s'Psairer Heftl - Juli+August Ausgabe 2023
s'Psairer Heftl - Juli+August Ausgabe 2023 s'Psairer Heftl - Magazin für das Passeiertal
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SCHICKSALSGESCHICHTE<br />
20 s‘Psairer <strong>Heftl</strong> - N° 07+08 ▪ <strong>2023</strong><br />
Belogen, betrogen<br />
und ausgenutzt<br />
Heute treffe ich mich mit Martin<br />
(Name von der Redaktion geändert).<br />
Er ist Mitte fünfzig, lebt alleine<br />
in einer Einzimmerwohnung, hat zwei<br />
Jobs, um sich über Wasser zu halten,<br />
die Miete zu bezahlen, die Darlehensrate<br />
zu bezahlen, die Alimente für seine<br />
Kinder zu bezahlen. Dass „Mann“ es<br />
nicht immer einfach hat und bei einer<br />
Scheidung vielfach den Kürzeren zieht,<br />
möchte er den Lesern/innen erzählen.<br />
Meine Frau war meine absolute Traumfrau.<br />
Ich habe sie bei der Arbeit kennen<br />
und lieben gelernt. Ihre charmante und<br />
liebenswerte Art hat mich vom ersten<br />
Moment an in den Bann gezogen. Der<br />
Altersunterschied von fünfzehn Jahren<br />
machte uns nichts aus. Ich genoss es<br />
sehr, eine so attraktive Frau an meiner<br />
Seite zu haben. Dass sie aus dem Ausland<br />
kam, machte mir ebenso wenig aus.<br />
Ich war hin und weck von ihr. Deshalb<br />
machte ich ihr nach drei Jahren einen<br />
Heiratsantrag. Die pompöse Hochzeit,<br />
knapp ein Jahr später, feierten wir mit<br />
vielen Freunden und Bekannten. Unser<br />
Glück wurde von zwei Kindern gekrönt.<br />
Ich hätte nicht glücklicher sein können<br />
und erfüllte meiner Frau so gut es ging<br />
jeden Wunsch. Während sie sich um<br />
den Haushalt und die Kinder kümmerte,<br />
ging ich nach wie vor meiner Arbeit<br />
nach. Ich hatte einen sehr gut bezahlten<br />
Job, eine leitende Position. Als beide<br />
Kinder im Kindergarten waren, äußerte<br />
meine Frau den Wunsch wieder arbeiten<br />
zu gehen. Ich bekräftigte sie in ihrer<br />
Entscheidung und half ihr, so gut es mir<br />
ging, im Haushalt und bei den Kindern.<br />
Ein Jahr später, fiel mir auf, dass meine<br />
Frau sich jedes Mal, wenn sie arbeiten<br />
ging, besonders schick machte. Sie<br />
schminkte und frisierte sich aufwendig<br />
und legte Parfum auf. Auf meine Frage,<br />
ob dies für ihren Job nicht ein bisschen<br />
übertrieben sei, lächelte sie und meinte,<br />
so bekäme sie mehr Trinkgeld. Ich<br />
glaubte ihr und machte mir keine Gedanken.<br />
Bis, ja bis mich ein Arbeitskollege darauf<br />
aufmerksam machte, dass er meine<br />
Frau, knutschend und Händchen haltend<br />
mit einem anderen Mann in der<br />
Stadt gesehen habe. Ich glaubte ihm<br />
nicht, dachte an eine Verwechslung,<br />
aber er sollte sich als wahr herausstellen.<br />
Ich beobachtete meine Frau, spionierte<br />
ihr ein wenig hinterher und fand<br />
heraus, dass sie nur drei Vormittage<br />
in der Woche zur Arbeit ging. An den<br />
anderen zwei Vormittagen traf sie sich<br />
mit IHM. Einem anderen, mir fremden<br />
Mann. Zu Hause spielte sie weiterhin<br />
die treue Ehefrau, lebte ein Doppelleben.<br />
Sie schlief weiterhin mit mir, wenn<br />
auch nicht mehr so oft wie früher. Kopfschmerzen,<br />
Müdigkeit, Rückenschmerzen<br />
von der Arbeit, waren ihre Ausreden.<br />
Ich ließ mir nichts anmerken,<br />
spielte das Spiel mit, denn ich wollte sie<br />
nicht verlieren. Ich glaubte und hoffte<br />
an eine Phase, an ein Ausbrechen aus<br />
dem Familienalltag.<br />
Immer häufiger kaufte sie sich neue<br />
Kleider, Dessous, ging zum Friseur, zur<br />
Kosmetikerin. All dies bezahlte sie mit<br />
meiner Karte. Anstatt für uns zu kochen,<br />
wie sie es immer gern gemacht<br />
hatte, bekamen wir Tiefkühlpizza und<br />
Fertiggerichte.<br />
Und dann kam der Moment, an dem<br />
ich sie zur Rede stellte. Zuerst stotterte<br />
sie herum, lief rot an, wusste nicht,<br />
was sie mir antworten sollte. Ich machte<br />
ihr den Vorschlag, alles, was passiert<br />
war, zu vergessen. Vor allem der Kinder<br />
zuliebe. Sie sollten nichts von alledem<br />
mitbekommen. Aber sie wollte nicht.<br />
Sie liebte ihr neues Leben, ihre Freiheiten<br />
und stellte mich vor die Forderung<br />
dies zu akzeptieren oder dass sie die<br />
Scheidung einreichen würde. So tolerierte<br />
ich also weiterhin ihr Doppelleben.<br />
Tolerierte, dass sie nicht mehr mir<br />
alleine gehörte. War immer mehr mit<br />
den Kindern alleine unterwegs, auch an<br />
den Wochenenden. Und wenn mich<br />
die Kinder fragten, wo denn Mami sei,<br />
nahm ich sie in Schutz und sagte, sie sei<br />
bei der Arbeit. Ein weiteres Jahr und<br />
viele Liebhaber später reichte sie die<br />
Scheidung mit knallharten Forderungen<br />
ein.<br />
Das Haus, die Kinder, das Auto, alles<br />
forderte sie! Und man gewährte es ihr<br />
vor Gericht. Wahrscheinlich, weil ich<br />
mich nicht sonderlich wehrte. Mir war<br />
es wichtig, dass die Kinder weiterhin in<br />
ihrer gewohnten Umgebung aufwachsen<br />
dürfen. Von Freitagnachmittag bis<br />
Montag in der Früh, wenn meine Frau<br />
unterwegs war, betreute und betreue<br />
ich noch immer die Kinder in "unserem"<br />
Haus, dessen Raten ich noch immer<br />
auf der Bank begleiche. Das mache ich<br />
gern! Sie sind mein Ein und Alles. Dass<br />
ich ausgezogen bin, haben sie lange Zeit<br />
nicht verstanden.<br />
Wieder habe ich die Schuld auf mich<br />
genommen und ihnen weis gemacht,<br />
dass ich unter der Woche arbeitsbedingt<br />
nicht zu Hause kann und Mami an<br />
den Wochenenden arbeitet. Wie lange<br />
sie mir diese Lüge noch glauben, weiß<br />
ich nicht. Warum ich meine Exfrau nach<br />
alledem immer noch in Schutz nehme,<br />
weiß ich auch nicht. Ich mache es einfach.<br />
Arbeite neben meinem Vollzeitjob<br />
noch im Homeoffice an anderen Projekten,<br />
damit ich mir und meinen Kindern<br />
das Leben leisten kann.<br />
Dass meine Exfrau mich finanziell ausnutzt,<br />
ist mir klar. Sie lebt in meinem<br />
Haus, fährt mit meinem Auto, bekommt<br />
Alimente für die Kinder. Ich nehme es<br />
stillschweigend hin und bete, dass es irgendwann<br />
leichter und besser wird.<br />
Ja, ich bete! Denn es gibt mir die Kraft,<br />
weiterzumachen. Für meine Kinder, für<br />
mich. Und irgendwann, so hoffe ich,<br />
wird alles gut und ich werde wieder<br />
eine Partnerin finden, der ich vertrauen<br />
kann.<br />
Danke lieber Martin für deine Geschichte.<br />
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute!<br />
ih