6 Nr. 5/<strong>2023</strong> ELEKTROMOBILITÄT WAS MACHT DER HOHE NORDEN BESSER? Oder die Italiener noch nicht so gut? Norwegen ist der Spitzenreiter, Italien gehört zu den Schlusslichtern, wenn es um die Elektro mobilität geht. Warum das so ist und warum batteriebetriebenen Fahrzeugen trotz mancher Zweifel die Zukunft gehört – der „Radius“ hat zum Thema recherchiert.
ELEKTROMOBILITÄT Nr. 5/<strong>2023</strong> 7 Welche Statistiken man auch immer liest – sie werfen kein gutes Licht auf Italien, wenn es um die Elektromobilität geht. Nicht nur, dass der Stiefelstaat im Jahr 2022 mit lediglich 3,8 Prozent Anteil von Elektroautos am gesamten Automarkt zu den Schlusslichtern in Europa zählt. Italien war 2022 auch der einzige europäische Staat, der einen Rückgang beim Verkauf von batteriebetriebenen Fahrzeugen verzeichnet hat. Insgesamt fahren in Italien aktuell nur 0,3 Prozent des Fuhrparks elektrisch – auch da rangiert das Land ganz unten, wenngleich der europäische Durchschnitt mit 0,7 Prozent nicht berauschend ist. Da stellen sich einige Fragen, etwa: Wie kann es da andererseits sein, dass Norwegen als Spitzenreiter in Europa im vergangenen Jahr fast 80 Prozent E-Autos verkauft hat, Deutschland immerhin fast 18 Prozent? Was machen die Nordländer – Skandinavien ist insgesamt führend – so richtig oder die Italiener so falsch, dass Elektroautos in rauen Mengen gekauft oder eben fast völlig abgelehnt werden? Vorzeigeland Norwegen Autoexperten in Europa beantworten die Norwegen-Frage folgendermaßen: Der Staat hat es dort ausdrücklich zum politischen Ziel erklärt, die gesamte Autoflotte bis 2025 (!) emissionsfrei zu bekommen, also nur noch mit Strom oder Wasserstoff zu betanken. Entsprechend groß waren bisher die Kaufanreize. Neben Subventionen gab es für E-Autos und im ersten IN ITALIEN VERKAUFTE ELEKTROAUTOS Quelle: Statista/UNRAE 1.110 1.460 1.403 1.945 5.010 Moment auch für Hybride günstigere Maut- und Fährtickets, sie durften Busund Taxispuren verwenden, billiger oder gar gratis parken. Mittlerweile sind nicht mehr alle diese Vorzüge gültig, auch deshalb, weil der Verkehr in Norwegen in den vergangenen Jahren angeblich zugenommen hat, die Menschen also von Öffis und Rad aufs Auto umgestiegen sind, weil sie damit schneller und obendrein günstig vorankamen. Das war natürlich nicht der Vater des Gedankens gewesen. Aber immerhin: Dem sauberen Fuhrpark hat es genützt. Italien unter ferner liefen Warum rangiert nun ausgerechnet Italien in Sachen E-Mobilität fast am anderen Ende der Liste? Die Wirtschafts- und Automobilexperten sind sich auch bei dieser Antwort ziemlich einig: Italien fährt die falsche Strategie. Statt zu 100 Prozent hinter batteriebetriebenen Fahrzeugen zu stehen, hat es die finanziellen Anreize in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Ländern ziemlich knapp gehalten. Noch dazu sind die jüngsten Bestimmungen rein auf die Emission ausgerichtet, sprich Benziner und sogar Dieselautos und natürlich Hybride fallen bei entsprechend guten Zahlen genauso unter die Förderrichtlinien. Das mag rein vom <strong>Umwelt</strong>gedanken her schlüssig sein, wird aber nicht zu den erklärten Klimazielen in Europa führen. Dass sich die italienischen Verbraucher unter diesen Vorzeichen sowie angesichts unzureichender Dichte von Ladestatio- 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 10.556 32.538 67.542 49.536 <strong>2023</strong>: 14 MILLIONEN E-AUTOS Die Internationale <strong>Energie</strong>agentur (IEA) hat kürzlich einen Bericht mit einem globalen Ausblick auf die Elektrofahrzeuge <strong>2023</strong> veröffentlicht. Demnach sollen in diesem Jahr insgesamt 14 Millionen Elektroautos verkauft werden, rund vier Millionen mehr als 2022, und zwar hauptsächlich in drei Märkten: China, Europa und USA. China ist dabei der Spitzenreiter mit einem Anteil an den Neuverkäufen von 60 Prozent. Der Anteil an Vollstromern am gesamten Automarkt werde auf fast ein Fünftel steigen, teilt die IEA in ihrem Jahresbericht mit. Bis 2030 würden E-Fahrzeuge den Bedarf an mindestens fünf Millionen Barrel Öl pro Tag vermeiden. Im Bericht heißt es außerdem, dass Batterieherstellung mehr als ausreichen würde, um die Nachfrage nach E-Fahrzeugen bis 2030 im IEA-Szenario „Netto- Null-Emissionen bis 2050“ zu decken. Allerdings dominiere weiterhin China den Handel mit Batterien und Komponenten.