RSV-Festschrift
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Es war einmal…<br />
… ein Altbauer der sich von seinem 90. bis zu seinem<br />
95. Lebensjahr täglich mit einem Ochsenkarren auf die Höhe<br />
des Sommerbergs bringen ließ, um von dort zu Fuß den<br />
Gottesdienst auf dem Lindenberg zu besuchen. Zuvor hatte er<br />
jahrelang den beschwerlichen Weg vom Tal auf die Höhe zu<br />
Fuß zurückgelegt. In seinem ganzen Leben soll dieser fromme<br />
Mann nur dreimal in einem Gasthaus gewesen sein: bei seiner<br />
Hochzeit, der Hochzeit seiner Schwester und derjenigen seines<br />
Hofnachfolgers.<br />
… Tanz zur Ziehharmonika im Wirtshäusle 1888<br />
Pfarrer Weiß notierte 1889: „Voriges Jahr entdeckte ich, dass<br />
dort (beim Tanz zur Ziehharmonika im Ibentäler Wirtshäusle)<br />
sämtliche Schulkinder außer zwei, rauchen. Die männliche<br />
Jugend, selbst Kinder, sind rauflustig. Ein Mädchen von dort<br />
konnte dieses Jahr nicht zur ersten hl. Communion zugelassen<br />
werden, wegen zu großer Verkommenheit in sittlicher Hinsicht.“<br />
… der Hexentanz:<br />
In früheren Jahren hat in der Walpurgisnacht auf der Anhöhe<br />
zwischen Wagensteig und dem Ibental, beim „Schwarzwaldwägli“<br />
südwestlich vom „Rombache‘ hi:sli“, immer der Hexentanz<br />
stattgefunden. Jedermann wusste von diesem Geschehen<br />
und hat sich daher auch immer entsprechend verhalten und<br />
diesen Ort gemieden. Einer der letzten Knechte vom Falkenhof<br />
hat dieses Wissen jedoch nicht ernst genommen und musste<br />
deshalb eine böse Erfahrung machen.<br />
Zu später Stunde befand er sich auf dem Heimweg von einer<br />
Hochzeitsfeier in St. Märgen und hat der Tatsache, dass gerade<br />
Walpurgisnacht war, keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.<br />
Er war daher nicht wenig erstaunt, kurz vor seinem<br />
Abstieg ins Wagensteigtal plötzlich auf dem Bergkamm ein<br />
wildes Treiben zu beobachten. Aus einiger Entfernung konnte<br />
er sehr anmutig aussehende, junge Frauengestalten ganz deutlich<br />
erkennen. Bald war er von der Grazie und dem Liebreiz<br />
der Tänzerinnen derart fasziniert und hingerissen, dass er sich<br />
ihnen langsam zu nähern wagte. Was dann geschah, muss<br />
jedoch sehr schlimm gewesen sein.<br />
Denn erst bei Sonnenaufgang zu Hause angekommen, verweigerte<br />
er fortan jede nähere Auskunft über die Geschehnisse<br />
jener Nacht und machte von diesem Tage an zeitlebens immer<br />
einen großen Bogen um besagte Stelle auf der Berghöhe.<br />
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