RSV-Festschrift
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Wallfahrtskirche Maria Lindenberg<br />
Nach einer Parteirevolte der damals allmächtigen Nationalliberalen<br />
in Offenburg schritt Staatsminister Jolly zu einem<br />
Gewaltakt, der im badischen Kulturkampf große Wellen schlug.<br />
Mit Hilfe von einem Dutzend Gendarmen wurden am Aschermittwoch<br />
1869 41 Schwestern vom Lindenberg vertrieben,<br />
weil ihr Zusammenleben gesetzwidrig sei. Selbst als 8 Schwestern<br />
durch Kaufvertrag grundbuchmäßige Eigentümerinnen am<br />
Lindenberg geworden waren, wurden sie von acht Polizisten<br />
„im Namen des Gesetzes“ verjagt. Die vertriebenen Schwestern<br />
mussten ins Ausland gehen, in die Schweiz, nach Hohenzollern<br />
und ins Elsass.<br />
Erbe der 1878 verstorbenen Veronika Benitz auf dem Lindenberg<br />
wurde durch Testament der Freiburger Rechtsanwalt und<br />
Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Marbe, der 1881 die Kapelle<br />
renovieren ließ und 1906 die drei Güterkomplexe an die<br />
Gemeinde Unteribental für 80 000 Mark verkaufte. Mit dem<br />
Erlös wurde eine Lokalkaplanei (Wohn- und Diensthaus eines<br />
Kaplans) gegründet. Nachdem seit 1915 Exerzitien abgehalten<br />
wurden, veräußerte die Gemeinde 1923 ihre Liegenschaften<br />
auf dem Lindenberg samt dem Renzenhof an das Erzbischöffliche<br />
Missionsinstitut, das 1927 ein Kur- und Exerzitienhaus<br />
bauen ließ. Die Besinnungstage wurden im 2. Weltkrieg unterbrochen<br />
durch die Einquartierung von Volksdeutschen aus dem<br />
Osten und Müttern mit Kleinkindern.<br />
Nach Kriegswende wurden die Exerzitien wieder aufgenommen<br />
und ab 1948 kamen die Brautleutewochen hinzu und im<br />
Jahre 1955 heirateten 118 Paare auf dem Lindenberg. Während<br />
eines Umbaus 1977 wurde das Kur- und Exerzitienhaus<br />
durch einen Schwelbrand zerstört. Bereits 1975 entstand eine<br />
Pilgergaststätte und 1980 wurde das neue Exerzitienhaus und<br />
ein Personalhaus fertiggestellt. Von 1983 bis 1984 wurde vom<br />
Frauenbrunnen bis zum Wallfahrtsplatz ein Kreuzweg errichtet.<br />
Jedes Steinkreuz wurde gespendet, die Spender sind auf<br />
der Rückseite der Steine eingraviert. 1995 kam am südl. Hang<br />
der Pilgersaal St. Josef (150 Pers.) hinzu. 1997 wurden 500<br />
Jahre Wallfahrtsstätte „Maria Lindenberg“ gefeiert. Seit 1908<br />
leben Franziskanerinnen aus dem Mutterhaus in Gengenbach<br />
auf dem Lindenberg. 1955 eröffnete das Männerwerk der<br />
Erzdiözese Freiburg die Ewige Anbetung. Ursprung war der<br />
erste Besuch nach dem 2. Weltkrieg von Kanzler Adenauer in<br />
Moskau. 30 Männer pilgerten nach Sachseln/Flüeli zum Schweizer<br />
Friedensheiligen Nikolaus von Flüe, um dort Tag und Nacht<br />
für den Frieden zu beten. Von da an versprachen sie, dies jedes<br />
Jahr auf dem Lindenberg zu tun. Seitdem wird inzwischen das<br />
ganze Jahr (außer Dezember) rund um die Uhr gebetet, Wechsel<br />
immer samstags. Jede Gruppe, die aus 20 bis 28 Männern<br />
besteht, hat einen Obmann, der die Männer in dreier- oder<br />
vierer-Gruppen einteilt. Tagsüber dauert eine Schicht eine<br />
Stunde, nachts zwei Stunden. Alljährlich beteiligen sich etwa<br />
1000 Männer aus allen Teilen des Erzbistums. 1982 wurden die<br />
Fatima-Tage eingeführt. An jedem 13. der Monate Mai bis<br />
Oktober finden abends Gottesdienste mit einer Lichterprozession<br />
statt, welche sehr feierlich und sehr gut besucht sind.<br />
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