Leichtathletik INFORMationen 02/2023

fordernd. Kein Training, keine Wettkämpfe. Das Geld floss nicht
so wie sonst. Die Anlage gehört einer Betreibergesellschaft. Wir
bezahlen dort Miete. Geld bekommen wir von den Stadtwerken,
der Sparkasse, dem LSB, durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Manchmal greifen auch die Eltern unserer Schützlinge tief in die
Taschen. Wir kommen mit Anstrengung über die Runden.
Wie hoch sind denn die Mitgliedsbeiträge?
Zwischen 15 und 25 Euro.
Das erscheint sehr hoch.
Das Geld brauchen wir, sonst kriegen wir es nicht gestemmt.
Wenn jemand nicht in der Lage ist, das zu leisten, finden wir
Wege der Finanzierung. Die Anlage ist von morgens 8 Uhr bis
zum Abend offen. Das gilt für Trainer, plus Physiotherapie, plus
Arzt. Vorhin waren in der Halle auch Alterssportler. Wir sind ein
gefragter Anlaufpunkt.
Meisterschaften erreicht, dann fährt der auch dahin. Außerdem
kriege ich viel mit der jahrzehntelange Erfahrung auf die Reihe.
Man muss natürlich schon ganz schön leichtathletikverrückt
sein, um 3- oder auch 5-mal in der Woche nach Feierabend, wie
unser Trainerteam, eine Einheit von 90 Minuten zu leiten. Oder,
wenn wir zu Wettkämpfen fahren, uns samstags um 5 Uhr treffen
und am Sonntag gegen 22 Uhr zurückkommen. Wir haben
im Winter oft weit über 100 Athleten in der Halle beim Training
– das alles macht Spaß und motiviert mich.
Ist der Verein prosperierend oder ist es schwer, den Standard
zu halten?
Es gibt eine konstante Entwicklung. Im letzten Jahr waren wir
sehr zufrieden.
Eliteschule und Internat – erzählen Sie mal.
Es gibt 43 Eliteschulen des Sports in Deutschland. Wir versuchen
hier stets eine reine Leichtathletikklasse zu bekommen.
Das gelingt nicht in jedem Jahrgang, aber oft. Über die Medien
und Schulen bieten wir Sichtungstermine ab der 4. Schulklasse
zur Aufnahme auf das Sportgymnasium an. Dann gibt
es den Sprint- und Sprungtest, Medizinballschocken und einen
600-m-Lauf. Sind wir uns im Einzelfall nicht sicher, wird noch
einmal gesichtet und dann gibt es ein endgültiges Urteil.
Zwei Athleten sind im Perspektivkader des DLV?
Gillian Ludwig, der Stabhochspringer, und Owe Fischer-Breiholz,
ein hervorragender Läufer über 400 m Hürden, Jahrgang 2004.
Owe lief über 400 Meter in der Halle in diesem Jahr 47,88 s. Und
steht damit vorn in der Hallenbestenliste 2023. Trainiert wird er
durch einen erfahrenen Mann, Thomas Schuldt, der auch schon
Athleten zu internationalen Meisterschaften gebracht hat.
In ihren Reihen haben sie zwei Stabhochspringer der
deutschen Spitzenklasse. Wie vereinbart sich das mit dem
Beruf?
Gillian Ludwig, Jahrgang 1998, Bestleistung 5,72 m, Europameisterschaftsteilnehmer
von Istanbul, ist bei der Polizei und
Jan Linus Human, der 2022 gemeinsam mit Torben Blech Deutscher
Hallenmeister wurde, ist ebenfalls Jahrgang 1998, hat eine
Ausbildung bei der Stadt gemacht und ist dort angestellt. Unser
Trainer Andreas Rändler ist der Garant für eine gute Ausbildung.
Martina Strutz, 2011 Vize-Weltmeisterin mit einer PB von 4,80 m,
kommt ja auch von hier. Es ist uns schon wichtig, dass wir Aushängeschilder
mit Strahlkraft haben. Das ist gut für unseren Verein,
damit wir in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Wie kriegt man das hin und was treibt Sie dabei an?
Die Leichtathletik in Mecklenburg-Vorpommern muss leben!
Es ist uns wichtig, dass wir viele Aktive in die Landeskader
bekommen. Im Landeskader Sprint sind z. B. von uns vom
Jahrgang 2005 bis 2008 allein neun Nachwuchstalente. Wir
brauchen eine gute Breite, um daraus etwas für die Spitze zu
entwickeln. Ich habe nichts dagegen, wenn wir in den Trainingsgruppen
eine Hackordnung haben. Das fördert die Leistung. Ich
freue mir ein Loch in den Bauch, wenn ich strahlende Athletengesichter
sehe. Wenn jemand die Norm für die Deutschen
Für mich eine imponierende Arbeit, die dort geleistet wird.
Hilfreich ein Blick auf den ausgehängten Trainingsplan. Am
Montagnachmittag gibt es in der Zeit von 14.30 Uhr bis
18.30 Uhr neun Trainingsgruppen in Sprung, Stoß/Wurf,
Sprint und allgemeiner Ausbildung. Dauer der Einheiten
60 Minuten bis 3 1/2 Stunden. Das spricht für sich. Dazu sind
gute Strukturen erforderlich und ein funktionierendes Team.
Mehr als 100 gleichzeitig trainierende Athleten werden für
mich dadurch erklärlich. Die Leichtathletik ist in Schwerin
sehr gut aufgehoben. Wenn man sich ein paar Stunden auf
der Anlage und in der Halle aufhält, sieht man ein höchst
lebendiges Treiben.
Übrigens: Im März 2012 wurde die alte Leichtathletikhalle
Opfer eines Brandstifters. Er wurde gefasst und auch verurteilt.
Die FREUNDE stifteten spontan 5.000 Euro. Das half
damals sehr. Die neue Halle wurde an anderer Stelle, aber
auf diesem Areal neu gebaut. Sie ist ihren Ausmaßen größer.
Die Kombination mit dem Stadion ist ideal. Sie wird
auch durch andere Vereine, zum Beispiel für Trainingslager
genutzt. Schwerin ist folglich nicht nur wegen der Seenplatte
und das außergewöhnliche Schloss eine Reise wert.
Text und Interview: Uli Stegmann
Fotos: Uli Stegmann und SSC
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