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VdK-RhPfalz_JuliAug_2023

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6 Zeitung Juli/August <strong>2023</strong><br />

Pflege<br />

Was ändert sich mit der Pflegereform?<br />

Das verabschiedete Gesetz ist eine Enttäuschung für Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen<br />

Der Bundestag hat das Gesetz zur<br />

Pflegereform verabschiedet. In<br />

vielen Punkten hätte sich der <strong>VdK</strong><br />

mehr Mut, mehr Geld und mehr<br />

Ideen gewünscht. Das Pflegeunterstützungs-<br />

und entlastungsgesetz<br />

wird in dieser Form seinem<br />

Namen nicht gerecht.<br />

Pflegegeld<br />

Um pflegende Angehörige zu<br />

entlasten, wird das Pflegegeld erhöht.<br />

Die Höhe der Geldleistungen<br />

ist nach Pflegegraden gestaffelt<br />

und beträgt bei Pflegegrad 2 derzeit<br />

316 Euro und bei Pflegegrad 5<br />

901 Euro monatlich. Das Pflegegeld<br />

soll ab Anfang 2024 um fünf<br />

Prozent erhöht werden. Es liegt<br />

dann für Pflegegrad 2 bei 332 Euro<br />

und bei Pflegegrad 5 bei 946 Euro.<br />

Pflegesachleistungen<br />

Pflegesachleistungen sind in der<br />

häuslichen Pflege zum Beispiel zur<br />

Finanzierung eines ambulanten<br />

Pflegedienstes bestimmt. Die Pflegereform<br />

sieht auch hier eine Erhöhung<br />

ab 1. Januar 2024 um fünf<br />

Prozent vor. Bei Pflegegrad 2 käme<br />

das einer Erhöhung um rund 36<br />

Euro auf 760 Euro gleich, bei Pflegegrad<br />

5 um circa 100 Euro auf<br />

rund 2200 Euro.<br />

Dynamisierung<br />

Die Kosten für die Pflege hängen<br />

davon ab, wie sich die allgemeinen<br />

Preise und die Löhne für Pflegedienstleister<br />

entwickeln. Deshalb<br />

sollen alle Leistungen der Pflegeversicherung<br />

regelmäßig an die<br />

Preisentwicklung angepasst werden.<br />

In Zukunft soll die Dynamisierung<br />

für alle Geld- und Sachleistungen<br />

in der Pflege gelten.<br />

Eine weitere Leistungserhöhung<br />

soll zum 1. Januar 2025 stattfinden.<br />

Alle Leistungen der Pflegeversicherung<br />

werden dann um<br />

Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen bekommen noch immer zu wenig Unterstützung. Die<br />

Pflegereform hat diesen Menschen aus Sicht des <strong>VdK</strong> viel zu wenig zu bieten. Foto: pa/ Westend61/OneInchPunch<br />

4,5 Prozent erhöht. Die nächste<br />

Erhöhungsrunde wird es am<br />

1. Januar 2028 geben. Die Berechnungsgrundlage<br />

dafür soll in der<br />

Amtszeit der Ampel-Koalition erarbeitet<br />

werden.<br />

Entlastungsbudget<br />

Um das Entlastungsbudget hat<br />

die Ampel-Koalition besonders<br />

gerungen. Es stand ursprünglich<br />

in dem Referentenentwurf, wurde<br />

dann gestrichen, um kurz vor der<br />

Verabschiedung wieder ins Gesetz<br />

aufgenommen zu werden. Das Entlastungsbudget<br />

ist eine Zusammenfassung<br />

von zwei Leistungen,<br />

nämlich der Kurzzeit- und der<br />

Verhinderungspflege. Viele Versicherte<br />

brauchen nur eine von beiden<br />

Leistungen und davon mehr<br />

benötigen, als vorgesehen ist. Sie<br />

erhalten künftig ein Gesamtbudget<br />

pro Jahr, das sie flexibel für Kurzzeit-<br />

und/oder Verhinderungspflege<br />

nutzen können. Eltern von<br />

Kindern mit Behinderung unter 25<br />

Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5<br />

profitieren bereits ab 1. Januar<br />

2024 von dieser Regelung. Ihnen<br />

steht ein kombiniertes Budget von<br />

3386 Euro zur Verfügung. Für alle<br />

pflegebedürftigen Personen ab<br />

Pflegegrad 2 steigt das Entlastungsbudget<br />

ab 1. Juli 2025 auf<br />

3539 Euro.<br />

Pflegebeitrag<br />

Der Beitrag für die Pflegeversicherung<br />

wird für Kinderlose ab<br />

1. Juli <strong>2023</strong> von 3,4 Prozent des<br />

Bruttolohns auf vier Prozent ansteigen.<br />

Eltern mit einem Kind zahlen<br />

zukünftig 0,35 Prozentpunkte<br />

mehr, also 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens.<br />

Für größere Familien wird der<br />

Pflegebeitrag für die Zeit der Erziehung<br />

gesenkt. Ab zwei Kinder<br />

bis zum fünften Kind wird der<br />

Beitrag bis zum 25. Lebensjahr des<br />

Kindes um 0,25 Beitragssatzpunkte<br />

je Kind reduziert. Ist ein<br />

Kind älter als 25 Jahre, entfällt<br />

diese Senkung.<br />

Das bedeutet für viele Rentnerinnen<br />

und Rentner, deren Kinder<br />

älter als 25 Jahre sind, eine deutliche<br />

Mehrbelastung im Vergleich zu<br />

Eltern von jüngeren Kindern. Deshalb<br />

klagt der <strong>VdK</strong> gegen diese mit<br />

dem Gesetz verbundene Ungleichbehandlung<br />

(siehe Seite 5).<br />

Jörg Ciszewski<br />

ENTTÄUSCHENDE PFLEGEREFORM – WAS DER <strong>VdK</strong> FORDERT<br />

Das beschlossene Gesetz zur Pflegereform<br />

ist aus Sicht des Sozialverbands<br />

<strong>VdK</strong> enttäuschend:<br />

Die Erhöhungen des Pflegegelds<br />

reichen nicht aus, um die starke<br />

Inflation auszugleichen. Der <strong>VdK</strong><br />

hatte eine Erhöhung von mindestens<br />

16 Prozent schon für Anfang<br />

<strong>2023</strong> gefordert. Die beschlossenen<br />

Erhöhungen werden von der Inflation<br />

und der Erhöhung des Beitragssatzes<br />

zur Pflegeversicherung<br />

aufgezehrt.<br />

Das Entlastungsbudget ist ein<br />

allererster Schritt in die richtige<br />

Richtung, hier hat der politische<br />

Druck des <strong>VdK</strong> Wirkung gezeigt.<br />

Allerdings greift diese Regelung<br />

erst ab Juli 2025. Das ist viel zu<br />

spät, denn die Nächstenpflege ist<br />

jetzt am Limit, weil sie seit Jahren<br />

von der Politik ignoriert wurde.<br />

Die Beitragssätze in die Pflegeversicherung<br />

werden erhöht, um<br />

die Mehrausgaben zu finanzieren.<br />

Das Gesetz sieht vor, dass Rentnerinnen<br />

und Rentner mit Kindern<br />

über 25 Jahren bei der Beitragserhöhung<br />

über die Maßen belastet<br />

werden. Hier muss die Regierung<br />

gegensteuern.<br />

Pflegende Angehörige sind in einer<br />

Ausnahmesituation und benötigen<br />

Kurzzeitpflegeplätze. Ein<br />

in einem früheren Entwurf des<br />

Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz<br />

vorgesehenes Infoportal,<br />

das eine Übersicht über die<br />

Verfügbarkeit von Kurzzeitpflegeplätzen<br />

ermöglicht hätte, ist aus<br />

dem ursprünglichen Entwurf wieder<br />

gestrichen worden. Das Portal<br />

hätte pflegenden Angehörigen<br />

auf der Suche nach frei verfügbaren<br />

Angeboten sehr geholfen.<br />

Der <strong>VdK</strong> fordert einen Rechtsanspruch<br />

auf einen Tagespflegeplatz.<br />

Voraussetzung dafür ist der<br />

Ausbau der Tagespflege, denn<br />

vielfach scheitert die Inanspruchnahme<br />

daran, dass Pflegebedürftigen<br />

in der näheren Umgebung<br />

kein Tagespflegeplatz zur Verfügung<br />

steht. <br />

cis<br />

Gefährliche Temperaturen<br />

Pflegebedürftige vor hitzebedingten Gesundheitsproblemen schützen<br />

Ältere und pflegebedürftige Menschen<br />

leiden im Sommer besonders<br />

unter den hohen Temperaturen.<br />

Wegen oft zahlreicher Vorerkrankungen<br />

können sie ernsthafte<br />

Gesundheitsprobleme bekommen.<br />

Pflegende Angehörige sollten sie<br />

deshalb vor Hitze schützen und<br />

regelmäßig zum Trinken anregen.<br />

Anzeichen von hitzebedingten<br />

Gesundheitsproblemen sind beispielsweise<br />

Schwitzen, Schwächegefühle,<br />

Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden,<br />

Muskelkrämpfe<br />

oder eine verminderte Urinausscheidung.<br />

Oft sind die Symptome<br />

schwer zu erkennen, da sie sich mit<br />

anderen, altersbedingten Symptomen<br />

überschneiden. Besonders<br />

bedrohlich ist eine Dehydration.<br />

Ältere Menschen benötigen mehrere<br />

Tage, um einen Wassermangel<br />

im Körper zu kompensieren.<br />

Wichtig ist, die oder den Pflegebedürftigen<br />

vor Hitze zu schützen.<br />

Dazu gehört, nur morgens und<br />

abends zu lüften und für Durchzug<br />

zu sorgen. Tagsüber empfiehlt es<br />

sich, die Rollläden herunterzulassen.<br />

Termine an heißen Tagen<br />

sollten besser verschoben werden.<br />

Um die Raumtemperatur niedrig<br />

zu halten, können nicht benötigte<br />

elektronische Geräte wie Computer<br />

oder Fernseher ausgeschaltet<br />

werden. Ein Ventilator sorgt zusätzlich<br />

für kühle Luft. Die pflegebedürftige<br />

Person sollte aber nicht<br />

der Zugluft ausgesetzt werden. In<br />

den kühleren Morgen- und Abendstunden<br />

bieten sich Spaziergänge<br />

in Parks oder in der Nähe von einem<br />

Gewässer an. Dabei sollte<br />

man im Schatten bleiben und eine<br />

Kopfbedeckung tragen.<br />

Zum Trinken motivieren<br />

Die pflegebedürftige Person sollte<br />

regelmäßig zum Trinken motiviert<br />

werden. Der Tagesbedarf für<br />

Senioren liegt bei eineinhalb bis<br />

zwei Litern Flüssigkeit. Dieser<br />

kann erreicht werden, indem man<br />

beispielsweise immer ein Glas<br />

Bei Hitze ist Trinken besonders<br />

wichtig. <br />

Foto: Imago/photothek<br />

Wasser, Tee, Saftschorle oder ein<br />

isotonisches Getränk in Reichweite<br />

aufstellt. Nicht geeignet sind<br />

Getränke mit Zucker, Koffein oder<br />

Alkohol. Bei motorischen Einschränkungen<br />

kann es helfen, einen<br />

Strohhalm oder einen Becher<br />

mit Griffen zu verwenden. Auch<br />

wasserreiches Obst und Gemüse<br />

tragen zu einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr<br />

bei. Um den Körper<br />

nicht unnötig mit schwerem Essen<br />

zu belasten, sollte man leichte Kost<br />

in kleinen Portionen servieren.<br />

Leichte, luftdurchlässige Textilien<br />

aus Leinen oder Baumwolle<br />

schützen den Körper vor Überhitzung.<br />

Durchgeschwitzte Kleidung<br />

sollte zeitnah gewechselt werden.<br />

Bei Inkontinenz ist es ratsam, beschichtete<br />

Hosen durch eine Netzhose<br />

mit Einlage zu ersetzen. Statt<br />

einer Bettdecke kann ein dünnes<br />

Bettlaken verwendet werden. Zum<br />

Waschen oder Duschen eignet sich<br />

lauwarmes Wasser. Tagsüber können<br />

Arme, Beine oder Stirn mit<br />

einem Waschlappen gekühlt werden.<br />

Auch Fuß- oder Handbäder<br />

sowie Wickel erfrischen.<br />

Um auf Bedürfnisse schnell reagieren<br />

zu können, empfiehlt es<br />

sich, die oder den Pflegebedürftigen<br />

immer wieder zu fragen, wie es<br />

ihr oder ihm geht. Kommt es dennoch<br />

zu einer Überhitzung mit<br />

ernstzunehmenden Symptomen,<br />

sollte man zeitnah medizinische<br />

Hilfe suchen. Annette Liebmann

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