Diplomarbeit - E-Beratungsjournal
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den virtuellen Kontext, könnte man auch fragen: Was, wenn es, gerade durch die<br />
vermeintlichen Nachteile der Virtualität, dem Berater gelingt, sich beim<br />
Beziehungsaufbau nicht zu tief in emphatischer Gefühlsduselei zu verlieren? Was, wenn<br />
es, gerade durch die so gar nicht als „real“ empfundene virtuelle Umgebung gelingt,<br />
nicht zu tief auf sozial-kulturelle und sozioökonomische Gegebenheiten und<br />
Verhältnisse in der Wirklichkeit des Klienten einzugehen, die sich ohnehin der<br />
tatsächlichen Einflusssphäre der Beratung entziehen? Kann dann vielleicht der virtuelle<br />
Kontext sogar eine systemische Herangehensweise unterstützen? Bezieht man die<br />
Möglichkeiten ein, die sich für Berater und Klienten aus Immersion, Repräsentation und<br />
Präsenz ergeben (vgl. Kap. 6 ff.) und der daraus resultierenden Wahrscheinlichkeit, ein<br />
Setting gestalten zu können, dass es beiden Seiten ermöglicht, das Gefühl für die<br />
Situation, für das Beratungsanliegen und füreinander zu entwickeln, dann kann oder<br />
vielmehr sind diese Fragen zu bejahend zu beantworten.<br />
Bezogen auf die verschiedenen Kommunikationsarten, die der virtuelle Raum bietet,<br />
erscheinen für eine qualitativ gute Beratungspraxis, gerade auch aus systemisch-<br />
konstruktivistischer Sicht, insbesondere die asynchronen Kommunikationsformen als<br />
wenig geeignet. Zwar können diese durchaus Nutzen für die Kontaktaufnahme oder zur<br />
Verbreitung allgemeiner Informationen haben, jedoch in der Beratungssituation selbst,<br />
sind doch eher Chat-, oder bestenfalls sogar Voice-Funktionen zu favorisieren. Und dies<br />
nicht ohne Grund, beinhaltet doch der systemische Beratungsprozess, im Hinblick auf<br />
das Anstoßen von Entscheidungen für oder gegen ein Veränderung, ein Sein im Hier<br />
und Jetzt (Haselmann 2008, S.203). Eine große zeitliche Spanne zwischen den Phasen<br />
des Sendens, Empfangens und wieder Sendens erscheint wenig sinnvoll. Benke (2007,<br />
S. 106-107) beschreibt den sich daraus ergebenden Effekt als www-Effekt und meint<br />
damit die Wahrscheinlichkeit zur veränderten Wahrnehmung der Wirklichkeit. Er<br />
versucht damit das Phänomen zu beschreiben, dass sich die subjektive<br />
Wirklichkeitskonstruktion des Ratsuchenden, in dem Moment, wo der Berater versucht<br />
einen Dialog durch eine Frage, oder Rückmeldung jedweder Art herzustellen, bei<br />
großen Zeitabständen bereits wieder verändert haben könnte und dadurch die<br />
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