GSa163_Sept23_Pausenkulturen
Pausenkulturen
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Praxis: Rundschau <strong>Pausenkulturen</strong><br />
Die Serie zum Thema Religion(en) in der Grundschule geht zu Ende<br />
Neben den Themenschwerpunkten jedes einzelnen Heftes<br />
nimmt sich die Redaktion von Zeit zu Zeit bestimmten Themen<br />
in Form einer Serie über mehrere Hefte hinweg an. Beginnend<br />
in der GS aktuell 158 haben fünf Autor*innen ihre Überlegungen<br />
dargelegt, mit dem nachfolgenden Beitrag von Hans Brügelmann<br />
endet nun diese Serie. Ich möchte Sie einladen, noch<br />
einmal alle Beiträge zu lesen und diese zusammen mit den Gedanken<br />
von Hans Brügelmann mit ihren Kolleg*innen zu diskutieren.<br />
Wie stellen Sie sich den Umgang mit Religionen und<br />
religiöser Bildung in der Grundschule künftig vor? Unser Auftakt<br />
war der Artikel von Dr. Petra Lenz, in dem sie die enge Verbindung<br />
von kultureller und religiöser Bildung betont. Bert Schmid<br />
macht im Anschluss deutlich, dass die Notwendigkeit zur Transformation<br />
unseres Bildungswesens auch die religiöse Bildung zu<br />
einer Neuaufstellung zwingt. Bei Dr. Damaris Knapp erfahren wir<br />
vieles über die bereits laufenden Veränderungen in den Zielen<br />
und Formen des Religionsunterrichts an Grundschulen. Dr. Heribert<br />
Prantl setzt sich mit dem Ethik-Unterricht als Ersatz oder<br />
Ergänzung des Religionsunterrichtes auseinander. Zuletzt richtet<br />
Axel Backhaus sein Augenmerk auf die Bekenntnisschulen als<br />
hochproblematischen Teil eines auf Inklusion ausgerichteten<br />
Bildungswesens.<br />
Wir freuen uns über eine kurze Rückmeldung von Ihnen zu<br />
unserer Serie. Welches Thema würde Sie in einer weiteren Serie<br />
interessieren? Schreiben Sie uns an gabriele.klenk@grundschulverband.de<br />
oder marion.gutzmann@vs-grundschulverband.de<br />
Und nun viel Freude bei unserem abschließenden Artikel.<br />
Michael Töpler<br />
„Der Religionsunterricht ist die letzte Oase …“<br />
Über Chancen und Probleme eines Faches Religion in der<br />
Grundschule<br />
Konfessioneller oder ökumenischer<br />
Religionsunterricht, daneben<br />
noch ein Angebot für Muslime<br />
oder doch besser ein Lernbereich<br />
„Lebensgestaltung–Ethik–Religionskunde“<br />
(LER) für alle? Über die Frage,<br />
wo und wie Religion ihren Ort im Curriculum<br />
der Grundschule finden soll, ist<br />
in den letzten Jahren heftig gestritten<br />
worden. 1<br />
Grundschulpädagoge (GP): Ich respektiere<br />
religiöse Bekenntnisse, aber<br />
in unserer pluralistischen Gesellschaft,<br />
finde ich, hat Religion in der Schule<br />
nichts zu suchen. Dafür gibt es Kirchen,<br />
Konfirmations- und Kommunionsunterricht.<br />
Kirche und Staat werden<br />
auch in anderen Demokratien selbstverständlich<br />
getrennt, zum Beispiel bei<br />
unseren Nachbarn in Frankreich. Wenn<br />
überhaupt, dann ein Angebot für freiwilligen<br />
Nachmittagsunterricht analog<br />
zur Koranschule der Muslime.<br />
Aktualisierte Fassung von: Warum heute noch<br />
Religion unterrichten? Über Chancen und<br />
Schwierigkeiten eines Faches Religion in der<br />
Grundschule. In: Grundschulzeitschrift, 22. Jg.,<br />
H. 212/213, 13–15.<br />
Religionslehrer (RL): Aber das kann<br />
man doch nicht vergleichen. Historisch<br />
hat sich die Beziehung von Christentum<br />
und Staat in Deutschland eben anders<br />
entwickelt als in Frankreich. Und in arabischen<br />
Ländern muss der christliche<br />
Religionsunterricht auch nachmittags in<br />
den Kirchen stattfinden. Bei uns ist der<br />
Religionsunterricht in Art. 7 des Grundgesetzes<br />
verfassungsrechtlich garantiert<br />
– übrigens ausdrücklich „in Übereinstimmung<br />
mit den Grundsätzen der<br />
Religionsgemeinschaften!“ …<br />
GP: … wobei ich denke, die Situation<br />
hat sich erheblich verändert seit Verabschiedung<br />
des Grundgesetzes 1949<br />
– die Bedeutung von Religion und Kirchen<br />
in der Gesellschaft, vor allem aber<br />
die der konfessionellen Zugehörigkeit<br />
hat abgenommen, da kann man die fast<br />
75 Jahre alten Gesetze nicht einfach so<br />
übernehmen …<br />
Grundschullehrerin (GL): … obwohl:<br />
die zu ändern, das ist eher ein politisches<br />
Problem. Für mich als Lehrerin<br />
stellt sich die Frage spezifischer:<br />
Gehört Religion schon in die Grundschule?<br />
Es ist doch kein Zufall, dass<br />
selbst die Kirchen Kommunions- und<br />
Konfirmationsunterricht erst für ältere<br />
Kinder vorsehen<br />
Religionsdidaktikerin (RD): Aber man<br />
muss doch zur Kenntnis nehmen, dass<br />
schon kleine Kinder über Leben und<br />
Tod, über Gerechtigkeit und Schicksalsschläge<br />
nachdenken. Was haben Sie also<br />
konkret gegen eine Beschäftigung mit<br />
Religion in der Grundschule?<br />
GP: Wenn das heißt, dass Schule die<br />
existenziellen Erfahrungen der Kinder<br />
ernst nehmen soll, verändert sich<br />
für mich die Frage. Religion in diesem<br />
Sinne gehört auch für mich zur<br />
Allgemeinbildung, wie sie beispielsweise<br />
von Heymann in vier seiner sieben<br />
Dimensionen konkretisiert wird. 2<br />
Probleme habe ich aber mit zwei<br />
anschließenden Fragen:<br />
Sollte diese Auseinandersetzung in<br />
einem eigenständigen Fach geschehen?<br />
Und zudem: Ist dieses konfessionsgebunden<br />
auszurichten?<br />
RD: Nicht so schnell: Wir sind uns also<br />
darin einig, dass mit Kindern schon im<br />
Grundschulalter ernsthaft über religiöse<br />
Fragen gesprochen werden kann und<br />
zweitens, dass auch die Schule Raum<br />
für die Sinnfragen und für die persönlichen<br />
Erfahrungen der Kinder bieten<br />
muss?<br />
GL: Ja, aber nur, wenn man „religiös“<br />
weit fasst, also als Beschäftigung<br />
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GS aktuell 163 • September 2023