FidAR Bedarfsanalyse - öffentliche Unternehmen 2023
Männerdominierte Führungskultur hemmt Chancengerechtigkeit in öffentlichen Unternehmen FidAR-Bedarfsanalyse gibt praxisnahe Empfehlungen zur Verbesserung gleichberechtigter Teilhabe
Männerdominierte Führungskultur hemmt Chancengerechtigkeit in öffentlichen Unternehmen
FidAR-Bedarfsanalyse gibt praxisnahe Empfehlungen zur Verbesserung gleichberechtigter Teilhabe
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Öffentliche<br />
<strong>Unternehmen</strong><br />
auf dem Weg zur<br />
gleichberechtigten<br />
Führung<br />
Praxisleitfaden<br />
im Rahmen des Projektes<br />
„Bedarfsermittlung von Instrumenten zur Förderung<br />
gleichberechtigter Führung in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong>“<br />
<strong>2023</strong>
Öffentliche <strong>Unternehmen</strong><br />
auf dem Weg zur<br />
gleichberechtigten Führung<br />
Praxisleitfaden<br />
im Rahmen des Projektes<br />
„Bedarfsermittlung von Instrumenten zur Förderung<br />
gleichberechtigter Führung in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong>“<br />
<strong>2023</strong><br />
1
RECHTLICHER HINWEIS<br />
Die in diesem Praxisleitfaden enthaltenen Informationen dienen allgemeinen Informationszwecken und beziehen sich<br />
nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person. Obwohl sich <strong>FidAR</strong> bei der Auswahl des<br />
Informationsangebotes um größtmögliche Sorgfalt bemüht, haftet <strong>FidAR</strong> nicht für dessen Richtigkeit, Aktualität und<br />
Vollständigkeit.<br />
QUELLENNACHWEIS<br />
Bei den abgebildeten Diagrammen/Darstellungen in diesem Leitfaden handelt es sich ausschließlich um veranschaulichte<br />
Darstellungen von <strong>FidAR</strong> e. V., Berlin.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber / Bezug:<br />
<strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V.<br />
Office K 61<br />
Kurfürstendamm 61<br />
10707 Berlin, Deutschland<br />
Tel.: +49 (30) 887 14 47 16<br />
Fax +49 (30) 887 14 47 20<br />
geschaeftsstelle@fidar.de<br />
www.fidar.de<br />
PROJEKTLEITUNG UND INHALT<br />
Monika Schulz-Strelow<br />
Projektleitung Studien<br />
Gründungspräsidentin <strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V., Berlin<br />
WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNG, DATENERHEBUNG UND –AUSWERTUNG, REDAKTION<br />
Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner<br />
Wissenschaftliches Institut für <strong>Unternehmen</strong>sführung und Corporate Governance [wifucg], Deimern<br />
GESTALTUNG<br />
Walter Dombrowsky<br />
Zech Dombrowsky Design, Berlin<br />
Der Abdruck der Studie oder von Auszügen daraus mit<br />
Quellenangabe ist gestattet. Belegexemplare werden an<br />
die oben angegebene Adresse erbeten.<br />
© <strong>FidAR</strong> e. V., Berlin, <strong>2023</strong><br />
2
Vorwort<br />
Ende 2006 wurde der Verein Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (<strong>FidAR</strong> e.V.) mit dem Ziel gegründet,<br />
den Frauenanteil in deutschen Aufsichtsgremien nachhaltig und signifikant zu erhöhen. Anfang <strong>2023</strong>,<br />
fast zwei Jahrzehnte später, besteht dieses Ziel unverändert, doch es hat sich in der Zwischenzeit viel<br />
getan. Dazu wesentlich beigetragen haben die Führungspositionengesetze aus 2015 und 2021, nach<br />
denen <strong>Unternehmen</strong> Geschlechterquoten im Aufsichtrat, Mindestbeteiligungsgebote im Vorstand und<br />
Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils auf Führungsebenen erfüllen müssen. Die gleichberechtigte<br />
Teilhabe in Aufsicht und Führung von <strong>Unternehmen</strong> ist kein Nischenthema mehr, sondern längst<br />
im Zentrum der <strong>öffentliche</strong>n Debatte angekommen und hat nachweislich zu deutlich mehr Frauen in<br />
Führungspositionen in den vom Gesetz betroffenen <strong>Unternehmen</strong> geführt. Eine besondere Vorreiterrolle<br />
kommt dabei <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> zu, deren Hauptgesellschafter, Bundes- oder Länderministerien,<br />
dafür Sorge tragen, dass die Chancengerechtigkeit in den <strong>Unternehmen</strong> umgesetzt wird.<br />
Bislang hat sich im Bereich gleichberechtigte Führung in Aufsichtsrat und Vorstand von Bundes- und<br />
Landesunternehmen vor allem durch die gesetzlichen „Hard Facts“ der verbindlichen Quoten und<br />
Zielgrößen die Besetzung von Führungsgremien geändert. Für eine wirksame Chancengleichheit ist<br />
aber wichtig, dass die angestoßenen Veränderungen auch im <strong>Unternehmen</strong> wirklich gelebt werden<br />
und die <strong>Unternehmen</strong>skultur vom Gedanken der gleichberechtigen Teilhabe geprägt wird. Auch wenn<br />
Quoten am Anfang zum Anstoß von Veränderungen unerlässlich scheinen, ist das, worauf es eigentlich<br />
ankommt, das verbesserte Miteinander im <strong>Unternehmen</strong>. Gleichstellung betrifft nicht nur Frauen,<br />
sondern alle und wirkt sich auf alle Mitarbeitenden eines <strong>Unternehmen</strong>s aus. Dass sich immer noch<br />
fast jede dritte Frau auf ihrem Karrierepfad nach oben von einer autoritären Führungskultur und mehr<br />
als jede zweite von männerdominierten Führungsstrukturen behindert fühlt, zeigt, dass hier der größte<br />
Veränderungsbedarf besteht.<br />
Das sind wesentliche Ergebnisse des vorliegenden Leitfadens, in dem zunächst der Status quo dargestellt<br />
wird, wie Frauen in Führungs- und Aufsichtspositionen gelebte Chancengleichheit in Bundesund<br />
Landesunternehmen wahrnehmen. Hier gilt es, wirksame Maßnahmen und praxisnahe Empfehlungen<br />
zur Verbesserung der gleichberechtigten Führung abzuleiten. Damit bietet der Leitfaden<br />
<strong>Unternehmen</strong> zahlreiche Praxistipps auf dem Weg zu einer gleichberechtigten <strong>Unternehmen</strong>skultur. Er<br />
kann dabei allerdings nur ein möglicher Anstoß zur Veränderung sein, denn so unterschiedlich wie die<br />
<strong>Unternehmen</strong>, sind auch deren Umsetzungen – die gemeinsame Zielsetzung der gleichberechtigten<br />
Teilhabe in Führungspositionen sowie eine auf Chancengerechtigkeit ausgerichtete <strong>Unternehmen</strong>skultur<br />
stehen übergreifend im Fokus.<br />
Prof. Dr. Anja Seng<br />
Monika Schulz-Strelow<br />
Präsidentin<br />
Gründungspräsidentin, Projektleitung Studien<br />
<strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V. <strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V.<br />
3
Kapitel 1<br />
Ausgangspunkt und<br />
Ziele des Leitfadens<br />
Seite 6<br />
Die Gesetze für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen<br />
in seiner ursprünglichen Form gelten auch für die <strong>öffentliche</strong>n<br />
<strong>Unternehmen</strong> und führten dort bereits zu mehr Frauen in Top-Management und Aufsichtsgremien.<br />
Gleichberechtigte Führung ist damit aber nicht automatisch umgesetzt.<br />
Dies verdeutlichen die Ergebnisse der vorliegenden Befragung. Wie dies erreicht werden<br />
kann, dazu soll dieser Leitfaden beitragen.<br />
Kapitel 2<br />
FüPoG I und II<br />
als Grundlage des<br />
Leitfadens<br />
Seite 8<br />
Grundlage des vorliegenden Leitfadens ist das „Gesetz für die gleichberechtigte<br />
Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft<br />
und im <strong>öffentliche</strong>n Dienst“ in seinen beiden Versionen (FüPoG I und II). Sie dienen als<br />
Ausgangsbasis für die abzuleitenden Handlungsempfehlungen – aus der Praxis für die<br />
Praxis.<br />
Kapitel 3<br />
Wahrnehmung der<br />
Chancengleichheit<br />
Seite 12<br />
D<br />
er Status quo zur Teilhabe von Frauen an Führungs- und Aufsichtspositionen<br />
in Bundes- und Landesbeteiligungen ergibt sich aus einer Umfrage bei Frauen<br />
in diesen Positionen sowie durch Hintergrundgespräche und einem Roundtable mit<br />
Expertinnen und Experten. Die Ergebnisse zeigen, dass Chancengleichheit in Führung<br />
und Aufsicht noch nicht umgesetzt wurde. Es werden Hemmnisse aufgezeigt, die die<br />
Frauen verspüren und welche Verbesserungen sie sich wünschen.<br />
4
Kapitel 4<br />
Karrierehemmnisse<br />
Seite 16<br />
Als Karrierehemmnisse werden aus Sicht der Befragten insbesondere die folgenden<br />
vier Aspekte benannt:<br />
• Männerdominierte Führungsstrukturen,<br />
• autoritäre Führungskultur,<br />
• geringe Transparenz bei Besetzungsverfahren,<br />
• fehlende Sanktionen bei nicht erreichten Zielgrößen für Frauen in Führungspositionen.<br />
Diese Hemmnisse abzubauen sind Voraussetzung, um Chancengleichheit in Führung<br />
und Aufsicht zu erreichen.<br />
Kapitel 5<br />
Maßnahmen für<br />
Chancengleichheit<br />
Seite 20<br />
Es werden bereits eine Vielzahl an Instrumenten angeboten, die auch von den Befragten<br />
als wünschenswert beschrieben werden: Es handelt sich dabei um Maßnahmen<br />
zur verbesserten Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben durch flexible<br />
Arbeitszeiten, Führung aus dem Homeoffice oder die Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten.<br />
Weiterhin benennen die befragten Frauen auch Instrumente, die ihrem<br />
Empowerment dienen.<br />
Kapitel 6<br />
Handlungsempfehlungen<br />
und Praxistipps<br />
Seite 26<br />
B<br />
asierend auf dem Status quo, den Hemmnissen und den Erfahrungen mit etablierten<br />
Instrumenten lassen sich folgende Empfehlungen für die Bundes- und Landesbeteiligungen<br />
zur Erhöhung der Gleichberechtigung aussprechen:<br />
• Etablierung von Role Models,<br />
• mehr Transparenz bei Besetzungsverfahren,<br />
• Einrichtung von (Frauen-) Netzwerken,<br />
• Unterstützung von Frauen.<br />
Das Wichtigste ist aber die Entwicklung einer gleichberechtigten <strong>Unternehmen</strong>skultur,<br />
in der Frauen als Chance begriffen werden.<br />
5
Kapitel 1<br />
Ausgangspunkt und<br />
Ziele des Leitfadens<br />
Ausgangspunkt und Ziele des<br />
Leitfadens<br />
Um als attraktiver Arbeitgeber für alle Geschlechter im Markt zu bestehen und die Potentiale der<br />
Führungskräfte adäquat zu entwickeln, müssen <strong>Unternehmen</strong> die gleichberechtigte Teilhabe<br />
von Frauen an Führungspositionen gezielt verstärken. Für Bundes- und Landesbeteiligungen erscheint<br />
dies von besonderer Bedeutung, weil sie als <strong>öffentliche</strong> <strong>Unternehmen</strong> eine Vorbildfunktion<br />
einnehmen. Doch in Anbetracht des Fachkräftemangels haben sie auch verstärkt Probleme, als<br />
attraktiv für die persönliche (Karriere-) Entwicklung wahrgenommen zu werden. Wie der aktuelle<br />
Status quo in der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führung und Aufsicht in Bundes- und<br />
Landesbeteiligungen ist, wo sie Hemmnisse wahrnehmen und was den Weg nach oben erleichtern<br />
würde, sind Fragen, die der vorliegende Leitfaden beantworten soll. Basis dafür bildet eine<br />
Online-Befragung von Frauen in Führung und Aufsicht in Bundes- und Landesbeteiligungen, die<br />
bereits 2020 schon einmal durchgeführt wurde, sowie qualitative Expert:innengespräche und ein<br />
Roundtable mit gezielt ausgewählten Teilnehmenden. Es werden konkrete Handlungsempfehlungen<br />
für eine verbesserte Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Führungspositionen abgeleitet,<br />
die in dem vorliegenden Leitfaden zusammengefasst sind.<br />
Der zahlenmäßige Status quo gleichberechtigter Teilhabe in Führung und Aufsicht in Bundes- und<br />
Landesunternehmen ergibt sich aus den Rankings des von <strong>FidAR</strong> erhobenen Public Women-on-<br />
Board-Index (PWoB-Index). Hier werden seit 2014 der Frauenanteil in Aufsichtsrat und Top-Managementorgan<br />
der <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> des Bundes und ausgewählter Landesunternehmen<br />
erhoben. Die zahlenmäßigen Ergebnisse sagen allerdings wenig über die Änderungen der<br />
<strong>Unternehmen</strong>skultur aus. Dies erfolgt im Rahmen dieser (und der vorherigen) <strong>Bedarfsanalyse</strong>. Die<br />
Ergebnisse zeigen, dass – und vor allem auch weshalb – über sieben Jahre nach dem Inkrafttreten<br />
des ersten Führungspositionengesetzes immer noch keine Chancengleichheit für Frauen in<br />
Führungspositionen erreicht ist. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber der Privatwirtschaft<br />
verbindliche Vorgaben macht, ist der Vorbildcharakter der <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> bei der Umsetzung<br />
von gesetzlichen Vorgaben von besonderer Bedeutung, denn hier kann der Gesetzgeber<br />
direkt Einfluss nehmen. Doch zeigen die Zahlen des Public-WoB-Indexes, dass die bisherigen Bemühungen<br />
der <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong>, diese Vorgaben umzusetzen, noch nicht zufriedenstellend<br />
sind.<br />
6
7
Kapitel 2<br />
FüPoG I und II<br />
als Grundlage des<br />
Leitfadens<br />
FüPoG I und II<br />
als Grundlagen des Leitfadens<br />
Das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen<br />
in der Privatwirtschaft und im <strong>öffentliche</strong>n Dienst“ (kurz: FüPoG I) wurde im Jahr 2015 erlassen.<br />
Damit wurden erstmals verpflichtende Regelungen für mehr Geschlechtergerechtigkeit gesetzlich<br />
eingeführt und deshalb gilt es als der zentrale „Meilenstein“ für mehr gleichberechtigte Teilhabe auf<br />
den Führungsebenen. Das Gesetz gestand den meisten <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> und Anteilseignern<br />
noch einen großen Spielraum bei der Besetzung von Aufsichtsgremien und Top-Managementorganen<br />
trotz Quotenvorgaben zu. Nachdem sich in der <strong>Unternehmen</strong>spraxis daraufhin nur<br />
wenig änderte, wurde es im Jahr 2021 mit dem FüPoG II nachgeschärft.<br />
FüPoG I und II basieren auf drei Säulen, die direkte Auswirkungen auf <strong>Unternehmen</strong> der Privatwirtschaft<br />
und <strong>öffentliche</strong> <strong>Unternehmen</strong> haben. Die erste Säule umfasst feste Frauenquoten für<br />
Aufsichtsgremien und die zweite Säule umfasst die Verpflichtung, Zielgrößen für den Frauenanteil im<br />
Aufsichtsgremium, Top-Managementorgan sowie der ersten und zweiten Führungsebene unterhalb<br />
der Top-Managementebene festzulegen. Mit dem FüPoG II kam als dritte Säule das Mindestbeteiligungsgebot<br />
von Frauen in Top-Managementorganen hinzu. Konkret bedeutet dies: Der Bund nimmt<br />
auch hier seine Vorbildfunktion sehr ernst und setzt seinen <strong>Unternehmen</strong> strenge Vorgaben. Die<br />
feste Geschlechterquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten ist auf <strong>Unternehmen</strong> mit Mehrheitsbeteiligung<br />
des Bundes ausgeweitet worden. Für diese aktuell 94 <strong>Unternehmen</strong> wurde außerdem<br />
eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen eingeführt, die mehr als zwei Mitglieder haben.<br />
8
Gesetzliche Säulen für <strong>öffentliche</strong> <strong>Unternehmen</strong> im FüPoG I und II<br />
1. Säule:<br />
GESCHLECHTERQUOTEN<br />
FÜR AUFSICHTSGREMIEN<br />
2. Säule:<br />
ZIELGRÖSSEN FÜR DEN<br />
FRAUENANTEIL IN<br />
FÜHRUNGSPOSITIONEN<br />
3. Säule:<br />
MINDESTBETEILIGUNGS-<br />
GEBOT FÜR VORSTÄNDE<br />
Es besteht eine Frauenquote<br />
von mindestens 30 Prozent<br />
für die Aufsichtsgremien börsennotierter<br />
und paritätisch<br />
mitbestimmter <strong>Unternehmen</strong>,<br />
sowie für <strong>Unternehmen</strong><br />
mit Mehrheitsbeteiligung des<br />
Bundes (gemäß FüPoG I) und<br />
<strong>Unternehmen</strong> mit Mehrheitsbeteiligung<br />
des Bundes in<br />
der Rechtsform einer GmbH,<br />
einer Europäischen Gesellschaft<br />
(SE) oder Aktiengesellschaft<br />
(gemäß FüPoG II).<br />
Zusätzlich besteht gemäß<br />
Bundesgremienbesetzungsgesetz<br />
die Verpflichtung,<br />
dass 50 Prozent der vom<br />
Bund zu bestimmenden Aufsichtsratsmitglieder<br />
Frauen<br />
sein müssen. Das gilt für ab<br />
zwei vom Bund zu besetzenden<br />
Mitgliedern.<br />
Es besteht die Verpflichtung,<br />
individuelle Zielgrößen für<br />
den Frauenanteil im Aufsichtsrat,<br />
Top-Managementorgan<br />
sowie der ersten und<br />
zweiten Führungsebene<br />
unterhalb der Top-Managementebene<br />
festzulegen. Die<br />
Zielgrößen sollen offengelegt<br />
werden – beispielsweise<br />
in Entsprechenserklärungen<br />
zu den Public Corporate<br />
Governance Kodizes oder in<br />
den Geschäftsberichten. Gemäß<br />
des FüPoG II müssen<br />
nun auch die <strong>Unternehmen</strong><br />
die Festlegung einer Zielgröße<br />
„Null“ für Aufsichtsgremium<br />
oder Geschäftsführung<br />
bzw. Vorstand begründen.<br />
Für Bundesunternehmen ist<br />
zudem die Zielgröße einer<br />
paritätischen Besetzung der<br />
vom Bund zu bestimmenden<br />
Gremiensitze zu beachten.<br />
Das Mindestbeteiligungsgebot<br />
gilt für Mehrheitsbeteiligungen<br />
des Bundes in<br />
der Rechtsform einer AG,<br />
SE oder GmbH, unabhängig<br />
von Börsennotierung<br />
und Mitbestimmung. Für<br />
die <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong><br />
sind hier die Regeln<br />
weitreichender als für die<br />
Privatwirtschaft. Schon ab<br />
mehr als zwei Positionen im<br />
Top-Managementorgan ist<br />
mindestens eine Position mit<br />
einer Frau oder einem Mann<br />
zu besetzen.<br />
9
Kapitel 2<br />
FüPoG I und II als Grundlage des Leitfadens<br />
Der vorliegende Leitfaden richtet sich explizit an Bundes- und Landesunternehmen als<br />
Vorreiter für mehr Frauen in Führungspositionen.<br />
Es hat sich gezeigt, dass FüPoG I und II auch in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> zu mehr Frauen in Führungspositionen<br />
geführt haben. Inwiefern aber tatsächlich Gleichberechtigung in Führungspositionen<br />
besteht und wie stark sich die <strong>Unternehmen</strong>skultur verändert hat, hängt vorrangig vom Veränderungswillen<br />
der jeweiligen <strong>Unternehmen</strong>sführung ab. Es stehen den <strong>Unternehmen</strong> verschiedene<br />
Maßnahmen und Instrumente jenseits der gesetzlichen Regelungen zur Verfügung, mit denen vorhandene<br />
Hemmnisse auf dem Weg zur Chancengleichheit überwunden werden und die zu einer<br />
erheblich verbesserten Gleichberechtigung in Führungs- und Aufsichtspositionen führen können.<br />
Wahrgenommene Hemmnisse und Instrumente werden im vorliegenden Leitfaden aufgezeigt, um<br />
die <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> dabei zu unterstützen, Gleichberechtigung zu realisieren bzw. voranzubringen<br />
und so das teilweise ungenutzte Potential von Frauen für Führungs- und Aufsichtspositionen<br />
adäquat weiterzuentwickeln und diese Potentiale für nachhaltigen <strong>Unternehmen</strong>serfolge zu<br />
nutzen.<br />
Ein Leitfaden aus der Praxis für die Praxis<br />
Der vorliegende Leitfaden - aus der Praxis für die Praxis – unterbreitet Vorschläge für anwendbare<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der gelebten Gleichberechtigung in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong>. Der<br />
darin dargestellte Status quo stammt aus einer Online-Befragung von 316 Frauen in Führungs- und<br />
Aufsichtsratspositionen in Bundes- und Landesunternehmen. Ergänzt wurde die Online-Befragung<br />
durch explorative und möglichst offene Interviews mit einer Dauer von 20 bis 60 Minuten sowie mit<br />
einem 120-minütigen Roundtable, in dem Expert:innen auch auf Basis der Ergebnisse des Fragebogen<br />
diskutiert haben. Damit wurde ein vertiefender Blick in die unternehmerische Praxis hinsichtlich<br />
gelebter Gleichberechtigung in der Führung und Aufsicht <strong>öffentliche</strong>r <strong>Unternehmen</strong> möglich.<br />
10
Wichtigstes Ergebnis ist, dass noch eine erhebliche Wegstrecke zu einer umfassenden Gleichberechtigung<br />
in Führungspositionen in Bundes- und Landesbeteiligungen zurückzulegen ist. Wie die<br />
Verantwortlichen diesen Weg für alle Beteiligten gewinnbringend gestalten können, zeigen auch<br />
die in diesem Leitfaden enthaltenen Handlungsempfehlungen zur Überwindung der festgestellten<br />
Hemmnisse, die weibliche Mitglieder in Führungs- und Aufsichtspositionen als hinderlich für ihre<br />
Karriere empfinden.<br />
Empfehlungen des Leitfadens<br />
Mit dem vorliegenden Leitfaden entsteht so ein „Werkzeugkasten“ mit Instrumenten, mit deren Hilfe<br />
<strong>Unternehmen</strong> den Weg zu mehr gleichberechtigter Führung und Aufsicht erfolgreicher beschreiten<br />
können. Dabei geht es vor allem darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem insbesondere Frauen<br />
ihre Potentiale entfalten und diese gemeinsam mit ihren Kollegen für ihr <strong>Unternehmen</strong> einsetzen<br />
können. Der Leitfaden kann somit als Anregung für weitere Ansätze der Chancengleichheit in<br />
Führung und Aufsicht <strong>öffentliche</strong>r <strong>Unternehmen</strong> dienen und soll keineswegs als ein Endpunkt von<br />
Überlegungen, sondern als ein Anstoß für weitere Schritte einer gelebten Gleichberechtigung verstanden<br />
werden.<br />
Die Empfehlungen des vorliegenden Leitfadens sollen nicht Endpunkt, sondern Ausgangspunkt<br />
für weitere Schritte gelebter Gleichberechtigung sein.<br />
11
Kapitel 3<br />
Wahrnehmung der<br />
Chancengleichheit<br />
Wahrnehmung der Chancengleichheit<br />
Im Folgenden wird dargestellt, wie die Frauen, die es in Bundes- und Landesunternehmen schon in<br />
Führungs- und Aufsichtspositionen geschafft haben, die Anstrengungen im Bereich der Chancengleichheit<br />
in Führung und Aufsicht wahrnehmen. Die Darstellung erfolgt zunächst für Bundes- und<br />
Landesunternehmen gemeinsam, danach getrennt für Bundesunternehmen und Landesunternehmen.<br />
Wahrnehmung der Anstrengungen im Bereich der Chancengleichheit in<br />
Bundes- und Landesunternehmen<br />
Fragt man die betroffenen Frauen in Bundes- und Landesunternehmen, wurden die Anstrengungen<br />
für mehr Chancengleichheit in Führungspositionen in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> in den vergangenen<br />
Jahren kaum erhöht, wie in Abbildung 1 dargestellt. Die „völlige Zustimmung“ dazu, dass überhaupt<br />
Anstrengungen unternommen werden, hat zwar seit 2020 um zehn Prozentpunkte zugenommen,<br />
die „allgemeine Zustimmung“ dazu hat jedoch zeitgleich um zehn Prozentpunkte abgenommen -<br />
während die neutrale Position und die Ablehnung der Aussage unverändert blieben. So nehmen<br />
nach wie vor knapp 40 Prozent der befragten Frauen keine Anstrengungen für eine Verbesserung<br />
der gleichberechtigten Teilhabe bei der Besetzung von Führungspositionen in ihrem <strong>Unternehmen</strong><br />
wahr. Das macht deutlich, welche Bewusstseinsänderung für Chancengleichheit in Bundes- und<br />
Landesbeteiligungen noch erfolgen muss.<br />
Abbildung 1: Wahrgenommene Anstrengung der Erreichung von Chancengleichheit<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong> werden Anstrengungen für Chancengleichheit in Aufsichtsgremien und<br />
Geschäftsführungen unternommen:“<br />
Stimme völlig zu Stimme zu Stimme weder zu noch nicht zu Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu<br />
41,8 %<br />
Gesamt<br />
27,0 %<br />
32,2 %<br />
27,3 % 27,0 %<br />
16,4 %<br />
10,2 % 10,4 %<br />
4,4 % 3,5 %<br />
2020 2022<br />
Stimme völlig zu<br />
2020 2022<br />
Stimme zu<br />
2020 2022<br />
Stimme weder zu noch<br />
nicht zu<br />
2020 2022<br />
Stimme nicht zu<br />
2020 2022<br />
Stimme überhaupt<br />
nicht zu<br />
12
Wahrnehmung der Chancengleichheit in Bundesunternehmen<br />
Um zu erfassen, wie Chancengleichheit in <strong>Unternehmen</strong> gelebt und wahrgenommen wird, wurden<br />
die an der Umfrage teilnehmenden Frauen gebeten, verschiedene Aussagen dazu zu bewerten.<br />
Bei den Bundesbeteiligungen hat insgesamt die Zustimmung zu den verschiedenen Aussagen<br />
zur Chancengleichheit zugenommen (siehe Abbildung 2). Nur in Betriebsräten wird aus Sicht der<br />
Befragten Chancengleichheit weniger thematisiert als früher. Dagegen wird das Thema Chancengleichheit<br />
im Aufsichtsrat häufiger aufgenommen; letzteres mag auch an der Verschärfung durch<br />
das FüPoG II liegen, da der Aufsichtsrat dadurch mehr gefordert ist.<br />
Abbildung 2: Wahrnehmung von Chancengleichheit in Bundesunternehmen<br />
Stimme völlig zu Stimme zu Stimme weder zu noch nicht zu Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu<br />
0,0 %<br />
17,1 %<br />
10,5 %<br />
48,7 %<br />
2,5 %<br />
15,1 %<br />
13,4 %<br />
41,2 %<br />
0,0 %<br />
6,6 %<br />
15,8 %<br />
32,9 %<br />
1,7 % 1,4 % 3,4 % 1,7 %<br />
4,2 %<br />
9,7 % 6,0 %<br />
16,4 %<br />
15,1 %<br />
37,5 %<br />
32,5 %<br />
29,4 %<br />
20,5 %<br />
4,3 %<br />
11,3 %<br />
23,5 %<br />
12,0 %<br />
17,3 %<br />
25,3 %<br />
17,9 %<br />
12,0 %<br />
23,1 %<br />
27,4 %<br />
31,5 %<br />
24,3 %<br />
44,7 %<br />
49,6 %<br />
29,2 %<br />
26,7 %<br />
25,6 %<br />
23,7 %<br />
27,7 %<br />
22,2 %<br />
30,8 %<br />
30,1 %<br />
36,5 %<br />
18,7 %<br />
21,4 %<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
haben Frauen die gleichen<br />
Chancen wie Männer, Positionen<br />
in der <strong>Unternehmen</strong>sführung<br />
und im Aufsichtsrat<br />
zu besetzen.“<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
gibt es ein klares Commitment<br />
der Geschäftsführung<br />
für Chancengleichheit.“<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
ist Chancengleichheit in<br />
Führungspositionen Thema<br />
im Aufsichtsrat.“<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
ist Chancengleichheit in<br />
Führungspositionen Thema<br />
im Betriebsrat.“<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
werden für Positionen im<br />
Top-Management und Aufsichtsrat<br />
externe Personalberatungen<br />
eingesetzt.“<br />
13
Kapitel 3<br />
Wahrnehmung der Chancengleichheit<br />
Wahrnehmung der Chancengleichheit in Landesunternehmen<br />
Bei den Landesunternehmen ergibt sich ein anderes Bild, wie aus Abbildung 3 hervorgeht. So ist<br />
im Vergleich zwischen 2020 und 2022 das Commitment zu Chancengleichheit in allen <strong>Unternehmen</strong>sbereichen<br />
gestiegen. Hierbei muss man allerdings beachten, dass die Zustimmung zu den<br />
verschiedenen Aussagen bei der Befragung im Jahr 2020 niedriger lag als in Bundesunternehmen.<br />
In Landesunternehmen sind jedoch mittlerweile drei Viertel der befragten Frauen überzeugt, dass<br />
es ein klares Commitment der Geschäftsführung ihres <strong>Unternehmen</strong>s zu Chancengleichheit gibt.<br />
Wie bei Bundesunternehmen ist hier allerdings ebenfalls ein Rückgang des Themas Chancengleichheit<br />
im Betriebsrat zu verzeichnen.<br />
Abbildung 3: Wahrnehmung von Chancengleichheit in Landesunternehmen<br />
Stimme völlig zu Stimme zu Stimme weder zu noch nicht zu Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu<br />
7,0 %<br />
23,3 %<br />
13,3 %<br />
35,4 %<br />
5,1 %<br />
15,2 %<br />
14,6 %<br />
35,4 %<br />
3,0 %<br />
13,3 %<br />
20,0 %<br />
33,3 %<br />
2,5 %<br />
10,8 %<br />
12,0 %<br />
39,2 %<br />
3,4 %<br />
10,3 %<br />
37,6 %<br />
27,4 %<br />
5,2 %<br />
9,6 %<br />
32,1 %<br />
32,1 %<br />
3,4 %<br />
9,5 %<br />
23,6 %<br />
36,5 %<br />
3,2 %<br />
14,1 %<br />
25,0 %<br />
31,4 %<br />
9,9 %<br />
14,5 %<br />
25,5 %<br />
28,5 %<br />
5,8 %<br />
9,7 %<br />
21,4 %<br />
35,7 %<br />
21,0 %<br />
29,7 %<br />
30,4 %<br />
35,4 %<br />
21,3 %<br />
21,2 %<br />
27,0 %<br />
26,3 %<br />
21,7 %<br />
27,3 %<br />
2020 2022<br />
2020 2022<br />
2020 2022<br />
2020 2022<br />
2020 2022<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
haben Frauen die gleichen<br />
Chancen wie Männer, Positionen<br />
in der <strong>Unternehmen</strong>sführung<br />
und im Aufsichtsrat<br />
zu besetzen.“<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
gibt es ein klares Commitment<br />
der Geschäftsführung<br />
für Chancengleichheit.“<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
ist Chancengleichheit in<br />
Führungspositionen Thema<br />
im Aufsichtsrat.“<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
ist Chancengleichheit in<br />
Führungspositionen Thema<br />
im Betriebsrat.“<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong><br />
werden für Positionen im<br />
Top-Management und Aufsichtsrat<br />
externe Personalberatungen<br />
eingesetzt.“<br />
14
15
Kapitel 4<br />
Karrierehemmnisse<br />
Karrierehemmnisse für Frauen<br />
Im Folgenden werden von den Befragten wahrgenommene Hemmnisse aufgeführt, die<br />
es Frauen erschweren, Positionen in der <strong>Unternehmen</strong>sführung oder im Aufsichtsrat zu<br />
besetzen. Wie im Abschnitt zuvor werden jeweils die Hemmnisse in Bundes- und Landesunternehmen<br />
getrennt dargestellt und betrachtet.<br />
Wahrgenommene Hemmnisse in Bundesunternehmen<br />
Wie bei den im Abschnitt zuvor aufgezeigten Ergebnissen, ergibt sich auch bei den<br />
Hemmnissen, die es Frauen erschweren in Aufsichtsgremien oder Führungsebenen<br />
eines <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong>s des Bundes eine Position zu besetzen, ein gemischtes<br />
Bild (siehe Abb. 4). So hat sich beispielsweise die Transparenz bei Besetzungsverfahren<br />
merklich verbessert. Dagegen nimmt weiterhin jede zweite Frau männerdominierte<br />
Führungsstrukturen als Hemmnis für ihre Karriere wahr. Diese stehen nicht nur der<br />
Chancengleichheit im Weg, sondern sind auch inkompatibel mit der Forderung nach<br />
insgesamt kooperativeren und agileren Organisations- und Führungsformen moderner<br />
<strong>Unternehmen</strong>. Ebenso ist es auffällig, dass Frauen Vorurteile ihnen gegenüber stärker<br />
als vor zwei Jahren als Hemmnis für ihre Karriere wahrnehmen. Dies könnte unter anderem<br />
an der gestiegenen Sensitivität dem Thema gegenüber liegen, bleibt aber – wie<br />
auch immer man es interpretiert – ein sehr unbefriedigendes Ergebnis. Ebenso kritisch<br />
zu hinterfragen ist, dass immer mehr Frauen eine autoritären Führungskultur in ihrem<br />
<strong>Unternehmen</strong> feststellen, die sie zunehmend als karrierehinderlich empfinden.<br />
16
Abbildung 4: Hemmnisse für die Besetzung von Führungspositionen in Bundesunternehmen<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong> existieren folgende Hemmnisse, die es Frauen erschweren, Positionen in der<br />
<strong>Unternehmen</strong>sführung/bzw. im Aufsichtsrat zu besetzen:“<br />
Ja Nein Weiß nicht<br />
10,4 % 5,8 %<br />
61,0 %<br />
64,4 %<br />
2,6 % 6,7 % 26,9 % 30,7 % 27,2 % 9,0 % 17,5 % 7,9 % 4,9 % 13,6 %<br />
46,8 %<br />
59,2 %<br />
41,3 %<br />
44,9 %<br />
68,4 %<br />
66,0 %<br />
43,7 %<br />
49,0 %<br />
26,7 %<br />
31,1 %<br />
28,6 %<br />
29,8 %<br />
50,6 % 51,9 %<br />
24,0 %<br />
42,7 %<br />
41,7 %<br />
46,2 %<br />
38,8 %<br />
23,7 %<br />
35,9 %<br />
20,4 %<br />
2020 2022<br />
Autoritäre<br />
Führungskultur<br />
2020 2022<br />
Männerdominierte<br />
Führungsstrukturen<br />
2020 2022<br />
Politisches<br />
Proporzdenken<br />
2020 2022<br />
Fehlende Sanktionen<br />
bei Nichterfüllung<br />
von Quoten/<br />
Zielgrößen<br />
2020 2022<br />
Geringe<br />
Transparenz bei Besetzungsverfahren<br />
2020 2022<br />
Vorurteile<br />
gegenüber Frauen<br />
2020 2022<br />
Keine Rücksichtnahme<br />
auf<br />
Betreuungspflichten<br />
Unverändert bleibt die Wahrnehmung fehlender Sanktionen bei der Nichterfüllung von Quoten oder<br />
Zielgrößen. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des FüPoG II zwischen den<br />
beiden Erhebungen auffällig. Damit hat das FüPoG II trotz Nachschärfungen in dem Bereich nach<br />
einem Jahr noch zu keiner spürbaren Veränderung geführt und scheint von vielen Betroffenen noch<br />
nicht in Gänze wahrgenommen zu werden. Dies mag daran liegen, dass die vorhandenen Sanktionen<br />
bisher nicht öffentlichkeitswirksam eingesetzt wurden. Die verschärften Sanktionen müssten<br />
bei deutlichen Verstößen klar zum Tragen kommen.<br />
17
Kapitel 4<br />
Karrierehemmnisse<br />
Wahrgenommene Hemmnisse in Landesunternehmen<br />
Die nachstehenden Ergebnisse zeigen, dass wie bei den <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> des Bundes<br />
sich auch bei den Landesbeteiligungen ein heterogenes Bild hinsichtlich der Entwicklung der Aufstiegshemmnisse<br />
für Frauen ergibt (s. Abbildung 5). Einen deutlichen Rückgang gibt es hier jedoch<br />
bei der Wahrnehmung einer autoritären Führungskultur. Während 2020 noch fast jede zweite Befragte<br />
dies als Hemmnis benannt hat, ist es zwei Jahre später nur noch nahezu jede vierte Frau, die<br />
dies als hinderlich für ihre Karriere empfindet. Ebenfalls gibt es auch einen Rückgang bei männerdominierten<br />
Führungsstrukturen, die immer noch am stärksten als Hemmnis für den weiblichen<br />
Aufstieg empfunden werden. Im Jahr 2022 empfanden noch 57,4 Prozent der Befragten dies als<br />
Hemmnis. Eine positive Tendenz gibt es bei der Transparenz von Besetzungsverfahren und Vorurteilen<br />
gegenüber Frauen, die diese nun weniger stark als Aufstiegshindernis empfinden.<br />
Zugenommen hat die Wahrnehmung fehlender Sanktionen bei der Nichterfüllung von Quoten oder<br />
Zielgrößen. Dies deutet darauf hin, dass die Auswirkungen der Gesetze bei den Befragten bei den<br />
Landesunternehmen stärker registriert werden, aber dass das FüPoG II in diesem Punkt eine noch<br />
nicht ausreichende Wirkung entfaltet hat.<br />
Abbildung 5: Hemmnisse für die Besetzung von Führungspositionen in Landesunternehmen<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong> existieren folgende Hemmnisse, die es Frauen erschweren, Positionen in der<br />
<strong>Unternehmen</strong>sführung/bzw. im Aufsichtsrat zu besetzen:“<br />
Ja Nein Weiß nicht<br />
13,3 %<br />
9,6 % 5,5 % 8,1 % 20,9 % 41,6 % 27,9 % 14,0 % 15,6 % 17,3 % 10,4 % 16,3 %<br />
24,9 % 34,6 %<br />
51,5 %<br />
41,1 %<br />
62,5 %<br />
43,0 %<br />
48,9 % 48,0 %<br />
63,7 %<br />
60,0 %<br />
69,6 %<br />
35,3 %<br />
57,4 %<br />
26,4 %<br />
45,6 %<br />
27,9 %<br />
27,6 %<br />
32,0 %<br />
36,8 %<br />
43,0 %<br />
35,6 %<br />
34,6 %<br />
25,9 %<br />
23,7 %<br />
2020 2022<br />
Autoritäre<br />
Führungskultur<br />
2020 2022<br />
Männerdominierte<br />
Führungsstrukturen<br />
2020 2022<br />
Politisches<br />
Proporzdenken<br />
2020 2022<br />
Fehlende Sanktionen<br />
bei Nichterfüllung<br />
von Quoten/<br />
Zielgrößen<br />
2020 2022<br />
Geringe<br />
Transparenz bei Besetzungsverfahren<br />
2020 2022<br />
Vorurteile<br />
gegenüber Frauen<br />
2020 2022<br />
Keine Rücksichtnahme<br />
auf Betreuungspflichten<br />
18
19
Kapitel 5<br />
Maßnahmen für<br />
Chancengleichheit<br />
Maßnahmen für Chancengleichheit<br />
Nachdem der aktuelle Stand der Gleichstellung in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> und den zugrundeliegenden<br />
Aufstiegshemmnisse für Frauen beschrieben wurden, richtet sich nun der Blick auf Maßnahmen<br />
zur aktiven Förderung der Chancengleichheit.<br />
Überblick über die angebotenen Maßnahmen<br />
Abbildung 6 gibt einen Überblick über die verschiedenen Instrumente zur Förderung der Chancengleichheit,<br />
die in Bundes- und Landesbeteiligungen bereits angeboten werden. Klassische Instrumente<br />
zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, wie beispielsweise flexible Arbeitszeiten<br />
oder Führen aus dem Homeoffice, kommen am häufigsten vor. Zusätzlich gibt es mehrere<br />
Instrumente, die der Erleichterung von Führung durch flexible Arbeitsmodelle neben der Beschäftigung<br />
in Vollzeit dienen. Zu nennen sind hier Führen in Teilzeit und Jobsharing. Dieses Instrument<br />
wird allerdings von allen in der Umfrage erfassten Instrumenten am seltensten angeboten; nur jedes<br />
vierte <strong>Unternehmen</strong> bietet diese Möglichkeit. Zu den Maßnahmen, die dem Empowerment von<br />
Frauen dienen sollen, zählen beispielsweise Qualifizierungsangebote oder Mentoring. Gezieltes<br />
Coaching für Frauen und Netzwerke, die auch dieser Kategorie zugeordnet werden können, werden<br />
bislang deutlich seltener von <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> offeriert.<br />
20
Abbildung 6: Auswahl von Instrumenten zur Förderung der Chancengleichheit (Bund und Länder)<br />
„In meinem <strong>Unternehmen</strong> bestehen folgende Instrumente zur Förderung der Chancengleichheit:“<br />
Ja Nein Weiß nicht<br />
Flexible Arbeitszeiten<br />
Führung aus dem Homeoffice<br />
Qualifizierungsmaßnahmen<br />
Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten<br />
97,29 %<br />
85,27 % 11,24 %<br />
77,82 % 16,34 %<br />
2,33 %<br />
3,49 %<br />
5,84 %<br />
Eine für Chancengleichheit zuständige Abteilung/Beauftragte<br />
76,17 % 13,28 %<br />
68,60 % 21,71 %<br />
10,55 %<br />
9,69 %<br />
Führen in Teilzeit<br />
68,36 % 19,14 % 12,50 %<br />
Transparente Angaben zum Frauenanteil, z.B. nach …<br />
48,06 % 35,66 % 16,28 %<br />
Mentoring<br />
44,96 %<br />
46,90 %<br />
8,14 %<br />
Hohe Transparenz bei Besetzungsverfahren<br />
42,64 %<br />
41,09 %<br />
16,28 %<br />
Frauennetzwerke<br />
Karriereentwicklungspläne<br />
Kinderbetreuungsangebote<br />
Gezielte Frauenförderpläne<br />
40,31 %<br />
38,76 %<br />
34,50 %<br />
33,98 %<br />
51,94 %<br />
48,06 %<br />
56,59 %<br />
53,13 %<br />
7,75 %<br />
13,18 %<br />
8,91 %<br />
12,89 %<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat<br />
35,16 %<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand<br />
39,84 %<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil in der 1. Managementebene<br />
38,13 %<br />
32,81 %<br />
33,98 %<br />
39,30 %<br />
32,03 %<br />
26,17 %<br />
22,57 %<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil in der 2. Managementebene<br />
33,85 % 43,19 %<br />
Gezieltes Coaching für Frauen<br />
31,40 %<br />
55,43 %<br />
22,96 %<br />
13,18 %<br />
Jobsharing<br />
23,35 %<br />
59,53 %<br />
17,126 %<br />
21
Kapitel 5<br />
Maßnahmen für Chancengleichheit<br />
Erkenntnisse aus dem Vergleich zwischen angebotenen und genutzten<br />
Maßnahmen<br />
Der Vergleich zwischen angebotenen und genutzten Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit<br />
zeigt, dass die am häufigsten angebotenen Maßnahmen auch am stärksten genutzt<br />
werden (Führung aus dem Homeoffice und flexible Arbeitszeiten). Abbildung 7 gibt hierzu einen<br />
Überblick.<br />
Andere Maßnahmen aus dem Bereich Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben werden allerdings<br />
weniger genutzt und scheinen für Frauen in Führungspositionen eine untergeordnete Rolle zu spielen.<br />
Die Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten und Führen in Teilzeit werden in weniger als der<br />
Hälfte der angebotenen Fälle wahrgenommen. Dabei werden diese Themen oder das Fehlen der<br />
Bereitschaft, sie zu berücksichtigen, durchaus für die Karriereentwicklung als relevant angesehen.<br />
Frauennetzwerke und gezieltes Coaching für Frauen werden hingegen im Vergleich zu dem Angebot<br />
sehr stark genutzt und scheinen dementsprechend eine (verhältnismäßig) große Rolle für<br />
Frauen in Führungspositionen zu spielen. Die Bedeutung von Frauenförderplänen wird eher gering<br />
bewertet, ebenso wie reine Frauenveranstaltungen, die teils von den befragten Frauen als nicht<br />
zielführend angesehen werden.<br />
Eine für Chancengleichheit zuständige Abteilung bzw. Beauftragte scheint für Frauen in Führungspositionen<br />
ebenfalls nur eine stark untergeordnete Rolle zu spielen.<br />
22
Abbildung 7: Nutzung der Instrumente zur Förderung der Chancengleichheit (Bund und Länder)<br />
Prozentualer Anteil der Nutzung pro Angebot<br />
Führung aus dem Homeoffice<br />
Felxible Arbeitszeiten<br />
Frauennetzwerke<br />
Qualifizierungsmaßnahmen<br />
92,78 %<br />
86,85 %<br />
86,54 %<br />
75,00 %<br />
Gezieltes Coaching für Frauen<br />
61,73 %<br />
Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten<br />
Mentoring<br />
Führen in Teilzeit<br />
Karriereentwicklungspläne<br />
Kostenerstattung von Kinderbetreuungsangeboten<br />
Gezielte Frauenförderpläne<br />
Kinderbetreuungsangebote<br />
Eine für Chancengleichheit zuständige Abteilung/Beauftragte<br />
Jobsharing<br />
Transparente Angaben zum Frauenanteil, z.B. nach …<br />
45,13 %<br />
42,24 %<br />
36,00 %<br />
35,00 %<br />
25,00 %<br />
22,99 %<br />
21,35 %<br />
18,64%<br />
10,00 %<br />
2,42 %<br />
23
Kapitel 5<br />
Maßnahmen für Chancengleichheit<br />
Gewünschte Instrumente zur Förderung von Chancengleichheit<br />
Die nachfolgende Abbildung 8 illustriert, dass die meist angebotenen Instrumente auch am stärksten<br />
von den Frauen gewünscht werden. So werden Instrumente zur Vereinbarkeit von Berufs- und<br />
Privatleben, wie flexible Arbeitszeiten, Führung aus dem Homeoffice oder die Rücksichtnahme auf<br />
Betreuungspflichten, vorrangig gewünscht, aber nicht immer auch genutzt. So wird beispielsweise<br />
die Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten von nicht einmal der Hälfte der Frauen in Anspruch<br />
genommen, auch wenn sie vorhanden ist.<br />
Sehr häufig gewünscht werden jedoch Instrumente, die dem Empowerment von Frauen dienen.<br />
Hierzu zählen beispielsweise gezieltes Coaching für Frauen und Mentoring sowie Karriereentwicklungspläne.<br />
Genutzt werden letztere allerdings, sofern sie denn angeboten werden, bisher auch<br />
nur zu 35 %. Dieser scheinbare Gegensatz zwischen dem starken Wunsch einerseits und der geringeren<br />
Nutzung bei Angebot andererseits ist kaum erklärbar. Unter Umständen entsprechen die<br />
Angebote nicht den Vorstellungen der Frauen oder können aufgrund deren jeweiliger beruflicher<br />
oder privater Situation nicht genutzt werden. Frauen nehmen weit seltener Coaching-Angebote an<br />
als Männer, eventuell aus dem Grund, weil sie es selber schaffen wollen.<br />
24
Abbildung 8: Wunsch nach Instrumenten zur Förderung der Chancengleichheit (Bund und Länder)<br />
„Ich wünsche mir folgende Maßnahmen, um meine Chancen auf eine Position im Top-Management oder<br />
Aufsichtsrat zu verbessern:“<br />
Stimme völlig zu Stimme zu Stimme weder zu noch nicht zu Stimme nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Weiß nicht<br />
Flexible Arbeitszeiten<br />
54,66 %<br />
31,36 %<br />
11,44 %<br />
0,85 %; 1,27 %; 0,42 %;<br />
Führung aus dem Homeoffice<br />
Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten<br />
Führen in Teilzeit<br />
Karriereentwicklungspläne<br />
Gezieltes Coaching für Frauen<br />
47,23 % 31,91 % 14,04 %<br />
45,76 % 34,32 % 13,98 %<br />
45,11 % 30,64 % 15,32 %<br />
42,13 % 39,15 % 12,34 %<br />
41,95 % 37,29 % 15,68 %<br />
4,26 %; 0,85 %; 1,70 %;<br />
2,54 %; 2,12 %; 1,27 %;<br />
4,26 %; 2,13 %; 2,55 %;<br />
3,40 %; 1,70 %; 1,28 %;<br />
2,54 %; 1,69 %; 0,85 %;<br />
Mentoring<br />
41,35 % 37,97 % 15,61 %<br />
2,53 %; 1,27 %; 1,27 %;<br />
Qualifizierungsmaßnahmen<br />
39,15 %<br />
41,28 %<br />
14,47 %<br />
1,70 %; 1,28 %; 2,13 %;<br />
Hohe Transparenz bei Besetzungsverfahren<br />
36,02 %<br />
34,32 %<br />
21,19 %<br />
5,93 %; 1,27 %; 1,27 %;<br />
Gezielte Frauenförderpläne<br />
35,59 %<br />
35,17 %<br />
19,07 %<br />
6,78 %; 2,12 %; 1,27 %;<br />
Kinderbetreuungsangebote<br />
34,75 %<br />
28,81 %<br />
22,03 %<br />
8,05 %; 4,24 %; 2,12 %;<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat<br />
33,33 %<br />
33,76 %<br />
20,94 %<br />
7,26 %; 1,71 %; 2,99 %;<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand<br />
33,62 %<br />
33,19 %<br />
20,43 %<br />
7,23 %; 2,13 %; 3,40 %;<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil in der 1. Managementebene<br />
33,47 %<br />
33,47 %<br />
22,46 %<br />
6,36 %; 1,69 %; 2,54 %;<br />
Zielgrößen für den Frauenanteil in der 2. Managementebene<br />
33,19 %<br />
33,62 %<br />
22,13 %<br />
6,38 %; 2,13 %; 2,55 %;<br />
Jobsharing<br />
28,45 %<br />
27,16 %<br />
23,71 %<br />
7,76 %; 3,88 %; 9,05 %;<br />
Frauennetzwerke<br />
27,78 % 38,46 %<br />
22,65 %<br />
5,13 %; 3,85 %; 2,14 %;<br />
Transparente Angaben zum Frauenanteil, z.B. nach Ampelsystem<br />
25,96 % 31,49 %<br />
25,53 %<br />
11,91 %<br />
2,55 %; 2,55 %;<br />
Sanktionen bei Nichterfüllung von Frauenquoten<br />
23,4 %<br />
21,7 %<br />
25,11 %<br />
22,13 %<br />
4,68 %; 2,98 %;<br />
Eine für Chancengleichheit zuständige Abteilung/ Beauftragte<br />
9,13 %<br />
29,66 %<br />
32,63 % 15,25 %<br />
5,08 %; 1,27 %;<br />
25
Kapitel 6<br />
Handlungsempfehlungen<br />
und Praxistipps<br />
Handlungsempfehlungen<br />
und Praxistipps zur weiteren<br />
Verbesserung der gelebten<br />
Gleichberechtigung<br />
Grundlage der folgenden Handlungsempfehlungen sind die skizzierten Ergebnisse der Online-<br />
Befragung ergänzt um die Erkenntnisse aus den Expert:innenbefragungen sowie dem Roundtable.<br />
Es werden zunächst die Empfehlungen und Praxistipps für Bundes- und Landesunternehmen<br />
dargestellt und abschließend noch Vorschläge für Verantwortliche in den Landesregierungen<br />
gegeben.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Wenn Sie als Verantwortliche/r in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> gelebte Gleichberechtigung in Führungspositionen<br />
aktiv unterstützen und so das gesamte Potential ihrer Mitarbeitenden nutzen wollen,<br />
bieten sich u.a. folgende Maßnahmen an:<br />
Punkt a:<br />
Nutzung und Bekanntmachung von Zielgrößen für Frauen in Aufsichts- und Führungspositionen,<br />
Punkt b:<br />
Schaffung von Transparenz bei der Besetzung von Aufsichts- und Führungspositionen,<br />
Punkt c:<br />
Etablierung von (Frauen-) Netzwerken,<br />
Punkt d:<br />
Stärkung des Empowerments,<br />
Punkt e:<br />
Entwicklung einer gleichberechtigten, menschenzentrierten <strong>Unternehmen</strong>skultur.<br />
26
a)<br />
Nutzung und Bekanntmachung von Zielgrößen für Frauen in Aufsichtsund<br />
Führungspositionen<br />
Quoten und Zielgrößen stellen ein zentrales Instrument des Führungspositionengesetzes zur Erhöhung<br />
der Chancengleichheit von Frauen in Aufsichts- und Führungsgremien dar. Die vorgestellten<br />
Ergebnisse in diesem Leitfaden belegen anschaulich, dass diese gesetzlichen Vorgaben bekannter<br />
gemacht werden und intern mehr verfolgt werden sollten. Dies ist u.a. auch Aufgabe des Betriebsrates.<br />
Dass dieser bisher das Thema Zielgrößen und deren Umsetzung verhältnismäßig wenig und<br />
bei den Bundesunternehmen sogar mit abnehmender Tendenz thematisiert, macht nachdenklich,<br />
ist doch gerade der Betriebsrat für die Belange aller Mitarbeitenden zuständig. Doch bereits frühere<br />
Studien haben herausgefunden, dass knapp die Hälfte der Betriebsratsmitglieder mit den gesetzlichen<br />
Regelungen etwa zu den Zielgrößen nicht vertraut ist, wie die in 2020 durchgeführte<br />
Evaluation der FüPo-Gesetze durch das BMFSFJ zeigt. Denn viele der positiven Entwicklungen<br />
hinsichtlich der gleichberechtigen Teilhabe von Frauen und Männern in Aufsicht und Führung von<br />
<strong>Unternehmen</strong> sind auf die gesetzlichen Quotenregelungen und Zielgrößen zurückzuführen. Zudem<br />
sollte auf die Einhaltung der definierten Zielgrößen geachtet und transparent intern und extern kommuniziert<br />
werden.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Nehmen Sie Zielgrößen und deren Umsetzung in Ihre <strong>Unternehmen</strong>sstrategie auf!<br />
Berücksichtigen und verankern Sie diese in der Vision und dem Leitbild Ihres <strong>Unternehmen</strong>s!<br />
Definieren Sie Zielgrößen für Ihr <strong>Unternehmen</strong>!<br />
Sensibilisieren Sie Ihren Betriebsrat für dieses Thema!<br />
Diskutieren Sie Zielgrößen intern und machen diese transparent!<br />
Achten Sie auf die Einhaltung der formulierten Zielgrößen in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> und deren<br />
transparente Darstellung nach innen und außen!<br />
27
Kapitel 6<br />
Handlungsempfehlungen und Praxistipps<br />
b)<br />
Schaffung von Transparenz bei der Besetzung von Aufsichts- und<br />
Führungspositionen<br />
Ein wichtiges Element für die geschlechtsunabhängige Chancengleichheit in Aufsichts- und Führungsgremien<br />
stellen Besetzungsprozesse für diese Positionen dar. Die Auswahlprozesse und<br />
Auswahlkriterien sollten gut strukturiert und transparent gestaltet sein. Außerdem sollte bei der<br />
Besetzung von Auswahlgremien auf eine paritätische Besetzung geachtet werden, da häufig z.B.<br />
unbewusste Vorurteile zu einer Besetzung der Positionen mit männlichen Kandidaten nach dem<br />
Ähnlichkeitsprinzip führen. Bei Stellenausschreibungen ist auf eine neutrale Formulierung zu achten,<br />
so dass nicht unbewusst eher männliche Charakteristika genannt werden. Zudem empfiehlt sich der<br />
Einsatz möglichst standardisierter Verfahren, damit bei Besetzungsprozessen nicht das subjektive<br />
Bauchgefühl über weitestgehend objektive Auswahlkriterien entscheidet. Es sollte außerdem vorab<br />
klar festgelegt werden, dass z.B. auf der Long List und ebenso auf der Short List mindestens 30-50<br />
% Frauen vertreten sein sollen.<br />
Erfahrung aus der Praxis<br />
Das Beteiligungsmanagement eines deutschen Stadtstaates achtet beispielsweise bewusst auf eine<br />
effektivere Rekrutierung von Frauen für Geschäftsleitungen in seinen Beteiligungsunternehmen.<br />
Maßnahmen umfassen eine geschlechterparitätische Besetzung der Findungs- bzw. Auswahlkommission,<br />
die Teilnahme von Gleichstellungsbeauftragten am Auswahlverfahren, das Hinzuziehen<br />
externer Beratung, eine aktive Gestaltung des Anforderungsprofils, die <strong>öffentliche</strong> Ausschreibung<br />
zu besetzender Stellen in den Geschäftsleitungen oder Geschlechterquoten für die Long- und Short-<br />
List. Darüber hinaus sollen gleichstellungsfördernde Maßnahmen in den Landesunternehmen verankert<br />
werden. Konkrete Maßnahmen zielen beispielsweise auf die Erleichterung von Teilzeit und<br />
Tandem-Geschäftsführungen und eine (nachhaltige) Stärkung des Frauenanteils der zweiten und<br />
(ggf.) dritten Führungsebene mittels der Schaffung eines Nachwuchsprogramms für Frauen mit dem<br />
Ziel der Vorbereitung auf gehobene Führungs- und Geschäftsleitungspositionen, Angebot effektiver<br />
Mentoringprogramme oder der besseren Sichtbarmachung von Frauen durch Netzwerke. Ziel ist<br />
es, langfristig eine Geschlechterparität zu erreichen. Mit den Maßnahmen soll auch ein kultureller<br />
Wandel eingeleitet werden, um den Erfolg langfristig zu sichern.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Achten Sie auf eine paritätische Besetzung von Auswahlgremien!<br />
Legen Sie klare Auswahlkriterien fest!<br />
Achten Sie darauf, dass Ausschreibungstexte und Anforderungsprofile so formuliert werden,<br />
dass sich jede und jeder (m/w/d) davon angesprochen fühlt!<br />
Setzen Sie sich für Long- und Shortlisten mit Mindestgeschlechterquoten ein!<br />
Objektivieren Sie Stellenbesetzungsverfahren – beispielsweise durch strukturierte Interviews!<br />
28
c)<br />
Etablierung von (Frauen-) Netzwerken<br />
Da Frauen bisher nicht so selbstverständlich innerhalb und außerhalb der Arbeitszeit netzwerken wie<br />
Männer, besteht immer noch Nachholbedarf im Aufbau von weiblichen <strong>Unternehmen</strong>snetzwerken.<br />
Derartige Netzwerke bieten nicht nur Möglichkeiten zur Vernetzung, sondern auch zur inhaltlichen<br />
und persönlichen Weiterentwicklung sowie zum Austausch über den Umgang mit wahrgenommenen<br />
Karrierehindernissen, so individuell diese sein mögen. Daher empfiehlt es sich, unternehmensintern<br />
oder unternehmensübergreifend (beispielsweise ausgehend vom Bundes- oder Landes-<br />
Beteiligungsmanagement) Netzwerke zu etablieren. In diesem Kontext sollte nach Möglichkeit auch<br />
ein Austausch zwischen bestehenden Netzwerken angeregt werden.<br />
Erfahrung aus der Praxis<br />
Das Beteiligungsmanagement eines Bundeslandes plant ein landesübergreifendes Netzwerk<br />
aller <strong>öffentliche</strong>n Beteiligungen zu etablieren, in dem sich Frauen in Aufsichts- und Führungspositionen<br />
vernetzen können. Dafür haben Sie eine Diversity-Expertin engagiert, die<br />
eine entsprechende Plattform etablieren soll. Außerdem sind übergreifende Netzwerktreffen<br />
geplant. Für die Etablierung eines solchen Netzwerkes sind nicht einmal viele Ressourcen<br />
notwendig. Es müssen insbesondere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und initiativ alle Beteiligungen<br />
angeschrieben und motiviert werden, daran teilzunehmen.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Fördern Sie den Austausch Ihrer Mitarbeitenden in unternehmensinternen und unternehmensübergreifenden<br />
Netzwerken. Beziehen Sie dabei bewusst auch Männer mit ein – beispielsweise<br />
in gemischten Netzwerken!<br />
Ermitteln Sie, in welchen Netzwerken Ihre Mitarbeitenden sich engagieren und fördern Sie<br />
den Austausch und die Vernetzung zwischen den Netzwerken!<br />
Initiieren und unterstützen Sie unternehmensinterne und -übergreifende Netzwerke!<br />
Machen Sie die vorhandenen Netzwerke und deren Arbeit sichtbar!<br />
29
Kapitel 6<br />
Handlungsempfehlungen und Praxistipps<br />
d)<br />
Stärkung des Empowerments<br />
Sowohl in Bundes- als auch Landesbeteiligungen nehmen Frauen auf dem Weg nach oben oft<br />
Selbstzweifel wahr. Frauen scheinen einfach zurückhaltender und vorsichtiger in der Selbsteinschätzung<br />
als Männer zu sein und sind dann auch nicht so forsch, wenn es beispielsweise um den<br />
Karrieresprung auf eine höhere Ebene geht, wie viele Beispiele mit interviewten Frauen zeigen. Sie<br />
wünschen sich dann einen Chef oder eine Chefin, der/die sie entsprechend ermutigt und unterstützt<br />
und das auch formuliert.<br />
Neben diesen Formen des Empowerments wünschen Frauen sich ein gezieltes Coaching, aber auch<br />
die Etablierung von mehr Role Models in den verschiedenen Führungsebenen. Erfahrungsgemäß<br />
trauen sie sich dann Karriereschritte auch eher zu. Des Weiteren können die eben vorgestellten Netzwerke<br />
helfen, den Frauen durch den Austausch mit anderen mehr Selbstbewusstsein zu verleihen.<br />
Erfahrung aus der Praxis<br />
Ein großes Landesunternehmen etabliert beispielsweise gezielt weibliche Role Models, die dann<br />
anderen Frauen im <strong>Unternehmen</strong> in entsprechenden Veranstaltungen über ihren Weg nach oben<br />
berichten und dabei auch Stolpersteine – und den persönlichen Umgang damit – nicht auslassen.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Machen Sie in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> existierende Role Models, d.h. bereits erfolgreiche Frauen<br />
in Führungspositionen sichtbarer, so dass sie als Vorbilder für andere Frauen dienen können!<br />
Bieten Sie Coaching für Frauen an, in denen mögliche Selbstzweifel adressiert werden!<br />
Frauen wollen nicht priorisiert werden. Setzen Sie auf eine persönliche Ansprache und<br />
schenken Sie allen Mitarbeitenden gleichermaßen Vertrauen!<br />
Sprechen Sie in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> an, warum es sich positiv auswirkt, wenn Frauen<br />
weiterkommen!<br />
Bieten Sie entsprechende Onboarding-Programme für Frauen mit Entwicklungspotential an!<br />
30
e)<br />
Entwicklung einer gleichberechtigten <strong>Unternehmen</strong>skultur<br />
Die <strong>Unternehmen</strong>skultur repräsentiert die im <strong>Unternehmen</strong> gelebten Werte und wird stark von der<br />
jeweiligen Art der <strong>Unternehmen</strong>ssteuerung beeinflusst. Gerade der Trend zu einer sehr leistungsorientierten<br />
Steuerung mit Kennzahlen erzeugt oft einen Druck auf einzelne Mitarbeitende oder<br />
Abteilungen, der dazu führen kann, dass eher gegeneinander als miteinander gearbeitet wird. Das<br />
steht oft diametral gegen eine <strong>Unternehmen</strong>skultur, die als menschenzentriert bezeichnet wird und<br />
deren Fokus auf Wertschätzung und persönlicher Entwicklung der Mitarbeitenden liegt. 1 Wenn eine<br />
menschenzentrierte Kultur im <strong>Unternehmen</strong> gelebt wird, ist auch die intrinsische Motivation der<br />
Mitarbeitenden viel höher, d.h. sie engagieren sich eigenständig für die Arbeit und/oder ihr <strong>Unternehmen</strong>,<br />
ohne dass hierfür zusätzliche extrinsische Anreize notwendig sind. Intrinsisch Motivierte<br />
weisen außerdem eine größere Kooperationsbereitschaft auf als extrinsisch Motivierte. Insbesondere<br />
das Thema Chancengleichheit erfordert von allen viel Kooperationsbereitschaft – gerade auch von<br />
den Männern, bei denen durchaus Verlustängste durch das gezielte Empowerment von Frauen entstehen<br />
können. Diesen (und anderen) Ängsten sollte konstruktiv begegnet werden. Auch das ist in<br />
einer Kultur mit hoher Kooperationsbereitschaft leichter, da hier auch eigene Interessen zugunsten<br />
des großen Ganzen zeitweise zurückgestellt werden.<br />
Voraussetzung für eine gleichberechtigte, menschenzentrierte <strong>Unternehmen</strong>skultur, die auf gegenseitiger<br />
Wertschätzung basiert, ist eine Steuerung, die Teamarbeit fördert, die auf Eigenverantwortlichkeit<br />
und stabilen gemeinsamen Werten, wie fairem Umgang miteinander, basiert. Voraussetzung<br />
dafür sind Führungskräfte, die diese Werte in ihrer Vorbildfunktion vorleben und z.B. unfaires Verhalten<br />
bei Mitarbeitenden entsprechend sanktionieren. Es gilt, für die <strong>Unternehmen</strong>sstrategie eine entsprechende<br />
Vision zu entwickeln, die das Potential von weiblichen Führungskräften miteinschließt und<br />
diese im Leitbild zu konkretisieren. Dabei braucht es höchstmögliche Transparenz über Vorgaben,<br />
Maßnahmen und deren Umsetzung. Fortschritte sind ehrlich und offen zu kommunizieren, aber<br />
auch Rückschläge. Werden die Maßnahmen von den Führungskräften und den betroffenen Frauen<br />
gemeinsam entwickelt, steigt erfahrungsgemäß deren Wirksamkeit und Akzeptanz und durch die<br />
Partizipation wird wiederum die intrinsische Motivation der Teilnehmenden erhöht. Eine besondere<br />
Rolle spielt dabei auch die Personalauswahl. Zukünftige Mitarbeitende und insbesondere Führungskräfte<br />
müssen diesen Werten entsprechen. Dabei könnte es ja sein, dass gerade Frauen mit den ihnen<br />
zugeschriebenen Kompetenzen eher als Kandidatinnen geeignet sind, da die menschenzentrierte<br />
<strong>Unternehmen</strong>skultur besonders kooperationsfähige und -willige, aber auch besonders kommunikative<br />
sowie emotional und sozial kompetente Mitarbeitende und Führungskräfte benötigt. In einem<br />
solchen Umfeld können sich dann am Ende nicht nur die weiblichen Führungskräfte, sondern alle<br />
wohler fühlen und auch entsprechend nachhaltig mehr leisten.<br />
Handlungsempfehlungen<br />
für die Praxis<br />
Übernehmen Sie Vorbildfunktion und führen selbst entsprechend den vereinbarten Werten und<br />
setzen Sie Gleichberechtigung als wichtiger Baustein auf die <strong>Unternehmen</strong>sagenda!<br />
Gestalten Sie den kulturellen Wandel aktiv mit, indem Sie darauf achten, dass <strong>Unternehmen</strong>ssteuerung<br />
nicht einseitig auf stark leistungsorientierte Einzel-Kennzahlen abzielt!<br />
1 Vgl. dazu grundlegend das Competing Value Model von Kim Cameron und Robert Quinn.<br />
31
Kapitel 6<br />
Handlungsempfehlungen und Praxistipps<br />
Bewerten Sie die Zielerreichung von Führungskräften auch an dem Erreichen von bestimmten<br />
Frauenanteilen in ihrer Abteilung. Dabei gilt es, zunächst eine entsprechende Vision zu entwickeln<br />
und daraus abgeleitet ein Leitbild zu formulieren. Erst daraus werden dann Vorgaben<br />
für das Top-Management formuliert, die deren Commitment hinsichtlich Zielerreichung<br />
und Verbindlichkeit erhöhen sollen.<br />
Langfristig sollten Führungskräfte ausgewählt werden, die nicht nur an Vorgaben orientiert,<br />
sondern intrinsisch motiviert sind, qualifizierte Frauen fördern und deren Potential entwickeln!<br />
Schaffen Sie Transparenz über Vorgaben, Maßnahmen und deren Umsetzung, aber auch über<br />
die Möglichkeiten, die Frauen im <strong>Unternehmen</strong> haben und über weibliche Vorbilder!<br />
Achten Sie auf Teamarbeit, in der die unterschiedlichsten Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
komplementär genutzt werden und nutzen Sie kollektive Ziele!<br />
Legen Sie einen großen Fokus auf die persönliche Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden!<br />
Achten Sie bei Neueinstellungen auch auf kommunikative und soziale Kompetenzen. Diese<br />
sind für eine menschenzentrierte <strong>Unternehmen</strong>skultur von großer Bedeutung.<br />
Fördern Sie das faire Miteinander Ihrer Mitarbeitenden und sanktionieren Sie unfaires<br />
Verhalten!<br />
32
Vorschläge<br />
für Verantwortliche<br />
in Landesregierungen<br />
Nicht nur die Führungskräfte in <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> sind in der Verpflichtung, gleichberechtigte<br />
Führung im <strong>Unternehmen</strong> zu fördern, auch Verantwortliche in Landesregierungen<br />
können sich stärker dafür einsetzen. Wenn Sie verantwortlich in einer Landesregierung<br />
sind, bieten sich u. a. folgende Maßnahmen an:<br />
Public Governance Kodizes mit konkreten Empfehlungen für die Besetzung von<br />
Aufsichtsrats- und Führungspositionen aufsetzen!<br />
Geschlechterquoten für Aufsichtsräte auf Landesebene nach Vorgabe der Regelung<br />
für Bundesunternehmen gesetzlich verankern!<br />
Als Gesellschafter der <strong>öffentliche</strong>n <strong>Unternehmen</strong> die Umsetzung der Vorgaben<br />
einfordern und diese nachhaltiger über den Aufsichtsrat überprüfen zu lassen!<br />
Schlussgedanken<br />
Und nun? Sie haben sich in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> für die Erhöhung der Transparenz bei<br />
der Besetzung von Aufsichts- und Führungspositionen eingesetzt, den Austausch von<br />
bestehenden (Frauen-) Netzwerke angeregt, neue etabliert und bereits erfolgreiche<br />
Frauen in Führungspositionen sichtbarer gemacht, so dass diese als Vorbilder für andere<br />
Frauen dienen können. Nun müssen diese Empfehlungen im <strong>Unternehmen</strong>salltag mit<br />
Leben gefüllt werden. Vielleicht funktioniert in Ihrem <strong>Unternehmen</strong> die eine Maßnahme<br />
besser und eine andere findet bei den Beschäftigten weniger Anklang. Der vorliegende<br />
Leitfaden soll Anregungen liefern, genau das auszuprobieren und kreativ zu sein.<br />
Die präsentierten Umfrageergebnisse belegen, dass im Bereich der gelebten Gleichberechtigung<br />
noch viel zu tun ist. Aber ein Anfang ist gemacht – und jetzt kommt es darauf<br />
an, wie Sie die Empfehlungen umsetzen und auf die spezifische Situation in Ihrem<br />
<strong>Unternehmen</strong> anpassen bzw. auch auf die jeweiligen Bedürfnisse der Mitarbeitenden<br />
eingehen. So können die Empfehlungen zur echten Chancengleichheit in Führung und<br />
Aufsicht beitragen. Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen.<br />
33
<strong>FidAR</strong> im Profil<br />
<strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V. ist eine überparteiliche, unabhängige, gemeinnützige und<br />
überregionale Initiative, die 2006 von Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Politik ins Leben gerufen wurde. <strong>FidAR</strong> strebt eine nachhaltige Erhöhung des Frauenanteils<br />
in den Aufsichtsräten deutscher <strong>Unternehmen</strong> und die Verbesserung der <strong>Unternehmen</strong>skontrolle<br />
an. Ziel der Initiative ist die paritätische Besetzung aller Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft.<br />
<strong>FidAR</strong> verfolgt diese Ziele im engen Austausch mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und<br />
in Kooperation mit den relevanten Wirtschafts- und Frauenverbänden. <strong>FidAR</strong> ist ein Netzwerk für<br />
Frauen und Männer und hat über 1.300 Mitglieder, die wichtige Positionen in Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und <strong>öffentliche</strong>m Leben einnehmen.<br />
Weiterführende Informationen zu <strong>FidAR</strong> e. V. unter www.fidar.de.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Anja Seng<br />
Präsidentin <strong>FidAR</strong> e. V.<br />
anja.seng@fidar.de<br />
Monika Schulz-Strelow<br />
Projektleitung Studien, Gründungspräsidentin<br />
Tel.: +49 (30) 887 14 47 13<br />
monika.schulz-strelow@fidar.de<br />
Elisabeth Kern<br />
Geschäftsführerin<br />
Tel.: +49 (30) 887 14 47 16<br />
elisabeth.kern@fidar.de<br />
<strong>FidAR</strong> – Frauen in die Aufsichtsräte e. V.<br />
Office K 61<br />
Kurfürstendamm 61<br />
10707 Berlin, Deutschland<br />
Tel.: +49 (30) 887 14 47 16<br />
Fax +49 (30) 887 14 47 20<br />
geschaeftsstelle@fidar.de<br />
www.fidar.de<br />
34
<strong>FidAR</strong>-Präsidentin<br />
Prof. Dr. Anja Seng im Profil<br />
Als Professorin, Moderatorin und Speakerin verbindet Prof. Dr. Anja Seng Praxisnähe und Wissenschaft.<br />
Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung an der Hochschule in Lehre, Forschung und<br />
Hochschulmanagement, die durch Beratungsprojekte optimal ergänzt werden. Seit vielen Jahren<br />
setzt sich Anja Seng für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen<br />
ein. Als langjähriges <strong>FidAR</strong>-Mitglied wurde sie nach zwei Jahren als Vize-Präsidentin im Oktober<br />
2022 zur <strong>FidAR</strong>-Präsidentin gewählt.<br />
Autorinnen<br />
Monika Schulz-Strelow im Profil<br />
Monika Schulz-Strelow ist Gründungspräsidentin und Ehrenvorsitzende des 2006 gegründeten Vereins<br />
„Frauen in die Aufsichtsräte“. Von 2006 – 2021 führte sie den Verein als Präsidentin. In dieser<br />
Funktion hat sie maßgeblich dazu beigetragen, die Quote für Frauen in Aufsichtsräten gesetzlich<br />
festzuschreiben. 2013 wurde sie dafür mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland<br />
ausgezeichnet. Sie ist MitInitiatorin der „Berliner Erklärung“, dem deutschlandweiten Bündnis für<br />
Gleichstellung, das heute von 21 Verbänden und Vereinen getragen wird. Alle haben ein gemeinsames<br />
Ziel: Die Gleichstellung von Frau und Mann in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.<br />
Monika Schulz-Strelow hat als langjährige Geschäftsführerin der BAO BERLIN – International GmbH<br />
erfolgreich die Interessen der Berliner Wirtschaft weltweit vertreten. Seit 2006 setzt sie viele der<br />
Arbeitsbereiche mit ihrem eigenen <strong>Unternehmen</strong> b.international group fort und betreut Investoren<br />
aus dem In- und Ausland.<br />
Von 2012 bis 2022 war sie Mitglied im Verwaltungsrat der Deutschen Klassenlotterie Berlin. Von 2015<br />
bis 2019 war sie Mitglied des Kuratoriums der RAG Stiftung. Seit Juli 2020 ist sie aktiv im Transformation<br />
Council der Franz Haniel & Cie. GmbH, sowie im Beirat des Grünen Wirtschaftsdialogs<br />
und im Beirat der Stiftung Bildung.<br />
Prof. Dr. Michèle Morner im Profil<br />
Michèle Morner ist Professorin für Führung, Personal und Entscheidung im <strong>öffentliche</strong>n Sektor an<br />
der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Sie promovierte und habilitierte<br />
zu Themen der Organisation und Steuerung von Konzernen und gründete 2010 an der Universität<br />
Witten/Herdecke - gefördert von der Bertelsmann Stiftung - das Reinhard-Mohn-Institut für <strong>Unternehmen</strong>sführung<br />
und Corporate Governance. Daraus entwickelte sie das unabhängige Wissenschaftliche<br />
Institut für <strong>Unternehmen</strong>sführung und Corporate Governance [wifucg]. Darüber hinaus<br />
ist sie in verschiedenen Bei- und Aufsichtsräten (z.B. bis 2018 KUKA AG und aktuell Aufsichtsratsvorsitzende<br />
der VISCOM AG) sowie im Vorstand der vom Bund geförderten Arbeitsgemeinschaft<br />
Wirtschaft und Verwaltung (AWV) aktiv. Sie hat seit 2019 die wissenschaftliche Leitung bei den<br />
Public WoB Indizes durch <strong>FidAR</strong> e.V. inne.