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40 Arztberuf und Work-Life-Balance<br />
E Sie geht für den RSC Kempten an den Start: Franziska Keller im Trikot des Allgäuer Radsportvereins.<br />
Zwischen OP-Saal und Rennstrecke<br />
Ein Herz, zwei Leidenschaften: Die angehende Ärztin Franziska Keller aus dem österreichischen<br />
Grenzstädtchen Vils über die Vereinbarkeit von Medizin und Sport<br />
Foto (5): Franziska Keller<br />
<br />
Von Jasmin Lutz<br />
Vor Schichtbeginn schwitzt sie für<br />
den sportlichen Erfolg, nach Feierabend<br />
tauscht sie den OP-Kittel gegen<br />
das Rad-Trikot. Als angehende<br />
Ärztin und aktive Leistungssportlerin<br />
weiß Franziska Keller, was es heißt,<br />
Zeit zu managen. Denn: Kellers Alltag<br />
ist eng getaktet – mindestens<br />
40 Stunden im Krankenhaus und<br />
mindestens zehn Stunden die<br />
Woche auf dem Asphalt. Da bleibt<br />
kein Raum für Verschwendung.<br />
Unterwegs auf zwei Rädern<br />
Aufgewachsen im idyllischen<br />
Grenzstädtchen Vils, wurde Keller<br />
die Liebe zum Radsport in die Wiege<br />
gelegt. Auch Vater Michael Keller<br />
ist leidenschaftlicher Radler, organisiert<br />
im heimischen Österreich sogar<br />
Rad-Marathons. Kein Wunder,<br />
dass die Tochter über die Jahre hinweg<br />
ein Faible entwickelte. Mit dem<br />
Erwerb der Radlizenz im Jahr 2021<br />
startete die professionelle Laufbahn.<br />
Seitdem streift sich Keller das Trikot<br />
des RSC Auto Brosch Kempten über.<br />
Mit dem Verein im Rücken fährt es<br />
sich leichter. Trotz des Einzelsportcharakters<br />
entsteht ein Wir-Gefühl.<br />
Zusammen mit dem Trainerstab<br />
werden individuelle Trainingspläne<br />
erstellt. Das Radfahren soll und<br />
muss neben dem Beruf funktionie-<br />
ren. „Obwohl ich den Sport nur als<br />
Hobby betreibe, findet er auf einem<br />
sehr hohen und professionellen Niveau<br />
statt“, betont Keller.<br />
Franziska Keller –<br />
die zukünftige Chirurgin<br />
Leben retten und Menschen<br />
helfen, das ist das, was Keller<br />
in naher Zukunft machen<br />
möchte. Dafür arbeitet<br />
sie hart. Fast sechs<br />
Jahre Studium der<br />
Humanmedizin liegen<br />
hinter ihr, sechs Jahre<br />
Assistenzärztin liegen<br />
noch vor ihr.<br />
Die junge Frau liebt<br />
es, den Verein zu repräsentieren.<br />
Durch<br />
den Zugehörigkeitsfaktor<br />
bekommt<br />
jeder Erfolg einen<br />
besonderen Stellenwert.<br />
Zusammen im<br />
Team – mit den Fans<br />
und den Vereinsmitgliedern<br />
– wird gefeiert,<br />
gelacht und<br />
auch mal geweint.<br />
Ruf des Schicksals<br />
Anders als beim Radfahren musste<br />
die Leidenschaft zur Medizin erst<br />
wachsen. Wie viele junge Menschen<br />
wusste auch Franziska Keller lange<br />
Zeit nicht, wohin die berufliche<br />
Reise hingehen soll. Mit einem<br />
Glitzern in den Augen betont<br />
Keller: „Ärztin war nicht mein<br />
Traumberuf, heute ist er es<br />
aber definitiv.“ Ein Schlüsselmoment<br />
rund um ihren<br />
18. Geburtstag war es, der<br />
Kellers Weg ebnete. „Ich<br />
kam zu einem Unfall dazu<br />
und wusste überhaupt<br />
nicht, wie ich reagieren<br />
soll“, blickt die heute<br />
25-Jährige zurück. Ab<br />
diesem Zeitpunkt wusste<br />
Keller: Sie wird Ärztin.<br />
Nach der Matura<br />
durchlief Keller also<br />
das Auswahlverfahren<br />
für EU-<br />
Bürger an der<br />
Universität Ulm.<br />
Zehn Semester<br />
und zwei<br />
Staatsexamen<br />
später befindet<br />
sich die junge ambitionierte<br />
Frau in den<br />
letzten Zügen ihres Humanmedizinstudiums.<br />
Mitten im Praktischen Jahr am Klinikum<br />
Kempten lernt sie die Medizin<br />
neu kennen und lieben. Das PJ, wie<br />
angehende Medizinerinnen und Mediziner<br />
das Praktische Jahr liebevoll<br />
nennen, führt die jungen Menschen<br />
an den Beruf heran. Danach folgt nur<br />
noch das dritte und letzte Staatsexamen.<br />
„Es gibt keinen Tag, an dem<br />
ich aus der Klinik gehe und nichts<br />
Neues dazu gelernt habe. Jeder Tag<br />
lehrt mich neue Erfahrungen und<br />
stellt mich vor neue Herausforderungen“,<br />
hebt Keller hervor. Diese Flut<br />
an wertvollen Informationen muss<br />
verarbeitet werden. Franziska Keller<br />
nutzt dabei die Energie der Musik,<br />
spielt Klavier oder singt. Auch reden<br />
hilft. Die Österreicherin schätzt dabei<br />
das Netzwerk im PJ-Haus. Hier<br />
sind alle PJler aus Kempten untergebracht.<br />
Nach Schichtende kann man<br />
den Tag zusammen reflektieren –<br />
sowohl über positiv als auch über<br />
negativ Erlebtes sprechen. Aber es<br />
ist vor allem der Sport, der sie erdet.<br />
Auf dem Sattel vergisst sie die Welt<br />
um sich herum. Dann zählt nur noch<br />
die Geschwindigkeit, der Fahrtwind<br />
und der Grip der Straße.<br />
Die Sache mit der Zeit<br />
Den Kopf freimachen und jeden<br />
Tag mit neuer Energie starten – das<br />
geht nur mit einer guten Work-<br />
Life-Balance. Franziska Keller hat