begriffe wie<br />
Intensität, Freude oder Enthusiasmus,<br />
nicht aber „Geld verdienen“, „reich werden“<br />
oder „Umsatzwachstum“. Das hat<br />
im Wesentlichen damit zu tun, dass im<br />
Kern einer Marke der ultimative Kundennutzen<br />
steht, das Versprechen, das<br />
ein Unternehmen gegenüber seinen<br />
Kunden einlöst. Im Markenkern steht somit<br />
die Perspektive des Kunden, die des<br />
Käufers, nicht die des Verkäufers. Nicht<br />
die „Ich-Perspektive“ des Unternehmens,<br />
sondern die Leistungsperspektive gegenüber<br />
dem Kunden dominiert. Wenn<br />
es aber darum geht, diese Leistungen zu<br />
verkaufen, wird das oft vergessen. Dann<br />
dominiert die Eigenperspektive, meist<br />
in Form einer Zahl in einer Excel-Tabelle,<br />
die ein Delta zwischen Soll und Ist beschreibt.<br />
Genau an dieser Stelle verlieren<br />
Unternehmen dann an Attraktivität.<br />
Exzellenz und soziales Kapital<br />
Wird das Delta zwischen Soll und Ist so<br />
groß, dass Unternehmen glauben, dem<br />
kurzfristigen Verkaufserfolg alles andere<br />
unterordnen zu müssen, beginnt<br />
nicht selten eine Erosion der Marke und<br />
des Markenversprechens, ja der gesamten<br />
Markenkultur. Mühsam aufgebaute<br />
Reputation, das soziale Kapital eines<br />
Unternehmens und die positiven Erwartungen,<br />
die mit ihm verbunden werden,<br />
werden dann allzu oft enttäuscht – ganz<br />
unabhängig davon, ob die eigentliche<br />
Leistung top ist und den Qualitätsanforderungen<br />
noch genügt.<br />
Wer dem kurzfristigen Ertrag die Langfristigkeit<br />
einer Markenstrategie vorzieht,<br />
macht Fehler, trifft nicht selten die<br />
falschen Entscheidungen, spart an den<br />
falschen Stellen. Man trennt sich von<br />
herausragenden Mitarbeitern, weil diese<br />
vielleicht überdurchschnittlich verdienen,<br />
obwohl diese das emotionale Bindeglied<br />
sind zwischen dem Unternehmen<br />
und dem Kunden. Man verzichtet auf<br />
Premium-Veranstaltungen und reduziert<br />
den Erlebnisfaktor – etwas kleiner reicht<br />
ja schließlich auch. Man digitalisiert Prozesse<br />
– Algorithmen werden schließlich<br />
weder krank noch haben sie schlechte<br />
Tage. Gespart wird am Markenerlebnis,<br />
an der emotionalen Beziehung zu einem<br />
Unternehmen, an Exzellenz und an eben<br />
jenem sozialen Kapital, das ein Unternehmen<br />
von einem anderen unterscheidet.<br />
Verkaufen ist ein Testat des Scheiterns<br />
Und so leidet letztlich die Anziehungskraft<br />
einer Marke, um die es im Kern geht.<br />
Marken tragen den Anspruch in sich,<br />
begehrt zu werden. Der Kunde möchte<br />
sie haben, strebt danach, Produkte oder<br />
Leistungen einer Marke zu erwerben und<br />
sie bei Gelegenheit stolz zu präsentieren.<br />
Das gilt nicht nur für physische Produkte,<br />
sondern auch für Dienst- und Beratungsleistungen.<br />
Nicht umsonst heißt es oft,<br />
man leiste sich diesen oder jeden Berater,<br />
Friseur oder Handwerker. Wer jedoch<br />
verkauft, biedert sich an – und macht<br />
sich dadurch unattraktiv. Wer verkaufen<br />
muss, oder wer radikal verkauft, weil<br />
er glaubt, verkaufen zu müssen, trägt<br />
sich im wahrsten Sinne des Wortes zu<br />
Markte, statt dem Anspruch zu genügen,<br />
die unantastbare Spitze des Marktes zu<br />
sein. Die Begierde dreht sich um. Damit<br />
dreht sich eine Spirale abwärts. Wer verkauft,<br />
reduziert seinen Wert. Verkaufen<br />
ist letztlich ein Testat des Scheiterns an<br />
den eigenen Ansprüchen.<br />
Die beste Vertriebsstrategie ist deswegen<br />
nicht die des Verkaufens, der Akquise<br />
und der Anbiederung, sondern die<br />
der ultimativen Leistungsverbesserung:<br />
mehr Service, mehr Erleben, mehr Qualität,<br />
mehr Emotion, mehr Bindung, mehr<br />
von allem, was die Marke ausmacht. Wer<br />
wachsen möchte, braucht nicht mehr<br />
Vertrieb(ler), sondern mehr Performance<br />
– radikale Produkt- und Leistungsverbesserung,<br />
statt radikalem Sales.<br />
Marketing statt Sales<br />
Wer (sich) verkauft, hat den Premium-<br />
Anspruch aufgegeben und spielt nur<br />
noch in der Liga der vergleichbaren Mittelmäßigkeit<br />
substituierbarer Anbieter.<br />
Verkaufen ist nicht die Flucht nach vorn,<br />
sondern die nach unten. Nicht selten<br />
geht mit dem Verkaufsdruck auch der<br />
Preis nach unten. Was jeder haben kann<br />
oder soll, wird billiger. Rabatte werden<br />
größer, die Begehrlichkeit nimmt so noch<br />
weiter ab. Derart verkaufen kann jeder.<br />
Verkaufen ist auch in diesem Sinne nicht<br />
die Lösung.<br />
Statt in Sales sollten Unternehmen deswegen<br />
in ihr Marketing investieren, in<br />
exzellente Sichtbarkeit in der Zielgruppe,<br />
die neue Begehrlichkeiten weckt – von<br />
der edlen Verpackung über noble Veranstaltungen<br />
und Touchpoints bis hin zum<br />
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Sichtbarkeit und PR über prominente Testimonials<br />
bis hin zum Verzicht auf alles,<br />
was nach Erreichbarkeit für Jedermann<br />
aussieht.<br />
Marketing dieser Art bedeutet auch Verzicht:<br />
nicht überall und auf jedem Kanal<br />
sein, sondern nur dort, wo die eigene<br />
Zielgruppe unterwegs ist. So muss das<br />
Marketing auch nicht teurer werden.<br />
Nicht mehr, sondern weniger, dafür aber<br />
exzellent und premium. Das ist dann die<br />
Orientierung nach oben, statt der Flucht<br />
nach unten. Premium ist die Antwort auf<br />
das Delta zwischen Ist und Soll.<br />
© FREEPIK.COM | KUES1<br />
Die Tendenz geht<br />
in die falsche Richtung<br />
Leider entwickelt sich der Trend in eine<br />
andere Richtung. Durch immer mehr<br />
Digitalisierung werden Leistungen automatisiert<br />
und dadurch nicht selten<br />
nivelliert. Durch den Fach- und Arbeitskräftemangel<br />
und der fehlenden Einsatzbereitschaft<br />
von immer mehr Mitarbeitern<br />
- Stichwort Work-Life-Balance und<br />
Arbeitnehmermarkt - werden immer<br />
mehr Terminals und Maschinen dort<br />
eingesetzt, wo früher menschliche Erlebnispunkte<br />
möglich waren. Der Wettbewerb<br />
findet in Form von Wachstum<br />
an Marktanteilen statt, nicht selten begleitet<br />
von Preiskämpfen oder Rabatten.<br />
Tesla war früher die E-Auto-Avantgarde.<br />
Wer umweltbewusst war und es sich leisten<br />
konnte, fuhr Tesla. Heute senkt der<br />
Autobauer seine Preise so radikal, um im<br />
Wettbewerb mit chinesischen Billiganbietern<br />
zu bestehen, dass selbst treue<br />
Fans auf die Barrikaden gehen. Wenn ein<br />
neuer Tesla nur die Hälfte dessen kostet,<br />
was man selbst erst vor einem Jahr gezahlt<br />
hat, ist die Wut verständlich. Man<br />
stelle sich vor, Porsche der Bentley würden<br />
plötzlich die Preise radikal senken<br />
und jeder könne ein solches Auto fahren.<br />
Wer die Sache premium angeht, muss<br />
letztlich auch nicht mehr verkaufen, sondern<br />
kommt sogar mit weniger Absatz<br />
aus – und steigert zugleich seine Margen.<br />
Verkaufen, insbesondere über den Preis,<br />
ist der Weg in die Beliebigkeit. Herausragende<br />
Marken verkaufen nicht, sondern<br />
werden gekauft, biedern sich nicht<br />
an, sondern verknappen gar ihr Angebot,<br />
um einen Wettbewerb unter den Kunden<br />
zu initiieren. Sie drehen den Wettbewerb<br />
um.<br />
Schluss mit Sales<br />
Die Kultur des Wachstums durch Verkauf<br />
ist dauerhaft ohnehin keine Lösung. Die<br />
Produktwelt spaltet sich zunehmend in<br />
Premium in Discount. Die Mitte wird verschwinden.<br />
Wachstum in seiner jetzigen<br />
Form verschlingt Unmengen an Ressourcen<br />
– materiellen, personellen, finanziellen<br />
und ökologischen. Eine nachhaltigkeitsbewusste<br />
Gesellschaft wird das<br />
nicht goutieren. Im Discount-Segment<br />
werden digitale Antworten den Preis<br />
niedrig halten für diejenigen, die keine<br />
allzu hohen qualitativen und ethischen<br />
Ansprüche stellen. Im Premium-Segment<br />
aber werden Faktoren wie Qualität, Service<br />
und Exzellenz gefragt bleiben. Hier<br />
ist die Chance, sich zu unterscheiden, der<br />
Sales-Kultur zu entsagen und sich auf<br />
das Wesentliche zu konzentrieren: den<br />
Kunden, der ein herausragendes Markenerlebnis<br />
erwartet und der ein Unternehmen<br />
und dessen Produkte begehrt. •<br />
Falk S. Al-Omary<br />
ist Strategieberater rund<br />
um die Themen Marke,<br />
Medien, Meinungsbildung<br />
und Markteinführung sowie<br />
erfahrener Krisenkommunikationsmanager.<br />
www.al-omary.com<br />
Über den Autor<br />
© SILKE GALL
46 Wirtschaft<br />
47<br />
Geldverschwendung<br />
bei digitalem Marketing<br />
Werbung ist wertlos ohne solide Website<br />
In der modernen Geschäftswelt spielt<br />
die Online-Präsenz im Marketing eine<br />
entscheidende Rolle. Mit dem digitalen<br />
Zeitalter und der zunehmenden Internetnutzung<br />
sind Unternehmen mehr denn<br />
je gefordert, gleichermaßen sowohl in<br />
klassische Werbemaßnahmen als auch<br />
in ihren Internetauftritt zu investieren.<br />
Jedoch scheinen viele Unternehmen die<br />
Wichtigkeit eines soliden Webauftritts<br />
zu unterschätzen, während sie zigtausend<br />
Euro für Werbemaßnahmen ausgeben<br />
– nicht selten mit wenig messbarem<br />
Erfolg. Und so wird manche teure Wer-<br />
bung sinn- und wertlos, wenn sie nicht<br />
von einer überzeugenden Website unterstützt<br />
wird, auf der die Maßnahmen in<br />
irgendeiner Weise konvertieren – in Form<br />
von Zugriffszahlen, Verkaufszahlen oder<br />
einem nachweislichen Imagegewinn für<br />
die Marke.<br />
Werbung ist nach wie vor ein mächtiges<br />
Werkzeug, um Aufmerksamkeit zu erzeugen<br />
und Kunden zu gewinnen. Aber<br />
was passiert, wenn potenzielle Kunden<br />
aufgrund einer beeindruckenden Anzeige<br />
oder einem kreativen TV-Spot auf eine<br />
schlecht gestaltete oder nur unzulänglich<br />
funktionierende Website gelangen?<br />
Sie könnten in Sekundenschnelle ihr<br />
Interesse verlieren und die Seite wieder<br />
verlassen. Das Geld für Werbung fliegt so<br />
buchstäblich aus dem Fenster. Das positive<br />
Image der Werbung setzt sich dann<br />
nicht gleichermaßen auf der Website<br />
fort. Der positive Eindruck neutralisiert<br />
sich wieder oder kippt gar ins Gegenteil.<br />
Klassische Werbung bleibt bedeutend<br />
Werbung bleibt eine wesentliche Komponente<br />
im modernen Marketing und<br />
spielt nach wie vor eine entscheidende<br />
© FREEPIK.COM | SNWOING<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Rolle beim Unternehmenswachstum<br />
und -erfolg. Sie dient als Kommunikationsmittel<br />
zwischen Unternehmen<br />
und Verbrauchern und hat das Ziel, Produkte<br />
oder Dienstleistungen bekannt zu<br />
machen, Kunden zu gewinnen und die<br />
Marktposition zu stärken. Marktanteile<br />
entscheiden sich auch auf dem Feld der<br />
Sichtbarkeit.<br />
Die Macht der Werbung liegt in ihrer<br />
Fähigkeit, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe<br />
zu erregen, ein positives Bild zu<br />
schaffen und das Kaufverhalten der Kunden<br />
zu beeinflussen. In der digitalen Ära,<br />
in der Informationen und Alternativen<br />
nur einen Klick entfernt sind, kann Werbung<br />
Unternehmen dabei helfen, sich<br />
visuell und kreativ von der Konkurrenz<br />
abzuheben und ein einzigartiges Markenimage<br />
zu schaffen.<br />
Trotzdem ist Werbung kein Garant für<br />
Erfolg. Sie muss strategisch geplant und<br />
eingesetzt werden, um den bestmöglichen<br />
Return on Investment (ROI) zu erzielen.<br />
Eine effektive Werbung spricht die<br />
richtige Zielgruppe an, liefert eine klare<br />
Botschaft und hat eine starke Handlungsaufforderung,<br />
die sich letztlich auf<br />
der Website manifestiert. Werbung hat<br />
heute die Aufgabe, Interessenten auf die<br />
Website zu locken und sie dort zu Kunden<br />
zu konvertieren.<br />
Ein Beispiel für erfolgreiche Werbung<br />
dieser Art war die „Share a Coke"-Kam-<br />
pagne von Coca-Cola. Diese personalisierte<br />
Werbung hat einen starken<br />
emotionalen Wert geschaffen und die<br />
Kundenbindung erhöht, was zu nachhaltig<br />
steigenden Verkaufszahlen führte.<br />
Aber ohne eine solide Website, auf der<br />
die Kunden ihre personalisierte und individualisierte<br />
Flasche bestellen konnten,<br />
hätte diese Kampagne nicht den gewünschten<br />
Erfolg gehabt. Der Werbung<br />
folgte die notwendige und professionell<br />
im Sinne des Kunden gestaltete Interaktion<br />
auf der Website.<br />
Konversion schaffen<br />
Eine solide und gut gestaltete Website<br />
ist für Unternehmen in der digitalen<br />
Ära unverzichtbar. Sie dient nicht nur<br />
als Visitenkarte und Informationsquelle,<br />
sondern auch als Plattform für Geschäftstransaktionen,<br />
Kundenbindung<br />
und Markenbildung, also für jede Form<br />
der direkten Interaktion mit dem Kunden.<br />
Und der will und muss sich schließlich<br />
wohlfühlen, in jeder Beziehung.<br />
Eine gute Website zeichnet sich durch<br />
klare Navigation, ansprechendes Design,<br />
qualitativ hochwertige Inhalte, schnelle<br />
Ladezeiten und optimale Nutzerfreundlichkeit<br />
aus. Sie berücksichtigt auch<br />
Suchmaschinenoptimierung (SEO), um<br />
die Sichtbarkeit und das Ranking in den<br />
Suchmaschinenergebnissen zu verbessern.<br />
All diese Aspekte sind entscheidend,<br />
© FREEPIK.COM<br />
um die Zugriffe auf die Seite zu erhöhen,<br />
die Verweildauer zu verlängern und die<br />
Konversionsraten zu verbessern.<br />
Mehr denn je sind Kunden anspruchsvoll<br />
und erwarten ein nahtloses Online-<br />
Erlebnis. Wenn die Website nicht den<br />
Erwartungen entspricht, könnten potenzielle<br />
Kunden schnell abspringen und u<br />
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48 Wirtschaft<br />
49<br />
© FREEPIK.COM | VWALAKTE<br />
zu Konkurrenzangeboten wechseln.<br />
Eine solide Website dient daher als<br />
Aushängeschild für ein Unternehmen<br />
und als Ankerpunkt für jede<br />
Werbemaßnahme, die auf der Website<br />
messbar wird und ihre Wirkung<br />
entfaltet.<br />
Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche<br />
Website ist die von Amazon.<br />
Mit ihrem benutzerfreundlichen<br />
Design, ihrer riesigen Produktauswahl<br />
und nahtlosen Checkout-Prozessen<br />
hat Amazon eine Website geschaffen,<br />
die Kundenzufriedenheit und<br />
Loyalität fördert und somit einen erheblichen<br />
Einfluss auf den Geschäftserfolg<br />
des Konzerns hat. Amazon schafft ein<br />
ganzheitliches Erlebnis – von der Werbung<br />
im TV über das Nutzererlebnis und<br />
sämtliche Prozesse von der Bestellung<br />
einer Ware bis zu deren Lieferung oder<br />
Reklamation. Alles ist einfach und entspricht<br />
dem Markenkern, das kundenfreundlichste<br />
Unternehmen der Welt zu<br />
sein. Marke, Werbung, Website, digitale<br />
Prozesse greifen ineinander und binden<br />
den Kunden – offline und online.<br />
Werbung und Website<br />
in Beziehung setzen<br />
Werbung und eine solide Website sind<br />
zwei Seiten derselben Medaille, wenn es<br />
darum geht, das Geschäftsergebnis zu<br />
© FREEPIK.COM | GPOINTSTUDIO<br />
verbessern. Sie arbeiten Hand in Hand,<br />
um einerseits die Markensichtbarkeit zu<br />
erhöhen und Kunden anzuziehen, andererseits<br />
aber auch Umsätze zu generieren.<br />
Nur so gelingt digitales Marketing<br />
tatsächlich: mit einer ganzheitlichen<br />
Marken- und Kommunikationsstrategie<br />
statt einzelner Maßnahmen.<br />
Zeit aufzuwachen<br />
Viele Unternehmen unterliegen jedoch<br />
noch immer dem Trugschluss, dass bloße<br />
Werbung ausreicht, um im hart umkämpften<br />
Marktumfeld erfolgreich zu<br />
sein. Motto: Viel Präsenz gleich hohe Umsätze,<br />
Dauerbeschallung statt messbarer<br />
Ergebnisse. Und so pumpen sie Unsummen<br />
in ausgeklügelte Werbekampagnen,<br />
vergessen jedoch dabei das entscheidende<br />
Fundament – eine solide, gut<br />
durchdachte und mit dem Kunden interagierende<br />
Website. Diese Ignoranz<br />
ist nicht nur ein strategischer Fehler,<br />
sondern auch ein sicherer Weg in<br />
den mittelfristigen Untergang.<br />
Ohne eine starke Website als Rückgrat<br />
der digitalen Präsenz sind kurz-,<br />
mittel- und langfristige Erfolge in<br />
Marketing und Vertrieb nahezu<br />
unmöglich. Viel Sichtbarkeit allein<br />
sorgt nicht für mehr Verkäufe oder<br />
loyale Kunden. Nur durch das Zusammenspiel<br />
von effektiver Werbung<br />
und einer soliden Website können<br />
Unternehmen im digitalen Zeitalter erfolgreich<br />
sein. •<br />
Über den Autor<br />
Dominik Pühringer<br />
ist Experte auf dem Gebiet<br />
der digitalen Sichtbarkeit<br />
und verfügt über umfassende<br />
Kenntnisse in der<br />
Entwicklung erfolgreicher<br />
Online-Marketing- und<br />
Website-Strategien. Mit seinem<br />
fundierten Know-how<br />
unterstützt er Unternehmen<br />
dabei, ihre Online-Präsenz zu optimieren und ihre<br />
Ziele im digitalen Zeitalter zu erreichen.<br />
www.dbrains.at<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Der Deindustrialisierung<br />
entgegenwirken<br />
7 Maßnahmen im Pflichtenheft des Mittelstands<br />
Neben der Bundesregierung müssen<br />
auch die deutschen Unternehmen einer<br />
drohenden Deindustrialisierung<br />
entgegenwirken. Daher hat die auf<br />
Lieferketten spezialisierte Kloepfel<br />
Group jetzt sieben Maßnahmen veröffentlicht,<br />
mit denen sich Mittelständler<br />
stärken können. Viele Unternehmen<br />
kennen die erforderlichen Handlungsfelder,<br />
doch oft fehlen Fach- und Führungskräfte.<br />
Daher lautet der erste Tipp<br />
der Berater:<br />
Maßnahme 1: Fachkräftemangel durch<br />
interimistische Manpower auf Zeit<br />
ausgleichen<br />
„Die Mittelständler kennen ihre Aufgaben<br />
in der Regel, doch ihnen fehlen Fach- und<br />
Führungskräfte für die Umsetzung. u<br />
Richter_und _Hess_196X94_mg mit Premier Finalist final.indd 2 21.06.<strong>2023</strong> 12:55:08
50 Wirtschaft 51<br />
Daher bieten wir den Unternehmen an,<br />
ihre Kapazitäten in den jeweiligen Bereichen<br />
temporär durch interimistische<br />
Supply Chain Manager, Ingenieure oder<br />
andere Fach- und Führungskräfte auf<br />
Zeit zu verstärken,“ so Marc Kloepfel,<br />
CEO der Kloepfel Group.<br />
Maßnahme 2: Lieferketten optimieren<br />
Zudem müssen mehr Unternehmen<br />
auf die Diversifizierung ihrer Lieferketten<br />
setzen, um Risiken zu minimieren.<br />
Die Digitalisierung muss auch hier<br />
weiter vorangetrieben werden, um die<br />
Effizienz und Transparenz entlang der<br />
Lieferketten zu verbessern. Unternehmen<br />
sollten darüber hinaus verstärkt<br />
auf Risikomanagement achten. Des<br />
Weiteren können nachhaltige Lieferketten<br />
das Unternehmensimage verbessern<br />
und die Resilienz der Lieferketten<br />
steigern.<br />
Kloepfel erklärt: „Zwar wird hier schon<br />
viel von den Unternehmen getan, doch<br />
es reicht oft nicht aus, um im globalen<br />
Wettbewerb der Lieferketten die Nase<br />
vorne zu haben.“<br />
Maßnahme 3:<br />
Digitale Transformation vorantreiben<br />
Durch die Anpassung an digitale Technologien<br />
und die Umstellung auf digitale<br />
Geschäftsmodelle können mittelständische<br />
Unternehmen ihre Effizienz<br />
steigern, neue Märkte ansprechen und<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern.<br />
Maßnahme 4:<br />
Produktkosten optimieren<br />
Unternehmen müssen Produktkosten<br />
optimieren, indem sie bspw. Produktionsprozesse<br />
durch neue Technologien<br />
verbessern, energieeffizienter produzieren,<br />
Material effizienter einsetzen<br />
oder teure Materialien durch kostengünstigere<br />
Alternativen ersetzen. Dies<br />
ermöglicht es ihnen, ihre Produktkosten<br />
zu senken, ohne dabei die Qualität<br />
des Endprodukts zu beeinträchtigen.<br />
Maßnahme 5: Fördermittel<br />
für Innovationen ausschöpfen<br />
Durch Investitionen in Forschung und<br />
Entwicklung können mittelständische<br />
Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben<br />
und neue Geschäftsfelder erschließen.<br />
Aber: Im Jahr 2020 wurde bspw.<br />
die Forschungszulage mit breitem Einvernehmen<br />
eingeführt. Diese Maßnahme<br />
soll jährlich bis zu 2,5 Milliarden<br />
Euro an forschende Unternehmen auszahlen<br />
und Anreize für Investitionen<br />
in Forschung und Entwicklung (FuE)<br />
schaffen.<br />
Duran Sarikaya, CEO von EPSA Deutsch-<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
land, eine Tochter der Kloepfel Group,<br />
sagt: „In unseren Gesprächen stellen<br />
wir immer wieder fest, dass Unternehmen<br />
Fördermittel wie die Forschungszulage<br />
viel zu wenig kennen oder in<br />
Anspruch nehmen. Ein Grund dafür<br />
sind sicherlich die hohen Hürden bei<br />
der Antragstellung. Dabei gibt es Fördermittelberater,<br />
wie EPSA Deutschland,<br />
die den Unternehmen bei der<br />
Beantragung von Fördergeldern sogar<br />
auf Erfolgsbasis helfen.“<br />
Maßnahme 6:<br />
Produkte und Märkte diversifizieren<br />
Mittelständler sollten ihre Produktpalette<br />
erweitern und neue Märkte<br />
erschließen, um Abhängigkeiten von<br />
Branchen oder Regionen zu reduzieren.<br />
So können sie sich an sich verändernde<br />
Marktnachfragen anpassen und neue<br />
Wachstumschancen nutzen.<br />
Maßnahme 7: Zusammenarbeit und<br />
Kooperation forcieren<br />
Der Aufbau von Partnerschaften mit<br />
anderen Unternehmen, Startups, Forschungseinrichtungen<br />
und Institutionen<br />
kann mittelständischen Unternehmen<br />
Zugang zu Ressourcen,<br />
Fachwissen und neuen Geschäftsmöglichkeiten<br />
verschaffen. •<br />
© KLOEPFEL GROUP<br />
Mark Kloepfel ist CEO der Kloepfel Group.<br />
Unter dem Dach der Kloepfel Group<br />
formieren sich spezialisierte Unternehmen<br />
für Kostensenkung und Prozessoptimierung<br />
im Mittelstand.<br />
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53<br />
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In komplexen Zeiten ein Muss<br />
© FREEPIK.COM | BEARFOTOS<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
Das Neue erschließt sich nur dem, der<br />
ausgetretene Pfade verlässt. Eine fehlertolerante<br />
Lernkultur ist dafür ein Muss.<br />
Wenn das Umfeld komplex und die Zukunft<br />
unvorhersehbar ist, werden Fehlversuche<br />
zur Normalität.<br />
Vor ein paar Jahren hatte ich in der Hamburger<br />
Google-Zentrale zu tun. Gerade<br />
war die Google Glass herausgekommen,<br />
ein Minicomputer, den man wie<br />
eine Brille trägt. Die wollte ich natürlich<br />
gleich ausprobieren. Man konnte auf<br />
ein Touchpad am Gestänge tippen oder<br />
Sprachbefehle eingeben und bekam die<br />
gewünschten Informationen auf ein<br />
Prisma vor dem rechten Auge eingespielt<br />
- auch solche vom Gegenüber. Die<br />
Gegenüber fanden das gruselig. „Glassholes“<br />
wurden die Träger genannt. Die<br />
Brille floppte. Zunächst. Zwei Jahre nach<br />
dem vorübergehenden Ende verkündete<br />
Google mehrere Großprojekte mit<br />
namhaften Konzernen. Seitdem wird<br />
die Google Glass mit großem Erfolg im<br />
B2B-Geschäft eingesetzt, zum Beispiel in<br />
Werkshallen und in der Logistik.<br />
Das Beispiel zeigt: Wirklich Neues gelingt<br />
nur dem, der den Mut hat, zwischendurch<br />
auch zu straucheln. Der Experimentiermodus<br />
ist dort ständig auf „on“.<br />
Eine fehleroffene, sanktionsfreie Lernkultur<br />
ist hierfür ein Muss. Wenn das<br />
Umfeld komplex und die Zukunft unvorhersehbar<br />
ist, werden Fehlversuche zur<br />
Normalität. Erfolgreiche Unternehmen<br />
>> experimentieren<br />
Sie probieren vieles aus, um zu sehen,<br />
was für den Markt das Richtige ist. Sie<br />
testen „jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche,<br />
jeden Tag“ (Jeff Bezos), um mit den<br />
stets steigenden Kundenerwartungen<br />
Schritt zu halten. „Experimentability“ sei<br />
die wichtigste Management-Ressource<br />
in einer digitalen Welt, sagt der Verhaltensökonom<br />
Ernst Fehr, Professor an der<br />
Universität Zürich. Geplante Vorgehensweisen<br />
werden dabei sofort über Bord<br />
geworfen, wenn sie sich im Zuge von<br />
Testphasen als untauglich erweisen.<br />
>> iterieren<br />
Über permanente Lernschleifen wird<br />
mithilfe von Kundenmeinungen fortlaufend<br />
optimiert, um frühzeitig auszusondern,<br />
was niemand braucht. So kommt<br />
validiert nur das auf den Markt, wofür<br />
die Menschen tatsächlich Geld ausgeben<br />
wollen. Das ständige Feedback über<br />
testen – lernen – verbessern – testen<br />
macht sofortige Kurskorrekturen möglich.<br />
Ein wertvolles Extra: Man ist regelmäßig<br />
in Kontakt mit seinen Kunden<br />
und sorgt für den „Mein-Baby-Effekt“.<br />
>> pivotieren<br />
Beim Pivotieren verschiebt man etwas<br />
an einen anderen Platz. Insofern ist ein<br />
Pivot kein Komplettausstieg, vielmehr<br />
wird mindestens ein erfolgversprechender<br />
Aspekt des ursprünglichen Geschäftsmodells<br />
gezielt in eine neue Richtung<br />
gelenkt. So erging es zum Beispiel<br />
dem Instagram-Vorläufer Burbn, eine<br />
App, die ursprünglich konzipiert worden<br />
war, um Whiskey-Freunde zusammenzubringen.<br />
Als man erkannte, dass die User<br />
hauptsächlich die Fotoposting-Funktion<br />
nutzten, richtete sich das Startup neu<br />
aus und legte damit den Grundstein für<br />
die Erfolgsstory von Instagram.<br />
© FREEPIK.COM<br />
Jeder kann durch Fehler klüger und besser<br />
werden. So ist jeder Fehlversuch zugleich<br />
ein Erkenntnisgewinn, ein sich öffnendes<br />
Fenster, in dem sich das Rettende<br />
eines Neubeginns zeigt. Ich verliere nie,“<br />
hat Nelson Mandela einmal gesagt.<br />
„Entweder ich gewinne, oder ich lerne.“<br />
Das zeugt von Größe<br />
und Demut zugleich.<br />
Wer wie<br />
beim Tennis<br />
zwei Aufschläge<br />
hat, kann<br />
beim ersten<br />
mutiger sein<br />
und versuchen,<br />
das Spiel sofort<br />
für sich zu<br />
entscheiden.<br />
Und jeder Top-Stürmer weiß: Für<br />
jedes Tor, das man schießt, schießt man<br />
fünf Mal daneben.<br />
Fehler sind Entwicklungschancen<br />
In klassischen Unternehmen finden wir<br />
oft eine angstvolle Fehlerkultur. Hingegen<br />
haben junge Unternehmen längst<br />
verstanden: Nur da, wo nichts passiert,<br />
passieren garantiert keine Fehler. Und<br />
die Angst selbst vor kleinsten Fehlern<br />
verhindert den großen Erfolg. Deshalb<br />
probiert man dort alles Mögliche aus<br />
und kalkuliert das Scheitern mit ein.<br />
„Start many, try cheap, fail early”, heißt<br />
das Prinzip: Viele Projekte starten, sie mit<br />
kleinen Mitteln testen, Flops schnell erkennen<br />
und sofort eliminieren. Für den<br />
Fall, dass man scheitert, scheitert man<br />
früh. Kosten halten sich so in Grenzen.<br />
In der Digitalwelt ist eine gesunde Fehlerkultur<br />
demnach völlig normal. In<br />
manchen Unternehmen können sich die<br />
MitarbeiterInnen für eine ungewöhnliche<br />
Auszeichnung qualifizieren: „Stelle<br />
ein Projekt vor, das so richtig gegen die<br />
Wand gefahren ist“, lautet die Aufforderung<br />
dort. Der dahinterliegende Sinn:<br />
Alle sollen daraus lernen. Nicht der Fehler,<br />
sondern die Lernerfahrung wird also<br />
gefeiert. Denn eine negative Haltung<br />
gegenüber Fehlern erstickt jeden Hauch<br />
von Wagemut schon im Keim. Über einen<br />
Mangel an Innovationen darf man<br />
sich dann natürlich nicht wundern.<br />
Vielerorts werden Fehler gerne vertuscht<br />
– und Scheitern ist inakzeptabel. In der digitalen<br />
Szene hingegen werden Fehler als<br />
Entwicklungschancen gesehen. Dort fühlt<br />
man sich inspiriert von den Geschichten bekannter<br />
Unternehmer, die vor ihrem Durchbruch<br />
gescheitert sind. So erging es auch<br />
Max Levchin, einem Serien-Entrepreneur<br />
mit ukrainischen Wurzeln. Die erste Firma,<br />
die er gründete, scheiterte mit einem großen<br />
Knall. Die beiden nächsten Firmen<br />
scheiterten auch, nur nicht ganz so<br />
dramatisch. Die vierte wäre beinahe<br />
nicht gescheitert. Die fünfte war<br />
PayPal, ein grandioser Erfolg.<br />
Mancherorts werden bereits<br />
Bewerber bevorzugt,<br />
die schon gescheitert sind.<br />
Dort weiß man um den<br />
Wert dieser Erfahrung. In<br />
gescheitert steckt nämlich<br />
gescheiter. u
54 Wirtschaft<br />
55<br />
Über die Autorin<br />
Angst ist der größte Fortschrittskiller<br />
Woher kommt diese Angst vor Fehlern?<br />
In der alten Industriekultur konnte jeder<br />
Produktionsfehler den Ruin bedeuten,<br />
weil klassische Herstellungsprozesse<br />
teuer waren. Heute gilt es zu differenzieren.<br />
Was folgenschwere Nachwirkungen<br />
haben kann, verlangt zwangsläufig eine<br />
Null-Fehler-Toleranz. Und natürlich will<br />
jeder Kunde eine fehlerfreie Leistung.<br />
Hingegen ist Fehlerakzeptanz in der vorgelagerten<br />
Entwicklungs- und anschließenden<br />
Optimierungsphase elementar.<br />
Dafür gibt es zum Beispiel das Testlabor<br />
und den Flugsimulator. Digitale Produkte<br />
kommen als Beta-Version auf den Markt<br />
und werden mithilfe der User ständig<br />
verbessert und weiterentwickelt.<br />
Zudem kann man Fehler auch differenzierter<br />
betrachten: als Lapsus, Panne,<br />
Schnitzer, Anlaufschwierigkeit, Ersterfahrung,<br />
Fehleinschätzung, Rückschlag,<br />
Schwachstelle, Sackgasse, Trugschluss,<br />
Übersehen, Irrtum. Solche Formulierungen<br />
schützen vor dem Gefühl des<br />
Versagens und machen Missgriffe verzeihlich.<br />
Wem etwas schiefgeht, der<br />
braucht keinen Anpfiff, sondern Trost<br />
und Ermunterung. Meist ist man ja erst<br />
auf dem Weg zur Könnerschaft. Kaum etwas<br />
funktioniert aus dem Stand heraus<br />
und auf Anhieb. Verschiedenes muss<br />
ausprobiert werden und dabei sind Fehlversuche<br />
zwangsläufig. Man korrigiert<br />
seine anfängliche Meinung, probiert<br />
immer weiter, entdeckt neu. So wird das<br />
Straucheln zu einem Überarbeiten von<br />
Möglichkeiten.<br />
Dem verdanke ich übrigens mein Lieblingsdessert,<br />
wenn ich in Frankreich bin.<br />
Und das kam so: Eines Tages bemerkte<br />
eine der Schwestern Tatin, die in der<br />
Nähe von Orléans ein gutgehendes Restaurant<br />
betrieben, dass sie vergessen<br />
hatte, den Mürbeteig für den Apfelkuchen<br />
in die Backform zu geben. Die Äpfel<br />
schmorten ohne ihn im Ofen, und die<br />
Gäste warteten schon. Plötzlich kam ihr<br />
die zündende Idee. Sie gab den Teig über<br />
das karamellisierte Apfel-Butter-Zucker-<br />
Gemisch und ließ ihn garen. Die Gäste<br />
fanden den Nachtisch köstlich. So wurde<br />
aus einem kleinen Malheur die legendäre<br />
„Tarte Tatin“, eines von vielen „Kindern<br />
des Scheiterns“.<br />
Fehler machen: So früh wie möglich<br />
„Wenn wir nicht genügend Fehler machen,<br />
heißt das, dass wir nicht genügend<br />
neue Dinge ausprobieren“, sagt Philip<br />
Knight, Gründer der Lifestyle-Marke Nike.<br />
Einem Anfänger dürfen natürlich mehr<br />
Fehler passieren als einem Profi. Niemand<br />
ist gleich vom Start weg perfekt.<br />
Stolpern gehört zum Laufen lernen dazu.<br />
Schließlich stellt sich die Frage: Ist das<br />
dem Fehler zugrundeliegende Problem<br />
kompliziert oder komplex? Bei komplizierten<br />
Problemen lassen sich Prozesse<br />
über feste Routinen in Richtung Fehlerlosigkeit<br />
bringen. Bei komplexen Problemen<br />
ist genau das nicht möglich. Sie verlangen<br />
zwar Rahmenbedingungen, aber<br />
auch Spielraum und freie Bahn.<br />
Wer sich schnell verbessern will, braucht<br />
demnach eine fehlertolerante Lernkultur.<br />
Und man braucht folgenden Punkt<br />
auf der Meeting-Agenda: „Welche Erfahrungen<br />
ich gemacht habe, die sich<br />
alle sparen können.“ Jeder Mitarbeitende<br />
weiß damit sogleich: Das wird uns<br />
hier nie wieder passieren. So kann jede<br />
erzählte Geschichte dabei helfen, genau<br />
die Fehler zu vermeiden, die andere<br />
schon hinter sich haben. Wenn man Fehler<br />
hingegen verbirgt, dann machen andere<br />
möglicherweise bald den gleichen<br />
Fehler - und das ganze wiederholt sich<br />
unzählige Mal. Und wenn man Fehler<br />
verschleppt, macht man aus einem Miniein<br />
Maxiproblem. So entstehen am Ende<br />
dann Großbaustellen.<br />
© FREEPIK.COM<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
mit großen<br />
Stückzahlen,<br />
Massenproduktion<br />
und<br />
Gleichförmigkeit.<br />
Bei<br />
diesem Fehlertyp<br />
sind feste<br />
Prozesse, vordefinierte<br />
Abläufe und<br />
penible Kontrollmechanismen<br />
unverzichtbar.<br />
Fehlertyp 2: Fehler, die beim Erschaffen<br />
von Neuerungen entstehen, zum Beispiel<br />
Produkte, Services und Lösungen rund<br />
um Kundenbedürfnisse und die moderne<br />
Arbeitswelt. Hier gilt es, Fehlentwicklungen<br />
früh zu identifizieren, viel zu<br />
testen und anhaltend zu experimentieren<br />
in dem Wissen: Innovationen<br />
sind ergebnisoffen, sie beinhalten die<br />
Option des Scheiterns, erfordern kleine<br />
erste Schritte, verlangen Mut, Frustrationstoleranz,<br />
Anpassungsvermögen und<br />
psychologische Sicherheit. Nicht die<br />
Fehler im Entstehungsprozess sind hier<br />
die größte Gefahr. Die größte Gefahr ist<br />
die, dass das Unternehmen irrelevant wird,<br />
weil die Mitarbeitenden sich nichts trauen.<br />
Fehlertyp 3: Absicht, Nachlässigkeit und<br />
Schlamperei. Das sind Fehler, die nicht<br />
toleriert werden können. Sie erfordern<br />
angemessene Konsequenzen – als Botschaft<br />
an den Verursachenden - und an<br />
alle, die dabei zuschauen.<br />
Folgendes sollte zudem in den Leitlinien<br />
stehen: „Bei uns darf jeder Fehler machen,<br />
nur nicht den, ihn zum Schaden des Unternehmens<br />
zu vertuschen.“ Denn der<br />
falsche Umgang mit Fehlern verursacht<br />
gleich fünffache Kosten:<br />
• Aufwendungen für die fehlerhafte Leistungserstellung.<br />
• Aufwendungen für die notwendige Mängelbeseitigung.<br />
• Umsatzverluste durch die Abwanderung<br />
enttäuschter Kunden.<br />
• Umsatzverluste, die aus negativer Mundpropaganda<br />
entstehen.<br />
• Vertrauensverluste aufgrund einer<br />
schlechten Reputation.<br />
Wo keine Fehler zugelassen werden, geht<br />
viel Zeit damit drauf, sich abzusichern.<br />
Statt Lösungen zu finden, werden Sündenböcke<br />
gejagt. Und überall stehen Besen<br />
herum, um Schlamassel unter den Teppich<br />
zu kehren. Oder man redet sich Fehltritte<br />
schön. Besser, man geht souverän mit<br />
seinem Versagen um und entwickelt Fehlerlernkompetenz.<br />
Das bedeutet, Fehler<br />
schnellstmöglich aufzudecken, Missstände<br />
rasch zu beseitigen und gemeinsam<br />
zu besprechen, wie Fehler in Zukunft verhindert<br />
werden können. Nicht der Mensch,<br />
der einen Fehler gemacht hat, ist das Problem,<br />
sondern der Fehler selbst. •<br />
Das “Rundum-Sorglos-Paket” für die Sicherheit Ihrer IT<br />
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Anne M. Schüller ist<br />
Managementdenker, Keynote-Speaker,<br />
mehrfach<br />
preisgekrönte Bestsellerautorin<br />
und Businesscoach.<br />
Die Diplom-Betriebswirtin<br />
gilt als führende Expertin<br />
für Zukunftsstrategien und<br />
eine kundenzentrierte Unternehmensführung.<br />
Zu diesen<br />
Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen,<br />
Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde<br />
sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German<br />
Speakers Association aufgenommen. Beim<br />
Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice<br />
2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter<br />
2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr<br />
Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint<br />
Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler<br />
aus. www.anneschueller.de<br />
Anne M. Schüller:<br />
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um zu einem Überflieger der Wirtschaft<br />
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veranschaulicht es jedem, der helfen will, eine<br />
bessere Zukunft zu gestalten, die maßgeblichen<br />
Vorgehensweisen in drei Bereichen:<br />
Wie machen wir die Menschen stärker, das<br />
Zusammenarbeiten besser und die Innovationskraft<br />
im Unternehmen größer.<br />
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Kategorisieren: Es gibt drei Fehlertypen<br />
Auf dem Weg zu einer fehlertoleranten<br />
Lernkultur gilt es zunächst, die Fehlerkategorien<br />
einmal grundsätzlich zu analysieren.<br />
Davon gibt es drei:<br />
Fehlertyp 1: Fehler, die zu einer Katastrophe<br />
führen können. Weil es zum Beispiel<br />
um die Sicherheit von Menschen, um Finanzzahlen,<br />
Juristisches, die Einhaltung<br />
gesetzlicher Vorschriften oder das perfekte<br />
Funktionieren eines Produktes geht.<br />
Solche Fehler gehören zum Beispiel zur<br />
Normwelt von Industrieunternehmen<br />
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56 Wirtschaft<br />
57<br />
Cyberkriminalität<br />
So werden Mitarbeiter-PCs<br />
in freier Wildbahn sicherer<br />
Erst den PC eines Mitarbeiters kapern und<br />
von dort aus dann ins Unternehmensnetzwerk<br />
eindringen: So sieht der Plan vieler<br />
Cyberkrimineller aus. Durch das hybride<br />
Arbeiten steigt die Gefahr, dass sie damit<br />
erfolgreich sind. Dell Technologies zeigt,<br />
wie Unternehmen ihnen einen Strich<br />
durch die Rechnung machen.<br />
Mitarbeiter sind das Einfallstor Nummer<br />
eins für Cyberattacken<br />
Kriminelle versuchen, sie zum Anklicken<br />
schadhafter Links zu bewegen, zum Herunterladen<br />
bösartiger Anhänge zu animieren<br />
oder ihre Anmeldedaten zu erbeuten,<br />
um sich dann über ihre PCs Zugang zum<br />
Unternehmensnetzwerk zu verschaffen.<br />
Die hybriden Arbeitsmodelle vergrößern<br />
dabei die Angriffsflächen und damit auch<br />
das Risiko, dass die Hacker erfolgreich sind.<br />
Dieser Gefahr sind sich Unternehmen bewusst<br />
und ergreifen deshalb zahlreiche<br />
Sicherheitsmaßnahmen, um ihre Mitarbeiter<br />
beim mobilen Arbeiten und im Homeoffice<br />
zu schützen. Sie sichern die Endgeräte<br />
mit Antivirus-Lösungen der nächsten<br />
Generation ab, richten VPN-Verbindungen<br />
für den externen Zugang zum Unternehmensnetzwerk<br />
ein und schützen die Zugriffe<br />
auf Anwendungen mit Multi-Faktor-<br />
Authentifizierung.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
etwa das Hochfahren. Wenn Kriminelle<br />
sich dort einnisten, haben sie praktisch<br />
den kompletten PC unter Kontrolle. Das<br />
können Unternehmen mit speziellen Sicherheitstools<br />
verhindern, die in der Lage<br />
sind, ein kompromittiertes BIOS automatisch<br />
aufzuspüren.<br />
2. Auf physischen Schutz achten.<br />
Genauso wichtig wie der virtuelle ist der<br />
physische Schutz der Endgeräte. Sind Mitarbeiter<br />
mit ihren PCs an öffentlichen Orten<br />
tätig, sollten sie ihre Bildschirme vor<br />
neugierigen Blicken schützen. Diese Möglichkeit<br />
haben sie mit Privacy-Filtern, mit<br />
denen sich auf Knopfdruck der Betrachtungswinkel<br />
des Bildschirms verkleinern<br />
lässt. Auf diese Weise kann niemand etwas<br />
sehen, der sich nicht direkt davor befindet.<br />
Mit Tools für Chassis Intrusion Detection<br />
können Unternehmen die PCs zudem vor<br />
physischen Angriffen schützen. Sobald<br />
eine unautorisierte Person die Abdeckung<br />
eines Geräts entfernt, wird nicht nur der<br />
Besitzer, sondern gleich auch der zuständige<br />
Systemadministrator benachrichtigt.<br />
3. Biometrische Authentifizierung<br />
unterstützen.<br />
Um Endgeräte sicher zu entsperren,<br />
gibt es kaum bessere Methoden als<br />
biometrische Verfahren. Fingerabdrücke<br />
etwa sind nur schwer zu fälschen<br />
und können auch nicht verloren gehen<br />
oder gestohlen werden. Auch die Gesichtserkennung<br />
bietet ein äußerst hohes<br />
Maß an Sicherheit, da sie kaum zu<br />
überlisten ist. Zudem sind die Besitzer<br />
der Endgeräte nicht gezwungen, sich<br />
PINs und Passwörter zu merken oder<br />
irgendwo aufzubewahren. Komplexität<br />
und hohe Kosten von Lösungen für die<br />
Erfassung von Fingerabdrücken und<br />
die Erstellung von Gesichtsscans mit<br />
PCs gehören der Vergangenheit an, sodass<br />
Unternehmen sie heute leichter<br />
einsetzen können.<br />
4. Die Mitarbeiter sensibilisieren und<br />
wachsam halten.<br />
Auch die besten Security-Systeme sind<br />
machtlos, wenn die Nutzer unbedarft<br />
oder fahrlässig handeln. Unternehmen<br />
können ihre Mitarbeiter für generelle<br />
Gefahren und die aktuellen Maschen<br />
von Cyberkriminellen sensibilisieren,<br />
indem sie regelmäßige Sicherheitstrainings<br />
abhalten. Um die Wachsamkeit<br />
ihrer Mitarbeiter permanent hochzuhalten,<br />
können sie außerdem immer<br />
wieder Tests durchführen, beispielsweise<br />
indem sie stichprobenartig Test-<br />
Phishing-Mails versenden.<br />
„Unternehmen haben zahlreiche Möglichkeiten,<br />
ihre hybriden Mitarbeiter<br />
besser vor Cyberattacken zu schützen“,<br />
erklärt Ute Riester, Senior Manager<br />
Field Product Management Client Solutions<br />
bei Dell Technologies. „Wichtig<br />
ist dabei aber, dass sie auf Ausgewogenheit<br />
von Usability und Sicherheit<br />
achten. Ihre Mitarbeiter sollten die<br />
Security-Tools unkompliziert nutzen<br />
können. Wenn Sicherheitsmaßnahmen<br />
zu viel Aufwand verursachen und die<br />
Produktivität einschränken, werden die<br />
Mitarbeiter Wege suchen – und finden<br />
– sie zu umgehen.“ •<br />
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Es gibt jedoch noch weitere Möglichkeiten,<br />
die IT-Sicherheit in Zeiten hybrider Arbeitsmodelle<br />
weiter zu erhöhen, die von Unternehmen<br />
trotz aller Umsicht oft übersehen<br />
werden.<br />
1. Auch unterhalb des Betriebssystems<br />
nach Anomalien suchen.<br />
Antiviren-Programme sind auf der Ebene<br />
des Betriebssystems aktiv und erkennen<br />
deshalb keine Angriffe, die auf das darunterliegende<br />
BIOS (Basic Input/Output<br />
System) abzielen. Dieses System steuert<br />
wichtige Kernfunktionen eines PCs wie<br />
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58 Wirtschaft<br />
59<br />
Moderne<br />
Lebensentwürfe<br />
in Familienunternehmen<br />
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Wie Patchworkfamilien erfolgreich zusammenarbeiten<br />
Wenn die Familie größer wird, wachsen auch die unterschiedlichen Interessen.<br />
Trennungen, neue Beziehungen und<br />
Kinder aus verschiedenen Partnerschaften<br />
sind heutzutage keine Seltenheit<br />
mehr. In den letzten Jahrzehnten<br />
hat sich die Gesellschaft drastisch verändert<br />
und klassische Konstellationen<br />
mit Vater, Mutter und Kind sind längst<br />
nicht mehr die einzige gängige Realität.<br />
Die Auswirkungen<br />
moderner<br />
Lebenskonzepte<br />
machen auch vor<br />
Unternehmerfamilien<br />
nicht<br />
halt. Während<br />
früher der äl-<br />
teste Sohn oft als automatischer Nachfolger<br />
angesehen wurde, stehen heute<br />
vielfältigere Möglichkeiten zur Verfügung.<br />
Neue Heraus-forderungen<br />
Die Veränderungen in den Strukturen<br />
bringen jedoch auch Herausforderungen<br />
mit sich. Wie können alle Teile<br />
der Patchworkfamilie und ihre unterschiedlichen<br />
Vorstellungen sowie<br />
Ansprüche unter einen Hut gebracht<br />
werden? Die Zusammenarbeit in einer<br />
Firma kann zu einem wahren Minenfeld<br />
werden, wenn sich nicht alle<br />
Beteiligten mit ihren individuellen Bedürfnissen<br />
und Rollen gehört, sowie<br />
integriert fühlen. Konflikte und Spannungen<br />
scheinen da vorprogrammiert<br />
zu sein. Doch trotz dieser Probleme<br />
gibt es Wege, wie unkonventionell aufgebaute<br />
Familien harmonisch und erfolgreich<br />
zusammenarbeiten können.<br />
Dabei sollten die individuellen Stärken<br />
und Fähigkeiten jedes Mitglieds herausgearbeitet<br />
und insoweit eingebunden<br />
werden, wie es für das Unternehmen<br />
das Beste ist. Schließlich sollten<br />
alle Beteiligten das gleiche Ziel haben:<br />
Die erfolgreiche Fortführung der Firma<br />
– mit oder ohne sie in einer aktiven<br />
Rolle.<br />
Konfliktfelder frühzeitig erkennen<br />
und Möglichkeiten abwägen<br />
Patchworkfamilien bringen ihre eigenen<br />
spezifischen Herausforderungen<br />
mit sich, die auch die Zusammenarbeit<br />
in der Firma beeinflussen können. Die<br />
Einbeziehung von Kindern aus verschiedenen<br />
Beziehungen, der Umgang<br />
mit zerstrittenen Familienmitgliedern<br />
und das unterschiedliche Verständnis<br />
von Rollenbildern sind nur einige Beispiele.<br />
Häufig entstehen die Probleme<br />
bei einer neuen Heirat. Inmitten der<br />
Freude über die neue Partnerschaft<br />
und das Zusammenführen der Familie<br />
gibt es einen Aspekt, der oft übersehen<br />
wird und gerade in wohlhabenden Fa-<br />
milien zu einer wahren Tragödie führen<br />
kann - das Erbrecht.<br />
Ein klassisches Beispiel ist die zweite<br />
Ehe, in der beide Partner Kinder aus früheren<br />
Beziehungen haben. Der Glaube,<br />
dass die Nachfahren des jeweils anderen<br />
genauso erbberechtigt sind wie<br />
die eigenen, ist leider ein Trugschluss.<br />
Grundsätzlich sind nur die eigenen Kinder<br />
für das Vermögen erbberechtigt. Ein<br />
Beispiel zur Verdeutlichung: einer der<br />
Partner verstirbt und es besteht der gesetzliche<br />
Güterstand, die sogenannte<br />
Zugewinngemeinschaft. In diesem Fall<br />
erhält das überlebende Elternteil, die<br />
eine Hälfte des Vermögens und die eigenen<br />
Nachkommen des Verstorbenen<br />
erben die andere. So weit, so gut. Doch<br />
hier lauert das große Missverständnis:<br />
Wenn der noch lebende Partner zu<br />
einem späteren Zeitpunkt stirbt, geht<br />
das gesamte Vermögen des zuletzt Verstorbenen<br />
- einschließlich des geerbten<br />
Vermögens des ersten Partners - zu 100<br />
Prozent an die Kinder des zweiten über.<br />
Die Nachfahren der ersten Person sind<br />
faktisch zu 50 Prozent enterbt worden,<br />
was sicherlich nicht die Absicht war.<br />
Die Auswirkungen dieser Erbregelung<br />
können besonders dramatisch sein,<br />
wenn wesentliche Beteiligungen am<br />
Familienunternehmen betroffen sind.<br />
Die Zukunft des Unternehmens und der<br />
langjährige Aufbau können durch dieses<br />
Missverständnis gefährdet werden.<br />
Doch es gibt Lösungen, die eine solche<br />
Tragödie verhindern können. Eine Möglichkeit<br />
besteht darin, die jeweils anderen<br />
Kinder zu adoptieren, was nicht nur<br />
aus erbschaftsteuerlichen Gründen von<br />
Vorteil sein kann. Eine detaillierte testamentarische<br />
Regelung ist ebenfalls eine<br />
mögliche Lösung. Hierbei kann genau<br />
festgelegt werden, wie das Vermögen<br />
aufgeteilt werden soll, um die Interessen<br />
aller Familienmitglieder zu berücksichtigen.<br />
Eines ist klar - es besteht<br />
Handlungsbedarf. u
60 Wirtschaft<br />
61<br />
© FREEPIK.COM | DRAZEN ZIGIC<br />
Um den Zusammenhalt und die erfolgreiche Zusammenarbeit in Patchworkfamilien zu<br />
fördern, kann ein professionelles Family Governance den entscheidenden Unterschied<br />
machen.<br />
Mit externer Hilfe<br />
klare Strukturen schaffen<br />
Fakt ist, dass potenzielle Stolpersteine<br />
bereits vor dem möglichen Tod der Elterngeneration<br />
geklärt und thematisiert<br />
werden, um Konfliktpotenzial zu<br />
reduzieren. Um den Zusammenhalt<br />
und die erfolgreiche Zusammenarbeit<br />
in Patchworkfamilien zu fördern, kann<br />
ein professionelles Family Governance<br />
den entscheidenden Unterschied machen.<br />
Dabei handelt es sich um eine<br />
neutrale Instanz von außen, die als<br />
Vermittler agiert und Spannungsfelder<br />
erkennt. Eine professionell begleitete<br />
Familienstrategie bietet die Möglichkeit,<br />
Funktionen zu definieren, Verantwortung<br />
aufzuteilen und gemeinsame<br />
Entscheidungen zu treffen. Es ist wichtig,<br />
bereits im Vorfeld klare Strukturen<br />
zu schaffen, offene Kommunikation zu<br />
fördern und potenzielle Streitpunkte<br />
proaktiv anzugehen. Ein zentraler<br />
Aspekt in der Zusammenarbeit von<br />
Patchworkfamilien ist die Rollenfindung.<br />
Dabei sollten alle Mitglieder,<br />
einschließlich angeheirateter Kinder<br />
und Stiefkinder, frühzeitig einbezogen<br />
werden. Offene Kommunikation über<br />
Positionen und Erwartungen ist entscheidend,<br />
um Missverständnisse und<br />
Konflikte zu vermeiden. Auch sollten<br />
potenzielle Probleme, wie zum Beispiel<br />
eine veränderte Erbaufteilung, bereits<br />
vor einer Heirat oder einer Zusammenführung<br />
der Familien angesprochen<br />
und geklärt werden.<br />
Proaktiv handeln<br />
und Streit im Vorfeld verhindern<br />
Um erfolgreich als Patchworkfamilie in<br />
einer Firma zusammenzuarbeiten, können<br />
folgende Tipps hilfreich sein:<br />
1. Schaffen Sie ein Forum für regelmäßigen<br />
Austausch, in dem alle Familienmitglieder<br />
ihre Bedürfnisse und<br />
Ängste äußern können: Es ist wichtig,<br />
einen Raum für offene Kommunikation<br />
zu kreieren, in dem alle Familienmitglieder<br />
ihre Anliegen und Sorgen<br />
äußern können. Regelmäßige Treffen<br />
oder gemeinsame Gespräche bieten<br />
die Möglichkeit, unterschiedliche Perspektiven<br />
zu verstehen und Lösungsansätze<br />
zu entwickeln.<br />
2. Beteiligen Sie alle Familienmitglieder<br />
an Entscheidungsprozessen und geben<br />
Sie ihnen das Gefühl, gehört zu<br />
werden: Jeder sollte in einem ersten<br />
Schritt die Möglichkeit haben, seine<br />
Stimme einzubringen. Dies schafft<br />
ein Gefühl der Wertschätzung und<br />
fördert das Engagement aller Beteiligten.<br />
Durch den Einbezug der Angehörigen<br />
entsteht eine breitere Basis<br />
für Entscheidungen und die Akzeptanz<br />
wird erhöht.<br />
3. Nehmen Sie unterschiedliche Vorstellungen<br />
und Ansichten ernst und<br />
suchen Sie nach Kompromissen, um<br />
die Zusammenarbeit zu erleichtern:<br />
In Patchworkfamilien treffen<br />
oft verschiedene Wertvorstellungen,<br />
Erziehungsstile und Ansichten aufeinander.<br />
Es ist wichtig, diese Unterschiede<br />
anzuerkennen und aktiv<br />
nach Kompromissen zu suchen, um<br />
Konflikte zu vermeiden. Flexibilität<br />
und Verständnis für die Bedürfnisse<br />
der einzelnen Menschen sind hierbei<br />
von großer Bedeutung.<br />
4. Bei starken Problemen zwischen Familienzweigen<br />
kann eine professionelle<br />
Mediation helfen, den Dialog<br />
zu fördern und Konflikte aufzuklären.<br />
Ein neutraler Vermittler kann<br />
dabei unterstützen, abgerissene<br />
Gesprächsfäden wieder aufzugreifen<br />
und eine gemeinsame Lösung<br />
zu finden. Durch eine professionelle<br />
Unterstützung können langwierige<br />
Streitigkeiten vermieden und das familiäre<br />
Miteinander gestärkt werden.<br />
5. Definieren Sie die Rollen der Patchwork-Familienmitglieder<br />
bereits vor<br />
einer neuen Ehe oder Zusammenführung<br />
im Rahmen eines Governance-<br />
Prozesses: Treffen Sie frühzeitig eine<br />
Grundsatzentscheidung, ob der neue<br />
Partner und dessen Kinder in das<br />
Familienunternehmen eingebunden<br />
werden sollen oder nicht. Dabei<br />
sollten individuelle Umstände und<br />
die Fähigkeiten und Kenntnisse der<br />
Kinder berücksichtigt werden. Eine<br />
realistische Einschätzung der Möglichkeiten<br />
und Potenziale kann helfen,<br />
Konflikte und Unklarheiten im<br />
späteren Verlauf zu vermeiden.<br />
Fazit: Patchwork mit Planung bereichert<br />
das Familienunternehmen<br />
Moderne Lebensentwürfe stellen<br />
Familienunternehmen vor besondere<br />
Herausforderungen. Doch mit einer<br />
klaren Struktur, offener Kommunikation<br />
und professioneller Unterstützung<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
durch Family Governance<br />
können sie gemeistert<br />
werden und im besten Fall<br />
in Chancen für die Firma<br />
umgewandelt werden. Es<br />
ist entscheidend, dass alle<br />
Familienmitglieder im Vorfeld<br />
einbezogen werden,<br />
um ein harmonisches und<br />
erfolgreiches Miteinander<br />
zu ermöglichen. Indem die<br />
Angehörigen ihre Rollen<br />
finden, Konflikte proaktiv<br />
angehen und Austausch<br />
fördern, können Mitglieder<br />
einer Patchworkfamilie in<br />
Unternehmen erfolgreich<br />
zusammenarbeiten und so<br />
die Zukunft des Betriebes<br />
sichern. •<br />
© FREEPIK.COM<br />
Mit einer guten Planung können Stief- und<br />
Halbgeschwister friedlich zusammenarbeiten.<br />
Über den Autor<br />
Thomas A. Zenner<br />
ist ein erfahrener Family<br />
Office-Experte, der<br />
seit über 20 Jahren<br />
in der Beratung von<br />
Familienunternehmen<br />
tätig ist. Nach verschiedenen<br />
Positionen bei<br />
Banken übernahm er ab<br />
2001 den Aufbau und<br />
die Leitung von mehreren Family Offices in<br />
Deutschland und der Schweiz. Seit Oktober<br />
2016 ist er geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Family Office 360grad AG in Stans/Nidwalden,<br />
die umfassende und maßgeschneiderte<br />
Lösungen für Unternehmerfamilien anbietet.
62 Wirtschaft<br />
63<br />
© PIXABAY.COM | NAKNAKNAK ZIGIC<br />
Verbesserter<br />
Patentschutz<br />
EPG stärkt innovativen deutschen Mittelstand<br />
Das neue Einheitliche Patentgericht (EPG)<br />
hat am 1. Juni die Arbeit aufgenommen<br />
– damit startet eine neue Ära im Patentrecht.<br />
Seine Rechtsprechung ist in 17<br />
Mitgliedstaaten der Europäischen Union<br />
wirksam. Ein Meilenstein für die europäische<br />
Integration – und eine Stärkung der<br />
innovationsstarken mittelständischen<br />
Unternehmen in Deutschland und Europa.<br />
Sie können ihre Erfindungen nun einfacher<br />
und schneller absichern.<br />
Patente sind das Herzstück der deutschen<br />
Wirtschaft. 20 Jahre lang schützen sie<br />
Erfindungen – Produkte ebenso wie technische<br />
Verfahren – vor unerwünschter<br />
Nachahmung durch Wettbewerber. Damit<br />
erhöhen sie die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Wirtschaftsstandortes Deutschland<br />
und der ansässigen Unternehmen.<br />
In Europa konnten sie den Patentschutz<br />
für ihre Erfindungen bislang nur Land für<br />
Land einzeln durchsetzen. Dies war teuer,<br />
ineffizient und führte bisweilen sogar zu<br />
widersprüchlichen Entscheidungen der<br />
nationalen Gerichte. Mit dem Einheitlichen<br />
Patentgericht erhalten Unternehmen<br />
jetzt die Möglichkeit, ihre Patente in<br />
der EU vor einem Gericht zentral durchzusetzen.<br />
Auf diese Weise können sie Zeit<br />
und Kosten sparen.<br />
Eine effiziente Möglichkeit,<br />
Patente durchzusetzen<br />
„Der deutsche Mittelstand mit seinen<br />
zahlreichen ‚Hidden Champions‘ gilt im<br />
internationalen Vergleich als besonders<br />
innovationsstark. Umso wichtiger ist für<br />
diese Unternehmen ein effektiver Schutz<br />
ihrer Erfindungen. Das Einheitliche Patentgericht<br />
bietet ihnen nun neben den<br />
nationalen Gerichten eine attraktive, effiziente<br />
Möglichkeit, ihre Patente durchzusetzen“,<br />
betont Dr. Stefan Zech, Partner<br />
und Patentanwalt bei der IP-Kanzlei Meissner<br />
Bolte.<br />
Das EPG ist ein gemeinsames Gericht aller<br />
teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten.<br />
Zu Beginn sind dies 17 Länder der europäischen<br />
Union, darunter mit Deutschland,<br />
Frankreich und Italien drei G7-<br />
Staaten und die für die Wirtschaft des<br />
EU-Binnenmarktes bedeutendsten Nationen.<br />
Weitere Mitgliedstaaten wollen<br />
folgen. Das EPG ist dezentral organisiert<br />
und in Deutschland mit vier Standorten<br />
für die erste Instanz vertreten (Düsseldorf,<br />
Hamburg, Mannheim und München).<br />
Geografisch umfassender Patentschutz<br />
mit dem neuen Einheitspatent<br />
Das neue Gericht ist für Fragen der Verletzung<br />
und der Rechtsgültigkeit von<br />
Einheitspatenten zuständig. Diese soge-<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
nannten „Europäischen Patente mit einheitlicher<br />
Wirkung“ wurden zeitgleich mit<br />
dem EPG eingeführt. Wird eine Patentverletzung<br />
festgestellt und erweist sich das<br />
Patent als wirksam, kann das neue EPG<br />
die Nutzung eines patentverletzenden<br />
Produktes oder Verfahrens in allen teilnehmen<br />
Mitgliedstaaten verbieten.<br />
Das neue Einheitspatent vereinfacht die<br />
Anmeldung von Patenten: Es wird wie<br />
ein klassisches Europäisches Patent mit<br />
einem mit einem einzigen Antrag beim<br />
Europäischen Patentamt (EPA) beantragt.<br />
Nach der Erteilung durch das EPA gewinnt<br />
ein Unternehmen in den 17 EU-Mitgliedstaaten<br />
Patentschutz für seine Innovation<br />
und muss nicht mehr, wie bisher bei Europäischen<br />
Patenten einzelne Länder validieren.<br />
Für Anmelder wird das Verfahren<br />
damit einfacher und kosteneffizienter.<br />
„Das neue System aus Einheitspatent<br />
und Einheitlichem Patentgericht unterstreicht<br />
die Bedeutung, welche die Europäische<br />
Gemeinschaft der Förderung<br />
und dem Schutz des europäischen und<br />
internationalen Innovationswettbewerbs<br />
beimisst“, so Dr. Stefan Zech von Meissner<br />
Bolte. „Das neue Patentgericht hat<br />
es sich zum Ziel gesetzt, die Reichweite<br />
nationaler Patentverfahren auf den von<br />
ihm abgedeckten Wirtschaftsraum – den<br />
zweitgrößten weltweit – auszudehnen.<br />
Dies soll den Nutzern eine starke Option<br />
neben der Rechtsdurchsetzung insbesondere<br />
in den USA und China bieten.“<br />
Was mittelständische Unternehmen<br />
jetzt tun sollten<br />
Das neue Patentrechtssystem stellt große<br />
Herausforderungen an Unternehmen,<br />
denn sie müssen einen individuellen<br />
Weg finden, um das Beste aus dem neuen<br />
System für sich herauszuholen. Nicht<br />
für jedes Patent ist es sinnvoll, das neue<br />
Einheitspatentsystem zu nutzen, sondern<br />
stattdessen Patente in gewohnter Weise<br />
vor nationalen Gerichten durchzusetzen.<br />
Das neue System bietet Patentinhabern<br />
nicht nur deutliche Vorteile, sondern birgt<br />
auch gewisse Risiken: „Ein Einheitspatent<br />
kann durch ein einziges Nichtigkeitsverfahren<br />
vor dem EPG für alle Länder, in denen<br />
es gültig ist, zu Fall gebracht werden“,<br />
erläutert Patentanwalt Dr. Stefan Zech. Er<br />
empfiehlt Unternehmen, gemeinsam mit<br />
gemischten IP-Kanzleien aus prozesserfahrenen<br />
Rechtsanwälten sowie Patentanwälten<br />
mit technischer Spezialisierung<br />
eine eigene, auf sie zugeschnittene Patentschutzstrategie<br />
zu entwickeln. •<br />
Dr. Stefan Zech ist Partner<br />
und Patentanwalt bei der IP-<br />
Kanzlei Meissner Bolte, einer<br />
Full-Service-IP-Kanzlei, die<br />
Prosecution und Litigation<br />
von Patenten, Trademarks<br />
und Designs anbietet. An elf<br />
Standorten in Deutschland<br />
und einem in Großbritannien<br />
berät das Team aus mehr<br />
als 60 Patent- und 20 Rechtsanwälten sowie<br />
insgesamt 320 Mitarbeitenden Mandanten aus<br />
verschiedenen Industrien.<br />
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PREISTRÄ GER<br />
Großer Preis des<br />
MITTELSTANDES
64 Lifestyle | Auto<br />
65<br />
BILDER: © MEDIA.MERCEDES-BENZ.COM<br />
Das PHÄNOMEN<br />
der DISTANZ<br />
Mercedes Kompakt-SUV GLC 300e<br />
Lieber Leser, nachdem die Garths mich getestet haben, stelle ich mich hier Ihnen mal selbst vor:<br />
Ich bin ein Mercedes Kompakt-SUV GLC 300e mit Allradantrieb. Ich bin eines der feinen Automobile aus<br />
dem Hause Mercedes Benz, die Marke der automobilen Träume. In meinem schmucken Diamantweiß falle<br />
ich selbstverständlich auf, selbst unter den kleineren Ausführungen der großen Gelände- und Stadtgänger.<br />
Meine markante Markensprache und meine aufregende Form setzen mercedestypische Statements. Ich bin<br />
schließlich einem tief in der Gesellschaft verankertem Prestigé-Denken verpflichtet. Der Stern Ihrer Wünsche.<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 5 <strong>2023</strong><br />
‚Ein Auto, das reden kann, gibt es nicht.‘<br />
Gibt es doch! Nämlich selbstredend, voller<br />
Selbstbewusstsein und dem Ehrgeiz<br />
verpflichtet, etwas wirklich Gutes zu sein,<br />
sich abzuheben von allen Blechkleidern<br />
dieser Erde. Die Garths nehmen Platz,<br />
überschauen ein hervorragend aufgeräumtes<br />
Cockpit, voller hochwertiger<br />
Tasten und Displays. Auf mein griffiges<br />
Lenkrad bin ich besonders stolz. „Lediglich<br />
der Platz fällt zuerst etwas beengt<br />
auf, denn von außen wirkt die Karosserie<br />
deutlich geräumiger“ sagt der Professor<br />
und schmunzelt. Naja, das ist meiner geschwungenen<br />
Form geschuldet, aber Sie<br />
werden noch hören, was wahre Distanz<br />
und Nähe bedeuten.<br />
Mercedes Benz Power<br />
Mein MBUX- Betriebssystem kann in fast<br />
allen Belangen überzeugen, insbesondere<br />
die Navigation mit Augmented Reality<br />
macht Spaß, jedoch sind einige Funktionen<br />
etwas versteckt, aber man kann<br />
sich dank meiner Intuitivität schnell einarbeiten,<br />
meine ich bescheiden.<br />
Mein 204 PS Benzin-Triebwerk wird hier<br />
kombiniert mit einem leistungsstarken<br />
und Fahrfreude vermittelnden 136 PS<br />
Elektromotor, der einem das rein elektrische<br />
Fahren mit bis zu 120 Kilometer<br />
problemlos ermöglicht. „Tatsächlich<br />
ließen sich diese Werte auch im Alltag<br />
feststellen, den weiten Arbeitsweg in<br />
Berlin habe ich täglich ohne Einschalten<br />
des Benziners bewerkstelligen können.<br />
Leider wird dieser Vorteil durch die erschreckend<br />
dilettantische Energiepolitik<br />
Deutschlands zunichte gemacht, so dass<br />
hier kein tatsächlicher finanzieller Vorteil<br />
erlangt werden kann“, stellt Wilhelm fest.<br />
Tja, da werde ich Wilhelm wohl mal eine<br />
meiner Stärken zeigen und ermuntere<br />
ihn für Leistungssport. Wenn man sich<br />
nämlich mal etwas hurtiger aufs Gaspedal<br />
lehnt - was die beiden Tester in der<br />
Tat vollbringen - springt der Vierzylinder<br />
hör- und spürbar an und unterstützt, im<br />
Sportmodus mit sogar überraschend<br />
kernigem Sound, mein Vorwärtskommen<br />
souverän und kraftvoll, was sich<br />
für einen Überholvorgang besonders im<br />
Schub zeigt.<br />
Die Welt bleibt draußen<br />
„Was einem hinter dem Wärme- und<br />
geräuschdämmenden Akustikglas aber<br />
tatsächlich auffällt, ist das Phänomen<br />
der Distanz. Alles andere, also die Welt<br />
außer mir, wirkt so weit weg, tangiert<br />
einen nicht, man sitzt in seinem eigenen,<br />
schön konstruierten, komfortablen<br />
Reich, gibt sich dem Luxus der Isolation<br />
hin“, stellt Wilhelm fest und klopft seinem<br />
Vater auf die Schulter. Ich nehme<br />
es als Kompliment. Außerdem stimmt<br />
es, denn das macht mich aus. Ich bin<br />
schließlich ein Mercedes, und was kümmert<br />
einen die Welt der Anderen, wenn<br />
man 100.000 € für einen Kompakt SUV<br />
zu zahlen vermag.<br />
Stellen Sie sich vor: Ich werde in Bremen<br />
und in Sindelfingen gebaut! In Peking sogar<br />
als 7-Sitzer. Ich basiere auf der modifizierten<br />
MHA-Plattform (Modular High<br />
Architecture), die auch schon mein Vor-<br />
gänger trug. Die Basis ist eng verwandt<br />
mit der MRA2-Plattform (Modular Rear<br />
Architecture), auf der die aktuelle C-Klasse<br />
(W 206) gesetzt ist.<br />
Als SUV windschnittig<br />
Gegenüber meinem Vorgänger verbessert<br />
sich meine Aerodynamik – der cW-<br />
Wert schrumpft von 0,31 auf 0,29. Das ist<br />
schon ein Sport für mich.<br />
Meine Ladefläche hinten liegt bei mir als<br />
Hybrid ein ganzes Stückchen höher als<br />
bei den Verbrennern. Der Grund ist mein<br />
Akku. Eine kleine Klappe im Boden bleibt<br />
dennoch für Ladekabel und Verbandskasten.<br />
Mich kann man auch mit Luftfederung<br />
haben, die gibt es ausschließlich im Paket<br />
mit der Hinterradlenkung zusammen<br />
für 3.320 € – eine Investition, die ich Ihnen<br />
empfehlen kann, denn dann ist das<br />
komfortable Gleiten garantiert.<br />
Wir sollten uns mal kennen lernen:<br />
Ich bin der mit dem Stern.<br />
Wilhelm Rafael Garth und<br />
Prof. Arnd Joachim Garth
01 Cover 03 04 <strong>2023</strong>.indd 1 15.06.<strong>2023</strong> 13:37:34<br />
66 Leserbriefe | impressum<br />
6<br />
logie und Wissenschaft<br />
in Technologie und Wissenschaft<br />
Gemeinsam<br />
Zukunft sichern<br />
19. Jahrgang | <strong>Ausgabe</strong> 3 • 4 | <strong>2023</strong> | ISSN 1860-501x | 3 Euro<br />
Zur <strong>Ausgabe</strong>: 3•4/<strong>2023</strong><br />
Leserbriefe<br />
Impressum<br />
ISSN 1860-501x | 19. Jahrgang<br />
<strong>Ausgabe</strong> 5/<strong>2023</strong><br />
Verlag: OPS Netzwerk GmbH,<br />
Melscher Str. 1, 04299 Leipzig,<br />
Tel. 0341 240 61 - 00<br />
Petra Tröger (CEO), Dr. Helfried Schmidt<br />
info@op-pt.de | www.pt-magazin.de<br />
s in Technologie und Wissenschaft<br />
Welt im Wandel Trends in Technologie und Wissenschaft • Lieferkettengesetz Möglichkeiten<br />
und Lösungen für den Mittelstand • Unternehmensführung Corporate Design, Prozesse<br />
und Humor • Jurylisten <strong>2023</strong> Über welche Unternehmen die Juroren beraten<br />
Wir sind nicht allein!<br />
Vielleicht trifft das auf die Menschheit insgesamt zu. Vielleicht haben wir Brüder und Schwestern irgendwo im All. Auf jeden<br />
Fall trifft es auf unseren Alltag als Unternehmer zu. Unsere Tage haben viel mehr als 24 Stunden, weil wir die Tage mit<br />
unseren Mitarbeitern multiplizieren können. Und mit unseren Partnern und Lieferanten und Kunden. Was auch immer<br />
in Berlin, Brüssel oder irgendwo geschieht: Unsere Devise heißt GEMEINSAM ZUKUNFT SICHERN.<br />
Herzliche Grüße, Helfried Schmidt und Petra Tröger!<br />
+ Kommentare zum Onlinemagazin www.pt-magazin.de<br />
und zum Portal www.kompetenznetz-mittelstand.de<br />
(red. gekürzt)<br />
Das <strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong> ist offizielles <strong>Magazin</strong><br />
des Wettbewerbes „Großer Preis des<br />
Mittelstandes“ der Oskar-Patzelt-Stiftung,<br />
eingetragen im Stiftungsregister des Regierungsbezirkes<br />
Leipzig unter Nr. 2/1998.<br />
Zu: Zinswende: Wie finanziert sich jetzt<br />
der Mittelstand?<br />
Wir Handwerker, kl. Unternehmer – ohne<br />
Steuerlöcher, Subventionen oder Macht<br />
für Korruption - müssen für die liberale<br />
Mitte kämpfen und ggf. BWAs auch mal<br />
offen legen, so dass nicht die Verbraucher,<br />
Arbeitnehmer und der Staat denken, wir<br />
schwimmen im Geld.<br />
Ich habe meinen Betrieb vor 12 Jahren<br />
gegründet, habe eine neunjährige Tochter,<br />
bin alleinerziehend, war 3,5 Jahre<br />
schwer erkrankt, habe von 2016-2019<br />
in Hamburg eine Weiterbildung zum<br />
Businesscoach gemacht – habe meine<br />
Tochter immer selbst betreut, habe kein<br />
Geld für Putzfrau oder Gärtner, stehe<br />
zum Meister und halte (noch) Ausbildungsplätze<br />
bereit und bin es bald leid,<br />
weiterzukämpfen. Jede heikle Meldung<br />
lässt mein (Luxus-)Geschäft einbrechen -<br />
mal ehrlich: Wer braucht schon Gardinen,<br />
neues Sofa…?<br />
Nach allen Widrigkeiten erholt sich das<br />
Kaufverhalten erfahrungsgemäß nach<br />
8-12 Wochen: seit Kriegsbeginn bekommen<br />
wir aber im 8-12 Wochen Rhythmus<br />
neue Gedankenfürze der Politiker<br />
um die Ohren, so dass der Verbraucher<br />
(wir!) keine Zeit zur Regeneration und<br />
Mut-Findung mehr haben. Würden acht<br />
Wochen Medienberichte aussetzen, würden<br />
natürliche Prozesse starten, Angebot<br />
und Nachfrage regulierten sich, Arbeitnehmer<br />
wären nicht der Meinung, fürs<br />
pünktlich auf der Arbeit sein ein Lob verdient<br />
zu haben.<br />
Wir sollten auf die Straße gehen und uns<br />
Gehör verschaffen. Greta hats uns vorgemacht…<br />
die deutsche Einheit hat gezeigt,<br />
was WIR bewirken können. Und … es gibt<br />
so viele Klarsehende: die sehen nur in unserem<br />
von machtverliebten Nichtskönnern<br />
regierten Land keine Chance, auf<br />
ein kluges Ohr zu treffen.<br />
Katja Schulze<br />
Zu: Investitionen in Vietnam<br />
Ich denke auch, dass Vietnam in unserem<br />
Lande bei weitem unterschätzt wird. Ein<br />
großes Land mit großen Potentialen. Für<br />
vielerlei Geschäftsmodelle interessant!<br />
Sabine Krüger<br />
Zum <strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong>:<br />
Ihr <strong>PT</strong>-<strong>Magazin</strong> habe ich seit vielen Jahren<br />
immer gern gelesen. Ein sehr modernes<br />
und informatives <strong>Magazin</strong>. Wirtschaft,<br />
Finanzen, Kultur und Gesellschaft<br />
waren immer meine Themen. Leider<br />
habe ich im Laufe der Zeit viele gesundheitliche<br />
Probleme bekommen, die mir<br />
das Lesen erschweren.<br />
Klaus Budde<br />
Zu: Es wird Zeit: Germany First - Eine<br />
Anregung von Thomas Michael Hogg<br />
Danke für den Impuls zu diesem Artikel,<br />
danke Thomas Michael Hogg für den<br />
Beitrag. Sehr treffend, ich würde gern<br />
vertiefen, denn als einer der älteren, die<br />
noch im DDR-Wirtschaftssystem gearbeitet<br />
haben, kommt mir die Ähnlichkeit<br />
der heutigen "Wirtschaftspolitik" sehr<br />
schnell in den Sinn. Wo bleibt der Markt<br />
als Regulativ, wenn alles Neue nur per<br />
Subvention (=Steuergeld) in den Markt<br />
gepresst wird? Jeder der Innovation abseits<br />
der staatlich verordneten Pfade<br />
wagt, hat vom Start weg zusätzlichen<br />
Ballast auf den Schultern. So geht jeder<br />
Fortschritt daneben.<br />
A.D. (Name der Redaktion<br />
bekannt, aus Dresden)<br />
Zu: „Großer Preis des Mittelstandes“<br />
"Wir denken in Generationen und achten<br />
auf Enkelfähigkeit". Diesen Satz hört<br />
man immer wieder, wenn man über mittelständische<br />
(Familien)Unternehmen<br />
spricht. Und genau dieses nachhaltige<br />
Handeln zeichnet uns aus, macht uns<br />
krisenfest(er) und sichert uns auch die<br />
Möglichkeit, immer wieder neue Innovationen<br />
auf den Markt zu bringen.<br />
Mareike Boccola,<br />
Geschäftsf. Gesellschafterin Hauschild<br />
SpeedMixer® - The Original<br />
Leser-Telefon: 0341 240 61-00 | Leser-Fax: 0341 240 61-6 | Leser-E-Mail: info@op-pt.de<br />
Leserbriefe auch unter www.pt-magazin.de/service/leserbriefe<br />
Redaktion:<br />
Dr. Helfried Schmidt (V.i.S.d.P), Chefred.<br />
Ursula Hoitz<br />
Hauptstadtbüro <strong>PT</strong>-Redaktion<br />
Falk S. Al-Omary, Unter den Linden 10,<br />
10117 Berlin, Tel. +49 171/ 202 3223,<br />
post@al-omary.de<br />
Korrespondenten:<br />
Bernd Schenke (Berlin/Brandenburg)<br />
D-Rolf Becker (Halle/S., Indochina)<br />
Autoren/Interviews dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />
Patrick Hedfeld, Lukas Zörner, Dr. Hanspeter<br />
Georgi, Petra Tröger, Dr. Helfried Schmidt,<br />
Marc Kloepfel, Lothar Müller, Gerald Wood,<br />
Christian Wewezow, Ute Juschkus, Dr. Lukas<br />
Karrenbrock, Prof. Dr. Monika Zimmermann,<br />
Falk S. Al-Omary, Dominik Pühringer, Anne<br />
M. Schüller, Thomas A. Zenner, Dr. Stefan<br />
Zech, Arnd Joachim Garth, Wilhelm-Rafael<br />
Garth<br />
Anzeigen:<br />
Petra Tröger (V.i.S.d.P.),<br />
Clemens Vogel<br />
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 2/2022,<br />
gültig seit 16.08.2022,<br />
Tel. 0341 24061-00<br />
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Satz/Layout:<br />
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