Diplomarbeit - E-Beratungsjournal

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Intervention des Beraters in die Absurdität führen könnte, weil sie dann für den Klienten gar nicht mehr relevant ist. Ein erheblich großes Potential virtueller dreidimensionaler Räume könnte für den gesamten Bereich der Methodik, insbesondere auch der aktionsorientierten Methoden systemischer Praxis, angenommen werden. Wagner (2006) definiert für virtuelle Umgebungen die wesentliche Funktion der dreidimensionalen Informationsgebung. Diese Orte können die visuelle Erkenntnis fördern, indem sie Möglichkeiten bieten, Gegenstände und Prozesse räumlich darzustellen, direkt zu bearbeiten und wie in einem Laboratorium synthetisch zu erzeugen. Dadurch eignen sie sich besonders für die Ausführung konstruktiver und gestalterischer Aufgaben und für die Nachahmung von komplexen Prozessen und Phänomenen (S.211-212.). Überträgt man diese Annahme auf die beraterische Praxis, so erscheint die Verwendung von aktionsorientierten und gestalterischen Methoden im virtuellen Raum als nahezu grenzenlos. Da im virtuellen Raum auch die physisch bedingten Grenzen der realen Welt nicht existieren, gerade auch im Hinblick auf den möglichen und machbaren Einsatz derartiger Methoden im Beratungssetting, könnte dieser zu einer phantasievollen Bereicherung methodischen Handelns anregen. Dass Phantasie bei der Gestaltung des Beratungssettings ein guter Wegbegleiter sein könnte, zeigt sich in der Gestaltung der virtuellen Beratungsambulanz. Denn in dem Versuch, durch die Gestaltung mehrerer auswählbarer Beratungsumgebungen ein offeneres Beratungssetting zu entwerfen, als dies in realen Raum möglich wäre, hat man vielleicht auch bei Klienten einen durchaus erwünschten Effekt erzeugt, wenn auch unbeabsichtigt. Um diesen zu verstehen, muss die Frage gestellt werden, warum suchen Menschen überhaupt eine Beratung auf? Anzunehmen ist, dass sie einerseits einen durch ein Problem erzeugten Leidensdruck haben und andererseits keine, oder als zu gering bewertete Möglichkeiten sehen, selbst etwas am problematischen Zustand zu ändern. Überspitzt ließe sich in Anlehnung an Haselmann (2008, vgl. Kap.2.3.) sagen, diese Menschen sehen sich selbst in einer Wirklichkeit, die durchzogen ist vom Denken 78

in Schicksalen, entstanden durch die eigene Vergangenheit, der Zuschreibung von Zuständen und der Unendlichkeit und Unveränderlichkeit der jetzigen Problemsituation. Diese eher zur Passivität verleitenden Merkmale gilt es in der systemisch- konstruktivistischen Arbeit in aktivere Formen zu überführen. Der Ratsuchende wird im Gespräch durch die Betonung auf konkrete Handlungen und Tätigkeiten, die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen und der Darstellung der Problemsituation als ein vorübergehendes Phänomen, dazu angeregt, alternative Wirklichkeitskonstruktionen und neue Möglichkeitssichten sowie das Gefühl für die Handhabbarkeit des Problems zu entwickeln. Und genau dies wird dem Klienten in der virtuellen Beratungsambulanz unterschwellig bereits zu Beratungsbeginn suggeriert, ohne das Problem beziehungsweise den eigentlichen Beratungsanlass bereits zu kennen. Das mag etwas weit hergeholt erscheinen, aber letztlich bleibt doch festzuhalten, dass die Auswahl eines Beratungssettings aus den drei angebotenen Beratungsumgebungen durch den Klienten selbst, bereits an dieser Stelle ein Denken erzeugen könnte, das im Klienten das Gefühl des „entscheiden Könnens“ und „aus mehreren Optionen auswählen Könnens“ hervorruft. Auch die zeitliche Organisation des Beratungsangebotes steht im virtuellen Raum dem Real Life um nichts nach. Termine und sinnvolle Abstände zwischen den Beratungseinheiten lassen sich genauso gut variieren. Überträgt man zudem die Auffassung systemischer Therapie auf den Beratungskontext, dass nicht der Ort der Beratung die eigentliche Veränderung bringt, sondern die Zeit zwischen den Sitzungen (Weiss, 2008), wird die organisatorische Machbarkeit noch unterstrichen. Denn unabhängig davon, ob sich die Problematik des Klienten Inworld oder im Real Life befindet, letztlich kann eine Beratung in erster Linie „nur“ anregen. Die Lösung des Problems findet durch die Umsetzung und Veränderung seitens des Klienten in seinem Problemkontext statt. Vielmehr sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, ob der virtuelle Raum nicht auch die Möglichkeit bietet, über eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Erreichbarkeit beratend Tätiger, nachzudenken. Es ist durchaus vorstellbar, Beratungen von „zu Hause“ aus zu Zeiten durchzuführen, die für gewöhnlich in der realen Praxis bisher unüblich waren (vgl. auch 7.3.). 79

in Schicksalen, entstanden durch die eigene Vergangenheit, der Zuschreibung von<br />

Zuständen und der Unendlichkeit und Unveränderlichkeit der jetzigen Problemsituation.<br />

Diese eher zur Passivität verleitenden Merkmale gilt es in der systemisch-<br />

konstruktivistischen Arbeit in aktivere Formen zu überführen. Der Ratsuchende wird im<br />

Gespräch durch die Betonung auf konkrete Handlungen und Tätigkeiten, die<br />

Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen und der Darstellung der Problemsituation als<br />

ein vorübergehendes Phänomen, dazu angeregt, alternative Wirklichkeitskonstruktionen<br />

und neue Möglichkeitssichten sowie das Gefühl für die Handhabbarkeit des Problems<br />

zu entwickeln. Und genau dies wird dem Klienten in der virtuellen Beratungsambulanz<br />

unterschwellig bereits zu Beratungsbeginn suggeriert, ohne das Problem<br />

beziehungsweise den eigentlichen Beratungsanlass bereits zu kennen. Das mag etwas<br />

weit hergeholt erscheinen, aber letztlich bleibt doch festzuhalten, dass die Auswahl<br />

eines Beratungssettings aus den drei angebotenen Beratungsumgebungen durch den<br />

Klienten selbst, bereits an dieser Stelle ein Denken erzeugen könnte, das im Klienten<br />

das Gefühl des „entscheiden Könnens“ und „aus mehreren Optionen auswählen<br />

Könnens“ hervorruft.<br />

Auch die zeitliche Organisation des Beratungsangebotes steht im virtuellen Raum dem<br />

Real Life um nichts nach. Termine und sinnvolle Abstände zwischen den<br />

Beratungseinheiten lassen sich genauso gut variieren. Überträgt man zudem die<br />

Auffassung systemischer Therapie auf den Beratungskontext, dass nicht der Ort der<br />

Beratung die eigentliche Veränderung bringt, sondern die Zeit zwischen den Sitzungen<br />

(Weiss, 2008), wird die organisatorische Machbarkeit noch unterstrichen. Denn<br />

unabhängig davon, ob sich die Problematik des Klienten Inworld oder im Real Life<br />

befindet, letztlich kann eine Beratung in erster Linie „nur“ anregen. Die Lösung des<br />

Problems findet durch die Umsetzung und Veränderung seitens des Klienten in seinem<br />

Problemkontext statt. Vielmehr sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, ob<br />

der virtuelle Raum nicht auch die Möglichkeit bietet, über eine Flexibilisierung von<br />

Arbeitszeiten und Erreichbarkeit beratend Tätiger, nachzudenken. Es ist durchaus<br />

vorstellbar, Beratungen von „zu Hause“ aus zu Zeiten durchzuführen, die für<br />

gewöhnlich in der realen Praxis bisher unüblich waren (vgl. auch 7.3.).<br />

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