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s'Psairer Heftl - Monatsmagazin für das Passeiertal Herausgeber: Ratio KG des Helmuth Fritz Grafik & Redaktion: MP Graphics & Design der Monika Pfitscher
s'Psairer Heftl - Monatsmagazin für das Passeiertal
Herausgeber: Ratio KG des Helmuth Fritz
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SCHICKSALSGESCHICHTE<br />
30 s‘Psairer Heftl - N° 06 ▪ <strong>2023</strong><br />
"Kenn i di"?<br />
Ich treffe mich dieses Mal mit Hanni. Sie<br />
möchte uns ihre persönliche Geschichte<br />
erzählen. Hanni ist Mitte sechzig Jahre alt,<br />
war Krankenpflegerin und ist Mutter von<br />
zwei erwachsenen Kindern, welche im<br />
Ausland leben.<br />
Lächelnd kommt Hanni auf mich zu. Sie<br />
strahlt, schüttelt meine Hand und legt<br />
gleich los. „Weißt du“, so sagt sie, „ich<br />
musste meine Lebensfreude erst wieder<br />
finden! Aber jetzt habe ich mich gefangen.<br />
Ich bin wieder ich. Ich lebe wieder!“<br />
Hanni war Mitte fünfzig, als bei ihrem<br />
Mann Demenz diagnostiziert wurde.<br />
Was das für sie bedeuten würde, wusste<br />
sie genau. Jahrelang hatte sie im Altersheim<br />
Menschen mit diesem Krankheitsbild<br />
betreut und begleitet. Ihr zog es fast<br />
den Boden unter den Füßen weg. Würde<br />
sie das schaffen? Würde sie das durchhalten?<br />
Denn diese Menschen im Beruf, für<br />
die gewissen Stunden zu betreuen, war<br />
eine Sache. Aber zu Hause einen geliebten<br />
Menschen zu pflegen, ihn zu begleiten,<br />
ihm Halt, Stütze und Orientierung zu<br />
sein, das war etwas anderes. Sie tauschte<br />
sich mit ihren Arbeitskolleginnen aus,<br />
suchte Hilfe in der Alzheimer Gruppe,<br />
sprach mit direkt Betroffenen, die ihre<br />
Partner/innen daheim begleiten. Und sie<br />
sprach mit ihrem Mann. Offen und ehrlich.<br />
Sie erklärte ihm sachlich, was ihn erwarten<br />
würde. Was sie erwarten würde.<br />
Sie sprachen zusammen mit ihren Kindern.<br />
Klärten auf, trockneten gemeinsam<br />
ihre Tränen, hielten einander fest.<br />
Anfangs zeigten sich die Sy<strong>mp</strong>tome der<br />
Krankheit schleichend. Sachen die nicht<br />
auffindbar waren, vergessene Namen,<br />
Nummern, welcher Tag heute ist. Aber<br />
sie kamen immer schneller, immer öfter.<br />
Bis ihr Mann eines Morgens neben ihr<br />
aufwachte und sie fragte: „Kenn i di?“. Da<br />
wusste Hanni, dass nun der Zeitpunkt gekommen<br />
war, an dem sich ein ko<strong>mp</strong>letter<br />
Schleier über das Gedächtnis ihres<br />
Mannes legen würde. Ihr Herz zerbrach<br />
fast vor Schmerz bei diesen drei Worten.<br />
Was jetzt kam, war eine Zeit des Erklärens,<br />
des Wiederholens der Sätze, des<br />
Zeigens von si<strong>mp</strong>len Dingen, des Schlafens<br />
im Wachzustand, immer auf der Hut,<br />
ob ihr Mann nicht die Wohnung verlässt,<br />
oder eine Ecke der Wohnung als Toilette<br />
benutzt. Es war eine Zeit der Entbehrung,<br />
des Funktionierens, des Vertuschens vor<br />
den Kindern, der Aufopferung, 24 Stunden<br />
rund um die Uhr. Kein Einkauf, keine<br />
spontane Verabredung mit Freundinnen,<br />
kein Friseurbesuch war mehr möglich.<br />
Alles musste gut organisiert und geplant<br />
werden, damit ihr Mann nicht alleine daheim<br />
war. Mit ihren Kindern telefonierte<br />
sie jeden Tag. Sie sagte ihnen lange nicht<br />
alles, wollte sie nicht belasten oder ihnen<br />
ein schlechtes Gewissen machen, weil<br />
sie kaum daheim waren. Sie hatten ihr<br />
Leben. Mit ihren Partnern und Kindern.<br />
Mit ihren Sorgen und Alltagsproblemen.<br />
Hanni pflegte ihren Mann bis…j a bis sie<br />
fast selbst nicht mehr konnte. Eines der<br />
schlimmsten Dinge, die sie in dieser Zeit<br />
mitmachte, war nicht nur die Krankheit<br />
ihres Mannes. Es war der Schlafentzug.<br />
Hanni war nervlich ein Wrack, weinte<br />
zunehmend, wenn sie ihren Mann wusch<br />
oder ihm das Essen eingab, wenn er wieder<br />
einmal nicht wusste, wie er das Besteck<br />
halten sollte. Sie schlief beinahe im<br />
Stehen während dem Kochen ein und<br />
opferte selbstlos Jahre ihres Lebens, ihre<br />
Gesundheit. Bis, ja bis ihr Hausarzt ihr<br />
klarmachte, dass es so nicht mehr weiter<br />
geht. Zusammen fanden sie für ihren<br />
Mann einen Platz für eine Kurzzeitpflege,<br />
damit Hanni sich erholen konnte. Leider<br />
kam ihr Mann danach nicht mehr nach<br />
Hause. Er verstarb binnen kürzester Zeit,<br />
liebevoll eingebettet, im Kreise seiner<br />
Liebsten.<br />
Wenn Hanni heute an diese Zeit zurückdenkt,<br />
schüttelt sie den Kopf. „Was ein<br />
Körper alles aushalten kann. Was man aus<br />
Liebe alles tut!“. Denn eines, das betont<br />
sie immer wieder: „Mein Mann war die<br />
Liebe meines Lebens, ohne und mit Demenz!<br />
Und ich würde es wahrscheinlich<br />
wieder tun. Ich würde ihn wieder pflegen,<br />
bis ich nicht mehr kann, auch wenn<br />
er mich nicht mehr erkannt hat. Die Momente,<br />
in denen sein Verstand kurzzeitig<br />
klar war, das Lächeln, das er mir dann<br />
schenkte, die leuchtenden Augen, das hat<br />
sich in mein Herz eingebrannt! Für immer!“.<br />
Danke liebe Hanni für deine aufrichtigen<br />
Worte und deine Schicksalsgeschichte.<br />
ih<br />
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