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Sachwert Magazin 04/23

Monaco | Immobilienmarkt der Superlative KI-Fonds besser als MSCI World | Stefan Riße Eine kleine Geschichte der Inflation Vermögen für die nächste Generation? | Thomas Hennings Silber boomt | Was Silber als Wertanlage interessant macht Mächtige Topformation des S&P 500 und des DAX | Marktkommentar Claus Vogt Die explosiven Blasen der ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts

Monaco | Immobilienmarkt der Superlative
KI-Fonds besser als MSCI World | Stefan Riße
Eine kleine Geschichte der Inflation
Vermögen für die nächste Generation? | Thomas Hennings
Silber boomt | Was Silber als Wertanlage interessant macht
Mächtige Topformation des S&P 500 und des DAX | Marktkommentar Claus Vogt
Die explosiven Blasen der ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts

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Nr. <strong>04</strong> l 20<strong>23</strong> • www.sachwert-magazin.de<br />

EDELMETALLE ROHSTOFFE IMMOBILIEN BETEILIGUNGEN RARITÄTEN WISSEN<br />

EUR 3,90<br />

KI-Fonds<br />

besser als<br />

MSCI World<br />

Stefan Riße<br />

Silber<br />

boomt<br />

Was Silber<br />

als Wertanlage<br />

interessant macht<br />

Investor<br />

Robert Geiss<br />

berichtet<br />

Unglaubliches<br />

Bilder: Depositphotos / monticello, IMAGO / Future Image (gbrci), ACATIS Investment KVG mbH<br />

MONACO<br />

Immobilienmarkt<br />

der Superlative


Die neuen Ausgaben jetzt lesen<br />

Ausgabe 126<br />

Ronny Wagner<br />

Keine Angst<br />

vor Schwarzen<br />

Schwänen!<br />

Ausgabe 128<br />

Frank Thelen<br />

»Bin voll<br />

investiert«<br />

Ausgabe 127<br />

Paul Misar<br />

Immobilien-<br />

Boom auf der<br />

Sonneninsel<br />

Lesen Sie jeden Monat aktuell<br />

<strong>Sachwert</strong> <strong>Magazin</strong> ePaper<br />

www.sachwert-magazin.de/kostenlose-online-ausgabe


Editorial<br />

Julien Backhaus<br />

Verleger<br />

Bild: Oliver Reetz, Cover: FinanzBuch Verlag<br />

<strong>Sachwert</strong>e – stabile Geldanlagen<br />

in stürmischen Zeiten?<br />

Das nächste Heft<br />

erscheint am<br />

30. November 20<strong>23</strong><br />

Die Zeiten haben sich geändert. Das gilt<br />

besonders für den Immobilienmarkt – und<br />

zwar eigentlich weltweit. Ob in den USA,<br />

Europa oder China – große Immobilienkonzerne<br />

sind ins Straucheln geraten, Entwickler<br />

kämpfen ums Überleben. Jahrzehntelang<br />

war eine Immobilienparty im Gange<br />

und kaum einer sah das Ende nahen. Nun<br />

lecken sich viele die Wunden, Projekte wurden<br />

eingestellt oder zusammengestrichen.<br />

Aus manchem geplanten Prachtbau wurde<br />

ein Nutzbau. Nur zählt all das nicht in Monaco.<br />

Das kleine Fürstentum ist weiterhin<br />

das Mekka der Millionäre und Milliardäre.<br />

Und die Quadratmeterpreise sind exorbitant,<br />

wie Immobilienunternehmer Robert<br />

Geiss zu berichten weiß. Unsere Recherche<br />

fördert Erstaunliches zu Tage.<br />

Das andere große Thema unserer Zeit ist<br />

die Künstliche Intelligenz. Sie hält Einzug<br />

in alle Lebensbereiche und ist daher auch<br />

in den Fokus der Investoren gerückt. Wie<br />

die Finanzmärkte von dem Thema profitieren,<br />

erklärt Experte Stefan Riße. Und was<br />

geschieht mit all dem Vermögen, wenn<br />

es einmal vererbt wird? Das weiß Experte<br />

Thomas Hennings, der in seinem Beitrag<br />

das Thema Erbschaft genau beleuchtet.<br />

Dabei gibt es schließlich viele Fallen, in die<br />

viele nur zu gerne tappen. Der Fiskus freut<br />

sich – der Erbe nicht.<br />

Viel Vergnügen bei der Lektüre<br />

Ihr Julien Backhaus<br />

Verleger<br />

Seit Juli 2021<br />

im Handel!<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

3


Best of web<br />

Best of Web<br />

Nucera-CEO: »Ziele voll umfänglich erreicht«<br />

Nucera, die Wasserstoff-Tochter des Traditionsunternehmens<br />

Thyssenkrupp hat den<br />

Börsengang gewagt. Am Freitag, den 7.<br />

Juli, läutete Nucera-CEO Werner Ponikwar<br />

die Börsenglocke für das im Jahr 2015 unter<br />

dem Namen Thyssenkrupp Uhde Chlorine<br />

Engineers gegründete Unternehmen,<br />

das seit 2022 als Thyssenkrupp Nucera<br />

bekannt ist.<br />

Für den Chef des Unternehmens war der<br />

Börsengang ein voller Erfolg: »Wir haben<br />

unsere Ziele voll umfänglich erreicht, wir<br />

wollten zwischen 500 und 600 Millionen<br />

Euro hier an der Börse einnehmen, das ist<br />

uns gelungen«, wird Ponikwar auf dem<br />

Online-Portal der »Tagesschau« zitiert.<br />

Nucera produziert sogenannten »grünen«<br />

Wasserstoff. Dieser wird gewonnen, indem<br />

Wasser per Elektrolyseanlagen ...<br />

Den ganzen Artikel können Sie unter<br />

www.sachwert-magazin.de lesen.<br />

China will für die Ausfuhr von Gallium und<br />

Germanium eine Lizenz einführen<br />

China erschwert den Export von wichtigen<br />

Rohstoffen, die für die Chipherstellung<br />

nötig sind. Laut eines Berichts<br />

des Onlinemagazins des »Spiegel« unter<br />

Berufung auf das Handelsministerium<br />

in Peking müssen Unternehmen ab 1.<br />

August für die Ausfuhr von Galliumund<br />

Germanium-Produkten eine Lizenz<br />

beantragen. Damit sollten die strategischen<br />

Interessen und die Sicherheit der<br />

Volksrepublik gewahrt werden, heiße es<br />

aus dem Ministerium.<br />

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte dem<br />

Bericht zufolge, die Bundesregierung beobachte<br />

»die Entwicklung sehr genau«.<br />

Es handele sich bei der Entscheidung der<br />

Regierung in Peking bislang allerdings<br />

um ein »rechtliches Regime« und nicht<br />

um eine Exportbeschränkung. Laut dem<br />

Bericht warnte John Strand, Gründer der<br />

Beratungsfirma Strand Consult, vor ...<br />

Den ganzen Artikel können Sie unter<br />

www.sachwert-magazin.de lesen.<br />

Deutsche Exporte verzeichnen Rückgang<br />

Im Mai 20<strong>23</strong> hatten Exporte aus Deutschland<br />

einen Rückgang zu verzeichnen. Das<br />

geht aus einer Mitteilung des Statistischen<br />

Bundesamtes hervor. Es handelt sich dabei<br />

um saisonbereinigte Daten. Demzufolge<br />

sanken die Exporte im Vergleich zum Vormonat<br />

um 0,1 Prozent – also auf 130,5<br />

Milliarden Euro. Im Vergleich zum Mai des<br />

Vorjahres ist sogar ein Rückgang von 0,7<br />

Prozent zu verzeichnen. Der Nachrichtenagentur<br />

»Reuters« zufolge hätten Ökonomen<br />

zuvor mit einem Plus von 0,3 Prozent<br />

gerechnet. Aus Expertenkreisen wird dies<br />

als ein Zeichen gewertet, dass die Rezession<br />

noch einige Zeit spürbar bleiben wird.<br />

»Damit erhärtet sich (…) der Verdacht, dass<br />

aus einer konjunkturellen Erholung vorerst<br />

nichts wird«, wird Thomas Gitzel, Chefvolkswirt<br />

der VP-Bank, auf dem Online-<br />

Portal der »Tagesschau« zitiert. ING-Chefvolkswirt<br />

Carsten Brzeski gibt als Gründe<br />

für die sinkenden Export-Einnahmen die<br />

schwächere Auftragslage, die Inflation und<br />

eine allgemeine hohe Unsicherheit an.<br />

Nach wie vor sind die USA der stärkste Abnehmer<br />

für Waren aus Deutschland: Produkte<br />

im Wert von 12,7 Milliarden Euro<br />

wurden im untersuchten Zeitraum dorthin<br />

transportiert. Dies waren allerdings 3,6 Prozent<br />

weniger als im April. Die Exporte nach<br />

China und in das Vereinigte Königreich<br />

stiegen hingegen an: Für China konnte ein<br />

Plus von 1,6 Prozent erzielt werden und im<br />

Vereinigten Königreich wurde ein ...<br />

Diesen und andere Artikel finden Sie<br />

unter www.sachwert-magazin.de.<br />

Bilder: IMAGO / snowfieldphotography, Depositphotos / HayDmitriy / kamonrat<br />

4 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Inhalt <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

Titelstory<br />

06 Immobilienmarkt der Rekorde<br />

Das Fürstentum Monaco sprengt<br />

alle Grenzen<br />

Immobilienmarkt<br />

der Rekorde<br />

Märkte<br />

10 KI-Fonds besser als MSCI World<br />

Stefan Riße<br />

Wissen<br />

12 Eine kleine Geschichte der Inflation<br />

Auszug aus dem Buch »Die Inflation von<br />

19<strong>23</strong>« von Frank Stocker<br />

18 Vermögen für die nächste Generation?<br />

Thomas Hennings<br />

06<br />

Bild: Depositphotos / vichie81<br />

Edelmetalle<br />

21 Silber boomt<br />

Was den kleinen Bruder des Goldes als<br />

Wertanlage interessant macht<br />

Marktkommentar<br />

22 Mächtige Topformation des S&P 500<br />

und des DAX<br />

Claus Vogt<br />

Börse<br />

24 Die explosiven Blasen der ersten<br />

Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts<br />

Auszug aus dem Buch »A Random Walk<br />

Down Wall Street« von Burton G. Malkiel<br />

Sonstiges<br />

<strong>04</strong> Best of Web<br />

Impressum<br />

<strong>Sachwert</strong> <strong>Magazin</strong> ISSN 2197-1587<br />

Redaktion<br />

Zum Flugplatz 44, 27356 Rotenburg<br />

Tel: (0 42 68) 9 53 <strong>04</strong>-91, Fax: 9 53 <strong>04</strong>-92<br />

E-Mail: redaktion@sachwert-magazin.de<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.) Julien Backhaus<br />

Redaktion: Anna Seifert, Martina Karaczko<br />

Objektleitung: Judith Iben<br />

Layout und Gestaltung: Stefanie Schulz,<br />

Judith Iben, Christina Meyer<br />

E-Mail: magazine@backhausverlag.de<br />

Verlag<br />

Backhaus Finanzverlag GmbH ist ein<br />

Unternehmen der Backhaus Mediengruppe<br />

Holding GmbH<br />

Geschäftsführer Julien Backhaus<br />

Herausgeber, Verleger Julien Backhaus<br />

E-Mail: info@backhausverlag.de<br />

Lektorat<br />

Ole Jürgens Onlineservices<br />

Dr. Ole Jürgens<br />

Jägerhöhe 36,<br />

27356 Rotenburg<br />

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Oskar-Schulze-Straße 12,<br />

28832 Achim<br />

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Neuer Höltigbaum 2<br />

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Telefon (0 42 68) 9 53 <strong>04</strong>-91<br />

Onlineredaktion & Anzeigen<br />

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Autoren (Verantwortliche i.S.d.P.)<br />

Die Autoren der Artikel und Kommentare im <strong>Sachwert</strong><br />

<strong>Magazin</strong> sind im Sinne des Presserechts selbst verantwortlich.<br />

Die Meinung der Autoren spiegelt nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Trotz<br />

sorgfältiger Prüfung durch die Redaktion wird in keiner<br />

Weise Haftung für Richtigkeit, geschweige denn für<br />

Empfehlungen, übernommen.<br />

Für den Inhalt der Anzeigen sind die Unternehmen<br />

verantwortlich.<br />

Vervielfältigung oder Verbreitung nicht ohne Genehmigung<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Verbandsmitgliedshaften des Verlags:


Titelstory<br />

IMMOBILIENMARKT<br />

DER REKORDE:<br />

Das Fürstentum Monaco sprengt alle Grenzen<br />

Das erste Quartal des Jahres<br />

20<strong>23</strong> – in Deutschland war<br />

das der Zeitraum, in dem die<br />

Schwierigkeiten der Immobilienbranche<br />

erstmals sichtbar<br />

wurden: Um 6,8 Prozent im Vergleich<br />

zum Vorjahr fielen hierzulande die Preise<br />

für Wohneigentum; Zahlen also, welche<br />

die Auswirkungen der Inflation und Zinsanhebungen<br />

nur allzu deutlich werden<br />

ließen, markierten sie doch den stärksten<br />

Preisrückgang seit <strong>23</strong> Jahren. Das blieb für<br />

die Immobilienbranche nicht ohne Folgen:<br />

Große Wohnungskonzerne etwa ließen<br />

geplante Neubauprojekte ruhen und in<br />

den Medien wurde bereits öffentlich über<br />

ein Platzen der sogenannten Immobilienblase<br />

spekuliert.<br />

Im nur einige hundert Kilometer entfernten<br />

Fürstentum Monaco allerdings übertraf<br />

der Immobilienmarkt alle Erwartungen:<br />

Allein in den ersten drei Monaten des<br />

Jahres wechselte schließlich Wohneigentum<br />

in Höhe von über 400 Millionen Euro<br />

den Besitzer – eine Summe, die sogar »IM-<br />

SEE«, die Statistische Behörde des kleinen<br />

Staates, als einen »absolute(n) Rekord«<br />

bezeichnete. 57.000 bis 65.000 Euro: So<br />

viel müssen Investoren in dem Zwergstaat<br />

an der französischen Riviera aktuell für<br />

einen Quadratmeter bezahlen – im Durchschnitt,<br />

versteht sich. In Einzelfällen könne<br />

der Quadratmeter auch bis zu 120.000<br />

Euro kosten, das teilte der seit 30 Jahren<br />

in Monaco ansässige Immobilien Unternehmer<br />

und Multimillionär Robert Geiss<br />

erst kürzlich im Interview mit Michael<br />

Menter mit. Doch solche Höhen scheinen<br />

hier offenbar niemanden abzuschrecken.<br />

Was ist es also, was den Immobilienmarkt<br />

Monacos so attraktiv macht und die Kosten<br />

für Wohneigentum noch steigen lässt,<br />

während anderswo in Europa eine Immobilienkrise<br />

droht?<br />

6 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Titelstory<br />

Bilder: Depositphotos / vichie81, Marc Müller<br />

MONACO:<br />

HOTSPOT DER HIGH SOCIETY<br />

Der repräsentative Yachthafen am Port<br />

Hercule gibt den Blick auf die Skyline<br />

Monte Carlos frei: Imposante Villen stehen<br />

hier dicht an dicht inmitten einer malerischen<br />

Landschaft. Der erste Eindruck<br />

trügt nicht: Denn tatsächlich ist Platz im<br />

malerischen, etwa zwei Quadratkilometer<br />

großen Fürstentum Mangelware – der<br />

Wohnungsmarkt von Monaco ist also exemplarisch<br />

für ein knappes Angebot, das<br />

auf eine hohe Nachfrage trifft. Und die<br />

gibt es gerade deswegen, weil sich die<br />

Attraktivität des Stadtstaats nicht nur aus<br />

seiner mediterranen Landschaft in exponierter<br />

Lage ergibt, denn: Hier Eigentum<br />

zu erwerben, gilt bereits seit dem 20. Jahrhundert<br />

als ein Statussymbol. So reihen<br />

sich Luxusboutiquen an Spielcasinos und<br />

erlesene Restaurants; Sehenswürdigkeiten<br />

wie die berühmte Formel-1-Strecke, die<br />

sich durch das Fürstentum hindurch zieht,<br />

garantieren kulturelle Highlights – Monaco<br />

ist ein Land der Superlative, daran lässt<br />

die Infrastruktur keinen Zweifel.<br />

Hier ist der größte Weinkeller zu finden,<br />

das weltweit erste Drei-Sterne-Hotelrestaurant<br />

und die teuerste Wohnung der<br />

Welt ohnehin – nirgendwo sonst sind<br />

schließlich über 29 Prozent der Einwohner<br />

Dollar-Millionäre. Nico Rosberg, Shirley<br />

Bassey und Alexander Zverev – sie sind<br />

nur einige der prominenten Bewohner des<br />

37.000-Einwohner-Staates an der Côte<br />

d’Azur. Dabei geht es nicht nur darum,<br />

zu sehen und gesehen zu werden – Monaco<br />

ist vor allem ein Business-Standort.<br />

Hier werden geschäftliche Beziehungen<br />

geknüpft, Verträge geschlossen und bestehendes<br />

Vermögen gesichert. Denn<br />

Monacos hohe Anziehungskraft auf<br />

In Einzelfällen könne der<br />

Quadratmeter auch bis<br />

zu 120.000 Euro kosten,<br />

das teilte der seit 30 Jahren<br />

in Monaco ansässige<br />

Immobilien Unternehmer<br />

und Multimillionär<br />

Robert Geiss [...] mit.<br />

Wohlhabende ist in erster Linie seinem<br />

Ruf als Steuerparadies geschuldet.<br />

STANDORTFAKTOR STEUERVORTEILE<br />

Und tatsächlich werden Einkommen, Vermögen<br />

oder Zugewinn von Privatpersonen<br />

in dieser konstitutionellen Monarchie<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

7


Titelstory<br />

nicht besteuert; eine Ausnahme gilt lediglich<br />

für französische Staatsbürger, da<br />

hier ein bilaterales Abkommen besteht. In<br />

Monaco ansässige Unternehmen zahlen<br />

ebenfalls keine Steuern – jedenfalls, sofern<br />

sie 75 Prozent ihres Gewinns im Inland<br />

erwirtschaften. Die Attraktivität von<br />

Monaco nimmt umso mehr zu, je stärker<br />

andere Steueroasen schwinden; das bemerkte<br />

bereits das »manager magazin«<br />

im Jahr 2014. Weil das Schweizer Bankgeheimnis<br />

mehr und mehr aufgeweicht werde,<br />

zöge es die Reichen nun in das Fürstentum,<br />

erläuterte das <strong>Magazin</strong> damals<br />

mit Verweis auf die Nachrichtenagentur<br />

Bloomberg – und diese Aussage wird von<br />

aktuellen Zahlen bestätigt: Denn bei etwa<br />

80 Prozent der Einwohner Monacos handelt<br />

es sich um ausländische Investoren –<br />

eine Anzahl, die stetig steigt: Liegt die Bevölkerungsdichte<br />

derzeit bei etwa 24.360<br />

Personen pro Quadratkilometer, wird diese<br />

doch im Jahr 2050 auf 24.822 Einwohner<br />

angestiegen sein, so lautet jedenfalls<br />

die »Statista«-Prognose.<br />

Neben der minimalen Besteuerung setzt<br />

auch das wirtschaftliche Umfeld Monacos<br />

alles daran, das Vermögen seiner<br />

Einwohner zu schützen. Schließlich ist<br />

der Finanzdienstleistungssektor einer<br />

der wichtigsten monegassischen Wirtschaftszweige:<br />

Rund 30 Banken betreuen,<br />

Zahlen aus dem Jahr 2019 zufolge,<br />

ein Vermögen von etwa 133,8 Milliarden<br />

Euro. Das Image eines besonders sicheren<br />

Staates wird auch durch die hohe<br />

Polizeipräsenz im Land gestützt: Mit über<br />

500 Polizisten weist Monaco die höchste<br />

»Es ist ein verrückter Markt. Man kauft dort nicht nur wegen<br />

des Umfelds, sondern auch wegen des Steuerrechts.«<br />

– Pierre Vaquier<br />

Polizei-Pro-Kopf-Rate auf und mehr als<br />

400 Kameras lassen kaum einen Winkel<br />

des kleinen Landes unbeobachtet.<br />

IMMOBILIENERWERB:<br />

DIE EINTRITTSKARTE IN EINE WELT<br />

VOLLER VORZÜGE<br />

Doch wer von den internen Strukturen<br />

Monacos profitieren möchte, der muss<br />

zunächst investieren, so lautet die Devise,<br />

denn Voraussetzung für eine Aufenthaltsgenehmigung<br />

ist eine hohe Bonität.<br />

Um in Monaco leben zu können, müssen<br />

Antragssteller beispielsweise nachweisen<br />

können, dass sie über »ausreichende finanzielle<br />

Mittel« verfügen – also entweder<br />

einen Arbeitsvertrag bei einem monegassischen<br />

Arbeitgeber oder Ersparnisse<br />

im Wert von mindestens 400.000 Euro auf<br />

einem Privatkonto in Monaco vorlegen<br />

können. Vor allem aber braucht es eine<br />

Unterkunft im Fürstentum – eine Bedingung<br />

also, die wiederum den Immobilienmarkt<br />

des zweitkleinsten Landes der Welt<br />

boomen und die Wirtschaft florieren lässt.<br />

»Es ist ein verrückter Markt«, brachte es<br />

Pierre Vaquier, CEO von Axa Real Estate Investment<br />

Managers, bereits im Jahr 2014<br />

auf den Punkt. »Man kauft dort nicht nur<br />

wegen des Umfelds, sondern auch wegen<br />

des Steuerrechts.«<br />

Der Erhalt von staatlichen Begünstigungen<br />

– er ist ein Ziel, für dessen Erreichen<br />

Geld freilich keine Rolle zu spielen<br />

scheint: Denn wer finanziell so gut aufgestellt<br />

ist, dass er den Lebensmittelpunkt<br />

nach Monaco verlagern kann, dem ist es<br />

auch möglich, die stetig steigenden Immobilienpreise<br />

zu zahlen. Anders als in<br />

Deutschland, wo ein Quadratmeterpreis<br />

von zwanzig Euro nach Aussage des Vonovia-Vorstands<br />

bereits völlig unrealistisch<br />

erscheint, ist die Zahlungsfähigkeit von<br />

Monacos Bevölkerung noch lange nicht<br />

erschöpft; das macht die Entwicklung der<br />

Immobilienpreise deutlich: Um 180 Prozent<br />

seien diese in den vergangenen zehn<br />

Jahren gestiegen, hieß es in einer Untersuchung<br />

der Immobilienberatung »savills«<br />

aus dem Jahr 2017.<br />

IMMOBILIEN – EIN KOSTBARES GUT<br />

IM ZWERGSTAAT MONACO<br />

Dass die Immobilienbranche Monacos<br />

floriert, während sie in weiten Teilen<br />

»Mein Traum ist es,<br />

ein Haus in Monaco<br />

mein Eigen zu nennen.«<br />

– Eva Herzigova<br />

8 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Titelstory<br />

Für das 2,5-Milliarden-<br />

Dollar-Projekt »Mareterra«<br />

der monegassischen Regierung<br />

sind vor der Küste<br />

430.000 Tonnen Sand<br />

aufgeschüttet worden,<br />

um lukratives Land zu<br />

gewinnen.<br />

Eine weitere Expansion<br />

des Immobilienbestandes<br />

in dem Zwergstaat ist das<br />

staatliche und private<br />

Projekt »Testimonio II«,<br />

das derzeit auf dem<br />

letzten freien Grundstück<br />

entsteht.<br />

Bilder: IMAGO / Starface (Frank Castel/MPP STAR) / Peter Seyfferth<br />

Europas unter der Last von steigenden<br />

Produktionskosten ächzt, ist also in erster<br />

Linie ihren einzigartigen geografischen<br />

Voraussetzungen geschuldet, die<br />

anderswo in Europa nicht nachahmbar<br />

sind. Forciert wird dies durch die kluge<br />

Wirtschaftspolitik, welche durch steuerliche<br />

Begünstigungen eine zahlungskräftige<br />

Klientel anzieht, die Möglichkeit<br />

zur Zuwanderung an eine bestimmte<br />

Vermögenshöhe knüpft und damit den<br />

Wettbewerb um ihren Immobiliensektor<br />

noch künstlich verschärft.<br />

Das weckt auch Begehrlichkeiten. »Mein<br />

Traum ist es, ein Haus in Monaco mein Eigen<br />

zu nennen«, soll das ehemalige Topmodel<br />

Eva Herzigova zum Beispiel einst<br />

gesagt haben. Verständlich, geht es doch<br />

den meisten Menschen, die nach Monaco<br />

ziehen, um weit mehr als nur den Hausbesitz.<br />

Damit diese auch zukünftig in das<br />

»Manhattan am Mittelmeer« strömen<br />

werden und mit ihrer Kaufkraft die Wirtschaft<br />

des Landes zu befeuern vermögen,<br />

stellt der Zwergstaat bereits jetzt die Weichen<br />

für eine lukrative Zukunft: Für das<br />

2,5-Milliarden-Dollar-Projekt »Mareterra«<br />

der monegassischen Regierung sind<br />

vor der Küste 430.000 Tonnen Sand aufgeschüttet<br />

worden, um lukratives Land<br />

zu gewinnen. Laut eines Berichtes der<br />

»Berliner Morgenpost« werde eine neue<br />

Fläche in einer Größe von sechs Hektar<br />

geschaffen, um Platz für Immobilien zu<br />

bieten. 15 Luxuswohnhäuser, 14 Villen,<br />

ein Shopping-Center und ein Yachthafen<br />

sollen darauf entstehen, so die Planung,<br />

die eine Fertigstellung bereits im<br />

kommenden Jahr vorsieht. Eine weitere<br />

Expansion des Immobilienbestandes in<br />

dem Zwergstaat ist das staatliche und<br />

private Projekt »Testimonio II«, das derzeit<br />

auf dem letzten freien Grundstück<br />

entsteht. Zwei Wohntürme mit 25 und<br />

30 Stockwerken bieten unter vertikaler<br />

Ausrichtung des beschränkten Platzes<br />

noch einmal 336 Wohnungen. Diese<br />

neuen Projekte sind erwartungsgemäß<br />

auf Luxus ausgerichtet und werden<br />

ihre Käufer finden. Senken wird dieser<br />

Zuwachs an Immobilien die Quadratmeterpreise<br />

im begehrten Fürstentum<br />

voraussichtlich nicht; sind doch durch<br />

die künstliche Beschaffung von Bauland<br />

Kosten entstanden, die es jetzt wieder<br />

zu decken gilt. Und Eva Herzigova bekommt<br />

vielleicht noch eine Chance, ihren<br />

Traum vom monegassischen Eigenheim<br />

zu erfüllen.<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

9


Märkte<br />

ACATIS Investment CEO<br />

Dr. Hendrik Leber.<br />

KI-Fonds<br />

besser als<br />

MSCI World<br />

10 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Märkte<br />

Bilder: IMAGO / Mattias Christ, Depositphotos / phonlamai, ACATIS Investment KVG mbH<br />

Künstliche Intelligenz wird unser<br />

Leben verändern, so viel ist<br />

schon lange klar. Mit der Open<br />

AI Software ChatGPT hat das<br />

Thema aber eine völlig neue Dynamik<br />

bekommen. Kann die KI aber auch<br />

die besseren Aktien finden als ein erfahrener<br />

Investor? Dr. Hendrik Leber, Gründer<br />

und Geschäftsführer der Fondsgesellschaft<br />

ACATIS Investment, war hiervon schon vor<br />

mehr als sieben Jahren überzeugt. Er holte<br />

in sein Portfoliomanagementteam den<br />

Mathematiker Kevin Endler und den Physiker<br />

Dr. Eric Endreß, um KI-Werkzeuge zu<br />

entwickeln, die bessere Value-Investoren<br />

sein würden, als er selbst es ist. Lebers<br />

intellektuelles Vorbild ist Warren Buffett.<br />

Endler und Endreß sollten insofern den<br />

künstlichen Warren Buffett entwickeln.<br />

BIS BELASTBARE GUTE ERGEBNISSE<br />

ENSTANDEN, DAUERTE ES EINE ZEIT<br />

Gute zwei Jahre haben Endler und Endreß<br />

gemeinsam mit dem auf die Entwicklung<br />

von KI-Modellen spezialisierten Institut<br />

NNAISENSE aus der Schweiz geforscht,<br />

ohne nachhaltig Outperformance zu erzielen.<br />

Die KI erkennt die Zusammenhänge<br />

eigenständig, hat aber auch nur die<br />

Zahlen zur Verfügung, die man ihr gibt.<br />

Herauszufinden, welche das sein mussten,<br />

dauerte eine Zeit. 57 unterschiedliche<br />

Kennzahlen pro Unternehmen blieben am<br />

Ende übrig. Seit der letzten großen Adjustierung<br />

im Sommer 2019 läuft der Fonds<br />

nun stabil über der Benchmark und das<br />

unter besonders schweren Bedingungen.<br />

DIE OUTPERFORMANCE IST<br />

KEIN ZUFALLSPRODUKT<br />

Um sich selbst nicht auf den Holzweg zu<br />

führen, haben sich Endler und Endreß<br />

sehr harte Maßstäbe angelegt. Aus einem<br />

Universum von 6.000 Aktien bauten Sie<br />

ein Portfolio von 50 Aktien zusammen,<br />

das die Sektoren exakt genauso stark gewichtet<br />

wie in der Benchmark. Es gibt<br />

nur eine Ausnahme: den Finanz- und Immobiliensektor.<br />

Dessen Bilanzen sind generell<br />

schwer zu analysieren und die auf<br />

normale Unternehmen trainierte KI lässt<br />

sich hierauf nicht anwenden. Die exakte<br />

Gleichgewichtung der Sektoren, beziehungsweise<br />

Branchen, ist extrem wichtig,<br />

um nicht zufällig eine Outperformance<br />

zu erzielen, die längerfristig keine sein<br />

wird. Laufen zum Beispiel gewisse Sektoren<br />

deutlich besser als andere oder der<br />

Gesamtmarkt – wie beispielsweise 2022<br />

Ölwerte und Banken –, dann erzielt man<br />

allein durch die höhere Sektorgewichtung<br />

eine Outperformance. Diese sagt<br />

dann aber nichts darüber aus, ob die KI<br />

tatsächlich innerhalb eines Sektors in der<br />

Lage ist, die besseren Aktien auszusuchen<br />

als die, die im Index enthalten sind. Da<br />

bei Endler und Endreß die Sektoren aber<br />

Kann die KI aber auch die besseren<br />

Aktien finden als ein erfahrener Investor?<br />

das gleiche Gewicht haben, bedeutet dies<br />

automatisch, dass sie im Durchschnitt in<br />

der Selektion besser sind als der Index.<br />

Die Ergebnisse sind bemerkenswert. Seit<br />

Sommer 2019 bis jetzt – also bis zum<br />

11. Juli 20<strong>23</strong> – stehen satte 17,8 Prozent<br />

Outperformance gegenüber dem MSCI<br />

World Net Total Return zu Buche.<br />

Besonders in diesem Jahr zeigt die KI ihre<br />

Stärke. Bekanntermaßen haben seit Jahresbeginn<br />

nur wenige Schwergewichte die<br />

großen Indizes der Kurse nach oben gezogen.<br />

Das war in den USA extrem, doch<br />

auch in Europa und damit weltweit zu<br />

beobachten. Während die 3 Prozent größten<br />

Werte 68 Prozent der Performance im<br />

MSCI World erwirtschaftet haben, liegt<br />

der AI Global Equities, obwohl er die Werte<br />

nahezu gleich gewichtete (zwischen 1,5<br />

und 2,5 Prozent), keinen davon überhaupt<br />

hatte und alle Werte dem Mid/Small zuzurechnen<br />

sind, sogar fast gleichauf mit dem<br />

MSCI World Index.<br />

DIE KÜNSTLICHE INTELLIGENZ FINDET<br />

DIE UNENTDECKTEN PERLEN<br />

Da die KI nicht beeinflusst ist von strahlenden<br />

Namen wie den großen Technologieaktien<br />

oder weltberühmten Marken<br />

wie Louis Vuitton oder Coca-Cola, wundert<br />

es auch nicht, dass viele Titel im KI-<br />

Fonds im aktiven Portfoliomanagement<br />

von ACATIS niemand kennt bzw. kannte.<br />

Unter den aktuellen Top-Ten-Positionen<br />

befinden sich Unternehmen wie Mueller<br />

Water Products, Cotys, Elekta, Tri Pointe<br />

Group und Dentsply Sirona. Oft sind diese<br />

noch nicht so groß, dass es irgendwelches<br />

Broker Research gäbe. Daher sind sie oft<br />

unentdeckt. Die Stärke der KI ist es, diese<br />

gewissen Trends und Zusammenhänge im<br />

Zahlenwerk zu entdecken.<br />

Und was macht Leber? Setzt er sich zur<br />

Ruhe und überlässt zukünftig nur noch der<br />

KI die Aktienauswahl? Ein Problem damit,<br />

dass sie ihn die letzten drei Jahre geschlagen<br />

hat, hat er überhaupt nicht. Schließlich<br />

war er es, der der Überzeugung war,<br />

dass die KI in der Lage sein kann, einem<br />

menschlichen Investor überlegen zu sein<br />

– so, wie der Schachcomputer die besten<br />

Schachspieler schlagen kann.<br />

Der Autor<br />

Stefan Riße ist ein gefragter Börsenjournalist<br />

und Buchautor. Seit etwa fünf Jahren ist<br />

er darüber hinaus als Kapitalmarktstratege<br />

bei ACATIS Investment tätig.<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

11


Rubrik Wissen<br />

Eine kleine<br />

Geschichte<br />

der Inflation<br />

Auszug aus dem Buch »Die Inflation von 19<strong>23</strong>« von Frank Stocker<br />

12 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Wissen<br />

Bilder: Depositphotos-SergPoznanskiy, IMAGO / Lem<br />

Was ist Geld? Man kann<br />

sich der Antwort auf<br />

diese Frage auf verschiedenen<br />

Wegen nähern,<br />

philosophisch, kulturell<br />

oder politisch. Ökonomisch gesehen hat<br />

Geld grundsätzlich drei Funktionen. Zum<br />

einen dient es natürlich als Zahlungsmittel,<br />

das ist die ursprünglichste Funktion.<br />

Eine bestimmte Menge Geld wird im<br />

Tausch gegen ein Produkt abgegeben.<br />

Zum Zweiten wird Geld als Recheneinheit<br />

und Wertmaß genutzt. Der Betrag,<br />

den etwas kostet, drückt aus, für wie<br />

wertvoll eine Gesellschaft ein Gut hält,<br />

insbesondere auch im Vergleich zu anderen<br />

Gütern. Und schließlich dient Geld<br />

drittens als Wertaufbewahrungsmittel.<br />

Man kann mit Geld Ersparnisse anlegen<br />

und so für schlechtere Zeiten oder für<br />

größere Anschaffungen vorsorgen. Für<br />

diese drei Zwecke haben Menschen in<br />

früheren Kulturen unterschiedliche Dinge<br />

genutzt, beispielsweise Tierfelle – daher<br />

kommt der Name der kroatischen Währung<br />

Kuna, zu Deutsch »Marder«. In der<br />

Südsee wurden auch große, runde Steine<br />

genutzt, in anderen Gefilden Kauri-Muscheln.<br />

Aber die bekannteste Geldform<br />

waren über Jahrhunderte Münzen aus<br />

Gold oder Silber. Banknoten dagegen<br />

sind eine relativ junge Erfindung. In China<br />

gab es sie schon etwas früher, Marco<br />

Polo soll 1276 schon kaiserliche Geldscheine<br />

aus Papier in Händen gehalten<br />

haben. In Europa kamen sie erst im 16.<br />

und 17. Jahrhundert auf. Ursprünglich<br />

gaben Banken damals Quittungen für<br />

eingezahlte Münzen aus. Irgendwann begannen<br />

die Menschen, diese Quittungen<br />

untereinander zur Bezahlung auszutauschen,<br />

anstatt die schweren Münzen herumzuschleppen.<br />

Erst im 19. Jahrhundert<br />

jedoch, mit der Industrialisierung und<br />

dem rasanten Wachstum der Volkswirtschaften,<br />

wurden Banknoten ein allgemein<br />

akzeptiertes Zahlungsmittel – aber<br />

eben auch Wertaufbewahrungsmittel.<br />

Dies war deshalb möglich, weil die Banknoten<br />

weiterhin jederzeit in eine entsprechende<br />

Menge Gold oder gegebenenfalls<br />

in andere Wertträger eingetauscht<br />

werden konnten. Das Papier selbst, die<br />

Banknote, war ja praktisch nichts wert,<br />

es war einfach nur ein Stück Papier. Aber<br />

durch das Vertrauen, dass dieses Papier<br />

einem Wert entspricht, konnte die Banknote<br />

zum Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel<br />

werden. Umgekehrt gilt:<br />

Sobald das Vertrauen verschwindet, dass<br />

die Banknoten gegen einen realen Wert<br />

eingetauscht werden können, sind die<br />

Schein einfach nur noch das, was sie sind:<br />

ein Stück Papier. Der Wert einer Banknote<br />

steht und fällt also mit dem Vertrauen<br />

derer, die sie nutzen. Wenn dieses Vertrauen<br />

einmal angeknackst ist, dann ist<br />

es sehr schwer, es wiederherzustellen.<br />

Und genau in einer solchen Lage war<br />

die deutsche Währung nun im Sommer<br />

1922. Das Vertrauen in die Mark war ohnehin<br />

schon angeknackst, aufgrund des<br />

stetigen Wertverlusts in den Jahren zuvor.<br />

Doch immer noch gab es in weiten Teilen<br />

der Bevölkerung und unter Investoren am<br />

Devisenmarkt Hoffnung. Doch mit dem<br />

Mord an Walther Rathenau verschwand<br />

der Glaube an eine Genesung der Finanzen<br />

der Weimarer Republik. Das Vertrauen<br />

in die Währung brach völlig weg, und<br />

damit begann nun eine völlig neue Phase<br />

der Inflation. Genau in jener Zeit, im<br />

Herbst 1922, kam der katalanische Journalist<br />

Eugeni Xammar nach Deutschland,<br />

um von hier in die Heimat zu berichten.<br />

In einer seiner ersten Reportagen konnte<br />

er die Lage, in der er das Land vorfand,<br />

noch kaum verstehen:<br />

»Es ist unbegreiflich: Deutschland fehlt<br />

es an nichts, was den Reichtum eines<br />

Landes ausmacht, im Gegenteil: Es hat<br />

erfahrene Landwirte, die noch den magersten<br />

Böden etwas abzugewinnen verstehen,<br />

eine bewundernswert moderne<br />

Industrie, reichhaltige Kohleminen, eine<br />

unvergleichliche Technik und ein perfekt<br />

funktionierendes Verkehrsnetz. Und all<br />

dieser Reichtum wird von nichts weiter<br />

repräsentiert als von einem Berg Papier,<br />

der von Tag zu Tag wächst und umso weniger<br />

wert ist, je mehr er wächst.«<br />

Dieses Papier wurde zwar weiterhin als<br />

Zahlungsmittel eingesetzt, mangels Alternativen.<br />

Doch ihre Funktion als Wertaufbewahrungsmittel<br />

hatte die Mark<br />

inzwischen verloren. Niemand wollte<br />

sie daher mehr auf seinem Sparkonto<br />

haben, aber auch nicht einmal mehr in<br />

seinem Portemonnaie. Jeder wollte sich<br />

so schnell wie möglich von den Scheinen<br />

trennen, wann immer ihm welche in<br />

die Hände fielen, sei es als Händler oder<br />

als Lohnempfänger. Das hatte zur Folge,<br />

dass alle nur noch darüber redeten, wie<br />

und wo es etwas zu kaufen gab, wofür<br />

Die bekannteste Geldform waren über<br />

Jahrhunderte Münzen aus Gold oder<br />

Silber. Banknoten dagegen sind eine<br />

relativ junge Erfindung.<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

13


Wissen<br />

man das Geld ausgeben konnte, schrieb<br />

Xammar. Dadurch, dass jeder die Banknoten<br />

stets so schnell wie möglich wieder<br />

loswerden wollte, wechselten diese<br />

immer schneller ihren Besitzer, sprich, die<br />

Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöhte<br />

sich rasant. Vom Ende des Krieges<br />

bis 1922 hatte sich die Umlaufgeschwindigkeit<br />

bereits stetig erhöht, nun ging es<br />

noch schneller. Das jedoch, die Umlaufgeschwindigkeit<br />

von Geld, ist der entscheidende<br />

Faktor, der Inflation erzeugt,<br />

nicht die Geldmenge selbst. So entsteht<br />

beispielsweise in Europa und den USA<br />

Butter muss 1922 unter<br />

Polizeischutz verkauft werden.<br />

derzeit keine Hyperinflation, obwohl die<br />

Notenbanken ohne Ende Geld drucken.<br />

Denn die Umlaufgeschwindigkeit hat sich<br />

in den vergangenen Jahren nicht erhöht,<br />

im Gegenteil, sie ist sogar zurückgegangen.<br />

Die Menschen vertrauen weiterhin<br />

auf die Wertaufbewahrungsfunktion ihrer<br />

Währungen, sie horten das Geld daher.<br />

Das war 1922 ganz anders. Das Vertrauen<br />

in die Mark als Wertspeicher war mit<br />

Rathenaus Tod endgültig dahin. Niemand<br />

wollte die Banknoten mehr behalten, die<br />

Umlaufgeschwindigkeit stieg rapide, und<br />

das katapultierte die Inflation jetzt, im<br />

zweiten Halbjahr des Jahres 1922, in eine<br />

neue Dimension. So hatten sich die Preise<br />

im ersten Halbjahr 1922 insgesamt in etwa<br />

verdoppelt. Im zweiten Halbjahr stiegen<br />

sie nun jedoch um das Sechzehnfache. Im<br />

August 1922 überstieg die Inflationsrate<br />

die Marke von 50 Prozent – pro Monat!<br />

Nach einer gängigen Definition war damit<br />

der Bereich der Hyperinflation erreicht. In<br />

der Praxis hieß das: Ein Roggenbrot, das<br />

im Juni 1922 in Berlin für 8,15 Mark zu<br />

haben war, kostete Ende 1922 rund 163<br />

Mark. Der Kartoffelpreis vervierfachte sich<br />

dagegen »nur«, von 4,05 auf 16,65 Mark.<br />

Dafür stieg der Preis für ein Kilo Bauchfleisch<br />

vom Schwein von 1<strong>23</strong> auf 1.880<br />

Mark, Butter verteuerte sich sogar von<br />

144 auf 3.050 Mark je Kilo und für ein<br />

Ei mussten statt 5,40 Mark nun 82 Mark<br />

bezahlt werden. Die konkreten Preise machen<br />

es ein wenig anschaulicher, wie die<br />

Inflation um sich griff. Richtig plastisch<br />

wird es aber erst durch die Berichte von<br />

Zeitzeugen. Ein solcher war August Heinrich<br />

von der Ohe. Er war 1869 als Sohn<br />

eines Schäfers in einem kleinen Ort bei<br />

Uelzen geboren worden. Viele Jahre arbeitete<br />

er als Lehrer und Kantor, ab 1921 in<br />

Marmstorf bei Hamburg, und führte Tagebuch.<br />

Darin hielt er in den Inflationsjahren<br />

penibel seine Ausgaben fest und notierte<br />

im Juli 1922: »Um 10 Uhr kam ein Händler<br />

und bot drei Anzugstoffe für 4.200 Mark<br />

an. Ich habe 1.000 Mark abgehandelt, bot<br />

erst 3.000, nachher 3.200 Mark; dafür<br />

habe ich sie bekommen.« Er erhielt also<br />

Stoff für drei Anzüge für 3.200 Mark. Die<br />

Die letzten Tage der Inflation von 19<strong>23</strong>: In einer<br />

Bank kommen die Menschen mit Körben voller<br />

Banknoten an, die nichts mehr wert sind.<br />

» [...] und all dieser<br />

Reichtum wird<br />

von nichts weiter<br />

repräsentiert als<br />

von einem Berg<br />

Papier, der von<br />

Tag zu Tag wächst<br />

und umso weniger<br />

wert ist, je mehr er<br />

wächst.«<br />

– Eugeni Xammar<br />

14 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Wissen<br />

Bilder: IMAGO / KHARBINE-TAPABOR / United Archives International, Cover: FinanzBuch Verlag<br />

brauchte er für seinen Beruf dringend. Nur<br />

einen Monat später schrieb er, dass ein<br />

Anzug nun 6.000 Mark koste. »Die Preise<br />

stiegen in wenigen Tagen schwindelhaft.<br />

Und im Dezember war das Preisniveau<br />

schon wieder komplett anders: Ich kaufte<br />

in Celle ein Paar Stiefel für 7.980 Mark.«<br />

Von der Ohe berichtet auch von einem<br />

Gespräch mit einem Musiklehrer. »Er<br />

meinte, wenn wir doch nur erst bankrott<br />

machten. Dann könnten wir doch von<br />

vorne anfangen. Aber so wüsste man<br />

nicht, was man tun sollte. Wenn er etwas<br />

Geld habe, kaufe er sich Bilder oder sonst<br />

etwas. Ich riet ihm, Aktien zu kaufen. Er<br />

meinte, das sei auch unsicher.«<br />

Hier zeigt sich, wen eine Inflation stets<br />

am meisten trifft: jene Teile der Mittelschicht,<br />

die über kleine Ersparnisse verfügen,<br />

die obere Mittelschicht also, zu der<br />

von der Ohe als Beamter gehörte. Diese<br />

Menschen spekulieren selten mit Aktien,<br />

und schon gar nicht besitzen sie ganze Fabriken,<br />

deren Wert mit den Preisen steigt.<br />

Andererseits leben sie aber auch nicht von<br />

der Hand in den Mund, wie die untere<br />

Mittelschicht oder gar die Unterschicht,<br />

also zu jener Zeit vor allem die Arbeiter.<br />

Diesen machten die steigenden Preise<br />

weniger aus, da ihr Gehalt weitgehend<br />

parallel stieg und sie dieses Geld sowieso<br />

schnell und komplett ausgaben. Andererseits<br />

gab es aber auch jene, die von der<br />

sich immer schneller drehenden Preisspirale<br />

profitierten. Das waren einerseits oft<br />

Unternehmer und Spekulanten, die auf<br />

Kredit expandierten und die die Darlehen<br />

im Nullkommanichts mit entwertetem<br />

Papiergeld zurückzahlen konnten. Andererseits<br />

waren das aber auch Privatleute,<br />

die früh erkannten, wohin sich die Dinge<br />

entwickelten, und entsprechend handelten.<br />

Ein späterer Harvard-Professor war<br />

im Frühjahr 1922 aus Deutschland in die<br />

Niederlande gegangen. Er erinnert sich<br />

den Aufzeichnungen des amerikanischen<br />

Publizisten Otto Friedrich zufolge so:<br />

»In den Kohlegruben bei Limburg fand<br />

ich Arbeit. Wir arbeiteten ganz unten,<br />

»Die Inflation von 19<strong>23</strong>«<br />

von Frank Stocker<br />

368 Seiten<br />

Erschienen: August 2022<br />

FinanzBuch Verlag<br />

ISBN: 978-3-95972-564-4<br />

auf der Sohle der Mine, und hackten mit<br />

Spitzhacken, was wir konnten. Es war<br />

ungeheuer heiß, um die vierzig Grad,<br />

und staubig, aber am Ende der Frühlingsferien<br />

hatte ich fünfzig Gulden zusammengespart<br />

und dachte darüber nach,<br />

wie ich der Inflation ein Schnippchen<br />

schlagen könnte. Ich benutzte die Gulden<br />

als Sicherheit für einen kurzfristigen<br />

Bankkredit, den ich mit den abgewerteten<br />

Märkern zurückzahlte. Dann nahm<br />

Der deutsche Außenminister<br />

Dr. Walther Rathenau zwei Monate<br />

vor seiner Ermordung, im Jahr 1922.<br />

Mit dem Mord an Walther Rathenau<br />

verschwand der Glaube an eine Genesung<br />

der Finanzen der Weimarer Republik.<br />

Das Vertrauen in die Währung<br />

brach völlig weg, und damit begann nun<br />

eine völlig neue Phase der Inflation.<br />

ich einen neuen Kredit auf. Auf diese<br />

Weise finanzierte ich mir ein ganzes Semester<br />

in Heidelberg und hatte am Ende<br />

immer noch dieselben fünfzig Gulden.«<br />

Auch die Eltern des Journalisten Rudolf<br />

Pörtner hatten anfänglich zu den Profiteuren<br />

der Inflation gehört:<br />

»Das Ehepaar Pörtner hatte sich 1922<br />

kurzfristig entschlossen, ein im Entstehen<br />

begriffenes Haus in der Melberger Kronprinzenstraße,<br />

auf der Westseite von Bad<br />

Oeynhausen, zu kaufen, Kostenpunkt:<br />

800.000 Mark. Als wir am 1. April 19<strong>23</strong><br />

einzogen, war das ein Betrag, der selbst<br />

sensible Gemüter nicht mehr zu beunruhigen<br />

vermochte. Ein Griff in die Westentasche<br />

genügte, alle Verbindlichkeiten<br />

einschließlich der hypothekarischen Eintragungen<br />

aus der Welt zu schaffen.«<br />

Das Problem der Pörtners: Das Haus war<br />

noch nicht ganz fertig. Um es vollenden<br />

zu können, musste die Familie noch etwas<br />

sparen. Doch in Papiermark war das<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

15


Wissen<br />

unmöglich. Der einzige Ausweg bestand<br />

darin, Mark in Devisen zu tauschen, vor<br />

allem in Dollar und britische Pfund. Genau<br />

das taten immer mehr Menschen. Doch<br />

das führte nur zu einer Verschärfung der<br />

Lage. Denn dadurch verfiel die Mark am<br />

Devisenmarkt immer weiter. So hatte der<br />

Dollarkurs im Juni 1922 noch bei 317<br />

Mark gestanden, im August kletterte er<br />

schon auf über 1.000 Mark – ein Jahr zuvor,<br />

im August 1921, nach dem Mord an<br />

Erzberger, hatte er erst die Marke von 100<br />

Mark überschritten. Natürlich beschäftigte<br />

dies auch die Regierung. Schon im Juli<br />

1922 debattierte das Kabinett über den<br />

Markverfall, im August legte Wirtschaftsminister<br />

Robert Schmidt (SPD) einen Plan<br />

vor, wie seiner Ansicht nach der Marksturz<br />

aufgehalten werden könnte.<br />

So sollte zum einen die Einfuhr von<br />

Luxuswaren und Tabak eingeschränkt<br />

werden, um die Handelsbilanz aufzubessern.<br />

Denn Deutschland führte in<br />

den Jahren nach dem Krieg meist weit<br />

mehr ein als es ausführte. Dadurch floss<br />

Geld ab, was den Kurs der Mark an den<br />

Devisenbörsen belastete. Zum anderen<br />

sollte die Devisenspekulation selbst eingedämmt<br />

werden. Doch man wollte zunächst<br />

noch nichts entscheiden. Denn<br />

wieder mal hoffte die Regierung auf die<br />

Hilfe der Alliierten. London hatte im Juli,<br />

nach dem ersten dramatischen Fall der<br />

Mark, der deutschen Regierung gegenüber<br />

angedeutet, dass sie jetzt gute<br />

Chancen auf ein weiteres Moratorium<br />

habe, also eine vorübergehende komplette<br />

Einstellung aller Reparationszahlungen.<br />

Am 12. Juli schrieb Berlin daher<br />

an die Reparationskommission:<br />

Gustav Stresemann, 19<strong>23</strong><br />

Mitte Oktober lag der Kurs bei knapp<br />

3.000 Mark je Dollar. Nun raffte sich<br />

die Regierung endlich auf, zu handeln.<br />

Und sie bekam dafür sogar Unterstützung<br />

von unerwarteter Seite, von dem<br />

neuen starken Mann im Berliner Politikbetrieb:<br />

Gustav Stresemann.<br />

»Die Deutsche Regierung stellt daher im<br />

Hinblick auf Artikel <strong>23</strong>4 des Vertrages von<br />

Versailles den Antrag, ihr die nach der<br />

genannten Entscheidung während des<br />

Kalenderjahres 1922 noch fällige Barzahlungen<br />

zu stunden. (…) Die Deutsche Regierung<br />

ist sich nicht im Zweifel darüber,<br />

daß zur Wiederherstellung des Markkurses<br />

alsbaldige Maßnahmen erforderlich<br />

sind, die über das Jahr 1922 hinausreichen,<br />

und sie hält es daher für unerläßlich,<br />

daß Deutschland auch für die Jahre 19<strong>23</strong><br />

und 1924 von Barzahlungen aus dem Zahlungsplan<br />

vom 5.5.1921 befreit wird.«<br />

Doch Berlin hatte die Rechnung ohne<br />

den französischen Präsidenten Poincaré<br />

gemacht. Dieser dachte nicht im Traum<br />

daran, dem deutschen Ersuchen nachzukommen.<br />

Entsprechend wirsch schrieb er<br />

Anfang August nach Berlin:<br />

»Die Regierung der Republik hat ihnen<br />

bereits mitgeteilt, daß sie nicht die Absicht<br />

hat, Änderungen im Sinne der<br />

16 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Buchtipps Rubrik<br />

Bilder: IMAGO / United Archives International<br />

deutschen Note vom 14.7. vorzunehmen.<br />

Die Regierung der Republik hat also<br />

ein Recht zu verlangen, daß innerhalb<br />

der in meiner Note vom 26.7. angegebenen<br />

Frist, d. h. vor dem 5.8. 12 Uhr<br />

mittags, die Zusicherung gegeben wird,<br />

daß, bis die unerlässliche Einstimmigkeit<br />

über jede Abänderung erlangt sein kann,<br />

das Abkommen vom 10.6.1921 genau<br />

zur Ausführung gelangt, und daß Besonders<br />

die Pauschalsumme von 2 Mio.<br />

Pfund Sterling am 15.8. bezahlt wird. Erfolgt<br />

diese Zusicherung nicht, so hat die<br />

französische Regierung das Recht, zur<br />

Sicherung der Ausführung des bestehenden<br />

Abkommens die Zwangsmaßregeln<br />

zu ergreifen, die sie im Interesse ihrer<br />

eigenen Staatsangehörigen wie der Angehörigen<br />

der übrigen unterzeichneten<br />

alliierten Staaten für nötig erachtet. Diese<br />

Maßnahmen werden, wie ich bereits<br />

mitgeteilt habe, ab 5.8. zur Ausführung<br />

gebracht und die Regierung der Republik<br />

glaubt nicht, schon jetzt den Plan bekannt<br />

geben zu können, der hierfür vollständig<br />

ausgearbeitet ist.«<br />

Es war eine unverhohlene Drohung mit Gewalt.<br />

Und um dies zu unterstreichen, ließ<br />

Poincaré wenige Tage danach 500 deutsche<br />

Staatsangehörige aus Elsass-Lothringen<br />

ausweisen. Außerdem drohte er mit<br />

einer Besetzung des Ruhrgebiets durch<br />

französische Truppen. In Berlin griff nun<br />

Verzweiflung um sich. Noch vor wenigen<br />

Wochen, vor der Ermordung Rathenaus,<br />

war man dort guten Mutes gewesen, hatte<br />

Hoffnung geschöpft. Nun blickte das<br />

Land wieder in den Abgrund. Die Regierung<br />

diskutierte zwar diverse Ideen, wie<br />

das Geld für die fälligen Reparationszahlungen<br />

aufzutreiben wäre. Doch sie kam<br />

zu keinen Entscheidungen, zerstritt sich<br />

zunehmend. Wie gelähmt blickte sie auf<br />

die abstürzende Mark. Mitte September<br />

lag der Dollarkurs bei 1.500 Mark. Immerhin<br />

gelang es Ende September nach<br />

komplizierten Verhandlungen, einen Weg<br />

zu finden, wie eine fällige Rate an Belgien<br />

gezahlt werden konnte. De facto wurde<br />

dafür das Gold der Reichsbank verpfändet.<br />

Das bestritt diese zwar, ein Vertrag<br />

mit der Bank of England bewahre sie davor,<br />

hieß es. Der sei allerdings geheim, was<br />

das nicht gerade glaubwürdiger machte.<br />

Doch ohnehin brachte das keine Erleichterung.<br />

Denn schon wenige Wochen später<br />

drohten die nächsten Raten, und für ein<br />

dauerhaftes Moratorium gab es keinerlei<br />

Chancen. Daher stürzte die Mark unvermindert<br />

weiter ab. Mitte Oktober lag der<br />

Kurs bei knapp 3.000 Mark je Dollar. Nun<br />

raffte sich die Regierung endlich auf, zu<br />

handeln. Und sie bekam dafür sogar Unterstützung<br />

von unerwarteter Seite, von<br />

dem neuen starken Mann im Berliner Politikbetrieb:<br />

Gustav Stresemann.<br />

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SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

17


Wissen<br />

Vermögen für die<br />

nächste Generation?<br />

Warum die Nachlassplanung so wichtig ist<br />

Wir leben in der Zeit von<br />

Erben und Erblassern.<br />

Noch nie war die Erbengeneration<br />

in Deutschland<br />

vermögender als<br />

heute. Auch die Zahl der Millionäre<br />

durch Unternehmensverkäufe wächst<br />

ständig an. Diese Familien, gerne auch<br />

»Best Ager« bzw. die »Generation 50«<br />

genannt, sind vermögende Menschen<br />

im gesetzteren Alter, die unter Umständen<br />

selbst geerbt haben, aber zumindest<br />

zukünftig vererben werden.<br />

Den allermeisten Verbrauchern ist der<br />

Begriff »Best Ager« eher unbekannt.<br />

Aber welche Herausforderungen stellt<br />

sich diese Klientel Tag für Tag? Vermögen<br />

aufbauen, ja gewiss! Vielmehr aber<br />

gilt es, Vermögen zu sichern und Werte<br />

auf die nächste Generation zu übertragen,<br />

beziehungsweise bei kinderlosen<br />

Paaren auch zu stiften – und zwar sinnvoll,<br />

nachhaltig und steueroptimiert. Die<br />

allermeisten Berater knicken bereits auf<br />

dem Weg der Vermögenssicherung ein<br />

und empfehlen standardisierte Produkte<br />

aus dem Banken-, Investment- oder Beteiligungsbereich.<br />

Ist damit wirklich vermögenden<br />

Menschen und Familien geholfen?<br />

Die Antwort lautet klar »Nein!«.<br />

ESTATE PLANNING: DAS RICHTIGE<br />

VORGEHEN IST ENTSCHEIDEND<br />

Das sogenannte »Estate Planning«, die<br />

Nachlassplanung also, ist als qualifizierter<br />

Einstieg unabdingbar. Dabei handelt<br />

es sich um die hochqualifizierte, vollumfängliche<br />

und in unterschiedlichen Facetten<br />

integrierte Mandantenberatung<br />

auf höchstem Niveau. Sie beinhaltet<br />

neben der wichtigen und professionellen<br />

Vermögensanalyse auch die gesamte<br />

Strukturierung der Vermögenswerte.<br />

Neben bisherigen Erfahrungen, Wünschen<br />

und Zielen der Mandanten hat die<br />

professionelle Vermögensstrukturierung<br />

18 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Rubrik<br />

oberste Priorität. Die fachlichen Voraussetzungen<br />

und die erforderliche Kompetenz<br />

von Nachlassplanern sind ohne ein<br />

internationales Netzwerk nicht zu stemmen,<br />

da es gilt, die unterschiedlichsten<br />

Fachbereiche mit den anspruchsvollsten<br />

Berufsträgern in unserem Land zu besetzen.<br />

Um ein entsprechendes Team<br />

zusammenzustellen, bedarf es allerdings<br />

oftmals jahrelanger Erfahrung. Das Aufgabenfeld<br />

umfasst neben der gesamten<br />

intensiven Vermögensanalyse, zu der<br />

etwa die Auflistung aller Geldwerten,<br />

Lebensversicherungen, Immobilienwerte<br />

im In- und Ausland oder auch Oldtimer,<br />

Wertpapierdepots, Aktien, Unternehmensbeteiligungen,<br />

Yachten, Edelmetalle,<br />

Kunst und mehr gehört – auch die<br />

parallele Begleitung der unternehmerischen<br />

Konstruktionen von Firmen und<br />

Unterlagen wie Gesellschaftergeschäftsführerverträge,<br />

Tochterunternehmen,<br />

mögliche Holdingstrukturen und so weiter,<br />

ist unabdingbar. Es müssen Fragen<br />

gestellt werden, auf die es im ersten<br />

Moment nicht immer leicht erscheint,<br />

die »richtige« Antwort zu finden: Was<br />

passiert, wenn Familienmitgliedern etwas<br />

Unerwartetes zustößt? Ob selbstverschuldet<br />

oder fremd, spielt überhaupt<br />

keine Rolle.<br />

Was passiert, wenn der »Ernährer«<br />

der Familie länger ausfällt? Was bedeutet<br />

es, in diesem Zusammenhang<br />

einmal modellhaft ein »Probesterben«<br />

durchzuführen? Was und welcher Film<br />

läuft dann vor dem eigenen Auge der<br />

Klientel eigentlich ab? Die Antworten<br />

hierauf ähneln sich grundsätzlich sehr:<br />

Bei einem längeren Ausfall, zum Beispiel<br />

nach einem Unfall oder einer schweren<br />

Erkrankung dreht sich die Welt und –<br />

gerade für erfolgreiche Menschen – die<br />

individuelle Lebensuhr vollständig anders.<br />

Gerade hier gilt es, professionelle,<br />

verwaltungsarme und treffende Lösungen<br />

zu finden.<br />

WEALTHMANAGER<br />

UNTERSTÜTZEN BEI DER<br />

VERMÖGENSSTRUKTURIERUNG<br />

Warum Estate Planning und Vermögensstrukturierung,<br />

allen voran mit<br />

<strong>Sachwert</strong>lösungen zusammengehören?<br />

Immer mehr vermögende Familien wünschen<br />

sich folgende Fragen von Profis<br />

beantwortet: Wie kann ich die Familienharmonie<br />

aufrecht erhalten nach dem<br />

Ableben zum Beispiel vom »Head of Family«?<br />

Wie kann ich Vermögenswerte zu<br />

Lebzeiten optimal an die nächste Generation<br />

übertragen und trotzdem im »Fall<br />

der Fälle« die Hand darauf halten, wenn<br />

diese noch nicht »reif« genug für sehr<br />

hohe Erbschaften sind? Ist eine überdurchschnittliche<br />

Performance ohne<br />

erhöhtes Risiko für meine Investments<br />

möglich? Wie kann ich die Erbschaftsoder<br />

Schenkungssteuerlast massiv<br />

und effektiv am besten herabsenken?<br />

Wie übertrage ich langgeschaffene<br />

Bilder: Depositphotos / ilixe48 / thodonal<br />

Vielmehr aber gilt es, Vermögen zu sichern<br />

und Werte auf die nächste Generation zu<br />

übertragen, beziehungsweise bei kinderlosen<br />

Paaren auch zu stiften – und zwar sinnvoll,<br />

nachhaltig und steueroptimiert.<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Wissen<br />

Vermögenswerte mit größtmöglichen<br />

Vorteilen auf die nächste Generation(en)?<br />

Wie schaffe ich es, ohne großen Zeit- und<br />

Verwaltungsaufwand und Hinzuziehung<br />

von diversen Beratern solche allumfassenden<br />

Aufgabenstellungen zu lösen?<br />

Die Antworten sind, man kümmere sich<br />

zunächst um seine Themen, Lebensaufgaben<br />

und Vermögenswerte. Nur professionell<br />

aufgestellte »Wealthmanager«<br />

sind in der Lage diese komplexen Sachverhalte<br />

zu analysieren, auftauchende<br />

Schwachstellen konkret zu benennen und<br />

adäquate Lösungen zu finden. Die Kombination<br />

aus Nachlassplanung und Vermögensstrukturierung<br />

führt hierbei oftmals<br />

zu verblüffenden, oftmals ungeahnten<br />

Mehrwerten. Durch die professionelle<br />

Vermögensanalyse sind zum Beispiel bei<br />

kinderlosen Paaren Lösungen bei einem<br />

Gesamtvermögen inklusive Immobilien<br />

von insgesamt circa sechs Millionen Euro<br />

ist als professionelle Herabsenkung einer<br />

definitiv eintretenden Erbschaftssteuerlast<br />

von circa 500.000 Euro auf nur 20.000<br />

Euro im ersten Schritt umsetzbar. Darüber<br />

hinaus ist ein Vermögenszuwachs von circa<br />

1,2 Millionen gegenüber völlig ineffizienten<br />

Bankenlösungen relativ normal.<br />

Ein sogenannter »Performancevorteil«<br />

von 25 Prozent, begründet im international<br />

ausgerichteten Rechtsmantel sind<br />

Die Vermögensstrukturierung, also die<br />

Optimierung oder komplette Neuordnung<br />

bestehender Investments, ist ein wesentlicher<br />

Vorteil von sehr gutem Wealthmanagement.<br />

hier ein Vehikel, vielmehr der Einsatz vom<br />

überregional eher unbekannten Nießbrauchrecht<br />

auf die Vermögensstruktur.<br />

In anderen Fällen wird, auch begründet<br />

durch die intelligente Rechtsstruktur des<br />

Lösungskonzepts, der Übertragungswert<br />

von mehreren Millionen Euro auf mehrere<br />

Kinder steuer- und renditeeffizient<br />

gelöst, so dass während der Lebzeit des<br />

Schenkenden mit Hinzunahme von Nießbrauchrechten<br />

und gängigen Steuerfreibeträgen<br />

enorm hohe und messbare<br />

Mehrwerte entstehen.<br />

Die Vermögensstrukturierung, also die<br />

Optimierung oder komplette Neuordnung<br />

bestehender Investments, ist ein wesentlicher<br />

Vorteil von sehr gutem Wealthmanagement.<br />

Die Abwägung von aktiv und<br />

eher passiv gemanagten Investments<br />

unter der Berücksichtigung der Kostenstrukturen<br />

tragen erheblich zu einer nachweisbaren<br />

Perfomancestärkung bei. Die<br />

Kombination aus Nachlassplanung und<br />

der exklusiven Vermögensstrukturierung<br />

ist das neue Maß aller Dinge, an dem<br />

sich vermögende Menschen und Familien<br />

messen lassen sollten.<br />

Der Autor<br />

Thomas Hennings ist Experte für <strong>Sachwert</strong>lösungen<br />

und Makroökonomie.<br />

Er ist Inhaber von »Hennings Finanz-<br />

Management«.<br />

Bilder: Depositphotos / freedomtumz / NewAfrica, wirtschaft tv<br />

20 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Edelmetalle<br />

Silber boomt<br />

WAS DEN KLEINEN BRUDER DES GOLDES<br />

ALS WERTANLAGE INTERESSANT MACHT<br />

Bild: Depositphotos / rashevskiy.yandex.ru<br />

Ist Silber das weiße Gold? In Zeiten<br />

von Inflation wird immer wieder Gold<br />

als Portfolio- und Vermögensschutz<br />

genannt, doch Silber bietet Anlegern<br />

Vorteile, die Gold nicht hat. Das Edelmetall<br />

hat sich mittlerweile zu einem<br />

wertvollen Rohstoff für die Industrie entwickelt<br />

und die Nachfrage dürfte künftig<br />

entsprechend steigen. Silber ist bei Chipherstellern,<br />

Elektronikfirmen und in der<br />

Medizintechnik als Rohstoff sehr gefragt,<br />

ebenso bei der Herstellung von Mikrochips<br />

und Solaranlagen. Das Edelmetall<br />

besitzt von allen Metallen die höchste<br />

Leitfähigkeit für Wärme und Energie<br />

sowie das höchste Reflexionsvermögen.<br />

Langfristig wird Silber für die Industrie<br />

also wichtig bleiben, was sich auf die<br />

Wertsteigerung auswirken dürfte. Zudem<br />

dürfte die Verfügbarkeit schrumpfen.<br />

SILBERVORKOMMEN<br />

IST BALD ERSCHÖPFT<br />

Nach Expertenmeinung können noch<br />

etwa 500.000 Tonnen Silber abgebaut<br />

werden. Damit sind die bislang bekannten<br />

Silbervorkommen spätestens in 20<br />

Jahren erschöpft. Deswegen kann es für<br />

Anleger interessant sein, sich jetzt mit<br />

dem Edelmetall zu beschäftigen. Gerade<br />

für Privatleute mit kleinerem Budget<br />

bietet der aktuell günstige Einstiegspreis<br />

gute Chancen, langfristig profitabel zu<br />

sein. Derzeit liegt der Preis für eine Feinunze<br />

Gold bei rund 1.760 US-Dollar,<br />

eine Unze Silber bei rund 21 Euro. Die<br />

Entwicklung der Nachfrage in den kommenden<br />

Jahren wird zeigen, wie stark<br />

Silber proportional im Wert gegenüber<br />

Gold steigt. Seit 1999 ist Silber um rund<br />

580 Prozent gestiegen. Physisches Gold<br />

und Silber bieten Schutz in Krisenzeiten,<br />

was Silber von Gold unterscheidet<br />

ist die Abhängigkeit von der Konjunktur,<br />

die dadurch eine höhere Volatilität<br />

mit sich bringt. Doch wer langfristig<br />

anlegen möchte, wird dennoch<br />

von der steigenden Silber-<br />

Nachfrage profitieren.<br />

Physisches Gold und Silber bieten<br />

Schutz in Krisenzeiten, was Silber von<br />

Gold unterscheidet ist die Abhängigkeit<br />

von der Konjunktur, die dadurch<br />

eine höhere Volatilität mit sich bringt.<br />

ANLAGEFORMEN FÜR SILBER<br />

Experten raten, in Barren zu investieren,<br />

denn je größer die Einheit, desto günstiger<br />

ist der Einkaufspreis. Bei der Investitionsplanung<br />

sollte aber ein möglicher Wiederverkauf<br />

bedacht werden, etwa, wenn der<br />

Anleger Teile des Silbers wieder verkaufen<br />

möchte. Die Größe der Einheiten sollte<br />

entsprechend kombiniert werden. Anleger<br />

haben die Wahl zwischen Einheiten<br />

von einem Gramm bis zu 15 Kilogramm.<br />

Es gibt auch die Möglichkeit, Papier-Silber<br />

wie ETFs und Derivate zu kaufen, jedoch<br />

ist ein solcher Kauf mit Gegenparteirisiken<br />

verbunden, während physisches Silber<br />

genau wie Gold vor allem langfristig<br />

als echter Vermögenswert gilt. Wer in<br />

Schmuck investieren möchte, sollte bedenken,<br />

dass man deutlich mehr als den<br />

Silberpreis bezahlt, weil auch ideelle Werte<br />

und Sammlerpreise Faktoren sind, die<br />

den Preis beeinflussen. Außerdem ist die<br />

Herstellung von Münzen und Schmuck<br />

aufwendiger. Silber als Wertanlage sollte<br />

einen möglichst hohen Feingehalt besitzen;<br />

weniger als 925/1.000 Silberanteil<br />

sollte es nicht sein. MK<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

21


Rubrik Marktkommentar<br />

Mächtige Topformationen<br />

des S&P 500 und<br />

des DAX<br />

Was das für Sie bedeutet<br />

ARK Innovation Fund CEO<br />

Cathie Wood.<br />

22 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Marktkommentar<br />

Die Euphorie an der Wall Street<br />

ist außerordentlich groß. Teilweise<br />

ist sie sogar größer als am<br />

Top des S&P 500, das im Januar<br />

2022 erreicht wurde. Und das,<br />

obwohl der Index wie fast alle US-Indizes<br />

tiefer steht als damals.<br />

Viele der besonders populären Highflyer<br />

des Jahres 2021 befinden sich sogar ganz<br />

erheblich unter ihren Höchstkursen. Beispielsweise<br />

notiert der ARK Innovation<br />

Fund von Cathy Woods, die damals als Star-<br />

Fondsmanagerin gefeiert wurde und auf<br />

allen Finanzkanälen war, 70 Prozent unter<br />

seinem im Februar 2021 erreichten Hoch.<br />

Bei der Biontech-Aktie, um nur ein weiteres<br />

bekanntes Beispiel zu nennen, sind es sogar<br />

77 Prozent.<br />

Dass die Börsenstimmung trotzdem euphorisch<br />

ist, lässt eigentlich nur eine Deutung<br />

zu: Der gesamte Kursverlauf seit<br />

2021 ist eine mächtige Topformation. Der<br />

Kursanstieg seit Oktober vorigen Jahres ist<br />

also nicht der Beginn einer neuen Hausse,<br />

wie viele inzwischen zu glauben scheinen,<br />

sondern Teil dieser großen Topformation.<br />

POTENZIELLES DOPPELTOP DES DAX<br />

Diese Interpretation des Börsengeschehens<br />

passt auch für den DAX. Da es sich<br />

beim DAX um einen Performance-Index<br />

handelt, bei dessen Berechnung die Dividendenausschüttungen<br />

als reinvestiert<br />

unterstellt werden, überzeichnet er die<br />

tatsächliche Kursentwicklung systematisch.<br />

Mit dem S&P 500 und nahezu allen<br />

anderen internationalen Indizes ist er deshalb<br />

nicht vergleichbar.<br />

S&P 500, 2020 bis 20<strong>23</strong><br />

Dass die Börsenstimmung<br />

trotzdem<br />

euphorisch ist, lässt<br />

eigentlich nur eine<br />

Deutung zu [...]<br />

Dennoch lässt auch der hier nicht gezeigte<br />

Chart des DAX eine große potenzielle<br />

Topformation erkennen: ein Doppeltop,<br />

dessen Untergrenze bei knapp<br />

12.000 Punkten verläuft.<br />

Deutschland befindet sich bereits in einer<br />

Rezession. Im zweiten Quartal dieses Jahres<br />

stagnierte das Bruttoinlandsprodukt,<br />

nachdem es in den beiden vorangegangenen<br />

Quartalen rückläufig war. Steigende<br />

Aktienkurse passen nicht zu dieser realwirtschaftlichen<br />

Entwicklung.<br />

EXTREM INVERSE US-ZINSSTRUKTUR<br />

Das gilt umso mehr, da die treffsicheren<br />

Rezessionsindikatoren auch für die USA<br />

einen Abschwung vorhersagen, der sich<br />

auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken<br />

wird. Einer dieser Kennzahlen ist der<br />

Frühindikator des US-Forschungsinstituts<br />

Conference Board. Er ist jetzt seit 15 Monaten<br />

in Folge gefallen. Damit gibt er ein<br />

glasklares Rezessionssignal.<br />

Das gilt auch für die US-Zinsstruktur, die<br />

wir in der gerade erschienenen August<br />

20<strong>23</strong>-Ausgabe meines Börsenbriefes<br />

Krisensicher Investieren ausführlich besprechen.<br />

Hier soll folgende Feststellung<br />

genügen:<br />

Wann immer die kurzfristigen Zinsen<br />

höher waren als die langfristigen, folgte<br />

eine Rezession, ausnahmslos. Den besonders<br />

langen und schweren Rezessionen<br />

von 1929 bis 1933, von 1973 bis 1975<br />

sowie der Doppelrezession von 1980 bis<br />

1982 ging jeweils eine besonders ausgeprägte<br />

negative Zinsdifferenz voraus.<br />

Auch jetzt ist die Zinsdifferenz ähnlich<br />

ausgeprägt wie in diesen Fällen. Das lässt<br />

darauf schließen, dass der bevorstehende<br />

und wahrscheinlich bereits begonnene<br />

Abschwung entsprechend ausgeprägt<br />

ausfallen wird.<br />

Der Autor<br />

Claus Vogt ist Finanzanalyst und Autor des<br />

Börsenbriefs »Krisensicher investieren«. Seinen<br />

Gold-Preisbänder-Indikator nutzt er vor<br />

allem für Prognosen im Edelmetallsektor.<br />

Der gesamte Kursverlauf seit Ende 2020 wird sich wahrscheinlich als eine mächtige Topformation herausstellen.<br />

Bilder: IMAGO / ZUMA Wire (Hugo Amaral), wirtschaft tv, Grafik: StockCharts.com<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

<strong>23</strong>


Rubrik Börse<br />

Die explosiven Blasen<br />

der ersten Jahrzehnte<br />

des 21. Jahrhunderts<br />

Auszug aus dem Buch »A Random Walk Down Wall Street« von Burton G. Malkiel (Aktualisierte und überarbeitete Jubiläumsausgabe)<br />

24 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Börse<br />

So verheerend die Blasen der letzten<br />

Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts<br />

finanziell auch waren, sind<br />

sie nicht mit denen der ersten<br />

Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts<br />

zu vergleichen. Als in den frühen 2000er-<br />

Jahren die Internetblase platzte, verpuffte<br />

ein Marktwert in Höhe von 8 Billionen US-<br />

Dollar. Das war, als hätte sich die jährliche<br />

Wirtschaftsleistung der Länder Deutschland,<br />

Frankreich, England, Italien, Spanien,<br />

der Niederlande und Russland in Luft<br />

aufgelöst. Als die Immobilienblase in den<br />

USA platzte, wäre beinahe die gesamte<br />

Weltwirtschaft zusammengebrochen, und<br />

es kam weltweit zu einer längeren Rezession.<br />

Anfang der 2020er-Jahre erlebten<br />

wir gewaltige Kursblasen bei Meme-Aktien<br />

und Kryptowährungen. Ein Vergleich<br />

dieser Blasen mit der Tulpenmanie würde<br />

den Blumen fraglos Unrecht tun.<br />

Dot-com-Unternehmen verbrannte Geld<br />

sei in erster Linie ein Problem der »Anlegerstimmung«,<br />

kein »langfristiges Risiko«<br />

für den Sektor oder »Bereich«, wie er oft<br />

bezeichnet wurde. Wenige Monate später<br />

waren Hunderte Internetunternehmen<br />

pleite, was zeigte, dass der Goldman-Bericht<br />

unbeabsichtigt ins Schwarze getroffen<br />

hatte. Der Liquiditätsverbrauch war<br />

nämlich kein langfristiges Risiko, sondern<br />

ein kurzfristiges.<br />

Bis dahin hatte jeder, der am Potenzial der<br />

»New Economy« zweifelte, als hoffnungsloser<br />

Technikfeind gegolten. Umfragen<br />

zufolge, die Anfang 2000 durchgeführt<br />

wurden, rechneten Anleger mit künftigen<br />

Aktienrenditen zwischen 15 und 25<br />

Prozent pro Jahr – oder sogar mit noch<br />

höheren Erträgen. Für Unternehmen wie<br />

Cisco, das weithin als die Firma galt, die<br />

»das Rückgrat des Internets« bereitstellte,<br />

galten 15 Prozent Jahresrendite als sichere<br />

Sache. Doch Cisco wurde mit einem dreistelligen<br />

Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt<br />

– bei einer Marktkapitalisierung von<br />

fast 600 Milliarden Dollar. Würde Cisco<br />

seinen Ertrag um 15 Prozent pro Jahr steigern,<br />

hätte sein Kurs-Gewinn-Verhältnis<br />

auch in zehn Jahren noch deutlich über<br />

dem Durchschnitt gelegen. Hätte Cisco<br />

die nächsten 25 Jahre 15 Prozent pro Jahr<br />

abgeworfen und die US-Wirtschaft wäre<br />

im selben Zeitraum mit einer Rate von 5<br />

Prozent weitergewachsen, wäre Cisco<br />

am Ende größer gewesen als die gesamte<br />

Volkswirtschaft des Landes. Die Bewertungen<br />

auf dem Aktienmarkt hatten<br />

sich vollkommen von jeder vernünftigen<br />

Erwartung zum künftigen Wachstum entkoppelt.<br />

Selbst das Blue-Chip-Unternehmen<br />

Cisco büßte über 90 Prozent seines<br />

DIE INTERNETBLASE<br />

Die allermeisten Blasen stehen (wie der<br />

Tronik-Boom) mit neuen Technologien<br />

oder aber mit neuen Geschäftschancen in<br />

Zusammenhang (wie die Eröffnung lukrativer<br />

neuer Handelsmöglichkeiten, wie sie<br />

die Südseeblase versprach). Für das Internet<br />

galt beides: Es stellte eine neue Technologie<br />

dar und bot neue geschäftliche<br />

Möglichkeiten, die zu revolutionieren versprachen,<br />

wie wir Informationen, Waren<br />

und Dienstleistungen konsumieren. Die<br />

Versprechungen des Internets lösten auf<br />

dem Aktienmarkt die größte Wertschöpfung<br />

und Wertvernichtung aller Zeiten aus.<br />

Die erfolgreichen Anleger erzählen<br />

herum, wie leicht man reich werden<br />

kann, was die Kurse weiter in die Höhe<br />

treibt und noch mehr Anleger anzieht.<br />

Bilder: Depositphotos / lemonpink, MAGO / Xinhua<br />

In seinem Buch Irrationaler Überschwang<br />

beschreibt Robert Shiller Blasen als positive<br />

Rückkopplungsschleifen. Eine Blase<br />

entwickelt sich, wenn eine Aktiengruppe<br />

– in diesem Fall alle Aktien, die mit dem Internet-Hype<br />

in Verbindung standen – zum<br />

Höhenflug ansetzt. Das regt mehr Menschen<br />

dazu an, solche Aktien zu kaufen,<br />

weshalb die Medien häufiger darüber berichten,<br />

was wiederum noch mehr Kaufinteressenten<br />

auf den Plan lockt, wovon all<br />

jene kräftig profitieren, die sich sehr früh<br />

in Internetaktien engagiert haben. Die erfolgreichen<br />

Anleger erzählen herum, wie<br />

leicht man reich werden kann, was die<br />

Kurse weiter in die Höhe treibt und noch<br />

mehr Anleger anzieht. Das Ganze funktioniert<br />

wie eine Art Schneeballsystem,<br />

bei dem immer mehr leichtgläubige Anleger<br />

gefunden werden müssen, die den<br />

bisherigen Investoren ihre Aktien abnehmen.<br />

Früher oder später findet sich aber<br />

niemand mehr, der dieses Risiko noch eingehen<br />

möchte.<br />

Auch hoch angesehene Wall-Street-Firmen<br />

fielen auf die heiße Luft herein. Das<br />

ehrwürdige Unternehmen Goldman Sachs<br />

behauptete Mitte 2000, das von den<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

25


Börse<br />

Marktwerts ein, als die Blase platzte. Wie<br />

sich herausstellen sollte, konnte das Unternehmen<br />

seinen Ertrag aber noch weitere<br />

20 Jahre lang mit hohen Raten steigern.<br />

Die Cisco-Aktie notierte dennoch Anfang<br />

2022 unter den Werten, die sie auf dem<br />

Höhepunkt der Blase im Jahr 2000 erreicht<br />

hatte.<br />

Im sogenannten Tronik-Boom hatten Unternehmen<br />

jeder Couleur ihrem Namen<br />

die Nachsilbe »tronics« hinzugefügt, um<br />

attraktiver zu wirken. Das wiederholte<br />

sich im Zuge der Internetmanie. Dutzende<br />

von Unternehmen, auch solche, die<br />

wenig oder gar nichts mit dem Internet<br />

zu tun hatten, gaben sich web-affine Bezeichnungen<br />

wie dot.com, dotnet oder<br />

Internet. Unternehmen, die ihre Namen<br />

änderten, verzeichneten in den darauf<br />

folgenden zehn Tagen einen Kursanstieg,<br />

der um 125 größer ausfiel als bei Mitbewerbern,<br />

obwohl das Kerngeschäft der<br />

betreffenden Firmen überhaupt keinen<br />

Bezug zum Internet hatte. Im anschließenden<br />

Markteinbruch wurden die Aktien<br />

dieser Unternehmen wertlos.<br />

PalmPilot, Hersteller von Personal Digital<br />

Assistants (PDAs), ist ein Beispiel für<br />

den Wahnsinn, der weit über irrationalen<br />

Überschwang hinausging. Palm gehörte<br />

zu einem Unternehmen namens 3Com,<br />

das beschloss, diesen Bereich auszugliedern<br />

und an die Börse zu bringen. Da<br />

PDAs als unverzichtbar für die digitale<br />

Revolution galten, wurde PalmPilot als<br />

besonders interessante Aktie erachtet.<br />

Anfang 2000 veräußerte 3Com beim Börsengang<br />

5 Prozent seiner Anteile an Palm<br />

und gab die Absicht bekannt, sämtliche<br />

verbleibenden Aktien an die 3Com-Aktionäre<br />

abzugeben. Palm hob so rasant ab,<br />

dass seine Marktkapitalisierung bald doppelt<br />

so hoch war wie die von 3Com. Der<br />

Marktwert der 95 Prozent von Palm, die<br />

3Com noch hielt, überstieg die gesamte<br />

Marktkapitalisierung von 3Com selbst um<br />

fast 25 Milliarden Dollar – quasi, als wären<br />

sämtliche sonstigen Vermögenswerte von<br />

3Com minus 25 Milliarden Dollar wert.<br />

Wer PalmPilot kaufen wollte, hätte 3Com<br />

kaufen können und damit alle übrigen<br />

Geschäftsbereiche des Unternehmens für<br />

minus 61 Dollar pro Aktie miterstanden.<br />

In der kopflosen Jagd auf Reichtümer trieb<br />

der Markt bizarre Blüten.<br />

Die Bewertungen auf dem Aktienmarkt<br />

hatten sich vollkommen von jeder vernünftigen<br />

Erwartung zum künftigen<br />

Wachstum entkoppelt.<br />

UND WIEDER EIN<br />

NEUEMISSIONSWAHN<br />

Im ersten Quartal 2000 investierten 916<br />

Risikokapitalfirmen 15,7 Milliarden Dollar<br />

in 1009 Internet-Start-ups. Es war, als hätte<br />

der Aktienmarkt Anabolika geschluckt.<br />

Wie schon während der Südseeblase waren<br />

viele Unternehmen, die Finanzmittel<br />

bekamen, regelrecht absurd. Sie erwiesen<br />

sich beinahe ausnahmslos als Dot-com-<br />

Reinfälle. Hier ein paar Beispiele für solche<br />

Internet-Neugründungen. Digiscents<br />

26 SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong>


Börse<br />

Bilder: IMAGO / Alexander Pohl / UPI Photo, Cover: FinanzBuch Verlag<br />

arbeitete an Computerzubehör, das Websites<br />

und Computer zum Duften bringen<br />

sollte. Mit dem Versuch, ein solches Produkt<br />

zu entwickeln, brachte das Unternehmen<br />

mehrere Millionen durch.<br />

Flooz bot eine alternative Währung – den<br />

Flooz – an, den man Freunden und Verwandten<br />

mailen konnte. Um das Unternehmen<br />

schnell in Schwung zu bringen,<br />

hielt sich Flooz.com an eine alte Business-<br />

School Maxime: »Jeder Depp kann einen<br />

Eindollarschein für 80 Cent verkaufen.«<br />

Flooz.com trat mit einem Sonderangebot<br />

an alle Inhaber von American-Express-Platinkarten<br />

an: Sie sollten für 800 Dollar<br />

Flooz im Wert von 1000 Dollar erwerben<br />

können. Kurz bevor Flooz Konkurs anmelden<br />

musste, wurde das Unternehmen<br />

selbst »gefloozt«, als philippinische und<br />

russische Banken mit gestohlenen Kreditkartennummern<br />

300.000 Flooz erwarben.<br />

Allein schon die Namen vieler solcher<br />

Internetunternehmen strapazieren das<br />

Vorstellungsvermögen: Bunions.com,<br />

Crayfish, Zap.com, Gadzooks, Fogdog,<br />

FatBrain, Jungle-com, Scoot.com und mylackey.com.<br />

Und dann war da noch ezboard.com,<br />

das Internetseiten produzierte,<br />

die als Klopapier bezeichnet wurden,<br />

weil sie Unternehmen dabei halfen, noch<br />

»jeden Scheiß« bei der interessierten Online-Community<br />

anzubringen. Das waren<br />

keine Geschäftsmodelle, sondern das war<br />

der sichere Weg in den Misserfolg.<br />

THEGLOBE.COM<br />

Meine lebhafteste Erinnerung an den Neuemissionsboom<br />

reicht zurück bis zu einem<br />

frühen Novembermorgen 1998, als ich in<br />

einer Fernsehsendung interviewt wurde.<br />

Während ich in Anzug und Krawatte im<br />

Green Room wartete, kam ich mir neben<br />

zwei jungen Männern in Jeans, die wie<br />

Teenager wirkten, total deplatziert vor. Ich<br />

ahnte ja nicht, dass die beiden die ersten<br />

Superstars des Internetbooms waren – und<br />

die erklärten Stars der Sendung. Stephan<br />

Paternot und Todd Krizelman hatten in<br />

Todds Zimmer im Wohnheim der Cornell-<br />

Universität TheGlobe.com gegründet. Das<br />

Unternehmen war ein Online-Message-<br />

Board-System, das mit dem Verkauf von<br />

Bannerwerbung hohe Umsätze erzielen<br />

wollte. Früher hatte man echte Umsätze<br />

und Gewinne vorweisen müssen, um an<br />

die Börse zu gehen. TheGlobe.com hatte<br />

weder das eine noch das andere. Dennoch<br />

brachten es seine Banker von der Credit<br />

Suisse First Boston zu einem Kurs von 9<br />

Dollar je Aktie auf den Markt. Der Kurs<br />

schoss unmittelbar auf 97 Dollar in die<br />

Höhe, damals der höchste an einem ersten<br />

Börsentag erzielte Gewinn in der Geschichte.<br />

Das Unternehmen hatte damit einen<br />

Marktwert von fast 1 Milliarde Dollar.<br />

Die beiden Gründer waren Multimillionäre.<br />

»A Random Walk Down Wall Street«<br />

von Burton G. Malkiel<br />

400 Seiten<br />

Erschienen: Juni 20<strong>23</strong><br />

FinanzBuch Verlag<br />

ISBN: 978-3-959-72681-8<br />

An jenem Tag lernten wir, dass Anleger<br />

Unternehmen Geld hinterherwarfen, die<br />

noch fünf Jahre zuvor keiner routinemäßigen<br />

Due-Diligence-Prüfung standgehalten<br />

hätten. Anfang 2000 – die Party war<br />

damals noch in vollem Gang – bezeichnete<br />

der führende Risikokapitalgeber John<br />

Früher hatte man echte Umsätze und<br />

Gewinne vorweisen müssen, um an die<br />

Börse zu gehen.<br />

Doerr von der führenden Firma Kleiner<br />

Perkins den Kursanstieg der Internetaktien<br />

als »größten legalen Vermögensaufbau<br />

in der Weltgeschichte«. 2002 versäumte<br />

er allerdings anzumerken, dass er<br />

auch die größte legale Vernichtung von<br />

Vermögen weltweit war.<br />

Kleiner Perkins-<br />

Partner John Doerr<br />

SACHWERT MAGAZIN <strong>04</strong>/20<strong>23</strong><br />

27


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prime video<br />

DIE NEUE<br />

REALITY<br />

SERIE<br />

BERATER<br />

LEBEN AUF DER ÜBERHOLSPUR<br />

STAFFEL 1+2<br />

EINE PRODUKTION VON WIRTSCHAFT TV<br />

PRODUZENT JULIEN BACKHAUS, REGIE ALESSANDROESPOSITO, FELIX LENG<br />

KAMERA JANNIK GRAMM, PATRICK REYMANN, SEBASTIAN POCIECHA, DANIEL KRIEBEL, EDITOR KEVIN GLÄßER, FELIX LENG, TON MARIUS TAG<br />

LICHT SASCHA HEß, SOUND LEOWANG, BEN SCHOMACKER, BEN AMES, SPRECHERIN MAJA BYHAHN

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