Diplomarbeit - E-Beratungsjournal

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4.2. Kommunikation und Oraliteralität Oraliteralität ist ein Phänomen, das seinen Ursprung in textbasierten virtuellen Räumen hat, dem so genannten Cyberspeak in Chaträumen. Rein formal betrachtet, handelt es sich um Literalität, jedoch werden in der Sprachverwendung verstärkt Elemente der oralen Sprache bis hin zu nonverbalen Ausdrucksformen eingefügt, was eher eine Tendenz zur konzeptionellen Mündlichkeit darstellt. Schrieb man bisher den textuellen Botschaften zu Distanzmedium (Monologstruktur, raum-zeitliche Trennung, Öffentlichkeit, Textualität, größere Informationsdichte, Planung, etc.) und den mündlichen Äußerungen ein Nähemedium (dialogische Struktur, Face-to-Face- Situation, Vertrautheit der Gesprächspartner, Spontaneität, Affektivität, etc.) zu sein, scheint diese alte Aufteilung im Cyberspeak aufgebrochen. Es findet ein zeitlich synchroner Austausch mit mehreren Kommunikationspartnern statt, die sprachlichen Interaktionen umfassen mehr als eine Äußerung und die Kommunikation ist dialogisch ausgerichtet, allesamt eher Kennzeichen eines Gesprächs. Es werden umgangssprachliche Worte, phonetisch orientierte Schreibweisen und sprechsprachliche Floskeln in einfachen, kurzen Sätzen verwendet. Zusätzlich hat sich eine ganze Reihe von Sprachformen herausgebildet, die durch die Beschränkung der Sinneskanäle die scheinbar nicht übertragbaren Zeichen wie Emotionen, Handlungen und Geräusche durch eine kreative Zeichenverwendung doch zum Ausdruck bringen können (Misoch 2006, S.166-173). Eine Möglichkeit, sprechsprachliche Äußerungen zu Verschriftlichen, ist die Iteration. Hierbei werden die Merkmale der Sprache, Tonhöhe und Betonung, textuell dargestellt, zum Beispiel „haaaaaalooooo“. Weiterhin ist es möglich geworden die Emotionen, mittels Ideogrammen, sogenannten Emoticons, oder auch Smileys, zu vermitteln. Hierbei werden, mittels der zur Verfügung stehender Zeichensätze, Gesichtsausdrücke dargestellt, die eine bestimmte Emotion vermitteln sollen, zum Beispiel „;-)“ für Zwinkern mit der Absicht, die Aussage nicht ganz ernst zu meinen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Ausdrucksmöglichkeiten, die durch die Sammlung und Erläuterung solcher auf Internetseiten wie http://www.mediensprache.net/de/websprache/chat/index.asp 32

(Siever 2009), öffentlich zugänglich gemacht werden und somit dazu beitragen, den Gebrauch zu vereinheitlichen. Somit ist es möglich, durch die Verwendung der Emoticons eine beabsichtigte zielgerichtete Emotion zu senden, die als solche für den Kommunikationspartner auch dekodierbar wird und verstanden werden kann. Einen weiteren Ausgleich der fehlenden Sinneskanäle schaffen die Onomatopoetika, sogenannte Soundwörter, um Phonetisches darzustellen, zum Beispiel „hmmm“. Mittels der Verwendung von Aktionswörtern wird es möglich, Gefühle oder auch Handlungen auszudrücken. Hierbei wird eine in Sternchen gesetzte lautmalerische Sprache genutzt, wie sie auch in Comics zu finden ist, zum Beispiel „*staun*“. Vielfach verwendet werden auch Akronyme, vermutlich aus Ökonomiegründen, um sich der sprachlichen Schnelligkeit in der textuellen Kommunikation anzunähern. Diese sind oftmals Wörter, die sich aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter einer Sinneinheit zusammensetzen und dem englischen Sprachgebrauch entstammen, zum Beispiel „lol“ für lautes Lachen (laugh out loud). Eine speziellere Form der Akronyme sind die, die ebenfalls dem englischen Sprachgebrauch entnommenen und durch das Mittel der Homophonie (die lautliche Gestalt von Zahlen und Zeichen) des eigentlichen Sinns „beraubt“ und in eine neue Bedeutung umgewandelt werden, zum Beispiel „gr82CU“ in der Bedeutung „großartig, Dich/Sie zu sehen (great to see you)“. Um Modulationen der Lautstärke übermitteln zu können, haben sich die Verwendung von Großbuchstaben und/oder auch Fettschrift etabliert, zum Beispiel „jetzt bin ICH dran“ oder auch „Wer hat das behauptet?“. Bedacht eingesetzt erlaubt dieses textuelle Spiel mit der Lautstärke eine dem sprechsprachlichen Gebrauch ähnelnde Betonung der Aussage. Zuletzt seien noch die Disclaimer erwähnt, bei denen durch das Setzen einer Bemerkung in Größer/Kleinerzeichen, diese abgeschwächt oder auch in eine gewisse Eigenironie versetzt wird, zum Beispiel „“ und „“. Betrachtet man die Fülle der sich in den vergangenen Jahren gebildeten und etablierten Möglichkeiten in der Onlinekommunikation, sich über die sachliche Nachricht hinaus mitzuteilen, erscheint die These der auf Kanalreduktion beruhenden zu großen Distanz und Nichtvermittelbarkeit von Gefühlen und Emotionen als überholt und 33

4.2. Kommunikation und Oraliteralität<br />

Oraliteralität ist ein Phänomen, das seinen Ursprung in textbasierten virtuellen Räumen<br />

hat, dem so genannten Cyberspeak in Chaträumen. Rein formal betrachtet, handelt es<br />

sich um Literalität, jedoch werden in der Sprachverwendung verstärkt Elemente der<br />

oralen Sprache bis hin zu nonverbalen Ausdrucksformen eingefügt, was eher eine<br />

Tendenz zur konzeptionellen Mündlichkeit darstellt. Schrieb man bisher den textuellen<br />

Botschaften zu Distanzmedium (Monologstruktur, raum-zeitliche Trennung,<br />

Öffentlichkeit, Textualität, größere Informationsdichte, Planung, etc.) und den<br />

mündlichen Äußerungen ein Nähemedium (dialogische Struktur, Face-to-Face-<br />

Situation, Vertrautheit der Gesprächspartner, Spontaneität, Affektivität, etc.) zu sein,<br />

scheint diese alte Aufteilung im Cyberspeak aufgebrochen. Es findet ein zeitlich<br />

synchroner Austausch mit mehreren Kommunikationspartnern statt, die sprachlichen<br />

Interaktionen umfassen mehr als eine Äußerung und die Kommunikation ist dialogisch<br />

ausgerichtet, allesamt eher Kennzeichen eines Gesprächs. Es werden<br />

umgangssprachliche Worte, phonetisch orientierte Schreibweisen und sprechsprachliche<br />

Floskeln in einfachen, kurzen Sätzen verwendet. Zusätzlich hat sich eine ganze Reihe<br />

von Sprachformen herausgebildet, die durch die Beschränkung der Sinneskanäle die<br />

scheinbar nicht übertragbaren Zeichen wie Emotionen, Handlungen und Geräusche<br />

durch eine kreative Zeichenverwendung doch zum Ausdruck bringen können (Misoch<br />

2006, S.166-173).<br />

Eine Möglichkeit, sprechsprachliche Äußerungen zu Verschriftlichen, ist die Iteration.<br />

Hierbei werden die Merkmale der Sprache, Tonhöhe und Betonung, textuell dargestellt,<br />

zum Beispiel „haaaaaalooooo“. Weiterhin ist es möglich geworden die Emotionen,<br />

mittels Ideogrammen, sogenannten Emoticons, oder auch Smileys, zu vermitteln.<br />

Hierbei werden, mittels der zur Verfügung stehender Zeichensätze, Gesichtsausdrücke<br />

dargestellt, die eine bestimmte Emotion vermitteln sollen, zum Beispiel „;-)“ für<br />

Zwinkern mit der Absicht, die Aussage nicht ganz ernst zu meinen. Mittlerweile gibt es<br />

zahlreiche Ausdrucksmöglichkeiten, die durch die Sammlung und Erläuterung solcher<br />

auf Internetseiten wie http://www.mediensprache.net/de/websprache/chat/index.asp<br />

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