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Das Stadt-Land-Strand-Magazin Ausgabe 2023_2 Das Stadt-Land-Strand-Magazin
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27.06.2023 Aufrufe

Robert Schabus ist Filmemacher. In Klagenfurt. Ein Gespräch über Lebensqualität, Ellbogenraum und Entwicklungen in der Stadt, die ihn zornig machen. Du bist einer der namhaftesten Dokumentarfilmer Österreichs. Ein Metier, mit dem man in der Regel mindestens in Wien landet. Wieso bist du in Klagenfurt geblieben? Nach dem Studium an der Uni Klagenfurt (Anm.: Pädagogik und Medien- und Kommunikationswissenschaft) war der Plan schon, nach Wien zu gehen. Weil für alles, was Film, Foto und Kunst betrifft, Wien nun mal der Ort in Österreich ist. Aber, wie das Leben so spielt, kam’s anders. Meine damaligen Partnerin und ich haben überraschenderweise ein Kind bekommen. Familienleben auf Distanz wollte ich nicht. Also bin ich geblieben. 6 stadtgespräche ES KÖNNEN JA nicht ALLE WEGGEHEN Hast du das jemals bereut? Nicht wirklich. Anfangs habe ich oft gedacht, ich müsste nach Wien, hab sogar überlegt, ein Zimmer dort zu nehmen und zeitweise zu pendeln. 2015 ist mir der Schritt ins Kino aber auch von Klagenfurt aus gelungen – mit meinem Film »Bauer unser«. In Wahrheit habe ich schnell erkannt, dass es gut ist, nicht dort zu sein wo alle sind. In Wien ist der Ellbogenraum kleiner, alle beobachten sich gegenseitig. Hier bin ich als jemand, der so arbeitet, einer der ganz wenigen. Verbunden mit der Lebensqualität, die wir hier haben. Für notwendige Termine in Wien kann ich mich ja jederzeit in den Zug setzen. Du bist nicht nur geblieben, du engagierst dich auch für das Kulturleben in Kärnten... Stimmt, ich war jetzt 10 Jahre lang im Kulturgremium als Vorsitzender in meinem Fachbeirat aktiv. Wir haben viel erreicht. Beispielsweise Stipendien und eine transparente Filmförderung. Mir war es wichtig, in der Szene, in der ich mich bewege, gestaltend mitzuarbeiten. Die Provinz hat auch ihre Vorteile, die Wege sind kürzer, man kann leichter etwas erreichen. Natürlich gibt’s auch Nachteile, wie das kleinere Kulturbudget, man muss sich vieles erarbeiten und erkämpfen. Aber es können ja nicht alle weggehen. Es gibt auch in Kärnten eine kleine Szene mit richtig guten Leuten, da passieren gute Dinge. Trifft das auch auf Klagenfurt zu? Ehrlich: Klagenfurt ist ein hartes Beispiel für mich. Aus baukultureller Sicht ist Klagenfurt de facto ein Desaster. Die lokalen Bauträger unterwerfen sich die Stadt geradezu. Die Stadt bzw. ihre Politik begreift sich überhaupt nicht als Gestalter. Es wird zu viel zugelassen, und es wird viel zu wenig auf langfristige Entwicklungen geschaut. Das macht mich zornig. Es ist keine Vision eines größeren Ganzen erkennbar. Und kulturell? Für mich als Filmmensch ist die Situation des Volkskinos ein Riesenthema. Weil es das einzige echte Programmkino in Klagenfurt ist. Das Volkskino braucht seit TEXT JOHANNA WOHLFAHRT FOTOS CHRISTIAN GÖSSLER Jahren den zweiten Saal, der neben den kleinen Saal aktuell leer steht. Das Haus gehört der Stadt und bräuchte sowieso eine Sanierung. Sogar das Land hat schon Unterstützung zugesagt, sofern die Stadt vorausgeht. Die Stadt drückt sich aber mittlerweile seit Jahrzehnten davor. Dabei wäre es aufgelegt, St. Ruprecht mit dem zweiten Saal kulturell zu stärken, der auch für andere kulturelle Veranstaltungen nutzbar wäre. Wir werden da auf alle Fälle weiter dran bleiben. Du bewegst dich fast nur auf dem Rad durch die Stadt. Wie erlebst du dabei Klagenfurt? Für mich haben die Autos innerhalb des Rings wenig verloren. Man müsste aus meiner Sicht viel radikaler umgehen damit und nicht noch weitere Tiefgaragen bauen. Das Zufußgehen in der Stadt kann eine ganz andere Qualität haben, wie man an anderen Städten sieht. Wenn das breit gelebt wird, passiert eine Aufwertung, das sieht man nicht zuletzt an der Mahü in Wien, da gab’s ja auch viel Widerstand. Heute kann sich keiner mehr vorstellen, dass da Autos durchrauschen. Aus meiner Sicht gehören Fußgänger und Radfahrer in Klagenfurt unbedingt gestärkt. Versöhnliches zum Schluss: Was kann Klagenfurt richtig gut? Klagenfurt ist im Vergleich eine sehr grüne Stadt mit vielen Grünräumen und Alleen. Der Lendkanal beispielsweise ist ein einzigartiger Erholungsraum mitten in die Stadt hinein. Ohne die ganzjährige Arbeit des Stadtgartenamtes wäre das hier wohl eine tristere Atmosphäre. Deshalb bin ich gerade in der Herstellung für eine ORF-Doku, die die Arbeit am grünen Klagenfurt zeigt. Sie soll 2024 ausgestrahlt werden. Zur Person: Geboren 1971 Aufgewachsen in Watschig/Kärnten. Studium der Philosophie, Pädagogik und Medienkommunikation. 2001 Sponsion zum Mag.phil. Seither unabhängiger Filmemacher Filme: Bauer unser (2016), Mind the Gap (2019), Alpenland (2022). www.robertschabus.at

JUNGE, INTERNATIONALE KUNST hat bisher in Klagenfurt gefehlt LISA PIRKER zeigt und verkauft in ihrer hippen Galerie »THE ARTBOOSTER« aufstrebende, INTERNATIONALE Künstler. Mit dem Konzept der »KUNST AUF RATEN« will sie vor allem JUNGE Menschen erreichen. TEXT JOHANNA WOHLFAHRT FOTOS CHRISTIAN GÖSSLER Sie wollen mit Ihrer Kunstgalerie »The Artbooster« auch junge Klagenfurter*innen für Kunst begeistern und sie zum Kunstkauf bewegen. Wie könnte das funktionieren? Erstens versuche ich, anders als andere Galerien in Klagenfurt, vor allem aufstrebende internationale Künstler zu zeigen, die frische künstlerische Ansätze haben. Und zweitens möchte ich jungen Menschen, die gerne selbst Kunst besitzen würden, ein Finanzierungsmodell anbieten. Im Artbooster gibt’s Kunst auf Raten, ab 250 Euro im Monat, wobei das Kunstwerk ab der ersten Rate zuhause hängen darf. Ist Kunst denn ein so interessantes Investment? Absolut. Ich habe mich im Rahmen meiner Masterarbeit intensiv mit Kunst als alternative Anlageform beschäftigt. Wenn man einen jungen Künstler zu einem guten Zeitpunkt kauft, sind da durchaus Wertsteigerungen von bis zu 30 Prozent pro Jahr drinnen. Was wäre so ein guter Zeitpunkt? Ideal ist, wenn man junge Künstler kauft, kurz bevor sie das erste Mal in großen Galerien gezeigt werden. Denn mit der Aufmerksamkeit steigt auch der Preis der Kunst. Ich versuche, durch ständige Recherchen in der internationalen Szene, solche aufstrebenden Künstler zeitgerecht im Artbooster zu zeigen und anzubieten. Wie kommen Sie zu solchen aufstrebenden Künstlern? Die junge Kunstszene ist breit auf Instagram vertreten, genauso wie wichtige internationale Galerien, denen ich durch die Bank folge. Wenn ich jemanden entdecke, dessen Kunst spannend genug ist, kontaktiere ich ihn oder sie einfach. Welche Kunst mögen Sie selbst? Sehen Sie sich einfach um. Ich kann gar nichts aufhängen oder verkaufen, was mir selbst nicht gefällt. Sehr angetan bin ich von den Werken des US-Amerikaners Vinzent Szarek und vom Australier Michael Staniak. Auch einen Hermann Nitsch haben wir hier hängen. Fokussieren Sie mit The Artbooster also vor allem auf junge Menschen? Zielgruppe sind natürlich Kunstinteressierte aller Altersgruppen. Die Galerie hier im Altbau soll ein Kontrapunkt zu den oft sterilen Galerien sein. Sie ist wohnlich eingerichtet und zeigt, wie die Kunstwerke in den eigenen vier Wänden wirken könnten. Von der Ästhetik her mit der Glasfront und der gewundenen Treppe ins Obergeschoss könnte diese Galerie auch in New York City stehen. Ich finde, so eine internationale Galerie mit jungen Künstlern hat in Klagenfurt bisher gefehlt. Und wer jetzt neugierig geworden ist, kann einfach vorbeikommen? Ja, unbedingt! Donnerstag bis Samstag haben wir geöffnet. Darüber hinaus planen wir bereits viele kleine Events und Get-togethers – wie etwa After-Work- Drinks, Vorträge über Kunst als Anlageform oder exklusive Kulinarik-Events. Lisa Pirker (31), aufgewachsen in Pörtschach am Wörthersee, betreibt die neue Galerie »The Artbooster« am Dr.-Arthur-Lemisch-Platz (ehemalige Sisley-Fläche). Die Masterarbeit ihres MBA- Studiums »General Management« schrieb sie zum Thema »Kunst als alternative Anlageform«. Pirker war zuvor schon im Galerie- und Kunsthandelsbereich tätig. Sie pendelt zwischen Salzburg und Klagenfurt. stadtgespräche 7

JUNGE,<br />

INTERNATIONALE<br />

KUNST<br />

hat bisher in Klagenfurt gefehlt<br />

LISA PIRKER zeigt<br />

und verkauft in ihrer<br />

hippen Galerie »THE<br />

ARTBOOSTER«<br />

aufstrebende,<br />

INTERNATIONALE<br />

Künstler. Mit dem<br />

Konzept der »KUNST<br />

AUF RATEN« will<br />

sie vor allem JUNGE<br />

Menschen erreichen.<br />

TEXT JOHANNA WOHLFAHRT<br />

FOTOS CHRISTIAN GÖSSLER<br />

Sie wollen mit Ihrer Kunstgalerie »The<br />

Artbooster« auch junge Klagenfurter*innen<br />

für Kunst begeistern und sie<br />

zum Kunstkauf bewegen. Wie könnte<br />

das funktionieren?<br />

Erstens versuche ich, anders als andere<br />

Galerien in Klagenfurt, vor allem aufstrebende<br />

internationale Künstler zu zeigen,<br />

die frische künstlerische Ansätze haben.<br />

Und zweitens möchte ich jungen Menschen,<br />

die gerne selbst Kunst besitzen<br />

würden, ein Finanzierungsmodell anbieten.<br />

Im Artbooster gibt’s Kunst auf<br />

Raten, ab 250 Euro im Monat, wobei das<br />

Kunstwerk ab der ersten Rate zuhause<br />

hängen darf.<br />

Ist Kunst denn ein so interessantes<br />

Investment?<br />

Absolut. Ich habe mich im Rahmen<br />

meiner Masterarbeit intensiv mit Kunst<br />

als alternative Anlageform beschäftigt.<br />

Wenn man einen jungen Künstler zu<br />

einem guten Zeitpunkt kauft, sind da<br />

durchaus Wertsteigerungen von bis zu<br />

30 Prozent pro Jahr drinnen.<br />

Was wäre so ein guter Zeitpunkt?<br />

Ideal ist, wenn man junge Künstler kauft,<br />

kurz bevor sie das erste Mal in großen<br />

Galerien gezeigt werden. Denn mit der<br />

Aufmerksamkeit steigt auch der Preis der<br />

Kunst. Ich versuche, durch ständige Recherchen<br />

in der internationalen Szene, solche<br />

aufstrebenden Künstler zeitgerecht im<br />

Artbooster zu zeigen und anzubieten.<br />

Wie kommen Sie zu solchen aufstrebenden<br />

Künstlern?<br />

Die junge Kunstszene ist breit auf Instagram<br />

vertreten, genauso wie wichtige<br />

internationale Galerien, denen ich durch<br />

die Bank folge. Wenn ich jemanden entdecke,<br />

dessen Kunst spannend genug<br />

ist, kontaktiere ich ihn oder sie einfach.<br />

Welche Kunst mögen Sie selbst?<br />

Sehen Sie sich einfach um. Ich kann gar<br />

nichts aufhängen oder verkaufen, was<br />

mir selbst nicht gefällt. Sehr angetan bin<br />

ich von den Werken des US-Amerikaners<br />

Vinzent Szarek und vom Australier<br />

Michael Staniak. Auch einen Hermann<br />

Nitsch haben wir hier hängen.<br />

Fokussieren Sie mit The Artbooster<br />

also vor allem auf junge Menschen?<br />

Zielgruppe sind natürlich Kunstinteressierte<br />

aller Altersgruppen. Die Galerie<br />

hier im Altbau soll ein Kontrapunkt<br />

zu den oft sterilen Galerien sein. Sie ist<br />

wohnlich eingerichtet und zeigt, wie die<br />

Kunstwerke in den eigenen vier Wänden<br />

wirken könnten. Von der Ästhetik her<br />

mit der Glasfront und der gewundenen<br />

Treppe ins Obergeschoss könnte diese<br />

Galerie auch in New York City stehen. Ich<br />

finde, so eine internationale Galerie mit<br />

jungen Künstlern hat in Klagenfurt bisher<br />

gefehlt.<br />

Und wer jetzt neugierig geworden ist,<br />

kann einfach vorbeikommen?<br />

Ja, unbedingt! Donnerstag bis Samstag<br />

haben wir geöffnet. Darüber hinaus planen<br />

wir bereits viele kleine Events und<br />

Get-togethers – wie etwa After-Work-<br />

Drinks, Vorträge über Kunst als Anlageform<br />

oder exklusive Kulinarik-Events.<br />

Lisa Pirker (31), aufgewachsen in<br />

Pörtschach am Wörthersee, betreibt<br />

die neue Galerie »The Artbooster« am<br />

Dr.-Arthur-Lemisch-Platz (ehemalige<br />

Sisley-Fläche). Die Masterarbeit ihres MBA-<br />

Studiums »General Management« schrieb<br />

sie zum Thema »Kunst als alternative<br />

Anlageform«. Pirker war zuvor schon im<br />

Galerie- und Kunsthandelsbereich tätig. Sie<br />

pendelt zwischen Salzburg und Klagenfurt.<br />

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