Energie & Umwelt 2023
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12 Nr. 5/<strong>2023</strong> ELEKTROMOBILITÄT<br />
Die Infrastruktur entwickelt sich weiter<br />
Philipp Senoner ist Mitgründer und<br />
Geschäftsführer von Alpitronic,<br />
einem Südtiroler Unternehmen,<br />
das sich vor einigen Jahren auf die<br />
Herstellung von Schnellladesäulen<br />
für Elektrofahrzeuge spezialisiert<br />
hat. Von den mittlerweile<br />
700 Mitarbeitern beschäftigen sich<br />
aktuell 110 allein mit der technologischen<br />
Neu- bzw. Weiterentwicklung<br />
der Schnell ladesäulen.<br />
Tendenz steigend.<br />
Radius: Herr Senoner, der Bedarf an<br />
Infrastruktur für Elektromobilität ist<br />
riesig. Seit wann sind Sie im Geschäft,<br />
und wer sind Ihre Kunden?<br />
Philipp Senoner: Wir konzentrieren<br />
uns seit 2018 auf die Produktion und<br />
Weiterentwicklung von Schnellladesäulen.<br />
Sie werden vor allem an Tankstellen<br />
aufgestellt, insbesondere auf<br />
Autobahnraststätten, auch an Einkaufszentren<br />
oder bei Gastbetrieben. Wir liefern<br />
zudem an Ölkonzerne, die sich zunehmend<br />
in Richtung <strong>Energie</strong>versorger<br />
entwickeln wollen und dabei auf Infrastruktur<br />
für E-Fahrzeuge setzen. Unsere<br />
Kunden sitzen vornehmlich in Europa,<br />
einzelne auch außerhalb, etwa in Neuseeland<br />
und Australien. Momentan expandieren<br />
wir in die USA, um diesen<br />
für uns neuen Markt zu bedienen.<br />
Radius: Sie setzen im Unternehmen<br />
besonders auf Forschung<br />
und Entwicklung. Was soll an den<br />
Ladesäulen verbessert werden?<br />
P. Senoner: Schneller, kompakter<br />
und effizienter sind die drei Schlagworte.<br />
Derzeit beträgt die Ladezeit an<br />
unseren Hyperchargern (Ladesäulen<br />
mit besonders großer Ladeleistung,<br />
Anm. d. Red.) je nach Fahrzeug 15 bis<br />
25 Minuten, und diese Zeit wollen wir<br />
weiter verkürzen. Mehr Effizienz bedeutet,<br />
dass die Wärmeverluste, die es<br />
bei der Umwandlung von Wechsel- in<br />
Gleichstrom im Gerät noch gibt, weiter<br />
minimiert werden – damit beim<br />
Laden keine unnötigen <strong>Energie</strong>verluste<br />
erzeugt werden. Und natürlich sollten<br />
die Ladestationen so wenig Platz wie<br />
möglich einnehmen. Ein weiteres großes<br />
Thema des Entwicklungsteams sind<br />
E-Ladestationen für Lkw und Busse.<br />
Radius: Batteriebetriebene Lkw –<br />
klingt fast utopisch. Glauben Sie an<br />
die Zukunft von E-Lkw?<br />
P. Senoner: Ja, vieles deutet derzeit<br />
auf batterieelektrische Lkw hin,<br />
schon allein aus Kostengründen und<br />
wegen der vergleichsweise geringen<br />
Anforderungen hinsichtlich der Infrastruktur.<br />
Wir vermuten, dass größere<br />
Lkw mit einer Batteriereichweite von<br />
400 bis 500 Kilometern bereits in den<br />
nächsten zwei Jahren reif für die Industrieproduktion<br />
sein könnten. Bis<br />
zur Markteinführung wird es dann<br />
zwar noch eine Weile dauern, aber es<br />
wird schneller gehen als beim Pkw.<br />
Radius: Warum?<br />
P. Senoner: Vor allem, weil es sich<br />
für die Transportfirmen von den Kosten<br />
her lohnen wird. Auch die Wartung<br />
von E-Fahrzeugen fällt kaum ins<br />
Gewicht. Außerdem muss ein Lkw-<br />
Foto © Alpitronic<br />
„WIR VERMUTEN,<br />
DASS GRÖSSERE<br />
LKW MIT EINER<br />
BATTERIEREICHWEITE<br />
VON 400 BIS 500 KILO-<br />
METERN BEREITS IN<br />
DEN NÄCHSTEN ZWEI<br />
JAHREN REIF FÜR DIE<br />
INDUSTRIEPRODUKTI-<br />
ON SEIN KÖNNTEN.“<br />
PHILIPP SENONER,<br />
ALPITRONIC<br />
Fahrer nach einigen Stunden ohnehin<br />
eine Pflichtruhepause einlegen, die<br />
gleichzeitig zum Laden genutzt werden<br />
kann. Nicht zuletzt werden Lkw<br />
nach fünf bis sechs Jahren meistens<br />
ersetzt, sodass der baldige Umstieg<br />
auf Strom logischer ist als beim Auto,<br />
das eine längere Lebensdauer hat.<br />
Radius: Wie wird sich der Markt mit<br />
E-Fahrzeugen, Ladestationen und<br />
anderen Produkten rund um die<br />
Elektromobilität in den nächsten<br />
Jahren entwickeln?<br />
P. Senoner: Aktuell fahren in Europa<br />
lediglich ein bis zwei Prozent der<br />
Autos mit Strom. Das heißt, dass es<br />
noch viel Luft nach oben gibt. Die<br />
Tatsache, dass in der EU ab 2035 keine<br />
mit fossilem Diesel oder Benzin<br />
betankten Pkw mehr neu zugelassen<br />
werden dürfen und dass die Preise für<br />
E-Autos in den nächsten Jahren sinken<br />
werden, dürfte den Markt aber<br />
begünstigen. Experten rechnen damit,<br />
dass es bis 2030 weiterhin ein starkes<br />
Wachstum geben und danach langsam<br />
eine Sättigung eintreten wird.