20.08.2023 Aufrufe

Nr. 88 - Herbst 2023

Okzitanien, Nîmes, Ballon d'Alsace, Louis de Funès, Corrèze, Chanson française, Rezept und viel mehr!

Okzitanien, Nîmes, Ballon d'Alsace, Louis de Funès, Corrèze, Chanson française, Rezept und viel mehr!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sich heute nur vorstellen, dass die Erbauer im Winter eine<br />

Felsspalte mit Wasser füllten und abwarteten – und hofften<br />

–, dass dieses fror und den Fels dadurch in zwei Teile<br />

spaltete. Um dann von vorne zu beginnen und erneut zu<br />

hoffen, dass es funktioniert … Das Geheimnis um diese<br />

Meisterleistung ist umso größer, als dass man sich zudem<br />

eine Legende erzählt, nach der es Étienne selbst war, der<br />

sich, von den Mönchen zu Hilfe gerufen, auf den Felsen<br />

stellte, um diesen mit seinem Krummstab in zwei Teile zu<br />

spalten …<br />

Von einem Netz an Tochterklöstern zum Waisenhaus<br />

Nachdem die Abtei einmal auf so grandiose Weise mit<br />

Wasser versorgt war, wuchs sie sehr schnell. Man richtete<br />

einen riesigen Fischteich ein, füllte ihn mit Forellen und<br />

Hechten und verkaufte diese zu einem guten Preis. Mit<br />

dem heute noch beeindruckend großen Wasserreservoir<br />

konnte man gleichzeitig Mühlen mit Wasser versorgen,<br />

die sich um die Abtei herum angesiedelt hatten. Jede stellte<br />

etwas Spezifisches her: Mehl, Nussöl (ein damals wichtiger<br />

Wirtschaftsfaktor) oder Textilfasern. Vom Wasser, vor<br />

allem von dessen Strömung, profitierten auch die Schmieden,<br />

die der Abbaye d‘Aubazine in der Folge zu Reichtum<br />

verhelfen sollten. Auf diese Weise konnte das Kloster sich<br />

ein riesiges Kulturerbe bestehend aus mehr als 20 Granges<br />

(so hießen die « Betriebseinheiten » der damaligen Zeit)<br />

aufbauen. Die meisten von ihnen waren dem Getreideanbau<br />

gewidmet und lagen in den Regionen Bas-Limousin<br />

und Haut-Quercy. Die Zisterzienser lebten seinerzeit<br />

nach der Regel, dass jedes Kloster sich bemühen musste,<br />

so viel wie möglich von dem herzustellen, was es für das<br />

tägliche Leben brauchte, ohne die Hilfe der Außenwelt in<br />

Anspruch zu nehmen. Daher produzierten diese « Scheunen<br />

» sehr unterschiedliche Dinge, die sich ergänzten.<br />

Eine von ihnen, in der Nähe von Donzenac, war auf<br />

Weinherstellung spezialisiert, eine andere bewirtschaftete<br />

die Salzgärten der Île d’Oléron, eine dritte lag in der<br />

Auvergne und widmete sich der Zucht von Milchkühen<br />

und der Herstellung von Käse. Mehrere von ihnen hatten<br />

eigene Seen und betrieben Fischzucht. Auf diese Weise<br />

entstand ein erstaunliches Netz an « Tochterklöstern »,<br />

das sich über ein sehr ausgedehntes Gebiet erstreckte. Die<br />

Abtei von Aubazine wurde ein Symbol für die Macht und<br />

das Know-how der Zisterzienser und für die Mönche in<br />

gewisser Weise zu einem Aushängeschild. Doch irgendwann<br />

war es mit dem Wohlstand zu Ende. 1789, während<br />

der Revolution, wurden die Zisterzienser schlicht<br />

und einfach aus der Abtei vertrieben, ihr Hab und Gut<br />

geplündert. Wie viele andere religiöse Orte damals wurde<br />

auch diese Abtei nach und nach aufgegeben. 1815 kaufte<br />

die ortsansässige Familie Juglard schließlich die Gebäude<br />

und beschloss, dort ein Waisenhaus für junge Mädchen<br />

einzurichten, das dann den Ordensschwestern von<br />

Saint-Cœur-de-Marie anvertraut wurde. Für Aubazine<br />

begann ein neues Kapitel …<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2023</strong> · 43

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!