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Nr. 88 - Herbst 2023

Okzitanien, Nîmes, Ballon d'Alsace, Louis de Funès, Corrèze, Chanson française, Rezept und viel mehr!

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gesetzt, vor allem das Bestiarium mit<br />

Tierarten, die in der Höhle dargestellt<br />

werden. Schwerpunkte sind darüber<br />

hinaus die Beziehung des Menschen<br />

zum Meer sowie der Anstieg des<br />

Meeresspiegels. Ein Hinweis: Dort<br />

oben hat man einen fantastischen<br />

Blick über die Bucht von Marseille.<br />

Inwiefern stellt diese Nachbildung<br />

sowohl eine technische<br />

als auch eine künstlerische<br />

Glanzleistung dar?<br />

Der Besichtigungsrundgang ist meines<br />

Erachtens vor allem deshalb so<br />

gelungen, weil man sich sehr schnell<br />

darüber bewusst wird, dass diese Nachbildung<br />

nicht nur eine Glanzleistung<br />

in technischer Hinsicht ist, sondern<br />

auch in künstlerischer. Sie erfahren<br />

beispielsweise, dass die Vorgehensweise<br />

für die Rekonstruktion einer Höhle<br />

nicht neu ist. Es ist eine sehr alte und<br />

einfache Technik, die « Faksimile »<br />

genannt wird. In Frankreich wurde sie<br />

erstmals im Jahr 1937 anlässlich der<br />

Pariser Weltausstellung eingesetzt,<br />

wo das Publikum Höhlen aus dem<br />

Périgord mit ihren Malereien entdecken<br />

konnte. Das Prinzip ist einfach: Es<br />

werden möglichst viele Zeichnungen<br />

der entsprechenden Höhle nachgestellt,<br />

um diese als Ganzes so gut wie möglich<br />

nachzubilden. Das bis dato bekannteste<br />

Beispiel in Frankreich dafür ist die<br />

Rekonstruktion der Grotte de Lascaux<br />

in der Dordogne. Sie wurde 1984<br />

eröffnet, um die ursprüngliche Höhle<br />

zu schützen, die unter dem Besucheransturm<br />

zu leiden begann. Im Verlauf des<br />

Rundgangs in der Villa Méditerranée<br />

kann man den technischen Fortschritt<br />

in diesem Bereich nachvollziehen.<br />

Insbesondere dreidimensionale Bildgebungsverfahren<br />

verbesserten die<br />

Präzision der Zeichnungen auf ganz<br />

erstaunliche Art, sodass die Nachbildungen<br />

immer genauer und realistischer<br />

sind. Auf diese Weise entstanden unter<br />

anderem Lascaux IV und Chauvet II<br />

(Ardèche). Cosquer Méditerranée geht<br />

durch die Verwendung allerneuester<br />

Technologien noch weiter. Abgesehen<br />

von der technischen Seite sticht aber<br />

bei der bequemen Rundfahrt durch das<br />

Replikat der Höhle vor allem deren<br />

Schönheit ins Auge. Nicht nur die<br />

Menschen, die diese Wandmalereien<br />

seinerzeit erstellten, waren Künstler,<br />

sondern auch diejenigen, die sie kopierten.<br />

Durch Filme und Fotos wird<br />

die unglaubliche Präzision ihrer Gesten<br />

aufgezeigt. Besonders verblüfft hat<br />

mich noch ein weiterer Punkt: die Atmosphäre,<br />

die in der Höhle Cosquer II<br />

herrscht. Alle Bedingungen wurden<br />

präzise nachgestellt, um die Rahmenbedingungen<br />

der richtigen Höhle<br />

genau zu imitieren: die Temperatur (die<br />

Kühle, die dort herrscht, ist besonders<br />

im Sommer angenehm), das Geräusch<br />

des Wassers (das sich so anhört, als<br />

gäbe es tatsächlich Stalaktiten und<br />

Stalagmiten) und die Luftfeuchtigkeit,<br />

die genau derjenigen im Original<br />

entspricht! Man könnte wirklich den<br />

Eindruck haben, sich dort zu befinden.<br />

Und um das Ganze abzurunden,<br />

haben die Gestalter dieser Stätte sogar<br />

an den Geruchssinn gedacht und<br />

den Geruch nachgestellt, der in der<br />

originalen Unterwasserhöhle herrscht,<br />

die sich in einer Tiefe von 37 Metern<br />

unter dem Wasserspiegel befindet.<br />

Inwiefern ist die Nachbildung<br />

ein Erfolg?<br />

Abgesehen von der Tatsache, dass<br />

dieser Ort den Menschen ein prähistorisches<br />

Kulturerbe ersten Ranges (eine<br />

dreißigtausendjährige Geschichte, 500<br />

Zeichnungen und Gravuren, 200 Tiere,<br />

70 Handabdrücke) zugänglich macht,<br />

wird durch das « Luxus-Faksimile » in<br />

Originalgröße die Erinnerung an die<br />

echte Grotte Cosquer erhalten, da diese<br />

aufgrund der Klimaerwärmung früher<br />

oder später vollständig vom Wasser<br />

überflutet sein wird. Selbstverständlich<br />

ist das ein zentraler Punkt. Doch davon<br />

abgesehen macht es die sehr modern<br />

gestaltete Inszenierung von Cosquer<br />

Méditerranée möglich, ein breites – vor<br />

allem junges – Publikum für Klimaveränderungen<br />

und deren Konsequenzen<br />

für die Menschen zu sensibilisieren.<br />

Und das Ganze ist ausgesprochen gut<br />

gemacht: Ohne überflüssige Details<br />

ist es den Gestaltern der Ausstellung<br />

gelungen, die Besucher anzusprechen,<br />

oft sogar – das konnte ich selbst sehen<br />

– zu bewegen. Ein sehr gutes Beispiel,<br />

wie man Technologie intelligent<br />

einsetzen kann. Ein Muss für Ihren<br />

nächsten Besuch in Marseille.<br />

<br />

Cosquer Méditerranée<br />

Villa Méditerranée<br />

Esplanade du J4<br />

13002 Marseille<br />

Telefon: +33 (0)4 91 312 312<br />

www.grotte-cosquer.com

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