RLP_09_September_VdK-RhPfalz_09-2023-Ansicht-ohne-Anzeigen

05.09.2023 Aufrufe

Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz 77. Jahrgang September 2023 THEMEN Hintergrund Verena Bentele antwortet auf Kinderfragen Seite 3 Politik Witwenrente verhindert Altersarmut Seite 4 Gesundheit Wann ist ein künstliches Gelenk sinnvoll? Seite 8 VdK-TV Ein GdB ist nicht für immer festgelegt Seite 12 Verbraucher Hilfe suchen, wenn die Schulden drücken Seite 23 21 Wie soll die Zukunft der Krankenhäuser in Deutschland aussehen? Darüber ist politischer Streit entbrannt. Foto: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte Aus dem Landesverband VdK-Pflegestudie in Rheinland-Pfalz Seite 13 Ringen um die Krankenhausreform VdK-Präsidentin Bentele: „Das Patientenwohl muss an erster Stelle stehen“ SEITE 5 So hilft der VdK Foto: imago/blickwinkel Tanja Groß leidet am seltenen Stiff-Person-Syndrom und hat ständig Schmerzen am ganzen Körper. Zahlreiche Behandlungen mit teils starken Nebenwirkungen halfen nicht. Der VdK Hessen-Thüringen konnte für sie eine Cannabis-Therapie durchsetzen, die erste Erfolge zeigt. Schon lange wird in Deutschland um eine Krankenhausreform gerungen. Mit den im Juli von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgestellten Eckpunkten sieht der Sozialverband VdK einige seiner Forderungen umgesetzt. Er warnt aber davor, dass echte Verbesserungen im Gerangel zwischen Bund und Ländern im weiteren Gesetzgebungsverfahren unterzugehen drohen. Eine Krankenhausreform war aus Sicht des Sozialverbands VdK längst überfällig. „Auf der einen Seite gilt Deutschland als Land der Spitzenmedizin, auf der anderen Seite fühlen sich Patientinnen und Patienten oft nicht gut versorgt“, fasst VdK-Präsidentin Verena Bentele das Dilemma zusammen. Seit vielen Jahren laufen in den Kliniken die Kosten aus dem Ruder. Wissenschaftliche Studien sprechen von Überversorgung durch zu viel Behandlungsangebote. Eine große Herausforderung bei der Reform ist, die Zahl der spezialisierten Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten zu reduzieren, ohne die Versorgungsqualität zu gefährden. Für Erkrankte bedeuten die bisherigen Überlegungen, dass sie sich künftig wohl für planbare Operationen und spezielle Behandlungen auf längere Anfahrtswege einstellen müssen. Das könne man akzeptieren, erklärt Bentele, betont aber: „Das Patientenwohl muss an erster Stelle stehen. Wichtig ist, dass Krankenhäuser weiterhin für Notfälle, Geburten und einfache Eingriffe gut und schnell erreichbar sind. Hier müssen unbedingt ausreichend Kapazitäten vorgehalten werden.“ Zudem fordert sie, dass Bürgerinnen und Bürger unkomplizierten Zugang zu objektiven Daten über die Behandlungsqualität eines Krankenhauses bekommen. Bentele begrüßt ausdrücklich, dass das Ende der Fallpauschalen eingeläutet werden soll: „Weil der Gewinn eines Krankenhauses bisher an möglichst kurze Aufenthalte gekoppelt ist, werden viele Menschen viel zu früh entlassen. Dies schafft viel unnötiges Leid. Hinzu kommt, dass das Entlassmanagement gerade bei Älteren oft nicht gut funktioniert und auch die Angehörigen sich vollkommen überfordert fühlen.“ Künftig sollen „Vorhaltepauschalen“ für Einnahmesicherheit in den Krankenhäusern sorgen. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, so Bentele. Die Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium sorgen für Zündstoff. Viele Kommunen sind stolz auf ihre gut ausgerüsteten Kliniken. Die Bundesländer tun sich deshalb schwer mit dem wahrscheinlichen Abbau von Betten, möglichen Schließungen oder „Degradierungen“ von Krankenhäusern. Kommunalpolitikerinnen und -politiker berichten von Ängsten in der Bevölkerung, in der Gesundheitsversorgung abgehängt zu werden. „Natürlich müssen diese Ängste ernst genommen werden und im jetzt entstehenden Gesetzentwurf Berücksichtigung finden“, erklärt Bentele. Die Konflikte zwischen Bund und Ländern dürften jedoch nicht die Zukunft der Gesundheitsversorgung gefährden: „Die Krankenhausreform braucht Sachlichkeit und keine Parteienkämpfe. Für unsere Mitglieder ist dies eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, wir werden es sehr kritisch begleiten“, verspricht die VdK-Präsidentin. Dr. Bettina Schubarth Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen VdK und SoVD wollten Ungleichbehandlung bei Erwerbsminderungsrenten stoppen Das Bundesverfassungsgericht hat eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde des Sozialverbands VdK und des Sozialverbands Deutschland (SoVD) zurückgewiesen (Az.: 1 BvR 847/23). Sie richtete sich gegen eine Ungleichbehandlung bei den Erwerbsminderungsrenten (EM-Renten). Auch in Zukunft werden Personen, deren EM-Rentenbezug zwischen 2001 und 2018 begann, weniger Rente erhalten als Neurentner, die seit 2019 ihre Rente beziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde von VdK und SoVD gegen diese Regelung am 12. Juni dieses Jahres zurückgewiesen. Hintergrund für die Ungleichbehandlung: Wer ab 1. Januar 2019 eine EM-Rente erhält, den behandelt die Rentenversicherung so, als hätte sie oder er bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet. Von dieser Regelung profitieren aber jene nicht, die bis 31. Dezember 2018 eine EM-Rente beantragen mussten. Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben somit nichts von dieser Verbesserung. Gegen diese Stichtagsregelung hatten der VdK und der SoVD ein Musterstreitverfahren durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht geführt. Das höchste deutsche Gericht hat jedoch die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und lässt damit die Stichtagsregelung fortbestehen. In seiner Begründung heißt es, dass der Gesetzgeber „zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte“ Stichtage einführen kann. Dabei räumt das Gericht ein, dass jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Nach intensiver Prüfung ist die Bundesrechtsabteilung des VdK zu dem Schluss gekommen, dass leider keine weiteren Möglichkeiten – etwa auf europäischer Ebene – zur Verfügung stehen, das Urteil juristisch anzufechten. Jörg Ciszewski

Sozialverband <strong>VdK</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

77. Jahrgang<br />

<strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

THEMEN<br />

Hintergrund<br />

Verena Bentele antwortet<br />

auf Kinderfragen Seite 3<br />

Politik<br />

Witwenrente verhindert<br />

Altersarmut Seite 4<br />

Gesundheit<br />

Wann ist ein künstliches<br />

Gelenk sinnvoll? Seite 8<br />

<strong>VdK</strong>-TV<br />

Ein GdB ist nicht für<br />

immer festgelegt Seite 12<br />

Verbraucher<br />

Hilfe suchen, wenn die<br />

Schulden drücken Seite 23 21<br />

Wie soll die Zukunft der Krankenhäuser in Deutschland aussehen? Darüber ist politischer Streit entbrannt.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte<br />

Aus dem<br />

Landesverband<br />

<strong>VdK</strong>-Pflegestudie in<br />

Rheinland-Pfalz Seite 13<br />

Ringen um die Krankenhausreform<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Bentele: „Das Patientenwohl muss an erster Stelle stehen“<br />

SEITE 5<br />

So hilft der <strong>VdK</strong><br />

Foto: imago/blickwinkel<br />

Tanja Groß leidet am seltenen<br />

Stiff-Person-Syndrom und hat<br />

ständig Schmerzen am ganzen<br />

Körper. Zahlreiche Behandlungen<br />

mit teils starken Nebenwirkungen<br />

halfen nicht. Der <strong>VdK</strong><br />

Hessen-Thüringen konnte für sie<br />

eine Cannabis-Therapie durchsetzen,<br />

die erste Erfolge zeigt.<br />

Schon lange wird in Deutschland<br />

um eine Krankenhausreform gerungen.<br />

Mit den im Juli von Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach<br />

vorgestellten Eckpunkten<br />

sieht der Sozialverband <strong>VdK</strong> einige<br />

seiner Forderungen umgesetzt. Er<br />

warnt aber davor, dass echte Verbesserungen<br />

im Gerangel zwischen<br />

Bund und Ländern im weiteren<br />

Gesetzgebungsverfahren unterzugehen<br />

drohen.<br />

Eine Krankenhausreform war<br />

aus Sicht des Sozialverbands <strong>VdK</strong><br />

längst überfällig. „Auf der einen<br />

Seite gilt Deutschland als Land der<br />

Spitzenmedizin, auf der anderen<br />

Seite fühlen sich Patientinnen und<br />

Patienten oft nicht gut versorgt“,<br />

fasst <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

das Dilemma zusammen. Seit<br />

vielen Jahren laufen in den Kliniken<br />

die Kosten aus dem Ruder.<br />

Wissenschaftliche Studien sprechen<br />

von Überversorgung durch<br />

zu viel Behandlungsangebote. Eine<br />

große Herausforderung bei der<br />

Reform ist, die Zahl der spezialisierten<br />

Anlaufstellen für Patientinnen<br />

und Patienten zu reduzieren,<br />

<strong>ohne</strong> die Versorgungsqualität zu<br />

gefährden.<br />

Für Erkrankte bedeuten die bisherigen<br />

Überlegungen, dass sie<br />

sich künftig wohl für planbare<br />

Operationen und spezielle Behandlungen<br />

auf längere Anfahrtswege<br />

einstellen müssen. Das könne<br />

man akzeptieren, erklärt Bentele,<br />

betont aber: „Das Patientenwohl<br />

muss an erster Stelle stehen. Wichtig<br />

ist, dass Krankenhäuser weiterhin<br />

für Notfälle, Geburten und<br />

einfache Eingriffe gut und schnell<br />

erreichbar sind. Hier müssen unbedingt<br />

ausreichend Kapazitäten<br />

vorgehalten werden.“ Zudem fordert<br />

sie, dass Bürgerinnen und<br />

Bürger unkomplizierten Zugang<br />

zu objektiven Daten über die Behandlungsqualität<br />

eines Krankenhauses<br />

bekommen.<br />

Bentele begrüßt ausdrücklich,<br />

dass das Ende der Fallpauschalen<br />

eingeläutet werden soll: „Weil der<br />

Gewinn eines Krankenhauses bisher<br />

an möglichst kurze Aufenthalte<br />

gekoppelt ist, werden viele Menschen<br />

viel zu früh entlassen. Dies<br />

schafft viel unnötiges Leid. Hinzu<br />

kommt, dass das Entlassmanagement<br />

gerade bei Älteren oft nicht<br />

gut funktioniert und auch die Angehörigen<br />

sich vollkommen überfordert<br />

fühlen.“ Künftig sollen<br />

„Vorhaltepauschalen“ für Einnahmesicherheit<br />

in den Krankenhäusern<br />

sorgen. Dies sei ein Schritt in<br />

die richtige Richtung, so Bentele.<br />

Die Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium<br />

sorgen für<br />

Zündstoff. Viele Kommunen sind<br />

stolz auf ihre gut ausgerüsteten<br />

Kliniken. Die Bundesländer tun<br />

sich deshalb schwer mit dem wahrscheinlichen<br />

Abbau von Betten,<br />

möglichen Schließungen oder „Degradierungen“<br />

von Krankenhäusern.<br />

Kommunalpolitikerinnen<br />

und -politiker berichten von Ängsten<br />

in der Bevölkerung, in der<br />

Gesundheitsversorgung abgehängt<br />

zu werden.<br />

„Natürlich müssen diese Ängste<br />

ernst genommen werden und im<br />

jetzt entstehenden Gesetzentwurf<br />

Berücksichtigung finden“, erklärt<br />

Bentele. Die Konflikte zwischen<br />

Bund und Ländern dürften jedoch<br />

nicht die Zukunft der Gesundheitsversorgung<br />

gefährden: „Die<br />

Krankenhausreform braucht Sachlichkeit<br />

und keine Parteienkämpfe.<br />

Für unsere Mitglieder ist dies eines<br />

der wichtigsten Gesetzesvorhaben<br />

der Bundesregierung, wir werden<br />

es sehr kritisch begleiten“, verspricht<br />

die <strong>VdK</strong>-Präsidentin.<br />

Dr. Bettina Schubarth<br />

Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen<br />

<strong>VdK</strong> und SoVD wollten Ungleichbehandlung bei Erwerbsminderungsrenten stoppen<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat eine<br />

gemeinsame Verfassungsbeschwerde des<br />

Sozialverbands <strong>VdK</strong> und des Sozialverbands<br />

Deutschland (SoVD) zurückgewiesen<br />

(Az.: 1 BvR 847/23). Sie richtete sich<br />

gegen eine Ungleichbehandlung bei den<br />

Erwerbsminderungsrenten (EM-Renten).<br />

Auch in Zukunft werden Personen, deren<br />

EM-Rentenbezug zwischen 2001 und<br />

2018 begann, weniger Rente erhalten als<br />

Neurentner, die seit 2019 ihre Rente beziehen.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat<br />

eine Verfassungsbeschwerde von <strong>VdK</strong> und<br />

SoVD gegen diese Regelung am 12. Juni<br />

dieses Jahres zurückgewiesen. Hintergrund<br />

für die Ungleichbehandlung: Wer ab<br />

1. Januar 2019 eine EM-Rente erhält, den<br />

behandelt die Rentenversicherung so, als<br />

hätte sie oder er bis zur Regelaltersgrenze<br />

gearbeitet. Von dieser Regelung profitieren<br />

aber jene nicht, die bis 31. Dezember 2018<br />

eine EM-Rente beantragen mussten. Mehr<br />

als 1,8 Millionen Menschen haben somit<br />

nichts von dieser Verbesserung.<br />

Gegen diese Stichtagsregelung hatten der<br />

<strong>VdK</strong> und der SoVD ein Musterstreitverfahren<br />

durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht<br />

geführt. Das höchste<br />

deutsche Gericht hat jedoch die Verfassungsbeschwerde<br />

nicht zur Entscheidung<br />

angenommen und lässt damit die Stichtagsregelung<br />

fortbestehen.<br />

In seiner Begründung heißt es, dass der<br />

Gesetzgeber „zur Regelung bestimmter<br />

Lebenssachverhalte“ Stichtage einführen<br />

kann. Dabei räumt das Gericht ein, dass<br />

jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten<br />

mit sich bringt.<br />

Nach intensiver Prüfung ist die Bundesrechtsabteilung<br />

des <strong>VdK</strong> zu dem Schluss<br />

gekommen, dass leider keine weiteren<br />

Möglichkeiten – etwa auf europäischer<br />

Ebene – zur Verfügung stehen, das Urteil<br />

juristisch anzufechten. Jörg Ciszewski


2 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

Politik<br />

<strong>VdK</strong> gegen Rente mit 70<br />

Ein Viertel der Beschäftigten bezweifelt, es im Job bis zur Rente zu schaffen<br />

Die Angst, wegen belastender<br />

Arbeitsbedingungen oder gesundheitlicher<br />

Probleme nicht bis zum<br />

gesetzlichen Renteneintrittsalter<br />

arbeiten zu können, ist unter Beschäftigten<br />

verbreitet. Dies hat<br />

eine Studie gezeigt.<br />

Rund 27 Prozent der Befragten<br />

gehen davon aus, auf dem Weg zur<br />

Rente gesundheitliche Einschränkungen<br />

zu erleben. Bei den Arbeiterinnen<br />

und Arbeitern ist diese<br />

Quote mit insgesamt 38 Prozent<br />

besonders hoch, bei den Beamtinnen<br />

und Beamten mit insgesamt<br />

rund 17 Prozent deutlich niedriger.<br />

Von den Beschäftigten, die ihre<br />

Tätigkeit als äußerst oder als stark<br />

belastend empfinden, rechnen 59<br />

beziehungsweise 43 Prozent mit<br />

körperlichen oder psychischen<br />

Einschränkungen bis zur Rente.<br />

Das Forscherteam vom Wirtschafts-<br />

und Sozialwissenschaftlichen<br />

Institut (WSI) der Hans-<br />

Böckler-Stiftung hat knapp 5000<br />

Beschäftigte befragt. Zudem äußerten<br />

sich auch 3600 Betriebsund<br />

Personalräte.<br />

Arm im Alter<br />

Wer jeden Tag schwere Lasten bewegen muss, hat später oft mit gesundheitlichen<br />

Problemen zu kämpfen.<br />

Foto: imago/Olaf Döring<br />

Für den Sozialverband <strong>VdK</strong> ist<br />

die Studie ein weiterer Beleg dafür,<br />

dass viele Beschäftigte nicht bis zur<br />

Regelaltersgrenze arbeiten können.<br />

Deshalb kritisiert er jeden Vorstoß,<br />

das Renteneintrittsalter pauschal<br />

auf 68, 69 oder gar 70 Jahre zu erhöhen.<br />

„Dies würde nur die soziale<br />

Spaltung in der älteren Bevölkerung<br />

weiter verschärfen und die<br />

Altersarmut verstärken“, sagt <strong>VdK</strong>-<br />

Präsidentin Verena Bentele.<br />

Die Folgen sind sogar noch drastischer,<br />

wenn man den Faktor<br />

Lebenserwartung einbezieht. Sie<br />

hängt stark von der Art der Berufstätigkeit<br />

und dem Einkommen ab.<br />

Das war das Ergebnis einer Studie<br />

des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

Berlin (DIW<br />

Berlin), die der <strong>VdK</strong> im Jahr 2021<br />

beauftragt hatte. Demnach liegt<br />

die Lebenserwartung von Arbeiterinnen<br />

und Arbeitern vier Jahre<br />

unterhalb der von Beamtinnen<br />

und Beamten. Auch eine hohe Belastung<br />

im Berufsleben sowie ein<br />

kleines Einkommen verkürzen die<br />

Lebenserwartung.<br />

„Wer wenig verdient und einen<br />

körperlich oder psychisch belastenden<br />

Beruf ausübt, ist doppelt benachteiligt:<br />

Diese Beschäftigten<br />

können nur eine geringe Rente erwirtschaften.<br />

Und sie beziehen sie<br />

aufgrund der geringeren Lebenserwartung<br />

auch noch für kürzere<br />

Zeit“, kritisiert Bentele scharf.<br />

Deshalb müssen geringe Renten<br />

von langjährig Versicherten weiter<br />

aufgewertet werden. Es braucht<br />

eine Reform der Grundrente, damit<br />

mehr Menschen davon profitieren<br />

und der Zuschlag höher wird. Der<br />

<strong>VdK</strong> fordert zudem eine Erwerbstätigenversicherung:<br />

„Alle Beschäftigten<br />

müssen in die Rentenversicherung<br />

einzahlen – auch Selbstständige,<br />

Beamtinnen und Beamte,<br />

Politikerinnen und Politiker. Damit<br />

wird die Rente zukunftsfest, und<br />

das schafft mehr Gerechtigkeit“, so<br />

Bentele.<br />

Kristin Enge<br />

KOMMENTAR<br />

Steuern? Zahl ich gerne!<br />

Verena Bentele<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Gefühlt ist täglich Wahlkampf.<br />

Jedenfalls überbieten sich die<br />

Parteien mit Versprechungen<br />

zum angeblichen Wohle der Bürgerinnen<br />

und Bürger. Als Weg<br />

dorthin wird gerne das Senken<br />

von Steuern oder gar deren Abschaffung<br />

dargestellt, um schnell<br />

zu punkten.<br />

Aktuell fordert die CSU, die Erbschaftssteuer<br />

fürs Elternhaus<br />

abzuschaffen. Das klingt für viele<br />

nach einer richtig guten Sache.<br />

Doch nicht einmal die Hälfte<br />

der Deutschen wohnt in einer<br />

eigenen Immobilie. Die größere<br />

Zahl hat kein W<strong>ohne</strong>igentum, hat<br />

also keines zu vererben und<br />

meist keines als Erbe zu erwarten.<br />

Und der Immobilienmarkt ist<br />

so überhitzt, dass auf lange Sicht<br />

individuelle Eigenheimkäufe zurückgehen.<br />

Eine Erbschaftssteuer<br />

wird also zum Problem von immer<br />

weniger Menschen.<br />

Übergeordnetes Ziel muss sein,<br />

gutes W<strong>ohne</strong>n in Deutschland für<br />

alle zu ermöglichen. Das heißt,<br />

bezahlbare Mietwohnungen zu<br />

bauen und Familien beim Kauf<br />

eines Eigenheims zu unterstützen.<br />

Was braucht es dafür außer<br />

dem politischen Willen? Geld.<br />

Doch wenn Steuereinnahmen<br />

wie aus der Erbschaftssteuer<br />

ausbleiben, fehlt das Geld für<br />

Wohnungsneubau und Bausparförderung.<br />

Ich zahle gerne Steuern. Aber ich<br />

will ein gerechtes Steuersystem,<br />

das finanziellen Spielraum für<br />

einen sozialen Staat schafft. Deshalb<br />

muss natürlich am Steuerrad<br />

gedreht werden, um mehr<br />

soziale Gerechtigkeit zu schaffen.<br />

Doch dafür ist das Häuschen<br />

der Eltern der falsche Schauplatz.<br />

Die wirklich großen Steuereinnahmen,<br />

die fehlen, müssten<br />

vor allem bei Menschen geholt<br />

werden, die so viel Geld haben,<br />

dass sie die Zahl ihrer Immobilien<br />

oft nicht mehr kennen.<br />

Unser Steuersystem schont große<br />

Vermögen und hohe Einkommen.<br />

Selbst geltende Steuergesetze<br />

werden nicht konsequent<br />

angewandt. Ohne viel Anstrengung<br />

werden Reiche also immer<br />

reicher. Doch die soziale Kluft<br />

wird tiefer und tiefer.<br />

Klug ist das nicht. Nicht einmal<br />

für Reiche. Denn von einer mit<br />

Steuergeldern finanzierten guten<br />

Infrastruktur und öffentlichen Sicherheit<br />

profitieren auch sie.<br />

Steuern sind also langfristig die<br />

beste Geldanlage.<br />

Foto: imago/Zoonar<br />

Härtefallfonds aufstocken<br />

Entschädigung strittiger DDR-Rentenansprüche<br />

Nach der Wiedervereinigung wurden<br />

nicht alle Rentenansprüche<br />

von Rentnerinnen und Rentnern aus<br />

der ehemaligen DDR berücksichtigt.<br />

Betroffen sind 17 Personenund<br />

Berufsgruppen. Für sie gibt es<br />

Geld aus einem Härtefallfonds.<br />

Doch die Voraussetzungen sind<br />

eng gefasst. Nur wer über eine geringe<br />

Rente verfügt, kann bei der<br />

„Stiftung des Bundes zur Abmilderung<br />

von Härtefällen aus der Ost-<br />

West-Rentenüberleitung, für jüdische<br />

Kontingentflüchtlinge und<br />

Spätaussiedler“ (Stiftung Härtefallfonds)<br />

einen Antrag stellen.<br />

Für <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena<br />

Bentele ist nicht nachvollziehbar,<br />

dass dieser Antrag an die Bedürftigkeit<br />

gekoppelt ist. „Es kann doch<br />

nicht sein, dass nur Rentnerinnen<br />

Manche Rentnerinnen und Rentner<br />

aus der ehemaligen DDR warten<br />

noch immer auf Entschädigung.<br />

und Rentner, deren Rente etwa auf<br />

Grundsicherungsniveau liegt, entschädigt<br />

werden. Wer einen berechtigten<br />

Anspruch erworben hat,<br />

muss das Geld bekommen.“<br />

Kürzlich hat der Bundestag beraten,<br />

ob die finanziellen Mittel,<br />

die in den Härtefallfonds fließen,<br />

aufgestockt werden müssen. Bisher<br />

sind 500 Millionen Euro an Bundesmitteln<br />

vorgesehen. Die Länder<br />

können diese Summe freiwillig<br />

ergänzen, wenn sie sich am Härtefallfonds<br />

beteiligen.<br />

Doch aktuell tun dies laut Bundesministerium<br />

für Arbeit und Soziales<br />

(BMAS) nur Bremen, Hamburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Thüringen. Berlin beabsichtigt,<br />

noch beizutreten. Bentele fordert<br />

die anderen Bundesländer deshalb<br />

auf, sich dem Härtefallfonds anzuschließen.<br />

Zudem ist auch der <strong>VdK</strong><br />

der <strong>Ansicht</strong>, dass der Härtefallfonds<br />

weiter aufgestockt werden muss.<br />

Frist endet<br />

Betroffene erhalten eine Einmalzahlung<br />

von 2500 Euro. Diese<br />

kann sich auf 5000 Euro erhöhen,<br />

wenn das jeweilige Bundesland, in<br />

dem die oder der Betroffene lebt,<br />

am Härtefallfonds beteiligt ist.<br />

Nach Angaben des BMAS lagen<br />

Ende Juni knapp 128 000 Anträge<br />

vor. Entschädigungen können<br />

noch bis zum 30. <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

bei der Stiftung beantragt werden.<br />

Informationen: www.stiftunghaertefallfonds.de<br />

ken<br />

„Nur zusammen sind wir stark“<br />

Landesverbandstag des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen<br />

In Fulda fand der 23. Ordentliche<br />

Landesverbandstag des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen<br />

statt. Unter dem<br />

Motto „Solidarität statt Spaltung<br />

– Nur zusammen sind wir stark“<br />

stellten 174 Delegierte die Weichen<br />

für den künftigen Kurs des <strong>VdK</strong>-<br />

Landesverbands.<br />

Paul Weimann wurde mit großer<br />

Mehrheit im Amt des Landesvorsitzenden<br />

bestätigt. Der 67 Jahre<br />

alte Jurist steht seit 2017 an der<br />

Spitze des mit knapp 290 000 Mitgliedern<br />

größten Sozialverbands in<br />

Hessen und Thüringen. Seit 2018<br />

hat Weimann außerdem das Amt<br />

des Vizepräsidenten des <strong>VdK</strong><br />

Deutschland inne.<br />

„Der <strong>VdK</strong> ist angesichts der aktuellen<br />

sozialen Herausforderungen<br />

gefragt wie nie“, sagte Weimann<br />

nach seiner Wahl. „Als<br />

große solidarische Gemeinschaft<br />

werden wir uns mit vereinter Kraft<br />

auch künftig dafür starkmachen,<br />

die Interessen der benachteiligten<br />

Menschen in unserer Gesellschaft<br />

durchzusetzen.“<br />

Als Weimanns Stellvertreter<br />

wurden Dr. Daniela Sommer, Jörg<br />

Kubitzki, Patrick Nau und Dr.<br />

Günther Schnell gewählt. Neuer<br />

Landesschatzmeister ist Marius<br />

Fracarolli. Als Landesvertreterin<br />

der Frauen wählten die Delegierten<br />

Ursula König-Schneyer. Neue<br />

Landesjuniorenvertreterin ist Silvia<br />

Rosa Krämer.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

dankte in ihrer mit viel Beifall<br />

bedachten Rede den Delegierten<br />

für ihr großes ehrenamtliches Engagement.<br />

fis<br />

Der bisherige und neue Landesvorsitzende des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen:<br />

Paul Weimann.<br />

Foto: <strong>VdK</strong>/Jochen Schneider<br />

Foto: <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen<br />

Karl-Winfried Seif<br />

verstorben<br />

Der <strong>VdK</strong> trauert um den ehemaligen<br />

Vorsitzenden des Landesverbands<br />

Hessen-Thüringen und ehemaligen<br />

Vizepräsidenten des <strong>VdK</strong><br />

Deutschland. Karl-Winfried Seif<br />

wurde 79 Jahre alt.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele<br />

würdigte ihn<br />

als überzeugten<br />

Sozialpolitiker:<br />

„Karl-Winfried<br />

Seif war ein leidenschaftlicher<br />

Kämpfer für soziale<br />

Gerechtigkeit.<br />

Karl-Winfried Seif<br />

Er setzte sich mit<br />

ganzer Kraft für diejenigen ein, die<br />

sozialrechtliche und sozialpolitische<br />

Unterstützung benötigen.“<br />

Seif war von 2011 bis 2013 stellvertretender<br />

Landesvorsitzender<br />

des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen und<br />

stand von November 2013 bis Mai<br />

2017 an dessen Spitze. Von 2014 bis<br />

2018 war er Vizepräsident des Bundesverbands.<br />

Unter seiner Führung<br />

wuchs der <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen<br />

um fast 30000 Mitglieder. Die kommunale<br />

Sozialpolitik lag ihm besonders<br />

am Herzen, damit die<br />

Menschen dort, wo sie w<strong>ohne</strong>n, gut<br />

leben können und alle Hilfen, die<br />

sie benötigen, erhalten.<br />

Seif wurde am 16. November 1943<br />

in Limburg geboren. Er war unter<br />

anderem Abgeordneter im Hessischen<br />

Landtag und später auch als<br />

Staatssekretär im Hessischen Sozialministerium<br />

sowie im Hessischen<br />

Umweltministerium tätig. fis


Hintergrund Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> 3<br />

Sechs Fragen an die Präsidentin<br />

Verena Bentele erzählt aus der Schule, von ihrer sportlichen Karriere und was sie für die größte Ungerechtigkeit im Land hält<br />

Alle Kinderfotos: privat<br />

Zum Weltkindertag am 20. <strong>September</strong><br />

haben wir Kinder gefragt,<br />

welche Themen sie beschäftigen<br />

und welche Fragen sie an die<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin haben. Verena<br />

Bentele antwortet in dieser Ausgabe<br />

der <strong>VdK</strong>-ZEITUNG.<br />

Mattes (3) ist ein großer Fan von<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln. Er<br />

möchte wissen: Wie fahren Sie mit<br />

Bussen und Bahnen, und woher<br />

wissen Sie, in welchen Bus Sie gerade<br />

einsteigen?<br />

Um mich zu orientieren, nutze ich<br />

einen langen, weißen Stock. Damit<br />

kann ich die Stufe<br />

am Eingang<br />

zur Bahn ertasten.<br />

Wenn es<br />

Durchsagen gibt,<br />

höre ich, welche<br />

Bahn gerade eingefahren<br />

ist.<br />

Wenn es keine<br />

Mattes Durchsagen gibt,<br />

frage ich einfach<br />

andere Fahrgäste, welcher Bus<br />

oder welche Bahn gerade kommen.<br />

Aenne (6) kommt nach den Sommerferien<br />

in die zweite Klasse. Sie<br />

fragt: Wie haben Sie lesen und<br />

schreiben gelernt?<br />

Ich war in einer Schule, in der blinde<br />

Schülerinnen und Schüler unterrichtet<br />

wurden. Dort habe ich<br />

gelernt, dass die Schrift von blinden<br />

Menschen aus sechs Punkten<br />

besteht. Diese Punkte werden<br />

immer anders<br />

kombiniert. Sie<br />

werden in Papier<br />

gestanzt, sodass<br />

kleine Erhebungen<br />

entstehen,<br />

die ich fühlen<br />

kann. Beim Lesen<br />

streiche ich<br />

Aenne mit den Finger-<br />

In der <strong>VdK</strong>-Geschäftsstelle: Verena Bentele und Lilli (10) spielen das afrikanische Brettspiel „Oware“.<br />

spitzen darüber und kann so die<br />

Worte fühlen. Um so zu schreiben,<br />

habe ich eine Maschine mit sechs<br />

Tasten. Die drücke ich immer in<br />

unterschiedlicher Kombination,<br />

sodass die Punkte entstehen. Heute<br />

arbeite ich immer mit einem<br />

Computer: Er kann mir alles vorlesen,<br />

was ihr auf dem Bildschirm<br />

sehen könnt. Wenn ich schreibe,<br />

lege ich alle zehn Finger auf die<br />

Tasten und weiß genau, wann ich<br />

welche Taste drücken muss.<br />

Nina (10) begeistert sich für Fußball<br />

und Badminton. Sie fragt: Was<br />

war die größte Herausforderung in<br />

Ihrer Sportkarriere?<br />

Wenn ich laufe, Rad oder Ski fahre,<br />

habe ich immer Begleitläufer,<br />

die mit mir gemeinsam unterwegs<br />

sind. Manchmal war es schwierig,<br />

jemanden zu finden, der schnell<br />

genug ist für mich und morgens<br />

um sechs Uhr<br />

schon Lust auf<br />

Sport hat. Beim<br />

Joggen sind wir<br />

mit einem Seil<br />

verbunden: An<br />

diesem führt<br />

mich mein Begleitläufer<br />

um<br />

Nina<br />

Hindernisse herum.<br />

Beim Radfahren nutze ich<br />

ein Tandem. Da lenkt der, der vor<br />

mir sitzt, und bremst auch mal,<br />

wenn es sein muss.<br />

Benedict (11) liest gern und mag<br />

Videospiele. Er möchte wissen: Was<br />

bedeutet Ihnen Ihre erste paralympische<br />

Goldmedaille?<br />

Meine erste paralympische Goldmedaille<br />

habe ich mit 16 Jahren im<br />

Biathlon gewonnen. Mir hat sie<br />

viel bedeutet, weil ihr Gewinn so<br />

eine Überraschung für mich und<br />

alle anderen war. Aber letztendlich<br />

sind alle Medaillen besonders für<br />

mich. Bei all meinen zwölf Goldmedaillen<br />

musste ich immer sehr<br />

schnell Skilaufen<br />

und beim<br />

Schießen gut<br />

treffen. Jedes<br />

Rennen war anstrengend<br />

und<br />

am Ende besonders,<br />

wenn ich<br />

besser war als<br />

alle anderen. Benedict<br />

Foto: Kristin Enge<br />

Jasper (16) hat die zehnte Klasse<br />

beendet und startet bald mit der<br />

Oberstufe. Ihn interessiert: Was ist<br />

für Sie die größte Ungerechtigkeit,<br />

und was tun Sie gegen Kinderarmut?<br />

Die größte Ungerechtigkeit ist,<br />

dass wenige Menschen immer reicher<br />

werden und gleichzeitig immer<br />

mehr Menschen so arm sind,<br />

dass sie sich kaum ihre Wohnung<br />

und ihr Essen leisten können. Und<br />

das in Deutschland, das finde ich<br />

schlimm. Damit zum Beispiel arme<br />

Kinder gut aufwachsen können,<br />

benötigen ihre<br />

Eltern mehr<br />

Geld: für Essen,<br />

Schulbücher, eine<br />

Musikstunde<br />

oder den Sportverein.<br />

Hier gibt<br />

es eigentlich<br />

Geld vom Staat.<br />

Aber viele Familien<br />

wissen das<br />

Jasper<br />

gar nicht, dass sie einen Anspruch<br />

auf solche Leistungen haben. Als<br />

Präsidentin des <strong>VdK</strong> ist es meine<br />

Aufgabe, Politikerinnen und Politikern<br />

von meinen Mitgliedern zu<br />

berichten und ihnen zu zeigen,<br />

dass manche Menschen dringend<br />

Unterstützung benötigen.<br />

Lilli (10) ist sehr diskutierfreudig.<br />

Sie fragt: Beschäftigt Sie der Klimawandel,<br />

und was kann der <strong>VdK</strong><br />

hier tun?<br />

Wir beschäftigen uns im <strong>VdK</strong> viel<br />

mit den Folgen des Klimawandels:<br />

Für ältere Menschen ist zum Beispiel<br />

die Hitze im Sommer sehr<br />

anstrengend. Und wir verfolgen als<br />

<strong>VdK</strong> das Ziel, dass alle zum Stopp<br />

des Klimawandels beitragen, alle<br />

auf ihre Weise. Das heißt aber<br />

auch, dass Menschen, die kein<br />

Geld für eine neue Heizung haben,<br />

vom Staat eine Förderung benötigen.<br />

Für mich persönlich heißt das<br />

aber auch, dass wir alle überlegen<br />

müssen, wie wir reisen, ob wir mit<br />

dem Rad, der U-Bahn oder dem<br />

Auto fahren. Wer etwa als Mensch<br />

mit Behinderung die Bahn statt<br />

des Autos nehmen will, muss diese<br />

<strong>ohne</strong> Stufen betreten können. Dafür<br />

setzen wir uns ein.<br />

Gesund aufwachsen<br />

Am 20. <strong>September</strong> ist Weltkindertag<br />

Ein guter Start für Kinder<br />

Mit der Kindergrundsicherung für finanzielle Sicherheit und Teilhabe<br />

In diesem Jahr steht der Weltkindertag<br />

unter dem Motto „Jedes<br />

Kind braucht eine Zukunft!“. Er soll<br />

auf die Rechte und Bedürfnisse<br />

von Kindern aufmerksam machen.<br />

Im Jahr 1954 empfahlen die Vereinten<br />

Nationen (UN) ihren Mitgliedsstaaten,<br />

einen internationalen<br />

Tag für Kinder einzurichten.<br />

Ziel der UN-Initiative war es, die<br />

Rechte von Kindern stärker in den<br />

Jedes Kind hat das Recht auf ein<br />

gutes Leben.<br />

Foto: privat<br />

Fokus von Politik und Öffentlichkeit<br />

zu rücken. Nach der UN-<br />

Kinderrechtskonvention zählen<br />

dazu etwa das Recht auf ein gutes<br />

Leben, auf Gesundheit, Teilhabe<br />

und Bildung. Die UN ließ jedoch<br />

offen, wann und wie dieser Tag<br />

begangen werden sollte.<br />

Inzwischen wird der Weltkindertag<br />

auf der ganzen Welt gefeiert –<br />

in mehr als 145 Ländern. In<br />

Deutschland ist es der 20. <strong>September</strong>.<br />

Andere Länder begehen ihn an<br />

anderen Tagen: Japan etwa entschied<br />

sich für den 5. Mai, Kanada<br />

für den 1. Juni und Brasilien für<br />

den 12. Oktober.<br />

Zweimal feiern<br />

Die ehemalige DDR beging den<br />

internationalen Kindertag, wie<br />

viele andere Staaten auch, am<br />

1. Juni. Nach der Wiedervereinigung<br />

blieben in Deutschland beide<br />

Kindertage erhalten. In Thüringen<br />

– als einzigem Bundesland – ist der<br />

Weltkindertag ein Feiertag. Bundesweit<br />

wird an beiden Tagen auf<br />

vielen Veranstaltungen auf die Situation<br />

von Kindern aufmerksam<br />

gemacht.<br />

ken<br />

Um die Kindergrundsicherung wird<br />

heftig gestritten. Das Geld komme<br />

nicht bei den Kindern an, oder es<br />

gäbe schon genug Sozialleistungen,<br />

heißt es. Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> ist überzeugt, dass die Kindergrundsicherung<br />

dringend nötig ist:<br />

Aus armen Kindern werden oft arme<br />

Erwachsene – bis hin zur Rente.<br />

Drei Millionen Kinder und Jugendliche<br />

unter 18 Jahren waren im<br />

vergangenen Jahr in Deutschland<br />

armutsgefährdet, so eine Auswertung<br />

der Bertelsmann Stiftung. Das<br />

ist mehr als jedes fünfte Kind. Den<br />

Mangel an Geld spüren sie täglich.<br />

Er beeinträchtigt ihre Gesundheit,<br />

ihre Chance auf Bildung, auch ihr<br />

Selbstvertrauen. Die Scham über<br />

ein Leben in Armut ist oft groß. All<br />

das belegen Studien.<br />

Sie belegen auch, dass die Chance,<br />

das eigene Leben durch Bildung<br />

zu verbessern, in Deutschland<br />

gering ist. Wer in Armut aufwächst,<br />

bleibt meist arm. Und das<br />

oft über das gesamte Berufsleben<br />

hinweg bis zur Rente.<br />

Soziale Leistungen, wie etwa das<br />

Bürgergeld oder der Kinderzuschlag,<br />

ändern daran bisher wenig.<br />

Manche Familien brauchen Unterstützung.<br />

Das hat langfristig Folgen für die<br />

ganze Gesellschaft. Wer in Armut<br />

aufwächst und nicht gut ausgebildet<br />

ist, fehlt später als Fachkraft<br />

auf dem Arbeitsmarkt, benötigt<br />

Sozialleistungen und zahlt weniger<br />

Steuern. Deshalb braucht es dringend<br />

einen echten Systemwechsel.<br />

Die Kindergrundsicherung will<br />

Kinderarmut entgegenwirken. Geplant<br />

ist, vorhandene Leistungen zu<br />

bündeln und den Familien den<br />

Zugang zu erleichtern. Das ist sinnvoll.<br />

Ihre Höhe muss aber auch den<br />

tatsächlichen Bedarfen entsprechen<br />

und erst einmal richtig berechnet<br />

werden. Nur so kann sie<br />

Kindern und Jugendlichen echte<br />

Teilhabe ermöglichen. „Hier zu<br />

sparen, ist ein Armutszeugnis für<br />

unser Land. Die bisher geplanten<br />

zwei Milliarden Euro werden nicht<br />

reichen. Es braucht deutlich mehr<br />

Mittel“, fordert <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele.<br />

Der Vorwurf, das Geld komme<br />

nicht den Kindern zugute, ist unbegründet.<br />

Unabhängig vom Einkommen<br />

wollen alle Eltern, dass<br />

es ihren Kindern gut geht – egal,<br />

ob arm oder reich. Auch das haben<br />

Studien gezeigt. Kristin Enge<br />

Foto: picture alliance/photothek/Thomas Imo


4 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

Politik<br />

Witwenrenten als Mittel gegen Armut<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> erteilt Einschränkungen bei Renten für Hinterbliebene eine deutliche Absage<br />

Wenn der Ehemann oder die Ehefrau<br />

stirbt, dann ist das ein großer<br />

Verlust für die Hinterbliebenen. Für<br />

sie gibt es nach dem Tod des Partners<br />

die Witwen- oder Witwerrente,<br />

um ihnen eine finanzielle Unterstützung<br />

zu bieten.<br />

Die Hinterbliebenenrente hat<br />

eine „Unterhaltsersatzfunktion“,<br />

wie es in der juristischen Fachsprache<br />

heißt. Sie ist also ein Ersatz für<br />

den Unterhalt, den der oder die<br />

Verstorbene bis zum Tod erbracht<br />

hat.<br />

Die Wirtschaftswissenschaftlerin<br />

Monika Schnitzer, Vorsitzende<br />

der sogenannten Wirtschaftsweisen,<br />

hatte im Sommer gefordert,<br />

die Witwenrente abzuschaffen und<br />

ein Rentensplitting einzuführen.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

widersprach ihr: „Ich kann Vorschlägen,<br />

ein Rentensplitting für<br />

Hinterbliebenenrenten flächendeckend<br />

einzuführen, wirklich<br />

nichts abgewinnen.“ Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> macht sich immer<br />

wieder gegen Einschränkungen bei<br />

den Witwenrenten stark.<br />

Mittel gegen Armut<br />

Bentele unterstreicht die soziale<br />

Funktion der Rente vor allem für<br />

verwitwete Frauen: „Witwenrenten<br />

sind immer noch ein wirksames<br />

Mittel gegen Armut bei Frauen.<br />

Viele Frauen konnten und können<br />

keine ausreichenden eigenen Rentenansprüche<br />

erwerben, da sie in<br />

Hinterbliebenenrenten sind immer noch ein wirksames Mittel gegen Frauenarmut.<br />

ihrem Arbeitsleben häufig unfreiwillig<br />

in Teilzeit arbeiten und sich<br />

unentgeltlich um Kinder und pflegebedürftige<br />

Angehörige kümmern“,<br />

erklärt sie.<br />

Nach dem Vorschlag von Schnitzer<br />

würden bei einem Rentensplitting<br />

die Rentenansprüche aus der<br />

Zeit der Ehe hälftig aufgeteilt<br />

werden. Der Partner mit den höheren<br />

Rentenansprüchen gibt dabei<br />

einen Teil seiner Ansprüche an<br />

seine Partnerin ab. Die Witwenrente<br />

fällt in dem Fall weg. Die<br />

aktuellen Regelungen zur großen<br />

Witwenrente sehen dagegen vor,<br />

dass Hinterbliebene grundsätzlich<br />

mindestens 55 Prozent der Rente<br />

ihres verstorbenen Ehepartners<br />

erhalten.<br />

Andere Stellschrauben<br />

Aktuelle Zahlen der Deutschen<br />

Rentenversicherung verdeutlichen,<br />

wie wichtig bei den derzeitigen<br />

Regelungen die Witwenrente für<br />

das monatliche Einkommen für<br />

Foto: picture alliance/Tobias Hase<br />

Hinterbliebene ist: Der durchschnittliche<br />

Zahlbetrag bei Renten<br />

wegen Todes – so der Fachbegriff<br />

– betrug Ende 2021 in den alten<br />

Bundesländern bei den Männern<br />

338 Euro brutto und bei den Frauen<br />

684 Euro brutto im Monat.<br />

Witwen in den neuen Bundesländern<br />

erhielten rund 747 Euro brutto,<br />

Witwer nur 474 Euro brutto.<br />

Bentele schlägt vor, andere Stellschrauben<br />

zu drehen, damit es<br />

höhere Renten im Alter gibt: „Will<br />

die Rentenversicherung tatsächlich<br />

mehr Beitragszahlerinnen und<br />

-zahler und ein höheres Rentenniveau<br />

für alle haben, dann müssen<br />

wir woanders ansetzen. Die<br />

unterschiedliche Bezahlung von<br />

Männern und Frauen muss ein<br />

Ende haben, es muss eine bessere<br />

Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf geben. Außerdem muss es<br />

einen Lohn für pflegende Angehörige<br />

sowie eine Sozialversicherungspflicht<br />

ab dem ersten Euro<br />

Verdienst geben.“<br />

Jung verwitwet<br />

Besonders von Armut bedroht<br />

sind häufig junge Hinterbliebene<br />

mit Kindern, wenn die Ehepartner<br />

jung sterben. Die Rentenanwartschaft<br />

ist noch sehr niedrig und die<br />

sich daraus ergebene Witwen- oder<br />

Witwerrente liegt häufig unterhalb<br />

des Existenzminimums: Sie reicht<br />

kaum zum Leben. Nach den aktuellen<br />

Regeln werden 40 Prozent<br />

ihres eigenen Nettoeinkommens<br />

auf die ihnen zustehende Witwenrente<br />

angerechnet.<br />

Aus Sicht des <strong>VdK</strong> ist ein höherer<br />

Freibetrag für Hinterbliebene notwendig.<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert, dass das<br />

allgemeine Rentenniveau auf 53<br />

Prozent angehoben und alle Kürzungsfaktoren<br />

gestrichen werden.<br />

So könnte die Höhe des Freibetrags<br />

künftig wieder der L<strong>ohne</strong>ntwicklung<br />

folgen und auch die<br />

Hinterbliebenenrenten würden um<br />

rund zehn Prozent steigen.<br />

Julia Frediani<br />

Für mehr Inklusion auf der Bühne<br />

Theater-Intendantin Barbara Mundel im Podcast<br />

Verena Bentele (rechts) im Gespräch mit der Intendantin der Münchner<br />

Kammerspiele, Barbara Mundel.<br />

Foto: Sebastian Heise<br />

In der neuen Folge des Podcasts<br />

„In guter Gesellschaft“ ist dieses<br />

Mal die Intendantin der Münchner<br />

Kammerspiele, Barbara Mundel, zu<br />

Gast bei Verena Bentele.<br />

Seit drei Jahren leitet Barbara<br />

Mundel als Intendantin die<br />

Münchner Kammerspiele und setzt<br />

sich dafür ein, dass das renommierte<br />

städtische Theater inklusiver<br />

wird. So haben sechs Schauspielerinnen<br />

und Schauspieler aus<br />

ihrem festen Ensemble eine Behinderung.<br />

Im Gespräch mit Bentele<br />

erklärt Mundel, dass sie alle gut<br />

auf der Bühne einsetzen kann.<br />

Was sie jedoch überrascht hat,<br />

waren die Vorbehalte im Publikum<br />

und in den Kulturredaktionen.<br />

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so<br />

ein steiniger Weg wird“, sagt sie.<br />

Für Mundel gibt es keine Alternative<br />

zur Inklusion: „Wir müssen<br />

uns auf den Weg machen.“ Dabei<br />

denkt sie nicht nur an die Darstellerinnen<br />

und Darsteller, sondern<br />

auch an die Form der Inszenierung.<br />

So plant sie Aufführungen in<br />

leichter Sprache, Tastführungen<br />

auf der Bühne sowie den Einsatz<br />

von Audio-Deskription und Gebärdensprache.<br />

Die Podcast-Folge ist ab sofort<br />

online unter www.vdk.de/podcast<br />

abrufbar.<br />

hei<br />

Gewappnet für<br />

Hitzesommer?<br />

Im Jahr 2022 starben 8000 Menschen<br />

in Deutschland aufgrund<br />

der großen Hitze. Mit heißen Sommern<br />

wird weiterhin zu rechnen<br />

sein. <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

ist der jüngst von Bundesgesundheitsminister<br />

Karl Lauterbach<br />

vorgestellte Hitzeschutzplan noch<br />

nicht konkret genug.<br />

„Gerade in Pflegeheimen, Kindergärten,<br />

Schulen und Krankenhäusern<br />

fehlen gekühlte Räume.<br />

Und in städtischen Gebieten finden<br />

Seniorinnen und Senioren<br />

kaum geeignete Plätze zur Abkühlung“,<br />

sagt Bentele. Sie fordert,<br />

dass schnell konkrete Maßnahmen<br />

auf den Weg gebracht werden, um<br />

das von Lauterbach ausgerufene<br />

Ziel der Halbierung der Zahl von<br />

Hitzetoten zu erreichen. „Umbaumaßnahmen<br />

in öffentlichen Gebäuden,<br />

der Einbau von Klimaanlagen<br />

in Pflegeeinrichtungen, Begrünungen<br />

in Stadtvierteln, die<br />

Schaffung von städtischen Luftkorridoren<br />

– für all das muss es<br />

schnell zweckgebundene Zuschüsse<br />

des Bundes geben“, erklärt sie.<br />

Warnung im Rundfunk<br />

Das Konzept der Bundesregierung<br />

sieht vor, künftig verstärkt<br />

vor Hitzewellen im öffentlichen<br />

Rundfunk zu warnen, vor allem in<br />

den Nachrichtensendungen. Zudem<br />

soll über SMS und eine spezielle<br />

Warn-App auf hohe Temperaturen<br />

hingewiesen und Verhaltenstipps<br />

gegeben werden. bsc<br />

Viele Mieterhaushalte überlastet<br />

<strong>VdK</strong> fordert Ausbau des sozialen Wohnungsbaus<br />

Jeder dritte Mieterhaushalt ist mit<br />

seinen Wohnkosten überlastet.<br />

Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen<br />

Studie des Deutschen Mieterbundes<br />

und des Öko-Instituts.<br />

Laut Studie müssen 3,1 Millionen<br />

mietende Haushalte für ihre<br />

Kaltmiete inklusive Heizkosten<br />

mehr als 40 Prozent ihres Einkommens<br />

ausgeben und gelten damit<br />

als besonders belastet. Weitere 4,3<br />

Millionen Mieterhaushalte zahlen<br />

zwischen 30 und 40 Prozent ihres<br />

Einkommens für ihre Warmmiete.<br />

Nach Angaben des Mieterbunds<br />

gehört die Hälfte der 21 Millionen<br />

Mieterhaushalte in Deutschland<br />

zu den drei untersten Einkommensklassen.<br />

Mietende in diesen<br />

Einkommensklassen haben durchschnittlich<br />

17<strong>09</strong> Euro/Monat zur<br />

Verfügung. Im Jahr 2021 mussten<br />

Mieterinnen und Mieter laut Deutschem<br />

Mieterbund bereits 772<br />

Euro/Jahr beziehungsweise 64<br />

Euro/Monat für Wärmeenergie<br />

ausgeben. Innerhalb eines Jahres,<br />

von 2021 bis 2022, haben sich die<br />

Ausgaben für das Heizen verdoppelt,<br />

sie lagen bei 1477 Euro/Jahr<br />

oder bei 123 Euro/Monat.<br />

Neben einem Ausbau des sozialen<br />

Wohnungsbaus fordert der<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong>, dass die finanziellen<br />

Hilfen für Mieterinnen<br />

und Mieter, wie das Wohngeld,<br />

weiterentwickelt werden. Heizkostenzuschüsse<br />

müssen nach Heizart<br />

und Wohnort differenziert werden.<br />

„Die Antragsverfahren müssen<br />

endlich vereinfacht und beschleunigt<br />

werden“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele. Julia Frediani<br />

In Deutschland gibt es zu wenig Sozialwohnungen. Der <strong>VdK</strong> fordert einen<br />

massiven Ausbau.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod


So hilft der <strong>VdK</strong><br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

5<br />

<strong>VdK</strong> erkämpft Cannabis-Therapie für Mitglied<br />

55-Jährige leidet an seltener Erkrankung des zentralen Nervensystems – Behandlungen und Medikamente schlugen nicht an<br />

Viele Menschen, die eine seltene<br />

Erkrankung haben, müssen um<br />

deren Anerkennung und eine geeignete<br />

Behandlung kämpfen.<br />

Ärztinnen und Ärzte, Kassen oder<br />

Ämter machen ihnen oft das Leben<br />

schwer, weil sie kaum Erfahrung<br />

mit der Krankheit haben – und im<br />

Zweifel ablehnen. Tanja Groß, die<br />

das seltene Stiff-Person-Syndrom<br />

hat, kennt das. Deshalb ist sie froh,<br />

dass der <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen<br />

immer an ihrer Seite war, um für<br />

ihre Ansprüche zu kämpfen.<br />

Tanja Groß hat ständig Muskelkrämpfe<br />

in den Armen und Beinen<br />

und Schmerzen im Rücken. Tagsüber<br />

hat sie Probleme, sich zu bewegen,<br />

und leidet unter Angstattacken.<br />

Nachts kann sie nicht<br />

schlafen. Und wenn sie einmal<br />

Ruhe gefunden hat, kann es sein,<br />

dass ein schmerzhafter Krampf sie<br />

aus dem Schlaf reißt. Die Krankheit<br />

beherrscht ihren Alltag. Anziehen,<br />

duschen, staubsaugen,<br />

Auto fahren – alles fällt ihr schwer.<br />

Im Jahr 2015 hatten die Leiden<br />

begonnen. Über Jahre rätselten die<br />

Ärztinnen und Ärzte über die Ursache.<br />

„Einige wollten mich schon<br />

in die psychische Schublade stecken“,<br />

sagt sie.<br />

Diagnose nach Jahren<br />

Drei Jahre später wurde dann die<br />

sehr seltene Autoimmunerkrankung<br />

Stiff-Person-Syndrom diagnostiziert.<br />

Seitdem hat die 55-Jährige<br />

viele Medikamente und Therapien<br />

verschrieben bekommen,<br />

<strong>ohne</strong> durchschlagenden Erfolg.<br />

Die unheilbare Krankheit, die<br />

das zentrale Nervensystem angreift,<br />

ist noch nicht gut erforscht.<br />

Laut Deutscher Hirnstiftung<br />

kommt es pro Jahr zu etwa einer<br />

Tanja Groß aus dem hessischen Wetteraukreis konnte mit dem <strong>VdK</strong> eine<br />

Kostenübernahme für die Behandlung ihrer Erkankung erreichen. Foto:<br />

Neuerkrankung auf eine Million<br />

Menschen. Bei Tanja Groß ist die<br />

Muskulatur schon stark geschwächt.<br />

Sie schafft noch gut 500<br />

Meter zu Fuß, dann muss sie sich<br />

ausruhen. „Irgendwann werde ich<br />

im Rollstuhl sitzen“, sagt sie.<br />

Halt gibt ihr die Online-Selbsthilfegruppe<br />

„Wenn Du eine von<br />

einer Million bist“, wo sie sich mit<br />

Menschen austauschen kann, die<br />

das Stiff-Person-Syndrom haben.<br />

Im Stich gelassen fühlte sie sich<br />

hingegen oft von Ärztinnen und<br />

Ärzten, Krankenkasse oder Versorgungsamt,<br />

weil ihr Leiden dort<br />

falsch eingeschätzt und ihr Leistungen<br />

verwehrt wurden. Vieles<br />

musste sie deshalb mit dem <strong>VdK</strong><br />

Hessen-Thüringen an ihrer Seite in<br />

Widerspruchsverfahren erstreiten.<br />

Schon vor drei Jahren setzte sich<br />

der <strong>VdK</strong> mit der Hessischen Versorgungsverwaltung<br />

wegen der<br />

Feststellung ihrer Schwerbehinderung<br />

auseinander. Das Stiff-Person-Syndrom<br />

steht nicht in der<br />

Versorgungsmedizin-Verordnung,<br />

darum tat sich das Amt mit einer<br />

Bewertung schwer. Zweimal musste<br />

der <strong>VdK</strong> Widerspruch gegen<br />

Ablehnungen einlegen, bis 2021<br />

ein Grad der Behinderung von 60<br />

und das Merkzeichen „G“ zuerkannt<br />

wurden. Auch als Groß eine<br />

Erwerbsminderungsrente beantragte,<br />

weil sie nicht mehr als<br />

Haushaltshilfe arbeiten konnte,<br />

unterstützte sie der <strong>VdK</strong>.<br />

Zuletzt konnte der <strong>VdK</strong> eine<br />

Cannabis-Therapie für sie durchsetzen<br />

– wieder erst über einen<br />

Widerspruch. Beatrice Klöckner,<br />

Leiterin der <strong>VdK</strong>-Bezirksgeschäftsstelle<br />

in Gießen, kritisierte<br />

in dem Widerspruch das Gutachten<br />

des medizinischen Dienstes.<br />

Der hatte eine zuvor eingesandte<br />

Liste mit rund 20 Medikamenten<br />

und Therapien nicht berücksichtigt.<br />

Diese hatte Groß zur Behandlung<br />

getestet, aber entweder waren<br />

die Nebenwirkungen zu stark oder<br />

eine Wirkung blieb aus. Ein Behandlungsversuch<br />

mit Cannabis<br />

habe hingegen gut und <strong>ohne</strong> Nebenwirkungen<br />

angeschlagen.<br />

Als sich die Krankenkasse weigerte,<br />

den Antrag erneut zu prüfen,<br />

hakte Klöckner nach. Sie verlangte<br />

eine Zustimmung zur Kostenübernahme<br />

oder eine förmliche<br />

Ablehnung, um Rechtsmittel einlegen<br />

zu können. Falls nichts geschehe,<br />

drohte sie, eine Untätigkeitsklage<br />

einzulegen. Das zeigte<br />

Wirkung: Die Krankenkasse genehmigte<br />

die Cannabis-Therapie.<br />

Die Behandlung scheint erfolgreich<br />

zu sein: Tanja Groß nimmt<br />

jeden Abend das Cannabis-Präparat<br />

und kann wieder durchschlafen.<br />

Außerdem konnte sie die Dosis<br />

von zwei anderen starken Medikamente<br />

reduzieren. „Dadurch habe<br />

ich mehr Lebensqualität zurückgewonnen“,<br />

sagt sie und ergänzt:<br />

„Ohne den unermüdlichen Einsatz<br />

des <strong>VdK</strong> wäre ich heute nicht dort,<br />

wo ich bin.“ Jörg Ciszewski<br />

Mehr zum Thema Cannabis auf<br />

Rezept in unserem Videoportal:<br />

www.vdktv.de<br />

Sanitäter klagt erfolgreich gegen Unfallkasse<br />

BSG: Posttraumatische Belastungsstörung kann Berufskrankheit sein<br />

Eine posttraumatische Belastungsstörung<br />

(PTBS) kann bei Rettungssanitätern<br />

als Berufskrankheit<br />

anerkannt werden. Das entschied<br />

das Bundessozialgericht<br />

(BSG) in Kassel am 22. Juni<br />

(Az.: B 2 U 11/20 R). Damit stufte es<br />

erstmals eine psychische Erkrankung<br />

als Berufskrankheit ein.<br />

Der Kläger erlebte als Rettungssanitäter<br />

viele traumatisierende<br />

Ereignisse wie einen Amoklauf mit<br />

16 Todesopfern und mehrere Suizide.<br />

Im Jahr 2016 wurde bei ihm<br />

eine posttraumatische Belastungsstörung<br />

festgestellt.<br />

Die Unfallversicherung Bund<br />

und Bahn lehnte allerdings seinen<br />

Antrag ab, diese Erkrankung als<br />

Berufskrankheit anzuerkennen.<br />

Die PTBS gehöre nicht zu den in<br />

der Berufskrankheiten-Liste aufgezählten<br />

Krankheiten. Sie könne<br />

auch nicht als Wie-Berufskrankheit<br />

anerkannt werden – das ist in<br />

Einzelfällen möglich, wenn die<br />

medizinischen Voraussetzungen<br />

erfüllt werden, aber die langwierige<br />

Aufnahme in die Berufskrankheiten-Liste<br />

noch nicht erfolgt ist.<br />

Laut Unfallkasse gebe es keine<br />

gesicherten wissenschaftlichen<br />

Im Rettungsdienst geht es oft um<br />

Leben und Tod.<br />

Erkenntnisse für diese Berufsgruppe,<br />

dass wiederholte Konfrontationen<br />

mit solchen Ereignissen eine<br />

PTBS auslösen.<br />

Hohes Risiko<br />

Foto: picture alliance/dpa/Benjamin Nolte<br />

Über die Klage des Rettungssanitäters<br />

hatte das BSG bereits im<br />

Jahr 2021 verhandelt und ein Gutachten<br />

in Auftrag gegeben. Der<br />

Gutachter hatte festgestellt, dass<br />

das Risiko einer PTBS bei Rettungssanitätern<br />

im Vergleich zur<br />

übrigen Bevölkerung fast siebenfach<br />

erhöht ist. Besonders belastend<br />

seien erfolglose Rettungsmaßnahmen<br />

und die Bergung schwerverletzter<br />

oder toter Kinder.<br />

Anders als die Vorinstanzen hat<br />

das Bundessozialgericht daraufhin<br />

schließlich entschieden, dass eine<br />

PTBS bei Rettungssanitätern als<br />

„Wie-Berufskrankheit“ anerkannt<br />

werden kann. Rettungssanitäter<br />

seien einem erhöhten Risiko ausgesetzt,<br />

an PTBS zu erkranken.<br />

Dieser Ursachenzusammenhang<br />

ergebe sich aus den international<br />

anerkannten Diagnosesystemen<br />

sowie den Leitlinien der wissenschaftlich-medizinischen<br />

Fachgesellschaften.<br />

Es reiche der Nachweis<br />

einer überdurchschnittlichen<br />

Belastung einer Berufsgruppe mit<br />

traumatisierenden Ereignissen für<br />

die Anerkennung einer Berufskrankheit<br />

aus, so das BSG.<br />

Ob bei dem klagenden Rettungssanitäter<br />

tatsächlich eine posttraumatische<br />

Belastungsstörung vorliegt,<br />

die auf seine Tätigkeit zurückzuführen<br />

ist, bedarf jedoch<br />

noch weiterer Feststellungen.<br />

Deshalb verwies das BSG die Sache<br />

an das Landessozialgericht<br />

Baden-Württemberg in Stuttgart<br />

zurück.<br />

Jörg Ciszewski


6 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> Pflege<br />

Die Pflege von demenzkranken<br />

Menschen ist eine große Herausforderung.<br />

Oft kommen die Betroffenen<br />

mit neuen Situationen nicht<br />

zurecht, sind verunsichert, frustriert<br />

oder werden aggressiv. Ellen<br />

Nickel von der Deutschen Alzheimer<br />

Gesellschaft gibt Tipps, die<br />

den Alltag erleichtern.<br />

Zum Krankheitsbild einer Demenzerkrankung<br />

gehören Gedächtnis-<br />

und Orientierungsstörungen,<br />

Sprachschwierigkeiten,<br />

ein eingeschränktes Denk- und<br />

Urteilsvermögen sowie Persönlichkeitsveränderungen.<br />

Im Verlauf<br />

der Erkrankung nehmen diese<br />

Beeinträchtigungen zu und machen<br />

die Bewältigung des Alltags<br />

immer schwieriger. Wie ausgeprägt<br />

die Störungen sind, ist individuell<br />

verschieden.<br />

Hoher Druck<br />

„Die meisten Angehörigen befürchten,<br />

dass etwas auf dem Herd<br />

vergessen wird und das Haus abbrennt“,<br />

sagt die Psychologin Ellen<br />

Nickel. Sie berät Ratsuchende am<br />

Alzheimer-Telefon und weiß, dass<br />

auf den Familienmitgliedern ein<br />

hoher Druck lastet. Viele Sorgen<br />

seien jedoch unbegründet: „Man<br />

sollte nachfragen, ob die oder der<br />

Betroffene überhaupt noch für sich<br />

kocht“, rät sie. Ebenso empfiehlt<br />

sie, tägliche Gewohnheiten abzufragen,<br />

um mögliche Gefahrenquellen<br />

abschätzen zu können.<br />

Demenzkranke haben oft<br />

Schwierigkeiten mit der Orientierung<br />

und finden nach einem Spaziergang<br />

nicht wieder zurück nach<br />

Hause. „Hier lässt sich einiges<br />

dagegen tun, beispielsweise, indem<br />

man abends die Tür abschließt“,<br />

beruhigt Nickel. Ein GPS-Ortungssystem,<br />

etwa versteckt in einer<br />

Armbanduhr, erleichtert es,<br />

Betroffene wiederzufinden, wenn<br />

sie sich verlaufen haben.<br />

Die Demenz-Expertin beschreibt<br />

weitere typische Situationen, auf<br />

Sicherheit und Orientierung schaffen<br />

Wie Demenzkranke so lange wie möglich eigenständig leben können<br />

Zettel eignen sich nicht, um an etwas zu erinnern – oft vergessen Betroffene, warum sie sie geschrieben haben.<br />

die sich Angehörige vorbereiten<br />

können: Bei gemeinsamen Ausflügen<br />

sollte man vertraute Strecken<br />

einschlagen, da Veränderungen<br />

irritieren. Ebenso sollten laute,<br />

stark belebte Orte gemieden werden,<br />

weil das überfordern kann.<br />

Viele Demenzkranke haben ein<br />

großes Bedürfnis nach Bewegung<br />

oder das Gefühl, an einem bestimmten<br />

Ort dringend etwas erledigen<br />

zu müssen. Manchmal ist<br />

das abhängig von der Tageszeit.<br />

Das lässt sich gut nutzen, um einen<br />

Spaziergang in den Tagesablauf zu<br />

integrieren.<br />

Routinen und Rituale<br />

Mit Veränderungen und ungewohnten<br />

Situationen kommen<br />

Demenzkranke meist nicht gut<br />

zurecht. Deshalb empfiehlt es sich,<br />

Routinen und Rituale beizubehalten<br />

und die Woche zu strukturieren.<br />

„Man sollte die Betroffenen<br />

möglichst viel selber machen lassen<br />

und sie dabei begleiten“, rät<br />

Nickel. Immer wiederkehrende<br />

Abläufe zu bestimmten Zeiten geben<br />

Sicherheit. Beispielsweise<br />

kann ein Wochenplan erstellt werden,<br />

in dem regelmäßige Termine<br />

und Erinnerungen eingetragen<br />

werden.<br />

Auch feste Plätze für wichtige<br />

Gegenstände erleichtern die<br />

Selbstständigkeit, beispielsweise<br />

für den Hausschlüssel, das Portemonnaie<br />

oder die Brille. Notizzettel<br />

eignen sich nicht, um an einen<br />

Termin zu erinnern.. „Besser ist es,<br />

die oder den Betroffenen an diesem<br />

Tag anzurufen“, so Nickel.<br />

Damit die Eigenständigkeit möglichst<br />

lange erhalten bleibt, sollte<br />

der Haushalt übersichtlich gestaltet<br />

werden. Etwa, indem man<br />

Schränke ausmistet und überflüssige<br />

und unnötige Gegenstände<br />

aussortiert. Je nach Jahreszeit<br />

sollte der Kleiderschrank geräumt<br />

werden. Zu leichte oder zu warme<br />

Kleidungsstücke können beispielsweise<br />

im Keller gelagert werden.<br />

„Sorgen Sie gemeinsam mit der<br />

oder dem Betroffenen für Übersicht“,<br />

empfiehlt Nickel. Sollte das<br />

nicht gelingen, könne man auch<br />

heimlich umräumen. Für Orientierung<br />

sorgen zusätzlich Beschriftungen<br />

an Schränken und Schubladen<br />

sowie Türen mit Glaseinsätzen.<br />

Demenzkranke können Gefahrenquellen<br />

nicht mehr erkennen.<br />

Deshalb muss die Wohnung sicher<br />

gemacht werden. Dazu gehört,<br />

Stolperfallen wie lose Teppiche<br />

oder herumliegende Kabel zu entfernen,<br />

für gute Beleuchtung zu<br />

sorgen und giftige Pflanzen zu<br />

entfernen. Gefährliche Stoffe wie<br />

Putzmittel sollten weggeschlossen<br />

werden. Annette Liebmann<br />

Information<br />

Weitere Tipps zur Gestaltung<br />

des Alltags gibt es am Alzheimer-Telefon,<br />

Montag bis<br />

Donnerstag von 9 bis 18 Uhr sowie<br />

Freitag von 9 bis 15 Uhr:<br />

• (030) 259379514<br />

beratung@deutschealzheimer.de<br />

www.deutsche-alzheimer.de<br />

Hilfreich ist auch die Broschüre<br />

„Leben mit Demenzerkrankten –<br />

Hilfen für schwierige Verhaltensweisen<br />

und Situationen im Alltag“:<br />

https://shop.deutsche-alz<br />

heimer.de/broschueren<br />

Einfühlungsvermögen ist gefragt<br />

Anspruch auf<br />

Pflegezeit<br />

Das Pflegezeitgesetz, das 2015 in<br />

Kraft getreten ist, soll es Beschäftigten<br />

ermöglichen, Job und Pflege<br />

besser miteinander zu vereinbaren.<br />

Bei einem akuten Pflegefall<br />

können sich Angehörige kurzfristig<br />

von der Arbeit freistellen lassen.<br />

Beschäftigte haben in dringenden<br />

Fällen das Recht, sich bis zu zehn<br />

Tage bezahlt frei zu nehmen, um die<br />

Pflege einer oder eines nahen Angehörigen<br />

zu organisieren. Das ist<br />

beispielsweise der Fall, wenn plötzlich<br />

ein Pflegefall eintritt. Das Recht<br />

auf Freistellung gilt gegenüber allen<br />

Arbeitgebern und ist unabhängig<br />

von der Größe des Unternehmens.<br />

Als „nahe Angehörige“ gelten nicht<br />

nur Eltern, Großeltern und Ehepartner,<br />

sondern auch nichteheliche<br />

Lebenspartner, Schwager, die Stiefund<br />

die Schwiegereltern. Ab 2024<br />

kann die Freistellung jährlich beantragt<br />

werden.<br />

Besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung<br />

durch den Arbeitgeber,<br />

kann bei der Pflegekasse<br />

Pflegeunterstützungsgeld beantragt<br />

werden. Die voraussichtliche<br />

Pflegebedürftigkeit der oder des<br />

Angehörigen wird mit einem ärztlichen<br />

Attest nachgewiesen.<br />

Weitere Möglichkeiten<br />

Mit einer ganzen Reihe von weiteren<br />

Möglichkeiten hat die Bundesregierung<br />

die häusliche Pflege<br />

erleichtert. Arbeitnehmer, die eine<br />

oder einen Angehörigen pflegen,<br />

können sich für die Pflegezeit bis<br />

zu sechs Monate von der Arbeit<br />

teilweise oder vollständig freistellen<br />

lassen. Bei der Familienpflegezeit<br />

ist es möglich, die Arbeit für<br />

bis zu zwei Jahre auf bis zu 15<br />

Wochenstunden zu reduzieren. Bei<br />

beiden Möglichkeiten spielt die<br />

Betriebsgröße eine Rolle. Auch wer<br />

jemanden in seiner letzten Lebensphase<br />

pflegt, kann bis zu drei<br />

Monate teilweise oder vollständig<br />

pausieren. Insgesamt dürfen Beschäftigte<br />

ihre Arbeitszeit maximal<br />

zwei Jahre reduzieren. ali<br />

Demenzkranke tun sich schwer, Fragen zu beantworten – Wie die Kommunikation gelingt<br />

Foto: imago/Shotshop<br />

Menschen mit einer Demenzerkrankung<br />

sind schnell überfordert,<br />

wenn sie Fragen beantworten<br />

sollen. Dadurch kann sich ihre<br />

bereits bestehende Unsicherheit<br />

verstärken. „Man sollte nur wenige<br />

und einfache Fragen stellen“, rät<br />

Ellen Nickel von der Deutschen<br />

Alzheimer Gesellschaft.<br />

Es gehört zum Wesen einer Demenzerkrankung,<br />

dass die Fähigkeit,<br />

zu sprechen und Gesagtes zu<br />

verstehen, nach und nach verloren<br />

geht. „Anfangs stellen die Angehörigen<br />

oft Fragen, um sich zu vergewissern,<br />

dass die oder der Betroffene<br />

gut versorgt ist“, sagt Nickel.<br />

Doch oft schämen sich diese, weil<br />

sie dadurch in eine Situation geraten,<br />

in der sie nicht Bescheid wissen<br />

oder sich unwohl fühlen.<br />

Nickel empfiehlt: „Stellen Sie<br />

einfache Fragen, die mit Ja oder<br />

Nein beantwortet werden können.<br />

Zum Beispiel: Hast du Hunger?“<br />

Für eine Antwort sollte man den<br />

Gesprächspartnern viel Zeit lassen.<br />

Komplexe Fragen können die<br />

Betroffenen überfordern, etwa die<br />

Frage „Warum?“. Demenzkranke<br />

sind nicht mehr in der Lage, eine<br />

logische Erklärung abzugeben.<br />

Auch an „Wann?“ und „Wo?“ können<br />

sich Betroffene oft nicht mehr<br />

erinnern.<br />

Ebenfalls ratsam ist es, bei einer<br />

Entscheidungsfrage nicht zu viele<br />

Möglichkeiten aufzuzählen. „Man<br />

sollte nicht mehr als zwei Alternativen<br />

aufzeigen“, so die Expertin.<br />

Noch besser wäre es, sich an den<br />

Vorlieben und Gewohnheiten der<br />

oder des Erkrankten zu orientieren.<br />

Verständnis und Einfühlungsvermögen sind notwendig, um mit demenzkranken<br />

Menschen gut kommunizieren zu können.<br />

Foto: imago/Ute Grabowsky/photothek.de<br />

Grundsätzlich sollte man mit<br />

den Betroffenen liebevoll und geduldig<br />

kommunizieren. Gut verstanden<br />

werden einfache, kurze<br />

Sätze. Es empfiehlt sich zudem,<br />

langsam und deutlich zu sprechen.<br />

Betroffene begreifen das Gesagte<br />

besser, wenn es mit Gesten unterstützt<br />

wird. So kann etwa der Satz<br />

„Heute ist es heiß“ mit einer fächernden<br />

Handbewegung verdeutlicht<br />

werden.<br />

Im weiteren Fortschreiten der<br />

Erkrankung ist es hilfreich, sich<br />

auf die veränderte Wahrnehmung<br />

der oder des Erkrankten einzulassen<br />

und zu versuchen, diese Gefühlswelt<br />

nachzuvollziehen. So<br />

kann man Betroffene in schwierigen<br />

Situationen besser beruhigen<br />

und ihnen Sicherheit geben. Auch<br />

das Formulieren der Gefühle der<br />

oder des Erkrankten kann Orientierung<br />

schaffen, etwa „Du bist<br />

aufgeregt“. Konfrontationen sollten<br />

möglichst vermieden werden.<br />

Besser ist es, gemeinsame Themen<br />

aufzugreifen. Annette Liebmann


Gesundheit<br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

7<br />

Vorteile für chronisch kranke Menschen<br />

Interview mit den Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes zur Hausarztzentrierten Versorgung<br />

Foto: Georg Lopata/axentis<br />

Chronisch kranke Menschen können<br />

in der sogenannten Hausarztzentrierten<br />

Versorgung (HZV) besser<br />

betreut werden. Was man<br />

genau unter diesem Modell versteht,<br />

erklären in einem Interview<br />

mit der <strong>VdK</strong>-ZEITUNG Dr. Dr. Markus<br />

Beier, Bundesvorsitzender des<br />

Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes,<br />

und Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth,<br />

erste stellvertretende<br />

Bundesvorsitzende.<br />

Welche Vorteile haben die Patientinnen<br />

und Patienten mit dem<br />

Modell der Hausarztzentrierten<br />

Versorgung?<br />

Markus Beier: Ganz klar eine engere<br />

Bindung zwischen Arzt und<br />

Patient und damit einhergehend<br />

eine höhere Versorgungsqualität.<br />

An der HZV teilzunehmen, ist ja<br />

zunächst einmal ein klares „Ja“<br />

von Hausarzt und Patient, die Versorgung<br />

gemeinsam zu gestalten.<br />

Heißt: Nicht nur der Versicherte<br />

entscheidet sich freiwillig dafür,<br />

seine Hausarztpraxis bei gesundheitlichen<br />

Beschwerden immer<br />

zuerst aufzusuchen, auch der behandelnde<br />

Hausarzt verpflichtet<br />

sich, die Rolle als erste Ansprechperson<br />

voll auszufüllen<br />

und bestimmte<br />

Voraussetzungen,<br />

etwa<br />

hinsichtlich seiner<br />

Qualifikationen,<br />

zu erfüllen.<br />

Das bringt uns<br />

auch schon zum<br />

Markus Beier zweiten genannten<br />

Vorteil: Die<br />

Versorgungsqualität ist in der<br />

HZV nachweislich deutlich höher<br />

als in der regulären Versorgung.<br />

Was bedeutet das speziell für<br />

chronisch kranke Menschen?<br />

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Gerade<br />

chronisch erkrankte Patienten<br />

profitieren besonders von einer<br />

HZV-Teilnahme. Für sie ist eine<br />

strukturierte und kontinuierliche<br />

Hausärztinnen und Hausärzte sind wichtige Pfeiler in der Gesundheitsversorgung.<br />

Versorgung, die alles im Blick behält,<br />

ja besonders relevant. Wenn<br />

ich beispielsweise an einer schweren<br />

Stoffwechsel- oder Herz-Kreislauf-Erkrankung<br />

leide, könnten<br />

sich Versorgungs- oder Wissenslücken<br />

besonders fatal auswirken.<br />

Da ist die koordinierte Zusammenarbeit<br />

der Hausarztpraxis mit<br />

fachärztlichen Kollegen und anderen<br />

Gesundheitsberufen essenziell.<br />

Vereinfacht gesagt: In der HZV ist<br />

der Patient eben nicht alleine in<br />

unserem viel zu komplexen Gesundheitssystem,<br />

er hat die Hausarztpraxis<br />

immer an seiner Seite<br />

– und sichert sich, indem er sie<br />

durch seine Teilnahme zukunftsfest<br />

macht, seine wohnortnahe<br />

regionale Versorgung. Und die<br />

Praxis weiß wiederum durch die<br />

HZV genau, für wessen Versorgung<br />

sie verantwortlich ist, und<br />

kann noch zielgenauer schauen,<br />

wann eine Untersuchung, eine<br />

Impfung, eine Vorsorge ansteht.<br />

Das zeigt sich dann eben auch<br />

nachweislich in der Qualität der<br />

Versorgung.<br />

Inwiefern?<br />

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Die<br />

HZV wird ja seit<br />

zehn Jahren kontinuierlich<br />

durch<br />

Evaluationen der<br />

Universitäten in<br />

Heidelberg und<br />

Frankfurt am<br />

Main begleitet.<br />

Und die Ergebnisse<br />

zeigen ganz Nicola Buhlinger-Göpfarth<br />

klar, dass chronisch<br />

Erkrankte<br />

in der HZV deutlich weniger<br />

schwerwiegende Komplikationen<br />

und sogar eine längere Lebenserwartung<br />

haben. Um es an einem<br />

Beispiel festzumachen: Bei 119000<br />

teilnehmenden Diabetikerinnen<br />

Foto: HÄV BaWü<br />

Foto: Imago/Westend61<br />

und Diabetikern in Baden-Württemberg<br />

konnten, laut Hochrechnungen,<br />

in zehn Jahren über 11000<br />

schwerwiegende Komplikationen,<br />

wie etwa Erblindungen oder<br />

Schlaganfälle, vermieden werden.<br />

Zudem zeigte sich in der HZV im<br />

Rahmen des Facharztprogramms,<br />

dass Patienten mit chronischer<br />

Herzinsuffizienz oder koronarer<br />

Herzkrankheit länger leben als in<br />

der Regelversorgung.<br />

Sie sprachen von qualitativen Anforderungen<br />

an die teilnehmenden<br />

Praxen. Worum handelt es<br />

sich dabei?<br />

Markus Beier: Teilnehmende<br />

Hausärzte müssen beispielsweise<br />

bestimmte Voraussetzungen erfüllen.<br />

Dazu gehört auch der regelmäßige<br />

Austausch in Qualitätszirkeln.<br />

Ein gutes Beispiel ist hier die<br />

Arzneimitteltherapie. Das ist gerade<br />

für die Patienten wichtig, die an<br />

mehreren Erkrankungen leiden,<br />

denn sie sind besonders abhängig<br />

von einer gut strukturierten Arzneimittelversorgung<br />

– schließlich<br />

sind Wechselwirkungen von Medikamenten<br />

eines der großen Probleme<br />

in unserem Gesundheitswesen.<br />

Auch beim Thema Impfungen sprechen<br />

die Zahlen eine klare Sprache:<br />

Eine aktuelle Erhebung hat eine<br />

über zehn Prozent höhere Impfquote<br />

in der HZV nachgewiesen.<br />

Wie sieht es mit der Verpflichtung<br />

und Bereitschaft zu Hausbesuchen<br />

aus?<br />

Markus Beier: Die Verpflichtung<br />

zum Hausbesuch gilt zunächst ja<br />

ganz unabhängig von einer Teilnahme<br />

an der Hausarztzentrierten<br />

Versorgung. Da in der HZV die<br />

Hausarztpraxen aber deutlich fairer<br />

für ihre Arbeit vergütet werden,<br />

können sie sich für einen Hausbesuch<br />

viel eher Zeit nehmen. Hinzu<br />

kommt, dass in der HZV Hausbesuche<br />

durch speziell weitergebildetes<br />

medizinisches Personal gefördert<br />

werden.<br />

Interview: Julia Frediani<br />

Info<br />

In Deutschland nehmen rund<br />

16000 Hausärztinnen und Hausärzte<br />

an der Hausarztzentrierten<br />

Versorgung teil.<br />

Fragen Sie in Ihrer Hausarztpraxis,<br />

ob diese auch an der<br />

HZV teilnimmt. Aktuell ist der<br />

Deckungsgrad je nach Bundesland<br />

unterschiedlich. Deshalb ist<br />

es in manchen Regionen leichter<br />

als in anderen, eine teilnehmende<br />

Hausarztpraxis zu finden.<br />

Bei Fragen zu den Rahmenbedingungen<br />

einer Teilnahme<br />

(Voraussetzungen, Kündigungsfristen)<br />

können Sie sich an das<br />

HZV-Team wenden:<br />

• (02203) 575612 14<br />

info@mein-hausarztpro<br />

gramm.de<br />

Vollwertiges Essen beeinflusst Rheuma<br />

Rheumatologie-Gesellschaft: Mediterrane Ernährung hat positive Effekte<br />

Viel Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte,<br />

eher wenig Fisch und Geflügel<br />

und noch weniger rotes<br />

Fleisch – eine solche Ernährung<br />

kann eine Therapie bei rheumatisch-entzündlichen<br />

Erkrankungen<br />

unterstützen.<br />

Zu diesem Ergebnis kommen Expertinnen<br />

und Experten der Deutschen<br />

Gesellschaft für Rheumatologie<br />

e. V. (DGRh). Sie hat mehrere<br />

Studien ausgewertet, die belegen,<br />

dass eine mediterrane Ernährung<br />

den Erkrankten am meisten nutzt.<br />

Typisch ist der häufige Verzehr von<br />

Fisch, Nüssen und (Vollkorn-)Getreide.<br />

Dazu wird auf tierische Fette<br />

wie Butter, auf weißen Zucker<br />

oder Glukose-Fruktose-Sirup verzichtet.<br />

Vollwertige Ernährung<br />

Es gilt als gesichert, dass die mediterrane<br />

Ernährung die Gefahr<br />

von Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

wie Herzinfarkt und Schlaganfall,<br />

Gesunde Lebensmittel dürfen kein<br />

Luxus sein. Foto: Imago/monticello<br />

von Stoffwechselleiden wie Adipositas<br />

und Typ-2-Diabetes sowie<br />

von Darmkrebs erheblich verringert.<br />

Auch der Verlauf entzündlichrheumatischer<br />

Erkrankungen<br />

scheint durch diese vollwertige<br />

Ernährung positiv beeinflusst zu<br />

werden. Die wissenschaftlichen<br />

Veröffentlichungen hierzu beziehen<br />

sich bisher auf wenige Krankheiten.<br />

Demnach verbesserten sich<br />

die Symptome einer rheumatoiden<br />

Arthritis, einer Schuppenflechte<br />

oder auch einer Spondyloarthritis<br />

(Entzündung der Wirbelsäule).<br />

Entzündungshemmend<br />

Die Fachkommission der Gesellschaft<br />

für Rheumatologie prüft<br />

derzeit, ob Diäten sowie Intervallfasten<br />

oder eine sogenannte ketogene<br />

Diät auch solche positiven<br />

Auswirkungen haben. Bei einer<br />

ketogenen Diät isst man sehr wenig<br />

Kohlenhydrate, nimmt dafür<br />

aber viel Fett und etwas mehr Eiweiß<br />

zu sich.<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> fordert<br />

einen gesetzlichen Preisdeckel auf<br />

Grundnahrungsmittel im Supermarkt.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena<br />

Bentele sagt: „Gesunde, frische<br />

Lebensmittel dürfen kein Luxusgut<br />

sein, jeder muss sie sich leisten<br />

können.“ Julia Frediani


8 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> Gesundheit<br />

Wann sich eine Prothese lohnt<br />

Bei Arthrose ist manchmal ein Gelenkersatz notwendig – Eine Expertin gibt Tipps<br />

Arthrose wird häufig als Gelenkverschleiß<br />

bezeichnet. Ein gesundes<br />

Gelenk erlaubt Beweglichkeit,<br />

ein krankes Gelenk schränkt sie<br />

ein. Wenn die Arthrose weit fortgeschritten<br />

ist, und die Gelenke<br />

Tag und Nacht schmerzen, entschließen<br />

sich immer mehr Menschen<br />

für ein künstliches Gelenk,<br />

einer sogenannten Endoprothese.<br />

Die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG sprach mit Ärztin<br />

Gertrud Klein von der Deutschen<br />

Arthrose-Hilfe, wann der richtige<br />

Zeitpunkt für einen Gelenkersatz<br />

ist und welche Chancen und Risiken<br />

es gibt.<br />

Bei Arthrose wird die Knorpelschicht<br />

eines Gelenks zerstört.<br />

Knochenveränderungen sind die<br />

Folge. Das Gelenk entzündet sich,<br />

schwillt an und schmerzt. Risikofaktoren<br />

für Arthrose sind langjährige<br />

hohe Belastungen, Übergewicht<br />

und fortschreitendes Alter.<br />

Überschüssiges Körperfett lastet<br />

schwer auf den Gelenken und setzt<br />

zudem Botenstoffe frei, die Entzündungen<br />

im Gelenk fördern.<br />

Auch eine familiäre Veranlagung<br />

kann eine Rolle spielen. Ab 65<br />

Jahren sind laut Robert Koch-Institut<br />

(RKI) rund die Hälfte der<br />

Frauen und ein Drittel der Männer<br />

von Arthrose betroffen. Auch jüngere<br />

Menschen mit Verletzungen<br />

und Fehlstellungen der Gelenke<br />

können Probleme haben. Schmerzen<br />

nach Ruhezeiten oder bei Belastung<br />

sind typisch. „Das Einsetzen<br />

eines künstlichen Gelenks ist<br />

der letzte Schritt in der Behandlung<br />

der Arthrose. Eine wichtige<br />

Voraussetzung ist, dass keine anderen<br />

Therapien wirksam sind und<br />

der Gelenkknorpel in einem großen<br />

Bereich des Gelenks ganz<br />

abgerieben ist. Wenn der Knochen<br />

direkt gegen Knochen reibt und im<br />

Röntgenbild ein sogenannter<br />

Knochen-Knochen-Kontakt zu<br />

sehen ist, ist dieses Stadium erreicht“,<br />

erklärt Klein.<br />

Jährlich werden in Deutschland<br />

etwa 400 000 künstliche Gelenke<br />

So sieht eine Knieprothese aus. Künstliche Gelenke halten heute dank<br />

Verbesserungen in Technik, Material und Operationsmethoden länger<br />

als noch vor einigen Jahren.<br />

Foto: picture alliance/dpa/Florian Schuh<br />

eingesetzt, am häufigsten sind<br />

Knie, Hüfte und Schulter betroffen.<br />

Endoprothesen stehen für<br />

nahezu alle Gelenke zur Verfügung.<br />

Verwendet werden meistens<br />

spezielle Metalllegierungen aus<br />

Titan, Kobalt oder Chrom und<br />

auch Keramik. Damit nicht Metall<br />

auf Metall oder Metall auf Keramik<br />

reibt, werden zusätzlich<br />

Kunststoffe eingesetzt.<br />

Schmerzfreiheit als Ziel<br />

Was ist von einer Operation zu<br />

erwarten? „Meist erzielt man<br />

Schmerzfreiheit und eine verbesserte<br />

Beweglichkeit. Die normalen<br />

Alltagsbewegungen sind wieder<br />

möglich“, sagt Klein. Und: „Bewegung<br />

im normalen Rahmen ist für<br />

das künstliche Gelenk sogar günstig.<br />

Die Bewegung stärkt sowohl<br />

Muskeln als auch Knochen und<br />

festigt damit die Verankerung des<br />

neuen Gelenks.“ Wenn man ein<br />

künstliches Gelenk hat, könne<br />

man getrost alle normalen Alltagstätigkeiten<br />

verrichten. Auf Reisen<br />

und längere Spaziergänge müsse<br />

man nicht mehr verzichten.<br />

Auch bei Patienten im Alter von<br />

30 Jahren oder jünger werden heute<br />

künstliche Gelenke eingesetzt,<br />

wenn sie etwa schon in sehr jungen<br />

Jahren an einer schweren Arthrose<br />

wegen eines Geburtsfehlers oder<br />

Unfalls leiden. Die Haltbarkeit der<br />

künstlichen Gelenke wird wegen<br />

des medizinischen Fortschritts<br />

immer besser, versichert die Expertin.<br />

Deren Lebensdauer liege bei<br />

zehn bis 15 Jahren oder auch länger.<br />

Allerdings sollte laut Klein<br />

wegen der hohen Beanspruchung<br />

auf Sportarten verzichtet werden,<br />

bei denen hohe Beschleunigungen,<br />

Stoßbelastungen und extreme Bewegungen<br />

auftreten, wie beim<br />

Laufen, Fußball oder Tennis.<br />

Zu empfehlen sind Sportarten<br />

mit ruhigen und kontrollierten<br />

Bewegungen wie Schwimmen,<br />

Spazierengehen, Nordic Walking<br />

oder Radfahren. „Eine wichtige<br />

Regel ist, dass die Belastung insgesamt<br />

langsam aufgebaut werden<br />

sollte – und stets schmerzfrei“, so<br />

Klein.<br />

„Das Einsetzen eines künstlichen<br />

Gelenks ist eine Operation,<br />

die viel Erfahrung erfordert. Am<br />

sichersten ist es, diesen Eingriff in<br />

einer Klinik vornehmen zu lassen,<br />

in der solche Operationen häufig<br />

durchgeführt werden und Ärzte<br />

gute Ergebnisse erzielt haben“,<br />

empfiehlt Klein. „Außerdem sollten<br />

bewährte Prothesen verwendet<br />

werden.“<br />

Risiken sind Infektionen oder<br />

Stürze, nachdem ein Gelenkersatz<br />

eingesetzt wurde. Als Sturzprophylaxe<br />

rät Klein zu einem guten<br />

Muskelaufbautraining nach der<br />

Operation – vor allem für ältere<br />

Menschen. Planbare Operationen<br />

sollte man idealerweise zwischen<br />

<strong>September</strong> und März durchführen<br />

lassen, um große Hitze zu vermeiden.<br />

Auch sei es gut, den OP-Termin<br />

nicht auf typische Ferienzeiten<br />

wie Weihnachten, Ostern oder<br />

Pfingsten zu setzen, da viele Kliniken<br />

und Rehabilitationseinrichtungen<br />

dann nicht so gut besetzt<br />

sind.<br />

Petra J. Huschke<br />

Info<br />

Zu Fragen bei Arthrose gibt die<br />

Deutsche Arthrose-Hilfe in ihrem<br />

Ratgeber „Arthrose-Info“ praktische<br />

Empfehlungen. Eine Gesamtausgabe<br />

der „Arthrose-<br />

Info“ kann kostenlos angefordert<br />

werden bei: Deutsche Arthrose-Hilfe<br />

e. V., Postfach 110551,<br />

60040 Frankfurt, per E-Mail an:<br />

service@arthrose.de (bitte mit<br />

Adresse für die Zusendung)<br />

oder übers Service-Telefon<br />

(0 6831) 94 66 77.<br />

www.arthrose.de<br />

Zahngesundheit hängt<br />

vom Bildungsgrad ab<br />

Insgesamt haben die Menschen in<br />

Deutschland gesunde Zähne. Aus<br />

dem Barmer-Zahnreport <strong>2023</strong> geht<br />

zudem hervor: Je höher der Ausbildungsgrad<br />

der Menschen, desto<br />

seltener brauchen sie Zahnersatz.<br />

Für den Report wurden Daten<br />

zur zahnärztlichen Versorgung<br />

von rund 2,7 Millionen Barmer-<br />

Versicherten ausgewertet. Betrachtet<br />

wurden die Jahre 2012 bis<br />

2021 in drei Altersgruppen: 25- bis<br />

34-Jährige, 45- bis 54-Jährige und<br />

65- bis 74-Jährige.<br />

Auffällig ist, dass ein kleiner Teil<br />

der Barmer-Versicherten hohe Ausgaben<br />

bei der Versorgung verursacht.<br />

Diese liegen deutlich über<br />

dem Durchschnitt. Bei den oberen<br />

zehn Prozent der Versicherten wurden<br />

zum Teil sehr viele Füllungen<br />

eingesetzt, so der Report. In dieser<br />

Gruppe sind Versicherte, die in dem<br />

Zeitraum mit 18 Füllungen versorgt<br />

wurden. Dagegen erhielt ein Viertel<br />

der Versicherten keine Füllungen.<br />

Die Analyse hat auch ergeben,<br />

dass die Versorgung mit Zahnersatz<br />

vom Bildungsstand der Versicherten<br />

abhängt: Je höher der<br />

Ausbildungsgrad ist, desto seltener<br />

benötigen sie Zahnersatz. Der Unterschied<br />

wird bei einem Vergleich<br />

von Versicherten mit Diplom- oder<br />

Master-Abschluss und jenen <strong>ohne</strong><br />

Ausbildung deutlich.<br />

Für Professor Christoph Straub,<br />

Vorstandsvorsitzender der Barmer,<br />

zeigt die Studie eines: Angebote<br />

zur Prävention und Prophylaxe<br />

erreichen einen Teil der Versicherten<br />

nicht. Sie müssten deshalb an<br />

die individuellen Bedarfe der Betroffenen<br />

angepasst werden. Wichtig<br />

sei es, neben Kindern auch erwachsene<br />

Versicherte für eine gute<br />

Mundhygiene zu sensibilisieren.<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert, dass die gesetzliche<br />

Krankenversicherung (GKV)<br />

die Kosten für alle Maßnahmen<br />

zur Prophylaxe übernimmt, wenn<br />

diese medizinisch notwendig sind.<br />

Sie müssen in diesem Fall in den<br />

Leistungskatalog der GKV aufgenommen<br />

werden.<br />

ken<br />

Neues Mittel gegen Adipositas<br />

Diabetes-Medikament kann gegen hohes Übergewicht verordnet werden<br />

Das Medikament Wegovy soll<br />

Menschen mit Adipositas helfen,<br />

abzunehmen. Seit Mitte Juli können<br />

Ärztinnen und Ärzte das Mittel<br />

der Firma Novo Nordisk gegen<br />

hohes Übergewicht verschreiben.<br />

Der in Wegovy enthaltene Wirkstoff<br />

Semaglutid soll zusammen<br />

mit einer Ernährungsumstellung<br />

und mehr Bewegung bei Gewichtsverlust<br />

und -kontrolle unterstützen.<br />

Das Mittel führt dazu, dass<br />

sich Patientinnen und Patienten<br />

länger satt fühlen und die Energieaufnahme<br />

reduziert wird. Wer es<br />

von einer Ärztin oder einem Arzt<br />

verschrieben bekommt, muss sich<br />

das Medikament einmal in der<br />

Woche selbst spritzen.<br />

Im Moment müssen Adipositas-<br />

Patientinnen und -Patienten das<br />

Medikament aus eigener Tasche<br />

zahlen, die Krankenkassen übernehmen<br />

die Kosten nicht. Eine<br />

Vier-Wochen-Ration für die höchste<br />

Dosis kostet rund 300 Euro.<br />

Semaglutid ist ursprünglich ein<br />

Wirkstoff gegen Diabetes Typ 2<br />

und hat sich bereits seit einigen<br />

Jahren in der Diabetestherapie<br />

etabliert.<br />

Diabetes-Mittel knapp<br />

Die Zulassung des Medikaments<br />

Wegovy als Abnehmmittel sieht die<br />

Deutsche Diabetes Gesellschaft<br />

(DDG) jedoch kritisch: „Was wir<br />

ganz klar ablehnen, ist, wenn Menschen,<br />

die vielleicht nur ganz geringes<br />

Übergewicht haben, aus<br />

Schönheitsgründen versuchen, an<br />

Mittel wie Semaglutid heranzukommen“,<br />

sagte Professor Dr.<br />

Baptist Gallwitz, Sprecher der<br />

DDG, auf einer Pressekonferenz<br />

zu diesem Thema.<br />

In Deutschland kam es bereits<br />

durch die hohe Nachfrage zu<br />

Lieferschwierigkeiten von Medikamenten<br />

mit dem Wirkstoff<br />

Semaglutid. Das erschwere die<br />

Behandlung von Diabetes-Typ-2-<br />

Patientinnen und -Patienten und<br />

sei für sie eine große Belastung,<br />

warnte Gallwitz. „Mein Wunsch<br />

ist, dass dieser Hype um das Mittel<br />

aufhört.“ Zwar könne das Medikament<br />

Adipositas-Patientinnen<br />

und -Patienten ermöglichen, Gewicht<br />

zu verlieren, aber eine Therapie<br />

sei immer auf mehreren<br />

Säulen aufgebaut.<br />

„Medikamente allein haben lediglich<br />

kurzfristigen Erfolg“, betonte<br />

Gallwitz. Eine Änderung des<br />

Lebensstils mit mehr Bewegung<br />

und einer Ernährungsumstellung<br />

sei wichtig.<br />

Das Medikament sei nicht für<br />

jeden geeignet und könne bei Menschen<br />

mit gesundem Stoffwechsel<br />

zum Beispiel zu Völlegefühl, Erbrechen<br />

und infolgedessen zur Austrocknung<br />

oder zu Rissen in der<br />

Speiseröhre führen, so der DDG-<br />

Sprecher. „Das sind ernst zu nehmende<br />

Nebenwirkungen, weshalb<br />

eine Therapie unbedingt begleitet<br />

werden muss.“ Lisa John


Gesundheit<br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

9<br />

Zuzahlung ist die Regel<br />

Zahl der kostenfreien Medikamente sinkt<br />

Besser versorgen, besser sehen<br />

Menschen in Pflege- und Seniorenheimen sollten regelmäßig zum Augenarzt<br />

Gesetzlich versicherte Patientinnen<br />

und Patienten müssen für Medikamente<br />

immer häufiger eine immer<br />

höhere Zuzahlung leisten. Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> fordert, dass die<br />

Kassen die Kosten für notwendige<br />

Arzneimittel komplett übernehmen.<br />

Die gesetzliche Zuzahlung zu<br />

Medikamenten wurde 1977 eingeführt.<br />

Sie sollte zum einen die<br />

Krankenkassen entlasten und zum<br />

anderen den hohen Arzneimittelverbrauch<br />

senken. Während letzterer<br />

Zweck nie erfüllt wurde, sind<br />

die Beiträge der Versicherten mittlerweile<br />

fester Bestandteil bei den<br />

Einnahmen der Krankenkassen.<br />

Seit vielen Jahren beträgt die Summe<br />

der Zuzahlungen mehr als zwei<br />

Milliarden Euro. Für jedes verschreibungspflichtige<br />

Arzneimittel<br />

zahlen Patientinnen und Patienten<br />

zehn Prozent des Verkaufspreises<br />

dazu, mindestens fünf, höchstens<br />

zehn Euro.<br />

Stetig gesunken ist in den vergangenen<br />

Jahren die Zahl der Medikamente,<br />

die <strong>ohne</strong> Eigenleistung<br />

erhältlich sind: Waren es 20<strong>09</strong><br />

noch rund 11 000 Präparate, so<br />

sind es derzeit etwa 4500. Auch die<br />

Höhe der durchschnittlichen Zuzahlung<br />

pro Packung ist gestiegen:<br />

von 2,80 Euro im Jahr 2015 auf<br />

aktuell 3,10 Euro. Gesunken ist<br />

hingegen die Zahl der Patientinnen<br />

und Patienten, die zuzahlungsbefreit<br />

sind: von 9,6 (2014)<br />

auf 7,9 Prozent (2019).<br />

Versicherte werden aber auch<br />

durch Aufzahlungen erheblich<br />

belastet. Sie werden fällig, wenn es<br />

für diese Arzneimittelgruppe einen<br />

sogenannten Festbetrag gibt, der<br />

Preis für das konkrete Medikament<br />

aber teurer ist. Problematisch<br />

werden Eigenleistungen immer<br />

dann, wenn das Einkommen niedrig<br />

und/oder die Zahl der Medikamente<br />

hoch sind.<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> fordert<br />

hier dringend Verbesserungen.<br />

„Gesundheit und Lebenserwartung<br />

der Bürgerinnen und Bürger<br />

hängen immer stärker von ihrer<br />

finanziellen Situation und auch<br />

von der sozialen Schicht ab, der sie<br />

angehören“, stellt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele fest. Sie appelliert<br />

an die Bundesregierung, ihre Gesundheitspolitik<br />

so zu gestalten,<br />

dass Ärmere nicht benachteiligt<br />

werden. „Es darf nicht sein, dass<br />

Patientinnen und Patienten für<br />

notwendige Medikamente erhebliche<br />

Summen aus eigener Tasche<br />

zahlen müssen“, bekräftigt Bentele.<br />

„Die gesetzlichen Krankenkassen<br />

müssen künftig auch wieder die<br />

Kosten für nicht verschreibungspflichtige<br />

Arzneimittel übernehmen.<br />

Ältere und chronisch kranke<br />

Menschen können sie sich oft<br />

kaum leisten, auch wenn sie ärztlich<br />

empfohlen wurden.“ ali<br />

Wer viele Medikamente benötigt, ist durch die gesetzliche Zuzahlung<br />

eindeutig im Nachteil.<br />

Foto: imago/imagebroker<br />

Viele Menschen in Deutschland<br />

leiden an Augenerkrankungen, die<br />

unbehandelt eine Erblindung nach<br />

sich ziehen können. Deshalb ist es<br />

wichtig, dass für Betroffene eine<br />

gute augenärztliche Versorgung<br />

gewährleistet ist. In Pflege- und<br />

Seniorenheimen ist dies offenbar<br />

jedoch nicht immer der Fall.<br />

Bei älteren Menschen gehen übersehene<br />

Teppichkanten oder Stufen<br />

oft mit Stürzen und Knochenbrüchen<br />

einher, die nicht selten zu Pflegebedürftigkeit<br />

oder sogar zu vorzeitigem<br />

Tod führen. „In Deutschland<br />

ist eine augenärztliche Versorgung<br />

zwar auf höchstem Niveau flächendeckend<br />

verfügbar“, sagt Prof. Dr.<br />

Frank G. Holz, Vorsitzender der<br />

Stiftung Auge und Direktor der<br />

Universitäts-Augenklinik Bonn,<br />

„doch oft nicht für Menschen in<br />

Pflege- und Seniorenheimen.“<br />

Laut einer Studie der Stiftung<br />

Auge liegt der letzte Besuch von<br />

Bew<strong>ohne</strong>rinnen und Bew<strong>ohne</strong>rn<br />

solcher Einrichtungen beim Augenarzt<br />

im Schnitt vier Jahre zurück. In<br />

der Hälfte der Fälle ist fehlende<br />

Mobilität der Grund dafür. Bei rund<br />

50 Prozent der Studienteilnehmenden<br />

wurde ein Grauer Star (Katarakt)<br />

diagnostiziert. Bei knapp<br />

40 Prozent wurden Zeichen einer<br />

altersabhängigen Makuladegeneration<br />

(AMD) festgestellt, und bei etwa<br />

21 Prozent bestand der Verdacht<br />

oder die gesicherte Diagnose eines<br />

Grünen Stars (Glaukom). In vielen<br />

Fällen würde eine passende Brille<br />

gutes Sehen und Lesen und dadurch<br />

wieder die gesellschaftliche Teilhabe<br />

ermöglichen. „Diese Defizite sind in<br />

einem hoch entwickelten Gesundheitssystem<br />

– wie in Deutschland<br />

vorhanden – nicht hinnehmbar“,<br />

findet Holz. In einer weiteren Studie<br />

hat die Stiftung Auge daher nun<br />

eine mögliche Maßnahme mithilfe<br />

von knapp 140 Seniorinnen und<br />

Senioren in drei Einrichtungen im<br />

Raum Bonn getestet – mit dem Ziel,<br />

ein neues, innovatives Versorgungsmodell<br />

zu entwickeln.<br />

Die augenärztliche Versorgung in Pflege- und Seniorenheimen ist laut<br />

Stiftung Auge zum Teil dürftig.<br />

Foto: picture alliance/Westend61/Knut Schulz<br />

Zunächst untersuchten medizinische<br />

Fachangestellte und Optometristen<br />

die Teilnehmenden vor Ort,<br />

anschließend stellten Augenärztinnen<br />

und -ärzte der Uniklinik Bonn<br />

telemedizinisch aus der Ferne einen<br />

Befund.<br />

Praktikabel und effizient<br />

Diese Herangehensweise erwies<br />

sich als praktikabel, effizient und<br />

einfach durchführbar. Insbesondere<br />

Heimbew<strong>ohne</strong>rinnen und -bew<strong>ohne</strong>r<br />

mit eingeschränkter Mobilität<br />

profitieren davon. Um den Ansatz<br />

als neue Versorgungsform zu etablieren,<br />

sind aber weitere Untersuchungen<br />

notwendig. „Letztlich<br />

müssen die gesetzlichen Krankenkassen<br />

entstehende Kosten tragen<br />

und die Leistungen verantworten“,<br />

betont Holz.<br />

Als weitere Maßnahme empfiehlt<br />

die Stiftung Auge, dass Hausärzte<br />

vor dem Einzug ihrer Patientin oder<br />

ihres Patienten in ein Alten- oder<br />

Pflegeheim eine Kopie des letzten<br />

augenärztlichen Berichts an die<br />

Einrichtung mitsenden. Insbesondere<br />

bei chronischen Erkrankungen,<br />

wie Glaukom oder AMD, ist es<br />

zudem wichtig, dass der behandelnde<br />

Augenarzt in einem Arztbrief gut<br />

verständliche Empfehlungen für die<br />

weitere augenheilkundliche Versorgung<br />

gibt.<br />

Darüber hinaus fordert die Stiftung<br />

Auge, den Themenbereich<br />

Auge und Sehen ausführlicher als<br />

bisher mit in den Lehrplan von<br />

Pflegeaus- und -fortbildung aufzunehmen,<br />

damit das Pflegepersonal<br />

Anzeichen für Augenerkrankungen,<br />

wie häufiges Stolpern, Kopfschmerzen<br />

oder Leseprobleme, frühzeitig<br />

erkennt und richtig deutet.<br />

Ist ein Arztbesuch unabdingbar,<br />

müssen Pflegeeinrichtungen die<br />

Begleitung der Pflegebedürftigen<br />

zum Arzt sicherstellen. „Vor allem,<br />

wenn Angehörige dies nicht leisten<br />

können“, sagt Holz. „Fest steht: Die<br />

augenärztliche Versorgung darf<br />

nicht am fehlenden Transport<br />

scheitern!“ Mirko Besch<br />

Umstrittene Süßungsmittel<br />

Ernährungsexperte warnt vor zu hohem Konsum von Zuckerersatzstoffen<br />

Kalorien in flüssiger Form wie Softdrinks<br />

und unverdünnte Fruchtsäfte<br />

gelten als Dickmacher. Deshalb<br />

greifen viele zu sogenannten Diätoder<br />

Light-Getränken mit Zuckerersatzstoffen.<br />

Doch das ist nach<br />

Einschätzung des Ernährungsmediziners<br />

Prof. Dr. Hans Hauner<br />

keine gute Alternative.<br />

Hauner ist Leiter des Instituts für<br />

Ernährungsmedizin des Klinikums<br />

rechts der Isar der Technischen<br />

Universität München und Mitglied<br />

des Wissenschaftlichen Beirats der<br />

Deutschen Herzstiftung. Vor dem<br />

Hintergrund aktueller Studienergebnisse<br />

zu bestimmten Süßstoffen<br />

rät er vor allem bei Erythrit zu<br />

Zurückhaltung. Erythrit ist als Lebensmittelzusatzstoff<br />

mit der Nummer<br />

E968 gekennzeichnet.<br />

„Der Vorteil von Erythrit besteht<br />

darin, dass er vom Körper nicht<br />

verwertet, sondern direkt wieder<br />

ausgeschieden wird“, berichtet<br />

Hauner. Der Ernährungsmediziner<br />

weiter: „Ob hohe Konzentrationen<br />

von Erythrit im Blut schaden können,<br />

muss noch wissenschaftlich<br />

untersucht werden. Allerdings gibt<br />

es bereits erste Beobachtungsstudien,<br />

nach denen es einen Zusammenhang<br />

zwischen einem regelmäßigen<br />

Konsum und einem erhöhten<br />

Schlaganfallrisiko geben könnte.“<br />

Eine neue Studie weise darauf hin,<br />

dass Erythrit ebenfalls Thrombosen<br />

fördern könnte. Und auch andere<br />

Süßungsmittel, die zum Teil schon<br />

länger auf dem Markt sind, seien<br />

nicht unumstritten.<br />

Weitere Studien nötig<br />

Sein Fazit: „Für eine gesunde Ernährung<br />

brauchen wir den Zuckergeschmack<br />

nicht. Zum Durstlöschen<br />

ist Wasser oder ungesüßter,<br />

allenfalls schwach gesüßter Tee<br />

nach wie vor am besten.“ Wer nur<br />

selten Light-Produkte verwende,<br />

müsse sich aber keine Sorgen machen.<br />

Die Deutsche Herzstiftung<br />

teilt mit: „Süßstoffe stehen immer<br />

wieder in der Kritik wegen eines<br />

möglichen Krebsrisikos, harte Hinweise<br />

dazu gibt es aber nicht. So hat<br />

die Weltgesundheitsorganisation<br />

zwar im Sommer <strong>2023</strong> Aspartam<br />

als ,möglicherweise krebserregend‘<br />

eingestuft. Zugleich aber wegen<br />

fehlender Beweislage die bisher<br />

empfohlene zulässige Tagesdosis<br />

von maximal 40 Milligramm Aspartam<br />

pro Kilogramm Körpergewicht<br />

bestätigt.“ Ebenso sei noch nicht<br />

abschließend geklärt, ob alle<br />

Zuckeralternativen zum Schutz vor<br />

Diabetes geeignet sind. Es gebe zudem<br />

Hinweise darauf, dass Süßstoffe<br />

bei einigen Menschen die Zusammensetzung<br />

der Darmbakterien in<br />

einer Art und Weise verändern, die<br />

wiederum Übergewicht und Typ-2-<br />

Diabetes fördert.<br />

Mehr Infos zum Thema Zuckerkonsum<br />

sowie zur wissenschaftlichen<br />

Lage bei Zuckeralternativen:<br />

https://herzstiftung.de/zuckerherz-in-gefahr<br />

Petra J. Huschke


10 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> Generationen<br />

83-Jährige entwirft Unterwäsche für Pflegebedürftige<br />

Gisela-Elisabeth Winkler hat praktische Kleidungsstücke mit Klettverschluss erfunden, als sie ihren Mann pflegte<br />

Als die Versorgung ihres demenzkranken<br />

Mannes immer mehr Zeit in<br />

Anspruch nimmt, kann die Mathematikerin<br />

Gisela-Elisabeth Winkler<br />

ihren Beruf nicht mehr ausüben. Um<br />

sich die schwere Pflegetätigkeit zu<br />

erleichtern, erfindet sie Unterwäsche,<br />

die sich öffnen und schließen<br />

lässt. Das ist der Startschuss für<br />

ihre zweite berufliche Laufbahn als<br />

Erfinderin und Unternehmerin.<br />

Neun Jahre hat Gisela-Elisabeth<br />

Winkler ihren an Demenz erkrankten<br />

Ehemann zu Hause versorgt.<br />

Die zierliche Frau weiß, wie<br />

körperlich und mental anstrengend<br />

die häusliche Pflege ist.<br />

„Mein Mann wurde spastisch,<br />

verkrampfte oft so sehr, dass ich<br />

seine Arme und Beine nicht mehr<br />

bewegen konnte“, erinnert sie sich.<br />

Sie hatte Angst, ihm weh zu tun,<br />

wenn sie ihn anzog. Selbst zusammen<br />

mit einer Pflegekraft war das<br />

oft kaum zu schaffen.<br />

Zündende Idee<br />

Die Not machte sie erfinderisch.<br />

Mit ihrer Schwester Sigrid Ladig,<br />

einer Schneidermeisterin, entwarf<br />

sie Unterwäsche, die sich mit<br />

Druckknöpfen öffnen und schließen<br />

lässt. Dadurch brauchte ihr<br />

Mann beim An- und Ausziehen des<br />

Unterhemds nicht mehr die Arme<br />

zu heben. Es reichte, ihn dafür auf<br />

die Seite zu drehen. Die Pflegerinnen,<br />

die ihr zu Hause halfen, waren<br />

begeistert von der Wäsche.<br />

Gisela-Elisabeth Winkler hat Unterwäsche für die Pflege von Menschen<br />

mit Bewegungseinschränkungen erfunden.<br />

Foto: Jörg Ciszewski<br />

Winkler hingegen war überrascht,<br />

dass so es etwas noch nicht gab.<br />

Das bestärkte sie darin, die Kleidung<br />

bei der Internationalen Fachmesse<br />

„Ideen - Erfindungen - Neuheiten“<br />

in Nürnberg vorzustellen.<br />

Die Druckknöpfe hatte sie mittlerweile<br />

durch Klettverschlüsse ersetzt.<br />

Die Jury zeichnete ihre Erfindung<br />

mit einer Goldmedaille<br />

aus. Das beflügelte sie. Mit ihrer<br />

Schwester begann sie, an Mustern<br />

zu arbeiten, suchte nach Materialien<br />

und recherchierte Produktionsstandorte.<br />

Sigrid Ladig entwarf<br />

Schnitte für verschiedene Größen.<br />

Die Idee einer eigenen Firma nahm<br />

Gestalt an. In Deutschland leben<br />

rund fünf Millionen pflegebedürftige<br />

Menschen. Da muss es einen<br />

Bedarf für dieses Produkt geben,<br />

dachte Winkler.<br />

2010, ein Jahr nach dem Tod ihres<br />

Mannes, gründete sie im Alter<br />

von 70 Jahren mit ihrer zwei Jahre<br />

jüngeren Schwester die Ladig &<br />

Winkler GmbH. Die Wäsche erhielt<br />

den Markennamen „Saba“ und<br />

wird in der Nähe von Chemnitz<br />

produziert, in einer Region, wo die<br />

Textilindustrie Tradition hat.<br />

Winkler hatte viele Jahre als Redakteurin<br />

bei einer mathematischen<br />

Fachzeitschrift gearbeitet<br />

und keinerlei Erfahrung mit der<br />

Gründung eines Unternehmens.<br />

Für die ersten Schritte nahm sie an<br />

einem Förderprogramm für Firmengründungen<br />

teil und hatte ein<br />

halbes Jahr eine Unternehmensberatung<br />

an ihrer Seite. Die Seniorin<br />

entwickelte eine Webseite mit<br />

Online-Shop, den sie zu Hause in<br />

Berlin-Hermsdorf betreibt.<br />

Patent angemeldet<br />

Ihre Kundinnen und Kunden<br />

sind Privatpersonen. Die Kundenliste<br />

umfasst rund 1000 Namen.<br />

Die Unterhemden für Herren oder<br />

Damen, Slips und Unterhosen kosten<br />

zwischen 43 und 49 Euro.<br />

Pflegeheime, denen sie ihre Wäsche<br />

zum Test überließ, gaben ihr<br />

zwar positive Rückmeldungen.<br />

Allerdings sei daraus bislang noch<br />

keine Großbestellung entstanden.<br />

Das Design der Saba-Unterwäsche<br />

mit dem Klettverschluss hat<br />

sie sich patentieren lassen. Kürzlich<br />

habe sie im Internet einen<br />

chinesischen Anbieter gefunden,<br />

der ein fast identisches Produkt<br />

anbietet. Das habe sie dem Onlineversandhändler<br />

gemeldet: „Ich<br />

hoffe, dass der schnell auf diesen<br />

Verstoß gegen das Patentrecht reagiert<br />

und das Produkt aus dem<br />

Angebot nimmt“, sagt sie.<br />

Preise, aber kein Kredit<br />

Kürzlich wurde Winkler mit einem<br />

weiteren Preis ausgezeichnet.<br />

Sie erhielt den „Zugabepreis“ der<br />

Körber-Stiftung, weil sie „als<br />

Quereinsteigerin zur erfolgreichen<br />

Unternehmensgründerin wurde,<br />

motiviert durch den sozialen Nutzen,<br />

nicht durch maximale<br />

Gewinnorientierung“. Die Stiftung<br />

bezeichnete sie als Vorbild für den<br />

mutigen Neuanfang im Alter. Die<br />

Unternehmerin ist gefragter Gast<br />

bei Podiumsdiskussionen, und<br />

mehrere Medien haben bereits<br />

über sie berichtet. Allerdings befindet<br />

sie sich gerade an einem<br />

Punkt, an dem es geschäftlich<br />

nicht recht weitergeht.<br />

Auf der Suche nach Kapital, um<br />

die Werbung zu intensivieren und<br />

die Nachfrage anzukurbeln, lassen<br />

die Banken sie abblitzen. In ihrem<br />

Alter erhält sie keinen Kredit mehr.<br />

Auch ihr Antrag beim Spitzenverband<br />

der gesetzlichen Krankenkasse,<br />

die Wäsche als Pflegehilfsmittel<br />

anzuerkennen, verlief bisher<br />

im Sande. Doch die 83-Jährige gibt<br />

nicht auf. Sie hat bereits weitere<br />

Kleidungsstücke für Pflegebedürftige<br />

entwickelt. Jörg Ciszewski<br />

Die späten Leiden der Kriegskinder<br />

Viele werden im Alter von traumatisierenden Erlebnissen aus dem Zweiten Weltkrieg heimgesucht<br />

Kinder, die während des Zweiten<br />

Weltkriegs geboren wurden und in<br />

dieser Zeit aufgewachsen sind,<br />

haben oft schwere Traumata erlitten.<br />

Im Alter können diese Verletzungen<br />

wieder aufbrechen. Psychologin<br />

Susanne Guski-Leinwand<br />

vom Bundesverband Deutscher<br />

Psychologinnen und Psychologen<br />

(BDP) erklärt, warum das so ist.<br />

Als „Kriegskinder“ werden die<br />

Jahrgänge 1929 bis 1947 bezeichnet.<br />

Viele haben schreckliche, sogar<br />

traumatische Erlebnisse hinter<br />

sich. Der Altersforscher Hartmut<br />

Radebold schätzt, dass etwa 30<br />

Prozent keine Probleme hatten,<br />

diese zu verarbeiten. Während 40<br />

Prozent nichts Belastendes erlebt<br />

hatten, wurden weitere 30 Prozent<br />

schwer traumatisiert. Der Ukraine-<br />

Krieg hat bei vielen Betroffenen<br />

die Ängste aus Kindertagen wieder<br />

wachgerufen.<br />

Alte Strategien<br />

„Ältere Menschen reagieren nicht<br />

mehr flexibel, sondern versuchen,<br />

solche Ereignisse mit den Bewältigungsstrategien<br />

zu verarbeiten, die<br />

sie in ihrem Leben erworben haben“,<br />

erläutert Susanne Guski-Leinwand.<br />

Viele Kinder hätten damals<br />

gelernt, bei Gefahr instinktiv zu<br />

handeln. Beispielsweise rannten sie<br />

beim Fliegeralarm einfach los bis<br />

zum nächsten Luftschutzbunker.<br />

Ertönen heute Sirenen, wird diese<br />

Verhaltenserinnerung möglicherweise<br />

wieder aufgerufen.<br />

Juni 1945: Eine Frau mit ihren Kindern beim Kochen auf offener Feuerstelle<br />

vor einem Notquartier in Berlin.<br />

Foto: epd/akg-images GmbH<br />

Die meisten Angehörigen dieser<br />

Generation hatten nach dem Krieg<br />

keine Zeit, ihre Verletzungen aufzuarbeiten.<br />

Sie mussten hart arbeiten,<br />

um Deutschland wieder mitaufzubauen.<br />

„Das Anpacken war<br />

ihre Bewältigungsstrategie“, so<br />

Guski-Leinwand. „Das Bündelchen,<br />

das sie aus dem Krieg mitgenommen<br />

haben, ist immer mitgereist.<br />

Im Alter tritt das jetzt zutage,<br />

weil das Langzeitgedächtnis im<br />

Vergleich zum Kurzzeitgedächtnis<br />

noch gut funktioniert.“ Kommt<br />

eine Kriegssituation wie jetzt hinzu,<br />

scheine es für sie so, als würden<br />

die lange zurückliegenden Ereignisse<br />

in der Gegenwart passieren.<br />

Insbesondere für Betroffene, die<br />

demenzerkrankt oder kognitiv<br />

beeinträchtigt sind, sei das eine<br />

besondere Belastung.<br />

Dass die Kriegskinder unter der<br />

Bombardierung und der Flucht<br />

massiv gelitten haben, geriet erst in<br />

den 1990er-Jahren ins öffentliche<br />

Bewusstsein. Auch der Tod oder<br />

die Gefangenschaft des Vaters belastete<br />

die Kinder schwer. Je kleiner<br />

sie damals waren, desto gravierender<br />

können die Spätfolgen sein.<br />

Gerade die Jahrgänge 1939 bis<br />

1945, die sich kaum noch an das<br />

Kriegsgeschehen erinnern können,<br />

haben oft sehr starke Prägungen<br />

und Leid erfahren. Viele von ihnen<br />

klagen über immer wiederkehrende<br />

Depressionen, Panikattacken oder<br />

unerklärliche Schmerzen.<br />

„Die Bewältigungsstrategie des<br />

Anpackens passt heute nicht mehr<br />

auf die aktuelle Situation“, sagt<br />

Guski-Leinwand. Viele Ältere blieben<br />

mit diesem Problem allein.<br />

Nur selten gebe es passende Angebote,<br />

wie etwa Gesprächskreise,<br />

Lesungen und Selbsthilfegruppen.<br />

Tipps für Angehörige<br />

Angehörigen empfiehlt die Expertin,<br />

sich kundig zu machen, was<br />

in akuten psychischen Ausnahmesituationen<br />

hilft. „Die Betroffenen<br />

brauchen eine Verankerung im<br />

Hier und Jetzt“, betont sie. Das<br />

könne eine haptische Erfahrung<br />

sein, wie etwa ein Massageball, ein<br />

Reiz oder ein Geschmack. „Das<br />

bewirkt, dass man nicht in seiner<br />

Erinnerung oder Reaktion verharrt.“<br />

Langfristig könne eine Psychotherapie<br />

bei einer Therapeutin<br />

oder einem Therapeuten mit gerontopsychiatrischer<br />

Erfahrung<br />

hilfreich sein. Gute Ansprechpartner<br />

sind auch die Hausärztin,<br />

der Hausarzt oder eine Sozialberatungsstelle.<br />

Aber: „Klären<br />

Sie ab, ob sich die betreffende Person<br />

überhaupt darauf einlassen<br />

möchte“, rät die Psychologin.<br />

Ein Hobby wie Handarbeiten<br />

oder Fußballschauen in der Gruppe<br />

kann dazu beitragen, sich im<br />

Hier und Jetzt zu verankern. Und<br />

schließlich eignet sich auch, gute<br />

Erinnerungen zu stärken, etwa,<br />

indem man gemeinsam Musik hört<br />

oder in Foto- oder Poesiealben<br />

blättert. Annette Liebmann


Inklusion<br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

11<br />

Barrierefrei ist nicht gleich barrierefrei<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong>: In die Bauplanung müssen Fachverbände und Betroffene eingebunden werden<br />

Bei der Umgestaltung öffentlicher<br />

Infrastruktur müssen nach <strong>Ansicht</strong><br />

des Sozialverbands <strong>VdK</strong> frühzeitig<br />

Fachleute für Barrierefreiheit eingebunden<br />

werden. Ansonsten<br />

können neue Hürden entstehen,<br />

wie ein Beispiel zeigt.<br />

Anna Spindelndreier hat ihr<br />

Geld immer bei der Sparkasse in<br />

ihrem Viertel in Dortmund abgehoben.<br />

Doch seitdem der letzte<br />

reine Auszahlungsautomat dort<br />

durch einen Automaten für Einund<br />

Auszahlungen ausgetauscht<br />

wurde, kann die Kleinwüchsige<br />

den Touchscreen nicht mehr bedienen.<br />

Der neue Automat hängt höher,<br />

und die Auszahlungstaste ist<br />

dadurch für die 36-Jährige nicht<br />

mehr erreichbar. Dafür ist der Automat<br />

nun für Menschen im Rollstuhl<br />

bedienbar, die ihn unterfahren<br />

können. „Es ist für mich als<br />

Kleinwüchsige ein grundsätzliches<br />

Problem, dass Barrierefreiheit oft<br />

nur auf Menschen im Rollstuhl<br />

gemünzt ist“, sagt Anna Spindelndreier.<br />

Teure Fehler vermeiden<br />

Jonas Fischer, Referent für Barrierefreiheit<br />

beim Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong>, kennt dieses Problem. „Bei<br />

der barrierefreien Umgestaltung ist<br />

es wichtig, die Bedürfnisse unterschiedlicher<br />

Personengruppen<br />

mitzudenken. Während für die<br />

einen durch einen Umbau eine<br />

Barriere verschwindet, entsteht für<br />

die anderen dadurch vielleicht eine<br />

Geldautomaten sind oft weder für Menschen im Rollstuhl noch für Kleinwüchsige<br />

barrierefrei.<br />

Foto: picture alliance/blickwinkel/McPHOTOs<br />

neue.“ Er hält es deshalb für notwendig,<br />

dass in die Planung solcher<br />

Baumaßnahmen, Betroffene Expertinnen<br />

und Experten eingebunden<br />

werden. „In Behinderten- oder<br />

Sozialverbänden setzen sich Fachleute<br />

Tag für Tag mit den Fragen<br />

der Barrierefreiheit auseinander.<br />

Wenn schon bei der Bauplanung<br />

auf dieses Wissen zurückgegriffen<br />

würde, ließen sich teure Fehlplanungen<br />

vermeiden.“<br />

Im konkreten Fall des Geldautomaten<br />

in Dortmund hätte beispielsweise<br />

eine in die Wand gelassene<br />

Stufe, die ausklappbar oder<br />

herausziehbar ist, eine Lösung sein<br />

können, so Fischer. Kleine Menschen<br />

könnten sich auf diese Stufe<br />

stellen, um den Touchscreen zu<br />

bedienen. „Das gibt es bereits bei<br />

einigen Geldautomaten. Die Installation<br />

ist günstig, nicht sehr<br />

fehleranfällig und gut umsetzbar.“<br />

Lange Übergangsfrist<br />

Hoffnung verbindet der <strong>VdK</strong> mit<br />

dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz<br />

(BFSG), das im Juni 2025 in<br />

Kraft tritt. Dort ist geregelt, dass<br />

einige Produkte und Dienstleistungen<br />

ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei<br />

angeboten werden müssen.<br />

Für Selbstbedienungsterminals<br />

wie bei einem Geldautomaten<br />

gilt allerdings eine Übergangsfrist<br />

von 15 Jahren bis 2040. „‚Wäre<br />

dieses Gesetz schon in Kraft, hätte<br />

der Geldautomat so nicht in<br />

Betrieb genommen werden dürfen“,<br />

sagt Fischer. Eine Barrierefreiheit<br />

in diesen Bereichen wird<br />

umso wichtiger, wenn in Zukunft<br />

immer mehr Angebote der Daseinsvorsorge<br />

auf solche Selbstbedienungsterminals<br />

reduziert werden,<br />

weil Filialen eingespart werden.<br />

Eine Entwicklung, die der<br />

<strong>VdK</strong> mit großer Sorge beobachtet.<br />

Anna Spindelndreier muss nun<br />

bei ihren Einkäufen daran denken,<br />

dass sie sich an der Supermarktkasse<br />

Bargeld auszahlen lässt.<br />

„Das ist umständlich. Ich würde<br />

mir wünschen, dass auch die Belange<br />

von kleinwüchsigen Menschen<br />

bei der Barrierefreiheit<br />

besser berücksichtigt werden“, sagt<br />

sie.<br />

Jörg Ciszewski<br />

Berufliche Reha hilft<br />

bei Einstieg in den Job<br />

Junge Menschen mit Behinderung<br />

können im Rahmen einer beruflichen<br />

Rehabilitation (Reha) eine<br />

Ausbildung absolvieren. Diese<br />

kann ihnen den Einstieg ins Erwerbsleben<br />

erleichtern.<br />

Im Jahr 2020 waren sieben von<br />

zehn Auszubildenden ein Jahr<br />

nach Ende einer beruflichen Reha<br />

sozialversicherungspflichtig beschäftigt.<br />

Fünf Jahre zuvor waren<br />

es noch fünf von zehn Auszubildenden.<br />

Dies ist das Ergebnis einer<br />

Studie des Instituts für Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsforschung (IAB).<br />

Die Zahlen derjenigen, die eine<br />

berufliche Reha zur Ersteingliederung<br />

beginnen, gehen allerdings<br />

zurück: Im Jahr 20<strong>09</strong> waren es rund<br />

49000 Menschen, im Jahr 2020<br />

dann 34000. Dies sei vor allem auf<br />

die Corona-Pandemie, demografische<br />

Veränderungen und gute<br />

Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt<br />

zurückzuführen, so die Studie.<br />

Menschen mit Lernschwierigkeiten,<br />

psychischen und geistigen<br />

Einschränkungen werden mit einer<br />

beruflichen Reha gefördert.<br />

Gesundheitliche Probleme und<br />

fehlende schulische Qualifikationen<br />

benachteiligen sie oft auf dem<br />

Arbeitsmarkt. Um den Zugang zur<br />

beruflichen Reha zu erleichtern,<br />

müssten aber die Verfahren vereinfacht<br />

werden. Der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> setzt sich deshalb für einen<br />

gemeinsamen Grundantrag für<br />

Reha- und Teilhabeleistungen ein,<br />

mit dem Betroffene grundsätzlich<br />

Leistungen aller Reha-Träger beantragen<br />

können.<br />

ken<br />

Kinderprogramm komplett in Gebärden<br />

Bei „Jason und die Haustiere“ stehen Gehörlose im Mittelpunkt<br />

Fahrgastrechte gestärkt<br />

Bentele: „Rechtlicher Anspruch als Druckmittel“<br />

Inklusion im Kinderprogramm: Für<br />

drei Folgen übergibt die Reporterin<br />

Annika Preil ihre beliebte Tiersendung<br />

„Anna und die Haustiere“<br />

an den gehörlosen Reporter Jason<br />

Giuranna. Dieser trifft Haustierbesitzerinnen<br />

und -besitzer, die<br />

ebenfalls nicht hören können.<br />

Als international gefeierter Performer<br />

von Gebärdensprachpoesie<br />

hat sich Jason Giuranna einen<br />

Namen gemacht. Seit einigen Jahren<br />

moderiert er im BR-Fernsehen<br />

die Sendung „Sehen statt hören“.<br />

Jetzt wird er zum Reporter einer<br />

beliebten Kindersendereihe und<br />

besucht Menschen, die ebenfalls<br />

gehörlos sind und unterschiedliche<br />

Haustiere haben. So trifft er in der<br />

ersten Folge von „Jason und die<br />

Haustiere“ Iris auf ihrem Pferdehof.<br />

Die Züchterin zeigt ihm ihre<br />

Quarter Horses und bringt ihm<br />

erste Grundbegriffe des Reitens<br />

bei, und Jason sitzt dann auch erstmals<br />

auf einem Pferd.<br />

In der zweiten Folge lernt er Dirk<br />

und seine Käfer kennen. In der<br />

dritten Folge erklärt Britta dem<br />

Kinderreporter, wie Assistenzhündin<br />

Davina ihr im Alltag hilft.<br />

Schließlich gibt Jason dem Vierbeiner<br />

Anweisungen per Gebärdensprache.<br />

Jason Giuranna sagt der<br />

<strong>VdK</strong>-ZEITUNG, dass er bei dieser<br />

Arbeit so viel Spaß hat, „weil ich<br />

viel Neues über die verschiedenen<br />

Tierarten und deren Lebensweise<br />

Der gehörlose Reporter Jason Giuranna spricht mit der Hündin Davina<br />

in Gebärdensprache.<br />

Foto: BR/Text und Bild Medienproduktion GmbH & Co. KG<br />

erfahren habe“. Außerdem fügt er<br />

hinzu, dass „für hörende Medienschaffende<br />

eine Zusammenarbeit<br />

mit gehörlosen Kollegen keine<br />

Selbstverständlichkeit“ ist. Oft<br />

gebe es Vorbehalte und Unsicherheiten.<br />

„Diese Perspektive möchte<br />

ich gerne widerlegen und beweisen,<br />

dass eine Zusammenarbeit gut<br />

funktionieren kann.“<br />

In KiKA und im BR<br />

Die drei Folgen „Jason und die<br />

Haustiere“ sind eine Koproduktion<br />

der BR-Redaktionen „Kinder“ und<br />

„Sehen statt Hören“ und werden<br />

passend zum „Internationalen Tag<br />

der Gebärdensprache“ am<br />

23. <strong>September</strong> ab 15.50 Uhr im<br />

Kinderprogramm „KiKA“ gezeigt.<br />

Anschließend ist die Reihe in der<br />

ARD-Mediathek und auf kika.de<br />

abrufbar. Ab 30. <strong>September</strong> ist jeweils<br />

samstags um 9 Uhr eine<br />

Folge im BR-Fernsehen zu sehen.<br />

Sprecherinnen und Sprecher<br />

sorgen dafür, dass auch Menschen,<br />

die keine Gebärdensprache verstehen,<br />

alles mitbekommen. Zudem<br />

gibt es Untertitel und Audiodeskription.<br />

Isabel Wiemer von der Redaktion<br />

„Sehen statt Hören“ freut sich,<br />

dass Jason Giuranna damit der<br />

erste gebärdensprachliche Moderator<br />

im deutschen Kinderprogramm<br />

ist. Sie fügt hinzu, für gehörlose<br />

Kinder brauche es dringend<br />

Helden und Vorbilder wie<br />

ihn.<br />

Sebastian Heise<br />

Die Fahrgastrechte sind mit der<br />

Verabschiedung des Allgemeinen<br />

Eisenbahngesetzes Mitte Juni gestärkt<br />

worden.<br />

Ein wichtiger Punkt in diesem<br />

Gesetz ist die vorgeschriebene<br />

Informationspflicht von Verkehrsbetrieben<br />

über die Barrierefreiheit<br />

ihres Angebots. Dafür<br />

hatte der Sozialverband <strong>VdK</strong> gekämpft.<br />

Verkehrsbetriebe müssen seit<br />

Anfang August wichtige Informationen<br />

zur Barrierefreiheit bei ihren<br />

Zügen, Bussen, Haltestellen<br />

und Zuwegen der Öffentlichkeit<br />

zur Verfügung stellen. So können<br />

sich Reisende einfacher informieren,<br />

wie barrierefrei ihr Reiseweg<br />

mit dem öffentlichen Nahverkehr<br />

tatsächlich ist. Solche Informationen<br />

können im Alltag sehr hilfreich<br />

sein, ersetzen aber nach<br />

<strong>Ansicht</strong> des <strong>VdK</strong> nicht Umsetzungspläne<br />

für eine wirkliche<br />

Barrierefreiheit. Das neue Gesetz<br />

verpflichtet die Deutsche Bahn,<br />

mobilitätseingeschränkte Reisende<br />

mit Dienstleistungen ihrer Mobilitätsservice-Zentrale<br />

(MSZ) zu<br />

unterstützen. Bisher war die MSZ<br />

ein freiwilliges Angebot der Bahn.<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />

erklärt dazu: „Der jetzt festgeschriebene<br />

rechtliche Anspruch<br />

wird sicher den Handlungsdruck<br />

erhöhen. Wir erwarten, dass dieser<br />

zusätzliche Druck dazu führt, dass<br />

endlich umfängliche Barrierefreiheit<br />

für alle Reisenden umgesetzt<br />

wird.“<br />

juf


12 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> <strong>VdK</strong>-TV<br />

Aktuelle Filme auf <strong>VdK</strong>-TV<br />

<strong>VdK</strong>-TV<br />

Die Redaktion des Videoportals<br />

<strong>VdK</strong>-TV informiert Sie regelmäßig<br />

zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />

Themen. Folgende nebenstehende<br />

neue Filme sind unter<br />

www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />

<strong>VdK</strong>-TV AUF SPORT1<br />

Filme von <strong>VdK</strong>-TV sind in der Sendung<br />

MITEINANDER bei Sport1<br />

im Fernsehen zu sehen. In der<br />

<strong>September</strong>-Ausgabe berichtet<br />

das Magazin über eine Podiumsdiskussion<br />

des <strong>VdK</strong> Bayern in<br />

Nürnberg. Dort debattierte <strong>VdK</strong>-<br />

Präsidentin Verena Bentele vor<br />

mehr als 2000 <strong>VdK</strong>-Mitgliedern<br />

mit Spitzenkandidatinnen und<br />

-kandidaten der Parteien über<br />

die soziale Lage in Bayern.<br />

16. Sep. Sendetermin ist der<br />

dritte <strong>September</strong>-<br />

Samstag um 9.30 Uhr.<br />

19. Sep. Am Dienstag darauf<br />

wird die Sendung um<br />

15.30 Uhr wiederholt.<br />

Ein neuer Beitrag von <strong>VdK</strong>-TV informiert über das Thema Pflegeberatung.<br />

Herabsetzung des GdB<br />

Menschen mit einer Krebserkrankung<br />

sind häufig von der „Heilungsbewährung“<br />

betroffen: Tumorpatientinnen<br />

und -patienten bekommen<br />

in der Regel in der ersten, akuten<br />

Phase ihrer Erkrankung einen höheren<br />

GdB zugesprochen, als sie tatsächlich<br />

körperlich beeinträchtigt<br />

sind. Wird im Lauf von fünf Jahren<br />

kein neues Tumorwachstum festgestellt,<br />

kann bei einer Überprüfung<br />

der Schwerbehindertenstatus aberkannt<br />

werden. Das bedeutet, dass<br />

der Grad der Behinderung (GdB)<br />

wieder auf unter 50 herabgesetzt<br />

wird. In diesem Fall ist es für die<br />

Betroffenen beispielsweise nicht<br />

mehr möglich, vorzeitig und <strong>ohne</strong><br />

Abstriche in Rente zu gehen. Gegen<br />

die Absenkung des GdB kann Widerspruch<br />

eingelegt werden –<br />

selbstverständlich hilft der <strong>VdK</strong>. Was<br />

man noch tun kann, um den Verlust<br />

des Schwerbehindertenstatus hinauszuzögern<br />

oder sogar zu verhindern,<br />

darüber informiert <strong>VdK</strong>-Rechtsexpertin<br />

Elahe Jafari in der neuen<br />

Folge von „Rat und Tat“. <strong>VdK</strong>-Moderator<br />

Kai Steinecke fasst das Ganze<br />

dann noch einmal in gewohnt lockerer<br />

Weise zusammen.<br />

Foto: <strong>VdK</strong><br />

Pflegeberatung<br />

Wer pflegebedürftig ist oder jemanden<br />

pflegt, hat Anspruch auf<br />

eine Pflegeberatung. Die Beratung<br />

kann am Telefon, zu Hause oder in<br />

einer Beratungsstelle stattfinden –<br />

je nachdem, was den Betroffenen<br />

am liebsten ist. Eine wichtige Anlaufstelle<br />

sind außerdem die Pflegestützpunkte<br />

oder die Fach- und<br />

Beratungsstellen von Wohlfahrtsverbänden.<br />

Auch der <strong>VdK</strong> bietet in<br />

einigen Landesverbänden Beratung<br />

zum Thema Pflege an. In diesem<br />

Video von <strong>VdK</strong>-TV erfahren Sie<br />

unter anderem, welche Unterlagen<br />

Sie für das Gespräch bereitlegen<br />

sollten, welche weiteren Informationen<br />

Sie auf Anfrage erhalten<br />

können und was Sie beachten sollten,<br />

wenn Sie Angebote zur Pflegeberatung<br />

im Internet wahrnehmen<br />

möchten.<br />

Neu: Format „Klipp und Klar“<br />

Premiere: Mit einem Beitrag zur<br />

häuslichen Pflege startet <strong>VdK</strong>-TV<br />

sein neues Format „Klipp und Klar“,<br />

das in Zukunft regelmäßig auf der<br />

Video-Plattform zu sehen sein wird.<br />

Darin nimmt sich die Präsidentin<br />

des <strong>VdK</strong> Deutschland, Verena Bentele,<br />

jeweils ein aktuelles sozialpolitisches<br />

Thema vor, analysiert<br />

Ursachen für bestehende soziale<br />

Missstände und Probleme, entwickelt<br />

Lösungsansätze und skizziert<br />

die Forderungen des <strong>VdK</strong> dazu. Sie<br />

geht bei ihren Analysen sehr persönlich<br />

sowie kritisch vor. Bentele<br />

spricht eben Klartext, wie man es<br />

von der engagierten <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

gewohnt ist.<br />

Dass die neue Serie „Klipp und<br />

Klar“ mit dem Thema Pflege beginnt,<br />

ist kein Zufall: Für Pflegebedürftige<br />

und ihre Angehörigen,<br />

die sie versorgen, setzt sich der <strong>VdK</strong><br />

ganz besonders ein, zuletzt im Rahmen<br />

seiner großen Kampagne<br />

„Nächstenpflege“. Deshalb wird<br />

sich auch die zweite Folge der Ratgeberreihe<br />

diesem Thema widmen<br />

und anhand eines Beispiels aus<br />

Österreich zeigen, wie sich die Situation<br />

pflegender Angehöriger<br />

verbessern lässt.<br />

Hierzulande sind immer weniger bereit, diese Arbeit zu machen<br />

Eine Dokumentation unter Mitarbeit der Redaktion von <strong>VdK</strong>-TV beleuchtet die Pflege aus dem Blickwinkel von Betroffenen<br />

Plakat zur Filmdokumentation „IchDuWir – Wer pflegt wen?“<br />

Menschenwürdige Pflege ist eines<br />

der Kernanliegen des <strong>VdK</strong>. Pflege<br />

ist aber auch ein Thema, bei dem<br />

viele Menschen lieber wegschauen.<br />

Umso wichtiger sind<br />

Filme wie „IchDuWir – Wer pflegt<br />

wen?“. Die Dokumentation ist unter<br />

Mitarbeit der Redaktion von<br />

<strong>VdK</strong>-TV entstanden.<br />

Der Film berührt durch die<br />

Nähe zwischen Kamera und Protagonistinnen.<br />

Allen Mitwirkenden<br />

ist anzumerken, dass sie der<br />

Regisseurin vertrauen und in<br />

keinem Moment befürchten, für<br />

eine reißerische oder allzu gefühlsbeladene<br />

Darstellung herhalten<br />

zu müssen. Stattdessen bekommen<br />

sie in dieser Dokumentation<br />

den Raum, ihre Geschichte zu<br />

erzählen, von ihren Sorgen und<br />

Ängsten zu berichten, genauso wie<br />

von den schönen Momenten, die<br />

unbedingt auch dazugehören,<br />

Foto: <strong>VdK</strong><br />

wenn man für andere Menschen<br />

da ist und sie betreut.<br />

Kornelia, die ihren an Multipler<br />

Sklerose erkrankten Mann seit 28<br />

Jahren pflegt, erklärt zum Beispiel,<br />

dass der Humor immer noch<br />

ein ganz wichtiges Bindeglied<br />

zwischen ihnen beiden ist, obwohl<br />

es für das Paar an vielen Tagen<br />

sicher nicht viel Grund zum Lachen<br />

gibt.<br />

Auf Hilfe angewiesen<br />

Oder Linda, die alleinerziehende<br />

Mutter, die sich darüber freut,<br />

ihre vier Kinder heranwachsen zu<br />

sehen und zu erleben, wie sie größer<br />

und selbstständiger werden.<br />

Auch wenn sie weiß, dass ihr<br />

jüngster Sohn, der mit dem Downsyndrom<br />

zur Welt kam, vielleicht<br />

ein Leben lang auf ihre Begleitung<br />

und Unterstützung angewiesen<br />

sein wird.<br />

Die Porträts sind mit Bedacht<br />

gewählt. Regisseurin Susanne<br />

Binninger geht es darum, „das<br />

ganze Bild“ zu zeigen. Und dazu<br />

gehören nicht nur die Ehefrau und<br />

die Mutter, die ihre Angehörigen<br />

zu Hause versorgen, dazu gehören<br />

auch professionelle Pflegekräfte<br />

wie die beiden jungen Frauen im<br />

Film, Leticia und Cholpon. Sie<br />

wurden aus dem Ausland angeworben,<br />

um in Deutschland Ältere<br />

und Kranke zu versorgen, weil<br />

hierzulande immer weniger Menschen<br />

dazu bereit sind, diese Arbeit<br />

zu machen.<br />

Für Cholpon bedeutet das, dass<br />

sie ihre Großmutter, an der sie sehr<br />

hängt und die nach einem Schlaganfall<br />

nicht mehr allein zurechtkommt,<br />

in Kirgistan zurücklassen<br />

musste. Leticia kämpft noch mit<br />

der deutschen Sprache und ist<br />

froh, wenn sie versteht, was Ärzte<br />

und Patienten ihr mitteilen wollen.<br />

Beider Leben findet fast ausschließlich<br />

auf der Station statt.<br />

Denn der Dienst in wechselnden<br />

Schichten macht es für sie schwer,<br />

Leute kennenzulernen und Freunde<br />

zu finden.<br />

Warum so viele Pflegekräfte den<br />

Dienst quittieren, erklären die<br />

jungen Aktivisten Celina und Valentin<br />

von der Protestbewegung<br />

„Walk of Care“. Sie fordern nicht<br />

nur mehr Lohn für Pflegende, sondern<br />

vor allem bessere Arbeitsbedingungen.<br />

Damit sie sich endlich<br />

um die Menschen, die ihrer<br />

Fürsorge anvertraut sind, so kümmern<br />

können, wie sie es für angemessen<br />

und richtig halten.<br />

Allen porträtierten Personen in<br />

diesem Film ist eines gemeinsam:<br />

ein großes Verantwortungsgefühl.<br />

Und, man kann es kaum anders<br />

ausdrücken, Liebe zu ihrem Beruf<br />

beziehungsweise zu denjenigen,<br />

für die sie da sind.<br />

Vor allem Frauensache<br />

Der Verdienst dieses Films ist es,<br />

das Augenmerk auf die sogenannte<br />

Care-Arbeit zu lenken, die ansonsten<br />

in der Öffentlichkeit nur<br />

wenig wahrgenommen oder einfach<br />

als selbstverständlich angesehen<br />

wird. Noch immer ist Care-<br />

Arbeit vor allem Frauensache. Sie<br />

ist außerdem ein enormer Wirtschaftsfaktor,<br />

auch wenn sie gar<br />

nicht beziehungsweise unterbezahlt<br />

wird. Ohne Care-Arbeit<br />

könnte unsere Gesellschaft nicht<br />

überleben. Dass das nicht nur eine<br />

Behauptung ist, beweisen die vielen<br />

Zahlen und Fakten, mit denen<br />

die Dokumentation die individuellen<br />

Porträts unterlegt.<br />

Barbara Goldberg<br />

SENDETERMIN<br />

Die Dokumentation „IchDuWir –<br />

Wer pflegt wen?“ wird am<br />

20. <strong>September</strong> um 20.15 Uhr in<br />

3sat ausgestrahlt.<br />

Cholpon (links) ist aus Kirgistan nach Deutschland gekommen, um ältere<br />

und kranke Menschen zu versorgen.<br />

Foto: U5/Oktoberfilm


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> 13<br />

LANDESVERBAND<br />

Pflegegeld<br />

Steuerlich begünstigt und<br />

pfändungsfrei Seite 14<br />

Steuerring<br />

Tipps zum Kinderkrankengeld<br />

Seite 14<br />

Ehrenamt im <strong>VdK</strong><br />

Aktivitäten der Orts- und<br />

Kreisverbände Seite 15<br />

Das Thema „Pflege“ brennt<br />

Zahlen, Fakten, Forderungen: <strong>VdK</strong>-Pflegestudie an politische Entscheidungsträger überreicht<br />

Sie ist ein echtes Schwergewicht,<br />

die <strong>VdK</strong>-Pflegestudie – 147 Seiten<br />

stark, mit bemerkenswerten Zahlen,<br />

Daten und Fakten zur häuslichen<br />

Pflege in Rheinland-Pfalz.<br />

Aus den Ergebnissen hat der Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> zukunftsweisende<br />

Forderungen entwickelt, die Landesverbandsvorsitzender<br />

Willi<br />

Jäger den wichtigsten Entscheidungsträgern<br />

bereitstelle – allen<br />

voran Pflegeminister Alexander<br />

Schweitzer, aber auch der Landespflegekammer<br />

und der Verbraucherzentrale.<br />

Foto: <strong>VdK</strong><br />

GESUCHT!<br />

Beratende für<br />

Barrierefreiheit<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> fordert<br />

und fördert Barrierefreiheit. Dafür<br />

suchen wir ehrenamtliche<br />

<strong>VdK</strong>-Beraterinnen und Berater<br />

für barrierefreies Bauen und<br />

W<strong>ohne</strong>n, die<br />

• Privatleute beraten, zum<br />

Beispiel wenn ein Bad barrierefrei<br />

umgebaut oder eine<br />

Wohnung rollstuhlgerecht gestaltet<br />

werden soll.<br />

• Stellungnahmen verfassen<br />

für Bauträger und Gemeinden,<br />

zum Beispiel wenn eine Stadthalle<br />

oder ein Busbahnhof<br />

barrierefrei werden soll.<br />

• sich in ihrer Region für Barrierefreiheit<br />

einsetzen.<br />

Der Aufwand beträgt einige<br />

Stunden im Monat, je nach Anzahl<br />

der Anfragen. Zudem gibt<br />

es ein erstes Grundlagenseminar,<br />

um alle Beratende auf denselben<br />

Wissensstand zu bringen,<br />

sowie zweimal im Jahr Auffrischungsschulungen<br />

und Austauschtreffen.<br />

Falls also Ihr Herz für Barrierefreiheit<br />

brennt und Sie bauliche<br />

Vorkenntnisse haben – zum<br />

Beispiel als Handwerker, Architektin<br />

oder Ingenieur – freuen wir<br />

uns über Ihre Rückmeldung!<br />

Machen Sie unser Land barrierefrei<br />

– mit Ihrer Fachkompetenz,<br />

Hilfsbereitschaft und ehrenamtlicher<br />

Begeisterung.<br />

Jetzt melden!<br />

Sie sind interessiert oder haben<br />

eine Nachfrage? Schreiben Sie<br />

einfach eine E-Mail an Moritz<br />

Ehl, Leiter der Abteilung Sozialpolitik<br />

und Sozialrecht.<br />

barrierefrei@rlp.vdk.de<br />

www.vdk.de/permalink/86864<br />

„Häusliche Pflege findet häufig<br />

im Verborgenen statt. Mit der<br />

<strong>VdK</strong>-Pflegestudie haben wir es<br />

geschafft, erstmals ganz konkrete<br />

Zahlen und Forderungen für<br />

Rheinland-Pfalz zu veröffentlichen.<br />

Wir geben den Pflegebedürftigen<br />

und ihren Angehörigen damit<br />

eine Stimme“, erklärt <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />

Jäger.<br />

Ausdrückliches Lob für die Studie<br />

kam von Landespflegekammerpräsident<br />

Markus Mai: „Das<br />

sind wichtige Zahlen, Daten und<br />

Fakten – auch für uns als Berufsvertretung.<br />

Pflegefachkräfte brauchen<br />

genauso wie pflegende Angehörige<br />

mehr Unterstützung.“<br />

Die Verbraucherzentrale kündigte<br />

an, künftig enger mit dem Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz<br />

zusammenarbeiten zu wollen.<br />

„Gemeinsam haben wir einfach<br />

mehr Schlagkraft“, brachte es Vorständin<br />

Heike Troue auf den<br />

Punkt. Und auch bei Sozialminister<br />

Alexander Schweitzer stieß die<br />

Studie auf offene Ohren: „Das<br />

Thema ,Pflege’ brennt. Es gibt zurzeit<br />

kein Thema, das die Menschen<br />

– und somit auch mich bei meiner<br />

sozialpolitischen Arbeit – mehr<br />

beschäftigt.“<br />

Wunsch: Nächstenpflege<br />

77 Prozent der befragten Rheinland-Pfälzerinnen<br />

und Rheinland-Pfälzer<br />

äußerten den<br />

Wunsch, weiterhin zu Hause gepflegt<br />

zu werden. Doch das geht<br />

nur, wenn hierfür die Rahmenbedingungen<br />

stimmen. „Das häusliche<br />

Wohnumfeld und Barrierefreiheit<br />

spielen hier eine entscheidende<br />

Rolle“, betont Moritz Ehl, Leiter<br />

der Abteilung „Sozialpolitik und<br />

Sozialrecht“ im <strong>VdK</strong>-Landesverband.<br />

Laut <strong>VdK</strong>-Studie mussten drei<br />

Viertel der Pflegehaushalte in<br />

Rheinland-Pfalz zur Finanzierung<br />

von häuslichen Umbauten auf Ersparnisse<br />

zurückgreifen. Von denen,<br />

die trotz Notwendigkeit nicht<br />

umgebaut haben, gaben 27 Prozent<br />

finanzielle Gründe an. „Hier muss<br />

die Politik ran und bessere Fördermöglichkeiten<br />

schaffen. Im neu<br />

eingeführten Pflegeunterstützungs-<br />

und Entlastungsgesetz<br />

(PUEG) wurden Wohnumfeld<br />

verbessernde Maßnahmen zum<br />

Beispiel komplett außen vorgelassen“,<br />

kritisiert Ehl.<br />

Forderungen<br />

Die <strong>VdK</strong>-Studie gibt auch Antworten<br />

auf die Frage, wie die Landespolitik<br />

Pflegebedürftige und<br />

ihre Angehörigen entlasten kann.<br />

69 Prozent der Befragten wünschen<br />

sich mehr Geld für die Pflege.<br />

Und 56 Prozent der pflegenden<br />

Angehörigen sowie 39 Prozent der<br />

Pflegebedürftigen fordern leichter<br />

zugängliche Entlastungsangebote.<br />

„Mit einem flexibleren Budget,<br />

etwa als Landespflegegeld, und<br />

einer Vereinfachung der Nachbarschaftshilfe,<br />

könnte die Landespolitik<br />

helfen“, richtet <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />

Jäger seine<br />

Forderungen direkt an Pflegeminister<br />

Schweitzer. Auch fehle in<br />

Rheinland-Pfalz ein Übersichtsportal<br />

für verfügbare Plätze in der<br />

Kurzzeitpflege. Bisher müsse man<br />

die Heime mühevoll abtelefonieren,<br />

um einen freien Platz zu finden.<br />

Schweitzer erklärt, dass er<br />

sich vorstellen könne, die Online-Plattform<br />

„Sozial-Portal<br />

Rheinland-Pfalz“ diesbezüglich<br />

weiter auszubauen.<br />

Auch auf Bundesebene will sich<br />

Schweitzer für Verbesserungen in<br />

der häuslichen Pflege einsetzen, da<br />

das „Pflegeunterstützungs- und<br />

Entlastungsgesetz“ den ambulanten<br />

Bereich und die ländlichen<br />

Strukturen in Rheinland-Pfalz zu<br />

wenig berücksichtige. „Nach der<br />

Pflegereform ist vor der Pflegereform“,<br />

so Pflegeminister Schweitzer.<br />

“Deshalb sind wir dankbar für<br />

die <strong>VdK</strong>-Studie.“<br />

Hintergrund<br />

Die <strong>VdK</strong>-Pflegestudie ist mit<br />

54000 Teilnehmenden die deutschlandweit<br />

größte Befragung zur<br />

Nächstenpflege. Sie basiert auf der<br />

Befragung von drei Personengruppen:<br />

pflegende Angehörige (64<br />

Prozent), Pflegebedürftige (20<br />

Prozent) und Personen <strong>ohne</strong> Pflegeerfahrung<br />

(16 Prozent). Ein<br />

Faktenblatt mit den wichtigsten<br />

Zahlen steht auf der <strong>VdK</strong>-Internetseite.<br />

Katie Scholl-Göttlinger<br />

www.vdk.de/<br />

permalink/87038<br />

Von links: Pflegeminister Alexander Schweitzer und <strong>VdK</strong>-Chef Willi Jäger.<br />

Von links: Willi Jäger, Dr. Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer,<br />

und Vizepräsidentin Andrea Bergsträßer.<br />

Von links: <strong>VdK</strong>-Experte Moritz Ehl, Verbraucherzentrale-Vorständin Heike<br />

Troue, Willi Jäger und Verbraucherzentrale-Expertin Sabine Strueder.<br />

Grafik: Meliha Dölen/Katie Scholl-Göttlinger<br />

Fotos: Katie Scholl-Göttlinger


14 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

<strong>VdK</strong>-TIPP<br />

Häusliche Pflege als „sittliche Pflicht“<br />

Pflegegeld wird steuerlich begünstig und ist pfändungsgeschützt<br />

Das Pflegegeld bekommen Pflegebedürftige<br />

ab Pflegegrad 2 und<br />

dieses dient dem Zweck, hilfsbereite<br />

Menschen für Pflegeleistungen<br />

zu entschädigen. Das müssen<br />

allerdings Privatpersonen sein,<br />

keine Pflegedienste. Da es sich bei<br />

häuslicher Pflege um eine „sittliche<br />

Pflicht“ handelt, zählt das Pflegegeld<br />

nicht als Einkommen und ist<br />

steuerlich begünstigt. Jedoch gibt<br />

es Ausnahmen.<br />

Körperliche Pflege, pflegerische<br />

Betreuung, hauswirtschaftliche<br />

Versorgung – wer diese Leistungen<br />

für Pflegebedürftige übernimmt<br />

und dafür mit dem Pflegegeld belohnt<br />

wird, muss die Einnahmen<br />

nicht versteuern. Denn die Pflegeperson<br />

erfüllt eine so genannte<br />

„sittliche Pflicht“ gegenüber dem<br />

Pflegebedürftigen, und das möchte<br />

der Staat fördern. Allerdings<br />

muss die Bezahlung im Rahmen<br />

des Pflegegelds bleiben.<br />

Die Pflegeversicherung möchte<br />

mit dem Pflegegeld die häusliche<br />

Pflege unterstützen; der Pflegebedürftige<br />

kann sich in der Regel die<br />

Pflegeperson selbst aussuchen und<br />

leitet das Pflegegeld quasi weiter.<br />

Das „weitergeleitete Pflegegeld“<br />

gilt als eine zweckgebundene Leistung,<br />

die eben der Pflege dient und<br />

nicht dem Lebensunterhalt; es<br />

zählt somit nicht als Einkommen.<br />

Deswegen wird es auch beim Bezug<br />

staatlicher Leistungen – wie<br />

Arbeitslosengeld, Grundsicherung,<br />

Hilfe zum Lebensunterhalt oder<br />

Bürgergeld – nicht angerechnet.<br />

Zeit für die Liebsten: Das Pflegegeld unterstützt die häusliche Pflege.<br />

Landespflegegeld<br />

Verrechnet wird das Pflegegeld<br />

jedoch mit anderen Leistungen;<br />

ein häufiger Fall ist das Landespflegegeld<br />

in Rheinland-Pfalz.<br />

Dieses können Menschen mit einer<br />

bestimmten Art der Behinderung<br />

nach dem Landespflegegeldgesetz<br />

beantragen. Die Höhe beträgt monatlich<br />

384 Euro; Berechtigte, die<br />

noch nicht 18 Jahre alt sind, erhalten<br />

diesen Betrag zur Hälfte.<br />

Angerechnet werden auf das<br />

Landespflegegeld alle Geld- und<br />

Sachleistungen, die nach anderen<br />

Rechtsvorschriften für den gleichen<br />

Zweck gezahlt werden. Darunter<br />

fällt auch oben beschriebenes<br />

Pflegegeld der gesetzlichen<br />

Pflegeversicherung. Wer also beispielsweise<br />

Pflegegrad 2 hat und<br />

384 Euro Landespflegegeld erhält,<br />

hat 68 Euro mehr für seine Pflege<br />

Beim Pflegegeld gibt es einen<br />

Pfändungsschutz, um die häusliche<br />

Pflege nicht zu schwächen.<br />

Denn wenn das Pflegegeld gepfändet<br />

werden könnte, würde das bei<br />

betroffenen Verwandten, Nachbarn<br />

oder ehrenamtlich Tätigen<br />

den Anreiz verringern, sich zu<br />

engagieren.<br />

Der Pfändungsschutz kann aber<br />

nur über ein Pfändungsschutzkonto<br />

sichergestellt werden. Denn die<br />

Bank weiß nicht automatisch, dass<br />

es sich bei der überwiesenen Summe<br />

um ein „weitergeleitetes Pflegegeld<br />

für eine Pflege aus sittlicher<br />

Pflicht“ handelt. Dies ist der Bank<br />

mitzuteilen, wenn eine Pfändung<br />

durch Gläubiger eingeleitet wurde.<br />

Ida Schneider<br />

Wissenswertes zum Kinderkrankengeld<br />

Steuerfrei, aber unter Progressionsvorbehalt – Das müssen Sie beim Kinderkrankengeld beachten<br />

Foto: Freepik<br />

Austausch unter Nachbarn<br />

<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz bei Großkundgebung<br />

Der <strong>VdK</strong> verbindet, auch über Landesgrenzen<br />

hinweg – und so besuchte<br />

Werner Faber, stellvertretender<br />

Landesverbandsvorsitzender<br />

in Rheinland-Pfalz, seine<br />

Kollegen auf dem Hessentag in<br />

Pfungstadt. Mit dabei im Festzelt<br />

waren auch <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena<br />

Bentele und der bayerische<br />

Landesgeschäftsführer Michael<br />

Pausder.<br />

„Zwei Fliegen mit einer Klappe“,<br />

dachte sich vermutlich der <strong>VdK</strong><br />

Hessen-Thüringen und nutzte den<br />

Hessentag, um im <strong>VdK</strong>-Festzelt<br />

eine Großkundgebung mit 1300<br />

<strong>VdK</strong>-Mitgliedern zu veranstalten.<br />

Als Ehrengast mit dabei war<br />

auch Werner Faber, stellvertretender<br />

Vorsitzender des <strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz.<br />

Er stärkte auf dem<br />

Landesfest seine Verbindungen zu<br />

den <strong>VdK</strong>-Nachbarlandesverbänden<br />

und dem <strong>VdK</strong>-Bundesverband.<br />

So sprach Faber unter anderem mit<br />

Paul Weimann, dem Landesverbandsvorsitzenden<br />

des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen,<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />

Verena Bentele und Michael Pausder,<br />

dem Geschäftsführer des Sozialverbands<br />

<strong>VdK</strong> Bayern.<br />

Nachdrücklich unterstützte Faber<br />

die kämpferische Rede von<br />

<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele;<br />

sie forderte von der Politik, den<br />

Schwächsten in der Gesellschaft<br />

mehr Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Paul Weimann seinerseits<br />

versicherte, er werde gemeinsam<br />

mit den anderen Landesverbänden<br />

die Themen „Nächstenpflege“ und<br />

„Barrierefreiheit“ weiter vorantreiben.<br />

Ein besonderer Moment war der<br />

Auftritt des Special Olympic<br />

Teams aus Namibia. Auf Anregung<br />

des <strong>VdK</strong>-Ortsverbands Pfungstadt<br />

beteiligte sich die Stadt am „Host<br />

Town“-Programm der Special<br />

Olympics <strong>2023</strong> in Berlin.<br />

Melanie Würtz<br />

Auf der <strong>VdK</strong>-Großkundgebung, von rechts: Werner Faber, stellvertretender<br />

Vorsitzender des <strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz, Paul Weimann, Vorsitzender<br />

des <strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen, <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele und Michael<br />

Pausder, Geschäftsführer des <strong>VdK</strong> Bayern.<br />

Berufstätige Eltern müssen häufig<br />

ein hohes Organisationstalent an<br />

den Tag legen, um Job und Familie<br />

unter einen Hut zu bekommen.<br />

Wenn dann auch noch das Kind<br />

krank ist, stellt sich die Frage nach<br />

der Betreuung. Für diese Fälle gibt<br />

es das Kinderkrankengeld. Was Sie<br />

wissen müssen, erklärt der Steuerring.<br />

beantragen. Eltern mit geringfügig<br />

entlohnter Beschäftigung, also einem<br />

Minijob, sind in der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung normalerweise<br />

nicht mit Anspruch auf<br />

Krankengeld versichert, so dass sie<br />

zwar Anspruch auf unbezahlte<br />

Freistellung von der Arbeit haben,<br />

aber nicht das Kinderkrankengeld<br />

erhalten können.<br />

Tipp: Ehegatten, bei denen nur<br />

ein Partner Kinderkrankengeld<br />

oder andere L<strong>ohne</strong>rsatzleistungen<br />

bezogen hat, sollten genau prüfen,<br />

ob eine Einzelveranlagung steuerlich<br />

günstiger ist. Gern beraten Sie<br />

dazu die Expertinnen und Experten<br />

des Steuerrings.<br />

Vivien von Boscamp<br />

Müssen Sie mit Ihrem kranken<br />

Kind zuhause bleiben, unterstützt<br />

Sie die Krankenkasse mit dem sogenannten<br />

Kinderkrankengeld.<br />

Damit gleicht sie finanzielle Einbußen<br />

aus, die Ihnen während der<br />

beruflichen Freistellung entstehen.<br />

Wenn Sie Ihr Kind zuhause betreuen,<br />

steht Ihnen das Kinderkrankengeld<br />

ebenfalls zu.<br />

Wie viele Tage?<br />

An wie vielen Arbeitstagen Sie<br />

Kinderkrankengeld erhalten, hängt<br />

von Ihrer familiären Situation ab.<br />

Für <strong>2023</strong> gilt noch eine pandemiebedingte<br />

Sonderregelung, die zum<br />

31.Dezember ausläuft: Pro Elternteil<br />

und Kind besteht ein Anrecht<br />

auf 30 Tage.<br />

Bei einem Elternpaar liegt der<br />

Anspruch pro Kind bei 60 Tagen.<br />

Alleinerziehenden werden ebenfalls<br />

60 Tage zugesprochen.<br />

Sorgenfreie Betreuung dank Kinderkrankengeld.<br />

Bei mehreren Kindern gilt: Einem<br />

Elternteil stehen maximal 65 Tage<br />

zu. Alleinerziehende und Elternpaare<br />

profitieren an höchstens 130<br />

Tagen vom Kinderkrankengeld.<br />

Hinweis: Als alleinerziehend gilt<br />

grundsätzlich ein Elternteil, der das<br />

alleinige Personensorgerecht für<br />

das mit ihm im gemeinsamen Haushalt<br />

lebende Kind hat. Als alleinerziehend<br />

zählt auch, wer als erziehender<br />

Elternteil faktisch alleinstehend<br />

ist. Die Krankenkasse prüft,<br />

Foto: Freepik<br />

ob eine Erklärung des Elternteils<br />

ausreichend ist oder weitere Nachweise<br />

benötigt werden.<br />

Höhe und Anspruch<br />

Das Kinderkrankengeld beträgt<br />

90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.<br />

Auch Eltern, die<br />

im Homeoffice arbeiten (könnten),<br />

haben bei entsprechendem Kinderbetreuungsbedarf<br />

die Möglichkeit,<br />

stattdessen Kinderkrankengeld zu<br />

Progressionsvorbehalt<br />

Das Kinderkrankengeld zählt<br />

ebenso wie das Kranken-, Arbeitslosen-,<br />

Kurzarbeiter-, Mutterschafts-<br />

und Elterngeld zu den<br />

L<strong>ohne</strong>rsatzleistungen. Diese sind<br />

bei der Auszahlung steuerfrei, unterliegen<br />

aber dem Progressionsvorbehalt.<br />

Das heißt: Das Kinderkrankengeld<br />

wird in die Ermittlung Ihres<br />

persönlichen Steuersatzes einbezogen.<br />

Dadurch steigt die Steuerlast<br />

auf Ihr übriges zu versteuerndes<br />

Einkommen. Das kann – abhängig<br />

von Ihren persönlichen Verhältnissen<br />

– zu einer Steuernachzahlung<br />

führen.<br />

Achtung: Beträgt das Kinderkrankengeld<br />

einschließlich anderer<br />

L<strong>ohne</strong>rsatzleistungen mehr als 410<br />

Euro im Jahr, sind Sie verpflichtet,<br />

eine Einkommensteuererklärung<br />

beim Finanzamt einzureichen.<br />

Info<br />

Als Lohnsteuerhilfeverein<br />

übernimmt der<br />

Steuerring die komplette<br />

steuerfachliche<br />

Betreuung seiner<br />

Mitglieder. Allein in<br />

Rheinland-Pfalz unterhält<br />

er 38 Beratungsstellen. Für<br />

<strong>VdK</strong>-Mitglieder entfällt die einmalige<br />

Aufnahmegebühr. Interessierte<br />

erhalten weitere Informationen<br />

direkt beim Steuerring.<br />

Auch die <strong>VdK</strong>-Kreisverbände<br />

geben Auskunft über die nächstgelegene<br />

Steuerring-Beratungsstelle.<br />

Aus gesetzlichen Gründen<br />

darf der Steuerring ausschließlich<br />

im Rahmen einer Mitgliedschaft<br />

(§ 4 Nr. 11 StBerG) beraten.<br />

• 0800 9784800 (kostenlos)<br />

info@steuerring.de<br />

www.steuerring.de


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> 15<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Irmtraut-Seck<br />

Simmern<br />

Der neue Vorstand des Ortsverbands Irmtraut-Seck, Kreisverband<br />

Westerwald, stellt sich vor. Auf dem Foto zu sehen sind von links:<br />

Vorsitzende Kerstin Burkhardt, Frauenvertreterin Rita Hartmann-Heun,<br />

Beisitzer Heinz Botzet, stellvertretender Vorsitzender Thomas Schuy,<br />

Kassenverwalterin Claudia Kreckel und Schriftführerin Anita Müller.<br />

Interessierte Frauen des Ortsverbands Simmern, nahmen an einem Ausflug in die „Gödenrother Gärten“<br />

teil. Dort erfuhren sie viel Wissenswertes über den Einsatz und die Wirkung verschiedener Heil- und Wildpflanzen.<br />

Auch auf giftige Verwechslungspartner wurden die Frauen hingewiesen und lernten, auf die Unterschiede<br />

zu achten. Nach dem Rundgang und der Führung ließen die <strong>VdK</strong>lerinnen den Tag mit angeregten<br />

Unterhaltungen bei Kaffee und Kuchen ausklingen.<br />

Mainz-Hechtsheim<br />

Bitburg<br />

Der Ortsverband Mainz-Hechtsheim, Kreisverband Mainz-Bingen,<br />

besuchte den nordhessischen Ort Braunfels. Nach einer kleinen Stadtführung<br />

und einer Kaffeepause ging es weiter zur Grube Fortuna, um<br />

das ehemaligen Erzbergwerk zu besichtigen. Nach dem gemeinsamen<br />

Abendessen ging der schöne Tag zu Ende.<br />

Die Mitglieder des Ortsverbands Bitburg, Kreisverband Bitburg-Prüm, fuhren bei ihrer ersten Tagesfahrt<br />

des Jahres ins Ahrtal. Der Ortsverband wollte damit die Region, die noch mit den Folgen der Flutkatastrophe<br />

2021 zu kämfen hat, unterstützen. Besichtigt wurden die Stadt Schuld, Ahrweiler und das Mayschloss, wo<br />

eine Kellerbesichtigung stattfand. Auf dem Rückweg durch die Vulkaneifel nahmen die Teilnehmenden als<br />

Abschluss des gelungenen Ausflugs einen kleinen Abendimbiss ein.<br />

Brodenbach-Alken<br />

Pfaffen-Schwabenheim<br />

Im Ortsverband Brodenbach-Alken, Kreisverband St. Goar, wurde der<br />

Vorstand neu gewählt. Das Bild zeigt von links: Schriftführer Hermann<br />

Josef Trapp, Vorsitzender Arnulf Becker, stellvertretender Vorsitzender<br />

Klaus Dieter Vogt, ehemaliger Schriftführer Helmut Ackermann, Kassenverwalter<br />

Ralf Ackermann und Beisitzer Bruno Schunk. Zudem<br />

ehrte Kreisverbandsvorsitzender Karl Josef Mahlberg den Jubilar Edmund<br />

Kaster für 70 Jahre Mitgliedschaft.<br />

Der Ortsverband Pfaffen-Schwabenheim, Kreisverband Bad Kreuznach, organisierte für seine Mitglieder<br />

eine Tagesfahrt nach Mespelbrunn im Spessart. Mit einem ausgiebigen Frühstück gestärkt besichtigten die<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Wasserschloss. Dank seines malerischen Aussehens und der romantischen<br />

Lage ist dieses Schloss weltweit bekannt. Im Anschluss ging es nach Miltenberg. Nach einer Mittagspause<br />

nahm die Gruppe bei herrlichem Sonnenschein an einer Schifffahrt auf dem Main teil. Gut gelaunt<br />

ging es danach wieder Richtung Heimat, wo der Tag beim gemeinsamen Abendessen endete.<br />

Bausendorf-Olkenbach<br />

Albig-Bermersheim-Spiesheim<br />

Zur Jahreshauptversammlung des Ortsverbands Bausendorf-Olkenbach,<br />

Kreisverband Wittlich-Daun, wurden Mitglieder geehrt und Vorstandswahlen<br />

abgehalten. Auf dem Foto sind von links: Schriftführerin Rita<br />

Klingeler, Frauenbeauftragte Hannelore Schäfer, Beisitzer Uwe Birth,<br />

Vorsitzender Klaus Koch, die Beisitzer Franz Maximini und Werner<br />

Becker, stellvertretende Vorsitzende Christel Eichhorn, Ortsverbandskassenverwalter<br />

Hans-Georg Ludwig sowie Kreisverbandskassenverwalter<br />

Vinzenz Wollscheid.<br />

Viele Mitglieder schlossen sich der Tagesfahrt des Ortsverbands Albig-Bermersheim-Spiesheim, Kreisverband<br />

Alzey, an. Die erste Etappe führte die Gruppe nach Herrstein in den Hunsrück. Anschließend ging es nach<br />

Bernkastel-Kues, wo die Teilnehmenden bei einer Schiffsrundfahrt auf der Mosel viel Spaß hatten. Bei<br />

strahlendem Sonnenschein erkundeten sie danach das Zentrum von Bernkastel und machten sich anschließend<br />

auf den Rückweg. Dieser führte die Teilnehmenden an St. Johannisberg vorbei, wo sie auf der Aussichtsplattform<br />

Nahe-Skywalk eine wunderbare Aussicht über die Nahe bis nach Kirn genossen. Nach einem<br />

gemeinsamen Abendessen in netter Runde ging ein erlebnisreicher Tag zu Ende.


16 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Beuren<br />

Höhr-Grenzhausen<br />

Im Ortsverband Beuren, Kreisverband Trier-Saarburg, wurde unter der<br />

Wahlleitung des stellvertretenden Kreisverbandsvorsitzenden Karl-Rainer<br />

Heiderich (links) ein neues Vorstandsteam gewählt. Das Bild zeigt<br />

von links: Karl-Rainer Heiderich, Johannes Hausmann, Wolfgang Jonas,<br />

Peter Fiedler, Rosi Nellinger, Toni Feller, Harald Breit und Edwin Keller.<br />

Die Tagesfahrt des Ortsverband Höhr-Grenzhausen, Kreisverband Westerwald, führte die Teilnehmenden<br />

nach Remagen zu einer Straußenfarm. Die gut besuchte Bustour fand bei herrlichem Wetter statt. Auf der<br />

Straußenfarm angekommen, stärkte sich die Gruppe zunächst mit Kaffee und Kuchen und besichtigte danach<br />

die Farm. Zuerst ging es zu den erwachsenen Tieren und zum Schluss konnten sich die Teilnehmenden die<br />

Brutstation anschauen. Bei einem Straußenbuffet ließ die Gruppe den Tag ausklingen.<br />

Flammersfeld-Mehren<br />

Traben-Trarbach-Wolf<br />

Der Altenkirchener Ortsverband Flammersfeld-Mehren ehrte treue<br />

Mitglieder. Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern):<br />

Horst-Dieter Schmidt (30), stellvertretender Ortsverbandsvorsitzender<br />

Werner Seifen, Reiner Hähr (20), Marianne Peter (20), Kreisverbandsvorsitzender<br />

Erhard Lichtenthäler, Gisela Velten (10), Horst Flemming<br />

(20), Ortsverbandsvorsitzende Therese Fiedler (20), Hans-Gerd Chojetzki<br />

(10), Marliese Fischer (20), Hubert Fischer (20), Wilma Sühnel<br />

(20) und Anke Schulte gen. Schrör (10). Es fehlen: Helmut Lindscheid<br />

(40) und Helmut Leis (40).<br />

Anlässlich seines 75-jährigen Bestehens lud der Ortsverband Traben-Trarbach-Wolf, Kreisverband Bernkastel-Zell<br />

all seine Mitglieder zu einer besonderen Jubiläumsfeier ein; es ging zu einer Schifffahrt nach Zeltingen.<br />

Bei strahlendem Sonnenschein konnte die Ortsverbandsvorsitzende Maria Erbes die gut gelaunten<br />

Gäste begrüßen. Vor dem festlichen Mittagessen hielt sie eine Rückschau auf die Geschichte des Ortsverbands.<br />

Auch Kreisverbandsvorsitzende Rebecca Scherer fand lobende Worte für die Leistungen des Ortsverbands.<br />

Ihr besonderer Dank galt dem Ortsverbandsvorstand, der mit viel Engagement den Ortsverband lenkt. Nach<br />

einem guten Essen und einem kleinen Bummel durch Zeltingen ging es mit dem Schiff wieder Richtung<br />

Heimat.<br />

Rimschweiler-Althornbach<br />

Konz<br />

Der Zweibrücker Ortsverband Rimschweiler-Althornbach hat einen<br />

neuen Vorstand. Das Foto zeigt von links: Beisitzerin Gisela Baumann,<br />

Revisor Ralf Hofer, Schriftführerin Isolde Seibert, Beisitzerin Annette<br />

Wenz, Kassenverwalter Denis Seibert, Beisitzer Günther Feß, stellvertretender<br />

Vorsitzender Ralf Schmitt und Frauenvertreterin Rita Pirmann.<br />

Nicht auf dem Bild sind Vorsitzender Volker Lahm, Beisitzerin<br />

Ingrid Heyl sowie Revisorin Gabriela Schmidt.<br />

Anlässlich des Rheinland-Pfalz-Tags besuchte der Ortsverband Konz, Kreisverband Trier, die Stadt Bad Ems.<br />

Nachdem sich die Reisegruppe bei einem Frühstück gestärkt hatte, konnte sie Dank einer Sondergenehmigung<br />

des Ordnungsamts mit dem Reisebus bis zur Fußgängerzone in Bad Ems fahren. Die vielen Infostände<br />

von Vereinen und Organisationen aus dem gesamten Bundesland waren für die Teilnehmenden sehr interessant.<br />

Der Höhepunkt des Tages war der Festzug mit vielen Darbietungen und guter Laune. Zum Abschluss<br />

des Ausflugs fand sich die Gruppe zu einem leckeren Abendessen zusammen, wo Ortsverbandsvorsitzender<br />

Dieter Klever seinem Team und allen Mitreisenden herzlich für den gelungenen Tag dankte.<br />

Meckenheim<br />

Gemünden-Winnen-Wilmenrod<br />

Für ihre zehn- und 20-jährige Mitgliedschaft wurden im Ortsverband<br />

Meckenheim, Kreisverband Neustadt-Bad Dürkheim, treue Mitglieder<br />

geehrt. Auf dem Bild von links: Gerhard Lukits, Monika Lukits, Ortsverbandsvorsitzender<br />

Günther Deobald, Irmgrad Andree, Willi Rheinwald,<br />

Wilfried Gruhlke und stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender<br />

Hans-Günter Klaus.<br />

Die große Reisegruppe des Ortsverbands Gemünden-Winnen-Wilmenrod, Kreisverband Westerwald, trat<br />

eine fünftägige Reise in den Bregenzwald an. Dort erwartete die Teilnehmenden ein volles und abwechslungsreiches<br />

Programm. Besucht wurden unter anderem die Scheidegger Wasserfälle, die Stadt Bregenz mit<br />

einer Schifffahrt auf dem Bodensee und Vaduz, die Hauptstadt von Lichtenstein. Auch die romantischen<br />

Gässchen in Lindau und die Pfarrkirche in Schwarzenberg konnten die Teilnehmenden bestaunen.


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> 17<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Neue Weichen für die Zukunft<br />

Gelungener Kreisverbandstag in Cochem-Zell<br />

Biebernheim-St.Go.<br />

Freinsheim<br />

Der neue Vorstand stellt sich vor. Das Bild zeigt von links: Manfred Heinz, Petra<br />

Thomas, Irmgard Esser, Robert Michels, Helmut Lenz, Hans-Werner Kreutz, Christa<br />

Lenz-Steffens, Bettina Bohn, Dietmar Bohn und Andreas Peifer.<br />

Zum 19. Kreisverbandstag begrüßte<br />

der Vorsitzende Andreas Pfeifer<br />

die Deligierten der Ortsverbände<br />

und Ehrengäste aus dem Landesverband<br />

sowie der Kommunal- und<br />

Landespolitik.<br />

Nach der Begrüßung der Ehrengäste,<br />

wie Landtagsabgeordnete<br />

Anke Beilstein und Landrat Manfred<br />

Schnur erfolgte eine Rückschau<br />

auf die erfolgreiche Arbeit<br />

der letzten Jahre. In einem musikalisch<br />

untermalten Festakt wurden<br />

Mitglieder für ihr langjähriges<br />

Wirken ausgezeichnet. Im Anschluss<br />

an das gemeinsamen Mittagessen<br />

folgte die Arbeitstagung<br />

der Delegierten. Nach den Berichten<br />

wurde der Kreisverbandsvorstand<br />

einstimmig entlastet.<br />

Bretzenheim<br />

Die Wahl zum Kreisverbandsvorstand<br />

führte zu folgendem Ergebnis:<br />

Vorsitzender ist weiterhin<br />

Andreas Pfeifer, seine Stellvertretung<br />

übernehmen Irmgard Esser<br />

und Robert Michels. Kassenverwalterin<br />

ist Bettina Bohn mit ihrem<br />

Stellvertreter Markus Kranz.<br />

Die Schriftführung übernimmt<br />

Karola Häuser, und das Amt der<br />

Frauenvertreterin tritt Elvira Hartmann<br />

an. Als Beisitzende wurden<br />

Herbert Gerhartz, Manfred Heinz,<br />

Helmut Lenz, Petra Thomas,<br />

Christa Lenz-Steffens, Hans-Werner<br />

Kreutz und Dietmar Bohn gewählt.<br />

Die Revision übernehmen<br />

Roswitha Müller und Hans-Werner<br />

Fischer mit Hermann-Josef<br />

Krämer und Franz-Josef Diederichs<br />

als Stellvertretern.<br />

Der Ortsverband Biebernheim-St.<br />

Goar-Werlau zeichnete bei seiner<br />

Mitgliederversammlung Kurt<br />

Mebus (rechts), Gründungsmitglied<br />

des Ortsverbands, für seine<br />

besonderen Verdienste im Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> aus. Das Foto<br />

zeigt von links: Kreisverbandsvorsitzender<br />

Josef Mahlberg, Ortsverbandsvorsitzende<br />

Anni Krupp<br />

und Kurt Mebus.<br />

Oberhausen<br />

Im Ortsverband Oberhausen,<br />

Kreisverband Zweibrücken, wurden<br />

langjährige und treue Mitglieder<br />

geehrt. Ihren Dank sprachen<br />

Kreisverbandsvorsitzender<br />

Thimo Schlär (rechts) und Ortsverbandsvorsitzender<br />

Klaus<br />

Schmitt (links) aus. Angelika<br />

Schmitt (Zweite von links) erhielt<br />

eine Auszeichnung für zehn Jahre<br />

und Manfred Sprunk (Dritter<br />

von links) wurde für 30 Jahre<br />

Mitgliedschaft geehrt.<br />

Dausenau-Singhof.<br />

Der Ortsverband Freinsheim, Kreisverband Neustadt-Bad Dürkheim,<br />

hat ein neues Vorstandsteam. Das Bild zeigt von links: Vorsitzender<br />

Erhard Heinz, stellvertretende Vorsitzende und Schriftführerin Michaela<br />

Jung, stellvertretender Vorsitzender und stellvertretender Kassenverwalter<br />

Jürgen Strasser und Kassenverwalter Robert Woodward sowie<br />

Beisitzer Uwe Lüttmer.<br />

Hornbach<br />

Im Ortsverband Hornbach, Kreisverband Zweibrücken, ehrten Ortsverbandsvorsitzende<br />

Ehrentraud Netolitzky (Zweite von links) und<br />

Kreisverbandsvorsitzender Thimo Schlär Mitglieder für ihre Treue. Auf<br />

dem Foto von links (Mitgliedsjahre in Klammern): Berthold Weber (20),<br />

Helmut Tiedtke (20), Hans Jürgen Kennel (10), Helga Blum (30), Ehrentraud<br />

Netolitzky und Michael Philipp (30).<br />

Beuren<br />

Der Ortsverbands Bretzenheim, Kreisverband Mainz-Bingen, hat einen<br />

neuen Vorstand. Unter der Wahlleitung des stellvertretenden Kreisverbandsvorsitzenden<br />

Clemens Mann wurden gewählt: Ortsverbandsvorsitzender<br />

Hans-Berthold Brill, stellvertretender Ortsverbandsvorsitzender<br />

Thomas Brendel, Kassenverwalterin Dagmar Schneider, Schriftführer<br />

Helmut Jung, Beisitzende Hildegard Frey, Christine Brill, Reiner Alt<br />

und Josef Lukas sowie Kassenprüfer Hans Bürger und Heiko Bittner.<br />

Horhausen-Oberlahr<br />

Im Ortsverband Dausenau-Singhofen-Winden,<br />

Kreisverband<br />

Rhein-Lahn, zeichnete der<br />

Kreisverbandsvorsitzende Rainer<br />

Zins (links) das langjährige Mitglied<br />

Günther Lichius (rechts) für<br />

seine Treue und seine hervorragenden<br />

Leistungen als ehrenamtlich<br />

Aktiver im Sozialverband<br />

<strong>VdK</strong> aus.<br />

Im Ortsverband Beuren, Kreisverband Trier-Saarburg, wurden verdiente<br />

Mitglieder für 30 Jahre treue Mitgliedschaft geehrt. Dazu reiste der<br />

stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Karl-Rainer Heiderich (Zweiter<br />

von rechts) an und nahm gemeinsam mit dem scheidenden Ortsverbandsvorsitzenden<br />

Edwin Keller (links) die Ehrungen vor. Auf dem<br />

Foto sind zu sehen: Edwin Keller (links), Karl Luelik (zweiter von links),<br />

Josefine Müller (Mitte), Karl-Rainer Heiderich und Peter Fiedler.<br />

Mörsbach<br />

– Anzeige –<br />

Wir erfüllen Ihre Träume von Mobilität.<br />

Im Ortsverband Horhausen-Oberlahr, Kreisverband Altenkirchen, wurde<br />

ein neues Vorstandsteam gewählt. Kreisverbandsvorsitzender Erhard Lichtenthäler<br />

(rechts) begrüßt: Ortsverbandsvorsitzender und Schriftführer<br />

Dieter Tiefenau, sein Stellvertreter Werner Grendel, Kassenverwalter Joachim<br />

Novack, Frauenvertreterin Roswitha Grendel, Beisitzende Marita Bendel<br />

und Joachim Stockhausen, sowie Kassenprüfer Heinz Decker und Peter<br />

Humberg. Ersatzrevisoren sind Alois Diefenthal und Hermann-Josef Müller.<br />

€500<br />

Gutschein*<br />

Bleiben Sie in<br />

Bewegung – mit dem<br />

Badelift von Seniolift ® .<br />

* Gutschein gilt nur für Elektromobile,<br />

nicht mit anderen Rabattaktionen kombinierbar.<br />

Absenkbar<br />

auf den<br />

Wannenboden<br />

Gratis Katalog anfordern unter:<br />

0800-10 15 926<br />

Der Ortsverband Mörsbach, Kreisverband Zweibrücken, hat bei der<br />

Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand gewählt. Auf dem Bild zu<br />

sehen sind von links: Frauenvertreterin Esther Portner-Thiery, Beisitzende<br />

Katharina Schäfer, Benedikt Schäfer und Günter Hüll, Vorsitzender<br />

Thimo Schlär, Kassenverwalterin Manuela Schäfer, stellvertretender<br />

Ortsverbandsvorsitzender Holger Seewald und Beisitzer Manfred Barth.<br />

Das neue Vorstandsteam freut sich auf die bevorstehenden Aufgaben.


18 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

Fell-Riol<br />

Bundenbach<br />

Neues Vorstandsteam gewählt<br />

Erfolgreicher Kreisverbandstag im Westerwald<br />

Für den Ortsverband Fell-Riol, Kreisverband Trier-Saarburg, ging es in<br />

die Landeshauptstadt Mainz. Die Reisegruppe besichtigte die Kirche<br />

St. Stefan, das Dommuseum und die Altstadt. Nach dem Mittagessen<br />

und einem Eis ging es an der Rheinprommenade zurück zum Bus.<br />

Roßbach-Wied<br />

Der Ortsverband Roßbach-Wied, Kreisverband Neuwied, hat ein neues<br />

Vorstandsteam. Auf dem Bild zu sehen sind von links: Schriftführer<br />

Rudolf Henn, Beisitzerin Marianne Reuschenbach, Kassenverwalterin<br />

Monika Hombeul, Vorsitzende Eva Henn, ihre Stellvertreterin Kerstin<br />

Delleske, Beisitzer Michelangelo Viccari und Revisor Günter Hammer.<br />

Im Ortsverband Bundenbach,<br />

Kreisverband Zweibrücken, ehrten<br />

Ortsverbandsvorsitzender<br />

Rainer Faust (Zweiter von links)<br />

und Kreisverbandsvorsitzender<br />

Thimo Schlär (rechts) die Mitglieder<br />

Uwe Straube (links) und Brigitte<br />

Straube (Zweite von rechts)<br />

für zehn Jahre Mitgliedschaft im<br />

<strong>VdK</strong>.<br />

Mörsbach<br />

Für ihre langjährige Mitgliedschaft<br />

wurden im Ortsverband Mörsbach,<br />

Kreisverband Zweibrücken, treue<br />

Mitglieder ausgezeichnet. Ortsverbandsvorsitzender<br />

Thimo Schlär<br />

überreichte die Auszeichnungen.<br />

Auf dem Bild zu sehen sind von<br />

links (Mitgliedsjahre in Klammern):<br />

Manuela Schäfer (20), Katharina<br />

Schäfer (10) und Esther Portner-Theiry<br />

(10).<br />

Der Vorstand stellt sich vor (von links): Sandra Sandmann, Uschi Simonis, Werner<br />

Simonis, Elisabeth Benner, Claudia Schneider, Marco Hoffmann, Severine Seiler,<br />

Karl-Erich Klöckner, Bärbel Kirchhöfer, Birgit Müller, Kreisgeschäftsführerin Jutta<br />

Schughart, Eckhard Kurz und Sylvia Schwinn.<br />

Anlässlich des 13. Kreisverbandstags<br />

lud der Kreisverband Westerwald<br />

die Delegierten aus über 40<br />

Ortsverbänden ein. Auch Landesverbandsvorsitzender<br />

Willi Jäger,<br />

Mitglied des Bundestags Dr. Tanja<br />

Machalet sowie Abgeordnete aus<br />

benachbarten Kreisverbänden<br />

und Personen aus Politik und Sport<br />

waren als Ehrengäste zugegen.<br />

Nach seinem Grußwort erhielt<br />

der scheidende Kreisverbandsvorsitzende<br />

Walter Fr<strong>ohne</strong>berg die<br />

höchste Ehrung des Landesverbands<br />

– die goldene Ehrennadel –<br />

für sein langjähriges und außerordentliches<br />

Engagement. Außerdem<br />

wurde er zum Ehrenvorsitzenden<br />

des Kreisverbands ernannt.<br />

Nach den Berichten über die<br />

Aktivitäten des Kreisverbands erfolgte<br />

die Wahl des Vorstands. Das<br />

neue Vorstandsteam besteht aus<br />

dem Vorsitzenden Eckhard Kurz,<br />

seinen Stellvertretungen Severine<br />

Seiler und Karl-Erich Klöckner,<br />

Kassenverwalterin Barbara Kirchhöfer,<br />

Schriftführerin Sandra<br />

Sandmann, Frauenvertreterin<br />

Uschi Simonis und den Beisitzenden<br />

Claudia Schneider, Elisabeth<br />

Benner, Marco Hoffmann, Werner<br />

Simonis, Sylvia Schwinn, Eva Baldus<br />

und Birgit Müller. Severine<br />

Seiler ist außerdem die Vertreterin<br />

der jüngeren Generation. Als Revisoren<br />

wurden Arthur Boss, Gertrud<br />

Walter, Lothar Baldus und<br />

Johannes Beul gewählt.<br />

Holzappel<br />

Meudt<br />

Zur Jahreshauptversammlung fanden im Ortsverband Holzappel, Kreisverband<br />

Rhein-Lahn, Vorstandswahlen statt. Auf dem Bild zu sehen sind<br />

von links: Kassenverwalter Werner Wenig, Schriftführerin und Frauenvertreterin<br />

Rosemarie Witzel, Vorsitzender Bernd Hofmann, Beisitzerin<br />

Angelika Bürger und stellvertretender Vorsitzender Dieter Betz.<br />

Ein voll besetzter Bus des Ortsverbands Meudt, Kreisverband Westerwald, fuhr die Teilnehmenden der<br />

Tagesfahrt zur Bundesgartenschau nach Mannheim. Zu Fuß und per Seilbahn konnte die Ausstellung bequem<br />

besichtigt werden. Auf der etwa 100 Hektar großen Fläche stand besonders das Thema Nachhaltigkeit im<br />

Vordergrund. Nach dem Besuch der Bundesgartenschau fuhren die Teilnehmenden nach Gau-Bickelheim,<br />

wo sie zu Abschluss des Tages eine gemeinsame Vesper auf einem Weingut einnahmen.<br />

Gemünden-Winnen-Wilmenrod<br />

Treis-Karden<br />

Bei der Jahreshauptversammlung im Ortsverband Gemünden, Kreisverband<br />

Westerwald, wurde Jürgen Küchler (Zweiter von rechts) für<br />

seine dreißigjährige Mitgliedschaft geehrt. Ihren Dank dafür drückten<br />

Kreisverbandsvorsitzender Walter Fr<strong>ohne</strong>berg (Zweiter von links),<br />

Ortsverbandsvorsitzender Werner Simonis (links), und stellvertretende<br />

Vorsitzende Anke Weidner (rechts) aus.<br />

Der Ortsverband Treis-Karden, Kreisverband Cochem-Zell, veranstaltete für seine Mitglieder eine Tagesfahrt.<br />

Gestartet wurde mit dem traditionellen Frühstück unter freiem Himmel in Maria Laach. Gestärkt und gut<br />

gelaunt führte der Weg am Rheinpanorama in die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn. Im Haus der Geschichte<br />

der Bundesrepublik Deutschland erhielt die Gruppe eine informative und unterhaltsame Führung zur<br />

deutschen Zeitgeschichte seit 1945. Über Bad Breising ging es gegen Abend zurück; der Tag wurde beim<br />

gemeinsamen Abendessen beendet.


Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> 19<br />

AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH<br />

Idar<br />

Im Ortsverband Idar, Kreisverband Birkenfeld, freut sich das neue<br />

Vorstandsteam auf seine Arbeit. Auf dem Foto von links: Gerd Zgodzaj,<br />

Hans-Werner Posselt, Birgit Marwitz, Trude Gräf-Reuter, Edith Arndt,<br />

Christine Werner, Ulla Gillmann, stellvertretender Kreisverbandsvorsitzender<br />

Horst Wolf, Elly Müller, Hannelore Fillmann, Helga Wenzel<br />

und Elke Krieger.<br />

Mainz-Weisenau<br />

Das Vorstandsteam des Ortsverbands Mainz-Weisenau, Kreisverband<br />

Mainz-Bingen, stellt sich vor. Das Bild zeigt von links: stellvertretende<br />

Vorsitzende Daniela Zaun, Kassenverwalterin Katharina Friebertshäuser,<br />

Beisitzer Alfred Koch, Frauenvertreterin Silvia Wieser, Beisitzer<br />

Michael Rüdesheim, Schriftführerin Giséle Eckel und Vorsitzender<br />

Gerhard Klopsch. Nicht auf dem Foto ist Beisitzer Klaus Wilhelm.<br />

Stromberg<br />

Bei der Mitgliederversammlung des Ortsverbands Stromberg, Kreisverband<br />

Bad Kreuznach, wurden langjährige Mitglieder ausgezeichnet.<br />

Das Bild zeigt von links (Mitgliedsjahre in Klammern): Kreisverbandsgeschäftsführer<br />

Marcel Unger, Harald-Christian Hitschfel (10), Stefan<br />

Lerch (20), Ortsverbandsvorsitzender Ulrich Hofmann (10), Kreisverbandsvorsitzende<br />

Veronika Beckei, Werner Sorger (20) und Reinhard<br />

Reuleaux (20).<br />

Wattweiler<br />

Im Ortsverband Wattweiler, Kreisverband Zweibrücken, haben Ortsverbandsvorsitzender<br />

Jürgen Kroh und Kreisverbandsvorsitzender<br />

Thimo Schlär langjährige Mitglieder geehrt. Das Bild zeigt von links<br />

(Mitgliedsjahre in Klammern): Jürgen Kroh, Ernst Conrad (20), Peter<br />

Kanzlirsch (20), Werner Müller (40), Angelika Hemmerling (10), Roswitha<br />

Weickel (20) und Jürgen Beetz (10).<br />

Enkirch<br />

Im Ortsverband Enkirch, Kreisverband<br />

Bernkastel-Zell, wurden<br />

langjährige Mitglieder vom Vorsitzenden<br />

Jürgen Schütz besucht.<br />

Er dankte Ihnen für zehn beziehungsweise<br />

20 Jahre Treue.<br />

Horst Weirich wurde für 30 Jahre<br />

ausgezeichnet und Ilse Kettermann<br />

für 60 Jahre.<br />

EHRUNGEN<br />

Die Goldene Ehrennadel des<br />

<strong>VdK</strong> Deutschland erhielt Walter<br />

Fr<strong>ohne</strong>berg aus Selters.<br />

Die Verdienstmedaille ging an<br />

Antje Justen aus Blankenrath.<br />

Das Ehrenzeichen wurde an<br />

Hermann-Josef Krämer aus Wollmerath,<br />

Hans-Josef Thielen, aus<br />

Zell-Merl und Dieter Schreiber<br />

aus Katzenbach verliehen.<br />

Die Landesverdienstnadel erhielten<br />

Rita Enck aus Alf, Robert<br />

Michels aus Masburg, Herbert<br />

Gerhartz aus Greimersburg,<br />

Bettina Bohn aus Faid, Erika Wiegand<br />

aus Cochem, Stefan Dören<br />

aus Bruttig-Fankel, Alwin Deisen<br />

aus Düngenheim, Günter Clemens<br />

aus Ediger-Eller, Alois Keßeler<br />

aus Ulmen, Reinhold Krämer<br />

aus Brohl, Margarete Friedrichs<br />

aus Valwig, Christa Fischer<br />

aus Briedel, Walter Jahnen aus<br />

Schmitt, Rosemarie Thomas aus<br />

Gevenich, Christa Kneip aus<br />

Müden, Winfried Hermes aus<br />

Kaifenheim und Hans-Werner<br />

Fischer aus Briedel.<br />

Ehrenvorsitzende im Ortsverband<br />

Blankenrath-Strim-Berg<br />

wurde ,Antje Justen aus Blankenrath<br />

und im Ortsverband<br />

Selters Walter Fr<strong>ohne</strong>berg aus<br />

Selters.<br />

Ehrenmitglied des Ortsverbands<br />

Rimschweiler wurde Isolde<br />

Seibert aus Zweibrücken.<br />

JUBILÄEN<br />

Diamantene Hochzeit<br />

Emmi und Horst Litz aus Nieder-Kostenz<br />

· Monika und Heinz<br />

Boor aus Kirchberg · Melitta<br />

und Gerhard Lutz aus Vendersheim<br />

Goldene Hochzeit<br />

Annemarie und Friedel Eiswirth<br />

aus Jockgrim · Anita und Karl<br />

Kreten aus Bekond · Agnes und<br />

Fritz Meurer aus Zilshausen ·<br />

Marlene und Werner Kretschmann<br />

aus Schmitt · Ellen und<br />

Manfred Fracke aus Simmern<br />

· Monika und Werner Kuhn aus<br />

Sohrschied · Valentina und<br />

Viktor Bartuli aus Dickenschied<br />

IMPRESSUM<br />

Sozialverband <strong>VdK</strong><br />

Rheinland-Pfalz e.V.<br />

Redaktion:<br />

Michael Finkenzeller (verantwortlich)<br />

Melanie Würtz, Katie Scholl-Göttlinger,<br />

Dominika Klemmer,<br />

Kaiserstraße 62, 55116 Mainz<br />

Telefon (06131) 6 69 70 0<br />

Fax (06131) 6 69 70 99<br />

E-Mail presse@rlp.vdk.de<br />

Internet www.vdk.de/rheinland-pfalz<br />

90 Jahre<br />

KV Ahrweiler: Johann-Josef<br />

Bauer · KV Altenkirchen: Friedel<br />

Schaefer · KV Alzey: Margarete<br />

Engert · KV Bitburg: Karl-Heinz<br />

Kessler · KV Cochem: Helene Berhard<br />

· Katharina Heinzen · Mathilde<br />

Rast · Walter Kroth · KV Donnersberg:<br />

Gisela Niebling · Gisela<br />

Wolf · Liesel Rinne · KV Kaiserslautern:<br />

Annemarie Getto ·<br />

Ilse Fickert · Kuni Kropp · KV<br />

Koblenz: Charlotte Ax · KV Kusel:<br />

Erich Klein · Meta Presser · KV<br />

Mainz: Elfriede Barth · Gerhard<br />

Riemer · Guenter Lerner · KV Mayen:<br />

Günter Schwenzek · Werner<br />

Franken · KV Neustadt: Brigitte<br />

Metz · Edith Weber · Gertrud<br />

Höhn · KV Neuwied: Adolf Glos ·<br />

Elli Jeuck · KV Pirmasens: Friedel<br />

Koch · KV Rhein-Lahn: Elfriede<br />

Dittmann · Willi Schulz · KV Simmern:<br />

Christine Stein · Horst<br />

Gumm · KV St. Goar: Elisabeth<br />

Reuschenbach · Otto Walter · KV<br />

Trier: Berthold Lauterbach · Paul<br />

Klimasch · KV Westerwald: Brunhilde<br />

Müller · Brunhilde Pfeiffer ·<br />

Hilde Schuetz · KV Wittlich-Daun:<br />

Werner Perling<br />

91 Jahre<br />

KV Altenkirchen: Ilse Hick · KV<br />

Alzey: Johanna Keiper · Werner<br />

Gehl · KV Bad Kreuznach: Angela<br />

Fey · Karl August Greuloch · Margot<br />

Rech · KV Bernkastel-Zell: Katharina<br />

Beitzel · Peter Spengler · KV<br />

Bitburg: Maria Steimetz · KV Cochem:<br />

Anneliese Schmitz · KV Donnersberg:<br />

Erna Liedtke · Lieselotte<br />

Krauss · KV Mainz: Josef Riebel ·<br />

Paul Jost · KV Simmern: Franz Haubrich<br />

· KV Trier: Siegfried Zender ·<br />

KV Westerwald: Guenter Hick · KV<br />

Worms: Rosa Kehr<br />

92 Jahre<br />

KV Altenkirchen: Herta Grab ·<br />

Marga Aurand · KV Alzey: Willi<br />

Brummer · KV Birkenfeld: Ilse Heil<br />

· KV Cochem: Wilma Loch · KV<br />

Koblenz: Brunhilde Hassel · KV<br />

Mainz: Karl Krost · KV Neuwied:<br />

Jolande Velten · KV Simmern: Marianne<br />

Kunz · KV St. Goar: Luise<br />

Mebus · KV Trier: Günther Adler ·<br />

Walter Philipps · KV Vorderpfalz:<br />

Willi Röder · KV Westerwald: Doris<br />

Wiedner · Willi Pleitgen · KV<br />

Wittlich-Daun: Helmut Lammers ·<br />

Nikolaus Eich · KV Zweibrücken:<br />

Frieda Schuck · Gerda Semar<br />

93 Jahre<br />

KV Ahrweiler: Anna Leyendecker<br />

· Maria Wischnewski · KV<br />

Altenkirchen: Gisela Porwich ·<br />

Irmgard Grohs · KV Alzey: Katharina<br />

Stehle · KV Bad Kreuznach:<br />

Eva Klein · Maria Kaluza · KV<br />

Birkenfeld: Heinz Fuchs · Marianne<br />

Schmidt · KV Bitburg: Johann<br />

Hontheim · Katharina Nickels ·<br />

KV Cochem: Agnes Justen · KV<br />

Donnersberg: Hildegard Geib · KV<br />

Kaiserslautern: Johann Szartorisz<br />

· KV Landau: Walburga Pfirrmann<br />

· KV Mainz: Waltraud Link · KV<br />

Mayen: Friedrich Neideck · KV<br />

Neustadt: Anna-Maria Parupka ·<br />

Werner Buch · KV Rhein-Lahn:<br />

Günter Butzbach · KV Trier: Rosa<br />

Massem · KV Vorderpfalz: Gisela<br />

Martin · Hildegard Henning · KV<br />

Worms: Günter Noack · KV Zweibrücken:<br />

Ludwig Seibert<br />

94 Jahre<br />

KV Altenkirchen: Mimi Quast ·<br />

Werner Sturm · KV Bad Kreuznach:<br />

Egon Teschner · Hildegard<br />

Eppler · KV Bernkastel-Zell: Gerda<br />

Wagner · KV Birkenfeld: Anna Maria<br />

Franz · Hilde Kreis · Irma Loeh<br />

· KV Bitburg: Magdalena Lentes ·<br />

KV Cochem: Elfriede Weil · KV<br />

Kaiserslautern: Heiner Fehl · KV<br />

Landau: Elvira Freyhof · KV Mainz:<br />

Dorothea Leiendecker · Marianne<br />

Glaser · KV Neustadt: Josefine Bader<br />

· KV St. Goar: Konrad Wasmuth<br />

· KV Trier: Ludmilla Weiskopf · KV<br />

Worms: Gertrud Keller<br />

95 Jahre<br />

KV Bad Kreuznach: Gerda Reitze<br />

· KV Kusel: Katharina Simon · KV<br />

Landau: Luzia Nann · KV Mainz:<br />

Ernst Degner · Karl-Lorenz Diehl ·<br />

Philipp Weil · KV Mayen: Maria<br />

Blettner · KV Neustadt: Josefine<br />

Kästel · KV Pirmasens: Marianne<br />

Nehr · Walter Ziegler · KV Trier:<br />

Günter Will · Margareta Schreiner<br />

· KV Vorderpfalz: Ruth Schimbeno<br />

96 Jahre<br />

KV Birkenfeld: Greta Mettler ·<br />

KV Koblenz: Gertrud Fink · Heinz<br />

Schmitz · Oskar Philippsen · KV<br />

Landau: Elfriede Masser · KV<br />

Mainz: Helene Knödler · KV Neustadt:<br />

Ernst Kahsemeck · KV<br />

Rhein-Lahn: Trude Bremser · KV<br />

Vorderpfalz: Werner Leßweng · KV<br />

Westerwald: Reinhard Ackermann<br />

97 Jahre<br />

KV Ahrweiler: Irmgard Kern ·<br />

KV Altenkirchen: Helene Schuster<br />

· KV Bernkastel-Zell: Erich Fuchs<br />

· KV Birkenfeld: Helmut Biehl · KV<br />

Koblenz: Hans Moret · KV Neustadt:<br />

Marga Oberbeck · KV Neuwied:<br />

Adolf Fröhlich · Josef Ditscheid<br />

· KV Rhein-Lahn: Robert<br />

Menche · KV Simmern: Erna Otte<br />

· KV Trier: Elisabeth Toth · KV<br />

Wittlich-Daun: Johann Stolz<br />

98 Jahre<br />

KV Altenkirchen: Heinz Mueller<br />

· KV Mayen: Margarethe Schenk ·<br />

KV Neustadt: Helga Brunner · KV<br />

Simmern: Linus Dietrich · KV<br />

Westerwald: Margot Scheyer<br />

99 Jahre<br />

KV Bad Kreuznach: Maria Lange<br />

· KV Birkenfeld: Helma Ollech<br />

· KV Mayen: Heinz Schaefer · KV<br />

Neustadt: Karl-Ludwig Drexler ·<br />

KV Neuwied: Helmut Liessem ·<br />

KV Trier: Katharina Lauterborn<br />

100 Jahre<br />

KV Donnersberg: Wilhelm Brädler<br />

101 Jahre<br />

KV Trier: Luzia Pfeiffer · KV<br />

Trier: Rudolf Mettlach<br />

102 Jahre<br />

KV Mainz: Clemens Heinz<br />

105 Jahre<br />

KV Birkenfeld: Dorith Weingarten<br />

· KV Vorderpfalz: Else Bitsch


Verbraucher<br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

23<br />

Nachbesserungen bei<br />

Energiepreisbremsen<br />

Die seit März geltenden Energiepreisbremsen<br />

für Gas und Strom<br />

müssen dringend nachgebessert<br />

werden. Zu diesem Schluss kommt<br />

der Bundesverband der Verbraucherzentralen<br />

(vzbv).<br />

Der Bundesverband hat rund<br />

1400 Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

zu ihren Erfahrungen mit<br />

den Energiepreisbremsen befragt.<br />

Durch die Strom- und der Gaspreisbremsen<br />

wird der Preis für<br />

einen Großteil des Verbrauchs der<br />

Privathaushalte gedeckelt. Rund<br />

die Hälfte der Befragten gab an,<br />

immer noch unter zu hohen, monatlichen<br />

Abschlagsforderungen<br />

zu leiden.<br />

Unzureichend betreut<br />

Dazu fühlt sich ein Viertel der<br />

Befragten von ihren Strom- und<br />

Gasanbietern schlecht informiert<br />

und durch den Kundenservice unzureichend<br />

betreut. Ramona Pop,<br />

Vorständin des vzbz, kritisiert,<br />

dass viele Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher „bei Rückfragen in<br />

Hotline-Warteschleifen“ landeten.<br />

Rund ein Drittel der Befragten gab<br />

an, dass sie Probleme hatten,<br />

falsch berechnete Jahresverbrauchsprognosen<br />

anpassen zu<br />

lassen.<br />

Pop fordert daher, dass die Bundesregierung<br />

bei den Energiepreisbremsen<br />

„das Gesetz nachbessern<br />

und eindeutiger formulieren muss,<br />

damit die gewünschte Entlastung<br />

bei allen Verbraucherinnen und<br />

Verbrauchern ankommt“. juf<br />

Beratungsbedarf erheblich gestiegen<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft: Immer mehr Menschen suchen Schuldnerberatungen auf<br />

Die Inflation hat die Preise in die<br />

Höhe getrieben. Bei Verbraucherinnen<br />

und Verbrauchern steigt<br />

das Risiko der Überschuldung und<br />

damit auch der Bedarf nach einer<br />

Schuldnerberatung.<br />

Eine Umfrage unter den 1400<br />

gemeinnützigen Beratungsstellen<br />

der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Schuldnerberatung der Verbände<br />

(BAG-SB) zeigt: Immer mehr Menschen<br />

in Deutschland suchen eine<br />

Schuldnerberatung auf, rund<br />

600 000 waren es im letzten Jahr.<br />

In knapp der Hälfte der Beratungsstellen<br />

kommen deutlich mehr<br />

Ratsuchende wegen Energieschulden,<br />

in einem Viertel der Beratungstellen<br />

sind die Anfragen wegen<br />

Mietschulden gestiegen. Diese<br />

Entwicklung zeigt, dass Menschen<br />

immer stärker in finanzielle Nöte<br />

geraten. Die Lebenshaltungskosten<br />

sind in den vergangenen Monaten<br />

erheblich gestiegen.<br />

BAG-SB-Geschäftsführerin Ines<br />

Moers erklärt: „98 Prozent aller<br />

Zahlungsverpflichtungen werden<br />

<strong>ohne</strong> Probleme erfüllt, so verkündet<br />

es jedes Jahr die Schufa. Wir<br />

haben in Deutschland kein Problem<br />

mit der Zahlungsmoral.“<br />

Keine Ersparnisse mehr<br />

Bei einer Schuldnerberatung wird berechnet, welche laufenden Kosten<br />

reduziert werden können.<br />

Foto: picture alliance/Keystone/Christof Schuerpf<br />

Etwa sechs Millionen Menschen<br />

in Deutschland gelten als überschuldet.<br />

Das sind Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher, deren Einkommen<br />

und Ersparnisse nicht<br />

mehr ausreichen, um alle Rechnungen<br />

zu begleichen, selbst wenn<br />

sie sparsamer leben. „Früher hat<br />

die Jahresabrechnung viele in Bedrängnis<br />

gebracht. Mittlerweile<br />

beobachten wir, dass viele Menschen<br />

immer mehr Probleme haben,<br />

die monatlichen Abschläge zu<br />

bezahlen“, sagt Moers.<br />

Die Preissteigerungen infolge<br />

des Ukraine-Krieges haben die<br />

wirtschaftliche Lage vieler Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher<br />

erheblich verschärft. „Die Ersparnisse<br />

sind längst aufgebraucht.<br />

Unser Eindruck ist, dass der<br />

Andrang in den Beratungsstellen<br />

auch so groß ist, weil sich die Menschen<br />

viel früher trauen, nach<br />

Hilfe zu fragen“, berichtet Moers.<br />

Der Beratungsbedarf wächst also,<br />

doch den Schuldnerberatungsstellen<br />

fehlen Fachkräfte. Die<br />

Folge: Viele Betroffene müssen<br />

lange auf einen Termin warten.<br />

Wenn es lange Wartezeiten gibt,<br />

erhöhe sich der Druck auf die Betroffenen,<br />

sagt Moers. „Wir erleben,<br />

dass Menschen mit Schuldenproblemen<br />

zu privaten, kostenpflichtigen<br />

Beratungen gehen,<br />

darunter sind teilweise unseriöse<br />

Anbieter. Den Betroffenen wird in<br />

einer Notlage auch noch Geld aus<br />

der Tasche gezogen.“<br />

Pfändungsgrenzen<br />

Damit Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher einen Weg aus der<br />

Überschuldung finden, ist es wichtig,<br />

dass sie ihre Rechte kennen.<br />

Laufende Kosten können reduziert<br />

werden, indem bestehende Verträge<br />

widerrufen oder gekündigt werden.<br />

Viele Menschen wissen zum<br />

Beispiel nicht, so Moers, dass viele<br />

Forderungen von Inkasso-Unternehmen<br />

unberechtigt sind. Schuldnerberatungen<br />

können helfen,<br />

berechtigte von unberechtigen<br />

Forderungen zu unterscheiden.<br />

Um überschuldeten Verbraucherinnen<br />

und Verbrauchern das<br />

Existenzminimum zu sichern, hat<br />

der Gesetzgeber sogenannte Pfändungsgrenzen<br />

festgelegt. Der pfändungsfreie<br />

Grundbetrag liegt bei<br />

1402 Euro im Monat. Dieser Teil<br />

des Einkommens darf nicht gepfändet<br />

werden, sofern keine Unterhaltsverpflichtungen<br />

bestehen.<br />

Julia Frediani<br />

Info<br />

Einen Überblick über gemeinnützige<br />

Schuldnerberatungen bietet<br />

die Webseite:<br />

www.meine-schulden.de<br />

Anlaufstellen für<br />

Gewaltbetroffene<br />

Seit zehn Jahren bietet das Hilfetelefon<br />

„Gewalt gegen Frauen“<br />

Beratung und Unterstützung für<br />

Frauen in Not. Dabei wurde bisher<br />

insgesamt rund 387 710-mal per<br />

Telefon, E-Mail oder Chat beraten.<br />

Besonders häufig war häusliche<br />

Gewalt Anlass der Gespräche.<br />

Das bundesweite Hilfetelefon<br />

richtet sich an gewaltbetroffene<br />

Frauen, an Menschen aus deren<br />

Umfeld sowie an Fachkräfte. Es<br />

berät kostenfrei, anonym und vertraulich<br />

bei allen Formen der Gewalterfahrung.<br />

Rund 100 qualifizierte<br />

Beraterinnen sind telefonisch<br />

sowie per E-Mail, Sofort- oder<br />

Terminchat an 365 Tagen im Jahr<br />

rund um die Uhr erreichbar.<br />

Vor drei Jahren startete zudem<br />

das kostenfreie Hilfetelefon „Gewalt<br />

an Männern“. Die Zahl der<br />

Kontaktaufnahmen ist von 1480<br />

im Jahr 2020 auf 4498 im vergangenen<br />

Jahr gestiegen. Insgesamt<br />

haben bisher fast 10000 Kontakte<br />

per Telefon, E-Mail oder im Chat<br />

stattgefunden.<br />

mib<br />

Kontakt<br />

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen<br />

Frauen“ ist erreichbar unter<br />

• 116 016<br />

www.hilfetelefon.de<br />

Das Hilfetelefon „Gewalt an<br />

Männern“ ist erreichbar unter<br />

• 08001239900<br />

www.maennerhilfetelefon.de<br />

Online-Portal zur Altersvorsorge<br />

Jährliche Renteninformationen gibt es weiterhin<br />

Einen umfassenden Überblick über<br />

die eigene Altersvorsorge bietet<br />

ein neues Internetportal der Deutschen<br />

Rentenversicherung (DRV).<br />

Auf der Webseite „Digitale Rentenübersicht“<br />

können sich Versicherte<br />

seit Anfang Juli über ihre<br />

gesetzliche, betriebliche und private<br />

Altersvorsorge und über die<br />

im Alter zu erwartenden Einkünfte<br />

informieren. Die DRV versichert,<br />

dass es weiterhin die jährliche<br />

schriftliche Renteninformation<br />

für alle Versicherten geben<br />

wird. Die digitale Übersicht stellt<br />

ein zusätzliches Angebot dar.<br />

Eine Anmeldung soll über die<br />

Online-Funktion des Personalausweises<br />

mit der dazugehörigen<br />

„AusweisApp2“ auf dem Smartphone<br />

möglich sein.<br />

Damit Bürgerinnen und Bürger<br />

auf der DRV-Seite auch die Informationen<br />

der privaten Altervorsorge<br />

finden, müssen Versicherungsanbieter<br />

diese Informationen der<br />

Rentenversicherung datenschutzkonform<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Der Sozialverband <strong>VdK</strong> sieht die<br />

Einführung dieser digitalen Übersicht<br />

kritisch: Rund fünf Prozent<br />

der deutschen Bevölkerung hat<br />

keinen Zugang zum Internet. Über<br />

die zur Anmeldung notwendige<br />

Online-Funktion des Personalausweises<br />

verfügen noch sehr wenige<br />

Bürgerinnen und Bürger. juf<br />

<br />

www.rentenuebersicht.de<br />

Die Deutsche Rentenversicherung bietet die digitale Rentenübersicht als<br />

zusätzliche Information an.<br />

Foto: PA/Marc Vorwerk<br />

Entspannung bei Energiepreisen<br />

Versorgungssituation im Winter noch unklar<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

zahlen für Gas und Strom<br />

häufig weiterhin hohe Preise. Dabei<br />

haben sich die Handelspreise<br />

für Energie in den letzten Monaten<br />

entspannt.<br />

Ein Tarifwechsel kann sich laut<br />

Verbraucherzentrale für einige<br />

l<strong>ohne</strong>n. Wer aktuell Arbeitspreise,<br />

die deutlich über dem Niveau der<br />

Energiepreisbremsen für Strom<br />

und Gas liegen, zahlt, sollte Tarife<br />

vergleichen und dann gegebenenfalls<br />

die Anbieter wechseln. Auf<br />

sogenannten Tarifportalen im Internet<br />

können die Tarife verschiedener<br />

Anbieter miteinander verglichen<br />

werden. Neukundentarife<br />

berücksichtigen häufig die gesunkenen<br />

Preise für Strom und Gas,<br />

bei bestehenden Verträgen müssen<br />

Preissenkungen nicht an Kundinnen<br />

und Kunden weitergegeben<br />

werden.<br />

Preisgarantie<br />

Die Verbraucherzentralen empfehlen,<br />

Verträge mit Laufzeiten<br />

von etwa einem Jahr in Verbindung<br />

mit einer Preisgarantie zu wählen.<br />

„Derzeit ist die Marktlage entspannt,<br />

Stromtarife für Neukundinnen<br />

und -kunden liegen bei<br />

Arbeitspreisen zwischen 30 und 35<br />

Cent pro Kilowattstunde, Gastarife<br />

gibt es für rund zehn Cent<br />

pro Kilowattstunde. Wer sich absichern<br />

möchte, sollte einen Tarif<br />

mit Preisgarantie wählen“, rät<br />

Neukundentarife mit Preisgarantie<br />

können entlasten. Foto: pa/Micha Korb<br />

Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter<br />

Energie und Bauen der Verbraucherzentrale<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

Unklar ist, wie sich die Preise in<br />

den kommenden Monaten entwickeln<br />

werden. „Ob die Marktlage<br />

entspannt bleibt, hängt von der<br />

Versorgungssituation mit Erdgas<br />

im kommenden Winter ab“, erklärt<br />

Weinreuter.<br />

Generell können auch Mieterinnen<br />

und Mieter ihren Stromanbieter<br />

auswählen, bei Gas sieht es bei<br />

Zentralheizungen anders aus. Wer<br />

mit Strom heizt, kann einen neuen<br />

Anbieter wählen. Allerdings ist das<br />

Angebot bei Tarifen für<br />

Nachtstromspeicher und Wärmepumpenstrom<br />

seit der Energiepreiskrise<br />

weiterhin sehr eingeschränkt.<br />

juf


24 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> Freizeit<br />

Lustige Verkehrshelfer<br />

Immer mehr Städte werben mit besonderen Ampelmännchen für ihre berühmten Bew<strong>ohne</strong>r und die Stadtgeschichte<br />

Fußgängerampeln regeln den Verkehr<br />

und sorgen für die Sicherheit<br />

der Verkehrsteilnehmer. In immer<br />

mehr Städten leuchten statt eines<br />

Männchens andere Ampelfiguren,<br />

die eng mit der Stadt und ihrer<br />

Geschichte verbunden sind.<br />

Laut Straßenverkehrsordnung<br />

müssen Verkehrsregelungen auf<br />

den ersten Blick für alle Menschen<br />

eindeutig erkennbar sein. In<br />

Deutschland gibt es mehrere Ampelfiguren:<br />

das westdeutsche und<br />

das ostdeutsche Ampelmännchen<br />

sowie das neue Euromännchen,<br />

das derzeit europaweit eingeführt<br />

wird. Alle anderen Motive müssen<br />

sich Städte und Gemeinden vor der<br />

Installation genehmigen lassen.<br />

Beethoven und Marx<br />

Immer mehr Kommunen erinnern<br />

mit ihren Ampeln an bekannte<br />

Figuren oder Persönlichkeiten.<br />

Der Komiker Otto in Emden fordert<br />

zum Gehen auf. Foto: imago/Blickwinkel<br />

Das ist ein deutschlandweiter<br />

Trend und soll den Tourismus ankurbeln.<br />

In Bonn etwa warben<br />

Fußgängerampeln rund um das<br />

Geburtshaus von Ludwig van<br />

Beethoven für das große Fest anlässlich<br />

des 250. Geburtstags des<br />

großen Komponisten. Trier, die<br />

Geburtsstadt von Karl Marx, hat<br />

zu dessen 200. Geburtstag im Jahr<br />

2018 mehrere Ampeln mit Karl-<br />

Marx-Männchen ausgestattet.<br />

Das Bergmännchen in Duisburg signalisiert<br />

Stopp. Foto: imago/Imagebroker<br />

Im niedersächsischen Emden,<br />

der Heimatstadt von Otto Waalkes,<br />

zeigen vier Fußgängerampeln<br />

den ostfriesischen Komiker. Ursprünglich<br />

waren als Motiv die<br />

Ottifanten im Gespräch, doch weil<br />

nur Männchen erlaubt sind, äußerte<br />

die Stadtverwaltung Bedenken.<br />

Nun ist Otto in den Grünphasen<br />

in seiner typischen Häschen-Hüpfpose<br />

abgebildet. Während der<br />

Rotphase ist das übliche Ampelmännchen<br />

zu sehen.<br />

Der schlaue Det ist in Mainz mehrmals<br />

zu finden. Foto: imago/Blickwinkel<br />

An die Bergmannstradition erinnern<br />

die Ampelmännchen im<br />

Ruhrgebiet. Sie tragen einen Helm<br />

und halten eine Grubenlampe in<br />

der Hand. 2018 wurden sie in Duisburg<br />

installiert, 2020 in Essen.<br />

In Mainz leuchtet Mainzelmännchen<br />

Det in Rot und Grün an mehreren<br />

Ampelanlagen auf. Begonnen<br />

hatten die Mainzer im Jahr<br />

2016 mit einer einzigen Ampel auf<br />

dem Weg vom Bahnhof in die Innenstadt.<br />

Diese ist bei Einheimischen<br />

und Touristen so beliebt,<br />

dass jetzt weitere Ampeln umgerüstet<br />

wurden.<br />

Bremer Stadtmusikanten<br />

Auch Augsburg erinnert mit einer<br />

Ampel an einen Publikumsliebling:<br />

In der Nähe der Puppenkiste<br />

regelt der Kasperl den Verkehr.<br />

Während des Freimarkts, einem<br />

großen Volksfest in Bremen, zeigen<br />

mehrere Ampeln in ihrer Grünphase<br />

die Stadtmusikanten. In Hameln<br />

steht in der Nähe des Rathauses<br />

eine Ampel mit der Silhouette des<br />

berühmten Rattenfängers.<br />

Ampelmännchen eignen sich<br />

aber auch, um politische Botschaften<br />

zu senden. Gleich in mehreren<br />

Großstädten gibt es hetero- und<br />

homosexuelle Ampelpärchen. Ursprünglich<br />

wurden sie anlässlich<br />

der „Pride Week“ und des „Christopher<br />

Street Day“ installiert und<br />

Homosexuelle Ampelpärchen werben<br />

für Toleranz. Foto: imago/Ralph Peters<br />

stehen für Vielfalt und Toleranz.<br />

Danach sollten sie wieder durch<br />

das alleinstehende Ampelmännchen<br />

ersetzt werden. Die Motive<br />

kamen jedoch so gut an, dass sie<br />

nun dauerhaft bleiben dürfen. Zu<br />

sehen sind die verliebten Pärchen<br />

in Wien, im Münchner Glockenbachviertel<br />

sowie in Frankfurt am<br />

Main.<br />

Von 1958 bis 1960 war Elvis Presley<br />

als Soldat im hessischen Friedberg<br />

stationiert. Nun ist der „King<br />

of Rock’n’Roll“ auf den Fußgängerampeln<br />

zu sehen. Bei Rot steht Elvis<br />

am Mikro, bei Grün zeigt er<br />

seinen berühmten Hüftschwung.<br />

Nicht zuletzt erfreut sich das<br />

DDR-Ampelmännchen nach wie<br />

vor großer Beliebtheit. Es wurde<br />

1961 vom Verkehrspsychologen<br />

Karl Peglau in Ost-Berlin entworfen<br />

und nach verschiedenen Tests<br />

an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße<br />

installiert. Ab<br />

1970 verbreitete sich das Männchen<br />

mit Knollennase, Bäuchlein<br />

und Hut in der gesamten DDR.<br />

Nach der Wiedervereinigung sollten<br />

die Ost-Ampelmännchen gegen<br />

die westdeutsche Version ausgetauscht<br />

werden. Weil die Bevölkerung<br />

dagegen protestierte, wurde<br />

das Vorhaben gestoppt und das<br />

Ost-Ampelmännchen sogar in<br />

manchen westdeutschen Städten<br />

eingeführt. Seit 1996 gibt es eine<br />

passende Ampelfrau mit Rock und<br />

Zöpfen. Annette Liebmann<br />

Das DDR-Ampelmännchen ist sehr<br />

beliebt.<br />

Foto: Jörg Ciszewski<br />

Codewort „Umschaltspiel“<br />

Im Film „Wochenendrebellen“ finden ein Vater und sein autistischer Sohn über den Fußball zueinander<br />

Mit etwas Pathos und viel Empathie<br />

erzählt Regisseur Marc Rothemund<br />

von der komplizierten Beziehung<br />

zwischen Mirco (Florian David<br />

Fitz) und seinem autistischen Sohn<br />

Jason (Cecilio Andresen). Um das<br />

Vater-Sohn-Verhältnis zu kitten,<br />

vereinbaren sie, als „Wochenendrebellen“<br />

– so der Titel des Films<br />

– samstags gemeinsam durch die<br />

Stadien der Republik zu ziehen.<br />

Das ist der Beginn einer turbulenten<br />

Geschichte mit viel Herz. Am<br />

28. <strong>September</strong> kommt der Film in<br />

die Kinos.<br />

Florian David Fitz (links) und Cecilio Andresen (rechts) sitzen in einer<br />

Szene im Stadion in der Reihe vor Mirco (links) und Jason von Juterczenka,<br />

die sie im Film verkörpern.<br />

Foto: Leonine Studios<br />

Jason will unbedingt aufs Gymnasium.<br />

Denn sein Traum ist es,<br />

später Astrophysik zu studieren<br />

und schwarze Löcher zu erforschen.<br />

Doch weil der hochintelligente<br />

Junge in der Schule immer<br />

wieder ausrastet, schlägt die<br />

Schulleiterin den Eltern einen<br />

Wechsel an die Förderschule vor.<br />

Der Zehnjährige hat Asperger-<br />

Autismus. „Was für uns nicht<br />

wahrnehmbar ist, können für ihn<br />

Störgeräusche sein“, erklärt Jasons<br />

Ärztin, als sie dem geschockten<br />

Vater von der Diagnose berichtet.<br />

Kann Jason die Störgeräusche in<br />

seinem Kopf nicht mehr ertragen,<br />

verliert er die Beherrschung,<br />

schreit oder wird handgreiflich.<br />

Doch auch in anderen Situationen<br />

eckt er an: Einmal beschimpft<br />

er seine Religionslehrerin als Verschwörungstheoretikerin,<br />

nachdem<br />

sie über Jesus' Heilung eines<br />

Blinden referiert hat. Auf unlogische<br />

Aussagen, die nicht in sein<br />

rationales Weltbild passen, reagiert<br />

er sehr sensibel. Jason braucht Gewissheiten<br />

und Regeln, um sich<br />

zurechtzufinden.<br />

Hohe Maßstäbe<br />

Auch mit seinen Mitschülerinnen<br />

und Mitschülern hat er Stress:<br />

Sie hänseln ihn und lassen ihn<br />

spüren, dass er nicht dazugehört.<br />

Damit er wenigstens beim Fußball<br />

mitreden kann, wünscht sich Jason,<br />

einen Lieblingsverein zu haben,<br />

den er als Fan unterstützen<br />

kann. Doch die Wahl fällt schwer,<br />

weil er hohe Maßstäbe an seinen<br />

künftigen Club setzt. Vater und<br />

Sohn machen einen Deal: Mirco<br />

verspricht, mit Jason Spiele in allen<br />

Stadien der 56 Profivereine anzuschauen,<br />

um bei der Wahl des<br />

Lieblingsvereins zu helfen. Dafür<br />

muss Jason versprechen, sich in der<br />

Schule besser zu beherrschen.<br />

Für Jason, der sich ungern in<br />

Menschenmengen bewegt, sind die<br />

Stadionbesuche große Belastungsproben.<br />

Deswegen vereinbaren sie,<br />

das Experiment sofort zu beenden,<br />

wenn der Junge die Situation nicht<br />

mehr aushält. Das Codewort lautet<br />

„Umschaltspiel“.<br />

Es beginnt ein Roadmovie durch<br />

die Fußballstadien der Republik,<br />

dem es in guten Momenten gelingt,<br />

auch durch den Einsatz von Musik,<br />

mitreißende Stimmungen zu<br />

erzeugen – etwa als Vater und<br />

Sohn nachts im Mittelkreis eines<br />

leeren Fußballstadions im lettischen<br />

Riga liegen und die Polarlichter<br />

beobachten, oder als Jason<br />

die Stimmung auf der vollbesetzten<br />

Dortmunder Südtribüne erlebt.<br />

Besseres Verständnis<br />

Dem Regisseur ist trotz des ernsten<br />

Themas ein gut gemachter<br />

Unterhaltungsfilm gelungen, der<br />

sich emotional dem Thema Inklusion<br />

nähert. Dabei sollte sich niemand<br />

daran stören, dass manches<br />

im Sinne der Dramaturgie vereinfacht<br />

oder zugespitzt wurde. Es ist<br />

erfreulich, dass es dieses Thema<br />

auf die große Kinoleinwand geschafft<br />

hat, was zu einer größeren<br />

Sichtbarkeit und idealerweise zu<br />

einem besseren Verständnis dieser<br />

Behinderung beitragen kann.<br />

Als reale Vorlagen für die Filmfiguren<br />

dienen Mirco und Jason<br />

von Juterczenka. Sie haben gemeinsam<br />

das Buch „Wir Wochenendrebellen.<br />

Wie ein autistischer<br />

Junge und sein Vater gemeinsam<br />

zum Glück gefunden haben“<br />

(Goldmann Verlag) geschrieben.<br />

Sie haben sich tatsächlich auf die<br />

Suche nach einem Lieblingsclub<br />

für Jason begeben und dabei an<br />

den Spieltagen viel erlebt. Davon<br />

handeln auch ihr Blog und ein<br />

Podcast, die im Internet unter<br />

www.wochenendrebellen.de zu<br />

finden sind. Jörg Ciszewski<br />

„Dorfromantik“ ist<br />

Spiel des Jahres <strong>2023</strong><br />

Das Plättchenlegespiel „Dorfromantik“<br />

von den Autoren Lukas<br />

Zach und Michael Palm ist kürzlich<br />

in Berlin mit dem renommierten<br />

Preis „Spiel des Jahres“ ausgezeichnet<br />

worden. Als Vorbild für<br />

das Brettspiel diente das gleichnamige<br />

Videospiel.<br />

Beim Spiel „Dorfromantik“, das<br />

im Verlag „Pegasus Spiele“ erschienen<br />

ist, müssen die Spielerinnen<br />

und Spieler mit Plättchen eine<br />

idyllische Landschaft zusammensetzen.<br />

Ziel ist es, gemeinsam Aufgaben<br />

zu bewältigen, um Punkte<br />

zu sammeln und fünf geheime<br />

Boxen freizuschalten.<br />

Das Videospiel „Dorfromantik“<br />

hatte in der Corona-Pandemie einen<br />

regelrechten Boom erfahren<br />

und im Jahr 2021 in zwei Kategorien<br />

den „Deutschen Computerspielpreis“<br />

gewonnen.<br />

Hermann Hutter, Vorsitzender<br />

des Branchenverbands Spieleverlage,<br />

sieht Vorteile für das Brettspiel<br />

darin, dass viele Menschen<br />

„Dorfromantik“ schon als Computerspiel<br />

kennen. Sie seien vielleicht<br />

geneigt, auch das Brettspiel auszuprobieren.<br />

Im Rennen um den begehrten<br />

Titel hat sich der Sieger gegen die<br />

Spiele „Fun Facts“ von Kasper<br />

Lapp und „Next Station London“<br />

von Matthew Dunstan durchgesetzt.<br />

Der Verein „Spiel des Jahres“<br />

vergibt den Preis seit mehr als 40<br />

Jahren. Die Jury testet dabei jährlich<br />

Hunderte Neuerscheinungen<br />

des Spielemarkts.<br />

cis


Freizeit<br />

Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong><br />

25<br />

Die Entdeckung der Langsamkeit<br />

Esel Jonny begleitet Lotta Lubkoll seit mehreren Jahren auf weiten Wandertouren<br />

Tierisch gutes Team: Lotta Lubkoll<br />

unternimmt Wanderungen gemeinsam<br />

mit ihrem Esel Jonny. Die<br />

Wahlmünchnerin hat von dem<br />

Langohr mit der weichen Schnauze<br />

einige Werte fürs Leben gelernt.<br />

Zum Beispiel, dass es guttut, wenn<br />

man einen Gang herunterschaltet,<br />

sich auf den Moment einlässt und<br />

Ruhe und Gemütlichkeit genießt.<br />

Lotta Lubkoll ist 2018 mit ihrem<br />

Esel Jonny in 80 Tagen von München<br />

bis ans Mittelmeer gelaufen.<br />

Zu Fuß beziehungsweise „zu Hufe“.<br />

Über ihre abenteuerliche Reise<br />

hat sie ein Buch geschrieben:<br />

„Wandern, Glück und lange Ohren.“<br />

Inzwischen haben sie gemeinsam<br />

bereits elf Länder bereist.<br />

Wie kam es dazu, dass sich Lubkoll<br />

auf einen so ungewöhnlichen<br />

Wanderpartner eingelassen hat?<br />

„Ich habe als Kind den Animationsfilm<br />

‚Shrek‘ angeschaut. Darin<br />

ist der beste Freund des grünen<br />

Ogers ein Esel. Seitdem habe ich<br />

von so einem eseligen Kumpel geträumt“,<br />

erzählt die 1993 im oberfränkischen<br />

Coburg geborene<br />

Wahlmünchnerin.<br />

Von der Wunschvorstellung zur<br />

Wirklichkeit war es ein langer Weg:<br />

kein Geld, keine Zeit, kein Stellplatz<br />

für einen Esel: „Es gab immer<br />

wieder Gründe, die gegen meinen<br />

Kindheitstraum sprachen“, berichtet<br />

die Autorin. Doch dann brachte<br />

ein sehr trauriges Erlebnis die Wende:<br />

„Als mein Papa an Krebs erkrankte<br />

und kurz darauf starb,<br />

Mit Esel Jonny hat Lotta Lubkoll immer Spaß. Hier sind die beiden am<br />

Strand von Aveiro an der Westküste Portugals.<br />

Foto: Stefan Schiele<br />

wurde mir klar, dass ich meinen<br />

Traum nicht weiter auf später verschieben<br />

sollte“, sagt Lubkoll.<br />

Im Frühjahr 2017, etwa ein Jahr<br />

nach dem Tod ihres Vaters und mit<br />

dem Abschluss der Schauspielschule<br />

in greifbarer Nähe, fing sie<br />

an, sich intensiv mit den Themen<br />

Eselhaltung und -erziehung zu<br />

beschäftigen. Doch bevor sie einen<br />

Esel kaufen konnte, war erst noch<br />

das Stellplatzproblem zu lösen: Die<br />

kleine Münchner Wohnung bot<br />

einem Esel kein Obdach.<br />

Lotta Lubkoll schaltete eine Anzeige<br />

bei eBay: „Unterstellplatz für<br />

zukünftigen Esel gesucht.“ Es meldete<br />

sich tatsächlich ein Hofbesitzer,<br />

der am Starnberger See wohnt<br />

und ihr anbot, dass sie den „zukünftigen“<br />

Esel bei ihm unterstellen<br />

dürfe. Problem gelöst.<br />

Über eine Eselbesitzerin bei Dessau,<br />

bei der sie zu Besuch war, erfuhr<br />

sie zufällig, dass gerade ein<br />

Esel zum Kauf im Internet angeboten<br />

wurde. Auf einer Koppel nahe<br />

der Autobahn auf dem Weg zurück<br />

nach München begegnete sie Jonny<br />

zum ersten Mal. Beide beschnupperten<br />

sich. „Ich glaube, dass es<br />

zwischen uns gleich von Beginn an<br />

eine Verbindung gab“, beschreibt<br />

Lubkoll die Begegnung rückblickend<br />

in ihrem Buch.<br />

Hürden überwunden<br />

Als die langsame Wanderung<br />

von München an die Adria begann,<br />

waren die beiden schon ein eingespieltes<br />

Team, das sich bereits<br />

viele Monate kennengelernt und<br />

zahlreiche Tagestouren zu Fuß<br />

unternommen hatte.<br />

Der bevorstehende Weg war jedoch<br />

etwas völlig Neues und stellte<br />

die junge Frau vor Herausforderungen.<br />

Unterwegs auf der alten<br />

römischen Handelsstraße „Via<br />

Claudia Augusta“ gab es Hürden<br />

zu meistern. So waren manchmal<br />

Schranken im Weg, die für einen<br />

Esel nicht zu überwinden sind.<br />

Obendrein passierten sie gefährliche<br />

Schnellstraßen.<br />

Außerdem plagte sie die Angst<br />

im Dunkeln. Nachdem ihr Vater<br />

die Diagnose Krebs bekam, war er<br />

nur noch sechs Monate am Leben.<br />

Die damals 22-Jährige war bis zum<br />

letzten Atemzug an seiner Seite.<br />

Die Zeit der Sterbebegleitung, so<br />

wichtig sie auch war, belastete sie<br />

auch noch zu Beginn der Wanderung.<br />

Doch nach und nach fühlte<br />

sie sich nachts allein im Zelt viel<br />

wohler, und die Ängste verschwanden,<br />

weil sie ihren Begleiter<br />

auf vier Hufen ganz nah bei<br />

sich wusste.<br />

Lotta Lubkoll ist Jonny sehr<br />

dankbar für die vielen schönen<br />

Momente: Von ihrem kleinen grauen<br />

Hausesel mit dem Stockmaß von<br />

1,11 Meter hat sie gelernt, geduldiger<br />

zu sein, den Alltagsstress fallen<br />

zu lassen und das Hier und Jetzt zu<br />

genießen. Elisabeth Antritter<br />

BUCH<br />

TIPP<br />

Fortsetzung der<br />

Reiseerlebnisse<br />

Lotta Lubkoll<br />

erzählt in ihrem<br />

zweiten<br />

Buch „Sonne,<br />

Meer<br />

und lange<br />

Ohren“ von<br />

ihrer Portugal-Reise.<br />

In<br />

Begleitung<br />

ihres Esels Jonny ist die Autorin<br />

im ausgebauten Bus an die<br />

Atlantikküste gefahren.<br />

ISBN 978-3-89029-559-6<br />

Malik-Verlag, Preis: 18 Euro.<br />

Kräuter richtig trocknen<br />

Kleine Sträuße für ein gutes Aroma<br />

Vielfältiges Hobby<br />

Origami: Figuren aus Papier zu formen, ist auf der ganzen Welt beliebt<br />

Frische Kräuter verfeinern im Frühling<br />

und Sommer viele Speisen.<br />

Doch auch im Herbst und Winter<br />

muss nicht auf das besondere Aroma<br />

verzichtet werden: indem man<br />

vorsorgt, und die Kräuter trocknet.<br />

Der Spätsommer ist dafür bestens<br />

geeignet. Dann haben die Pflanzen<br />

reichlich Sonne getankt.<br />

Kräuter an der Luft zu trocknen,<br />

ist eine besonders schonende Art.<br />

Dafür sollten sie geschnitten und<br />

in kleinen Sträußen kopfüber aufgehängt<br />

werden. Die Stengel-Enden<br />

werden mit Garn, Bast oder<br />

anderen Schnüren zusammengebunden.<br />

Für diese Methode eignen sich<br />

mediterrane Kräuter wie Rosmarin,<br />

Thymian, Salbei oder Lavendel<br />

besonders gut. Auch Minze<br />

und Melisse mit ihren festen Blättern<br />

sind zu empfehlen. Am besten<br />

werden die Kräuter am Vormittag<br />

eines sonnigen Tages geerntet. Vor<br />

dem Trocknungsprozess sollten die<br />

Pflanzen von Erde und Insekten<br />

befreit werden, indem man sie<br />

durchschüttelt. Bei stärkerer Verschmutzung<br />

können die Kräuter<br />

auch kurz gewaschen und mit einem<br />

Tuch oder Küchenpapier sanft<br />

trocken getupft werden. Letzteres<br />

ist wichtig, um Schimmelbildung<br />

vorzubeugen.<br />

Ein durchlüfteter Raum mit<br />

Zimmertemperatur eignet sich gut<br />

zum Trocknen von Kräutern. Ein<br />

warmer Platz im Freien bietet sich<br />

ebenfalls an, etwa die Gartenlaube<br />

Thymian wird zum Trocknen gebunden<br />

und aufgehängt.<br />

oder der Balkon. Die Umgebungstemperatur<br />

sollte zwischen<br />

20 und 30 Grad liegen. Ist es kälter,<br />

können die Kräuter nicht richtig<br />

trocknen und womöglich sogar<br />

anfangen, zu faulen.<br />

Bei idealen Bedingungen sind<br />

die Pflanzen nach zwei Tagen getrocknet.<br />

Wenn sie beim Anfassen<br />

rascheln, ist es soweit. Dann können<br />

sie in Gefäße gefüllt werden.<br />

Hierfür eignen sich am besten<br />

Porzellan oder dunkles Glas, so<br />

sind die Kräuter lichtgeschützt.<br />

Wer durchsichtiges Glas oder<br />

Kunststoff verwendet, sollte darauf<br />

achten, dass die Gewürze dunkel<br />

stehen. Wichtig: Die Behälter<br />

und der Lagerplatz müssen unbedingt<br />

trocken sein, um Schimmel<br />

zu vermeiden.<br />

pet<br />

Foto: picture alliance/blickwinkel/F. Hecker<br />

Zwölf Schritte bis zum Kranich.<br />

Klingt simpel. Doch wer schon einmal<br />

versucht hat, die wohl bekannteste<br />

Origami-Figur zu falten,<br />

weiß, dass es viel Übung erfordert,<br />

bis es ein schöner Kranich ist.<br />

Gabi Grottenthaler gibt Origami-<br />

Kurse für Einsteiger an der Münchner<br />

Volkshochschule und berichtet<br />

im Gespräch mit der <strong>VdK</strong>-ZEITUNG,<br />

worauf es ankommt.<br />

Am Anfang liegt ein quadratisches<br />

Papier auf dem Tisch. Dann<br />

gilt es, Schritt für Schritt der Faltanleitung<br />

zu folgen. Ziel ist, dass<br />

ein dreidimensionales Modell<br />

entsteht. Das Origami-Hobby ist<br />

rund um den Globus beliebt.<br />

Auch Gabi Grottenthaler ist von<br />

der japanischen Faltkunst fasziniert.<br />

Vor 30 Jahren hat sie zum<br />

ersten Mal mit ihrer Tochter, die<br />

damals im Kindergartenalter war,<br />

einen Origami-Kurs an der Volkshochschule<br />

(VHS) besucht. Sie<br />

hat die Erfahrung gemacht,<br />

dass sich Kinder damit gut beschäftigen<br />

lassen: „Papier kann<br />

man überall falten, auch unterwegs.<br />

Toll ist außerdem, dass<br />

weder Schere noch Klebstoff<br />

gebraucht werden und kein<br />

Abfall produziert wird.“ Die<br />

Bastelarbeit fördert außerdem<br />

die Feinmotorik<br />

und stärkt<br />

Gedächtnis sowie<br />

räumliches<br />

Sehen<br />

und Denken.<br />

Die Münchnerin trifft sich in<br />

ihrer bayerischen Heimatstadt seit<br />

1993 regelmäßig zum Origami-<br />

Stammtisch. Ihren ersten Kurs an<br />

der VHS für Anfänger führte sie zu<br />

Beginn des Jahrtausends durch.<br />

Die Schwerpunkte ihrer Workshops<br />

wechseln sich ab. Es werden<br />

beispielweise Schachteln, Herzen,<br />

Sterne oder Tiere gefaltet. „Das<br />

Wichtigste dabei ist die Genauigkeit“,<br />

betont die heute 67-Jährige.<br />

Einsteigern empfiehlt sie Origami-<br />

Papier, bei dem die Vorderseite<br />

farbig, die Rückseite weiß ist. Die<br />

Zeichen in den Anleitungen sind<br />

weltweit einheitlich. „Ich erkläre<br />

den Kurs-Teilnehmenden, was sie<br />

bedeuten, damit sie später mit Origami-Büchern<br />

zurechtkommen“, so<br />

die Fachfrau. Ergänzend kann man<br />

Erklärvideos zu Hilfe nehmen.<br />

Gabi Grottenthaler hat ihr Fachwissen<br />

jahrelang erweitert, indem<br />

sie internationale Origami-Kongresse<br />

sowie die Jahrestreffen von<br />

Origami Deutschland e.V. besucht<br />

hat. Seit 1996 ist sie im<br />

Foto: picture alliance/<br />

imageBROKER/J. Pfeiffer<br />

Verein Mitglied und war von 2001<br />

bis 20<strong>09</strong> dessen 2. Vorsitzende.<br />

Oft sind dort Faltkünstler zu Gast.<br />

Einer davon ist Vincent Floderer.<br />

Grottenthaler erzählt von ihrer Begegnung<br />

mit dem Elsässer Anfang<br />

der 2000er-Jahre: „Es war inspirierend,<br />

dem Künstler im Rahmen eines<br />

Workshops zu begegnen.“ Seine<br />

Skulpturen aus Papier sind in der<br />

Origami-Gemeinschaft bekannt. Er<br />

wendet dabei eine Technik an, die<br />

als „Crumpling“ (englisch für zerknittert)<br />

bezeichnet wird. Das Papier<br />

wird nicht auf klassische Art gefaltet,<br />

sondern zerknautscht. Floderers<br />

Vorbild ist die Natur. So ähneln<br />

seine aufwändig gestalteten Objekte<br />

Pilzen und Pflanzen.<br />

Vorbild für Raumfahrt<br />

Auch die Technologie macht sich<br />

das Faltprinzip zunutze: „Man denke<br />

an die Raumfahrt: Die großen<br />

Sonnensegel, die ins All geschickt<br />

werden, sind beim Start ganz klein<br />

zusammengefaltet“, sagt Gabi<br />

Grottenthaler. Elisabeth Antritter<br />

Infos<br />

VHS-Kurse zum Thema Origami<br />

finden Interessierte unter:<br />

www.volkshochschule.de<br />

Eine Liste der regionalen Treffen,<br />

Buchtipps, Faltanleitungen und<br />

Video-Tutorials gibt es unter<br />

www.papierfalten.de


26 Zeitung <strong>September</strong> <strong>2023</strong> Unterhaltung<br />

Vielseitige Schauspielerin<br />

Gaby Dohm feiert 80. Geburtstag<br />

Die Rolle der Schwester Christa in<br />

der „Schwarzwaldklinik“ machte<br />

Gaby Dohm in den 1980er-Jahren<br />

zum Star. In 73 Folgen spielte sie an<br />

der Seite von Klausjürgen Wussow<br />

und sorgte für enorm hohe Einschaltquoten.<br />

Am 23. <strong>September</strong><br />

feiert sie ihren 80. Geburtstag.<br />

Die „Schwarzwaldklinik“ brachte<br />

der gebürtigen Salzburgerin, die<br />

in Berlin aufgewachsen ist, den<br />

Durchbruch und ebnete den Weg<br />

für viele weitere Fernseh- und<br />

Filmrollen. Und natürlich hatte die<br />

Tochter der Schauspieler Heli Finkenzeller<br />

und Will Dohm viel Talent<br />

geerbt, das sie zu Beginn ihrer<br />

Karriere vor allem am Münchner<br />

Residenztheater und in der Zusammenarbeit<br />

mit dem schwedischen<br />

Regisseur Ingmar Bergman<br />

mit „Tartuffe“ oder „Yvonne –<br />

Prinzessin von Burgund“ zeigte.<br />

Sie glänzte am Theater als Natalja<br />

in „Drei Schwestern“ von Anton<br />

Tschechow, als Marie in Georg<br />

Büchners „Woyzeck“ oder als<br />

Gretchen in Goethes „Faust“.<br />

Zu großer Bekanntheit kam Gaby<br />

Dohm schon 1984 mit der<br />

ARD-Fernsehserie „Die Wiesingers“.<br />

Und dann folgte 1985 die<br />

„Schwarzwaldklinik“ im ZDF.<br />

Durchschnittlich 25 Millionen<br />

Menschen saßen damals vor dem<br />

Fernseher. Fortan spielte sie in<br />

„Rosamunde Pilcher“-Filmen, in<br />

Krimiserien wie „Der Alte“, „Derrick“,<br />

„Ein Fall für zwei“ und<br />

Gaby Dohm<br />

Siska“ oder in der ARD-Serie „Um<br />

Himmels Willen“. Dort war Gaby<br />

Dohm drei Jahre lang die strenge<br />

Mutter Oberin eines Klosters. In<br />

ihren Rollen ist sie sehr wandelbar,<br />

und sie beherrscht viele Facetten<br />

– ob Krimi, Drama oder Komödie.<br />

Sie gewann den „Münchner Publikumspreis“,<br />

die „Goldene Kamera“,<br />

den „Bambi“ und den „Italienischen<br />

Fernsehpreis“.<br />

Gaby Dohm liebt es noch immer,<br />

vor der Kamera zu stehen. So<br />

etwa in der Komödie „Tanze<br />

Tango mit mir“ oder im Drama<br />

„Laufen“. Privat reist sie sehr gerne<br />

und mag es, Großmutter von<br />

drei Enkeln zu sein. Seit Jahrzehnten<br />

ist sie mit dem Regisseur<br />

Peter Deutsch liiert. Mit ihrem<br />

früheren Ehemann Adalbert Plica<br />

hat sie Sohn Julian.<br />

pet<br />

Foto: picture alliance/SvenSimon/Frank Hoermann<br />

Druckverfahren<br />

(Kw.)<br />

veralt.:<br />

Zeitraum<br />

vor<br />

Ostern<br />

Stoßdegen,<br />

Fechtwaffe<br />

Stadt am<br />

Nil (Staudamm)<br />

menschlicher<br />

Laut<br />

Männerkurzname<br />

Parteimitglied,<br />

Kamerad<br />

gelogen,<br />

nicht<br />

richtig<br />

aufführen<br />

nicht vertraut,<br />

unbekannt<br />

Adlige<br />

ehem. dt.<br />

Biathletin<br />

(Katrin)<br />

zensieren<br />

Elch<br />

Weltalter,<br />

Ewigkeit<br />

Erteilung<br />

eines<br />

Auftrags<br />

Bindewort<br />

engl.<br />

Rockband<br />

(The ...)<br />

Enterich<br />

ehem.<br />

Münze in<br />

Frankreich<br />

Staat der<br />

USA<br />

digital.<br />

Kürzel der<br />

Datennetz<br />

Sowjetunion<br />

Südosteuropäer<br />

Beginn,<br />

Eröffnung<br />

seel. Erschütterung<br />

altertümlich<br />

Sportkleidung<br />

(Mz.)<br />

erster dt.<br />

Reichspräsident<br />

franz.<br />

Philosoph<br />

†1980<br />

franz.<br />

Schauspieler<br />

(Alain)<br />

Tabakgift<br />

Fehlfarbe<br />

beim<br />

Kartenspiel<br />

aufhören<br />

finn.<br />

Rekordläufer<br />

†1973<br />

Radiosendebereich<br />

(Kw.)<br />

anhänglich<br />

dt.<br />

Spielkarte<br />

Titel der<br />

jüd. Geistlichen<br />

Bodenfläche<br />

überängstlich,<br />

mutlos<br />

edel,<br />

vornehm<br />

inwendig,<br />

innen<br />

überzogene<br />

Mandelsplitter<br />

Wesentliches<br />

einer<br />

Sache<br />

engl.:<br />

neun<br />

Musikstück,<br />

Lied<br />

großer<br />

Lärm<br />

Stirnschmuck<br />

(Mz.)<br />

auf<br />

Rechnung<br />

(2W.)<br />

Abk.:<br />

Ostsüdost<br />

Flugzeugbesatzung<br />

Besteck<br />

und<br />

Serviette<br />

slaw.<br />

Herrschertitel<br />

Nordpolargebiet<br />

Kirchengesang<br />

Baustoff<br />

Mappe,<br />

Beutel<br />

Abk.: incorporated<br />

ital. Restaurant<br />

Warthe-<br />

Zufluss<br />

betagt<br />

eigensinnig,<br />

starrköpfig<br />

Grundschleppnetz<br />

Sportwette<br />

© RateFUX <strong>2023</strong>-315-007<br />

zeitlich<br />

ausgedehnt<br />

kroatische<br />

Adriainsel<br />

Blattvorderseite<br />

Bundeskriminalpolizei<br />

der<br />

USA<br />

Lösung:<br />

S<br />

O<br />

L<br />

I<br />

R<br />

E<br />

B<br />

E<br />

L<br />

L<br />

A<br />

W<br />

E<br />

I<br />

T<br />

A<br />

B<br />

G<br />

R<br />

A<br />

U<br />

S<br />

A<br />

M<br />

T<br />

O<br />

R<br />

F<br />

T<br />

E<br />

R<br />

E<br />

S<br />

A<br />

B<br />

R<br />

E<br />

K<br />

T<br />

O<br />

D<br />

T<br />

O<br />

R<br />

S<br />

O<br />

Statuenrumpf<br />

<strong>ohne</strong> Kopf<br />

und Arme<br />

'Mutter<br />

der<br />

Armen' †<br />

L<br />

A<br />

N<br />

G<br />

E<br />

H<br />

R<br />

A<br />

L<br />

T<br />

T<br />

A<br />

I<br />

N<br />

C<br />

T<br />

A<br />

S<br />

C<br />

H<br />

E<br />

P<br />

I<br />

Z<br />

Z<br />

E<br />

R<br />

I<br />

A<br />

B<br />

E<br />

T<br />

O<br />

N<br />

T<br />

G<br />

E<br />

D<br />

E<br />

C<br />

K<br />

M<br />

O<br />

S<br />

O<br />

A<br />

C<br />

O<br />

N<br />

T<br />

O<br />

R<br />

B<br />

C<br />

R<br />

E<br />

W<br />

N<br />

K<br />

K<br />

E<br />

R<br />

N<br />

K<br />

R<br />

O<br />

K<br />

A<br />

N<br />

T<br />

U<br />

fern,<br />

entlegen<br />

N<br />

I<br />

N<br />

E<br />

F<br />

E<br />

I<br />

G<br />

E<br />

I<br />

I<br />

N<br />

T<br />

U<br />

S<br />

R<br />

A<br />

B<br />

B<br />

I<br />

N<br />

E<br />

R<br />

T<br />

R<br />

E<br />

U<br />

S<br />

T<br />

T<br />

F<br />

S<br />

A<br />

R<br />

T<br />

R<br />

E<br />

B<br />

E<br />

E<br />

N<br />

D<br />

E<br />

N<br />

D<br />

E<br />

L<br />

O<br />

N<br />

T<br />

H<br />

S<br />

T<br />

R<br />

A<br />

U<br />

M<br />

A<br />

Moorprodukt<br />

schrecklich,<br />

roh,<br />

gefühllos<br />

Aufrührer,<br />

Aufständischer<br />

Steuer d.<br />

Wiedervereinigung<br />

R<br />

U<br />

M<br />

A<br />

E<br />

N<br />

E<br />

I<br />

O<br />

W<br />

A<br />

M<br />

S<br />

O<br />

U<br />

E<br />

R<br />

P<br />

E<br />

L<br />

W<br />

H<br />

O<br />

I<br />

S<br />

D<br />

N<br />

A<br />

L<br />

S<br />

V<br />

E<br />

R<br />

G<br />

A<br />

B<br />

E<br />

A<br />

E<br />

O<br />

N<br />

O<br />

F<br />

F<br />

S<br />

E<br />

T<br />

F<br />

U<br />

G<br />

S<br />

A

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!