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vsao Journal Nr. 4 - August 2023

Wild - Kinder, Käuze, Kräuter Politik - Weitblick am Runden Tisch Impfungen - Neue Ausgangslage, neuer Aktionsplan Palliativmedizin - Wie gelingt gute Kommunikation?

Wild - Kinder, Käuze, Kräuter
Politik - Weitblick am Runden Tisch
Impfungen - Neue Ausgangslage, neuer Aktionsplan
Palliativmedizin - Wie gelingt gute Kommunikation?

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<strong>vsao</strong><br />

<strong>Nr</strong>. 4, <strong>August</strong> <strong>2023</strong><br />

<strong>Journal</strong><br />

Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />

Wild<br />

Kinder, Käuze,<br />

Kräuter<br />

Seite 26<br />

Politik<br />

Weitblick am<br />

Runden Tisch<br />

Seite 8<br />

Impfungen<br />

Neue Ausgangslage,<br />

neuer Aktionsplan<br />

Seite 46<br />

Palliativmedizin<br />

Wie gelingt gute<br />

Kommunikation?<br />

Seite 50


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Inhalt<br />

Wild<br />

Kinder, Käuze, Kräuter<br />

Coverbild: Stephan Schmitz<br />

Editorial<br />

5 Wilde Zeiten<br />

In eigener Sache<br />

6 20 Jahre Leidenschaft und Qualität<br />

Politik<br />

8 Eine erfolgversprechende Tafelrunde<br />

10 Pionierarbeit von und für Schweizer<br />

Ärztinnen<br />

13 Auf den Punkt gebracht<br />

Weiterbildung /<br />

Arbeitsbedingungen<br />

14 Eine Rose für bessere Arbeitszeiten<br />

16 Positive Erfahrungen mit der<br />

42+4-Stunden-Woche<br />

18 Mehr Medizin – weniger Bürokratie!<br />

21 Im AA-Universum<br />

Perspektiven<br />

46 Nationale Strategie zu Impfungen<br />

50 Aus der «Therapeutischen<br />

Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />

Kommunikation mit schwerstkranken<br />

Patienten – mehr als nur Breaking<br />

Bad News<br />

57 Der besondere Ort<br />

mediservice<br />

58 Briefkasten<br />

60 Vertragen sich Hypothek und Rente?<br />

62 Sorgenfrei verreisen – dank<br />

Reiseversicherung<br />

Medpension<br />

64 Mit modularen Vorsorgelösungen<br />

gegen den Fachkräftemangel<br />

66 Impressum<br />

<strong>vsao</strong><br />

22 Neues aus den Sektionen<br />

24 <strong>vsao</strong>-Inside<br />

25 <strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Fokus: Wild<br />

26 Born to be wild<br />

30 Aus den Augen …<br />

36 Ein Stück Wildnis<br />

40 Der evolutionäre Drang nach<br />

Bewegung<br />

44 Nächtliche Besucher im Vorgarten<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 3


Allgemeine<br />

Innere Medizin<br />

15. – 18.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Innere Medizin<br />

05. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Hausarzt<br />

Fortbildungstage<br />

07. – 08.09.<strong>2023</strong> Basel<br />

14. – 15.09.<strong>2023</strong> Bern<br />

22. – 23.09.<strong>2023</strong> Luzern<br />

14 SGAIM<br />

32 h<br />

40 h<br />

Allergologie<br />

04. – 05.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Diabetes<br />

09. – 11.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

21 SGAIM | 20 SGED<br />

EKG – Aufbaukurs<br />

23. – 24.10.<strong>2023</strong> Zürich<br />

14 SGAIM | 16 SSAPM<br />

Gynäkologie<br />

13 h<br />

30.11. – 02.12.23 Zürich<br />

14 SGGG | 2 SSMIG | 1 SSUM<br />

Nephrologie<br />

08. – 09.09.<strong>2023</strong> Zürich<br />

12 SGN | 11 SGAIM<br />

Pädiatrie<br />

23. – 25.10.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Psychiatrie und<br />

Psychotherapie<br />

30.11. – 02.12.23 Zürich<br />

21 SGPP | 20 SAPPM |<br />

24 ASP | 21 FSP<br />

Psychologie<br />

07. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

24 h<br />

21 h<br />

Update Refresher<br />

Kardiologie<br />

10. – 11.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

12 SGAIM<br />

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Editorial<br />

Wilde Zeiten<br />

Regula Grünwald<br />

Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Vom «Drappen seindt fu e nfferley Speiß vnd Trachten<br />

zu machen», schreibt Marx Rumpolt 1581 in seinem<br />

«new Kochbuch». So schlägt er unter anderem vor, den<br />

Waldrapp mit «einer braunen Bru e h» warm anzubraten<br />

oder aus seiner Brust Hackfleisch zu machen und mit einem<br />

«sauren frischen Limoniensafft» zuzubereiten, um ein «gut vnd<br />

wolgeschmack» Gericht zu erhalten. Was uns heute ungewohnt<br />

erscheinen mag, war im Mittelalter gang und gäbe: Der damals<br />

häufige Waldrapp wurde bis ins 17. Jahrhundert unerbittlich gejagt,<br />

bis er in ganz Mitteleuropa ausgerottet war. Danach geriet er so<br />

stark in Vergessenheit, dass überlieferte Zeichnungen bis zu seiner<br />

Wiederentdeckung Ende des 19. Jahrhunderts als Darstellung<br />

eines Fabelwesens galten. Heute ist der Waldrapp hierzulande wieder<br />

heimisch und die Population vermehrt sich. Zu verdanken ist dies<br />

der erfolgreichen Nachzucht und Auswilderung, an welcher sich auch<br />

der Zoo Zürich beteiligt. Ein Beitrag dazu findet sich in unserem<br />

Schwerpunkt «Wild».<br />

Während Waldrappe wieder da sind, verschwinden still und<br />

leise verschiedene Arten von Insekten. Doch auch da gibt es eine<br />

gute Nachricht: Bereits ein Balkon und etwas guter Wille reichen,<br />

um einen kleinen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität zu leisten.<br />

Wie Mensch und Tier in nächster Nähe zusammenleben, zeigt ein<br />

Beitrag zu einem Projekt in Berlin: Während zweier Jahre haben 150<br />

in Gärten aufgestellte Wildtierkameras Tausende Bilder von Füchsen,<br />

Waschbären und Mardern gemacht. Nicht ganz so haarig, aber auch<br />

ganz schön wild können Kinder sein. Wie temperamentvoll darf<br />

ein Kind sein? Und wann ist ein Verhalten auffällig? Etwas älter,<br />

aber bisweilen ebenfalls wild sind jene, die die Zürcher Partyszene<br />

bevölkern. Ihnen gilt ein weiterer Fokus-Text.<br />

Ganz gesittet ging es hingegen am Runden Tisch zu, den der <strong>vsao</strong><br />

im Juni zu den Themen Arbeitsbedingungen, Bürokratie sowie<br />

Weiter- und Fortbildung organisiert hatte. Die konstruktive Diskussion<br />

zeigte, dass sich die Teilnehmenden in vielen Punkten einig sind.<br />

Verschie dene Lösungsansätze sollen nun in kleineren Arbeitsgruppen<br />

weiterverfolgt werden. Dass eine Verbesserung möglich ist, zeigt<br />

ein Pilotprojekt zur Einführung der 42+4-Stunden-Woche am Institut<br />

für Intensivmedizin des Universitätsspitals Zürich (USZ). Lobenswerte<br />

Bemühungen, welche der <strong>vsao</strong> mit der Spitalrose ausgezeichnet hat.<br />

Richtige Rosen verdient Catherine Aeschbacher. Während 20 Jahren<br />

prägte sie das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> als Chefredaktorin mit Wissen, Witz und<br />

unzähligen, durchaus auch wilden Ideen. Für ihr grosses Engagement<br />

danken wir ihr herzlich und wünschen ihr alles Gute!<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 5


In eigener Sache<br />

20 Jahre<br />

Leidenschaft und<br />

Qualität<br />

«Gift zu mischen ist ein geringeres Verbrechen denn schlechte Prosa zu schreiben.»<br />

Oscar Wilde<br />

Mit der Pensionierung von Catherine Aeschbacher verlässt uns<br />

nicht nur eine beliebte und erfahrene Mitarbeiterin. Es verlässt uns auch<br />

die Person, die das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> in den letzten 20 Jahren massgeblich<br />

geprägt und zu dem gemacht hat, was es heute ist.<br />

Daniel Schröpfer, Präsident mediservice <strong>vsao</strong>, und Marc Schällebaum, Geschäftsführer mediservice <strong>vsao</strong><br />

Bei Stellenantritt und heute: Catherine Aeschbacher prägte und entwickelte das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> in den letzten 20 Jahren massgeblich.<br />

Bilder: zvg (links), Severin Nowacki (rechts)<br />

6<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


In eigener Sache<br />

Bild: Adobe Stock<br />

Catherine Aeschbacher war bereits<br />

eine renommierte <strong>Journal</strong>istin<br />

und Redaktorin, als sie<br />

2003 zum <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> kam.<br />

Doch ihre berufliche Reise hatte nicht im<br />

<strong>Journal</strong>ismus begonnen und schon gar<br />

nicht in der Medizin, sondern mit ihrer<br />

Liebe zur Kultur. Im Studium hatte sie<br />

im Hauptfach Neuere deutsche Literatur<br />

gewählt, im ersten Nebenfach Kunstgeschichte<br />

und – auf die Empfehlung einiger<br />

Kommilitoninnen hin – Medienwissenschaft<br />

im zweiten Nebenfach. Dieses<br />

zweite Nebenfach rückte im Verlauf ihrer<br />

beruflichen Entwicklung immer mehr in<br />

den Mittelpunkt, doch auch ihre Liebe zur<br />

Kultur blieb bestehen. Spuren dieser Leidenschaft<br />

lassen sich in vielen Kolumnen<br />

oder Artikeln im <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> finden.<br />

Die erste grosse berufliche Station war<br />

die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft<br />

(SRG), wo Catherine Aeschbacher<br />

während des Studiums als wissenschaftliche<br />

Assistentin arbeitete, und da<br />

nebenbei noch etwas Zeit zum Schreiben<br />

blieb, gewann sie 1992 – zusammen mit<br />

ihrem Kollegen Dr. Urs Mall – den 1. Preis<br />

des Forschungsreportagen-Wettbewerbs<br />

des Bernischen Hochschulvereins. Ab 1995<br />

ging es Schlag auf Schlag voran in ihrer<br />

journalistischen Karriere: Zuerst erhielt sie<br />

eine Stelle als Fachredaktorin der Berner<br />

Tageszeitung «Der Bund», später wurde sie<br />

als Teamleiterin und Verantwortliche für<br />

die Beilage «Medien» im «Tages-Anzeiger»<br />

rekrutiert.<br />

Parallel zu ihren ersten Schritten im<br />

Berufsleben engagierte sich Catherine<br />

Aeschbacher auch früh in Vereinen und<br />

Stiftungen. So war sie unter anderem Generalsekretärin<br />

der internationalen Vereinigung<br />

für Kommunikationswissenschaft<br />

(IVK), Stiftungsrätin der Stiftung Klartext<br />

und der Zürcher Radio-Stiftung sowie<br />

Vizepräsidentin des Schweizer Presserats.<br />

Ein weiteres Highlight war die Wahl in die<br />

Schweizerische UNESCO-Kommission für<br />

die Sektion Kommunikation im Jahr 2000.<br />

Nach einer Babypause trat sie dann<br />

die Stelle an, in der sie die darauffolgenden<br />

20 Jahre wirken sollte: als Chefredaktorin<br />

des <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s. Das <strong>Journal</strong>, das Catherine<br />

Aeschbacher bei Stellenantritt übernahm,<br />

erschien zwar zehnmal jährlich,<br />

umfasste aber jeweils nur 36 Seiten mit<br />

deutschen und französischen Artikeln –<br />

eine eher trockene Affäre. Nach und nach<br />

führte sie nicht nur den zweimonatlichen<br />

Erscheinungsrhythmus und die heute bestehenden<br />

Rubriken ein, sondern sorgte<br />

auch dafür, dass die Westschweiz ihre<br />

eigene französischsprachige Ausgabe bekam.<br />

Mit ihrem unerschöpflichen Interesse<br />

an verschiedensten Themen und<br />

ihrem Gespür für Menschen gelang es ihr,<br />

eine hervorragend funktionierende Milizredak<br />

tion auf die Beine zu stellen, die mit<br />

Begeisterung half, das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> auf<br />

ein neues Level zu hieven. Es kamen Redesigns,<br />

höhere Auflagen und grössere<br />

Bekanntheit. Titelbilder mit aufgeklebtem<br />

Brailleschrift-Alphabet, Emoji-Missverständnissen<br />

und zuletzt nur einem<br />

QR-Code (der natürlich zum «richtigen»<br />

Titelbild führte). Es wurde mit der Redaktion<br />

gehirnt, gelacht, getestet, sei es bei<br />

Glace oder Bier, es gab spannende und<br />

amü sante Kolumnen, Leserbriefe, die<br />

zum Schmunzeln und ganz selten zum<br />

Stirnrunzeln anregten. Immer gab es eine<br />

gute neue Idee, meistens wurde sie umgesetzt.<br />

Catherine Aeschbacher wird auch im<br />

offiziellen Ruhestand nicht untätig sein;<br />

was auch immer sie machen wird, es wird<br />

mit einem hohen Sinn für Qualität und<br />

viel Leidenschaft verbunden sein.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 7


Politik<br />

Eine<br />

erfolgversprechende<br />

Tafelrunde<br />

Im Juni versammelte der <strong>vsao</strong> wichtige Akteure des Gesundheitswesens<br />

an einem Runden Tisch. Ziel war es, den Beteiligten den Ernst der Lage<br />

bewusst zu machen und ihnen ihre Verantwortung vor Augen zu führen.<br />

Die Diskussionen verliefen konstruktiv und werden nun themenspezifisch<br />

in kleineren Gruppen weitergeführt.<br />

Oliviero Reusser, Mitarbeiter Politik und Kommunikation <strong>vsao</strong><br />

Bild: Adobe Stock<br />

8<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

Der im März vom <strong>vsao</strong> initiierte<br />

Runde Tisch fand am 9. Juni<br />

in Bern statt. Am Tisch sassen<br />

Vertreterinnen und Vertreter<br />

des Bundesamts für Gesundheit<br />

(BAG), der Kantone (GDK), des Spitalverbandes<br />

H+, der FMH, des Vereins der leitenden<br />

Spitalärztinnen und -ärzte (VLSS),<br />

des Schweizerischen Instituts für ärztliche<br />

Weiter- und Fortbildung (SIWF) und<br />

des <strong>vsao</strong>. Gemeinsam diskutierten sie<br />

über die schwierige Arbeitssituation der<br />

jungen Ärztinnen und Ärzte an Schweizer<br />

Spitälern und über mögliche Lösungswege.<br />

Die Krankenkassenverbände santésuisse<br />

und curafutura waren ebenfalls<br />

eingeladen, haben aber leider auf eine<br />

Teilnahme verzichtet. Dies hatte keinen<br />

negativen Einfluss auf die Diskussionen.<br />

Es ist jedoch klar, dass gewichtige Herausforderungen<br />

des Spitalwesens und entsprechend<br />

der Ärztinnen und Ärzte kaum<br />

ohne diese wichtigen Player angepackt<br />

werden können. Umso mehr bedauert der<br />

<strong>vsao</strong> deshalb, dass sie nicht teilnahmen.<br />

Er wird sie jedoch bei den anstehenden<br />

Arbeiten – wo sinnvoll – erneut einladen<br />

und einzubeziehen versuchen.<br />

Bild: zvg<br />

Noch stehen die Ideen, die am Runden Tisch entwickelt wurden, nur auf Papier.<br />

Nun will der <strong>vsao</strong> ihre Umsetzung vorantreiben.<br />

Eindrücke aus dem Arbeitsalltag<br />

Die Veranstaltung war in drei Blöcke gegliedert:<br />

die arbeitsrechtliche Situation,<br />

die überbordende Bürokratie sowie die<br />

Weiter- und Fortbildung.<br />

Bezüglich Arbeitsrecht zeigt sich, dass<br />

das Arbeitsgesetz noch immer regelmässig<br />

missachtet wird; jede zweite Person arbeitet<br />

im Durchschnitt mehr als 50 Stunden<br />

pro Woche. Diese Situation belastet Ärztinnen<br />

und Ärzte zunehmend und führt<br />

oft zu einem frühzeitigen Ausstieg aus<br />

dem Beruf.<br />

Ebenso belastend ist die ständig wachsende<br />

Bürokratie. Der administrative Aufwand<br />

ist gerade für Spitalärztinnen und<br />

-ärzte in den letzten Jahren weiter gestiegen,<br />

trägt zu den langen Arbeitszeiten bei<br />

und kostet unnötig ärztliche Ressourcen.<br />

Wenig Erfreuliches enthüllte auch<br />

der dritte Themenblock: Weder Assistenznoch<br />

Oberärztinnen und -ärzte können<br />

ihre Weiter- bzw. Fortbildung im vorgeschriebenen<br />

Ausmass absolvieren.<br />

Zur Einführung jedes Themenblocks<br />

spielte der <strong>vsao</strong> ein kurzes Video ab, das<br />

die Arbeitssituation, wie sie viele Ärztinnen<br />

und Ärzte aus ihrem Alltag kennen,<br />

an einem realen Beispiel zeigt. So konnten<br />

die Teilnehmenden unter anderem den<br />

Dokumentenwirrwarr, der bei der Anmeldung<br />

einer MRI entsteht, bestaunen – inklusive<br />

des mittlerweile berühmt-berüchtigten<br />

Gangs zum Faxgerät. Dass dies gelebter<br />

Alltag in vielen Spitälern ist, war<br />

offensichtlich den meisten Anwesenden<br />

nicht bewusst. Das zeigt, wie wichtig es ist,<br />

auf konkrete Erfahrungen aus der Praxis<br />

zurückzugreifen und die Perspektive der<br />

praktizierenden Ärztinnen und Ärzte einzubeziehen.<br />

Jetzt fängt die Arbeit erst richtig an<br />

Die Diskussion verlief sehr konstruktiv. In<br />

vielen Punkten waren sich die Teilnehmenden<br />

einig, dass Lösungen gefunden<br />

werden müssen. Dies galt insbesondere<br />

für die zu langen Arbeitszeiten und die<br />

fehlende strukturierte Weiterbildung. In<br />

Bezug auf die Administration gilt es zu<br />

unterscheiden zwischen den Zusatzaufwänden,<br />

die aufgrund von mangelhaft organisierten<br />

Prozessen entstehen, und den<br />

Mehraufwänden, die aufgrund von externen<br />

Anforderungen anfallen. Allgemein<br />

schätzten es alle Anwesenden sehr, dass<br />

offen und klar kommuniziert wurde,<br />

gleichzeitig aber auch die Schwierigkeiten<br />

und Grenzen bei den einzelnen Aspekten<br />

betont werden konnten. Dies sind sehr<br />

gute Voraussetzungen für die weitere Zusammenarbeit.<br />

Der Runde Tisch hat dem <strong>vsao</strong> gezeigt,<br />

dass die verschiedenen Akteure<br />

zwar bereit sind, zusammenzuarbeiten<br />

und Lösungen umzusetzen, dass sie dabei<br />

aber tatkräftig unterstützt werden müssen.<br />

Der <strong>vsao</strong> wird die Gunst der Stunde<br />

nutzen und die weitere Zusammenarbeit<br />

zügig vorantreiben. Insbesondere die<br />

Reduktion der Bürokratie steht in der<br />

nä heren Zukunft im Fokus. Fortschritte<br />

in diesem Bereich werden auch bei den<br />

Arbeitszeiten und der Weiterbildung neue<br />

Ressourcen freisetzen.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 9


Politik<br />

Pionierarbeit von<br />

und für Schweizer<br />

Ärztinnen<br />

Seit 2005 sind die Frauen bei den<br />

Studienabschlüssen in Humanmedizin in der Überzahl.<br />

Entsprechend steigt auch der Frauenanteil im<br />

Arztberuf stetig an. Der Verband Medical Women Switzerland (MWS),<br />

der im vergangenen Jahr sein 100-jähriges Bestehen feierte,<br />

hat diese Entwicklung mitgeprägt.<br />

Adelheid Schneider-Gilg, Präsidentin Medical Women Switzerland (MWS)<br />

Seit Marie Heim-Vögtlin als erste<br />

Schweizerin an der Universität<br />

Zürich Medizin studiert und 1874<br />

ihren medizinischen Doktortitel<br />

erhalten hatte, haben zunehmend mehr<br />

Frauen in der Schweiz ihr Medizinstudium<br />

abgeschlossen und anschliessend<br />

eine medizinische Tätigkeit aufgenommen.<br />

Marie Heim-Vögtlin war vor allem<br />

Frauen ärztin und in verschiedenen Sozialbereichen<br />

engagiert, sie war verheiratet<br />

und hatte Kinder. Zu ihrem 100. Todestag<br />

2016 wurde auf Anregung von MWS eine<br />

Post-Sondermarke gedruckt. 1901 gründete<br />

sie zusammen mit der Chirurgin Anna<br />

Heer die Pflegerinnenschule Zürich, ein<br />

Spital von Frauen für Frauen. Erwähnenswert<br />

ist weiter Caroline Farner, die nebst<br />

ihrer Aktivität als Frauenrechtlerin als Allgemeinpraktikerin<br />

tätig war.<br />

Die Ärztinnen waren Einzelkämpferinnen<br />

und hatten es zweifellos schwer unter<br />

der männlichen Übermacht, und so erstaunt<br />

es nicht, dass 1922 die Vereinigung<br />

der Schweizer Ärztinnen (VSÄ) ins Leben<br />

gerufen wurde, initiiert vor allem von einer<br />

Ärztinnengruppe in Zürich. Ziele dieser<br />

Vereinigung waren: Gedankenaustausch<br />

untereinander, gegenseitige Unterstützung,<br />

Fördern der Fortbildung, sozialpolitische<br />

Belange und allgemein die Emanzipation<br />

der Frauen. In den folgenden Jahren<br />

schloss sich die Vereinigung an die<br />

1919 in New York gegründete internationale<br />

Gesellschaft MWIA (Medical Women’s<br />

International Association) an. 2005 erfolgte<br />

zeitgemäss die Namensänderung in Medical<br />

Woman Switzerland (MWS).<br />

Ab 1950 stieg die Zahl der Mitglieder<br />

stetig, mit dem Maximum von ca. 1400 um<br />

das Jahr 2000, aktuell schwankt die Zahl<br />

um 1000. Ebenfalls seit den 1950er Jahren<br />

besteht eine rege Vereinstätigkeit schweizweit<br />

und regional-kantonal.<br />

Visionäre Forderungen<br />

Zwei unserer Präsidentinnen haben sich<br />

zur Situation der Frau als Ärztin schriftlich<br />

geäussert:<br />

1983 veröffentlichte Frau Prof. Ursula<br />

Ackermann, damals Vorsteherin der Abteilung<br />

Sozial- und Präventivmedizin an der<br />

Universität Basel, das Buch «Schweizer<br />

Ärztinnen» mit einer Studie über die berufliche<br />

und familiäre Lage der Ärztinnen<br />

1979–1983. Fazit respektive visionäre Forderungen<br />

aufgrund dieser Studie waren:<br />

1. Vermeiden eines gänzlichen beruflichen<br />

Unterbruchs, 2. Anstreben eines Fach-Arzt-<br />

Abschlusses, soweit möglich in Teilzeitarbeit,<br />

3. Bekämpfung von geschlechtsspezifischen<br />

Benachteiligungen vor allem während<br />

Schwangerschaft und Mutterschaft.<br />

1996 veröffentlichte die Psychiaterin<br />

Dr. Therese Augsburger das Buch «Die Förderung<br />

der Einseitigkeit». Sie beschreibt<br />

darin, dass eine Karriere nur möglich sei<br />

mit einem beträchtlichen Zeitaufwand,<br />

wie ihn Frauen (und auch Männer), die<br />

nebst der beruflichen auch eine familiäre<br />

Verantwortung wahr nehmen wollen, nicht<br />

leisten können. Sie befürwortete modernere<br />

Arbeitszeitmodelle, die eine Karrierelaufbahn<br />

nebst familiären Verpflichtungen<br />

erlauben.<br />

Aktive Verbandsarbeit<br />

Auch heute bringt sich der Verband in aktuelle<br />

Debatten ein und vertritt die Perspektive<br />

der Schweizer Ärztinnen aktiv<br />

mit Stellungnahmen und Positionsbezügen.<br />

MWS setzt sich für individuell zugeschnittene<br />

Berufs- und Karrierewege<br />

und die Vereinbarkeit von beruflichem,<br />

sozialem und familiärem Engagement<br />

ein. Der Verband berät Medizinstudentinnen<br />

und junge Ärztinnen bei Fragen<br />

bezüglich Laufbahn und Vereinbarkeit. Er<br />

stützt sich dabei auf sein breites Netzwerk<br />

von Ärztinnen in Praxen und in Führungspositionen,<br />

das durch den regelmässigen<br />

Erfahrungsaustausch an Weiterbildungen,<br />

Vernetzungsanlässen und internen<br />

Veranstaltungen gefördert wird.<br />

Dieser Austausch stand auch an der<br />

Feier zum 100-jährigen Bestehen des Verbandes<br />

im Vordergrund. Die Historikerin<br />

Prof. Caroline Arni von der Universität<br />

Basel schilderte in ihrem spannenden<br />

10<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

Marie Heim-Vögtlin war eine Exotin, heute bilden Frauen die Mehrheit im Medizinstudium. Gewisse Probleme jedoch wie die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf oder mangelnde Karrierechancen sind noch immer vorhanden.<br />

Bilder: Heim-Vögtlin (Wikimedia) / Ärztin. (Rido – Adobe Stock)<br />

Vortrag die Situation der Frauen im<br />

19. Jahrhundert generell und insbesondere<br />

in medizinischen Belangen.<br />

Frau Prof. Catherine Gebhard, tätig an<br />

den Universitäten Zürich und Bern, sprach<br />

zum Thema Gendermedizin, das international<br />

und speziell in der Schweiz noch<br />

mehr Beachtung verdient. Lehre und Forschung<br />

insbesondere im Bereich Pharmakologie<br />

wurde lange fast nur von Männern<br />

für bzw. an Männern durchgeführt, so<br />

dass Frauen inadäquat beurteilt und behandelt<br />

wurden.<br />

Karriereentwicklung mit<br />

«Aiming Higher»<br />

Frau Prof. Gudrun Sander von der Universität<br />

St. Gallen berichtete über erste Erfahrungen<br />

aus dem seit Anfang 2022<br />

laufenden Weiterbildungsprogramm «Aiming<br />

Higher – Karriereentwicklung für<br />

Assistenzärztinnen». Basierend auf der<br />

Tatsache, dass, obwohl heute mehr Frauen<br />

als Männer das Medizinstudium abschlies<br />

sen, immer noch nur circa zehn<br />

Prozent Frauen in Kader-/Chefarztstellen<br />

zu finden sind, hat sie dieses berufsbegleitende<br />

Programm für Assistenzärztinnen<br />

im 2. und 3. Jahr entwickelt. Ziele des<br />

Programms sind die Sensibilisierung und<br />

Aktivierung hinsichtlich klinischer und<br />

akademischer Karrieremöglichkeiten und<br />

Karriereplanung, die Stärkung persönlicher<br />

Kompetenzen sowie das Fördern eines<br />

Netzwerks unter jungen Ärztinnen.<br />

Yvonne Gilli, seit Anfang 2021 erste<br />

Präsidentin der FMH, sprach zum Thema<br />

«Die Medizin auf dem Weg zum Frauenberuf».<br />

Anhand verschiedener statistischer<br />

Kennzahlen zeichnete sie den Werdegang<br />

der Schweizer Ärztin seit 1960<br />

nach: Damals gab es etwa 6600 Ärzte in<br />

der Schweiz, die Anzahl der Frauen war<br />

mi nimal. Im Jahr 2000 betrug der Frauenanteil<br />

29 Prozent, 2018 bereits 43 Prozent.<br />

Trotz dieses wachsenden Frauenanteils<br />

finden sich in Chefarzt- und Kaderstellen<br />

immer noch nur circa zehn Prozent Frauen.<br />

Teilzeitarbeit wird mehrheitlich von<br />

Frauen wahrgenommen. Ein weiterer Aspekt<br />

ist, dass wenn eine Berufsbranche<br />

weiblicher wird, Verdienst und Wertschätzung<br />

sinken. Besonders davon betroffen<br />

ist die sogenannte «sprechende Medizin»,<br />

bei der viele Frauen tätig sind. Yvonne<br />

Gilli votierte abschliessend für ein starkes<br />

Engagement der Ärztinnen für eine gute<br />

berufliche Zukunft und die Optimierung<br />

der Ausbildungs- und Arbeitszeiten.<br />

Medical Women Switzerland wird<br />

sich weiterhin für diese Anliegen einsetzen,<br />

mit der Erfahrung und der Kraft aus<br />

über 100 Jahren Verbandsarbeit.<br />

Wegleitung zur<br />

Vereinbarkeit<br />

Die Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

(FHNW) hat in Zusammenarbeit mit<br />

Spitälern und Gesundheitsorganisationen<br />

eine Wegleitung für die Förderung<br />

der Vereinbarkeit erarbeitet. Ziel ist es,<br />

das ärztliche Arbeitsumfeld mit einer<br />

vereinbarkeitsorientierten Kultur<br />

attraktiv zu gestalten. Die Wegleitung<br />

dient als Referenzwerk für Spitäler, auf<br />

dessen Basis sie die Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Privatleben stärken können.<br />

Der <strong>vsao</strong> war bei ihrer Erarbeitung<br />

in beratender Funktion involviert und<br />

organisierte dazu die Veranstaltung<br />

«Vereinbarkeit Ärzteberuf und Privatleben»,<br />

an der das Thema vertieft<br />

wurde. Der Anlass fand am 6. Juni<br />

statt und richtete sich an HR-Verantwortliche<br />

sowie an Leitende von<br />

Weiterbildungsstätten.<br />

Mehr dazu unter<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch/familienfreundlichemass<br />

nahmen.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 11


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Politik<br />

Vereint für die<br />

Vereinbarkeit<br />

Bild: zvg<br />

Viele <strong>vsao</strong>-Mitglieder «befinden sich in Weiterbildung,<br />

praktisch alle sind angestellt, oft sind sie jung und<br />

stehen am Anfang ihrer Karriere. Und sie haben uns<br />

in den letzten Jahren immer wieder klar kommuniziert,<br />

dass es für sie auch ein Leben neben der Arbeit geben<br />

muss», schreibt <strong>vsao</strong>-Vizepräsidentin Nora Bienz im Vorwort<br />

zur Wegleitung «Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben von<br />

Spitalärztinnen und -ärzten» der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

(FHNW).<br />

Das Wort «Vereinbarkeit» ist aktuell in aller Munde. Ein Blick<br />

in den Duden zeigt, dass Vereinbarkeit mit «das Vereinbarsein»<br />

beschrieben wird. Zugegeben, eine etwas<br />

unübliche Formulierung – und doch treffend.<br />

Die berufliche Tätigkeit soll vereinbar<br />

sein mit der Familie, dem Hobby oder<br />

sonstigen Interessen und Verpflichtungen,<br />

die eine berufstätige Person hat.<br />

Eigentlich ganz einfach. Oder doch<br />

nicht? Gerade bei der Ärzteschaft ist<br />

die Vereinbarkeit der beruflichen<br />

Tätigkeit mit dem Privatleben eine<br />

Herausforderung. Es sind Nachtschichten<br />

zu leisten, der Fachkräftemangel<br />

erfordert Zusatzdienste, die<br />

Bürokratie nimmt zu. Dazu kommen<br />

Dienstplanungen mit 50 Arbeitsstunden<br />

pro Woche und eine teilweise geringe Akzeptanz<br />

von Teilzeitarbeit. Die Liste dieser<br />

«Hürden» könnte ohne Weiteres verlängert werden.<br />

Dass es unter diesen Voraussetzungen schwierig<br />

ist, sich Zeit für das Privatleben freizuhalten, erklärt<br />

sich von selbst.<br />

Umso erfreulicher ist es, dass der <strong>vsao</strong> am 6. Juni <strong>2023</strong><br />

zum Abschluss des Forschungsprojekts der FHNW einen Netzwerkanlass<br />

zum Thema «Vereinbarkeit Arztberuf und Privatleben»<br />

organisieren durfte. Und noch mehr Freude bereitet es,<br />

dass über 60 Vertreterinnen und Vertreter von Spitälern, Wissenschaft<br />

und Ärzteschaft an diesem Anlass teilnahmen und intensiv<br />

und konstruktiv darüber diskutierten, wie die Vereinbarkeit von<br />

Arztberuf und Privatleben gelingen kann. Die Teilnehmenden<br />

besprachen zahlreiche Ideen, Vorschläge sowie Best Practices<br />

und konnten neue Erkenntnisse gewinnen. Bei fast jeder Diskussion,<br />

bei jedem Vorschlag und jedem Lösungsansatz wurde<br />

am Schluss bekräftigt, dass dies alles nur funktioniert, wenn<br />

der Wille da ist. Der Wille, den Wunsch nach Vereinbarkeit<br />

anzu erkennen, ernst zu nehmen und umzusetzen.<br />

Die Forderung der jungen Ärzteschaft nach der «Vereinbarkeit»<br />

ist ein Bedürfnis. In diesem Zusammenhang sei auf<br />

Auf den<br />

Punkt<br />

gebracht<br />

die Mitgliederumfrage des <strong>vsao</strong> <strong>2023</strong> verwiesen, wonach die<br />

junge Ärzteschaft zunehmend erschöpft ist und Teilzeitarbeit als<br />

grosses Bedürfnis angibt. Es ist unbestritten, dass bei Teilzeitstellen<br />

höhere administrative Kosten anfallen und die Organisation<br />

aufwendiger sein kann, doch resultieren daraus zufriedene<br />

junge Ärztinnen und Ärzte, die ihre Arbeit gerne ausüben,<br />

ohne dabei auszubrennen, und die bereit sind, sich langfristig<br />

für ein Spital und ihre Patientinnen und Patienten zu engagieren.<br />

Der konstruktive Dialog am Netzwerkanlass des <strong>vsao</strong> hat<br />

gezeigt, dass es möglich ist, gemeinsam Lösungen zu finden.<br />

Dabei liessen sich die Teilnehmenden vom folgenden<br />

Grundgedanken leiten: Nehmen wir die Bedürfnisse<br />

der (jungen) Ärztinnen und Ärzte ernst<br />

und tragen wir ihnen Sorge. Damit wir<br />

auch in Zukunft auf eine motivierte<br />

Ärzteschaft zählen können.<br />

Yvonne Stadler,<br />

Leiterin Recht, stv. Geschäftsführerin <strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 13


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Eine Rose für<br />

bessere<br />

Arbeitszeiten<br />

Der <strong>vsao</strong> zeichnet das Institut für Intensivmedizin<br />

des Universitätsspitals Zürich (USZ) mit der Spitalrose aus.<br />

Damit honoriert er die Bemühungen des Instituts,<br />

die zu langen Arbeitszeiten der Assistenzärztinnen und<br />

-ärzte zu verkürzen.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Anna Wang, Präsidentin VSAO Zürich / Schaffhausen, und Angelo Barrile, Präsident <strong>vsao</strong>-Dachverband, (v. l.) übergaben die Spitalrose 2022 an<br />

Reto Schüpbach, Direktor des Instituts für Intensivmedizin, Laetitia Dacorogna, Co-Leiterin HR Beratung Universitätsspital Zürich, und Rolf Curschellas,<br />

Direktor HRM Universitätsspital Zürich (v. r.).<br />

Bild: Robert Fischlin<br />

14<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Die Arbeitsbedingungen in<br />

Schweizer Spitälern sind für<br />

Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte prekär. Regelmässig<br />

werden die Bestimmungen des<br />

Arbeitsgesetzes verletzt, die durchschnittliche<br />

Wochenarbeitszeit in der Schweiz<br />

beträgt bei einem 100-Prozent-Pensum<br />

über 56 Stunden. Umso wertvoller sind<br />

positive Beispiele von Spitälern, die in die<br />

Verbesserung der Arbeitsbedingungen<br />

von Ärztinnen und Ärzten investieren.<br />

Solche Beispiele zeichnet der <strong>vsao</strong> mit<br />

seiner jährlich verliehenen Spitalrose aus.<br />

Für das Jahr 2022 nominierten die<br />

<strong>vsao</strong>-Sektionen drei Spitäler als Anwärter<br />

auf die Spitalrose. Die Wahl fiel am Ende<br />

auf das Institut für Intensivmedizin des<br />

Universitätsspitals Zürich (USZ) mit seinem<br />

Pilotprojekt 42+4-Stunden-Woche,<br />

welches das USZ in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem <strong>vsao</strong>-Dienstplanbe rater<br />

Philipp Rahm initiiert hat. Damit geht die<br />

Spitalrose bei ihrer 10. Verleihung zum<br />

ersten Mal an ein Spital in Zürich, nachdem<br />

sie zuvor bereits in fast allen Regionen<br />

der Schweiz von St. Gallen bis Genf<br />

vergeben worden ist.<br />

Das Arbeitsgesetz einhalten<br />

«Das Institut bemüht sich darum, die klinischen<br />

Einsätze der Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte auf der Basis einer 42-Stunden-Woche<br />

zu planen. Zusätzlich werden<br />

wöchentlich vier Stunden für die obligatorische<br />

strukturierte Weiterbildung reserviert»,<br />

sagt Angelo Barrile, Präsident des<br />

<strong>vsao</strong>-Dachverbands. «Damit versucht das<br />

Institut, den Wunsch von fast allen jungen<br />

Ärztinnen und Ärzten zu erfüllen, näher<br />

an eine 42-Stunden-Woche heranzukommen»,<br />

ergänzt Anna Wang, Präsidentin<br />

der VSAO-Sektion Zürich / Schaffhausen.<br />

«Mit dieser Planung ist es realistisch,<br />

unter der im Arbeitsgesetz festgelegten<br />

Höchstarbeitszeit von 50 Stunden pro Woche<br />

zu bleiben.»<br />

Laetitia Dacorogna, Leiterin HR Beratung<br />

am USZ, zeigt sich hocherfreut<br />

über die Auszeichnung: «Nur, wenn wir<br />

als Arbeitgeber attraktiv bleiben, können<br />

wir unsere Leistungen im Dienste der<br />

Patientinnen und Patienten weiterhin auf<br />

höchstem Niveau erbringen. Die Spitalrose<br />

bedeutet uns deshalb sehr viel und<br />

ist ein Ansporn, das Projekt weiter zu optimieren.»<br />

Versorgungsqualität sichern<br />

Die Einführung der 42+4-Stunden-Woche<br />

ist für den <strong>vsao</strong> ein wichtiges Ziel, das er<br />

schweizweit verfolgt. Angelo Barrile: «Für<br />

die jungen Ärztinnen und Ärzte hat die<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben<br />

zu Recht einen hohen Stellenwert. Die<br />

Reduktion der Arbeitszeit von heute<br />

durchschnittlich immer noch über<br />

56 Stunden auf deutlich unter 50 Stunden<br />

ist deshalb alternativlos. Nur so<br />

können wir junge Menschen weiterhin<br />

für den Arztberuf begeistern und die hohe<br />

Qualität des Schweizer Gesundheitssystems<br />

langfristig sichern.»<br />

Mehr zum Thema unter<br />

<strong>vsao</strong>.ch/aerztliche-weiterbildung/<br />

<strong>vsao</strong>-spitalrose/<br />

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Seit 2014 zeichnet der <strong>vsao</strong> jährlich<br />

eine Gesundheitseinrichtung für ihr<br />

Engagement zugunsten der Arbeitsund<br />

oder Weiterbildungsbedingungen<br />

der Assistenz- und Oberärzteschaft<br />

aus. Für das Jahr 2022 waren Institutionen<br />

gesucht, die sich vor allem im<br />

Bereich Weiterbildung besonders<br />

engagierten. Das Projekt des USZ ist<br />

der verdiente Sieger, weil die<br />

42+4-Stunden-Woche insbesondere<br />

auch die ärztliche Weiterbildung<br />

stärkt. Mehr dazu im Bericht auf<br />

Seite 16.<br />

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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 15


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Positive<br />

Erfahrungen mit der<br />

42+4-Stunden-Woche<br />

Seit Januar <strong>2023</strong> arbeiten die Assistenzärztinnen und -ärzte des Instituts<br />

für Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich 42+4 Stunden pro Woche.<br />

Was war für die Lancierung und Umsetzung dieses Pilotprojekts nötig?<br />

Und hat es funktioniert? Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Laetitia Dacorogna ist als Leiterin HR Beratung<br />

des USZ mitverantwortlich für die Umsetzung<br />

des 42+4-Pilotprojekts.<br />

Die Spitalrose 2022 des <strong>vsao</strong><br />

geht an das Institut für Intensivmedizin<br />

des Universitätsspitals<br />

Zürich (siehe Bericht<br />

auf S. 14). Der <strong>vsao</strong> zeichnet damit das Pilotprojekt<br />

zur Einführung einer geplanten<br />

42+4-Stunden-Woche aus. Mit diesem Modell<br />

will das Institut die langen Arbeitszeiten<br />

der Assistenzärztinnen und -ärzte<br />

verkürzen und gleichzeitig die Weiterbildung<br />

stärken. Doch was genau bedeutet<br />

42+4 Stunden? Warum wurde dieses Projekt<br />

initiiert? Und wie ist es verlaufen?<br />

Das Arbeitszeitmodell 42+4-Stunden-<br />

Woche bedeutet, dass die wöchentliche<br />

klinische Sollarbeitszeit auf durchschnittlich<br />

42 Stunden geplant wird. Damit ist die<br />

Zeit gemeint, in der die Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte für Dienstleistungen an Patientinnen<br />

und Patienten zur Verfügung<br />

stehen. Zusätzlich verpflichtet sich ihr Arbeitgeber<br />

dazu, ihnen wöchentlich vier<br />

Stunden strukturierter Weiterbildung zu<br />

ermöglichen. Diese kann zum Beispiel in<br />

Form von klinikinternen Weiterbildungsveranstaltungen<br />

erfolgen oder durch den<br />

Besuch von Konferenzen und Tagungen.<br />

Die Vorteile dieses Modells: Der Arbeitgeber<br />

kommt einem Bedürfnis der<br />

jungen Ärzteschaft entgegen, die nicht<br />

mehr die bislang üblichen 50 oder mehr<br />

Stunden pro Woche im Spital verbringen<br />

möchte. Gleichzeitig erfüllt er seine<br />

Pflicht, die Assistenzärztinnen und -ärzte<br />

weiterzubilden. Und schliesslich läuft er<br />

weniger Gefahr, die Bestimmungen des<br />

Arbeitsgesetzes zu verletzen. Selbst wenn<br />

Ungeplantes eintrifft und Schichten länger<br />

dauern, kann die Grenze von 50 Stunden<br />

pro Woche respektiert werden, da<br />

dank der Planung mit 42+4 Stunden pro<br />

Woche ein gewisser Spielraum besteht.<br />

Fachkräftemangel und Druck von<br />

der Ärzteschaft<br />

Das Universitätsspital Zürich (USZ) beschloss<br />

Anfang 2022, ein Pilotprojekt zur<br />

Einführung der 42+4-Stunden-Woche am<br />

Institut für Intensivmedizin zu starten.<br />

Dies geschah in enger Zusammenarbeit<br />

mit Philipp Rahm, der für den <strong>vsao</strong><br />

schweizweit als Dienstplanberater tätig ist<br />

und das USZ seit vielen Jahren beratend<br />

unterstützt. Die Motivation? Laetitia Dacorogna,<br />

Leiterin HR Beratung am USZ, sagt,<br />

dass unter anderem der Personalmangel<br />

ein wichtiger Treiber war: «Wir haben den<br />

Fachkräftemangel schon vor der Pandemie<br />

stark gespürt. Während der Pandemie<br />

ist der Druck weiter gestiegen. Wir haben<br />

ärztliches Personal verloren und es fiel uns<br />

schwer, die offenen Stellen wieder zu besetzen.<br />

Deshalb mussten wir etwas unternehmen.»<br />

Es bestand auch Druck von den<br />

Assistenzärztinnen und -ärzten am Institut,<br />

die in einem offenen Brief klar sagten,<br />

dass es so nicht mehr weitergeht.<br />

Das grüne Licht von der Spitalleitung<br />

kam relativ schnell, da es sich auf das ganze<br />

Spital auswirkt, wenn die Intensivstation<br />

aufgrund von Personalmangel nicht<br />

voll ausgelastet werden kann. Dank Prozessoptimierungen<br />

konnte die Umstellung<br />

umgesetzt werden, ohne zusätzliche<br />

Stellen zu schaffen.<br />

Das Pilotprojekt startete 2022 mit verschiedenen<br />

Workshops und Planungssitzungen,<br />

umgesetzt wird es seit Januar<br />

<strong>2023</strong>. Offenbar sehr erfolgreich: Elia von<br />

Felten, seit April <strong>2023</strong> Assistenzarzt am<br />

Institut, sagt: «Meine Arbeitszeiten sind<br />

kürzer als bei anderen Stellen, die ich vorher<br />

hatte, und ich erhalte mehr Weiterbildung.»<br />

Zwar komme es vor, dass er in einer<br />

Woche mehr arbeite, manchmal auch<br />

mehr als 50 Stunden. Aber er könne das<br />

kompensieren, sodass er aufs ganze Jahr<br />

gesehen die 42 Arbeitsstunden pro Woche<br />

voraussichtlich einhalten könne. Auch die<br />

vier Stunden Weiterbildung pro Woche erhält<br />

er. «Die beispielsweise durch Nacht-<br />

Bilder: Robert Fischlin (Laetitia Dacorogna); Adobe Stock<br />

16<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Mit der 42+4-Stunden-Woche wird es möglich, die vier Stunden strukturierte Weiterbildung pro Woche zu besuchen.<br />

oder Wochenenddienst verpasste Weiterbildungszeit<br />

wird festgehalten und in<br />

Form von Weiterbildungstagen monatlich<br />

ausgeglichen. Ausserdem werden viele<br />

Weiterbildungen aufgezeichnet und wir<br />

können sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />

online nachholen.»<br />

Die Einstellung ist entscheidend<br />

Aus Optik der Dienstplanung ist wesentlich,<br />

dass es sich bei den 42 Stunden<br />

Dienstleistung an Patientinnen und Patienten<br />

um eine durchschnittliche Arbeitszeit<br />

handelt. Dies ermöglicht eine gewisse<br />

Flexibilität, die in einem Spital wichtig ist.<br />

Insbesondere gibt es eine Reserve bis zum<br />

Erreichen der wöchentlichen Höchstarbeitszeit.<br />

Entscheidend für den Erfolg ist<br />

gemäss Assistenzarzt von Felten der Kulturwandel,<br />

der vollzogen wurde: «In anderen<br />

Spitälern wird man schräg angeschaut,<br />

wenn man um 17 Uhr nach Hause geht.<br />

Hier ist das erwünscht. Das Mindset ist ein<br />

anderes. Die 42+4-Stunden-Woche ist das<br />

Ziel – und das ist auch bei den Kaderärztinnen<br />

und -ärzten verankert.»<br />

Auch aus der Sicht von Laetitia Dacorogna<br />

ist das Projekt ein Erfolg. Viele der<br />

zuvor definierten Ziele seien erreicht worden:<br />

«Die Assistenzärztinnen und -ärzte<br />

haben bei einer Befragung angegeben, weniger<br />

gestresst zu sein, obwohl die Schichten<br />

komprimiert wurden. Die obligatorische<br />

strukturierte Weiterbildung von vier<br />

Stunden pro Woche kann genutzt werden.<br />

Das Feedback der Assistenzärztinnen und<br />

-ärzte ist sehr gut, wir haben wieder mehr<br />

Bewerbungen und können die Stellen besetzen.»<br />

Zudem hat das Institut weniger<br />

Probleme, die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes<br />

einzuhalten. Vorher seien die<br />

Ärztinnen und Ärzte oft nur knapp unterhalb<br />

der Grenze der maximal erlaubten<br />

140 Stunden Überzeit pro Jahr geblieben<br />

oder hätten diese überschritten. Schon<br />

jetzt, nach einem halben Jahr Betrieb,<br />

geht Dacorogna davon aus, dass das kein<br />

Problem mehr sein wird.<br />

Pilotprojekt wird zum Regelbetrieb<br />

Gibt es auch noch Verbesserungspotenzial?<br />

Elia von Felten nennt die teilweise immer<br />

noch langen Arbeitstage. Er wünscht<br />

sich, dass die Tage, an denen die Schichten<br />

länger sind als geplant, weniger werden.<br />

Laetitia Dacorogna nennt an erster<br />

Stelle das Zeiterfassungssystem, das noch<br />

nicht auf die 42+4-Stunden-Woche abgestimmt<br />

ist. Die Mitarbeitenden im HR<br />

müssen deshalb viele Fehler manuell korrigieren,<br />

was zeitlich einen grossen Aufwand<br />

bedeutet. Dacorogna erwähnt zudem,<br />

dass durch die Straffung der Prozesse,<br />

die für die Senkung der Arbeitszeiten<br />

nötig war, das Arbeitstempo höher wurde.<br />

Dadurch bekommt zum Beispiel der informelle<br />

Austausch zwischen den Ärztinnen<br />

und Ärzten und Mitarbeitenden aus anderen<br />

Berufsgruppen weniger Raum. Das<br />

stellt die Spitalleitung vor die Herausforderung,<br />

sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit<br />

im Team nicht darunter leidet<br />

und die Qualität aufrechterhalten bleibt.<br />

Trotzdem: Für Dacorogna ist jetzt<br />

schon klar, dass eine Umwandlung des Pilotprojekts<br />

in eine Dauerlösung angestrebt<br />

wird. Das Modell, das bisher nur für<br />

Assistenzärztinnen und -ärzte gilt, wird<br />

derzeit im Institut für Intensivmedizin<br />

auch für die Oberärzteschaft geprüft. Eine<br />

Übernahme durch andere Kliniken und<br />

Institute ist ebenfalls ein Thema. Einige<br />

Fragen gebe es diesbezüglich jedoch noch<br />

zu klären: «Das Pilotprojekt ist als Modell<br />

für Kliniken mit Dreischichtsystem wegweisend.<br />

Bei Kliniken mit Zweischichtsystem<br />

ist die Umsetzung deutlich komplizierter.<br />

Wichtig ist, dass die Prozesse in<br />

den Kliniken optimiert werden», sagt Dacorogna.<br />

Zudem sei nicht klar, ob die Arbeitszeitreduktion<br />

kostenneutral erfolgen<br />

könne. «Eventuell braucht es mehr Personal,<br />

was dann wiederum andere Fragen<br />

nach sich zieht.»<br />

Aber die Entwicklung ist angestossen<br />

und wird nicht aufzuhalten sein. Oder, wie<br />

es Rolf Curschellas, Direktor HRM am<br />

USZ, anlässlich der Übergabe der Spitalrose<br />

formulierte: «Der Stein ist im Wasser,<br />

den kriegen wir nicht mehr raus.»<br />

Mehr zum Thema:<br />

Ausführliche Informationen zur<br />

42+4-Stunden-Woche gibt es auf der<br />

<strong>vsao</strong>-Website unter <strong>vsao</strong>.ch/42plus4.<br />

Ein Erklärvideo gibt es auf der Website<br />

des <strong>vsao</strong> Zürich: <strong>vsao</strong>-zh.ch, siehe dazu<br />

auch den Beitrag auf Seite 23.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 17


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Mehr Medizin –<br />

weniger<br />

Bürokratie!<br />

Gerade junge Ärztinnen und Ärzte sitzen heute mehr am Computer als<br />

am Krankenbett. Mit dem Handbuch «Medizin statt Bürokratie!»<br />

will der <strong>vsao</strong> Ärztinnen und Ärzte wie auch Spitäler dabei unterstützen,<br />

administrativen Aufwand zu reduzieren.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Das Gesundheitssystem ist am<br />

Anschlag, der Fachkräftemangel<br />

macht sich überall<br />

bemerkbar, während gleichzeitig<br />

die Zahl der Patientinnen und Patienten<br />

steigt. Das fehlende Personal<br />

führt zu gesperrten Betten und zu noch<br />

mehr Druck für Ärztinnen und Ärzte wie<br />

auch für Pflegefachpersonen in den Spitälern.<br />

Oft leidet darunter nicht nur das<br />

Privatleben des Gesundheitspersonals,<br />

sondern auch die Weiterbildung und<br />

letztlich die Qualität der Versorgung.<br />

Teil des Problems ist zudem der enorme<br />

administrative Aufwand, der betrieben<br />

wird, vielerorts verbunden mit ineffizienten<br />

Abläufen und IT-Systemen. Für<br />

die Arbeit mit Patientinnen und Patienten<br />

bleibt immer weniger Zeit. Gerade Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte verbringen oft<br />

einen grossen Teil ihrer Arbeitszeit mit<br />

administrativen Tätigkeiten.<br />

Das Problem ist nicht neu und der<br />

<strong>vsao</strong> hat deshalb bereits vor einigen Jahren<br />

die Kampagne «Medizin statt Bürokratie!»<br />

lanciert. Der Startschuss für<br />

«Medizin statt Bürokratie!» fiel im <strong>August</strong><br />

2017. Im ersten Schritt richtete sich die<br />

Kampagne speziell an Spitäler und Weiterbildungsstätten.<br />

Das Ziel: sensibilisieren.<br />

Eine Broschüre erklärte, wie sich<br />

Schreibtischarbeit verringern lässt – zum<br />

Nutzen der Patientinnen und Patienten<br />

und auch der Finanzen. Denn weniger<br />

Administration heisst weniger Kosten.<br />

Zudem illustrierte ein Leiterspiel leicht<br />

augenzwinkernd den bürokratischen Hürdenlauf<br />

von Ärztinnen und Ärzte auf dem<br />

Weg ans Spitalbett.<br />

Pilotprojekte in Aarau und Freiburg<br />

Lösungen standen ab September 2018 im<br />

Mittelpunkt der zweiten Kampagnenwelle.<br />

Der <strong>vsao</strong> hatte einzelne Spitäler<br />

ausgewählt, um konkret zu zeigen, was<br />

diese tun – und vor allem: dass man etwas<br />

tun kann. Während der Herbstsession<br />

2018 fand auch ein Informationsanlass<br />

im Bundeshaus statt. Dort also, wo Entscheide<br />

fallen, die oftmals zu noch mehr<br />

Bürostunden führen.<br />

Die Pilotprojekte waren sehr erfolgreich:<br />

Eines davon wurde im Februar 2020<br />

im Kantonsspital Aarau auf der Abteilung<br />

Allgemeine Innere und Notfallmedizin<br />

unter der Leitung von Philipp Schütz gestartet<br />

– bereits nach wenigen Monaten<br />

konnten grosse Fortschritte in Sachen<br />

Bürokratiereduktion erzielt werden. Das<br />

zweite Pilotprojekt startete gleichzeitig<br />

im Freiburger Netzwerk für Psychische<br />

Gesundheit (FNPG). Der externe Berater<br />

Philipp Rufer, der die Pilotprojekte im<br />

Auftrag des <strong>vsao</strong> begleitete, betont die<br />

Wichtigkeit des gewählten schrittweisen<br />

Vorgehens: «Getreu dem Motto ‹Bürokratiereduktion›<br />

haben wir im Pilotprojekt<br />

darauf geachtet, den Zeitaufwand schlank<br />

zu halten und wirkungsorientiert zu arbeiten.<br />

In kurzen Sequenzen haben wir als<br />

Projektteam eine Vielzahl von Lösungsideen<br />

erarbeitet. Mir war es wichtig, mit<br />

wenigen Verbesserungsmassnahmen zu<br />

starten und diese rasch im Klinikalltag zu<br />

testen. In kleinen Experimenten haben<br />

wir die Wirkung und Umsetzbarkeit beispielsweise<br />

auf einer Station ausprobiert.<br />

Was gut funktioniert hat, haben wir weiterverfolgt<br />

und auf weiteren Stationen<br />

eingeführt.»<br />

Genau dieses pragmatische Vorgehen<br />

ist möglicherweise der Schlüssel zum Erfolg,<br />

um bürokratischen Aufwand nachhaltig<br />

und dauerhaft zu reduzieren. Das in<br />

den Pilotprojekten angewandte Verfahren<br />

ist im vor Kurzem publizierten <strong>vsao</strong>-Handbuch<br />

«Medizin statt Bürokratie!» Schritt<br />

für Schritt beschrieben.<br />

Das Handbuch richtet sich an alle, die<br />

im medizinischen Arbeitsumfeld zu einer<br />

Entlastung von Bürokratie beitragen und<br />

konkrete Verbesserungen erreichen wollen.<br />

Für Projektverantwortliche, die ein<br />

eigenes Projekt zur Bürokratiereduktion<br />

durchführen möchten, dient es als konkreter<br />

Leitfaden, der von A bis Z durch das<br />

Projekt führt. Für Ärztinnen und Ärzte,<br />

die in ihrem beruflichen Alltag Veränderungen<br />

anstossen möchten, dient es als<br />

Argumentationshilfe gegenüber Vorgesetzten<br />

oder Personalverantwortlichen.<br />

In vier Etappen zum Erfolg<br />

Das Handbuch schlägt ein vierstufiges<br />

Vorgehen vor: Zuerst erfolgt der Projekt­<br />

18<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Bürokratie:<br />

Beispiele gesucht<br />

Bürokratie und administrative Arbeiten<br />

in den Spitälern beanspruchen<br />

immer mehr Zeit, was für Ärztinnen<br />

und Ärzte sehr frustrierend ist. Um<br />

diese Herausforderung anzugehen,<br />

benötigt der <strong>vsao</strong> konkrete Beispiele<br />

aus der Praxis. Deshalb hat er eine<br />

Umfrage gestartet. Sie finden diese<br />

auf unserer Website.<br />

Wir sind dankbar für jede Antwort.<br />

Mit dem Handbuch «Medizin statt Bürokratie!» lassen sich die administrativen Aufgaben<br />

von Ärztinnen und Ärzten reduzieren.<br />

Bild: zvg<br />

start, bei dem das Projekt der Klinik- oder<br />

Spitalleitung vorgestellt und von ihr freigeben<br />

wird. Das Projektteam wird organisiert<br />

und es erfolgt eine erste Kommunikation<br />

an die (potenziell) betroffenen<br />

Mitarbeitenden. In der zweiten Etappe<br />

geht es um die Erhebung der Ausgangslage.<br />

Mit einem Fragebogen wird die Ist-<br />

Situation erfasst und ausgewertet, um im<br />

nächsten Schritt gezielt und praxisnah<br />

Verbesserungen erarbeiten zu können.<br />

Die Auswertung der Fragebogen und Erstellung<br />

der Situationsanalyse erfordern<br />

gute Kenntnisse des Klinikalltags und<br />

sind je nach Anzahl ausgefüllter Fragebogen<br />

relativ zeitintensiv.<br />

Kernstück der dritten Etappe (Verbesserungen)<br />

ist die Ideation-Session. In diesem<br />

Workshop entwickelt und bewertet<br />

das Projektteam gemeinsam mit weiteren<br />

Personen aus Ärzteschaft, Pflege und Sekretariat<br />

sowie (idealerweise) einer Moderationsperson<br />

verschiedene Lösungsideen.<br />

Die zur Umsetzung ausgewählten<br />

Ideen werden als Projektsteckbriefe aufbereitet<br />

und nach der Freigabe durch<br />

das Entscheidgremium (Steuergruppe<br />

oder Klinik-/Spitalleitung) umgesetzt.<br />

In der vierten Etappe (Abschluss) geht<br />

es um die Evaluierung. Mit einem weiteren<br />

Fragebogen werden die Mitarbeitenden<br />

dazu befragt, wie die getroffenen<br />

Massnahmen wirken und welche Verbesserungen<br />

allenfalls noch getroffen werden<br />

könnten. Die Auswertung der Fragebogen<br />

dient entweder als Abschluss des Projekts<br />

oder als Zwischenauswertung für die Einleitung<br />

weiterer Projektschritte und Verbesserungsmassnahmen.<br />

Individuelle Beratung für<br />

<strong>vsao</strong>-Mitglieder<br />

Das Handbuch ist auf der <strong>vsao</strong>-Website frei<br />

verfügbar (medizin-statt-buerokratie.ch).<br />

Es enthält für jeden oben beschriebenen<br />

Schritt Dokumentvorlagen im Powerpoint-,<br />

Word- und Excelformat, die je nach<br />

Bedarf individuell angepasst und erweitert<br />

werden können. Damit sind alle Instrumente<br />

verfügbar, um ein eigenes Projekt<br />

Schritt für Schritt umzusetzen.<br />

<strong>vsao</strong>-Mitglieder, die ein Projekt umsetzen<br />

wollen, erhalten auf Wunsch eine<br />

kostenlose individuelle Beratung im Umfang<br />

von 30 Minuten durch Philipp Rufer,<br />

der die Pilotprojekte begleitet hat. Jeden<br />

Ideation-Workshop (Kernstück der dritten<br />

Etappe) unterstützt der <strong>vsao</strong> zudem, indem<br />

er die Verpflegung für die Teilnehmenden<br />

organisiert und finanziert. Mitglieder,<br />

die von diesen Angeboten Gebrauch<br />

machen möchten, melden sich<br />

gerne direkt bei sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 19


©Pierre-Yves Massot<br />

Lachen und Träume<br />

für unsere Kinder im Spital<br />

Jede Woche erhalten die Kinder im Spital Besuch von<br />

den Traumdoktoren.<br />

Ihre Spende schenkt Lachen. Herzlichen Dank.<br />

www.theodora.ch<br />

IBAN CH51 0900 0000 1006 1645 5


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Im AA-Universum<br />

Was kommt genau<br />

wo hinein?<br />

Es hilft, den oftmals harzigen<br />

Spitalalltag – wann immer<br />

möglich – mit Humor zu<br />

nehmen. Natürlich ist Medizin<br />

in der Regel nicht zum Lachen, aber allzu<br />

ernst sollte man es auch nicht immer<br />

nehmen. Mein Tipp: Meistens muss man<br />

sich nicht allzu sehr anstrengen, um<br />

etwas Lustiges zu finden. Denn komische<br />

Situationen begegnen einem täglich. Es<br />

reicht völlig, wenn man sich ein wenig<br />

umsieht und darauf achtet.<br />

Bekanntlich hat der Mensch verschiedene<br />

Öffnungen am Körper. Durch welche<br />

nun ein Medikament durch soll, ist nicht<br />

immer auf Anhieb klar und muss dementsprechend<br />

klar definiert werden. Letztlich<br />

rief eine etwas verzweifelte Patientin an<br />

und berichtete, trotz regelmässiger Einnahme<br />

von Analgetika noch immer unter<br />

Schmerzen zu leiden. Nach einem kurzen<br />

Blick auf die ausgestellten Rezepte sah<br />

ich, dass ihr ein Voltaren Supp verschrieben<br />

worden war. Nach langem Hin und<br />

Her kam schliesslich raus, dass sich die<br />

Patientin in der Öffnung vertan und statt<br />

den analen den peroralen Weg gewählt<br />

hatte. Und die Vaginaltabletten schluckte<br />

sie gleich hinterher. Wobei Letztere<br />

durchaus sehr einfach mit oralen Tabletten<br />

verwechselt werden können, muss ich<br />

zum Schutz der Patientin sagen.<br />

Ebenfalls interessant sind die verschiedenen,<br />

meist sehr abenteuerlichen<br />

erotischen oder zumindest als erotisch<br />

empfundenen Geschichten mancher<br />

Menschen. So kann eine Bartholin-Zyste<br />

durchaus einen erregenden Charakter<br />

annehmen und als sexuell besonders<br />

stimulierend empfunden werden. So<br />

zumindest nach Aussage einer Patientin,<br />

die mich letzthin entsprechend hierüber<br />

aufklärte. Ein Kollege aus der Chirurgie<br />

erzählte mir kürzlich von einem Patienten,<br />

der versuchte, sich mit dem Staubsaugeraufsatz<br />

den Analmuskel auszudehnen<br />

. Der Plan klappte nicht ganz, blieb<br />

doch der Aufsatz dummerweise stecken<br />

und musste operativ entfernt werden.<br />

Was tun, wenn um 2.30 Uhr morgens<br />

eine angetrunkene – das entschlüsselt<br />

sich nicht zuletzt aus der olfaktorischen<br />

Wahrnehmung – Dame vor der Türe steht,<br />

die ihren Tampon nicht mehr ausfindig<br />

machen kann? Nach gründlicher Suche<br />

fand sich der Schlingel weder vaginal,<br />

noch anal, noch oral, noch sonst in einer<br />

Öffnung. Weitere Möglichkeiten stehen<br />

der kreativen Imagination offen. Es gibt<br />

bekanntlich nichts, was es nicht gibt.<br />

Camille Bertossa,<br />

Assistenzärztin im<br />

1. Weiterbildungsjahr<br />

Bild: zvg<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 21


<strong>vsao</strong><br />

Neues aus<br />

den Sektionen<br />

Basel<br />

«Bloody Mary» erleichtert<br />

das Blutspenden<br />

Wir sind uns alle der anspruchsvollen und<br />

kraftraubenden Natur des Klinikalltags<br />

bewusst. Darüber hinaus ist es bekannt,<br />

dass Blutreserven, insbesondere bei spezifischen<br />

Blutgruppen, häufig knapp sind,<br />

was die Arbeit der Ärzte und Ärztinnen<br />

zusätzlich erschwert.<br />

Im Rahmen des gemeinsamen Projekts<br />

«Ständig auf Achse – Tour de Bâle»<br />

möchten der VSAO Basel und das Blutspendezentrum<br />

SRK beider Basel, mit<br />

Unterstützung der Medizinischen Gesellschaft<br />

Basel MedGes und der Ärztegesellschaft<br />

Baselland, der ständigen Blutknappheit<br />

Abhilfe schaffen.<br />

Wir planen, möglichst viele Ärztinnen<br />

und Ärzte sowie das gesamte weitere Spitalpersonal<br />

zur Blutspende zu motivieren.<br />

Im Wissen darum, dass sie dauernd auf<br />

Achse sind und kaum Zeit für eine Blutspende<br />

haben, selbst wenn sie aus Erfahrung<br />

wissen, wie überaus wichtig eine<br />

regelmässige Blutspende wäre.<br />

Gemeinsam haben wir deshalb das<br />

Projekt Tour de Bâle ins Leben gerufen. Es<br />

verfolgt zwei Ziele: Erstens den Aufwand<br />

für das Klinikpersonal beim Blutspenden<br />

zu minimieren und zweitens die Bedeutung<br />

der Blutspende ins Bewusstsein zu rufen.<br />

So funktionierts:<br />

Das Busteam der Blutspende Basel wird<br />

mit dem hochmodernen Blutspendebus<br />

(liebevoll Bloody Mary genannt) im Zeitraum<br />

von einem Jahr eine Runde durch<br />

ganz Basel und Liestal drehen und alle<br />

teilnehmenden Spitäler besuchen. Dadurch<br />

haben Ärztinnen, Ärzte und das<br />

Spitalpersonal der Region Basel die Möglichkeit,<br />

effizient und schnell an ihrem<br />

eigenen Arbeitsplatz Blut zu spenden.<br />

Offiziell startete die Tour am Weltblutspendetag,<br />

dem 14. Juni, im Universitätsspital<br />

Basel (USB) und dem Universitäts-Kinderspital<br />

beider Basel (UKBB)<br />

und war ein Erfolg!<br />

Tour <strong>2023</strong>/2024:<br />

30. <strong>August</strong> KSBL Bruderholz<br />

11. September KSBL Liestal<br />

25. September Merian Iselin Klinik<br />

16. November Felix Platter Spital<br />

21. März 2024 Bethesda Spital<br />

Weitere Spitäler haben angefragt und werden<br />

laufend in die Tour eingeplant.<br />

Jenny Settembrini, Leiterin Kommunikation<br />

VSAO Basel<br />

Thurgau<br />

Mitmachen und etwas<br />

bewegen<br />

Du arbeitest auch im Thurgau? Dann<br />

komm doch bei uns vorbei!<br />

Der Vorstand der Sektion Thurgau<br />

möchte sich vergrössern und sucht engagierte<br />

Mitstreiterinnen und Mitstreiter,<br />

die bei uns mitmachen. Was das heisst?<br />

Wir treffen uns viermal im Jahr in gemütlicher<br />

Runde und besprechen die Anliegen<br />

unserer Mitglieder, sei es zum Thema<br />

Arbeitszeit, zu Arbeitsverträgen oder zu<br />

anderen rechtliche Fragen. Mit dabei ist<br />

auch immer unser Sektionsjurist. Gemeinsam<br />

haben wir für die Spitalärztinnen und<br />

-ärzte in unserem Kanton schon viel bewirkt:<br />

Zum Beispiel haben wir erreicht,<br />

dass der Gesamtarbeitsvertrag für Psychiaterinnen<br />

und Psychiater eine niedrigere<br />

Stundenzahl (46 Stunden) vorsieht<br />

und die Arbeitszeiterfassung mittels Stempeln<br />

korrekter erfasst wird als zuvor.<br />

Wir freuen uns darauf, wenn Kolleginnen<br />

und Kollegen uns kennenlernen und<br />

bei unserer spannenden Arbeit mit anpacken<br />

möchten. Ein Besuch als Gast bei<br />

unseren Sitzungen ist jederzeit und völlig<br />

unkompliziert möglich. Melde dich einfach<br />

bei info@<strong>vsao</strong>-tg.ch oder schau auf<br />

unserer Website www.<strong>vsao</strong>-tg.ch nach, auf<br />

der wir unsere nächsten Treffen und Versammlungen<br />

ankündigen. Bis bald!<br />

Michael Wallies, Co-Präsident VSAO Thurgau<br />

Bilder: zvg<br />

22<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

Bild: zvg<br />

Zürich /<br />

Schaffhausen<br />

Erklärvideo zur<br />

42+4 h-Arbeitswoche<br />

In zahlreichen Spitälern wird aktuell über<br />

die Einführung einer 42+4 h-Arbeitswoche<br />

diskutiert. Es freut uns, dass der Vorstoss<br />

nun auch in den Spitalleitungen Gehör findet<br />

– unter anderem auch infolge unserer<br />

Kündigung des GAV, der bislang zwischen<br />

Assistenzärzt/innen und den kantonalen<br />

Kliniken bestand.<br />

Damit unsere Mitglieder noch besser<br />

verstehen, was das Modell für ihren Arbeitsalltag<br />

bedeutet, haben wir ihre Fragen<br />

gesammelt und beantwortet. In unserem<br />

Erklärvideo zeigen wir, wie die 42+4 h-Woche<br />

konkret umgesetzt werden und welche<br />

Konsequenzen sie für die Ärzteschaft und<br />

die Klinken mit sich bringen könnte.<br />

Das Erklärvideo findest Du auf<br />

www.<strong>vsao</strong>-zh.ch/aktuell<br />

VSAO Zürich mit neuem<br />

Co-Präsidium<br />

Unsere Sektion startet mit einem Co-Präsidium<br />

ins neue Amtsjahr. Die beiden<br />

Co-Präsidenten, namentlich Anna Wang,<br />

bisherige Präsidentin, sowie Federico<br />

Mazzola, bisheriges Vorstandsmitglied,<br />

wurden an unserer Mitgliederversammlung<br />

Mitte Juni gewählt.<br />

Federico Mazzola und Anna Wang, das neue<br />

Co-Präsidium des VSAO Zürich.<br />

Sowohl Anna Wang als auch Federico<br />

Mazzola haben an der Universität Zürich<br />

studiert und verfügen dank ihrer Arbeit auf<br />

nationaler und internationaler Ebene<br />

(swimsa, IFMSA, VSAO Sektion Solothurn)<br />

über ein grosses Netzwerk. Beide haben<br />

zudem die Swiss Medical Students Association<br />

präsidiert und kennen im Kanton<br />

Zürich Mediziner/innen verschiedenster<br />

Altersgruppen. In der Klinik arbeiten beide<br />

als leidenschaftliche Chirurgen. Wir sind<br />

uns sicher, dass sie unseren Berufsverband<br />

auf innovative, effiziente Art und mit konkreten<br />

Ideen vorwärtsbringen werden.<br />

An der Mitgliederversammlung Mitte<br />

Juni wurden ebenfalls unsere beiden<br />

neuen Vorstandsmitglieder Mira Klix<br />

(Ressort Chirurgie) und Zehra Hepp (Ressort<br />

Chancengerechtigkeit) gewählt. Wir<br />

freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit.<br />

Schliesslich verabschiedeten wir uns von<br />

unseren bisherigen Vorstandsmitgliedern<br />

Linda Kammer und David Muggli und<br />

danken beiden für ihren langjährigen Einsatz<br />

beim VSAO Zürich.<br />

Die diesjährige Mitgliederversammlung<br />

fand bei sommerlichem Wetter im<br />

Kongresshaus mit Blick auf den Zürichsee<br />

statt. Neben unseren Traktanden sorgte<br />

die internationale TV-Moderatorin Martina<br />

Fuchs mit ihrem Input zu den kulturellen<br />

Unterschieden beim Gebrauch<br />

von Emojis für Unterhaltung. Besonders<br />

freute uns auch der Besuch der VSAO­<br />

Präsidenten aus den Sektionen Basel, Zentralschweiz<br />

und Aargau!<br />

Herzlichen Dank allen Mitgliedern<br />

fürs Dabeisein – auf ein weiteres tatkräftiges<br />

Jahr!<br />

Rückzug der Zulassungssteuerung<br />

Ende Juni hat die Gesundheitsdirektion<br />

des Kantons Zürich mitgeteilt, dass die<br />

sich in der Vernehmlassung befindende<br />

«Kantonale Verordnung über die Festlegung<br />

der Höchstzahlen für Ärztinnen und<br />

Ärzte im ambulanten Bereich (VHZA)»<br />

mangels gesetzlicher Grundlage zurückgezogen<br />

werde. Damit kam es per 1. Juli<br />

<strong>2023</strong> nicht zu der in der Verordnung vorgesehenen<br />

Beschränkung der Zahl der<br />

zugelassenen Ärztinnen und Ärzte in den<br />

vier Fachgebieten Kardiologie, Radiologie,<br />

Orthopädische Chirurgie und Traumatologie<br />

sowie Urologie.<br />

Auch der VSAO Zürich hatte fristgerecht<br />

zum Verordnungsentwurf Stellung<br />

genommen und die fehlende rechtliche<br />

Grundlage bemängelt. Überdies wurde<br />

der Verordnungsentwurf als zu unausgereift<br />

beurteilt, weshalb der VSAO Zürich<br />

den Entscheid des Regierungsrats begrüsst,<br />

derzeit auf die Zulassungsbeschränkung<br />

zu verzichten.<br />

Nächste Events des VSAO Zürich<br />

Politpodium zu den nationalen Wahlen<br />

Im Herbst stehen die Wahlen in den National-<br />

und Ständerat an. Gemeinsam mit<br />

der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich<br />

AGZ laden wir deshalb unsere Mitglieder<br />

ein, ihre Kolleginnen und Kollegen, die<br />

sich zur Nationalratswahl stellen, persönlich<br />

kennenzulernen und mit ihnen zu<br />

diskutieren. Unser Wahlevent mit Angelo<br />

Barrile (Präsident <strong>vsao</strong> Schweiz, abtretender<br />

Nationalrat) und Yvonne Gilli (Präsidentin<br />

FMH, ehemalige Nationalrätin),<br />

moderiert von Patrick Hässig, findet am<br />

21. September <strong>2023</strong> ab 18.30 Uhr im Hotel<br />

Marriott Zürich statt. Anmeldung unter<br />

www.<strong>vsao</strong>-zh.ch.<br />

Time to cut – Surgical Basics 4 Everyone<br />

Nach der erfolgreichen Premiere letztes<br />

Jahr freuen wir uns auf die zweite Durchführung<br />

des Karriereseminars für Assistenz-<br />

und Oberärzt/innen. Ein abwechslungsreiches<br />

Programm mit Karrieregesprächen<br />

und Hands-on-Trainings wartet<br />

auf die Teilnehmenden.<br />

Samstag, 7. Oktober <strong>2023</strong>, Universität<br />

Zürich. Anmeldung unter www.<strong>vsao</strong>-zh.ch.<br />

Dominique Iseppi, Kommunikationsassistentin,<br />

VSAO Zürich / Schaffhausen<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 23


<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Inside<br />

Matthias Jungo<br />

Wohnort: Freiburg<br />

Beim <strong>vsao</strong> seit: Januar <strong>2023</strong><br />

Der <strong>vsao</strong> für Dich in drei Worten:<br />

Engagiert, lösungsorientiert,<br />

wertschätzend<br />

Das Wort «Verbandsentwicklung»<br />

mag für viele trocken<br />

klingen. Nicht jedoch für<br />

Matthias Jungo, der seit<br />

Anfang Jahr als Leiter Gremien und<br />

Vernetzung beim <strong>vsao</strong> wirkt.<br />

Sitzt Matthias Jungo nicht in seinem<br />

Büro am Bollwerk 10 in Bern, ist die<br />

Wahrscheinlichkeit gross, dass er<br />

draussen anzutreffen ist: beim Wandern<br />

mit seiner Familie, beim Rennradfahren<br />

über irgendeinen Pass oder beim Joggen<br />

im Freiburger Galterental. Mindestens<br />

so schnell wie er joggt, redet er auch.<br />

Etwa wenn er über den Aufbau und die<br />

Entwicklung von Workshops und Webinaren<br />

für Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte sowie Medizinstudierende<br />

spricht, die er vorantreiben möchte.<br />

Wenn er aufzählt, worauf es bei der<br />

Organisation von Gremiensitzungen<br />

ankommt. Oder wenn er erklärt, warum<br />

der Bereich der Verbandsentwicklung<br />

beim <strong>vsao</strong> neu geschaffen wurde. «Unser<br />

Ziel ist es, die Zusammenarbeit im <strong>vsao</strong><br />

zu stärken, Synergien zu nutzen und<br />

voneinander zu lernen.»<br />

Um herauszufinden, wie der Verband<br />

funktioniert und wo es Optimierungspotenzial<br />

gibt, hat Matthias seit seinem<br />

Stellenantritt vor acht Monaten eine<br />

regelrechte Tour de Suisse gemacht und<br />

fast alle Sektionen besucht. Nebst vielen<br />

Unterschieden bei der Organisation<br />

der Sektionen ist Matthias, der Betriebswirtschaft<br />

studiert hat und zuletzt als<br />

Geschäftsleiter bei Caritas Bern tätig war,<br />

auch eine grosse Gemeinsamkeit aufgefallen:<br />

«Wir hatten stets einen offenen<br />

und konstruktiven Austausch. Das hat<br />

mich sehr gefreut.»<br />

Diese konstruktive Stimmung ist<br />

denn auch das, was der Hobbybrotbäcker<br />

im Zentralsekretariat besonders schätzt.<br />

Und er findet beim <strong>vsao</strong> noch weitere<br />

Zutaten für eine sinnstiftende und freudvolle<br />

Arbeit: Das fröhliche und engagierte<br />

Team, die Offenheit gegenüber neuen<br />

Ideen und die wichtigen Anliegen, für welche<br />

sich der <strong>vsao</strong> einsetzt, sorgen dafür,<br />

dass Matthias nicht nur gerne draussen<br />

Sport treibt, sondern wochentags auch<br />

gerne im Zug von Freiburg nach Bern sitzt.<br />

Bild: zvg<br />

24<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Fortzahlung von Provisionen<br />

bei Krankheit<br />

Bild: zvg<br />

Ich arbeite seit 18 Monaten in<br />

einem privaten Gesundheitszentrum.<br />

Gemäss Arbeitsvertrag<br />

bekomme ich einen Fixlohn<br />

sowie zusätzlich Provisionen auf den<br />

fakturierten Leistungen, die ich für<br />

meine Patientinnen und Patienten<br />

erbringe. Mein Kind wird in einigen<br />

Monaten zur Welt kommen. Auf welchen<br />

Lohn habe ich Anspruch, falls<br />

ich vor der Geburt krankgeschrieben<br />

werde bzw. während meines Mutterschaftsurlaubs?<br />

In meinem Arbeitsvertrag<br />

sind diese Punkte nicht im<br />

Detail geregelt.<br />

Das Arbeitsrecht sieht keinen bezahlten<br />

vorgeburtlichen Urlaub vor, der durch<br />

eine Sozialversicherung gedeckt wird.<br />

Eine schwangerschaftsbedingte Arbeitsunfähigkeit<br />

vor der Geburt wird also<br />

gleich behandelt wie eine krankheitsbedingte<br />

Arbeitsunfähigkeit.<br />

Bei sämtlichen Arbeitsverhinderungen,<br />

welche die Arbeitnehmenden,<br />

wie im vorliegenden Fall, persönlich<br />

betreffen, sieht das Gesetz einen zeitlich<br />

begrenzten Lohnanspruch vor. Dieser<br />

steigt mit zunehmendem Dienstalter.<br />

Gemäss der Rechtsprechung der Gerichte<br />

(sogenannte Berner Skala), beträgt dieser<br />

Lohnanspruch<br />

– im ersten Dienstjahr drei Wochen,<br />

– im zweiten Dienstjahr einen Monat,<br />

– im dritten und vierten Dienstjahr<br />

zwei Monate,<br />

– vom fünften bis neunten Dienstjahr<br />

drei Monate,<br />

– vom zehnten bis vierzehnten<br />

Dienstjahr vier Monate,<br />

– vom fünfzehnten bis neunzehnten<br />

Dienstjahr fünf Monate,<br />

– ab dem zwanzigsten Dienstjahr<br />

sechs Monate.<br />

Diese Lohnfortzahlung deckt sämtliche<br />

Arbeitsverhinderungen innerhalb eines<br />

Dienstjahres ab. Ist der jährliche Lohnfortzahlungsanspruch<br />

also ausgeschöpft,<br />

ist der Arbeitgeber bei einer länger<br />

andauernden Arbeitsverhinderung nicht<br />

verpflichtet, den Lohn weiter zu bezahlen.<br />

In der Regel schliessen die Arbeitgeber<br />

jedoch eine Taggeldversicherung ab,<br />

um diesen gesetzlich vorgesehenen<br />

Lohnanspruch bei Arbeitsverhinderung<br />

zu ersetzen oder zu ergänzen. Häufig<br />

sind die Arbeitgeber aufgrund von<br />

Gesamtarbeitsverträgen verpflichtet,<br />

solche Versicherungsdeckungen<br />

abzuschliessen.<br />

Wenn der Lohn vollständig oder<br />

teilweise in Form von Provisionen<br />

bezahlt wird, wie in Ihrem Fall, muss<br />

der Arbeitgeber während der oben<br />

erwähnten Perioden die fehlenden<br />

Provisionen auch kompensieren.<br />

Dazu stützt er sich üblicherweise auf<br />

die in den Vormonaten durchschnittlich<br />

bezahlten Provisionen. Wenn eine<br />

Taggeldversicherung besteht, werden<br />

die Leistungen in der Regel auch unter<br />

Berücksichtigung der als Lohn ausbezahlten<br />

Provisionen berechnet. Die<br />

entsprechenden Angaben finden Sie<br />

in der Versicherungspolice, die vom<br />

Arbeitgeber abgeschlossen wurde, sowie<br />

in den dazugehörigen Allgemeinen<br />

Versicherungsbedingungen (AVB).<br />

Da Sie erst im zweiten Dienstjahr<br />

sind, ist Ihr Arbeitgeber – falls er keine<br />

solche Taggeldversicherung abgeschlossen<br />

hat – im Falle einer Arbeitsunfähigkeit<br />

vor der Geburt nur während eines<br />

Monats zur Lohnfortzahlung (Grundlohn<br />

und Provisionen) verpflichtet. Diese<br />

Dauer wird noch kürzer ausfallen, wenn<br />

Sie in den vorangehenden Monaten<br />

bereits aus anderen Gründen arbeitsunfähig<br />

waren.<br />

Bei Mutterschaft sieht das Gesetz<br />

einen vierzehnwöchigen Urlaub vor.<br />

Der Arbeitsvertrag oder der Gesamtarbeitsvertrag<br />

kann auch einen längeren<br />

Mutterschaftsurlaub vorsehen. Während<br />

der vierzehn Wochen des gesetzlichen<br />

Mutterschaftsurlaubs erhält die Arbeitnehmerin<br />

gemäss Bundesgesetz über<br />

den Erwerbsersatz (EOG) 80 Prozent<br />

des versicherten Lohnes (Fixlohn und<br />

Provisionen), bis zu einem Höchstbetrag<br />

von CHF 220.– pro Kalendertag. Der<br />

Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die<br />

Differenz zwischen dieser Mutterschaftsentschädigung<br />

und dem vollen Lohn<br />

auszugleichen, es sei denn, der Arbeitsvertrag<br />

oder ein Gesamtarbeitsvertrag<br />

verlangen dies.<br />

Christian Bruchez,<br />

Jurist der VSAO-Sektion Genf<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 25


Fokus: Wild<br />

Born to be wild<br />

Munzig klein lagen sie an Ostern in ihrem Nest,<br />

vier frisch geschlüpfte Habichtskäuze im Zoo Zürich.<br />

Doch lange bleiben sie nicht da. Sobald die Jungtiere flügge sind,<br />

werden sie ausgewildert und tragen so zum Erhalt ihrer Art bei.<br />

Der Zoo Zürich beteiligt sich an diesem und weiteren Auswilderungsprojekten,<br />

zum Beispiel zur Förderung des Waldrapps,<br />

denn neben Edukation und Forschung sind Natur- und Artenschutz<br />

die grössten Anliegen eines modern geführten Zoos.<br />

Dr. Pascal Marty, Kurator Zoo Zürich, und Martina Kaelin, PR-Managerin Zoo Zürich<br />

Es ist eine freudige Nachricht:<br />

Einst in Zentraleuropa ausgestorben,<br />

ist der Waldrapp wieder<br />

da. Die aufwendige Wiederansiedlung<br />

des Ibisvogels ist laut einem<br />

Artikel, der kürzlich im Wissenschaftsmagazin<br />

«Oryx» veröffentlicht<br />

wurde, auf gutem Weg. Auch der Zoo Zürich<br />

beteiligt sich an mehreren Artenschutzprojekten.<br />

Er hält seit 1971 Waldrappe<br />

und schickt regelmässig Jungvögel<br />

in Auswilderungsstationen in Europa.<br />

Weil die Jungtiere im Winter nicht instinktiv<br />

in den Süden migrieren, werden<br />

sie von menschlichen Pflegeeltern aufgezogen<br />

und trainiert, einem Ultraleichtflugzeug<br />

zu folgen, so dass die Jungvögel<br />

im Herbst ins Überwinterungsgebiet gelangen,<br />

wo sie dann eigenständig überwintern.<br />

Mit seinen strubbeligen Nackenfedern<br />

und seiner düsteren Erscheinung ist<br />

der Waldrapp definitiv keine klassische<br />

Schönheit. Aber: Er war beliebt – als<br />

fleischliche Delikatesse. Oder als Trophäe.<br />

Aus diesem Grund wurde der Waldrapp im<br />

Mittelalter so lange gejagt, bis es ihn nicht<br />

mehr gab. Im 17. Jahrhundert starb der<br />

Zugvogel mit dem langen gebogenen<br />

Schnabel hierzulande und in ganz Mitteleuropa<br />

endgültig aus. Nur ein paar Restpopulationen<br />

in Nordafrika und im Nahen<br />

Osten überlebten.<br />

knapp 100 Jahren halten, existiert eine gesunde<br />

Reservepopulation. Doch der Artenschutzgedanke<br />

geht über die erfolgreiche<br />

Nachzucht in Zoos hinaus. Seit 2003<br />

wird eine migrierende Population in Mitteleuropa<br />

angesiedelt. Nun zeigen wissenschaftliche<br />

Daten, dass die Population gute<br />

Aussichten auf ein langfristiges Überleben<br />

hat. Aktuell sind etwa 200 Vögel im<br />

Lebensraum Österreich und Süddeutschland<br />

unterwegs – und auch in der Schweiz<br />

werden Waldrappe gesichtet. Seit 2011<br />

pflanzt sich die Population in der Wildnis<br />

erfolgreich fort, durchschnittlich gibt es<br />

mehr als zwei flügge gewordene Jungvögel<br />

pro Nest. Allerdings ist die Population<br />

noch nicht selbsterhaltend, da es immer<br />

wieder zu Todesfällen durch illegale Jagd<br />

kommt oder Tiere aufgrund von Stromleitungen<br />

sterben. Deshalb werden die Auswilderungsprojekte<br />

vorerst aufrechterhalten,<br />

weiterhin auch mit Jungvögeln aus<br />

dem Zoo Zürich. Ziel des Projektes ist es,<br />

die Population auf mindestens 350 Individuen<br />

anwachsen zu lassen.<br />

Heimkehr der Habichtskäuze<br />

Was mit dem Waldrapp auf gutem Weg ist,<br />

soll auch mit dem Habichtskauz gelingen.<br />

Seit 2009 werden im Osten Österreichs<br />

Langfristiges Überleben des<br />

Waldrapps ist realistisch<br />

Noch heute ist der Waldrapp gefährdet.<br />

Dank europäischen Zoos, die ihn seit<br />

Vielleicht keine Schönheit, aber auf jeden Fall imposant und schützenswert. Dank internationalen<br />

Auswilderungsprogrammen sind die vor langer Zeit ausgerotteten Waldrappe auch in der Schweiz<br />

wieder unterwegs.<br />

Bilder: Zoo Zürich<br />

26<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Kleiner Vogel, grosser Hoffnungsträger: Nur wenige Wochen ist dieser Habichtskauz alt, aber bald wird er den Zoo Zürich verlassen,<br />

um in Österreich ausgewildert zu werden und zum Erhalt seiner Art beizutragen.<br />

Habichtskäuze, die in Zoos geschlüpft<br />

sind, ausgewildert, mit dem Ziel, ihr langfristiges<br />

Überleben zu sichern. Der Zoo<br />

Zürich unterstützt dieses Projekt mit<br />

Jungvögeln. Die Jungtiere bauen die lokale<br />

Population aus und sind ein wichtiger<br />

Baustein im Artenschutzbestreben.<br />

Der Habichtskauz hat eine durchgehende<br />

Verbreitung von Nordeuropa über<br />

Russland bis nach Japan. Während es<br />

in Osteuropa noch Populationen von Habichtskäuzen<br />

gibt, sind sie Mitte des<br />

20. Jahrhunderts in unsern Nachbarländern<br />

Österreich und Deutschland ausgestorben.<br />

Ob die Art auch in der Schweiz<br />

heimisch war, ist nicht ganz klar. Es gibt<br />

historische Hinweise, aber nur wenige.<br />

Ursache für das Aussterben waren der Lebensraumverlust<br />

und die Bejagung durch<br />

den Menschen.<br />

Der Habichtskauz ist eine grosse Eule<br />

und besitzt Ähnlichkeit mit dem Waldkauz.<br />

Er ist aber viel grösser und schwerer.<br />

Er ist dämmerungs- und nachtaktiv, während<br />

der Jungenaufzucht auch tagaktiv.<br />

Die Augen von Eulen sind nach vorne gerichtet,<br />

was ein binokulares Sehen ermöglicht.<br />

Obwohl die Augen selbst nicht beweglich<br />

sind, können die Eulen ihren Kopf<br />

mit 14 Halswirbeln um bis zu 270 Grad<br />

drehen, was ihr Gesichtsfeld stark vergrössert.<br />

Habichtskäuze leben monogam und<br />

verteidigen ein gemeinsames Revier gegen<br />

Artgenossen. Das Weibchen bebrütet<br />

die ein bis sechs Eier seines Geleges während<br />

32 bis 34 Tagen. Das Männchen füttert<br />

es in dieser Zeit. Nach weiteren 35 bis<br />

40 Tagen verlassen die Jungtiere das Nest<br />

zum ersten Mal.<br />

Küken aus ganz Europa<br />

Der Zoo Zürich unterstützt das Projekt<br />

der Österreichischen Vogelwarte und der<br />

Veterinärmedizinischen Universität Wien<br />

mit der Abgabe von Jungvögeln. Das Ziel<br />

ist die Etablierung einer stabilen Population<br />

von Habichtskäuzen. Dazu braucht<br />

es jedes Jahr Jungvögel. Insgesamt 49<br />

Brutpaare aus 32 Zoos und Zuchtstationen<br />

in sieben europäischen Ländern beteiligen<br />

sich am Auswilderungsprojekt. Die<br />

vier Küken, die im Zoo Zürich über Ostern<br />

geschlüpft sind, werden in den nächsten<br />

Wochen nach Österreich abreisen. Zur<br />

Identifikation wurden sie bereits im Zoo<br />

Zürich beringt.<br />

Der Weg in die Natur erfolgt nach einer<br />

erprobten Methode und in zwei Schritten.<br />

Um sich an die neue Umgebung zu<br />

gewöhnen, kommen die jungen Eulen am<br />

Freilassungsort zuerst in eine Voliere. So<br />

können sie die Umgebung kennenlernen<br />

und sich akklimatisieren. Im Juli werden<br />

sie aus dieser Voliere entlassen und können<br />

ihr Revier beziehen, um im Herbst mit<br />

der Balz zu beginnen. 2016 war mit 45 freigelassenen<br />

Habichtskäuzen das erfolgreichste<br />

Jahr des Wiederansiedlungsprojektes.<br />

Normalerweise brüten die Habichtskäuze<br />

in Baumhöhlen oder in Horsten von<br />

anderen Grossvögeln. Um den Bruterfolg<br />

zu erhöhen, stellt das Projekt «Habichtskauz<br />

Wiederansiedlung» auch witterungsgeschützte<br />

Nistkästen auf. Zurzeit existieren<br />

440. Diese werden von ehrenamtlichen<br />

Nistkastenbetreuerinnen und -betreuern<br />

kontrolliert. Seit 2011 sind<br />

erfolgreiche Naturbruten beobachtet worden.<br />

2021 war das bisher erfolgreichste<br />

Brutjahr mit 47 Jungvögeln von über 20<br />

nachgewiesenen Paaren. Das Zählen des<br />

Habichtskauzes gilt als eher schwierig. Er<br />

bewohnt ein grosses Gebiet, oft ist dieses<br />

schwer zugänglich und hoch in den Bergen.<br />

Erschwerend für das Zählen kommt<br />

die hauptsächlich nächtliche Lebensweise<br />

im Dunkeln dazu. Um den Erfolg der<br />

Wiederansiedelung zu messen, werden<br />

einige der Habichtskäuze mit einem Sender<br />

ausgestattet, mit dem sie hoffentlich<br />

zusammen mit immer mehr Artgenossen<br />

durch die Lüfte schweben.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 27


Fokus: Wild<br />

Bild: Adobe Stock<br />

28<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 29


Fokus: Wild<br />

Mitten drin in der Szene. Anonym und kostenlos kann man<br />

direkt im Club seine Drogen testen lassen. Damit verbunden ist<br />

jedoch ein Beratungsgespräch, denn auch Freizeitkonsum<br />

ist nicht ungefährlich.<br />

Aus den Augen …<br />

… aber nicht aus dem Sinn.<br />

Der Konsum legaler und illegaler Drogen ist<br />

in der Schweiz weit verbreitet. Dominique Schori,<br />

Leiter des Drogeninformationszentrums (DIZ) Zürich,<br />

versucht die Konsumkompetenz zu stärken und so<br />

Abhängigkeiten zu verhindern.<br />

Catherine Aeschbacher, ehemalige Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Wer je eine offene Drogenszene<br />

wie den Zürcher Platzspitz gesehen<br />

hat, erhält heute den Eindruck,<br />

das Drogenproblem sei sozusagen<br />

verschwunden. Wohin ist es denn<br />

gegangen?<br />

Verschwunden ist es sicher nicht. Heute<br />

werden nicht weniger Drogen konsumiert<br />

als vor 30 Jahren, aber das Konsumverhalten<br />

hat sich verändert. Zum einen werden<br />

andere Substanzen konsumiert. Zum andern<br />

gibt es andere Gruppen von Konsumierenden,<br />

die man im öffentlichen Raum<br />

weniger sieht. Diese verursachen entsprechend<br />

weniger Probleme in der Öffentlichkeit.<br />

Der für alle sichtbare Leidensdruck<br />

ist dadurch deutlich schwächer. Die Überlebenden<br />

vom Platzspitz sind nicht verschwunden,<br />

aber dank eines grossen Betreuungsangebots<br />

leben sie heute nicht<br />

mehr in einem vergleichbaren Elend.<br />

Welche Drogen werden heute hauptsächlich<br />

konsumiert?<br />

Alkohol ist in allen Gesellschaftsschichten<br />

die am weitaus häufigsten konsumierte<br />

Droge, auch in der Party- und Clubsze­<br />

Bilder: zvg<br />

30<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

ne. Wenn wir von illegalen psychoaktiven<br />

Substanzen sprechen, dann ist es Cannabis.<br />

Die Zahlen sind recht beeindruckend.<br />

Mehr als ein Drittel der Schweizer Bevölkerung<br />

hat bereits mindestens einmal im<br />

Leben Cannabis konsumiert, rund 220 000<br />

Menschen in der Schweiz konsumieren regelmässig<br />

Cannabis. Im Vergleich zu andern<br />

europäischen Ländern ist in der<br />

Schweiz zudem der Kokainkonsum recht<br />

hoch. Das hängt vermutlich mit den<br />

ökonomischen Möglichkeiten der schweizerischen<br />

Bevölkerung zusammen. Galt<br />

Kokain früher als «Yuppie-Droge», wird<br />

es heute in allen Bevölkerungsschichten<br />

konsumiert und ist jederzeit verfügbar.<br />

Sprechen wir von Ihrem Arbeitsumfeld.<br />

Wie wild ist die Zürcher Partyszene?<br />

Zürich ist mit seiner Clubszene ein Anziehungspunkt,<br />

dessen Umkreis weit über<br />

die Stadtgrenzen hinausreicht. Ausgehfreudige<br />

finden hier verschiedenste Szenen<br />

und Gruppen. Da Zürich seit 1997 keine<br />

Polizeistunde mehr kennt, ist es quasi<br />

möglich, von Donnerstagabend bis Montagmorgen<br />

durchzufeiern.<br />

Wie hat sich die Szene in den letzten<br />

Jahren verändert?<br />

Zürich hatte lange mit illegalen Partys zu<br />

kämpfen, die irgendwo draussen stattfanden.<br />

Vor rund zehn Jahren entschied man<br />

sich, einen Bewilligungsprozess zu initiieren<br />

und Räume zu schaffen, in denen solche<br />

Partys legal abgehalten werden können.<br />

Vor ca. fünf Jahren ist zur klassischen<br />

Techno-Szene, die es seit den neunziger<br />

Jahren gibt, neu eine Hard-Tech-Szene<br />

hinzugekommen. Diese zieht viele sehr<br />

junge Menschen an, und der Konsum psychoaktiver<br />

Substanzen ist hoch. Auch in<br />

anderen Szenen (z. B. im Hip-Hop) werden<br />

psychoaktive Substanzen konsumiert.<br />

Unterscheiden sich die Szenen auch<br />

bezüglich des Konsums von Substanzen?<br />

Ja, ein Stück weit schon, aber die Grenzen<br />

sind fliessend. Cannabis ist überall üblich,<br />

ebenso Amphetamine. In der Goa-Szene<br />

sind psychodelische Substanzen wie LSD<br />

verbreitet. In der Hard-Tech-Szene sowie<br />

im Hip-Hop haben wir eine Zunahme von<br />

opioidhaltigen Schmerzmitteln und von<br />

Benzodiazepinen festgestellt, auch bei<br />

ganz jungen Menschen. Und dazu kommt<br />

sozusagen als «Grundrauschen» überall<br />

der Alkohol.<br />

Das ergibt eine gefährliche Mischung.<br />

Genau. Am gefährlichsten ist der Mischkonsum,<br />

insbesondere von dämpfenden<br />

Substanzen wie Alkohol, Opioiden und<br />

Benzodiazepinen. In den letzten Jahren<br />

gab es einige Todesfälle von Jugendlichen,<br />

die mediale Aufmerksamkeit erregten.<br />

In allen Fällen kam es zu einem Mischkonsum<br />

von illegalen Substanzen und Alkohol.<br />

Speziell jungen Menschen fehlt das<br />

Risikobewusstsein in Zusammenhang mit<br />

Medikamenten. Diese gelten als sicher,<br />

haben eine Packungsbeilage usw. Sie werden<br />

entsprechend ganz anders wahrgenommen<br />

als beispielsweise Heroin. Dass<br />

die Kombination mit Alkohol lebensgefährlich<br />

sein kann, erkennen viele nicht.<br />

Gefährlich sind auch falsch deklarierte<br />

Substanzen.<br />

Wie gelangen die Jugendlichen an<br />

diese Medikamente?<br />

Der häufigste Weg ist immer noch der persönliche<br />

Kontakt. Zugenommen haben<br />

auch die Online-Vertriebskanäle, sei es Social<br />

Media, seien es Messengerdienste wie<br />

Telegram oder illegale Marktplätze im<br />

Darknet. Zudem werden Substanzen von<br />

den Dealerinnen und Dealern auch an den<br />

Partys selbst verkauft. Der Verkauf «über<br />

die Gasse», wie man ihn von früher kannte,<br />

ist eher selten geworden, zumindest für<br />

unsere Zielgruppen.<br />

Sprechen wir vom Drogeninformationszentrum<br />

(DIZ). Was genau ist<br />

dessen Aufgabe?<br />

Als Teil des Sozialdepartements haben wir<br />

von der Stadt Zürich den Auftrag zur Schadensminderung.<br />

Wir sind die erste Anlaufstelle<br />

für alle, die mit Freizeitkonsum<br />

zu tun haben. Es geht also in erster Linie<br />

um Menschen, die an Partys oder allein<br />

oder mit andern im privaten Rahmen Substanzen<br />

konsumieren und weniger um<br />

Menschen mit einem problematischen<br />

Substanzgebrauch. Ein wichtiges schadensminderndes<br />

Angebot ist das Drug<br />

Checking. Nach Vereinbarung können<br />

Menschen ihre Drogen anonym und kostenlos<br />

testen lassen. Verbindlich dazu gehört<br />

jedoch eine Beratung. Zudem betreiben<br />

wir mehrmals im Jahr ein mobiles<br />

Drug Checking, welches direkt in Clubs<br />

stattfindet. Aber auch hier gehört ein Beratungsgespräch<br />

dazu. Pro Jahr testen wir<br />

rund 3000 Proben. Von diesen ist rund die<br />

Hälfte verunreinigt oder zu hoch dosiert.<br />

Wir geben nie «grünes Licht» für den Konsum<br />

von Drogen, sondern klären über die<br />

spezifischen Risiken auf.<br />

Zur Person<br />

Dominique Schori hat langjährige<br />

berufliche Erfahrung im Bereich<br />

psychoaktive Substanzen in unterschiedlichen<br />

Funktionen und Settings.<br />

Er absolvierte ein Studium der<br />

Philosophie und Geschichte und ist<br />

dipl. Pflegefachmann. Das Drogeninformationszentrum<br />

(DIZ) informiert<br />

und berät neutral und akzeptanzorientiert<br />

rund um den Konsum psychoaktiver<br />

Substanzen und bietet<br />

Drug Checking an.<br />

Wer kommt zu Ihnen?<br />

Das ist eine sehr heterogene Gruppe. Der<br />

Altersdurchschnitt liegt bei 35 Jahren.<br />

Es kommen vereinzelt aber auch sehr<br />

Junge (ab 14) und Ältere (bis 78) ins Drug<br />

Checking. Auch was den Bildungsstand<br />

betrifft, sind alle Niveaus vertreten. Ebenso<br />

unterschiedlich ist das Konsumverhalten.<br />

Es gibt Menschen, die einmal pro Jahr<br />

eine Linie Kokain nehmen, und andere,<br />

die sich Sorgen über ihren täglichen Konsum<br />

machen.<br />

Wann ist Abhängigkeit gegeben?<br />

Grundsätzlich, sobald eine ärztliche Diagnose<br />

vorliegt. Wobei die Grenzen sehr<br />

fliessend sind. Kokain oder Cannabis können<br />

über eine längere Zeit regelmässig<br />

eingenommen werden, ohne dass es dem<br />

Umfeld auffällt und den Alltag tangiert.<br />

Allerdings stellt sich irgendwann möglicherweise<br />

eine Persönlichkeitsveränderung<br />

ein. Dazu kommen die finanziellen<br />

Auswirkungen, die ein regelmässiger<br />

Konsum hat. Unser Ziel ist es deshalb,<br />

Menschen zu befähigen, Substanzen so zu<br />

konsumieren, dass sie nicht in eine Abhängigkeit<br />

geraten. Es geht also um Kon­<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 31


Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />

<strong>Nr</strong>. 3, Juni 2021<br />

Seite 27<br />

Kardiologie<br />

Neue Therapien für die<br />

kardiale Amyloidose<br />

Seite 36<br />

Hämatologie<br />

Neoplasien ohne<br />

Chemotherapie behandeln?<br />

Seite 39<br />

Politik<br />

Arbeitszeiten müssen sinken<br />

Seite 6<br />

Fokus: Wild<br />

sumkompetenz. Falls jemand Abstinenz<br />

anstrebt, versuchen wir selbstverständlich,<br />

diese Bemühungen nach Kräften zu<br />

unterstützen.<br />

Welche weitere Aufgaben hat das DIZ?<br />

Neben dem Drug Checking sind gemäss<br />

unserer Zielsetzung die weiterführenden<br />

Beratungsgespräche sehr wichtig. Hier<br />

können Betroffene ihren Konsum reflektieren.<br />

Wir können das gesamte Spektrum<br />

der Sozialarbeit anbieten, d. h. auch bei<br />

finanziellen, beruflichen oder familiären<br />

Problemen Unterstützung bieten, und haben<br />

die Möglichkeit einer längerfristigen<br />

Betreuung. Zudem sind wir im öffentlichen<br />

Raum unterwegs und können an<br />

«Hot Spots» direkt Kontakt aufnehmen.<br />

Schliesslich stehen wir im Kontakt zu<br />

andern Behörden und Institutionen und<br />

suchen Schulen auf, um über Drogen neutral<br />

zu informieren.<br />

Wie sehen Sie die Entwicklung in<br />

Zukunft?<br />

Was uns Sorge bereitet, sind die sehr<br />

Jungen, sprich die 12- bis-17-Jährigen,<br />

die dämpfende Medikamente zusammen<br />

mit Alkohol konsumieren. Wie Studien<br />

zeigen, sind Jugendliche momentan sehr<br />

belastet; zu den Pandemieerfahrungen<br />

kommen Sorgen ums Klima und Angst vor<br />

einem Krieg in Europa. Von daher denke<br />

ich, dass der Konsum von dämpfenden<br />

Substanzen nicht ganz zufällig ist.<br />

Interessant sind ferner die laufenden<br />

Versuche zur Abgabe von Cannabis. Es ist<br />

möglich, dass irgendwann der Konsum<br />

von Cannabis in der Schweiz neu geregelt<br />

wird. Dann wird es wichtig sein zu sehen,<br />

wie man eine Abgabe am besten regelt. In<br />

der Folge stellt sich die Frage, wie man mit<br />

allen andern Substanzen verfahren will.<br />

Aus Ihrer Expertensicht: Welche<br />

wichtigsten Veränderungen würden<br />

Sie sich wünschen?<br />

Ich wünschte mir, dass sich die Wahrnehmung<br />

von Drogen in der öffentlichen<br />

Diskussion verändern würde. Will heissen,<br />

wenn die moralische Trennung in der<br />

fachlichen Debatte zwischen Alkohol und<br />

psychoaktiven Substanzen wegfallen würde.<br />

Die Vorstellung, dass der legale Status<br />

etwas mit Gefährlichkeit zu tun hat, sollte<br />

überdacht werden. Und unter diesen Vorzeichen<br />

sollte man künftig evidenzbasierter<br />

über die Regulierung von Substanzen<br />

nachdenken.<br />

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4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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als Arzt<br />

arbeiten und<br />

meine Kinder<br />

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Geht das?<br />

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machen wir es<br />

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Wir setzen uns für Teilzeitstellen ein.<br />

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Fokus: Wild<br />

Bild: Adobe Stock<br />

34<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 35


Fokus: Wild<br />

Ein Stück Wildnis<br />

Wer auf seinem Balkon einheimische Wildpflanzen erblühen lässt<br />

und vielleicht noch Nistmöglichkeiten für Insekten oder Vögel schafft,<br />

hilft der Natur in vielerlei Hinsicht. Hier folgt die Bauanleitung<br />

für die eigene ökologische Oase.<br />

Ilinka Siegrist, M. Sc. Umweltwissenschaften, Projektleiterin Stiftung Wirtschaft und Ökologie SWO<br />

Bild: zvg<br />

36<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Ein Sommer ohne summende<br />

Bienen und tanzende Schmetterlinge?<br />

Für viele undenkbar.<br />

Aber leider schreitet auch in<br />

der Schweiz das Artensterben stark voran.<br />

Heutzutage fliegen im Sommer rund 80<br />

Prozent weniger Fluginsekten herum als<br />

noch vor dreissig Jahren. Dabei erfüllen<br />

Insekten unzählige Leistungen für unsere<br />

Ökosysteme, ohne die wir nicht leben<br />

können: Sie sind die Nahrungsgrundlage<br />

unzähliger anderer Tierarten, sie tragen<br />

zur Vermehrung von Pflanzen bei und<br />

leisten durch die Bestäubung einen wichtigen<br />

Beitrag zu unserer Nahrungsversorgung.<br />

Der Rückgang der Artenvielfalt<br />

hängt mit dem Verlust der Lebensräume,<br />

mit dem Ausbringen von Insektiziden<br />

und mit dem Klimawandel zusammen.<br />

Aber auch der Trend zu naturfremden<br />

Gärten setzt vielen Arten zu.<br />

Die Wildnis kommt zurück<br />

Jeder Garten – sei es ein prachtvoller<br />

Schlosspark, ein kleiner Privatgarten oder<br />

der eigene Balkon – entsteht aus einer Beziehung<br />

zwischen dem Ich und der Natur.<br />

Es ist offensichtlich, dass Naturgärten<br />

nicht die alleinige Lösung gegen den Verlust<br />

der Biodiversität sind. Jedoch kann<br />

selbst ein Balkon einen kleinen, aber<br />

wichtigen Beitrag leisten, wenn er naturnah<br />

gestaltet wird.<br />

Einheimische statt fremder Pflanzen<br />

Unsere heimische Schmetterlings- und<br />

Wildbienenfauna liefert unzählige Beispiele<br />

für sogenannte «Schicksalsgemeinschaften»:<br />

So benötigen die Raupen des<br />

Zitronenfalters die beiden Sträucher Faulbaum<br />

oder Kreuzdorn. Ohne diese ganz<br />

bestimmten Futterpflanzen kann sich dieser<br />

Schmetterling nicht entwickeln. Auch<br />

der Stieglitz wird magisch angezogen von<br />

den Samenständen hoher Stauden wie der<br />

Karde. Möchten wir einheimische Tierarten<br />

fördern, müssen wir die entsprechenden<br />

Lebensräume mit den standortgerechten<br />

Pflanzen berücksichtigen. Bei uns<br />

eingebrachte, gebietsfremde Pflanzenarten<br />

stehen meistens ausserhalb dieses<br />

vielfältigen Beziehungsnetzes. So können<br />

vom invasiven Sommerflieder lediglich<br />

drei, vom einheimischen Weissdorn aber<br />

über hundert Schmetterlingsarten leben.<br />

Pflege<br />

Robuste einheimische Pflanzen kommen<br />

vielfach ohne Pflege aus. Sie müssen aber,<br />

wie alle Pflanzen in Gefässen, bei andauernder<br />

Trockenheit gegossen werden.<br />

Nährstoffbedürftige Pflanzen (Arten der<br />

Fettwiesen und Äcker) können mit Hornmehl,<br />

Kompost oder biologischen Düngemitteln<br />

gedüngt werden.<br />

Im Herbst bricht üblicherweise der<br />

Ordnungswahn aus: Alle abgestorbenen<br />

Stängel und Blüten werden abgeschnitten,<br />

um den Balkon winterfest zu machen.<br />

In den Stängeln von Brombeeren, Sonnenblumen,<br />

Karden etc. überwintern jedoch<br />

unzählige Larven. Indem wir zumindest<br />

einen Teil der Winterverstecke bis im April<br />

stehen lassen, bieten wir den Insekten<br />

einen Unterschlupf in der kalten Jahreszeit.<br />

Tipps für den naturnahen Balkon<br />

– Standort<br />

Den natürlichen Standortbedingungen<br />

(Boden, Licht/Schatten, feucht/trocken)<br />

ist unbedingt Rechnung zu tragen. Nach<br />

Möglichkeit sollten nur Pflanzen mit<br />

SWO<br />

Die Stiftung Wirtschaft und Ökologie,<br />

SWO, ist eine gemeinnützige, selbsttragende<br />

Stiftung mit rund 50 Jahren<br />

Erfahrung im praktischen Naturschutz.<br />

Zu unserem Bestreben gehören<br />

der Erhalt und die Förderung der<br />

einheimischen Flora und Fauna und<br />

der vielfältigen Lebensräume in<br />

unserer Kulturlandschaft und im<br />

Siedlungsraum. Konkret bietet die<br />

SWO bei ökologisch wertvollen Projekten<br />

Beratung, Planung, Umsetzung<br />

und Unterhalt aus einer Hand an. Die<br />

SWO ist mit Arbeitsgruppen in den<br />

Regionen Zürich, Wallis und Basel<br />

unterwegs.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.stiftungswo.ch<br />

Nützliche Links:<br />

www.pronatura.ch, www.wildstauden.ch,<br />

www.bioterra.ch, www.floretia.ch,<br />

www.stiftungswo.ch<br />

ähnlichen Ansprüchen in dasselbe Balkonkistchen<br />

gepflanzt werden.<br />

– Erde<br />

Die übliche (Torf-)Balkonerde eignet<br />

sich nur in wenigen Fällen für einheimische<br />

Wildpflanzen, da sie zu nährstoffreich<br />

ist. Mischungen aus Magererde,<br />

Kies oder Sand mit geringem<br />

Zusatz von Rindenkompost oder eigenem<br />

Balkonkompost ermöglichen ein<br />

gutes Wachstum. Beim Pflanzen von<br />

Gemüse oder Beeren sollten die Töpfe<br />

stets mit Stroh, Heu oder bodendeckenden<br />

Pflanzen abgedeckt werden. Ohne<br />

Mulch trocknet die Erde aus oder muss<br />

täglich ausgiebig gegossen werden. Um<br />

Stau nässe zu verhindern, müssen alle<br />

Töpfe mit ausreichend Abflussöffnungen<br />

versehen sein.<br />

– Pflanzen<br />

Bei der Bepflanzung sollten einheimische<br />

und standortgerechte Wildpflanzen<br />

gewählt werden. Im Gegensatz zu<br />

Kulturformen und gebietsfremden Arten<br />

sind Wildpflanzen bestens an die<br />

hiesigen Standortbedingungen angepasst<br />

und ermöglichen den einheimischen<br />

Tieren eine ökologische Vernetzung.<br />

Im Grosshandel sind einheimische<br />

Wildpflanzen meistens nicht er­<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 37


Fokus: Wild<br />

hältlich. Suchen Sie in Ihrer Region<br />

nach Wildpflanzen-Märkten und Wildstaudengärtnereien.<br />

– Künstliche Nisthilfen<br />

Die meisten Tiere benötigen einen Unterschlupf,<br />

sei dies als Schutz vor Fressfeinden<br />

oder als Aufzugsort für Jungtiere.<br />

Viele Tiere sind durch die unzähligen<br />

Änderungen und Störungen, die der<br />

Mensch in der Natur vornimmt, nicht<br />

mehr in der Lage, Nistplätze zu finden<br />

oder selbst zu bauen. Auf dem Balkon<br />

können Wildbienenhotels in Kombination<br />

mit Wildblumen oder Vogelnistkästen<br />

angebracht werden.<br />

Top fünf Nahrungspflanzen und<br />

deren Bewohnerinnen<br />

Die Blüten der folgenden Pflanzen dienen<br />

im Siedlungsraum besonders vielen Wildbienen<br />

als Pollen- und Nektarquellen:<br />

Wilde Möhre für die Hain-Schwebfliege,<br />

sonniger Standort<br />

Hornklee für die Kleine Harzbiene, sonniger<br />

Standort<br />

Glockenblumen für die Glockenblumen­<br />

Scherenbiene, Sonne – Halbschatten<br />

Gewöhnlicher Natternkopf für 40 Schmetterlingsarten ein wahrer Insektenmagnet,<br />

sonniger Standort. Bildnachweis: SWO Zürich<br />

Efeu für das Tagpfauenauge, Schatten<br />

Bilder: Entomologie/Botanik, ETH Zürich / Fotograf: Albert Krebs (Ausnahmen: Natternkopf, Wildbienenhotel: Adobe Stock)<br />

38<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Bild: Adobe Stock<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 39


Fokus: Wild<br />

Der kindliche Bewegungsdrang ist zwar individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, gehört aber grundlegend zum Kindsein. In welchem Mass Kinder<br />

diesem Drang nachgeben dürfen, entscheidet nicht zuletzt ihr Umfeld.<br />

Der evolutionäre<br />

Drang nach<br />

Bewegung<br />

Toben und Raufen gehört in einem gewissen Alter zum Kindsein.<br />

Nebst einem geschlechtsbedingten Unterschied bestimmt<br />

auch das Temperament eines Kindes die Intensität des Bewegungsdrangs.<br />

Der Entwicklungspädiater Oskar Jenni über Wildheit und deren Grenzen.<br />

Catherine Aeschbacher, ehemalige Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bild: Adobe Stock<br />

40<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Bild: zvg<br />

In unserem Schwerpunkt geht es um<br />

den Begriff «wild». Können Sie mit<br />

diesem Begriff in Bezug auf Kinder<br />

etwas anfangen?<br />

Die Bewegungsfreude von kleinen Kindern<br />

kann man durchaus als «wild» bezeichnen.<br />

Besonders Knaben kennen<br />

«wilde» Spielformen wie das Raufen und<br />

Kämpfen. Diese «wilden» Spiele fördern<br />

die Regulation der Gefühle in komplexen<br />

sozialen Situationen und schaffen die Voraussetzungen,<br />

damit Kinder lernen, ihre<br />

kognitiven, kommunikativen und sozialen<br />

Fähigkeiten in der Interaktion mit<br />

anderen Menschen angemessen einzusetzen.<br />

Mit zunehmendem Alter nimmt<br />

dieser Bewegungsdrang ab, um in der<br />

Pubertät in anderer Form wiederzukehren.<br />

Da geht es dann um die Ablösung<br />

von den Eltern, um Identitätsfindung, zudem<br />

um das Abtasten von Grenzen und<br />

den Drang nach intensiven Emotionen<br />

mit gelegentlich risikoreichem und «wildem»<br />

Verhalten.<br />

Bis Mitte des letzten Jahrhunderts<br />

herrschte ein eher autoritärer Erziehungsstil<br />

vor. Die 68er-Bewegung<br />

propagierte das Gegenteil. Wo stehen<br />

wir heute?<br />

Tatsächlich wurde das Kind bis in die späten<br />

1960er-Jahre als «einfaches, reflexgesteuertes<br />

Wesen» betrachtet. Es herrschte<br />

die Haltung vor, dass ein Kind streng erzogen<br />

werden müsse, um zu einem funktionierenden<br />

Mitglied der Gesellschaft zu<br />

werden. Auch waren Disziplin und Ordnung<br />

zentrale Forderungen der Hygienebewegung<br />

um 1900, die zu einer drastischen<br />

Senkung der Säuglingssterblichkeit<br />

führte. Erst ab den 1960er-Jahren setzte<br />

sich – dank der Forschungsarbeiten des<br />

britischen Kinderpsychiaters John Bowlby<br />

– die Einsicht durch, dass ein Kind<br />

auch liebevolle Zuwendung und Geborgenheit<br />

benötigt, um gesund aufwachsen<br />

zu können. Es gab dann zwar in den<br />

1970er-Jahren in gewissen Kreisen einen<br />

Hang zu «antiautoritärer» Erziehung.<br />

Aber heute weiss man: «Gute» Erziehung<br />

setzt Geborgenheit und eine liebevolle,<br />

zugewandte Haltung voraus, die auch mit<br />

Regeln, Prinzipien und Erwartungen an<br />

das Kind einhergehen darf. Diese müssen<br />

aber an den individuellen Entwicklungsstand<br />

des Kindes angepasst sein und die<br />

jeweilige Situation berücksichtigen. Zugleich<br />

sollten sich Eltern immer bewusst<br />

sein, dass sie nie perfekt sind und es auch<br />

nicht sein müssen.<br />

Wie viel Wildheit sollte es altersabhängig<br />

denn sein?<br />

Das ist nicht einfach zu beantworten. Bis<br />

ins Alter von fünf bis sechs Jahren nimmt<br />

der Bewegungsdrang stark zu. Dieser<br />

Drang ist geschlechtsabhängig, d.h. bei<br />

Mädchen weniger ausgeprägt als bei Jungen.<br />

Danach geht die «Wildheit» wieder<br />

zurück. Dieses Entwicklungsphänomen<br />

in der Aktivität sieht man bei allen Kindern,<br />

selbstverständlich in individueller<br />

Ausprägung. Der Bewegungsdrang ist dabei<br />

nicht abhängig vom Umfeld der Kinder.<br />

Auch Jahreszeit, Wohnort oder Förderung<br />

und Aktivität der Eltern haben keinen<br />

wesentlichen Einfluss auf den kindlichen<br />

Bewegungsdrang – das zeigen<br />

unsere Studien. Nun fragt sich, wieviel<br />

Aktivität noch normal ist. Diese Einschätzung<br />

hängt zu grossen Teilen auch vom<br />

Umfeld ab. Welche Vorstellungen oder<br />

Erwartungen haben die Eltern? Wie gross<br />

ist der Spielraum des Kindes, sich auszutoben?<br />

In einer Wohnung mitten in einer<br />

Stadt beispielsweise ist ein grosser Bewegungsdrang<br />

schwieriger zu tolerieren als<br />

auf dem Land.<br />

Und was ist mit Kindern, die eher<br />

still sind?<br />

Der Grad der «Wildheit» hängt vom Temperament<br />

und Charakter des Kindes ab.<br />

Dies zeichnet sich sehr früh, bereits bei<br />

Säuglingen, ab. Kinder, die mit zwei Monaten<br />

eher unruhig und quengelig sind,<br />

zeigen in der Regel später einen höheren<br />

Bewegungsdrang als die ruhigen Säuglinge.<br />

Gewisse Temperamentseigenschaften<br />

sind offenbar angelegt und ändern sich<br />

über die Zeit nur wenig. Bei ruhigen Kindern<br />

muss man einfach sicherstellen, dass<br />

sie nicht vergessen gehen.<br />

Viele Kinder werden teilweise<br />

fremdbetreut. Ist der Anpassungsdruck<br />

deswegen höher?<br />

Das ist sicher so. In Kitas, Spielgruppen,<br />

später auch in der Schule üben die Kinder<br />

das soziale Zusammenleben, sie lernen unsere<br />

Regeln und entwickeln Gemeinsinn,<br />

also die Bereitschaft, sich für andere einzusetzen.<br />

Dazu braucht es Anpassung. Das ist<br />

nichts Schlechtes. Aber die Institutionen<br />

sollten den Kindern trotzdem ausreichend<br />

Möglichkeiten geben, sich eigenaktiv zu<br />

entwickeln und dabei auch ihren Bewegungsdrang,<br />

ihre «Wildheit», auszuleben.<br />

Zur Person<br />

2005 übernahm Oskar Jenni in der<br />

Nachfolge von Remo Largo die Leitung<br />

der Abteilung Entwicklungspä diatrie<br />

am Universitäts-Kinderspital Zürich.<br />

Seit 2011 wird die Abteilung zusammen<br />

mit Bea Latal in einer Co-Leitung<br />

geführt. Der Kinder- und Jugendmediziner<br />

ist Professor für Entwicklungspädiatrie<br />

an der Universität Zürich.<br />

Zu seinen Forschungsgebieten zählen<br />

unter anderem das Schlafverhalten<br />

im Kindesalter sowie die motorische,<br />

kognitive und soziale Entwicklung<br />

von gesunden und kranken Kindern.<br />

2021 erschien im Verlag Springer sein<br />

Fachbuch «Die kindliche Entwicklung<br />

verstehen». Seit 2018 leitet der Vater<br />

von vier Jungen zudem die «Akademie.<br />

Für das Kind. Giedion Risch»,<br />

die sich für mehr Wertschätzung der<br />

Verschiedenartigkeit von Kindern<br />

engagiert.<br />

Wann ist ein Verhalten auffällig?<br />

Die Grenze des Normalen wird dann überschritten,<br />

wenn das Kind in seiner Entwicklung<br />

beeinträchtigt wird. Wenn ein<br />

Kind keine Lernfortschritte macht und es<br />

in der Schule Probleme gibt, dann sind Abklärungen<br />

angezeigt.<br />

1845 erschien das Buch «Struwwelpeter».<br />

Darin erscheinen «Hanns<br />

Guck-in-die-Luft» und der «Zappel­<br />

Philipp». Hatte man damals die<br />

Krankheitszeichen nicht erkannt,<br />

oder wird heute auffälliges Verhalten<br />

eventuell vorschnell als Krankheit<br />

taxiert?<br />

Damals hatte man nicht so einen differenzierten<br />

Blick auf die Kinder wie heute,<br />

übrigens auch nicht auf Erwachsene.<br />

Auch waren «Zucht und Ordnung» ein gesellschaftliches<br />

Primat, und Kinder wie<br />

der Zappel-Philipp oder der verträumte<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 41


Fokus: Wild<br />

Hanns wurden als «komische Vögel» abgetan.<br />

Heute haben Fachleute einen viel<br />

differenzierteren Blick: Sie erkennen und<br />

behandeln Verhaltensstörungen viel rascher.<br />

Angesichts der hohen Zahl von<br />

Kindern, die in der Schule irgendeine<br />

Massnahme erhalten, fragt man<br />

sich dennoch, was mit der Norm<br />

passiert ist.<br />

Die Zahl ist hoch. Aber heute schauen<br />

Fachpersonen eben viel genauer hin. Das<br />

ist auch gut so, denn wir wollen ja, dass<br />

sich unsere Kinder bestmöglich entwickeln<br />

können. Ich weiss nicht, ob die<br />

Norm in den letzten Jahrzehnten wirklich<br />

enger geworden ist; vielleicht ist sie sogar<br />

etwas breiter geworden, wenn wir die Entwicklung<br />

der Wokeness-Bewegung betrachten.<br />

Aber der Leistungsdruck auf die<br />

Kinder hat zugenommen – und somit leider<br />

auch ihr Leidensdruck. Die aktuellen<br />

gesellschaftlichen Veränderungen sind ja<br />

in der Tat enorm und können Heranwachsende<br />

durchaus belasten. Da dürfen wir<br />

nicht wegschauen und sollten sie und ihre<br />

Familien vielmehr unterstützen.<br />

Ist Erziehung heute schwieriger als<br />

vor 50 Jahren?<br />

Ich denke schon. Der Wandel von Wertvorstellungen,<br />

zum Beispiel durch neue Familienbilder<br />

und Vorstellungen von Kindheit,<br />

Selbstentfaltung und Individualismus,<br />

haben zu veränderten Ansprüchen<br />

der Gesellschaft an das Kind geführt. Zudem<br />

wurde der Zukunftsoptimismus des<br />

späten 20. Jahrhunderts seit der Jahrtausendwende<br />

von einer grossen Zukunftsangst<br />

und Verunsicherung verdrängt.<br />

Früher gab es eine klare Ordnung und gesellschaftliche<br />

Vorstellungen, die allgemein<br />

verbindlich waren. Heute leben wir<br />

in einer pluralistischen Gesellschaft, die<br />

enorm viele Möglichkeiten bietet. Und in<br />

einer solchen Gesellschaft wollen Eltern<br />

für ihre Kinder eine bestmögliche Zukunft.<br />

Wie beurteilen Sie die Angebote<br />

in der Schweiz hinsichtlich der frühen<br />

Kindheit (Bildung, Betreuung,<br />

Erziehung)?<br />

Das hängt davon ab, mit welchen Ländern<br />

man uns vergleicht: Im Gegensatz zu den<br />

USA ist unser Angebot umfassend. Verglichen<br />

mit den skandinavischen Ländern<br />

sind wir hingegen weniger gut ausgestattet.<br />

Aber zieht man den weltweiten Vergleich<br />

heran, dann kann man sagen, dass<br />

es der Mehrheit der Kinder in unserem<br />

Land recht gut geht.<br />

Welche Systemänderung wäre für Sie<br />

am dringendsten?<br />

Die Einführung einer Elternzeit, wie sie in<br />

den nördlichen Ländern bereits umgesetzt<br />

wird. Die ersten Lebensjahre sind<br />

entscheidend für die Gesundheit von<br />

Kindern und für die Entwicklung ihrer<br />

motorischen, sprachlichen, kognitiven,<br />

sozialen und emotionalen Kompetenzen.<br />

In keinem anderen Lebensabschnitt lernen<br />

Menschen so viel wie in der frühen<br />

Kindheit. Eine wichtige Voraussetzung<br />

dafür sind verlässliche, vertraute und verfügbare<br />

Bezugspersonen, die dem Kind<br />

ein liebevolles Umfeld und eine angemessene<br />

Stimulation bieten. Das können Eltern<br />

am besten leisten, und genau deswegen<br />

braucht es eine ausreichende Elternzeit.<br />

Ausserdem sollte die Qualität der<br />

Fremdbetreuung von kleinen Kindern<br />

verbessert werden. Da gibt es noch viel zu<br />

tun, aber Investitionen in die frühe Kindheit<br />

lohnen sich auf Dauer.<br />

Kommen wir noch einmal auf unser<br />

Thema zurück. Wie sieht es mit der<br />

kindlichen «Wildheit» in Zukunft aus?<br />

Ich glaube, dass die «Wildheit» von Kindern<br />

tief in der Evolution verankert ist.<br />

Das wird sich auch bei grossen gesellschaftlichen<br />

Verschiebungen nicht ändern.<br />

Trotz der fortschreitenden Digitalisierung<br />

sind analoge Aktivitäten der<br />

Kinder genauso präsent wie früher, wie<br />

grosse Studien aufzeigen. Bewegungsspiele<br />

wie Raufen und Kämpfen werden<br />

also auch in Zukunft ein wichtiger Teil der<br />

Kindheit sein.<br />

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42<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Bild: Adobe Stock<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 43


Fokus: Wild<br />

Nächtliche<br />

Besucher im<br />

Vorgarten<br />

Welchen Einfluss übt der Mensch in der Stadt auf den Alltag<br />

von Wildtieren wie Marder oder Fuchs aus? In Berlin hat dies ein<br />

Wissenschaftsteam mit Hilfe von Gartenbesitzern untersucht.<br />

Jan Zwilling, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)<br />

Vorsichtig, aber dezidiert und selbst bei Tag streift der Fuchs durch den Stadtgarten. Dank den von Menschen geschaffenen Räumen finden Wildtiere nicht<br />

nur den Weg in die Stadt, sondern vor Ort auch ausreichende Nahrungsquellen.<br />

Bild: Leibniz-IZW<br />

44<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Wild<br />

Meiden oder konkurrieren,<br />

fressen oder gefressen<br />

werden, ausbeuten oder<br />

zusammenarbeiten – Tierund<br />

Pflanzenartengemeinschaften werden<br />

durch vielfältige Interaktionen geprägt.<br />

In Städten werden diese Spielregeln<br />

des Zusammenlebens zudem fundamental<br />

durch die Menschen beeinflusst. Ein<br />

Forschungsteam des deutschen Leibniz-Instituts<br />

für Zoo- und Wildtierforschung<br />

(Leibniz-IZW) hat in Berlin untersucht,<br />

wie Wildtiere mit den Menschen<br />

und ihren Hauskatzen klarkommen.<br />

Um den Tieren – in Berlin waren es<br />

vor allem Marder, Füchse und Waschbären<br />

– auf die Schliche zu kommen,<br />

arbeitete das Team mit Interessierten<br />

zusammen, die ihre Gärten für die Installation<br />

von Wildtierkameras zur Verfügung<br />

stellten. Insgesamt sind 150 Geräte montiert<br />

worden. Diese schossen jeweils in<br />

fünf einmonatigen Durchgängen zwischen<br />

Herbst 2018 und Herbst 2020 Bilder,<br />

wenn der Bewegungssensor Vierbeiner im<br />

Garten registrierte.<br />

Der Stadtgarten als Nahrungsquelle<br />

Dass für die Studie Gärten als Kamerastandorte<br />

ausgewählt worden sind, liegt<br />

laut dem Leibniz-IZW daran, dass Gärten<br />

auf Wildtiere sowohl anziehend als auch<br />

abweisend wirken können. Städtische<br />

Gärten stellen mit Kompost, Gemüsebeeten,<br />

Obstbäumen oder Haustierfutter eine<br />

wichtige Nahrungsquelle für Wildtiere<br />

dar. Gleichzeitig sind es Orte, an denen<br />

es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer<br />

unerwünschten Begegnung mit Menschen<br />

oder Haustieren kommen kann.<br />

So entstanden Zehntausende von<br />

Auf nahmen, die von den Wissenschaftlern<br />

ausgewertet worden sind. In jeder<br />

Feldphase machten die Kameras zwischen<br />

2200 und 3000 Bilder von Katzen, 300 bis<br />

1200 von Rotfüchsen, 250 bis 1000 von<br />

Waschbären und 50 bis 300 von Mardern<br />

sowie zahlreiche Fotos anderer Säugetiere.<br />

Die Auswertung der Fotos ergab,<br />

dass Fuchs und Co. während der Lockdowns<br />

häufiger in Gärten auftauchten als<br />

ausserhalb der Lockdowns. Und sie zeigte<br />

auch, dass alle Wildtiere Hauskatzen meiden.<br />

Bei seiner Analyse bezog das Forschungsteam<br />

zudem weitere Daten mit<br />

ein: Nebst der Bevölkerungsdichte vor<br />

Ort waren dies Informationen zur jeweiligen<br />

Gartengrösse, zu Baumbestand, zu<br />

potenziellen Nahrungsquellen und zur<br />

Höhe des Gartenzauns. «Uns interessierte,<br />

ob und wie die flexiblen und anpassungsfähigen<br />

Beutegreifer in vom Menschen<br />

dominierten Umgebungen präsent sind<br />

und räumlich und zeitlich interagieren»,<br />

sagt Erstautorin Dr. Julie Louvrier. «Das<br />

heisst, wir wollten wissen, ob sie dieselben<br />

Orte nutzen, und wenn ja, ob sie sich aus<br />

dem Weg gehen, indem sie zum Beispiel<br />

zu unterschiedlichen Tages- oder Nachtzeiten<br />

kommen.»<br />

Jahreszeit und Lockdown<br />

Die Untersuchung zeigte, dass sowohl<br />

Jahreszeiten als auch Lockdowns sich<br />

stark darauf auswirkten, wie oft Wildtiere<br />

in einem Garten nachgewiesen werden<br />

können. So waren sie im Herbst deutlich<br />

aktiver als im Frühling, dasselbe trifft auf<br />

die Hauskatzen zu. Zudem legt die Untersuchung<br />

nahe, dass die Berliner während<br />

der Lockdowns ihre Gärten häufiger tagsüber<br />

nutzten, so dass die Wildtiere auf die<br />

Nacht auswichen. Gleichzeitig nahm die<br />

Anwesenheit von Füchsen, Mardern und<br />

Waschbären in Gärten während der Ausgangssperren<br />

insgesamt zu, was wohl wiederum<br />

auf die allgemein geringere Aktivität<br />

von Menschen im städtischen Raum<br />

zurückgeführt werden kann. Zwar tolerieren<br />

die untersuchten Wildtierarten die<br />

Anwesenheit des Menschen bis zu einem<br />

gewissen Grad, versuchen aber Begegnungen<br />

mit ihnen zu vermeiden, indem sie<br />

ihre Aktivität auf die Nacht konzentrieren.<br />

In ihrem Auftreten unterschieden<br />

sich Füchse, Waschbären und Marder<br />

kaum, obwohl sie sich eigentlich aus dem<br />

Weg gehen und sich nicht zur selben Zeit<br />

im Garten aufhielten: Waren mehr Füchse<br />

da, gab es auch mehr Waschbären und<br />

Marder – und andersherum. Dies, weil sie<br />

unter anderem alle dieselben Ressourcen<br />

in einer vom Menschen überformten Umgebung<br />

wie der Stadt nutzen. Anders sah<br />

es bei den Hauskatzen aus: Sie scheinen<br />

keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob<br />

andere Tiere unterwegs sind.<br />

Der Mensch spielt die Rolle einer<br />

«Superschlüsselart», und seine Haustiere<br />

üben eine Dominanz auf die lokale Tierwelt<br />

aus, heisst es dazu in der Studie des<br />

Leibniz-IZW. Dies gilt selbst für Arten, die<br />

relativ gut mit menschlicher Präsenz in<br />

vom Menschen überformten Landschaften<br />

zurechtkommen.<br />

Gesamte Studie: Louvrier J. L. P., Planillo A.,<br />

Stillfried M., Hagen R., Börner K., Kimmig S.,<br />

Ortmann S., Schumann A., Brandt M., Kramer­<br />

Schadt S. (2021): Spatiotemporal interactions<br />

of a novel mesocarnivore community in an urban<br />

environment before and during SARS-CoV-2<br />

lockdown. <strong>Journal</strong> of Animal Ecology.<br />

DOI: 10.1111/1365-2656.13635<br />

Mit herzlichem Dank an das Leibniz-Institut<br />

für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)<br />

und an das «Baublatt» für den Nachdruck.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 45


Perspektiven<br />

Nationale Strategie<br />

zu Impfungen<br />

Impfungen sind in der Schweiz freiwillig. Eine möglichst<br />

hohe Durchimpfungsrate ist jedoch entscheidend für die Gesundheit der<br />

Bevölkerung. Das hat nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie gezeigt.<br />

Die Erfahrungen aus dieser Zeit haben dazu geführt,<br />

dass der Aktionsplan zur Impfstrategie aktuell überarbeitet wird.<br />

Elise de Aquino, Programmleiterin Nationale Strategie zu Impfungen, Bundesamt für Gesundheit BAG<br />

Impfungen gehören zu den wirksamsten<br />

und kostengünstigsten<br />

medizinischen Präventionsmassnahmen<br />

zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten.<br />

Jedes Jahr werden<br />

durch Impfungen weltweit Millionen<br />

von Todesfällen und bleibenden Gesundheitsschäden<br />

vermieden. Die Wichtigkeit<br />

von Impfungen bestätigt auch die<br />

jüngste Vergangenheit bei der Bekämpfung<br />

von Covid-19. Neben dem individuellen<br />

Schutz können Impfungen auch<br />

einen kollektiven Schutz verleihen: Bei<br />

genügend hohen Durchimpfungsraten<br />

in der Bevölkerung sind auch weitere,<br />

besonders schutzbedürftige Personen, die<br />

z.B. aus medizinischen Gründen nicht geimpft<br />

werden können, vor einer Ansteckung<br />

geschützt («Herdenimmunität»).<br />

Die vom Bundesrat 2017 verabschiedete<br />

Nationale Strategie zu Impfungen<br />

NSI will die Bevölkerung in der Schweiz<br />

optimal vor impfverhütbaren Krankheiten<br />

schützen. Der Bundesrat hat die NSI<br />

Bild: Adobe Stock<br />

46<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Aktionsplan NSI<br />

I. Impfplan und<br />

Hilfsmittel<br />

II. Ausbildung<br />

III. Austausch<br />

IV. Kommunikation<br />

Massnahmenpakete<br />

I.1 Prozess der Impfplanerarbeitung<br />

bekannt<br />

machen<br />

I.2 Darstellung und Inhalt<br />

des Impfplans<br />

I.3 Schnittstelle zu und<br />

Nutzung von Expertensystem<br />

I.4 Systematische Erstellung<br />

von e-Impfausweisen<br />

II.1 Empfehlungen zu Aus-,<br />

Weiter- und Fortbildung<br />

II.2 Anpassung von Aus-,<br />

Weiter- und Fortbildung<br />

III.1 Inter-/intradisziplinärer<br />

Austausch<br />

III.2 Bekanntmachen guter<br />

Umsetzungsbeispiele<br />

IV.1 Umfassende<br />

Kommunikationsstrategie<br />

IV.2 Beratungsmaterial<br />

für Gesundheitsfachpersonen<br />

IV.3 Neueste Erkenntnisse<br />

betreffend Impfstoffe<br />

IV.4 Zielgruppenspezifisches<br />

Informationsmaterial<br />

IV.5 Gesuche um Entschädigung<br />

und Genugtuung<br />

Interventionsachsen<br />

Handlungsbereiche<br />

Stärkung des<br />

Verantwortungsbewusstseins<br />

und Unterstützung<br />

der Akteure<br />

1a<br />

1b<br />

1c<br />

1d<br />

Schweizerischer Impfplan: Erarbeitung<br />

transparent gestalten und Umsetzung erleichtern<br />

Beratung und Impfung fördern<br />

Beratung und Impfung transparent abgelten<br />

Impfstoffversorgung verbessern<br />

I.1<br />

I.2<br />

IV.2<br />

V.5<br />

V.6<br />

VI.2<br />

VI.1<br />

VI.4<br />

VI.5<br />

1e<br />

Kommunikation mit und zwischen den Akteuren stärken<br />

III.1<br />

IV.3<br />

Kommunikation<br />

und Angebote für<br />

die Bevölkerung<br />

2a<br />

2b<br />

2c<br />

2d<br />

Die Bevölkerung wirksam, kohärent,<br />

umfassend und differenziert informieren<br />

Zugang zu Impfinformationen und Impfungen in Schulen<br />

und Kindertagesstätten fördern<br />

Zugang zur Impfung für Erwachsene verbessern<br />

Verwendung von elektronischen Impfausweisen fördern,<br />

die das anerkannte Expertensystem nutzen<br />

I.3<br />

I.4<br />

IV.1<br />

IV.4<br />

V.1<br />

V.2<br />

V.3<br />

V.4<br />

VI.3<br />

2e<br />

Entschädigung und Genugtuung<br />

bei Schäden aus Impffolgen sicherstellen<br />

IV.5<br />

Ausbildung<br />

und Koordination<br />

3a<br />

3b<br />

Ausbildung der Gesundheitsfachpersonen verbessern<br />

Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Lösungen zwischen<br />

den Kantonen organisieren und erleichtern<br />

II.1<br />

II.2<br />

III.2<br />

Überwachung,<br />

Forschung und<br />

Evaluation<br />

4a<br />

4b<br />

Durchimpfung überwachen<br />

Wirkungsanalysen von Impfempfehlungen durchführen<br />

und Massnahmen zur Impfförderung evaluieren<br />

VII.1<br />

VII.2<br />

VII.3<br />

Spezifische Strategien<br />

5<br />

Strategien zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, die durch<br />

eine Impfung vermieden werden können, entwickeln und umsetzen<br />

VIII.1<br />

V. Settings<br />

V.1 Impfstatusdokumentation<br />

an Kindertagesstätten<br />

Massnahmenpakete<br />

V.2 Impfstatuskontrollen/<br />

Impfungen obligatorische<br />

Schulzeit<br />

V.3 Zugang an Schulen auf<br />

Sek-II- und Tertiär-Stufe<br />

V.4 Niederschwelliger<br />

Zugang für Erwachsene<br />

V.5 Arbeitgebende von Gesundheitsfachpersonen<br />

fördern Impfungen<br />

V.6 Engagement Arbeitgebende<br />

von Nicht-Gesundheitsfachpersonen<br />

VI. Versorgung<br />

VI.1 Angemessene Entschädigung<br />

Ärzteschaft<br />

VI.2 Rahmenbedingungen<br />

für nichtärztliche<br />

Gesundheitsberufe<br />

VI.3 Franchisebefreiung<br />

VI.4 Meldesystem und Pflichtlagerhaltung<br />

Impfstoffe<br />

VI.5 Versorgungsengpässe<br />

vermeiden/überbrücken<br />

VII. Evaluation<br />

VII.1 Erhebung Durchimpfungsdaten<br />

VII.2 Wirkungen der<br />

Impfempfehlungen<br />

VII.3 Evaluation Umsetzung<br />

und Wirkung NSI<br />

VIII. Spezifische<br />

Strategien<br />

VIII.1 Spezifische Strategien<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 47


Perspektiven<br />

als Anliegen mit hoher Priorität bezeichnet,<br />

denn es gibt im Schweizer Impfsystem<br />

immer noch Optimierungspotential:<br />

So sind beispielsweise Teile der Bevölkerung<br />

verunsichert, ob einzelne Impfungen<br />

Sinn machen und wirken, und der Zugang<br />

zu Impfungen ist nicht immer einfach.<br />

Hauptziele der Strategie<br />

Bund, Kantone und weitere Akteure aus<br />

dem Impfbereich haben die NSI gemeinsam<br />

erarbeitet und setzen diese nun um.<br />

Die Strategie schafft die Voraussetzungen<br />

für einen koordinierten, effektiven und effizienten<br />

Einsatz der Impfungen. Die NSI<br />

hat drei grundlegende Ziele:<br />

– Die Akteure erachten Impfungen als<br />

sehr wichtig für die Gesundheit der Bevölkerung.<br />

Sie informieren einheitlich<br />

über Impfungen und führen sie durch.<br />

– Die Bevölkerung hat Vertrauen in die offiziellen<br />

Impfempfehlungen. Sie anerkennt<br />

die Bedeutung der Impfung zum<br />

eigenen Schutz und zum Schutz anderer.<br />

– Der Zugang zu praktischen, klaren und<br />

transparenten Informationen und zu<br />

den Impfungen ist für alle einfach.<br />

Mit der NSI sollen die Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden, um die Impfempfehlungen<br />

gemäss dem Schweizerischen<br />

Impfplan bestmöglich umsetzen zu können.<br />

Die Strategie ist darauf ausgerichtet,<br />

eine optimale Zusammenarbeit zwischen<br />

allen Akteuren im Bereich Impfen (Behörden,<br />

Institutionen, Gesundheits- und<br />

Bildungsfachpersonen, Hersteller) sicherzustellen<br />

und krankheitsspezifische Massnahmen<br />

untereinander zu koordinieren.<br />

Impfungen in der Schweiz sind freiwillig<br />

und beruhen auf persönlichen Entscheidungen.<br />

Der Aktionsplan zur Strategie<br />

Erster Schritt in der Umsetzung der NSI<br />

war die Konkretisierung und Detailplanung<br />

in Form eines Aktionsplans. Das<br />

Bundesamt für Gesundheit BAG hat den<br />

Aktionsplan NSI in einem partizipativen<br />

Prozess zusammen mit den Kantonen und<br />

involvierten Organisationen und Institutionen<br />

erarbeitet und Ende 2018 fertiggestellt.<br />

Die NSI und der dazugehörige<br />

Aktionsplan sind Grundlage dafür, dass<br />

die zahlreichen Akteure aus den verschiedenen<br />

Aufgabenbereichen ihre Rolle<br />

wahrnehmen können und die Rahmenbedingungen<br />

für ihre Zusammenarbeit<br />

festlegen können. Insgesamt konkretisiert<br />

der Aktionsplan 28 Massnahmen in acht<br />

Massnahmenpaketen. Die Massnahmenpakete<br />

– Impfplan und Hilfsmittel; Ausbildung;<br />

Austausch; Kommunikation; Settings;<br />

Versorgung; Evaluation; spezifische<br />

Strategien – ergeben sich aufgrund der<br />

thematischen Zusammengehörigkeit und<br />

beteiligten Umsetzungspartner.<br />

Die Kantone haben bei der Umsetzung<br />

von mehreren Massnahmen die Federführung<br />

und nehmen damit eine<br />

Schlüsselrolle ein. Die Koordination und<br />

gute Zusammenarbeit des Bundes mit den<br />

Kantonen ist für die erfolgreiche Umsetzung<br />

ein wichtiger Aspekt. Entsprechend<br />

arbeitet die Programmleitung NSI eng mit<br />

der Schweizerischen Konferenz der kantonalen<br />

Gesundheitsdirektorinnen und<br />

-direktoren GDK und dem Vorstand der<br />

Vereinigung der Kantonsärztinnen und<br />

Kantonsärzte der Schweiz VKS zusammen.<br />

Stand der Umsetzung<br />

Die NSI ist zeitlich nicht begrenzt: Der Aktionsplan<br />

sollte zunächst den Kurs bis zur<br />

Zwischenevaluation <strong>2023</strong> abstecken und<br />

danach basierend auf einer Zwischenevaluation<br />

gegebenenfalls angepasst werden.<br />

Aufgrund der Bewältigung der Covid-19-Pandemie<br />

mussten alle Arbeiten<br />

rund um die NSI unterbrochen und Anfang<br />

2020 die gesamte Umsetzung zurückgestellt<br />

werden. Im Sommer 2022 konnten<br />

erste Aktivitäten wieder aufgenommen<br />

werden. Durch die Pandemie hat sich jedoch<br />

die Ausgangslage etwas verändert:<br />

Mit der Covid-19-Impfung kamen dem<br />

Thema Impfen eine besondere Wichtigkeit<br />

und ein hohes Interesse in Politik,<br />

Medien und Gesellschaft zu. Die in dieser<br />

Zeit gesammelten Erfahrungen sollen in<br />

der weiteren Umsetzung der NSI adäquat<br />

berücksichtigt werden. Um der neuen<br />

Ausgangslage Rechnung zu tragen, wird<br />

darum der Aktionsplan NSI aktuell überarbeitet;<br />

früher als ursprünglich geplant.<br />

Diese Weiterentwicklung des Aktionsplans<br />

wird wiederum partizipativ zusammen<br />

mit den verschiedenen Akteuren<br />

im Impfbereich vorgenommen. Die Publikation<br />

ist Ende <strong>2023</strong> geplant.<br />

Verschiedene Arbeiten rund um die<br />

NSI wurden bereits umgesetzt oder seit<br />

der Wiederaufnahme der Arbeiten in die<br />

Wege geleitet. Beispielsweise wurden<br />

umfassende Analysen der Informationsbedürfnisse<br />

von Bevölkerung und Gesundheitsfachpersonen<br />

sowie deren Gesundheitskompetenz<br />

im Bereich Impfen<br />

durchgeführt. Die Resultate fliessen in die<br />

aktuellen Arbeiten zur Umsetzung einer<br />

Kommunikationsstrategie ein: Die gesamte<br />

Impfkommunikation soll künftig optimiert<br />

gestaltet werden. Drohende Lieferengpässe<br />

von Impfstoffen werden über<br />

die Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel<br />

erfasst und unter Angabe<br />

der voraussichtlichen Dauer in einer<br />

Liste auf der Webseite des Bundesamts<br />

für wirtschaftliche Landesversorgung BWL<br />

publiziert. Zudem konnte das BAG den<br />

geplanten Antrag zur Franchisebefreiung<br />

von Impfungen der Eidgenössischen<br />

Kommission für allgemeine Leistungen<br />

und Grundsatzfragen ELGK erfolgreich<br />

unterbreiten. Und die Arbeiten für den<br />

Ersatz des elektronischen Impfausweises<br />

«meineimpfungen.ch» durch ein Impfmodul<br />

im elektronischen Patientendossier<br />

sind weit fortgeschritten.<br />

Weiterführende Informationen zur NSI<br />

finden sich unter: www.bag.admin.ch/nsi.<br />

48<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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Perspektiven<br />

Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit<br />

Kommunikation<br />

mit schwerstkranken<br />

Patienten – mehr als nur<br />

Breaking Bad News<br />

Anja Mehnert-Theuerkauf und Susan Koranyi<br />

Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät,<br />

Universitätsklinikum Leipzig, Deutschland<br />

* Der Artikel erschien ursprünglich<br />

in der «Therapeutischen Umschau» (2022),<br />

79(1), 29 – 35.<br />

Kommunikation und<br />

Advance Care Planning<br />

Advance Care Planning (ACP) oder vorausschauende<br />

Versorgungsplanung ist ein<br />

gemeinschaftlicher Prozess zwischen Patienten,<br />

Angehörigen und dem professionellen<br />

Behandlungsteam. In diesem Prozess<br />

klären Patienten ihre Ziele, Werte und<br />

Präferenzen für die zukünftige Behandlung<br />

und die Versorgung am Lebensende.<br />

Eine korrekte, patientenzentrierte und<br />

der Situation angemessene Kommunikation<br />

über die Erkrankung des Patienten und<br />

die Behandlungs- sowie Versorgungsoptionen<br />

ist wichtig und notwendig, um die<br />

Autonomie des Patienten zu respektieren<br />

und eine informierte Entscheidungsfindung<br />

sicherzustellen. Zu den wesentlichen<br />

Elementen der informierten Entscheidungsfindung<br />

und der informierten<br />

Einwilligung gehören die vollständige<br />

Aufklärung über die Diagnose beziehungsweise<br />

den Gesundheitszustand, die<br />

Besprechung des möglichen Nutzens einer<br />

Behandlungsoption und die damit<br />

verbundenen Risiken sowie verfügbare<br />

Behandlungsalternativen.<br />

Im Rahmen des Advance Care Planning<br />

ist die Kommunikation mit schwer<br />

und unheilbar erkrankten Patienten und<br />

ihren Angehörigen durch eine Reihe von<br />

Herausforderungen gekennzeichnet. Dazu<br />

gehören Merkmale wie starke körperliche<br />

Belastungen, Funktionsstörungen<br />

und Behinderungen einschliesslich<br />

sprachlicher Einschränk ungen sowie psychische<br />

und kognitive Beeinträchtigungen<br />

wie ein reduziertes Bewusstsein, starke<br />

Affekte (u. a. Angst, Wut, Aggressivität,<br />

depressive Verstimmungen, psychische<br />

Krisen), Rückzug und Passivität, psychische<br />

Störungen und Persönlichkeitsakzentuierungen<br />

und familiäre wie partnerschaftliche<br />

Konflikte und Krisen. Häufig<br />

erfordert eine empathische Kommunikation<br />

auch den Umgang mit psychischen<br />

Abwehrreaktionen wie beispielsweise Verleugnung<br />

oder Verdrängung. Seltener<br />

können Verhaltensweisen wie beständige<br />

Unzufriedenheit oder Klagsamkeit, wiederkehrende,<br />

unveränderte Beschwerden<br />

oder forderndes, manipulatives und unkooperatives<br />

Verhalten auftreten, die<br />

spezifische kommunikative Strategien<br />

erfordern. Professionelle Behandler sind<br />

aber auch mit verschiedenen kulturellen<br />

Traditionen und Sprachbarrieren konfrontiert,<br />

die den Einsatz eines Sprachmittlers<br />

erforderlich machen.<br />

Zu den Gesprächsanlässen, die kommunikative<br />

Herausforderungen darstellen,<br />

gehören:<br />

– die Besprechung und Erläuterung der<br />

palliativen Erkrankungssituation, des<br />

weiteren Krankheitsverlaufs und der<br />

Sterbephase;<br />

– die Erläuterung wahrscheinlicher oder<br />

möglicherweise auftretender Symptome<br />

und das dazugehörige Symp tom-<br />

Management;<br />

– die Besprechung der Therapieziele und<br />

Therapieziel änderungen;<br />

– der Umgang mit «schwierigen» Emotionen<br />

(u. a. Ängste, Traurigkeit und depressive<br />

Verstimmungen, Frustration<br />

und Aggressivität) und starken Stimmungsschwankungen;<br />

– der Umgang mit Unsicherheit und partnerschaft<br />

lichen / familiären Konflikten;<br />

– gemeinsame Entscheidungsfindung;<br />

– Entscheidung über die Einstellung lebensverlängernder<br />

Massnahmen.<br />

Innere Haltung als wichtige<br />

Voraussetzung gelungener<br />

Kommunikation<br />

Eine gelungene Kommunikation im Rahmen<br />

des Advance Care Planning sollte sich<br />

an den zentralen Kriterien der Patientenzentriertheit<br />

orientieren. Dies umfasst eine<br />

innere Haltung, die den Patienten (und<br />

Angehörigen) unabhängig von seinen körperlichen<br />

und psychischen Einschränkungen<br />

und Belastungen wertschätzt und<br />

durch die Art und Weise der Interaktion<br />

und Kommunikation vermittelt, dass<br />

die Würde im Menschen begründet liegt<br />

und nicht in körperlichen oder funktionalen<br />

Merkmalen. Eine patientenzentrierte<br />

Kommunikation beinhaltet, die Perspektive<br />

und den psychosozialen Kontext des<br />

Patienten (und der Angehörigen) zu erfragen<br />

und zu verstehen, ein gemeinsames<br />

Problemverständnis und ein gemeinsames<br />

50<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Verständnis über angemessene Behandlungsoptionen<br />

unter Beachtung und Berücksichtigung<br />

der Patientenpräferenzen<br />

und -werte sicherzustellen, um eine gemeinsame<br />

Entscheidung zu ermöglichen.<br />

Die Mehrzahl der Patienten und Angehörigen<br />

wünschen sich Gespräche geprägt<br />

von einer Balance aus Ehrlichkeit<br />

und Empathie sowie emotionaler und sozialer<br />

Unterstützung. Diagnostische und<br />

Behandlungsinformationen sollten unter<br />

Beachtung patientenseitiger Präfer enzen<br />

direkt und in einer verständlichen Art und<br />

Weise vermittelt werden. Professionelle<br />

Behandler sollten empathisch explorieren,<br />

zu welchem Zeitpunkt der Patient<br />

(und der Angehörige) bereit ist, über sensible<br />

Themenfelder zu sprechen und Informationen<br />

aufzunehmen.<br />

Die meisten Patienten (und Angehörigen)<br />

profitieren von einem Gesprächsführungsstil,<br />

der durch folgende Merkmale<br />

gekennzeichnet ist: Augenkontakt; Verwendung<br />

offener Fragen; einfühlsame,<br />

aber realistische Vermittlung von Informationen<br />

und schlechten Nachrichten;<br />

Eingehen auf das emotionale Befinden<br />

und auf Lebensbereiche, die nicht direkt<br />

mit der Krankheit in Verbindung stehen;<br />

sensible Exploration von Sorgeninhalten<br />

und Berücksichtigung nonverbaler Signale<br />

während des Gesprächs.<br />

Charakteristische Erlebens- und Verhaltensweisen<br />

von Patienten oder Angehörigen,<br />

die im Gespräch beachtet und<br />

adressiert werden sollten, beinhalten:<br />

– Hilflosigkeit, emotionale Not und Verzweiflung;<br />

– (antizipierte) Trauer;<br />

– Angst, dass keine optimale Behandlung<br />

erfolgt / dass «mehr» getan werden<br />

könnte;<br />

– Depressivität, sozialer Rückzug, Isolation;<br />

– Einschränkungen in der Alltagsführung<br />

(berufliche, familiäre, partnerschaftliche,<br />

finanzielle Einschränkungen);<br />

– Vernachlässigung der Selbstfürsorge;<br />

– Entscheidungslast bei schwierigen Behandlungsentscheidungen;<br />

– Widersprüche zwischen den Wünschen<br />

der Angehörigen und Präferenzen des<br />

Patienten.<br />

Die Kommunikation mit dem Patienten<br />

und den Angehörigen kann nicht nur<br />

durch Komorbiditäten wie zum Beispiel<br />

depressive Verstimmungen, sondern auch<br />

durch unklare oder abweichende Vorstellungen<br />

über die Ziele der Behandlung und<br />

die Heilbarkeit der Krankheit behindert<br />

werden. Rodin und Zimmermann [1] benutzen<br />

den Begriff «double awareness»,<br />

um die Situation von Patienten mit fortgeschrittener<br />

Erkrankung zu beschreiben,<br />

nämlich die Herausforderung, mit dem<br />

Wissen um den nahenden Tod umzugehen,<br />

ohne die Wahrnehmung von Lebenssinn<br />

und den Willen zu leben, aufzugeben.<br />

Somit wird das Behandlungsteam mit<br />

der schwierigen Aufgabe konfrontiert,<br />

diese Ambivalenz zu reflektieren und<br />

auszu halten und gleichzeitig Patienten<br />

zu ermutigen, aktiv mit der palliativen<br />

Behandlungssituation umzugehen, die<br />

Lebensqualität zu fördern und gleichzeitig<br />

die Akzeptanz «realistischer» Therapieziele<br />

und Behandlungsentscheidungen<br />

zu ermöglichen.<br />

Förderung kommunikativer<br />

Fertigkeiten<br />

Fertigkeiten, die eine gelungene Kommunikation<br />

begünstigen, sind erlernbar und<br />

beeinflussen im Rahmen der palliativmedizinischen<br />

Versorgung wichtige Parameter<br />

auf Seiten der Patienten, Ange hörigen<br />

wie auf Seiten der professionellen<br />

Behandler [2]. Dazu gehören unter anderem<br />

der Aufbau einer vertrauensvollen<br />

Beziehung zum Behandlungsteam, ein<br />

verbessertes Wissen auf Seiten der Patienten<br />

einschliesslich des Verständnisses<br />

über prog nostische Informationen und<br />

der Akzeptanz der unheil baren Erkrankung,<br />

eine informierte und gemeinsame<br />

Entscheidungsfindung, eine verbesserte<br />

emotionale Bewältigung schwieriger<br />

Behandlungsentscheidungen und eine<br />

verbesserte Therapieadhärenz sowie eine<br />

erhöhte Zufriedenheit und Lebensqualität<br />

bei Patienten und Angehörigen. Die Förderung<br />

von Kommunikationsfertigkeiten<br />

ist deshalb eine wichtige Zielsetzung.<br />

In den letzten Jahren wurden verschiedene<br />

Kommunikationstrainingsprogramme<br />

und klinische Praxisleitlinien<br />

entwickelt, von denen einige spezifisch<br />

für Berufsgruppen, die in der palliativen<br />

Versorgung tätig sind, konzipiert wurden.<br />

Exemplarisch sind hier das «End-of-life<br />

Communication Skills Training» [3], das<br />

ONCOTALK / Vitaltalk Model [4] zu nennen<br />

sowie für den deutschsprachigen<br />

Raum unter anderem das Schweizer Modell<br />

[5] und das COMSKIL-Modell [6, 7].<br />

COMSKIL-Kommunikationstrainingsprogramm<br />

Das COMSKIL-Kommunikationstrainingsprogramm<br />

wurde für verschiedene Berufsgruppen<br />

in der medizinisch-onko -<br />

lo gischen Versorgung konzipiert. Es ist<br />

modular aufgebaut und adressiert Basisfertigkeiten<br />

sowie kommunikative Herausforderungen<br />

im Rahmen spezifischer<br />

Gesprächsanlässe [6, 7]. Im COMSKIL-Trainingsprogramm<br />

werden fünf zentrale<br />

Komponenten eines Gesprächs definiert:<br />

Kommunikationsziele, Kommunikationsstrategien,<br />

Kommunika tionstechniken,<br />

Prozessaufgaben sowie kognitive Beurteilungen<br />

(Abbildung 1).<br />

Abbildung 1<br />

Kognitive Beurteilung:<br />

Gesprächsbarrieren<br />

Kommunikationstechniken<br />

Kommunikationsziele<br />

Kommunikationsstrategien<br />

Kognitive Beurteilung:<br />

Patientenseitige Hinweisreize<br />

Prozessaufgaben<br />

Kommunikationsziele<br />

Das übergeordnete Ziel eines Gesprächs<br />

wird als Kommunikationsziel definiert<br />

und bildet einen Rahmen für das Gespräch.<br />

Im klinischen Alltag ist es sinnvoll,<br />

vor einem Gespräch zu klären, welche<br />

Ziele verfolgt werden sollen. Typische<br />

Kommunikationsziele für Gespräche in<br />

der palliativen Versorgung sind beispielsweise<br />

die Informationsvermittlung über<br />

die Notwendigkeit einer Therapieplanänderung,<br />

die Vermittlung bedrohlicher<br />

Informationen auf eine Art und Weise,<br />

die das Verstehen und Erinnern der Informationen<br />

fördert oder den Patienten<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 51


Perspektiven<br />

(und Angehörigen) im Umgang mit seinen<br />

emotionalen Reaktionen unterstützt.<br />

Kommunikationsstrategien<br />

Kommunikationsstrategien sind konkrete<br />

Pläne, die helfen, das Kommunikationsverhalten<br />

individuell im Behandlungsverlauf<br />

anzupassen, um die spezifischen<br />

Kommuni kations ziele zu erreichen. Typische<br />

Kommunikationsstrategien sind<br />

beziehungsweise die Anpassung des Ge-<br />

Tabelle 1. Typischer Gesprächsablauf nach dem COMSKIL-Kommunikationsmodell bei der Mitteilung schlechter Nachrichten.<br />

1. Kommunikationsstrategie: Festlegung des Gesprächsrahmens<br />

Kommunikationstechniken<br />

Benennung der eigenen Agenda des Gesprächs, Erfragen der Agenda des<br />

Patienten, Festlegung einer gemeinsamen Agenda («Heute würde ich gerne<br />

mit Ihnen über die Untersuchungsergebnisse und über die<br />

Behandlungsmöglich keiten sprechen. Bevor wir anfangen, würde ich gern<br />

erfahren, was Ihre Anliegen für das heutige Gespräch sind.»).<br />

Prozessaufgaben<br />

u. a. Begrüssung des Patienten auf angemessene<br />

Weise, Sicherstellen, dass der<br />

Patient bekleidet ist, Wahl der Sitzposition<br />

auf Augenhöhe des Patienten.<br />

2. Anpassung des Gesprächs an die Bedürfnisse des Patienten und / oder Angehörigen<br />

Überprüfung des Informationsverständnisses des Patienten und der<br />

patientenseitigen Informations bedürfnisse («Um sicher zu sein, dass wir<br />

auch auf dem gleichen Informationsstand sind, möchte ich Sie bitten,<br />

noch einmal in Ihren Worten zu sagen, was man Ihnen über die Untersuchungen<br />

mitgeteilt hat / was ich Ihnen erklärt habe.»).<br />

u. a. Vermeidung von Fachsprache,<br />

gege benenfalls Nutzung graphischer<br />

Darstel lungen, Zusammenfassung der<br />

Informationen.<br />

3. Vermittlung der Informationen in leicht verständlichen und gut erinnerbaren Worten<br />

Vorschau über die zu vermittelnden Informationen, Ermutigung, Fragen<br />

zu stellen, Überprüfung des Informationsverständnisses des Patienten,<br />

Zusammenfassung der vermittelten Informationen («Im Folgenden möchte<br />

ich Ihnen nun die Untersuchungsergebnisse erläutern und die Behandlungsmöglichkeiten<br />

besprechen. Sind Sie damit einverstanden?», «Scheuen<br />

Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Wahrscheinlichkeiten sind oft schwer<br />

zu verstehen.», «Ich möchte sichergehen, dass Sie alles, was wir eben<br />

besprochen haben, auch richtig verstanden haben. Gibt es irgendetwas,<br />

das Ihnen im Moment noch unklar ist?»).<br />

u. a. Vermeidung von Fachsprache,<br />

Beantwortung aller Fragen, Nutzung<br />

graphischer Darstellungen.<br />

4. Empathische Berücksichtigung der emotionalen Reaktionen des Patienten und / oder Angehörigen auf die schlechte Nachricht<br />

Förderung / Unterstützung des Gefühlsausdrucks des Patienten, Anerkennung<br />

der emotionalen Reak tionen des Patienten, Normalisierung, Validierung,<br />

Verwendung offener Fragen («Es ist sehr wichtig für mich zu verstehen,<br />

wie Sie mit diesen belastenden Informationen umgehen.», «Vielen<br />

Patienten geht es so wie Ihnen, wenn sie solche Informationen erhalten.»).<br />

u. a. Aufrechterhaltung des Blickkontaktes,<br />

Einräumen von Zeit zur Sammlung / Aufnahme<br />

der Informationen.<br />

5. Überprüfung der Bereitschaft des Patienten, Behandlungsoptionen zu besprechen<br />

Ziehen einer Zwischenbilanz, Überprüfung der patientenseitigen Entscheidungspräferenzen,<br />

Vorschau über die zu vermittelnden Informationen<br />

(«Gut, ich möchte das bisher Besprochene noch einmal zusammenfassen<br />

…», Wir wollten ja gemeinsam entscheiden, welche Behandlung für Sie<br />

am besten geeignet ist. Ist dieses Vorgehen für Sie weiterhin in Ordnung?<br />

Ich denke, es ist wichtig, dass Sie mit der endgültigen Entscheidung<br />

einverstanden sind.»).<br />

u. a. schriftliche Niederlegung der zentralen<br />

Informationen, Anbieten von Material zum<br />

Nachlesen / Recherchieren (Broschüren,<br />

Internetadressen).<br />

6. Beendigung des Gesprächs<br />

Bekräftigung einer gemeinsamen Entscheidungsfindung, Zusammenfassung<br />

der wesentlichen Gesprächsinhalte, Benennung der nächsten Schritte<br />

(«Es ist wichtig, dass Sie nicht das Gefühl haben, dass etwas über Ihren Kopf<br />

hinweg entschieden wurde, sondern dass Sie mitentscheiden. Daher lassen<br />

Sie sich doch bitte noch einmal durch den Kopf gehen, was wir heute<br />

besprochen haben und wir treffen dann die endgültige Entscheidung bei<br />

unserem nächsten Termin, okay?»).<br />

z. B. Festlegung eines weiteren Termins.<br />

52<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

sprächs auf die Bedürfnisse des Patienten,<br />

die Vermittlung der Informationen in<br />

leicht verständlichen und gut erinnerbaren<br />

Worten oder die empathische Berücksichtigung<br />

emotionaler Reaktionen<br />

im Gespräch. Kommunikationsstrategien<br />

setzen sich aus Kommunikationstechniken<br />

und Prozessaufgaben zusammen.<br />

Kommunikationstechniken<br />

Kommunikationstechniken umfassen Verhaltensweisen,<br />

mit denen das Gespräch<br />

gefördert oder in eine bestimmte Richtung<br />

im Sinne der Kommunikationsziele<br />

gelenkt werden kann. Kommunikationstechniken<br />

sind konkret, lehrbar und beobachtbar.<br />

Sie beinhalten zum Beispiel<br />

Fragetechniken, Techniken wie aktives<br />

Zuhören einschliesslich Paraphrasieren,<br />

Verbalisieren, das Überprüfen des pa tientenseitigen<br />

Verständnisses der vermittelten<br />

Information, die Validierung der Gefühle<br />

des Patienten oder die Erklärung<br />

und Zusammenfassung von Informationen.<br />

Prozessaufgaben<br />

Prozessaufgaben umfassen die kontextuellen<br />

Aspekte, die während des Gesprächs<br />

berücksichtigt werden sollten. Hierunter<br />

werden verbale und nonverbale Verhaltensweisen<br />

verstanden. Prozessaufgaben<br />

lassen sich auf einem Kontinuum von einfachen<br />

bis zu komplexen Verhaltensweisen<br />

beschreiben. Basale Prozessaufgaben<br />

sind zum Beispiel sich dem Patienten vorstellen<br />

oder eine ungestörte Atmosphäre<br />

für das Gespräch schaffen. Zu komplexeren<br />

Prozessaufgaben gehört beispielsweise<br />

die Vermeidung vorschneller Beschwichtigungen.<br />

Prozessaufgaben umfassen<br />

zum Beispiel auch Entscheidungshilfen,<br />

sogenannte «Decision Aids», die in<br />

Papierform oder video- bzw. webbasiert<br />

dargeboten werden können.<br />

Kognitive Beurteilungen<br />

Durch kognitive Beurteilungen wird bestimmt,<br />

welche Kommunikationsstrategie,<br />

welche Kommunikationstechniken<br />

und welche Prozessaufgaben zum Einsatz<br />

kommen oder im Verlauf des Gesprächs<br />

angepasst werden müssen. Kognitive Beurteilungen<br />

beruhen auf der Beobachtung<br />

und Einschätzung der verbalen und nonverbalen<br />

Verhaltensweisen und Reaktionen<br />

des Patienten (und der Angehörigen).<br />

Das COMSKIL-Modell adressiert zwei spezifische<br />

Arten kognitiver Beurteilungen:<br />

a) patientenseitige Hinweisreize und b)<br />

patientenseitige Barrieren.<br />

Patientenseitige Hinweisreize<br />

Patientenseitige Hinweisreize umfassen<br />

Informations-Hinweisreize und Emotions-<br />

Hinweisreize. Ein Patient könnte zum<br />

Beispiel den Wunsch nach einer bestimmten<br />

Information haben, sich jedoch nicht<br />

trauen, direkt danach zu fragen. Um sein<br />

Bedürfnis dennoch auszudrücken, könnte<br />

er indirekte Bemerkungen dazu machen<br />

(z. B. «Man hat nicht mit mir darüber<br />

gesprochen»). Diese indirekten Äus se rungen<br />

werden als Informations-Hinweisreize<br />

bezeichnet. Häufig äussern Patienten<br />

ihren Wunsch nach emotionaler Unterstützung<br />

indirekt und verwenden verbale<br />

oder nonverbale Emotions-Hinweisreize<br />

(Patient wirkt abwesend oder sagt z. B.<br />

«Ich weiss einfach nicht, wie es weitergehen<br />

soll.»).<br />

Gesprächsbarrieren<br />

Gesprächsbarrieren können den Patienten<br />

daran hindern, dem Gespräch mit<br />

voller Aufmerksamkeit zu folgen und<br />

müssen vom Behandler beobachtet und<br />

eingeschätzt werden. So können zum Beispiel<br />

Ängste oder Missverständnisse das<br />

Gespräch negativ beeinflussen und Entscheidungsprozesse<br />

behindern. Diese<br />

sollten im Gespräch ermittelt und überwunden<br />

werden.<br />

Mitteilung schlechter Nachrichten<br />

Eine schlechte Nachricht beinhaltet alle<br />

Informationen, die die subjektive Zukunftsperspektive<br />

des Adressaten negativ<br />

verändern. Die Vermittlung schlechter<br />

Nachrichten konfrontiert den mitteilenden<br />

Arzt wie auch das Behandlungsteam<br />

mit verschiedenen Herausforderungen:<br />

Ärzte berichten häufig von Schwierigkeiten,<br />

dem Patienten gegenüber ehrlich zu<br />

sein, ohne diesen zu sehr zu belasten und<br />

ihm die Hoffnung zu nehmen. Häufig besteht<br />

Unsicherheit, wie auf die emotionalen<br />

Reaktionen und Bedürfnisse des Patienten<br />

und der Angehörigen eingegangen<br />

werden kann.<br />

Informationen ehrlich und direkt zu<br />

vermitteln, ohne den Patienten zu entmutigen,<br />

ist im klinischen Alltag häufig eine<br />

Herausforderung. Patienten oder Angehörige<br />

setzen zuweilen ihre gesamte Hoffnung<br />

auf innovative Entwicklungen in<br />

der medizinischen Forschung. Es ist wichtig,<br />

diese Ideen und Wünsche nicht abzuwiegeln,<br />

sondern als Teil des psychischen<br />

Verarbeitungsprozesses zu verstehen.<br />

Gleichzeitig ist es hilfreich, für den<br />

Patienten wichtige Alternativen zur Hoffnung<br />

auf Heilung ins Gespräch zu bringen<br />

und den Patienten dabei zu unterstützen,<br />

sich auf die bevorstehenden Verluste vorzubereiten<br />

und den Fokus auf realistische<br />

Ziele und eine «Von- Tag-zu-Tag»-Per spektive<br />

zu lenken.<br />

Ein typischer Gesprächsablauf nach<br />

dem COMSKIL- Kommunikationsmodell<br />

bei der Mitteilung schlechter Nachrichten<br />

ist in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Der Umgang mit Ärger und emotional<br />

herausfordernden Situationen<br />

Patienten erleben im Verlauf der Diagnostik<br />

und Behandlungsplanung Stimmungsund<br />

Emotionswechsel. Zu häufigen Emotionen<br />

gehören unter anderem Traurigkeit,<br />

Sorgen, Frustration und Ärger. Aber<br />

auch Unsicherheit und Angst vor Fortschreiten<br />

der Erkrankung oder interpersonelle<br />

Schwierigkeiten sind häufige Ursachen<br />

emotionaler Belastung. Ärger und<br />

Wut können bei der Konfrontation mit einer<br />

lebensbedrohlichen Erkrankung neben<br />

Ängsten, Traurigkeit und Verzweiflung<br />

häufig auftreten. Ärger kann Ausdruck<br />

antizipierter Trauer sein, Ausdruck<br />

von Hilflosig keit, Teil der emotionalen<br />

Bewältigung der Erkrankung oder Folge<br />

von schwierigen Begleitumständen. Ärger<br />

und Wut richten sich oft gegen Mitglieder<br />

des Behandlungsteams, auch wenn diese<br />

gar nicht persönlich gemeint sind.<br />

Kommunikative Herausforderungen<br />

bei ärgerlichen Patienten oder Angehörigen<br />

bestehen darin, angemessen auf die<br />

Emotionen zu reagieren mit der Zielsetzung,<br />

das Ausmass des Ärgers auf ein Mass<br />

zu reduzieren, sodass eine effektive Kommunikation<br />

ermöglicht wird. Wesentlich<br />

ist hierbei zunächst, dem Patienten das<br />

Gefühl von Wertschätzung und Interesse<br />

an seinem Erleben zu vermitteln, das<br />

heisst die «Erlaubnis» für den Patienten,<br />

seine Beschwerden zu äussern und ein gemeinsames<br />

Verständnis der Erfahrungen<br />

des Patienten zu erarbeiten. Hierbei ist die<br />

Verwendung offener Fragen eine hilfreiche<br />

Kommunikationstechnik. Die empathische<br />

Berücksichtigung der emotionalen<br />

Reaktionen und Erfahrungen des Patienten<br />

ist beim Umgang mit Ärger oder<br />

Wut sehr wichtig. Wertschätzende Anerkennung<br />

und bei «berechtigtem» Ärger<br />

auch eine diesbezügliche Rückmeldung<br />

führt zu einer Entschärfung der angespannten<br />

Gesprächssituation und ermöglicht<br />

den Fortgang des Gesprächs. Ein typischer<br />

Gesprächsablauf nach dem<br />

COMSKIL- Kommunikations modell beim<br />

Umgang mit Ärger und Wut ist in Tabelle 2<br />

dargestellt.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 53


Perspektiven<br />

Tabelle 2. Typischer Gesprächsablauf nach dem COMSKIL-Kommunikationsmodell beim Umgang mit Ärger und Wut.<br />

1. Kommunikationsstrategie: Erlaubnis für den Patienten, seine Beschwerden zu schildern –<br />

Hören Sie sich seine vollständige Geschichte an!<br />

Kommunikationstechniken<br />

Verwendung offener Fragen, aktives Zuhören («Erzählen Sie mir doch bitte,<br />

was aus Ihrer Sicht schiefgelaufen ist.», «Bitte erzählen Sie mir, was genau<br />

geschehen ist, worüber Sie wütend sind.»).<br />

Prozessaufgaben<br />

u. a. Vermeidung des Einnehmens einer<br />

Verteidigungshaltung, Vermeidung von<br />

Unterbrechungen<br />

( Ausnahme: Kontrollverlust des Patienten).<br />

2. Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses der Emotionen / Erfahrungen des Patienten – Stellen Sie Fragen!<br />

Verwendung offener Fragen, Klärung der Äusserungen des Patienten,<br />

Neuformulierung / Paraphrasierung («Sie wirken auf mich heute sehr<br />

angespannt. Was belastet Sie?», «Was genau ist aus Ihrer Sicht die Ursache<br />

der Probleme?», «Was bedrückt Sie? Ich würde gern verstehen, wie Sie sich<br />

fühlen und was Sie belastet.», «Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen …?»,<br />

«Ja, ich verstehe, dass Sie sich über … aufregen und verärgert sind.»).<br />

u. a. Vermeidung von Suggestivfragen,<br />

Vermeidung vorschneller Beschwichtigung,<br />

Benennung der Emotion des Patienten<br />

unter Berücksichtigung von deren Intensität.<br />

3. Empathische Berücksichtigung der emotionalen Reaktionen und Erfahrungen des Patienten – Setzen Sie (je nachdem,<br />

ob der Ärger des Patienten angemessen / gerechtfertigt ist) die passende Kommunikationstechnik ein!<br />

Anerkennung, Normalisierung, Validierung, Würdigung der Anstrengungen<br />

/ Belastungen des Patienten («Ich sehe, dass Sie verärgert sind und<br />

würde gern die Gründe dafür erfahren.», «Die meisten Menschen würden in<br />

einer vergleich baren Situation ärgerlich / angespannt sein.», «Viele Menschen<br />

erleben eine Erkrankung als ungerecht, und es ist völlig normal, auch<br />

vermeintlich grundlos gereizt oder wütend zu sein.», «Es ist wirklich<br />

ärgerlich, dass Sie so lange warten mussten. Wir bemühen uns, die Termine<br />

pünktlich einzuhalten, aber manchmal klappt es leider nicht.»).<br />

u. a. Ausdruck der Entschuldigung bei<br />

Angemessenheit / Berechtigung des Ärgers.<br />

4. Exploration der Haltungen und Erwartungen des Patienten, die dem Ärger zugrunde liegen – insbesondere dann,<br />

wenn die Wut des Patienten der realen Situation nicht angemessen ist<br />

Verwendung offener Fragen, Klärung der Äusserungen des Patienten,<br />

Neuformulierung / Paraphrasierung, Anerkennung der Anstrengungen / Belastungen<br />

des Patienten («Worüber genau sind Sie verärgert?», «Was würde<br />

Ihnen helfen, sich besser zu fühlen?», «Was wünschen / erhoffen Sie sich von<br />

mir?», «Das heisst, Sie verstehen nicht, warum man Ihnen … nicht näher<br />

erklärt hat?», «Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sich gewünscht<br />

hätten, freundlicher behandelt zu werden?», «Was genau hätte aus Ihrer<br />

Sicht in der Situation anders verlaufen müssen?», «Ich finde es sehr wichtig,<br />

dass Sie mir sagen, worüber Sie sich ärgern, nur so lässt sich vielleicht auch<br />

etwas an der Situation ändern.»).<br />

u. a. Konstruktives Ansprechen des Ärgers<br />

5. Unterstützung bei der Bewältigung des Ärgers und Ermittlung von Ressourcen sozialer Unterstützung bzw.<br />

Vermittlung von Informationen über psychosoziale / psychoonkologische Unterstützungsangebote<br />

Ausdruck der Unterstützungsbereitschaft und Zusammenarbeit («Lassen<br />

Sie uns gemeinsam nach einer Lösung für das Problem suchen.», «Wer in<br />

Ihrer Umgebung könnte Sie bei der Auseinandersetzung mit … unterstützen?»,<br />

«Möchten Sie, dass wir zusammen mit dem übrigen Behandlungsteam<br />

noch einmal über die Situation sprechen?», «Vielen Menschen hilft es,<br />

mit jemandem ausserhalb der Familie seine Belastungen und Sorgen zu<br />

besprechen. Da eine Erkrankung nicht nur körperlich, sondern auch<br />

seelisch sehr belastend ist, arbeiten wir mit psychosozialen Behandlern<br />

zusammen, z. B. Beratungsstellen oder Psychotherapeuten, die speziell für<br />

diese Belastungen ausgebildet sind und Sie im Umgang damit unterstützen<br />

können. Ich glaube, diese Kollegen könnten Ihnen bei der Bewältigung<br />

Ihrer Erkrankung helfen.»).<br />

u. a. Exploration des sozialen Netzwerks des<br />

Patienten, ggf. Exploration der Bewältigungsstrategien<br />

des Patienten, ggf. Überweisung<br />

an Psychotherapeuten, Unterstützung<br />

des Patienten zur Vermeidung von Isolation<br />

(häufige Ursache für Gefühle von Einsamkeit<br />

und Hilflosigkeit, die dann zu Ärger<br />

führen)<br />

54<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Ein gleichgültiges Verhalten des Behandlungsteams,<br />

fehlende Empathie, Respektlosigkeit,<br />

hektisches und unverbindliches<br />

Verhalten, Schuldzuweisungen an<br />

den Patienten und das Abblocken von Fragen<br />

tragen eher dazu bei, dass sich Patienten<br />

unverstanden oder zurückgewiesen<br />

fühlen. Auch eine vorschnelle Beschwichtigung,<br />

die zwar häufig einen Versuch darstellt,<br />

Hoffnung auf Patientenseite zu fördern,<br />

berücksichtigt weder Art noch Tiefe<br />

oder Ursachen der Gefühle des Patienten<br />

und wird eher als «blockierendes Verhalten»<br />

erlebt [8].<br />

Einige Patienten drücken sich eher<br />

umständlich oder weitschweifig aus und<br />

erwarten vielleicht, dass sich das Behandlungsteam<br />

viel Zeit für sie nimmt. Behandler<br />

können in solchen Situationen durchaus<br />

das Gespräch unterbrechen, dabei aber<br />

die Gründe dieses Vorgehens erläutern, das<br />

heisst zum Beispiel erklären, dass nur eine<br />

begrenzte Zeitspanne für das Gespräch zur<br />

Verfügung steht, um die wesentlichen Inhalte<br />

besprechen zu können.<br />

Patienten, die sich eher einsilbig oder<br />

sogar misstrauisch im Gespräch verhalten,<br />

haben häufig wenig Vertrauen gegenüber<br />

dem Arzt oder dem Behandlungsteam.<br />

Die Kommunikation mit diesen<br />

Patienten lässt sich durch den expliziten<br />

Ausdruck der Sorge um das Wohlergehen<br />

des Patienten fördern. Darüber hinaus ist<br />

die Anerkennung der Ängste, die Verwendung<br />

offener Fragen, die Ermutigung<br />

Fragen zu stellen und das Bemühen um<br />

grösstmög liche Transparenz wichtig, um<br />

so die Autonomie und Entscheidungsfreiheit<br />

des Patienten zu wahren.<br />

Bei Patienten, die beständig über Beschwerden<br />

klagen und scheinbar unermüdlich<br />

nach Hilfe suchen, jedoch empfohlene<br />

Unterstützungsangebote oder Behandlungen<br />

nicht wahrnehmen, spielen unter Umständen<br />

persönlichkeits- und beziehungsdynamische<br />

Aspekte eine Rolle. Durch<br />

die Betonung der Kooperation zwischen<br />

Patienten und Behandlungsteam im Sinne<br />

einer partizipativen Entscheidungsfindung<br />

und durch das gemeinsame Abwägen aller<br />

Vor- und Nachteile kann beispielsweise<br />

Abhängigkeits-Autonomie-Konflikten auf<br />

Patientenseite Rechnung getragen werden.<br />

Manche Patienten, die ein arrogantes<br />

oder egozentrisches Verhalten zeigen, reagieren<br />

oft sehr ungehalten, wenn ihre<br />

Erwartungen an die Behandlung und Aufmerksamkeit<br />

durch das Behandlungsteam<br />

nicht erfüllt werden. Einige dieser Patienten<br />

neigen auch dazu, manche Mitglieder<br />

des Behandlungsteams zu idealisieren<br />

Zusammenfassung<br />

Im Rahmen der palliativmedizinischen Versorgung werden spezifische kommunikative<br />

Strategien und Techniken der Gesprächsführung benötigt, um den besonderen Herausforderungen<br />

der palliativen Versorgungssituation angemessen zu begegnen. Eine gelungene<br />

Kommunikation ist durch zentrale Kriterien der Patientenzentriertheit gekennzeichnet<br />

und kann wichtige Parameter auf Seiten der Patienten, Angehörigen sowie auf<br />

Seiten der professionellen Behandler positiv beeinflussen. Hierzu zählen unter anderem<br />

die informierte und gemeinsame Entscheidungsfindung, eine vertrauensvolle Beziehung<br />

zum Behandlungsteam, verbessertes Wissen und Verständnis über die Prognose, verbesserte<br />

Therapieadhärenz und Bewältigung von schwierigen Therapieentscheidungen<br />

sowie eine erhöhte Zufriedenheit und Lebensqualität bei Patienten und Angehörigen.<br />

Kommunikative Fertigkeiten können in Kommunikationskursen erlernt und vertieft<br />

werden. Das COMSKIL-Trainingsprogramm, welches für verschiedene Berufsgruppen<br />

der medizinisch-onkologischen Versorgung konzipiert wurde, definiert fünf zentrale<br />

Komponenten eines Gesprächs (Kommunikationsziele, Kommunikationsstrategien,<br />

Kommunikationstechniken, Prozessaufgaben sowie kognitive Beurteilungen) und<br />

adressiert Basisfertigkeiten sowie kommunikative Herausforderungen im Rahmen<br />

spezifischer Gesprächsanlässe.<br />

Abstract: Communication with seriously<br />

ill patients – more than just breaking bad news<br />

In the context of palliative care, specific communication strategies and techniques are<br />

needed to adequately meet the special challenges of the palliative care situation. Successful<br />

communication is characterized by criteria of patient-centeredness and can positively<br />

influence important parameters of patients, caregivers, and clinicians. These parameters<br />

include informed and shared decision making, a trustful relationship with the treatment<br />

team, improved knowledge and understanding of prognosis, improved treatment adherence<br />

and coping with difficult treatment decisions, and increased patient satisfaction and<br />

quality of life of patients and caregivers. Communication skills can be learned and reinforced<br />

in communication courses. The COMSKIL training program, which was developed<br />

for various professional groups in medical oncology care, defines five central components<br />

of a professional conversation (communication goals, communication strategies, communication<br />

techniques, process tasks, and cognitive assessments) and addresses basic skills<br />

as well as communicative challenges in the context of specific conversation occasions.<br />

und äussern sich gleichzeitig sehr abwertend<br />

gegenüber anderen Behandlern. Die<br />

Beziehungsgestaltung dieser Patienten ist<br />

meist durch rasche Stimmungswechsel<br />

und eine intensive Emotionalität gekennzeichnet.<br />

Diese Patienten profitieren von<br />

einem hohen Mass an Strukturiertheit, Geduld,<br />

Zuverlässigkeit und einer geschützten<br />

Atmosphäre in der Kommunikation.<br />

Zusammenfassung<br />

Eine gute Kommunikation hat positive<br />

Auswirkungen auf die Zufriedenheit, Therapieadhärenz<br />

und die Lebensqualität von<br />

Patienten und ihren Angehörigen. Im Verlauf<br />

der Erkrankung erleben Patienten wie<br />

Angehörige häufig psychische Belastungen<br />

und emotionale Stimmungswechsel.<br />

Dazu gehören Unsicherheit und Angst vor<br />

Fortschreiten der Erkrankung, Traurigkeit,<br />

Sorgen, Hilflosigkeit, Frustration und<br />

Ärger, aber auch interpersonelle Schwierigkeiten<br />

oder Rollenkonfusion. Die Erwartungen<br />

an die Kommunikation mit<br />

dem Arzt und Behandlungsteam wird darüber<br />

hinaus auch durch Rollen und Einstellungen,<br />

das grundlegende Verständnis<br />

von Krankheit und Gesundheit, den kulturellen<br />

Hintergrund und andere Parameter,<br />

die nicht zwingend mit medizinischen<br />

Fragen in Zusammenhang stehen, beeinflusst.<br />

Neben einer empathischen und patientenzentrierten<br />

inneren Haltung sind<br />

kommunika tive Fertigkeiten sinnvoll und<br />

nützlich, um den kommunikativen Herausforderungen<br />

in der palliativen Versorgung<br />

angemessen zu begegnen.<br />

Prof. Dr. Anja Mehnert-Theuerkauf<br />

Abteilung für Medizinische Psychologie und<br />

Medizinische Soziologie<br />

Medizinische Fakultät<br />

Universitätsklinikum Leipzig<br />

Philipp-Rosenthal-Strasse 55<br />

04103 Leipzig<br />

Deutschland<br />

anja.mehnert@medizin.uni-leipzig.de<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 55


Perspektiven<br />

Literatur<br />

[1] Rodin G, Zimmermann<br />

C. Psychoanalytic reflections on<br />

mortality: A reconsideration. <strong>Journal</strong><br />

of the American Academy Psychoanalysis<br />

and Dynamic Psychiatry.<br />

2008;36:181 – 96.<br />

[2] Stiefel F, Kiss A, Salmon<br />

P, Peters S, Razavi D, Cervantes A,<br />

et al. Training in communication of<br />

oncology clinicians: a position paper<br />

based on the third consensus<br />

meeting among European experts<br />

in 2018. Ann Oncol.<br />

2018;29:2033 – 6.<br />

[3] Levin TT, Wiesenthal A.<br />

Talking about dying: End-of-life<br />

communication training. In:<br />

Kissane DW, Bultz BD, Butow PN,<br />

Bylund CL, Noble S, Wilkinson S,<br />

eds. Oxford Textbook of Communication<br />

in Oncology and Palliative<br />

Care. 2nd ed. Oxford: Oxford University<br />

Press; 2017. 139 – 148.<br />

[4] Arnold RM, Back AL,<br />

Baile WF, Edwards KA, Tulsky JA.<br />

The Oncotalk / Vitaltalk model. In:<br />

Kissane DW, Bultz BD, Butow PN,<br />

Bylund CL, Noble S, Wilkinson S,<br />

eds. Oxford Textbook of Communication<br />

in Oncology and Palliative<br />

Care. 2nd ed. Oxford: Oxford University<br />

Press; 2017. 363 – 8.<br />

[5] Stiefel F, Bernhard J, Bianchi<br />

G, Dietrich L, Hürny C, Kiss<br />

A, et al. The Swiss model. In:<br />

Kissane DW, Bultz BD, Butow PN,<br />

Bylund CL, Noble S, Wilkinson S,<br />

eds. Oxford Textbook of Communication<br />

in Oncology and Palliative<br />

Care. 2nd ed. Oxford: Oxford University<br />

Press; 2017. 369 – 74.<br />

[6] Bylund CL, Brown R,<br />

Gueguen JA, Diamond C, Bianculli<br />

J, Kissane DW. The implementation<br />

and assessment of a comprehensive<br />

communication skills training curriculum<br />

for oncologists. Psychooncology.<br />

2011;19:583 – 93.<br />

[7] Hartung TJ, Kissane D,<br />

Mehnert A. COMSKIL Communication<br />

Training in Oncology-Adaptation<br />

to German Cancer Care Settings.<br />

Recent Results Cancer Res.<br />

2018;210:191 – 205.<br />

[8] Mehnert A, Lehmann C,<br />

Koch U. Schwierige<br />

Gesprächssitua tionen in der<br />

Arzt-Patient-Interaktion. Bundesgesundheitsbl.<br />

2012;55:1134 – 43.<br />

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Wir können Ärztinnen und Ärzten einiges bieten, weil wir sie gut verstehen.<br />

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56<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Der besondere Ort<br />

Die Gärten von Étretat –<br />

auf den Spuren von Monet<br />

Anna Wang, Redaktionsmitglied <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bild: zvg; Fotos Étetat von Anna Wang<br />

Wer auf der Suche nach<br />

neuen Reisezielen ist<br />

und sich für impressionistische<br />

Kunst interessiert,<br />

sollte definitiv die Normandie<br />

in Betracht ziehen.<br />

Nicht umsonst ist die Normandie<br />

neben Paris ein Reiseziel für Kunstbegeisterte.<br />

Hier ist es mehr als einfach, auf den<br />

Spuren der Impressionisten zu wandeln<br />

und einige der schönsten Sehenswürdigkeiten<br />

Frankreichs zu entdecken. Man<br />

wird sich schnell in die Maler hineinversetzen<br />

können und verstehen, warum<br />

berühmte Künstler wie Degas oder Monet<br />

von dieser Landschaft fasziniert waren.<br />

Möchte man bei einem Urlaub in<br />

der Normandie den Schwerpunkt auf die<br />

Kunst setzen, kann man die Reise nach<br />

der Route der Impressionisten planen.<br />

Fixpunkte auf dieser Route sind zum<br />

Beispiel: Le Havre, Giverny, Honfleur,<br />

Rouen, Étretat, Deauville, Trouville,<br />

Barfleur, Dieppe, Fécamp und Caen.<br />

Ein besonderer Ort in der Normandie<br />

ist definitiv Étretat. Bereits Namen wie<br />

Courtine, Manneporte, Falaises d’Aval et<br />

d’Amont, der Vaudieu-Felsen oder die<br />

Nadel von Belval sind vielversprechend.<br />

So poetisch sind die gewaltigen Felsklippen<br />

der Steilküste von Étretat<br />

benannt, die die Wellen aus dem Kreideund<br />

Feuerstein geformt haben.<br />

Das schöne Gemälde der Felsen von<br />

Étretat von Monet wird auf einmal zu<br />

einer berauschenden Szenerie. Die salzige<br />

Luft, die Schreie der Möwen und der<br />

Blick auf die kreideweissen Felsklippen<br />

sind unvergesslich. Ob man nun am<br />

Strand oder auf den Felsklippen spaziert,<br />

die strahlend weisse Steilküste ist immer<br />

ein wunderschöner Anblick. Die beste<br />

Aussicht auf die Felsenklippen hat man<br />

definitiv von den Gärten von Étretat aus.<br />

Die Gärten beherbergen eine Sammlung<br />

Aussicht von den Gärten von Étretat auf die Kreidefelsen.<br />

zeitgenössischer Kunst, die sich perfekt<br />

in die Architektur des Gartens einfügt.<br />

Das Werk menschlicher Hände verbindet<br />

sich harmonisch mit der Natur.<br />

Die Normandie ist eine Quelle von<br />

Kreativität und Treffpunkt wichtiger<br />

Künstler. So hat beispielsweise Christian<br />

Dior seine Kindheit in der Normandie<br />

verbracht und bei seinem Geburtshaus<br />

einen Rosengarten angelegt. Die Rosen<br />

wurden später zur wichtigsten Inspirationsquelle<br />

seiner Mode.<br />

Die Normandie ist eine Schatzkiste an<br />

Entdeckungen. Auch kulinarisch kommt<br />

man nicht zu kurz. Was bietet die Normandie<br />

ausser gutem, klassisch franzö sischem<br />

Essen Spezielles? Austern! Deren Liebhaber<br />

sind hier genau richtig. In den flachen<br />

Tidengewässern der Normandie herrschen<br />

exzellente Zuchtbedingungen für Austern.<br />

Wer also Austern geniessen möchte,<br />

kann dies zum Beispiel in Restaurants wie<br />

dem Pillet-Saiter oder La Belle Ostréa<br />

(beide mit eigenem Zucht betrieb) und<br />

an der Alabasterküste tun.<br />

Lust auf Ferien der kreativen Art?<br />

Ab in die Normandie!<br />

Die Gärten von Étretat.<br />

Anna Wang<br />

ist seit 2018 Redaktionsmitglied<br />

des <strong>vsao</strong><br />

<strong>Journal</strong>s. Sie arbeitet<br />

als Oberärztin in der<br />

Klinik für Plastische<br />

Chirurgie und Handchirurgie<br />

im Kantonsspital<br />

Aarau und ist zudem Präsidentin<br />

der VSAO-Sektion Zürich / Schaffhausen.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 57


mediservice<br />

Briefkasten<br />

Was sind die Unterhaltskosten<br />

bei einem Auto?<br />

Ich möchte mir gerne ein Auto<br />

anschaffen. Wie hoch fallen die<br />

Unterhaltskosten aus? Und was<br />

fällt alles darunter?<br />

Üblicherweise rechnet man in der<br />

Schweiz mit rund CHF 10 000.– Unterhaltskosten<br />

pro Jahr. Der Unterhalt eines<br />

Autos teilt sich dabei in die sogenannten<br />

Fixkosten und die Betriebskosten auf.<br />

Fixkosten<br />

Neben dem einmaligen Kaufpreis für das<br />

Fahrzeug gibt es fixe Unterhaltskosten,<br />

die Sie ganz einfach kalkulieren können:<br />

• Abschreibung:<br />

Ihr Auto verliert täglich an Wert.<br />

Üblicherweise wird mit einer Abschreibung<br />

von zirka 10 Prozent pro Jahr<br />

gerechnet – bei älteren Fahrzeugen<br />

weniger, bei Neuwagen deutlich mehr.<br />

Den grössten Wertverlust hat Ihr Auto<br />

in den ersten Jahren.<br />

• Leasingkosten:<br />

Ist Ihr Auto geleast oder mit einem<br />

Kredit gekauft, bezahlen Sie eine<br />

monatliche Rate.<br />

• Verkehrssteuer:<br />

Für Ihr Auto müssen Sie eine jährliche<br />

Steuer bezahlen. Diese ist von Kanton<br />

zu Kanton unterschiedlich und abhängig<br />

von Leistung, Gewicht und<br />

Hubraum.<br />

• Autobahnvignette:<br />

Wenn Sie auf der Autobahn unterwegs<br />

sind, brauchen Sie die Vignette. Diese<br />

kostet CHF 40.– pro Jahr.<br />

• Parkplatz:<br />

Ihr Auto benötigt einen Parkplatz.<br />

Zu Hause und bei der Arbeit. Und der<br />

verursacht ebenfalls Kosten.<br />

• Pflege:<br />

Waschen, saugen, Öl wechseln – Ihr<br />

Auto möchte regelmässig gepflegt<br />

werden. Die Kosten dafür sollten Sie<br />

einberechnen.<br />

• Versicherung:<br />

Die Haftpflichtversicherung ist in der<br />

Schweiz obligatorisch und stellt eine<br />

Voraussetzung für die Zulassung Ihres<br />

Autos dar. Die meisten entscheiden<br />

sich auch für eine Teilkasko- oder<br />

Vollkaskoversicherung. Gerade bei<br />

Neuwagen ist eine Vollkaskoversicherung<br />

sinnvoll. Bei Leasingwagen meist<br />

sogar ein Muss.<br />

Betriebskosten<br />

Zu den fixen kommen noch variable<br />

Unterhaltskosten eines Autos, die<br />

abhängig davon sind, wie viel Sie fahren:<br />

• Treibstoff:<br />

Benzin? Diesel? Oder sogar Elektro? Für<br />

welchen Antrieb Sie sich auch entscheiden,<br />

eines gilt immer: Je mehr Sie<br />

fahren, desto mehr müssen Sie für<br />

Treibstoff ausgeben. Die Kosten dafür<br />

schwanken stark.<br />

• Reifen:<br />

Nach ungefähr 30 000 km müssen Sie<br />

die Reifen wechseln. Und die Kosten<br />

für den Wechsel von Sommer- zu<br />

Winterreifen und deren Lagerung<br />

sollten Sie auch nicht vergessen.<br />

• Service und Reparaturen:<br />

So unterschiedlich Serviceleistung,<br />

Abgaswartung oder Reparaturen auch<br />

sind – durchschnittlich sollten Sie<br />

Bilder: zvg<br />

58<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

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Natürlich sind nicht nur die Kaufpreise,<br />

sondern auch die Unterhaltskosten eines<br />

Autos sehr unterschiedlich. Und vor<br />

allem abhängig vom Fahrzeugmodell.<br />

Patrick Süsstrunk,<br />

Digital Specialist Allianz Suisse<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 59


mediservice<br />

Vertragen<br />

sich Hypothek<br />

und Rente?<br />

Nach der Pensionierung das eigene Haus geniessen,<br />

sich dem Garten widmen – so die Vorstellung vieler Wohneigentümerinnen<br />

und -eigentümer. Doch kann man sich die Hypothek für das<br />

Eigenheim auch mit der Rente noch leisten?<br />

Martin Hügin, Communication Manager, Helvetia Versicherungen<br />

Bilder: Adobe Stock; zvg<br />

60<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

Wer mitten im Berufsleben<br />

steht, hat sich an sein regelmässiges<br />

Einkommen<br />

gewöhnt. Sogar die Finanzierung<br />

des Eigenheims ist gelungen, und<br />

die Hypothekarzinsen passen auch ins<br />

Budget. Wer keine böse Überraschung erleben<br />

will, muss sich jedoch rechtzeitig<br />

Gedanken machen für die Zeit nach der<br />

Pensionierung. Denn dann wird sich das<br />

regelmässige Alterseinkommen in der Regel<br />

aus der AHV-Rente und einer Pensionskassenrente<br />

zusammensetzen. Meist<br />

wird so nicht viel mehr als rund 60 Prozent<br />

des vorherigen Einkommens erreicht.<br />

Vielleicht steckt auch bereits ein<br />

Teil des Altersguthabens aus der Pensionskasse<br />

im Eigenheim. Und spätestens<br />

jetzt meldet sich der Hypothekargeber.<br />

Tragbarkeit der Hypothek berechnen<br />

Damit eine Hypothek gewährt wird, müssen<br />

die Kosten dafür tragbar sein. Die<br />

Bank beziehungsweise der Hypothekargeber<br />

sieht daher eine Obergrenze vor für<br />

Hypothekarzinsen, Liegenschaftsunterhalt<br />

und Amortisation der Hypothek. Maximal<br />

ein Drittel des aktuellen Einkommens<br />

sollen die Kosten dafür betragen.<br />

Reduziert sich jetzt mit der Pensionierung<br />

das Einkommen, wird die Bank aufgrund<br />

der tieferen Einkünfte nachrechnen. Sind<br />

die Kosten jetzt höher als ein Drittel des<br />

Alterseinkommens, wird sie eine Reduktion<br />

der Hypothek verlangen, damit diese<br />

wieder tragbar ist. Gut, wer darauf vorbereitet<br />

ist. Zusätzlich angespartes Vorsorgekapital<br />

aus der dritten Säule kann da<br />

erheblich mithelfen.<br />

Das Timing ist entscheidend<br />

Oft werden Hypotheken in eine erste und<br />

eine zweite Tranche aufgeteilt. Die zweite<br />

Hypothek ist meistens innert 15 Jahren zu<br />

amortisieren. Passiert das rechtzeitig vor<br />

der Pensionierung, reduziert sich dadurch<br />

die Hypothekarbelastung. Wurde richtig<br />

geplant, ist sie dann tiefer als ein Drittel<br />

des Alterseinkommens.<br />

ziert werden. Die finanzielle Belastung<br />

stimmt wieder, sodass die eigenen vier<br />

Wände nicht gefährdet sind.<br />

Vorausschauend planen<br />

Das Leben hat Chancen und Risiken. Es<br />

empfiehlt sich, gemeinsam mit einer<br />

Fachperson die individuell passende Vorsorgelösung<br />

zu besprechen, damit Sie Ihr<br />

Wohneigentum finanziell absichern und<br />

auch nach der Pensionierung unbeschwert<br />

geniessen können.<br />

Todesfall berücksichtigen<br />

Bei Paaren fasst man beide Alterseinkommen<br />

zum Haushaltseinkommen zusammen.<br />

Gemeinsam kann damit die Hypothek<br />

finanziert werden. Stirbt nun die<br />

Partnerin oder der Partner, fällt ein Teil<br />

des gemeinsamen Einkommens weg.<br />

Auch hier wird die Ein-Drittel-Regel neu<br />

überprüft. Mit einer passenden Todesfallversicherung<br />

kann die Hypothek redumediservice<br />

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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 61


mediservice<br />

Sorgenfrei verreisen –<br />

dank Reiseversicherung<br />

Die Ferien sollen zur schönsten Zeit des Jahres werden.<br />

Was aber, wenn Sie unterwegs ernsthaft erkranken und medizinische<br />

Betreuung benötigen? Packen Sie eine Reiseversicherung ins Gepäck,<br />

die hilft, wenn es darauf ankommt. So geniessen Sie Ihre Ferien<br />

noch unbeschwerter.<br />

Stephan Fischer, Redaktor Visana<br />

Bild: Adobe Stock<br />

62<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

Eine Reiseversicherung hilft,<br />

wenn Ihnen in den Ferien etwas<br />

Unvorhergesehenes widerfährt.<br />

Dies kann jeden und jede<br />

treffen, darum ist eine Reiseversicherung<br />

grundsätzlich für alle empfehlenswert.<br />

Sie hilft bei:<br />

– medizinischen Notfällen. Das ist besonders<br />

wichtig, da die Gesundheitskosten<br />

in einigen Ländern sehr hoch<br />

sind und nicht vollständig durch die<br />

Grundversicherung gedeckt sind.<br />

– Reiseabbruch und Annullierung. Unvorhersehbare<br />

Ereignisse können dazu<br />

führen, dass Ferien frühzeitig abgebrochen<br />

oder ganz abgesagt werden müssen.<br />

Reiseversicherungen übernehmen<br />

die Kosten der Stornierung ganz oder<br />

teilweise (Kleingedrucktes lesen!).<br />

– Verlust, Diebstahl oder Beschädigung<br />

von Gepäck. Die meisten Reiseversicherungen<br />

decken die entstehenden<br />

Kosten (z. B. für das Sperren und<br />

den Ersatz von Kreditkarten).<br />

– Rechtsstreitigkeiten im Ausland. Viele<br />

Reiseversicherungen beinhalten eine<br />

Rechtsschutzversicherung, die weltweit<br />

gültig ist.<br />

Gut zu wissen: Kreditkarte und<br />

Hausratversicherung bieten oft<br />

Reiseschutz<br />

Viele Kreditkarten beinhalten eine Reiseversicherung.<br />

Hier lohnt sich ein Blick auf<br />

die Leistungen des Kreditkartenanbieters.<br />

Auch die eigene Hausratversicherung<br />

kann einen Reiseschutz bieten. Bei beiden<br />

gilt: rechtzeitig vor den Ferien abklären<br />

und eine Doppeldeckung vermeiden.<br />

Sommerferien versus mehrmonatigen<br />

Auslandaufenthalt<br />

Für die vierwöchigen Surfferien in Portugal<br />

reicht in aller Regel eine klassische<br />

Reiseversicherung. Wie sieht es aber bei<br />

einem mehrmonatigen Sprachaufenthalt<br />

im Ausland oder bei einer einjährigen<br />

Weltreise aus? In diesen Fällen lohnt sich<br />

der Abschluss einer Langfrist-Versicherung,<br />

die Ihren Rundumschutz für acht,<br />

zehn oder zwölf Monate bietet.<br />

Tipp für Reisen über ein Jahr<br />

Der Versicherungsschutz einer Langfrist­<br />

Versicherung beträgt maximal zwölf Monate.<br />

Unser Tipp, wenn Sie länger als ein<br />

Jahr unterwegs sind: Kehren Sie nach elf<br />

Monaten kurz in die Schweiz zurück,<br />

schliessen Sie eine neue Reiseversicherungspolice<br />

(Langfrist-Versicherung) ab<br />

und verreisen Sie dann wieder. So sind Sie<br />

stets optimal versichert.<br />

Sicher in die Ferien mit der Reiseversicherung Vacanza –<br />

und mit etwas Glück sogar mit neuem Reisegepäck<br />

Dank der Reiseversicherung Vacanza von Visana geniessen Sie Ihre Ferien im Ausland<br />

einfach und unbeschwert. In den Zusatzversicherungen Ambulant, Spital oder Basic von<br />

Visana ist dieser umfassende Schutz bereits acht Wochen pro Jahr kostenlos mit dabei.<br />

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin, und gewinnen Sie ein Victorinox-Reisegepäck<br />

im Wert von 500 Franken. Wir wünschen Ihnen viel Glück und schöne Ferien!<br />

Réseau de l’Arc – ein neues Zeitalter<br />

Visana, Swiss Medical Network und der Kanton Bern entwickeln die neue Gesundheitsorganisation<br />

Réseau de l’Arc. Per 1. Januar 2024 lanciert Visana im Jurabogen als erster<br />

Krankenversicherer der Schweiz ein neues Grundversicherungsmodell für eine integrierte<br />

Versorgung – eine Pionierleistung im Schweizer Gesundheitssystem. Mit der<br />

neuen Gesundheitsorganisation Réseau de l’Arc spannen Leistungserbringer, Kanton<br />

und Versicherer erstmals zusammen und stellen die Gesunderhaltung anstelle der medizinischen<br />

Überversorgung der Patientinnen und Patienten in den Fokus. Durch die<br />

gemeinsame Verantwortung für eine ganzheitliche Patientenbetreuung wirtschaftet die<br />

Gesundheitsorganisation mit den ihr zur Verfügung stehenden Versicherungsprämien.<br />

Somit wird ein Anreizsystem geschaffen, mit dem alle medizinischen Leistungen kosteneffizient<br />

und die medizinische Versorgung mit hoher Qualität erbracht werden.<br />

www.reseaudelarc.net<br />

Exklusive Prämienrabatte<br />

auf die Zusatzversicherungen<br />

Dank der Partnerschaft zwischen<br />

mediservice <strong>vsao</strong>-asmac und Visana<br />

erhalten Sie und alle Mitglieder in<br />

Ihrem Haushalt 10 Prozent Kollektivrabatt<br />

auf die Spitalzusatzversicherung<br />

von Visana.<br />

Unser Geschenk für Sie: Coop-Gutschein<br />

im Wert von 30 Franken<br />

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin,<br />

und erhalten Sie als Dankeschön<br />

einen Coop-Gutschein im Wert von<br />

30 Franken. Gerne beraten wir Sie in<br />

einer Visana-Agentur oder bei Ihnen<br />

zu Hause. So erreichen Sie uns:<br />

Visana Services AG<br />

Weltpoststrasse 19<br />

3000 Bern 16<br />

Telefon 0848 848 899<br />

www.visana.ch/ms-<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 63


Medpension<br />

Mit modularen<br />

Vorsorgelösungen gegen<br />

den Fachkräftemangel<br />

Um Fachkräfte für medizinische Praxen zu gewinnen und<br />

langfristig zu binden, spielt die berufliche Vorsorge<br />

eine Schlüsselrolle. Eine neue Generation von Vorsorgeplänen erweitert<br />

die Spielräume zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.<br />

Adrian Leiggener, Leiter Vertrieb, Marketing und Kommunikation Medpension<br />

Untersuchungen zeigen, dass ge ­<br />

rade bei medizinischen Leistungserbringern,<br />

bei denen der<br />

Fachkräftemangel besonders<br />

ausgeprägt ist, eine fortschrittliche berufliche<br />

Vorsorge die Attraktivität des Praxisbetriebs<br />

für bestehende und künftige Mitarbeitende<br />

massgeblich stärkt. Im Vorteil sind<br />

dabei jene Vorsorgeeinrichtungen, die flexible<br />

Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Modular<br />

aufgebaute Vorsorgepläne berücksichtigen<br />

die Bedürfnisse des jeweiligen<br />

Praxisbetriebs:<br />

– Lebenssituationen der Praxisbelegschaft<br />

– Unterschiedliche Beschäftigungsgrade<br />

der Mitarbeitenden<br />

– Einkommensstruktur des Praxispersonals<br />

– Altersstruktur der Mitarbeitenden<br />

Arbeitgeberattraktivität durch<br />

Gestaltungsfreiheit in der beruflichen<br />

Vorsorge<br />

Zentrales Element einer Pensionskassenlösung<br />

ist der jeweilige Vorsorgeplan. Dieser<br />

bestimmt die Leistungen der beruflichen<br />

Vorsorge sowie die Arbeitnehmenden- und<br />

Arbeitgeberanteile der Risikoprämien und<br />

der Altersgutschriften (Sparbeiträge für die<br />

Altersvorsorge). Individualität in der beruflichen<br />

Vorsorge lässt sich dann erzielen,<br />

wenn Sie bei den Vorsorgeplänen Wahlmöglichkeiten<br />

haben.<br />

Flexible Vorsorgelösungen tragen dazu<br />

bei, das Vertrauen und die Bindung von<br />

Fachkräften zu erhöhen sowie langfristige<br />

Beziehungen aufzubauen. Gleichzeitig ermöglichen<br />

sie den Mitarbeitenden, ihre finanzielle<br />

Zukunft aktiv zu gestalten und<br />

auf Veränderungen in ihrer Lebenssituation<br />

flexibel zu reagieren.<br />

64<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Medpension<br />

Ratgeber «Wie modulare Vorsorgepläne<br />

die Arbeitgeberattraktivität<br />

steigern»<br />

Der Ratgeber von Medpension vermittelt<br />

selbständig erwerbenden Praxisinhaberinnen<br />

und -inhabern sowie der Praxisleitung<br />

eine wichtige Wissensgrundlage,<br />

um ihre Attraktivität als Arbeitgebende<br />

nachhaltig zu steigern. Sie erhalten den<br />

Rat geber kostenlos unter: medpension.ch/<br />

blog-news/arbeitgeberattraktivitaet.<br />

Medpension führt per 1. Januar<br />

2024 neue Vorsorgepläne ein<br />

Die neuen Vorsorgepläne von Medpension<br />

lassen sich auf die Erfordernisse der<br />

jeweiligen Lebenssituation abstimmen.<br />

Sie haben eine Auswahl von mehreren Plänen<br />

und stellen dabei diejenigen Module<br />

zusammen, welche Ihren Bedürfnissen<br />

und denjenigen Ihrer Mitarbeitenden am<br />

besten entsprechen. Sei es für das Alterssparen<br />

oder für die zu versichernden Risiken<br />

Tod und Invalidität.<br />

Die Anpassungen der Sparmöglichkeiten<br />

auf einen Blick<br />

– Sie haben die Wahl zwischen fünf Vorsorgeplänen<br />

– Bereits ab Alter 20 kann für die zweite<br />

Säule angespart werden<br />

– Mit der Option «Sparen +» können die Altersgutschriften<br />

um 1,0 % erhöht werden<br />

– Der Kombiplan bietet die Möglichkeit,<br />

Jahreslöhne ab CHF 88 200 in einer höheren<br />

Sparskala zu versichern<br />

– Freiwillige Sparbeiträge (Wahlpläne) ermöglichen<br />

der versicherten Person, zusätzlich<br />

zu sparen<br />

Höhe des<br />

Todesfallkapitals<br />

Optionale<br />

Versicherung der<br />

Rückgewähr des<br />

Alterskapitals<br />

Höhe der<br />

Ehegatten- oder<br />

der Lebenspartnerrente<br />

Höhe der<br />

Invalidenrente<br />

Erforderliche flexible Parameter bei einer idealen Struktur der Vorsorgepläne.<br />

Für weiterführende<br />

Informationen<br />

Medpension <strong>vsao</strong> asmac<br />

Brunnhofweg 37, Postfach 319<br />

3000 Bern 14, Tel. 031 560 77 77<br />

info@medpension.ch<br />

www.medpension.ch<br />

Höhe des<br />

Koordinationsabzugs<br />

und der<br />

Eintrittsschwelle<br />

Modulare<br />

Vorsorgepläne<br />

mit flexiblen<br />

Parametern<br />

Variables<br />

Finanzierungsverhältnis<br />

Sparbeiträge auch<br />

für jüngere<br />

Arbeitnehmende<br />

Erhöhte<br />

Sparbeiträge für<br />

Lohnanteile über<br />

dem BVG-<br />

Obligatorium<br />

Zusätzliche,<br />

freiwillige<br />

Sparbeiträge<br />

Erweiterung der Risiko- und der<br />

anwartschaftlichen Leistungen<br />

– Für die Risiken Tod und Invalidität kommen<br />

neue, attraktive Prämientarife zur<br />

Anwendung<br />

– Neu kann das Zusatz-Todesfallkapital bis<br />

maximal CHF 500 000 versichert werden<br />

– Variable Ehegatten- oder Lebenspartnerrente<br />

und Kinderrenten, je nach Absicherungsbedarf<br />

– Rückgewähr des restlichen Altersguthabens<br />

während der ersten zehn Jahre<br />

nach der Pensionierung<br />

Wir haben für Sie eine Webseite zu den<br />

neuen innovativen Vorsorgeplänen mit<br />

weiterführenden Informationen zusammengestellt.<br />

Unter anderem finden Sie dazu<br />

auch hilfreiche Erklärvideos:<br />

www.medpension.ch/vorsorgeplaene-neu<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 4/23 65


Impressum<br />

Kontaktadressen der Sektionen<br />

<strong>Nr</strong>. 4 • 42. Jahrgang • <strong>August</strong> <strong>2023</strong><br />

Herausgeber/Verlag<br />

AG<br />

VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />

Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 350 44 88<br />

journal@<strong>vsao</strong>.ch, journal@asmac.ch<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch, www.asmac.ch<br />

Im Auftrag des <strong>vsao</strong><br />

Redaktion<br />

Regula Grünwald (Chefredaktorin),<br />

Maya Cosentino, Kerstin Jost, Fabian Kraxner,<br />

Bianca Molnar, Patricia Palten, Léo<br />

Pavlopoulos, Lukas Staub, Tharshika<br />

Thavayogarajah, Anna Wang<br />

Geschäfts ausschuss <strong>vsao</strong><br />

Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz<br />

(Vizepräsidentin), Severin Baerlocher,<br />

Christoph Bosshard (Gast), Clara Ehrenzeller<br />

(swimsa), Marius Grädel, Richard<br />

Mansky, Gert Printzen, Svenja Ravioli,<br />

Patrizia Rölli, Martin Sailer, Jana Siroka<br />

Druck, Herstellung und Versand<br />

Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,<br />

Wölflistrasse 1, 3001 Bern<br />

Telefon +41 31 300 66 66<br />

info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />

Layout<br />

Oliver Graf<br />

Titelillustration<br />

Stephan Schmitz<br />

Inserate<br />

Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />

Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />

Telefon 044 928 56 53<br />

E-Mail <strong>vsao</strong>@fachmedien.ch<br />

Auflagen<br />

Druckauflage: 22 500 Expl.<br />

WEMF/KS-Beglaubigung 2022: 21 679 Expl.<br />

Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />

Für <strong>vsao</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />

inbegriffen.<br />

ISSN 1422-2086<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 5/<strong>2023</strong> erscheint im<br />

Oktober <strong>2023</strong>. Thema: Sprache<br />

© <strong>2023</strong> by <strong>vsao</strong>, 3001 Bern<br />

Printed in Switzerland<br />

BL/BS<br />

VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />

lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />

4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />

sekretariat@<strong>vsao</strong>-basel.ch, www.<strong>vsao</strong>-basel.ch<br />

BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />

info@<strong>vsao</strong>-bern.ch, www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />

FR<br />

ASMAC Sektion Freiburg, Rue du Marché 36, 1630 Bulle,<br />

presidence@asmaf.ch<br />

GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />

Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch<br />

GR<br />

JU<br />

NE<br />

VSAO Sektion Graubünden, Kornplatz 2, 7000 Chur, Samuel B. Nadig,<br />

lic. iur. HSG, RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55,<br />

info@<strong>vsao</strong>-gr.ch, www.<strong>vsao</strong>-gr.ch<br />

ASMAC Sektion Jura, Bollwerk 10, 3001 Bern, sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch<br />

Tel. 031 350 44 88<br />

ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,<br />

Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />

Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />

SG/AI/AR VSAO Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />

9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />

surber@anwaelte44.ch<br />

SO<br />

TI<br />

TG<br />

VD<br />

VS<br />

VSAO Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />

segretariato@asmact.ch<br />

VSAO Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />

asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />

ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />

Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />

Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />

VSAO Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ZH/SH<br />

VSAO ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />

Geschäftsführerin, Nordstrasse 15, 8006 Zürich, Tel. 044 941 46 78,<br />

susanne.hasse@<strong>vsao</strong>-zh.ch, www.<strong>vsao</strong>-zh.ch<br />

Publikation<strong>2023</strong><br />

FOKUSSIERT<br />

KOMPETENT<br />

TRANSPARENT<br />

Gütesiegel Q-Publikation<br />

des Verbandes Schweizer Medien<br />

66<br />

4/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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D: Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren: 1x täglich 1 Brausetablette oral. KI: Niereninsuffizienz, AV-Block, Exsikkose. IA: Tetracycline, Eisensalze, Cholecalciferol.<br />

UW: Gelegentlich Durchfall. P: 20 und 60 Brausetabletten. VK: Liste D. 04/2020. Kassenpflichtig. Ausführliche Informationen unter www.swissmedicinfo.ch.<br />

Andreabal AG, Binningerstrasse 95, 4123 Allschwil, Tel. 061 271 95 87, Fax 061 271 95 88 www.andreabal.ch


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