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Nr. 88 - Herbst 2023

Okzitanien, Nîmes, Ballon d'Alsace, Louis de Funès, Corrèze, Chanson française, Rezept und viel mehr!

Okzitanien, Nîmes, Ballon d'Alsace, Louis de Funès, Corrèze, Chanson française, Rezept und viel mehr!

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ist absolut keine französische Erfindung, denn er stammt<br />

aus Osteuropa. Oder nehmen Sie eines der weltweit berühmtesten<br />

Chansons: Champs-Élysées. Komponiert hat<br />

es 1969 der Franko-Amerikaner Joe Dassin, der in den 16<br />

Jahren seiner Karriere mehr als 250 Chansons aufnahm<br />

und 50 Millionen Schallplatten verkaufte. Champs-Élysées<br />

ist jedoch die Adaptation des englischen Songs Waterloo<br />

Road aus der Feder von Mike Wilsh und Mike Deighan,<br />

der ein Jahr zuvor erschienen war und nicht von der berühmten<br />

Pariser Avenue, sondern von der Londoner<br />

Waterloo Road handelt. Was das Chansons angeht, sind<br />

die Franzosen so: Sie verstehen es ausgesprochen gut, sich<br />

anderswo Inspirationen zu holen, und machen dann aus<br />

einem ursprünglich ausländischen Schlager einen französischen.<br />

Das gilt sogar für ein ganzes Musikgenre wie den<br />

Reggae! Vor allem dank Gainsbourg, der diesen Musikstil<br />

im Januar 1979 von einer Jamaika-Reise mitbrachte und<br />

sich von ihm zum Album Aux Armes et cætera inspirieren<br />

ließ, wurde Reggae in den Augen der Franzosen zu einem<br />

nationalen Genre. In der Folge entwickelte sich im wahrsten<br />

Sinne des Wortes ein Reggae de France, sodass man<br />

sich nicht mehr fragte, ob es ursprünglich ein Importprodukt<br />

war oder nicht. In den Neunzigerjahren wurden im<br />

Großraum Marseille die Musikgruppen an den Gymnasien<br />

erfasst. Die Hälfte davon spielte Reggae! Aber nicht<br />

Reggae aus Jamaika, sondern aus Frankreich. So sind die<br />

Franzosen, sie picken sich überall Inspirationen heraus.<br />

Was die französischen Künstler angeht, sollte man nicht<br />

vergessen, dass beispielsweise Dalida in Ägypten geboren<br />

wurde, dass Aznavour Franko-Armenier und Gainsbourg<br />

ein Kind jüdisch-aschkenasischer Immigranten war, die<br />

aus der Ukraine und aus Russland stammten. Und Jacques<br />

Brel, eine der Größen des französischen Chansons, war<br />

… Belgier! Man kann nicht abstreiten, dass das französische<br />

Chanson von dieser Diversität profitiert hat. Und<br />

ich bin davon überzeugt, dass es gerade deswegen nicht<br />

nur in Frankreich, sondern auch auf internationaler Ebene<br />

erfolgreich ist.<br />

Sie selbst haben multikulturellen Hintergrund, diese Diversität<br />

spricht Sie besonders an …<br />

Genau. Ich weiß um ihren Wert. Wissen Sie, Frankreich<br />

hat eine sehr starke kulturelle Identität, die – von außen<br />

betrachtet – als arrogant eingestuft werden kann. Was<br />

manchmal nicht so ganz falsch ist. Das geht so weit, dass<br />

man oft vergisst, in welchem Maße wir durchlässig für<br />

andere Kulturen sind, obwohl es ganz anders erscheint.<br />

Es gibt eine echte ethnische und kulturelle Vielfalt in<br />

Frankreich. Das französische Chanson ist zweifellos nicht<br />

nur ein sehr gutes Beispiel dafür, sondern trägt dazu bei,<br />

diese Vielfalt weiterzuentwickeln. Dieses Musikgenre ist<br />

ein Integrationsmittel und für Ausländer ein hervorragendes<br />

Werkzeug, um das Land, seine Bewohner und ihre<br />

Zwiespältigkeit zu verstehen. Wissen Sie, als Bewohner<br />

der Antillen habe ich in gewisser Weise eine Außensicht<br />

auf das Hexagon. Ich kann in bestimmten Momenten das<br />

Unverständnis gut nachvollziehen, das bei Ausländern<br />

aufkommt. Wir sind ein Volk, das in der Lage ist, stundenlang<br />

am Tisch zu sitzen und hervorragende Gerichte<br />

zu genießen, gleichzeitig aber auch eines der Länder, in<br />

denen McDonald‘s am meisten vertreten ist, wo man in<br />

viele Restaurants ein ungenießbares Steak mit Pommes<br />

oder im Autobahnrestaurant ein erbärmliches dreieckiges<br />

Sandwich vorgesetzt bekommt … So sind wir eben, und<br />

zugegebenermaßen haben wir sehr gegensätzliche Dinge<br />

erfunden: Frankreich ist das Land des guten Weins, aber<br />

auch des Fusels. Ein Land der Kontraste also, vor allem<br />

aber ein sehr vielfältiges Land. Das französische Chanson<br />

zeugt auf seine Weise davon. Und vielleicht liebt man es<br />

gerade deswegen …<br />

Bertrand Dicale, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Französisch lernen am Puls der Zeit<br />

Août <strong>2023</strong><br />

• N o 8 | 7 0 º A n n é e •<br />

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AC T UA L I T É<br />

• Émeutes en France:<br />

«Les jeunes des quartiers<br />

portent les stigmates<br />

de la colonisation»<br />

Page 3<br />

S O C I É T É<br />

B1–C2<br />

• La philo en terminale<br />

sert-elle à quelque chose?<br />

Pages 6–7<br />

C U LT U R E<br />

• Le rap français en<br />

première ligne contre les<br />

violences policières<br />

Page 10<br />

F R A N Ç A I S FAC I L E<br />

• Immersion dans l’art<br />

urbain à Street Art City<br />

Page 13<br />

É C O N O M I E<br />

• Marché du travail: en<br />

Suisse, les multilingues<br />

gardent la cote<br />

Page 14<br />

S p r a c h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s mat e r i a l<br />

Les «Hijabeuses» ont perdu Guillaume Diop, 23 ans,<br />

leur dernier match devant la justice<br />

est la nouvelle étoile de l’Opéra de Paris.<br />

française, qui a décidé de maintenir C’est la première fois qu’un danseur métis<br />

l’interdiction du port du voile<br />

accède au rang suprême de l’institution<br />

lors des compétitions de football. parisienne.<br />

Lire l’article en page 5<br />

Lire l’article en page 12<br />

| Photo : Picture Alliance/Reuters/Pascal Rossignol Getty Images/Pascal Le Segretain<br />

ÉDITORIAL<br />

Une colère trop sporadique<br />

pour peser

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