23.06.2023 Aufrufe

Printmagazin TECHNIK und WISSEN - Ausgabe 023

Technik und Wissen berichtet in moderner Form für Fachleute aus der Industrie. Die Themen reichen vom 3D-Druck, neuen Materialien über Robotik, Montage und Zulieferindustrie bis hin zu Konstruktions- und den Digitalisierungsthemen rund um die intelligente Fabrik. Technik und Wissen gilt in der Branche als Meinungsführer. Das Printmagazin besteht aus exklusiven Fachartikeln, die von renommierten Fachjournalisten geschrieben werden und so brandaktuelle Themen aufgreifen. Auch im Onlinebereich zählt das Fachmagazin zu den führenden Plattformen in der DACH-Region. Sie zählen zu den Experten des sogenannten «digitalen Storytellings», wofür sie schon ausgezeichnet wurden. Das sagt man über Technik und Wissen: «So sieht innovativer, erzählerischer und cooler (Multimedia)-Fachjournalismus im digitalen Zeitalter aus.» – Laudatio beim SFJ-Award ---------- Schwerpunkt Ausgabe 023: Elektromobilität und wie sie unsere Industrie verändert Antriebe Montage Automation Maschinen Werkzeugmaschinen Werkzeuge Messtechnik Fachmessen Industrie Software Roboter Montage Industrieprodukte Industriekomponenten

Technik und Wissen berichtet in moderner Form für Fachleute aus der Industrie. Die Themen reichen vom 3D-Druck, neuen Materialien über Robotik, Montage und Zulieferindustrie bis hin zu Konstruktions- und den Digitalisierungsthemen rund um die intelligente Fabrik.

Technik und Wissen gilt in der Branche als Meinungsführer. Das Printmagazin besteht aus exklusiven Fachartikeln, die von renommierten Fachjournalisten geschrieben werden und so brandaktuelle Themen aufgreifen. Auch im Onlinebereich zählt das Fachmagazin zu den führenden Plattformen in der DACH-Region. Sie zählen zu den Experten des sogenannten «digitalen Storytellings», wofür sie schon ausgezeichnet wurden.

Das sagt man über Technik und Wissen: «So sieht innovativer, erzählerischer und cooler (Multimedia)-Fachjournalismus im digitalen Zeitalter aus.» – Laudatio beim SFJ-Award
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Schwerpunkt Ausgabe 023: Elektromobilität und wie sie unsere Industrie verändert

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EDITORIAL<br />

ELEKTRISCH FAHREN,<br />

HEISST STROM SPAREN!<br />

Kann das wirklich sein? Ehrlicherweise habe<br />

ich mir nie Gedanken dazu gemacht, doch<br />

die Begründung von Christian Erni überzeugte<br />

mich. Im Interview rechnete mir der<br />

CEO der Juice Technology AG aus Bachenbülach vor,<br />

wieso das so ist. Seine Kalkulation können Sie in<br />

unserem Hintergr<strong>und</strong>bericht zur «Elektromobilität»<br />

ab Seite 6 nachlesen. Dieser befasst sich mit den verschiedenen<br />

Facetten des elektrischen Fahrens <strong>und</strong><br />

schildert, was dieses für Mineralölkonzerne, Städte<br />

<strong>und</strong> Kommunen, Netzbetreiber, Automobilzulieferer<br />

<strong>und</strong> -hersteller sowie die Mitarbeitenden in diesen<br />

Bereichen bedeutet. Zudem klärt er die Frage, wie die<br />

Verkehrsinfrastruktur finanziert wird, wenn die Einnahmen<br />

aus der Mineralölsteuer zukünftig sinken<br />

<strong>und</strong> eines Tages schliesslich ganz versiegen werden.<br />

Wie die Berner Fachhochschule Lastkraftwagen<br />

den Weg in die Elektromobilität bereitet, schildert<br />

der Beitrag ab Seite 30. In diesem beschreibt Prof. Dr.<br />

Andrea Vezzini die damit verb<strong>und</strong>enen Herausforderungen<br />

<strong>und</strong> verrät, zu welchen interessanten Erkenntnissen<br />

die Forschenden am Zentrum für Energiespeicherung<br />

bereits gekommen sind.<br />

Im Interview erzählt Christoph Erni, wieso er als<br />

Pionier des mobilen Ladens von Elektrofahrzeugen<br />

gilt <strong>und</strong> weshalb seine Ladestationen einen IT-lastigen<br />

Aufbau haben. Spannend sind aber auch seine<br />

Ausführungen zur Cybersecurity von Fahrzeugen.<br />

Nicht diese, glaubt er, werden zukünftig Angriffsziele<br />

von Hackern sein, sondern Gebäude. Wieso das so ist<br />

<strong>und</strong> ob DC- oder AC-Laden für Elektroautos besser ist,<br />

erfahren Sie ab Seite 32.<br />

Markus Back, Chefredaktor Print<br />

Technologischer Fortschritt bringt immer Gewinner<br />

<strong>und</strong> Verlierer hervor. Manchmal geht<br />

es schnell, manchmal sind sogar etablierte<br />

Konzerne die Verlierer <strong>und</strong> Start-ups aus<br />

dem Nichts die Gewinner. Dennoch muss man anerkennen:<br />

Grosse Unternehmen erholen sich oft überraschend<br />

schnell <strong>und</strong> holen wieder auf.<br />

Auch im Bereich der Elektromobilität zeichneten<br />

sich zunächst neue Gewinner ab, die quasi aus dem<br />

Nichts auftauchten. Ein Beispiel ist Tesla. Es wird<br />

sicher noch weitere Verlierer <strong>und</strong> neue grosse Hersteller<br />

geben, deren Namen wir heute noch nicht<br />

kennen. Aber die meisten traditionellen Unternehmen<br />

werden den Wandel auf die eine oder andere<br />

Weise meistern.<br />

Eine Randnotiz: Für die K<strong>und</strong>en scheint das keine<br />

Rolle zu spielen. Sie können problemlos wechseln.<br />

Ab 2035 kein Verbrennungsmotor mehr? Dann eben<br />

ein Elektroauto, egal ob von VW, Mercedes, Tesla, Sonomotors,<br />

Byton oder Aiways!<br />

Doch hinter den Kulissen, bei den Herstellern <strong>und</strong><br />

Zulieferern, sieht es ganz anders aus. Dort kann man<br />

nicht einfach einen Schalter umlegen <strong>und</strong> die Produktion<br />

über Nacht in eine andere Richtung lenken.<br />

Das erfordert harte Denkarbeit <strong>und</strong> noch härtere<br />

strategische Entscheidungen.<br />

Dass dieser Wandel gelingen kann <strong>und</strong> als Chance<br />

begriffen wird, zeigen spannende Geschichten in<br />

diesem Magazin. Ein Beispiel ist der Schweizer Zulieferer<br />

Feintool, der die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsdebatte<br />

durchgerechnet <strong>und</strong> Konsequenzen<br />

gezogen hat.<br />

So bleibt unterm Strich: Der Übergang zur Elektromobilität<br />

ist momentan die Realität - wer sich anpasst,<br />

bleibt im Spiel.<br />

Eugen Albisser, Chefredaktor Online<br />

#<strong>023</strong> 3


RUBRIKTITEL<br />

IMPRESSUM<br />

Das crossmediale Fachmagazin für<br />

Automation <strong>und</strong> Fertigungstechnik<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Leser-Service / Abonnement<br />

1 Jahr, CHF 25.– inkl. MwSt.<br />

T. +41 41 464 60 48<br />

abo@technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch/abo<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong><br />

von Technik <strong>und</strong><br />

Wissen erscheint am<br />

13. September 2<strong>023</strong><br />

Chefredaktion<br />

Eugen Albisser, Chefredaktor Online<br />

eugen.albisser@technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Markus Back, Chefredaktor Print<br />

markus.back@technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Redaktion<br />

redaktion@technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Redaktionsadresse<br />

Redaktion Technik <strong>und</strong> Wissen<br />

Weidweg 49, 3032 Hinterkappelen<br />

Leitung Werbemarkt<br />

Christian Heim<br />

christian.heim@technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Konzept & Layout<br />

Medienart AG, Aurorastrasse 27, 5000 Aarau<br />

Martin Kurzbein (Art Director)<br />

Priska Kellenberger (Layout)<br />

Yvette Bolliger (Layout)<br />

info@medienart.ch<br />

Druck<br />

AVD Goldach AG, Sulzstrasse 10–12, 9403 Goldach<br />

www.avd.ch<br />

Herausgeber<br />

Technik <strong>und</strong> Wissen GmbH<br />

Oberneuhofstrasse 5, 6304 Baar<br />

Tel. +41 41 464 60 46<br />

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Geschäftsführung<br />

Eugen Albisser (Vorsitz, Chefredaktion Online)<br />

Markus Back (Chefredaktion Print)<br />

Jürg Rykart (Strategische Partnerschaften)<br />

Erscheinungsweise<br />

5 × jährlich, 5. Jahrgang<br />

Auflage<br />

8000 Exemplare<br />

Eine Publikation in Zusammenarbeit mit<br />

Alle Urheber- <strong>und</strong> Verlagsrechte an dieser<br />

Publikation oder Teilen davon sind vorbehalten.<br />

Jede Verwendung oder Verwertung<br />

bedarf der schriftlichen Zustimmung der<br />

Herausgeber. Der Inhalt dieses Heftes wurde<br />

sorgfältig geprüft. Dennoch übernimmt der<br />

Herausgeber keine Haftung für seine Richtigkeit.<br />

Die rechtlichen Bestimmungen für<br />

die Schaltung von Werbung entnehmen Sie<br />

den «Allgemeinen Geschäftsbedingungen»<br />

unter www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

4 #<strong>023</strong>


INHALT<br />

06<br />

Die Facetten der Elektromobilität<br />

Die Elektromobilität konfrontiert<br />

Branchen <strong>und</strong> Berufe mit<br />

Aufgaben, die Flexibilität, neues<br />

Denken <strong>und</strong> mitunter Mut<br />

erfordern. Ein Hintergr<strong>und</strong>bericht.<br />

24<br />

Expertengespräch IO-Link<br />

Ein Gespräch unter anderem über die<br />

Vorzüge, welche das Smart Sensor<br />

Profil oder IoT dem Anwender bieten.<br />

Mit Wolfgang Wiedemann von<br />

Murrelektronik.<br />

50<br />

«Zuhören ist der Schlüssel»<br />

Mit der Produktivitätstrophäe zeichnet<br />

Blaser Swisslube erfolgreiche<br />

Projekte im Bereich der Kühl- <strong>und</strong><br />

Schmierstoffe aus. Was steht hinter<br />

dieser Auszeichnung?<br />

62<br />

Elektrisierende Transformation<br />

Feintool gilt als einer der führenden<br />

Zulieferer der Elektromobilitätsbranche.<br />

Hinter diesem Erfolg steckt eine<br />

erzählenswerte <strong>und</strong> schnelle<br />

Transformation.<br />

03 Editorial<br />

04 Impressum<br />

06 Die Facetten der<br />

Elektromobilität<br />

16 Wissenswertes<br />

18 Wissenswertes<br />

24 IO-Link Gespräch:<br />

«Wir haben gemeinsam ein<br />

besseres Rad entwickelt»<br />

Schwerpunkt<br />

«Elektromobilität - Teil 1»<br />

30 BFH bereit Elektro-Lkw<br />

den Weg<br />

32 «Unsere Ladekabel<br />

können sprechen»<br />

36 Multifunktionalität<br />

schafft Mehrwert<br />

40 Produkte<br />

48 News in Zahlen<br />

50 Blaser Produktivitätstrophäe:<br />

«Zuhören ist der Schlüssel<br />

zum Erfolg»<br />

54 Quantenrechner<br />

programmieren lernen<br />

56 Wissenswertes<br />

Schwerpunkt<br />

«Elektromobilität - Teil 2»<br />

62 Elektrisierende Transformation<br />

68 Ein Interview mit Nikola Tesla!<br />

70 Wie Fertigungstechnik die<br />

E-Mobilität voranbringt<br />

76 News r<strong>und</strong> um die<br />

Elektromobilität<br />

Titelbild<br />

Elektromobilität <strong>und</strong> wie sie unsere<br />

Industrie verändert.<br />

Illustration: Verena Mats<br />

38 Die Sindex <strong>und</strong> der Weg zur<br />

smarten Automation<br />

77 Krisen, Nachhaltigkeit <strong>und</strong> die<br />

Lösungen mit integriertem ERP<br />

78 Produkte<br />

#<strong>023</strong> 5


6 #<strong>023</strong><br />

Tankstellen werden sich in den<br />

kommenden zwei Jahrzehnten in einer<br />

Hybridphase befinden. Bild: Aral


HINTERGRUNDBERICHT<br />

DIE<br />

FACETTEN<br />

DER<br />

ELEKTRO-<br />

MOBILITÄT<br />

Die Elektromobilität ist mehr als<br />

nur mit Strom in der Welt umherzufahren.<br />

Sie strahlt in ganz viele<br />

Lebensbereiche <strong>und</strong> konfrontiert Branchen<br />

<strong>und</strong> Berufe mit Aufgaben,<br />

die Flexibilität, neues Denken <strong>und</strong><br />

mitunter Mut erfordern. Allen Betroffenen<br />

widmet sich dieser Beitrag.<br />

Von Markus Back<br />

Schon wenige gleichzeitig ladende Fahrzeuge<br />

haben einen beträchtlichen Einfluss auf die<br />

Einhaltung der zulässigen Spannung eines<br />

Stromkreises. Dies ist eine zentrale Erkenntnis<br />

der Netze BW, die bereits seit Jahren die Auswirkungen<br />

der Elektromobilität auf das Stromnetz im<br />

realen Betrieb untersucht. Diese Feststellung gilt vor<br />

allem für den ländlichen Raum, da die dortige Netztopologie<br />

mit ihren Entfernungen zwischen Umspannstationen<br />

<strong>und</strong> Verbrauchern hohe Spannungsschwankungen<br />

begünstigt.<br />

Was bedeutet das aber, wenn zukünftig nicht mehr wenige<br />

Dutzende, sondern gleich abertausende Fahrzeuge<br />

in den Städten <strong>und</strong> Gemeinden zum Laden ans Netz<br />

gehen? Ist die Elektromobilität womöglich schon vorbei,<br />

bevor sie überhaupt richtig startet, weil ansonsten<br />

die Stromnetze reihenweise kollabieren? Mitnichten!<br />

«Die gute Nachricht unserer Forschungsarbeit ist, dass<br />

mit einem netzdienlichen Lademanagement eine si-<br />

#<strong>023</strong> 7


HINTERGRUNDBERICHT<br />

chere Versorgung auch einer grösseren<br />

Anzahl von Elektrofahrzeugen möglich<br />

ist», sagt Dr. Martin Konermann von<br />

Netze BW. Wie das netzdienliche Lademanagement<br />

genau funktionieren soll,<br />

erklärt der Technische Geschäftsführer<br />

so: «In Zeiten einer hohen Netzbelastung<br />

kann die Leistung bei Ladevorgängen<br />

temporär reduziert werden.»<br />

Diese temporäre Leistungsbegrenzung<br />

ist ohne Netzausbau möglich. Die Voraussetzungen<br />

dafür sind aus seiner<br />

Sicht aber die gesetzlichen <strong>und</strong> regulatorischen<br />

Rahmenbedingungen, die<br />

in Deutschland mit dem laufenden<br />

Festlegungsverfahren der B<strong>und</strong>esnetzagentur<br />

zum § 14a EnWG zur Netzintegration<br />

von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen,<br />

wie zum Beispiel<br />

Wallboxen oder Wärmepumpen, auf<br />

den Weg gebracht werden.<br />

Ohne Netzausbau, da gibt sich Dr. Martin<br />

Konermann keiner Illusion hin, wird<br />

es nicht gehen: «Wo wir heute, zu Beginn<br />

der Energiewende, bereits Engpässe<br />

sehen, muss das Netz verstärkt<br />

werden.» Entscheidend sei dabei, dass<br />

dieser effizient <strong>und</strong> zielgerichtet erfolgt,<br />

um Engpässe erst gar nicht entstehen<br />

zu lassen. Als einen solchen<br />

Engpass haben die Netze BW die Ladeparks<br />

für Elektrolastkraftwagen identifiziert,<br />

die in Zukunft an den Raststätten<br />

entlang der Autobahnen entstehen<br />

werden. Dass das Stromnetz parallel<br />

zum Ausbau intelligent wird, ist für ihn<br />

dabei essenziell. Das Smart Grid hilft<br />

nämlich nicht nur dabei, die Netzbetriebsmittel<br />

<strong>und</strong> die Netzzustände zu<br />

überwachen <strong>und</strong> zu steuern, sondern<br />

kann die angesprochenen Engpässe<br />

frühzeitig erkennen <strong>und</strong> bei deren Beseitigung<br />

helfen.<br />

Mineralölkonzerne:<br />

Abschied vom Etablierten<br />

Während die Netzbetreiber sukzessive<br />

<strong>und</strong> zielgerichtet erweitern, baut eine<br />

andere Branche um. «Wir wollen bis<br />

2050 ein Unternehmen mit Netto-Null-<br />

CO2-Emissionen sein», sagt Pressesprecherin<br />

Cornelia Wolber von Shell<br />

<strong>und</strong> detailliert: «Ein wichtiger Baustein<br />

ist dabei der Aufbau eines breiten<br />

Ladeangebots für Elektrofahrzeuge.»<br />

Weltweit sind bis 2025 über<br />

500000 <strong>und</strong> bis 2030 über 2,5 Millionen<br />

Ladepunkte geplant.<br />

Für dieses Ziel stellte der Konzern, der<br />

46000 Tankstellen in über 80 Ländern<br />

betreibt, früh die Weichen. 2017 kaufte<br />

er den damals grössten europäischen<br />

Ladeanbieter <strong>und</strong> integriert seit 2019<br />

dessen Schnellladesäulen in sein<br />

Tankstellennetz. Dieses wird sich gemäss<br />

Cornelia Wolber in den kommenden<br />

zwei Jahrzehnten in einer Hybridphase<br />

befinden, da trotz steigender<br />

Zahl an Elektrofahrzeugen immer<br />

noch viele Verbrenner im Bestand sein<br />

werden. Trotz dieses sukzessiven<br />

Wandels werde die Tankstelle aber ein<br />

Ort bleiben, an dem der K<strong>und</strong>e seine<br />

Bedürfnisse r<strong>und</strong> um die Mobilität abdecken<br />

könne.<br />

Dass Shell mit dieser Strategie keineswegs<br />

alleine dasteht, zeigt das Beispiel<br />

von Aral, dass mit 2400 Tankstellen<br />

Deutschlands grösster Betreiber ist.<br />

Aral pulse will in 2<strong>023</strong> die Anzahl seiner<br />

ultraschnellen Ladepunkte in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik von 1500 auf 3000 verdoppeln<br />

<strong>und</strong> investiert dafür r<strong>und</strong> 100<br />

Millionen Euro. «Damit sind wir auf<br />

Der Ausbau der öffentlichen<br />

Ladestruktur ist<br />

mit enormen Kosten<br />

verb<strong>und</strong>en. Bild:<br />

Stadtwerke Konstanz<br />

8 #<strong>023</strong>


«Wir wollen<br />

bis 2050<br />

ein Unternehmen<br />

mit<br />

Netto-Null-<br />

CO2-Emissionen<br />

sein.»<br />

Cornelia Wolber,<br />

Pressesprecherin Shell<br />

einem guten Weg, unser mittelfristiges<br />

Ziel von 5000 Ladepunkten bis 2025 zu<br />

erreichen», bekräftigt Alexander Junge,<br />

Aral Vorstand für Elektromobilität.<br />

Durch eine Leistung von 300 kW können<br />

E-Autofahrer mit entsprechender<br />

Fahrzeugtechnik an den Ladesäulen<br />

in zehn Minuten grünen Strom für<br />

Reichweiten von bis zu 350 Kilometern<br />

beziehen.<br />

Ausbau der Ladeinfrastruktur:<br />

Installateure lassen es schleifen<br />

Neben den Mineralölkonzernen sind<br />

Städte <strong>und</strong> Kommunen ein weiterer<br />

Treiber für den Ausbau einer leistungsfähigen<br />

Ladeinfrastruktur. Die<br />

Salzburg AG bietet mit 900 Ladepunkten<br />

beispielsweise die dichteste Ladeinfrastruktur<br />

im B<strong>und</strong>esland <strong>und</strong> plant<br />

in diesem Jahr den Bau 31 weiterer<br />

Schnellladestationen. «Damit können<br />

Fahrer von Elektroautos ab Ende 2<strong>023</strong><br />

an r<strong>und</strong> 150 Schnellladepunkten mit<br />

einer Ladeleistung von bis zu 300 kW<br />

laden», sagt Michael Frostel, Konzernsprecher<br />

des Energie- <strong>und</strong> Infrastruktur-Dienstleisters,<br />

<strong>und</strong> ergänzt: «Damit<br />

erreichen wir bereits jetzt die EU-Vorgaben,<br />

die Lademöglichkeiten an<br />

Hauptverkehrsstrassen im Abstand<br />

von 60 Kilometern vorsehen.»<br />

Doch dieses erreichte Ziel ist nur eine<br />

Zwischenetappe. Der Infrastrukturausbau<br />

wird sich über Jahre hinwegziehen<br />

<strong>und</strong> erfordert Investitionen in<br />

Millionenhöhe. «Zwischen den Jahren<br />

2031 <strong>und</strong> 2035 rechnen wir mit einem<br />

20-fachen Bedarf an Energie, der an<br />

Elektrofahrzeuge abgegeben werden<br />

soll», so Michael Frostel. Trotz dieser<br />

erwarteten Zunahme soll es in Salzburg<br />

keine Kontingentierungen geben.<br />

Lieber möchte man die Autofahrer mit<br />

günstigen Tarifen dazu bewegen, ihr<br />

Fahrzeug dann zu laden, wenn der<br />

Strom am günstigsten ist.<br />

Die Stadt Konstanz möchte mit einem<br />

lokalen Lastmanagement dafür sorgen,<br />

dass das Versorgungsnetz nicht<br />

kollabiert, wenn abends die Menschen<br />

ihr Elektroauto ans Ladegerät hängen.<br />

«Nach jetzigem Stand gehen wir davon<br />

aus, dass Abregelungen – wenn sie<br />

denn erforderlich sein sollten – nur<br />

für kurze Zeiträume <strong>und</strong> dann in den<br />

#<strong>023</strong> 9


Montage eines elektrischen<br />

Achsantriebs am<br />

Standort Schweinfurt.<br />

Bild: ZF<br />

frühen Abendst<strong>und</strong>en erfolgen», erklärt<br />

Johannes Junge, der bei den<br />

Stadtwerken das Thema intelligente<br />

Netze verantwortet. Derzeit gehe man<br />

davon aus, dass am nächsten Morgen<br />

alle eingesteckten Fahrzeuge vollgeladen<br />

sein werden. Diese Zuversicht beruht<br />

insbesondere auf den erheblichen<br />

Leistungsreserven, über welche das<br />

Stromnetz in der Nacht verfüge.<br />

Viel grössere Sorgen als die Netzstabilität<br />

bereitet dem Versorgungsunternehmen<br />

eine andere Unsitte: privat installierte<br />

Ladepunkte werden nicht<br />

angemeldet! «Wir erfahren von diesen<br />

auf unterschiedlichsten Wegen, dabei<br />

sind diese ab einer Leistung von 11 kW<br />

<strong>und</strong> mehr durch den Netzbetreiber genehmigungspflichtig»,<br />

sagt Anna Caldarone,<br />

verantwortlich fürs Rollout der<br />

öffentlichen Ladeinfrastruktur <strong>und</strong><br />

Produktmanagement alternative Mobilität.<br />

«Das wissen die Installateure<br />

<strong>und</strong> der Appell geht ganz klar an diese,<br />

sich an die Vorgaben zur Anmeldung<br />

<strong>und</strong> Genehmigung von Ladeinfrastruktur<br />

zu halten», mahnt sie.<br />

Was den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur<br />

betrifft, plant Konstanz<br />

bis 2025 die Inbetriebnahme von<br />

110 Ladepunkten im Stadtgebiet. Kosten<br />

pro Ladepunkt: 7000 Euro inklusive<br />

Tiefbau <strong>und</strong> Netzanschluss.<br />

Berufliche Qualifikation: E-Mobilität<br />

tangiert sogar Reifenhandel<br />

Während der Ausbau des Ladenetzes<br />

an Fahrt aufnimmt, begleitet die Deutsche<br />

Industrie <strong>und</strong> Handelskammer<br />

die Unternehmen auf ihrem Weg hin<br />

zur Elektromobilität. Um den neuen<br />

Qualifikationsanforderungen zu entsprechen,<br />

die sie mit sich bringt, wurde<br />

der Ausbildungsberuf «Kfz-Mechatroniker/-in»<br />

beispielsweise schon vor<br />

zehn Jahren um den Schwerpunkt<br />

«System- <strong>und</strong> Hochvolttechnik» erweitert.<br />

Dieser vermittelt alle wesentlichen<br />

Kompetenzen für die Elektromobilität<br />

im Rahmen der Ausbildung. Ein Jahr<br />

zuvor, 2012, wurde der Ausbildungsberuf<br />

«Verfahrensmechaniker/-in für Kunststoff-<br />

<strong>und</strong> Kautschuktechnik» um einen<br />

Schwerpunkt «Faserverb<strong>und</strong>technik»<br />

ergänzt. Damit sollen wesentliche Qualifikationen<br />

abgebildet werden, die für<br />

den Leichtbau von Fahrzeugen erforderlich<br />

sind.<br />

Was die Elektromobilität für die unmittelbar<br />

betroffenen Unternehmen<br />

ansonsten noch bedeutet, beschreibt<br />

DIHK-Expertin Anja Schwarz so: «Unternehmen,<br />

die in diesem Geschäftsfeld<br />

weiter tätig sein wollen, müssen<br />

unter Umständen Investitionen tätigen,<br />

mindestens aber ihre Prozesse<br />

umstellen. Allerdings ergeben sich<br />

auch gänzlich neue Geschäftsfelder,<br />

zum Beispiel im Leichtbau von Fahrzeugen.<br />

In jedem Fall muss das bestehende<br />

Personal weiterqualifiziert werden.»<br />

Unterstützung erhalten sie auch<br />

hier durch die örtlichen IHKs, die 2010<br />

entsprechend der regionalen Bedarfe<br />

der Automobilindustrie einzelne Fortbildungsregelungen<br />

für den Bereich<br />

der Hochvolttechnik erlassen haben.<br />

Ein Beispiel hierfür ist die Prüfungsvorschrift<br />

«Geprüfte Elektrofachkraft<br />

Fahrzeugtechnik». Diese absolvieren<br />

mittlerweile jedes Jahr über 150 Teilnehmende<br />

deutschlandweit.<br />

Dass die Elektromobilität selbst von<br />

Berufen das Anforderungsprofil verändert,<br />

von denen man es nicht erwarten<br />

würde, zeigt ein Blick in den Reifenfachhandel.<br />

«Für einen Reifenwechsel<br />

10 #<strong>023</strong>


HINTERGRUNDBERICHT<br />

ist zwar keine Qualifikation für elektrotechnische<br />

Arbeiten erforderlich,<br />

wohl aber eine entsprechende Unterweisung»,<br />

so Michael Schwämmlein,<br />

Geschäftsführer Technik beim B<strong>und</strong>esverband<br />

Reifenhandel <strong>und</strong> Vulkaniseur-Handwerk.<br />

Diese Unterweisung<br />

muss auf mögliche Gefahren <strong>und</strong><br />

Risiken bei nicht-elektrotechnischen<br />

Arbeiten an Elektrofahrzeugen hinweisen,<br />

klar die Grenzen der zulässigen<br />

Arbeiten <strong>und</strong> auch die Vorgehensweise<br />

bei Unklarheiten aufzeigen.<br />

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

hat hierzu drei Qualifizierungsniveaus<br />

für das Arbeiten an<br />

Elektrofahrzeugen definiert. Diese unterscheiden<br />

nach fachk<strong>und</strong>ig unterwiesenen<br />

Personen (Stufe 1), fachk<strong>und</strong>igen<br />

Personen (Stufe 2), die Arbeiten<br />

an spannungsfreien HV-Systemen<br />

durchführen dürfen, <strong>und</strong> fachk<strong>und</strong>igen<br />

Personen für Arbeiten an unter<br />

Spannung stehenden Hochvolt-Systemen<br />

(Stufe 3). Was das in der Praxis<br />

bedeutet, erklärt Michael Schwämmlein<br />

so: «Damit sind reifenservicetechnische<br />

Arbeiten in der Regel der Stufe<br />

1 zuzuordnen. Die Unterweisung dafür<br />

hat durch eine Person mit S2- oder S3-<br />

Qualifikation zu erfolgen. Wir empfehlen,<br />

dass pro Betrieb mindestens eine<br />

Person mit S2-Qualifikation vorhanden<br />

sein sollte, die bei Unklarheiten<br />

den Monteuren weiterhelfen kann.»<br />

Und was passiert, wenn bei Servicearbeiten<br />

oder beim Fahren ein Tesla in<br />

Flammen aufgeht? «Seitens des Deutschen<br />

Feuerwehrverbandes gibt es<br />

eine Fachempfehlung zum Thema<br />

Brände von Lithium-Ionen-Speichermedien»,<br />

berichtet Silvia Oestreicher,<br />

Referentin für Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Diese steht als PDF sowie<br />

begleitend mit einem Film zur Verfügung<br />

<strong>und</strong> ermöglicht es Feuerwehrangehörigen<br />

unabhängig von ihrer Funktion<br />

sich mit dem Thema zu befassen<br />

<strong>und</strong> fortzubilden. Gr<strong>und</strong>sätzlich, so<br />

Silvia Oestreicher, sei das Thema bei<br />

vielen Feuerwehren mittlerweile aber<br />

ein Teil der Ausbildung.<br />

Automobil-Zulieferer:<br />

Von Gewinnern <strong>und</strong> Verlierern<br />

Mitarbeiter-Qualifikation ist auch bei<br />

der ZF Friedrichshafen AG eine der<br />

wesentlichen Massnahmen, um für<br />

die Elektromobilität gewappnet zu<br />

sein. «Wir haben vor zwei Jahren unsere<br />

interne Online-Fortbildungsplattform,<br />

die E-Cademy, gestartet. Dort<br />

sind Stand heute über 20000 Mitarbeitende<br />

als Lernende registriert <strong>und</strong><br />

können von den Gr<strong>und</strong>lagen eines E-<br />

Antriebs über die Messung von Nachhaltigkeitszielen<br />

bis hin zur Anwendung<br />

von KI in der Fertigung neue<br />

Fähigkeiten erlernen <strong>und</strong> Impulse<br />

für neue Rollen sammeln», erzählt Julian<br />

Fieres, Vice President Strategy &<br />

Transformation in der ZF-Division<br />

Elektrifizierte Antriebstechnologien.<br />

Dass der Zulieferer damit den richtigen<br />

Weg eingeschlagen hat, bestätigt<br />

unter anderem der Innovationspreis<br />

der deutschen Personalwirtschaft, den<br />

er 2022 gewinnen konnte.<br />

Die Bedeutung der Elektromobilität für<br />

ihr Geschäft erkannte die ZF früh. Bereits<br />

2008 startete der Technologiekonzern<br />

als erstes europäisches Unternehmen<br />

überhaupt mit der Serienproduktion<br />

von E-Maschinen für Autos – damals<br />

ein Mildhybrid-Antriebsstrang für Limousinen.<br />

Seither verkauften die Friedrichshafener<br />

über zwei Millionen Elektromotoren<br />

weltweit. ZF setzt hier auf<br />

Aus Sicht eines Automobilherstellers gibt<br />

es mehrere grosse Herausforderungen im<br />

Zusammenhang mit der Elektromobilität.<br />

Hier sind einige der wichtigsten:<br />

Reichweite <strong>und</strong> Ladeinfrastruktur: Die<br />

zurzeit noch geringere Reichweite von<br />

Elektrofahrzeugen im Vergleich zu<br />

traditionellen Verbrennungsmotoren ist<br />

immer noch ein zentrales Anliegen. Die<br />

Entwicklung von Batterietechnologien, die<br />

eine grössere Reichweite ermöglichen,<br />

sowie der Ausbau der Ladeinfrastruktur<br />

sind entscheidende Faktoren, um das<br />

Vertrauen der Verbraucher in Elektrofahrzeuge<br />

zu stärken.<br />

Kosten: Die Produktionskosten von<br />

Elektrofahrzeugen sind oftmals höher als<br />

die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.<br />

Dies liegt hauptsächlich an den<br />

teuren Batterien <strong>und</strong> der begrenzten<br />

Skaleneffekte. Automobilhersteller müssen<br />

sich bemühen, die Kosten für Elektrofahrzeuge<br />

zu senken, um sie für eine breitere<br />

Käuferschicht erschwinglich zu machen.<br />

«Für einen<br />

Reifenwechsel<br />

ist eine<br />

entsprechende<br />

Unterweisung<br />

erforderlich.»<br />

Michael Schwämmlein,<br />

Geschäftsführer Technik beim<br />

B<strong>und</strong>esverband Reifenhandel<br />

<strong>und</strong> Vulkaniseur-Handwerk<br />

Herausforderungen für Automobilhersteller<br />

Ladezeiten: Die Ladezeiten für Elektrofahrzeuge<br />

sind im Vergleich zum Betanken<br />

eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor<br />

deutlich länger. Ladestopps müssen in die<br />

Fahrzeit mit einkalkuliert werden. Die<br />

Entwicklung von Schnellladelösungen <strong>und</strong><br />

verbesserten Batterietechnologien, die<br />

kürzere Ladezeiten ermöglichen, ist daher<br />

essenziell.<br />

Batterietechnologie: Die Weiterentwicklung<br />

von Batterietechnologien ist ein wesentlicher<br />

Faktor für die Elektromobilität. Als<br />

Automobilhersteller müssen wir diese<br />

kontinuierlich verbessern.<br />

Nachhaltigkeit: Elektrofahrzeuge sind<br />

umweltfre<strong>und</strong>licher als Verbrennungsfahrzeuge,<br />

aber die Herstellung der Batterien<br />

<strong>und</strong> die Stromerzeugung zur Aufl adung<br />

müssen ebenfalls nachhaltig sein, um die<br />

Gesamtbilanz zu verbessern. Die<br />

Gewährleistung einer umweltfre<strong>und</strong>lichen<br />

Produktion <strong>und</strong> Nutzung von Elektrofahrzeugen<br />

ist eine wichtige Herausforderung.<br />

Quelle: Ford<br />

#<strong>023</strong> 11


12 #<strong>023</strong>


HINTERGRUNDBERICHT<br />

«Es ist unwahrscheinlich,<br />

dass das<br />

Wissen über<br />

Verbrennungsmotoren<br />

vollständig<br />

verloren geht.»<br />

Ernst Ramic, Verkaufsdirektor<br />

bei Ford Schweiz<br />

Zwei Fabriken im sächsischen Kamenz<br />

produzieren bereits seit 2012 Batteriesysteme<br />

für Hybride <strong>und</strong> Elektrofahrzeuge.<br />

Bild: Mercedes Benz AG<br />

Wachstum <strong>und</strong> plant, den Umsatz mit<br />

elektrifizierten Antrieben aller Art bis<br />

2030 zu verdreifachen.<br />

Diese Transformation weg vom klassischen<br />

Getriebe spiegelt sich auch in<br />

den Zahlen des Unternehmens. «2022<br />

waren noch drei Viertel unserer Verkäufe<br />

von Produkten für Verbrennungsmotoren<br />

abhängig, während im<br />

Jahr 2030 bereits mehr als die Hälfte<br />

unserer Umsatzes aus elektrifizierten<br />

Antrieben kommen soll», so Julian<br />

Fieres. Dass die ZF den richtigen Weg<br />

eingeschlagen hat, unterstreicht das<br />

Marktpotenzial: In der E-Mobilität beläuft<br />

sich der Auftragsbestand für<br />

elektrifizierte Antriebe für Personen<strong>und</strong><br />

Nutzfahrzeuge inzwischen auf<br />

mehr als 30 Milliarden Euro.<br />

Doch längst nicht allen Beteiligten in<br />

der Branche gelingt diese Anpassung<br />

so gut wie der ZF. Wegen des schnelleren<br />

Wandels hin zur Elektromobilität<br />

kündigte Schaeffler beispielsweise im<br />

Herbst 2022 die Streichung von weltweit<br />

1300 Stellen in seiner Autosparte<br />

an. Betroffen in dem Herzogenauracher<br />

Unternehmen sind vor allem Jobs<br />

in der Verwaltung sowie in der Entwicklung<br />

von Verbrennungsmotoren.<br />

Trotz solcher negativer Beispiele erwartet<br />

der Verband Deutscher Maschinen-<br />

<strong>und</strong> Anlagenbauer in Bereich<br />

Elektromobilität weiterhin ein stabiles<br />

Wachstum. Selbst Chancen sieht er<br />

durch diese. Damit hiesige Unternehmen<br />

diese aber wahrnehmen können,<br />

so der stellvertretende VDMA-Hauptgeschäftsführer<br />

Hartmut Rauen, müssen<br />

sich diese hin zu neuen Technologien,<br />

wie zum Beispiel der Produktion<br />

von Elektronik <strong>und</strong> Batteriezellen,<br />

ausrichten.<br />

«Zusätzliche Chancen bieten sich für<br />

Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbaufirmen in<br />

den vor- <strong>und</strong> nachgelagerten Prozessen<br />

der Lieferkette, wie der Rohstoffverarbeitung<br />

für Batteriezellen oder<br />

im späteren Recycling», so Hartmut<br />

Rauen weiter. Im Ausbau der Infrastruktur,<br />

zum Beispiel durch Ladestationen<br />

oder Wasserstoff-Lieferketten,<br />

sieht er ebenfalls Geschäftspotenzial.<br />

Automobilhersteller:<br />

Das Fliessband hat ausgedient<br />

In den vergangenen Jahrzehnten investierten<br />

die Automobilhersteller<br />

Millionenbeträge in die Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Optimierung von Verbrennungsmotoren<br />

– was passiert mit diesem<br />

Wissen, ist es womöglich für die Ge-<br />

Nachhaltiges<br />

Batterie-<br />

Recycling<br />

Die Mercedes-Benz AG eröffnete im<br />

März 2<strong>023</strong> im badischen Kuppenheim<br />

eine Batterie-Recycling-Fabrik. Diese<br />

deckt alle Schritte von der Zerlegung<br />

auf Modullevel, über das Zerkleinern<br />

<strong>und</strong> Trocknen bis hin zur Aufbereitung<br />

der Materialströme in Batteriequalität<br />

ab. Durch die Prozessgestaltung der<br />

Hydrometallurgie mit Rückgewinnungsquoten<br />

von mehr als 96<br />

Prozent wird eine echte Kreislaufwirtschaft<br />

von Batteriematerialien<br />

möglich. Die Pilotanlage soll eine<br />

Jahreskapazität von 2500 Tonnen<br />

umfassen, wobei die zurückgewonnenen<br />

Materialien in den Wertstoffkreislauf<br />

zurückgeführt <strong>und</strong> so wieder in<br />

die Produktion von mehr als 50000<br />

Batteriemodulen für neue vollelektrische<br />

Mercedes-Benz-Modelle<br />

einfl iessen.<br />

#<strong>023</strong> 13


HINTERGRUNDBERICHT<br />

Wie wird sich der<br />

Stromverbrauch<br />

durch die Elektromobilität<br />

entwickeln?<br />

Christoph Erni, CEO <strong>und</strong> Gründer<br />

Juice Technology AG:<br />

«In den einzelnen Haushalten wird<br />

sich der Verbrauch je nach Grösse<br />

verdoppeln, aber die Menge, die<br />

produziert werden muss, wird sich<br />

vermutlich sogar verringern. Für das<br />

Raffi nieren bedarf es pro Liter Benzin<br />

1,5 <strong>und</strong> pro Liter Diesel 2,5 Kilowattst<strong>und</strong>en<br />

elektrische Energie. Nimmt<br />

man nun den Durchschnittsverbrauch,<br />

der in Europa bei 6 Litern<br />

Diesel <strong>und</strong> 10 Litern Benzin liegt,<br />

braucht es alleine für die Produktion<br />

des Treibstoffs 15 Kilowattst<strong>und</strong>en<br />

Strom – <strong>und</strong> der Verbrauch für das<br />

Fördern aus dem Erdreich, den<br />

Transport <strong>und</strong> das Pumpen an den<br />

Zapfsäulen ist da noch gar nicht<br />

berücksichtigt.»<br />

schichtsbücher? «Diese Erfahrung<br />

könnte im Laufe der Zeit an Bedeutung<br />

verlieren, es ist aber unwahrscheinlich,<br />

dass dieses Wissen vollständig<br />

verloren geht», glaubt Ernst<br />

Ramic, Verkaufsdirektor bei Ford<br />

Schweiz. Da Verbrennungsmotoren<br />

auch nach 2<strong>023</strong>0 in einigen Teilen der<br />

Welt immer noch eine Rolle spielten,<br />

werde es weiterhin Unternehmen <strong>und</strong><br />

Fachleute geben, die dieses Wissen<br />

erhielten.<br />

Dass dieses Wissen nicht verloren ist,<br />

glaubt man auch bei der Mercedes<br />

Benz AG. «Vielmehr wird diese Erfahrung<br />

für zukünftige Entwicklungen<br />

von Bedeutung sein. Insbesondere im<br />

Hinblick auf mechanische Komponenten<br />

existieren zahlreiche Synergien<br />

zwischen Elektro- <strong>und</strong> Verbrennerfahrzeugen»,<br />

heisst es von dort auf Anfrage.<br />

Als Beispiele nennt der Automobilhersteller<br />

die Entwicklung von<br />

2-Gang-Getrieben für kommende Modelle<br />

oder die Thermodynamik, da es<br />

auch bei Elektrofahrzeugen zu Wärmeentwicklung<br />

kommt.<br />

Bezüglich der Adaption dieses Knowhows<br />

auf Fahrzeuge, die mit E-Fuels<br />

fahren, zeigen sich die Schwaben zurückhaltender:<br />

«Aus Gründen der<br />

Energieeffizienz ist es am besten, grünen<br />

Strom direkt in die Batterie zu laden.<br />

Eine Umwandlung grünen Stroms<br />

in E-Fuels ist ein Prozess, bei dem die<br />

Energieeffizienz sinkt.»<br />

Fertigungstechnisch ist man in Sindelfingen<br />

auf die Elektromobilität vorbereitet.<br />

In der Factory 56 erfolgen seit<br />

Frühjahr 2021 auf einer Ebene sämtliche<br />

Montageschritte für Fahrzeuge<br />

verschiedener Aufbauformen <strong>und</strong> Antriebsarten<br />

– vom konventionellen bis<br />

hin zum vollelektrischen Antrieb. So<br />

werden in dieser die Mercedes Benz S-<br />

Klasse, die Mercedes-Maybach S-Klasse<br />

<strong>und</strong> der EQS vollkommen flexibel<br />

auf derselben Linie produziert. Möglich<br />

wird das durch die Ablösung des<br />

klassischen Fliessbands durch Fahrerlose<br />

Transportfahrzeuge, kurz FTF. Für<br />

die Integration eines neuen Fahrzeugtyps<br />

<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen neuen<br />

Anlagetechnik müssen lediglich die<br />

In der Factory 56 ersetzen FTF das<br />

Fliessband <strong>und</strong> ermöglichen so<br />

gleichzeitig die Fertigung von Fahrzeugen<br />

mit Elektroantrieb <strong>und</strong> Verbrennungsmotor.<br />

Bild: Mercedes Benz AG<br />

Fahrwege der 400 FTF geändert werden.<br />

Um bei diesen Anpassungen längere<br />

Unterbrechungen zu vermeiden,<br />

wurde in der Factory 56 ausserdem ein<br />

neuer Standard für die Fahrzeug-Hochzeit<br />

implementiert. Diese Hochzeit, bei<br />

der Karosserie <strong>und</strong> Antrieb verb<strong>und</strong>en<br />

werden, besteht nun aus mehreren modularen<br />

Stationen.<br />

Die Antwort auf die Factory 56 ist das<br />

«Ford Cologne Electric Vehicle Center».<br />

Dies wurde erst am 12. Juni durch<br />

Executive Chairman Bill Ford Junior<br />

<strong>und</strong> dem deutschen B<strong>und</strong>eskanzler<br />

Olaf Scholz eingeweiht <strong>und</strong> gilt als<br />

modernste Produktionsanalage des<br />

Automobilherstellers. Damit in dieser<br />

der vollelektrische Ford Explorer gebaut<br />

werden kann, wurde auf dem<br />

14 #<strong>023</strong>


Elektrofahrzeuge<br />

freischalten<br />

Obwohl die Gefahr eines elektrischen<br />

Schlags sehr unwahrscheinlich ist, gilt<br />

nach einem Unfall oder einer Panne für<br />

Rettungskräfte oder Unfallhilfsdienst<br />

Folgendes: Auch wenn nach Unfallsituationen<br />

ausgelöste Airbags, Gurtstraffer<br />

oder spezielle Crashsensoren das<br />

HV-System höchstwahrscheinlich<br />

abgeschaltet haben, gelten diese<br />

Hinweise nicht als Feststellen der<br />

Spannungsfreiheit im Sinne der fünf<br />

Sicherheitsregeln. Auf ein Freischalten<br />

des HV-Systems gemäss den<br />

Rettungsdatenblättern der Herstellfi r-<br />

men sollte nicht verzichtet werden. Der<br />

Pannenhilfsdienst, der ein defektes,<br />

aber unbeschädigtes Fahrzeug vor Ort<br />

reparieren möchte, muss bei Arbeiten<br />

am HV-System über eine entsprechende<br />

Qualifi kation verfügen <strong>und</strong> die fünf<br />

Sicherheitsregeln berücksichtigen.<br />

Quelle: DGUV<br />

Werksareal in Köln eine Lagerhalle abgerissen<br />

<strong>und</strong> durch ein 26 Meter hohes,<br />

25 breites <strong>und</strong> 100 Meter langes<br />

High-Tech-Gebäude ersetzt. In diesem<br />

soll bereits ab 2024 ein zweites elektrisches<br />

Modell produziert werden.<br />

Mineralölsteuer:<br />

Wo künftig das Geld herkommen soll<br />

Die Elektro-Mobilität kommt. Bleibt<br />

die abschliessende Frage, wie die Länder<br />

die wegfallenden Einnahmen aus<br />

der Mineralölsteuer kompensieren<br />

wollen? Immerhin handelt es sich bei<br />

dieser Steuer um eine erhebliche Einnahmequelle,<br />

die auch für den Erhalt<br />

der Verkehrsinfrastruktur entscheidend<br />

ist. In der Schweiz macht diese<br />

mit 4,34 Milliarden Franken 5,8 Prozent<br />

der Steuereinnahmen aus, in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland betragen<br />

die Einnahmen aus der Energiesteuer<br />

29,41 Milliarden Euro (Benzin 12,54<br />

Mrd. Euro, Diesel 16,87 Mrd. Euro) <strong>und</strong><br />

entsprechen damit 8,7 Prozent des<br />

B<strong>und</strong>eshaushalts.<br />

Müssen am Ende womöglich die Bezieher<br />

von Haushaltstrom befürchten,<br />

dass sie die Elektromobilität indirekt<br />

durch höhere Preise subventionieren?<br />

«Diese Befürchtung ist unbegründet»,<br />

sagt ein Sprecher des B<strong>und</strong>esfinanzministeriums<br />

<strong>und</strong> ergänzt: «Eine Subventionierung<br />

von Elektrofahrzeugen<br />

über die Strompreise oder einzelne<br />

Strompreisbestandteile findet nicht<br />

statt, auch bestehen keine Pläne, beispielsweise<br />

die Stromsteuer zu erhöhen.»<br />

Die Antwort, wie diese fehlenden<br />

Steuern kompensiert werden sollen,<br />

bleibt er allerdings schuldig.<br />

Viel weiter ist da die Schweiz. Dort beschloss<br />

der B<strong>und</strong>esrat 2022 die nächsten<br />

Schritte für eine nachhaltige Finanzierung<br />

der Verkehrsinfrastruktur<br />

<strong>und</strong> ebnete damit den Weg für eine Ersatzabgabe.<br />

Bis Ende 2<strong>023</strong> sollen nun<br />

das Eidgenössische Departement für<br />

Umwelt, Verkehr, Energie <strong>und</strong> Kommunikation<br />

(UVEK) sowie das Eidgenössische<br />

Finanzdepartement (EFD) ein Gesetzespaket<br />

ausarbeiten, in dem die<br />

Einführung einer Ersatzabgabe definiert<br />

ist. Diese soll bis 2030 in Kraft treten<br />

<strong>und</strong> setzt sich aus einem festen Betrag<br />

pro gefahrenem Kilometer sowie<br />

der Fahrzeugkategorie zusammen.<br />

Benzin- <strong>und</strong> Dieselfahrzeuge bleiben<br />

von dieser Abgabe befreit.<br />

Technik <strong>und</strong> Wissen<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Weitere Artikel<br />

<strong>und</strong> Interviews zum<br />

Thema «Elektromobilität»<br />

im Content Hub auf<br />

unserer Homepage.<br />

#<strong>023</strong> 15


KURZ & KNAPP<br />

BLICKPUNKT<br />

FORSCHUNG<br />

TU Wien<br />

Künstliche Intelligenz lernt Quantenteilchen zu kontrollieren<br />

Mit elektromagnetischen Feldern lassen sich winzige Teilchen manipulieren:<br />

Man kann sie einfangen, festhalten, oder an einen bestimmten Ort bewegen.<br />

Welche Form diese elektromagnetischen Felder aber genau haben sollen, <strong>und</strong><br />

wie man sie während des Experiments dann konkret steuern muss, ist schwer<br />

herauszufinden. Oft sind dafür langwierige Versuchsreihen mit zahlreichen<br />

Messungen notwendig. An der TU Wien konnte man nun aber zeigen, dass sich<br />

diese Aufgabe mithilfe von lernenden Algorithmen viel schneller erledigen lässt<br />

als bisher – <strong>und</strong> zwar mit derselben Präzision. Dafür entwickelte ein Team der<br />

TU Wien zusammen mit Kollegen vom FZ Jülich ein massgeschneidertes<br />

neuronales Netz, das genau für diese Anwendung eine möglichst schnelle<br />

Lernkurve hat.<br />

ETH Zürich<br />

ETHZ spannt mit Capgemini zusammen<br />

Die ETH Zürich gab bekannt, dass sie mit der Firma Capgemini eine Forschungskooperation<br />

eingeht, um Lösungen für die künstliche Intelligenz zu entwickeln,<br />

mit denen Multi-Material-Strukturen für das Additive Layer Manufacturing<br />

(ALM) entworfen werden können. Dieses neue Forschungsprogramm ist Teil<br />

des «Strategic University Program» von Capgemini, einer Initiative mit dem<br />

primären Ziel, gemeinsam mit Weltklasse-Universitäten hochwertige Forschungsergebnisse<br />

zu ermöglichen, die zur Beantwortung der Frage «Was sind<br />

die zentralen Herausforderungen einer intelligenteren Industrie in unserer<br />

Gesellschaft?» beitragen.<br />

Empa, Dübendorf<br />

Elektronik auf dem Holzweg<br />

Lassen sich aus Cellulosefasern ökologisch nachhaltige Platinen für die Elektronikindustrie<br />

herstellen? Empa-Forscher Thomas Geiger ging dieser Frage nach.<br />

Inzwischen ist er Teil eines multinationalen EU-Projekts namens «Hypelignum».<br />

Dessen Ziel: eine bioabbaubare Elektronik. «Das EU-Projekt Hypelignum hat<br />

weitgesteckte Ziele: Es soll nicht nur Leiterplatten aus nachwachsenden <strong>und</strong><br />

kompostierbaren Rohstoffen untersuchen, sondern auch leitfähige Tinten für die<br />

elektrischen Verbindungen zwischen den Bauteilen entwickeln.<br />

16 #<strong>023</strong>


Massachusetts Institute of Technology, Cambridge<br />

Die Soft Robotics hat nun einen SoftZoo<br />

Seit 2008 gibt es den Begriff Soft Robotics, <strong>und</strong> eine der Inspirationsquellen<br />

für Soft Robotics sind die Bewegungen von Tieren. Aber wo kann ein Ingenieur<br />

sie beobachten? In der freien Natur? Wäre es nicht sinnvoll, wenn es dafür<br />

einfach eine Plattform mit einem F<strong>und</strong>us an Anschauungsmaterial gäbe?<br />

Genau das haben sich Forscherinnen <strong>und</strong> Forscher des MIT gedacht – <strong>und</strong><br />

gehandelt. Entstanden ist der SoftZoo, in dem 3D-Modelle von Tieren wie<br />

Pandabären, Fischen, Haien <strong>und</strong> Raupen zu finden sind, die Soft-Robotik-Aufgaben<br />

wie Fortbewegung, agiles Drehen <strong>und</strong> Pfadverfolgung in verschiedenen<br />

Umgebungen simulieren können, wie das MIT berichtet.<br />

Universität Genf<br />

Verstehen, was in der Blackbox einer KI geschieht<br />

Wenn es um künstliche Intelligenz geht, ist die Gefahr gross, dass selbst die<br />

Forschenden nicht wissen, wie bestimmte Ergebnisse zustande kommen. Ein<br />

Team von Forschern verschiedener Universitäten hat nun einen bahnbrechenden<br />

Ansatz gef<strong>und</strong>en, um die Interpretierbarkeit von KI-Techniken zu bewerten.<br />

Die neue Methode soll Licht in das Dunkel der «Blackbox»-Algorithmen der KI<br />

bringen <strong>und</strong> den Anwendern helfen zu verstehen, was die von der KI generierten<br />

Resultate beeinflusst <strong>und</strong> ob man ihnen vertrauen kann.<br />

Columbia University, New York<br />

Roboterhand kann im Dunkeln arbeiten<br />

Was der Mensch einfach so kann, das bleibt dem Roboter bisher zum Grossteil<br />

versagt: Fingerfertigkeit. Noch immer scheitern Roboterhände an komplexeren<br />

Aufgaben. Jetzt aber kommt Bewegung in die Sache. Forscher haben eine<br />

äusserst geschickte Roboterhand vorgeführt, die einen fortgeschrittenen<br />

Tastsinn mit motorischen Lernalgorithmen kombiniert. Zur Demonstration der<br />

Geschicklichkeit wählte das Team eine schwierige Manipulationsaufgabe mit<br />

einem ungleichmässig geformten Objekt. Die Hand war nicht nur in der Lage,<br />

diese Aufgabe zu bewältigen, sondern tat dies auch ohne jegliche visuelle<br />

Rückmeldung, allein auf der Gr<strong>und</strong>lage des Tastsinns.<br />

#<strong>023</strong> 17


Wissenswertes<br />

Mensch <strong>und</strong> Maschine: Im<br />

«Drone Hub» im NEST<br />

sollen zusammen mit der<br />

Industrie die Weichen für<br />

eine künftige Koexistenz<br />

von Menschen <strong>und</strong><br />

Drohnen gestellt werden.<br />

Grafik: Empa<br />

EMPA INTENSIVIERT DROHNENFORSCHUNG<br />

Drohnen <strong>und</strong> Roboter können<br />

in unserem Leben künftig<br />

eine grosse Rolle spielen. Mit<br />

dem «Drone Hub» soll im Forschungs-<br />

<strong>und</strong> Innovationsgebäude<br />

NEST auf dem Empa-Campus in Dübendorf<br />

eine Art Voliere geschaffen<br />

werden, in der Forschende das Zusammenspiel<br />

von Drohnen, Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> Natur gemeinsam mit industriellen<br />

<strong>und</strong> akademischen Partnern erforschen<br />

<strong>und</strong> weiterentwickeln.<br />

Im Endausbau soll der «Drone Hub»<br />

Testumgebungen für drei Forschungsfelder<br />

bieten. Auf der Nordseite prägt<br />

eine experimentelle Fassade das Bild.<br />

Die Wand ist mit austauschbaren<br />

Elementen mit unterschiedlichen<br />

Oberflächen bestückt <strong>und</strong> dient der<br />

Entwicklung von Drohnen, die Inspektions-<br />

<strong>und</strong> Reparaturarbeiten in der<br />

Vertikalen ausführen können. Durch<br />

die ständige Einsatzbereitschaft der<br />

Drohnen soll die Geschwindigkeit steigen,<br />

mit der Schäden behoben werden<br />

können <strong>und</strong> sich mögliche Ausfälle der<br />

Infrastruktur minimieren lassen.<br />

Das zweite Forschungsfeld setzt<br />

die Interaktion zwischen Drohnen <strong>und</strong><br />

der Natur ins Zentrum. Die heutige Klimaforschung<br />

ist auf Sensor- <strong>und</strong> Überwachungsdaten<br />

aus der Umwelt angewiesen.<br />

Drohnen sind optimale<br />

Datenlieferanten <strong>und</strong> können gezielt<br />

Sensoren in der Natur platzieren <strong>und</strong><br />

mit regelmässigen Flügen die Daten<br />

ablesen. Wichtig ist dabei, dass die<br />

Sensor- <strong>und</strong> Drohnensysteme selbst<br />

keinen nachteiligen Einfluss auf die<br />

Umwelt haben. In einer natürlich gestalteten<br />

Umgebung mit Bäumen <strong>und</strong><br />

Waldboden lassen sich Tests mit biologisch<br />

abbaubaren Drohnen- <strong>und</strong><br />

Sensormaterialien durchführen. Ein<br />

Teil dieser Biosphäre soll zudem als<br />

Gewächshaus für bio-hybride Roboterstrukturen<br />

dienen, also etwa zum Kultivieren<br />

von Bauteilen für Drohen aus<br />

nachwachsenden <strong>und</strong> biologisch abbaubaren<br />

Materialien.<br />

Für den dritten Forschungsbereich<br />

soll der «Drone Hub» um Schnittstellen<br />

mit der Aussenwelt ergänzt werden.<br />

Wenn Drohnen zukünftig in den städtischen<br />

Alltag integriert <strong>und</strong> Roboter<br />

<strong>und</strong> Menschen koexistieren sollen, bedarf<br />

es Regeln <strong>und</strong> technologischer<br />

Standards. Das beginnt beispielsweise<br />

bereits bei den Landeplätzen an oder<br />

auf Gebäuden, die von Drohnen autonom<br />

angeflogen werden sollen oder<br />

bei Ladestationen, an denen die Transportdrohnen<br />

selbständig Energie für<br />

den nächsten Flug nachtanken. Im<br />

«Drone Hub» werden sich die Drohnenforschenden<br />

um die Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Etablierung von technischen<br />

Richtlinien für solche Schnittstellen<br />

zwischen Gebäuden <strong>und</strong> Flugrobotern<br />

kümmern <strong>und</strong> dazu beitragen, dass ein<br />

Zusammenleben von Mensch <strong>und</strong> Maschine<br />

keine Science Fiction bleibt.<br />

www.empa.ch<br />

18 #<strong>023</strong>


KAUDERWELSCH<br />

COCREATION<br />

IM ALLTAG<br />

Technik <strong>und</strong> Wissen befasst sich intensiv mit den Möglichkeiten<br />

digitaler Neuerungen. Besonderes Interesse<br />

finden dabei Werkzeuge, die das Potenzial mitbringen,<br />

unseren Arbeitsalltag zu erleichtern. Wäre es beispielsweise<br />

nicht toll, nach einem Interview einfach die<br />

Sprachdatei automatisch in ein Word-Dokument transkribieren<br />

zu lassen <strong>und</strong> gleich mit dem Umschreiben<br />

<strong>und</strong> Feinformulieren beginnen zu können?<br />

Was erzählt der denn da, werden Sie sich jetzt vielleicht<br />

denken, solche Werkzeuge gibt es doch schon lange. Ja,<br />

richtig! Nur alltagstauglich sind sie halt nicht. Einfach<br />

Umschreiben <strong>und</strong> Feinformulieren geht nicht. Zunächst<br />

braucht es einen Abgleich zwischen Wort <strong>und</strong> Transkription,<br />

weil entscheidende Worte oder gar Satzfragmente so<br />

kurios verfälscht werden, dass man selbst als Interview-<br />

Beteiligter keine Ahnung hat, was da gesprochen wurde.<br />

Anbei eine kleine Kostprobe des Experten-Interviews<br />

zum Thema IO-Link, dass wir für diese <strong>Ausgabe</strong> mit Murrelektronik<br />

führten. In der ersten Spalte das transkribierte<br />

Wort, in der zweiten Spalte das gesprochene Wort:<br />

Transkription<br />

tatsächlich gesagt<br />

DAS<br />

<strong>WISSEN</strong><br />

WÄRE<br />

DA…<br />

Von Dr. Georg Michalik<br />

Neulich im Zug unterhalten sich zwei Mitarbeiter<br />

aus der Fertigung: «Letzte Woche haben sie uns einen<br />

Zettel hingelegt, wir sollten ankreuzen, wie zufrieden<br />

wir sind.» Und dann weiter: «Das bringt<br />

doch eh nichts! Es gäbe genug, was wir tun könnten.<br />

Wenn wir zum Beispiel die beiden grossen Maschinen<br />

versetzt fahren würden, dann wären wir<br />

viel produktiver. Das macht aber keiner <strong>und</strong> wenn<br />

du was sagst, dann hörst du «ja danke» <strong>und</strong> es passiert<br />

nichts.»<br />

Airlines<br />

Was die H<strong>und</strong>e<br />

brauchen<br />

Feldbusch Dienststelle<br />

geändert<br />

Gewicht<br />

zu Modulen Comics<br />

noch OT<br />

Chanson<br />

Funktionen<br />

Finanzprobleme<br />

Gleisbett<br />

Feldpost<br />

Konzerte<br />

Marktdaten<br />

Israel<br />

Wie weit ist der<br />

Zug Fahrer<br />

Klassenzimmer<br />

Gaza platt<br />

Aylin Dogan<br />

Olympique<br />

Vertretung<br />

skalpieren<br />

Da brennt<br />

Deine Hammer<br />

Nur Elektronik<br />

IO Link<br />

Was der K<strong>und</strong>e<br />

braucht<br />

Feldbus Schnittstelle<br />

geendet<br />

Gewinn<br />

zu den Modulen<br />

kommt IoT dazu<br />

Jason<br />

Informationen<br />

Impedanzprobleme<br />

Class B Port<br />

Feldbus<br />

Konsortium<br />

smarte Daten<br />

Ethernet<br />

wie weit ist er<br />

zugefahren<br />

Lassen Sie uns<br />

Datenblatt<br />

IO Link<br />

IO Link Wireless<br />

Verdrahtung<br />

transkribieren<br />

Der Trend<br />

Dann haben wir<br />

Murrelektronik<br />

Das Wissen, wie wir leistungsfähiger, innovativer<br />

<strong>und</strong> effizienter werden könnten, wäre also da. Aber<br />

die Frage ist: Nutzen wir es? Möglicherweise selbst<br />

dann nicht, wenn wir kontinuierliche Verbesserungsprozesse<br />

(KVP) im Unternehmen haben. In einem<br />

Workshop habe ich die Teilnehmer ihre Unternehmenswerte<br />

in eine Reihenfolge bringen lassen.<br />

Sie wurden danach sortiert, welche Werte am ehesten<br />

gelebt werden. Der Wert «Wir verbessern laufend<br />

unsere Prozesse» war im Schnitt auf dem vorletzten<br />

Platz <strong>und</strong> das, obwohl KVP eingeführt ist.<br />

Ich glaube, wir sollten besser auf das hören, was alle<br />

im Unternehmen wahrnehmen. Nicht nur, weil es<br />

ein KV-Prozess so vorsieht, sondern weil es uns<br />

wichtig ist, was die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen für<br />

Ideen <strong>und</strong> Gedanken haben.<br />

Ja, das braucht Zeit. Was ist jedoch die Alternative?<br />

Wollen wir die Augen verschliessen <strong>und</strong> lieber wegschauen?<br />

Es erinnert mich an die Geschichte von<br />

den Männern mit der Schrotsäge, die sich vergeblich<br />

mit dem Baum abmühen, weil ihre Säge stumpf<br />

ist. Darauf angesprochen, warum sie nicht ins Dorf<br />

gehen, um die Säge zu schärfen, antworten sie, dass<br />

sie dazu keine Zeit hätten, denn sie müssten ja ihre<br />

Arbeit fertigbekommen.<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch<br />

Dr. Georg Michalik ist Coach <strong>und</strong> Buchautor.<br />

Er begleitet Unternehmen in Veränderungsprozessen.<br />

www.cocreation.com<br />

#<strong>023</strong> 19


<strong>WISSEN</strong>SWERTES<br />

Prof. Dr. Andreas Bett<br />

ist Institutsleiter des<br />

Fraunhofer-Instituts<br />

für Solare Energiesysteme<br />

ISE <strong>und</strong><br />

Professor am Institut<br />

für Physik der<br />

Albert-Ludwigs-Universität<br />

Freiburg.<br />

Bilder: Fraunhofer ISE<br />

Dr. Frank Dimroth<br />

leitet am Fraunhofer<br />

ISE die Forschung zu<br />

III-V <strong>und</strong> Konzentrationsphotovoltaik.<br />

1 MILLION FRANKEN FÜR FRAUNHOFER ISE FORSCHER<br />

Prof. Dr. Andreas Bett <strong>und</strong> Dr.<br />

Frank Dimroth vom Fraunhofer<br />

ISE in Freiburg erhalten<br />

den mit 1 Million Schweizer<br />

Franken dotierten Forschungspreis<br />

der Werner Siemens-Stiftung. Basis<br />

für die Auszeichnung sind ihre wissenschaftlichen<br />

Arbeiten im Bereich<br />

der höchsteffizienten Photovoltaik<br />

auf der Basis von III-V-Halbleiterverbindungen.<br />

«Wir freuen uns sehr, dass wir die<br />

Jury mit unserem Konzept einer besonders<br />

ressourcenschonenden <strong>und</strong><br />

umweltfre<strong>und</strong>lichen Erzeugung von<br />

solarem Strom <strong>und</strong> Wasserstoff<br />

überzeugen konnten», sagt Prof. Dr.<br />

Andreas Bett: «Mit unseren III-V-<br />

Mehrfachsolarzellen erreichen wir<br />

bereits heute Wirkungsgrade bis zu<br />

47,6 Prozent <strong>und</strong> entwickeln damit<br />

die weltweit effizienteste Technologie<br />

zur Umwandlung von Sonnenlicht<br />

in Strom.»<br />

Im Zentrum ihrer prämierten Arbeit<br />

steht die Vision einer ressourcenschonenden<br />

Energiewende. Dazu wollen<br />

die Forscher Solarmodule auf der<br />

Basis von III-V-Mehrfachsolarzellen<br />

wettbewerbsfähig machen, welche<br />

mindestens 30 Prozent mehr Leistung<br />

pro Quadratmeter generieren im Vergleich<br />

zu heutigen Solarmodulen aus<br />

kristallinem Silicium. Der Energieverbrauch<br />

in der Produktion soll gleichzeitig<br />

um 75 Prozent sinken.<br />

Basierend auf ihren Ideen erarbeiten<br />

die Preisträger nun bis Ende Oktober<br />

2<strong>023</strong> detaillierte Konzepte für ein<br />

WSS-Forschungszentrum. «Solch ein<br />

Forschungszentrum würde es uns ermöglichen,<br />

der III-V-Solartechnologie<br />

zum Durchbruch zu verhelfen», sagt<br />

Dr. Frank Dimroth. «Wir wollen dabei<br />

systematisch Produktionstechnologie<br />

weiterentwickeln, technologische<br />

Risiken minimieren <strong>und</strong> zeigen, wie<br />

solarer Wasserstoff besonders effizient,<br />

nachhaltig <strong>und</strong> kostengünstig<br />

hergestellt werden kann.»<br />

www.ise.fraunhofer.de<br />

20 #<strong>023</strong>


GEOTHERMIE: LITHIUM-MONITORING MIT LASERSTRAHLEN<br />

Weltweit steigt die<br />

Nachfrage nach Lithium,<br />

damit werden<br />

Pläne für eine<br />

nachhaltigere <strong>und</strong> heimische<br />

Förderung aus dem Thermalwasser<br />

von Geothermiekraftwerken<br />

immer attraktiver. In einem Geothermiekraftwerk<br />

im deutschen<br />

Bruchsal erproben das KIT <strong>und</strong><br />

die EnBW Energie Baden-Württemberg<br />

AG diese Art der Lithiumgewinnung<br />

schon heute. Bisher<br />

war es allerdings nicht<br />

möglich, den Lithiumgehalt im<br />

Wasser kontinuierlich zu messen.<br />

«Bislang müssen wir das Wasser<br />

manuell im Labor untersuchen,<br />

um die Anlage zu steuern», sagt<br />

Prof. Jochen Kolb vom Institut für<br />

Angewandte Geowissenschaften<br />

des KIT: «Das ist umständlich,<br />

langsam <strong>und</strong> im Vergleich auch<br />

relativ ungenau.» Im Forschungsprojekt<br />

LiMo (Learning Journey.<br />

Individuell. Informell. Mobil), welches<br />

das KIT koordiniert, entwickeln<br />

Jochen Kolb <strong>und</strong> sein Team<br />

deshalb gemeinsam mit ihren<br />

Partnern vom Fraunhofer-Institut<br />

für Physikalische Messtechnik<br />

eine Methode, die auf Laserstrahlen<br />

setzt. «Bei der laserinduzierten<br />

Plasmaspektroskopie werden<br />

kleine Mengen des Wassers ionisiert<br />

<strong>und</strong> der Lithiumgehalt mittels<br />

der entstehenden Ionensignale<br />

bestimmt», so Jochen Kolb.<br />

Durch das kontinuierliche Überwachen<br />

des Lithiumgehalts im<br />

Geothermalwasser könne die gesamte<br />

Anlage viel effizienter eingesetzt<br />

werden. Daneben kann<br />

die neue Methode zukünftig auch<br />

beim Batterierecycling nützlich<br />

sein. «Bei hydrometallurgischen<br />

Verfahren werden Batterien in<br />

wässrigen Lösungen geschreddert.<br />

Auch hier hilft es, den Lithiumgehalt<br />

präzise <strong>und</strong> kontinuierlich<br />

zu erfassen», sagt er.<br />

wwww.kit.edu


<strong>WISSEN</strong>SWERTES<br />

HARDWARE-<br />

ANGRIFFE AUF<br />

MIKROCONTROLLER<br />

Mikrocontroller werden vermehrt<br />

in sicherheitsrelevanten<br />

Anwendungen wie<br />

Zutrittssystemen oder elektronischen<br />

Geldbörsen verwendet. Weil<br />

in diesen oftmals sensible Daten wie<br />

kryptografische Schlüssel gespeichert<br />

sind, macht es sie zu einem attraktiven<br />

Angriffsziel. Daher beauftrage das B<strong>und</strong>esamts<br />

für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

das Fraunhofer-Institut<br />

AISEC mit der Studie «A Study on<br />

Hardware Attacks against Microcontrollers»,<br />

die den aktuellen Stand von<br />

Hardware-Angriffen auf Mikrocontroller<br />

darstellt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> ihrer Mobilität sind Geräte<br />

mit Mikrocontrollern nicht nur klassischen<br />

Angriffen ausgesetzt. Es können<br />

zudem spezielle Angriffe durchgeführt<br />

werden, die nicht auf Schwachstellen<br />

in der Software zielen, sondern Eigenschaften<br />

der Hardware selbst ausnutzen,<br />

auf die bei der Produktentwicklung<br />

in der Vergangenheit zu wenig<br />

geachtet wurde. In vielen aktuellen<br />

Produkten existieren daher Schwachstellen<br />

<strong>und</strong> Angriffsvektoren.<br />

Die jetzt veröffentlichte Studie beschreibt<br />

leicht umzusetzende Gegenmassnahmen,<br />

die vielen Angriffen vorbeugen<br />

können oder den Aufwand für<br />

Angreifer deutlich erhöhen. Das Ziel<br />

ist, Produktentwickler <strong>und</strong> Hersteller<br />

für die vorhandenen Risiken zu sensibilisieren<br />

sowie ihnen Möglichkeiten<br />

zur Absicherung von Produkten aufzuzeigen<br />

<strong>und</strong> die Gegenmassnahmen einem<br />

breiten Publikum zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Die Studie steht auf dem Presseportal<br />

des Fraunhofer AISEC kostenlos zum<br />

Download bereit.<br />

www.aisec.fraunhofer.de<br />

FOSSILFREIE<br />

GLEISBAUMASCHINEN<br />

Für den sicheren Eisenbahnbetrieb müssen<br />

Gleise regelmässig instandgehalten <strong>und</strong><br />

erneuert werden. Dazu braucht es Spezialbaumaschinen,<br />

die heutzutage grossteils<br />

mit Dieselmotoren angetrieben werden. Besonders<br />

grosse Gleisbaumaschinengruppen benötigen<br />

dabei bis zu 1000 Liter Diesel pro umzubauenden<br />

Gleiskilometer.<br />

Gemeinsam mit dem Gleisbaumaschinen-Hersteller<br />

Plasser & Theurer untersuchte das Institut<br />

für Eisenbahnwesen <strong>und</strong> Verkehrswirtschaft der<br />

TU Graz nun erstmals sämtliche Gleisbaumaschinen<br />

sowie deren spezifische Arbeitsweise <strong>und</strong> eruierte<br />

die jeweils optimale fossilfreie alternative Antriebstechnologie.<br />

Basierend auf der Analyse<br />

ergeben sich Empfehlungen zu alternativen Lösungen<br />

für unterschiedliche Gleisbaumaschinen: Gut<br />

35 Prozent der eingesetzten Maschinen könnten<br />

demnach aus technischer <strong>und</strong> (arbeits-) rechtlicher<br />

Sicht ihren Energiebezug elektrisch direkt<br />

über die Oberleitung abdecken.<br />

Für Gleisbaumaschinen bis 800 kWh Energiebedarf<br />

empfehlen die Forschenden eine Batterielösung<br />

als Hybrid mit Oberleitung zum Aufladen. Für<br />

Maschinen über 800 kWh elektrischem Energiebedarf<br />

erachten sie einen Antrieb mittels Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie<br />

als optimal. Bestehende<br />

Maschinen könnten überbrückend auf<br />

Bio- oder synthetische Kraftstoffen sowie mittelfristig<br />

auch auf Flüssigwasserstoff in Kombination<br />

mit einem Verbrennungskraftmotor zurückgreifen.<br />

www.tugraz.at<br />

22 #<strong>023</strong>


FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT<br />

MIT NEUEM PRÄSIDENTEN<br />

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka wird der 11. Präsident<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft. Der Senat der<br />

Fraunhofer-Gesellschaft wählte den derzeitigen<br />

Präsidenten des Karlsruher Instituts für Technologie<br />

(KIT) Ende März in Dresden einstimmig. Holger<br />

Hanselka tritt die Nachfolge von Prof. Dr.-Ing. Reim<strong>und</strong><br />

Neugebauer an, der nach fast elf Jahren an der Spitze der<br />

Fraunhofer-Gesellschaft sein Amt zur Verfügung stellte.<br />

Der 1961 in Oldenburg geborene Maschinenbauingenieur<br />

Holger Hanselka leitet seit 2013 das KIT <strong>und</strong> hat dies zurück<br />

in die Riege der Exzellenzuniversitäten geführt. Zuvor war er<br />

unter anderem Leiter des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit<br />

<strong>und</strong> Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt <strong>und</strong> von<br />

2006 bis 2012 Präsidiumsmitglied der Fraunhofer-Gesellschaft.<br />

In einer ersten Stellungnahme nannte Holger Hanselka die weitere Internationalisierung<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft <strong>und</strong> die Erarbeitung eines<br />

modernen Leitbilds als zentrale Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit. Derzeit<br />

laufen Gespräche zwischen allen Beteiligten mit dem Ziel eines<br />

schnellstmöglichen Amtsantritts von Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka. Bis<br />

dahin wird die Fraunhofer-Gesellschaft interimistisch von Dr. Sandra Krey,<br />

Vorständin für Finanzen <strong>und</strong> Controlling, geführt.<br />

Holger Hanselka ist<br />

neuer Präsident des<br />

Fraunhofer Instituts.<br />

Bild: Fraunhofer Institut<br />

www.fraunhofer.de<br />

#<strong>023</strong> 23


EXPERTENGESPRÄCH «IO-LINK»<br />

«WIR HABEN<br />

GEMEINSAM EIN<br />

BESSERES<br />

RAD ENTWICKELT»<br />

Im Interview mit Wolfgang Wiedemann wird eines schnell<br />

klar, er ist wirklich von IO-Link angetan. Begeistert<br />

spricht der Leiter Application Consulting Technology <strong>und</strong><br />

Training bei Murrelektronik über die Vorzüge,<br />

welche das Smart Sensor Profil oder IoT dem Anwender<br />

bieten. Doch seine Expertise reicht sehr viel weiter.<br />

Von Markus Back (Text) <strong>und</strong> Damian Byland (Fotos)<br />

Murrelektronik produziert weder Sensoren noch<br />

Aktoren, sagt aber selbst von sich «Wir sind<br />

IO-Link». Woher kommt dieses Selbstbewusstsein?<br />

Als Gerätehersteller sowie als aktives Mitglied im<br />

IO-Link-Lenkungsausschuss treiben wir das Thema weltweit<br />

voran. Ausserdem sind wir sehr nah am K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wissen<br />

genau, was ihn beschäftigt. Dieses Wissen bilden wir in<br />

unseren Produkten ab, zum Beispiel mit IoT, 2 Ampere<br />

Leistung pro Pin oder integrierter IODD in der GSDMI, die es<br />

ermöglicht, IO-Link-Devices direkt zu konfigurieren.<br />

Wenn man sich mit dieser Thematik näher befasst, bekommt<br />

man den Eindruck, dass IO-Link der dezentralen Installationstechnik<br />

die Krone aufsetzt. Ist dem so?<br />

Auf jeden Fall! IO-Link erschliesst den letzten Meter in der<br />

Maschine <strong>und</strong> ermöglicht es so, intelligente Sensorik <strong>und</strong><br />

Aktorik kommunikativ mit der Maschinensteuerung oder dem<br />

IoT-System zu verbinden. Beide kommunizieren automatisch<br />

mit dem Master <strong>und</strong> das ist der grosse Unterschied zu allen<br />

anderen Produkten mit bidirektionaler Kommunikation.<br />

Für den Anwender ist das entscheidend. Über ERP- <strong>und</strong><br />

MES-Systeme hat er zwar Transparenz über seine Maschinen,<br />

aber dort, wo der Grossteil seiner Geräte verbaut ist,<br />

nämlich in den letzten Metern, war er vor IO-Link aus Sicht<br />

der Management-, der Produktionsleitungs- oder Entscheidungsebene<br />

vollkommen blind. Er sah bis zur Steuerung,<br />

konnte von dieser aus aber weder Parameter verstellen noch<br />

Diagnosen vornehmen.<br />

Zur Person<br />

Wolfgang Wiedemann ist seit<br />

2012 Leiter Applikation <strong>und</strong><br />

Sales Support Automation bei<br />

Murrelektronik. In dieser<br />

Funktion befasst er sich mit den<br />

Themen Systemvertrieb,<br />

Industrie 4.0 sowie IoT <strong>und</strong> ist<br />

zugleich globaler Ansprechpartner<br />

für dezentrale Automatisierung.<br />

Darüber hinaus ist er<br />

Mitglied des IO-Link Steering<br />

Committee <strong>und</strong> Leiter der<br />

Profi lgruppe, die sich mit<br />

Standardisierungsfragen<br />

beschäftigt. Des Weiteren<br />

engagiert er sich in diversen PI/<br />

PNO-Arbeitsgruppen <strong>und</strong> ist im<br />

Marketing von IO-Link <strong>und</strong> Profi -<br />

safe aktiv. Der 60-Jährige ist<br />

verheiratet <strong>und</strong> Vater zweier<br />

erwachsener Kinder.<br />

24 #<strong>023</strong>


EXPERTENGESPRÄCH «IO-LINK»<br />

«IO-Link ist die<br />

USB-Schnittstelle<br />

der Automatisierungstechnik.»<br />

Wolfgang Wiedemann,<br />

Leiter Applikation <strong>und</strong> Sales Support<br />

Automation, Murrelektronik<br />

Und das ist vermutlich auch die Vorrausetzung für<br />

Konzepte, wie beispielsweise eine vorausschauende<br />

Wartung?<br />

Korrekt. Man konnte natürlich schon vorher Wartungsintervalle<br />

festlegen, zum Beispiel alle 90 Tage, aber das<br />

war unabhängig von der Situation auf der Produktionsebene.<br />

Jetzt lassen sich Wartungsintervalle dynamisch<br />

anpassen <strong>und</strong> erhöhen somit die Verfügbarkeit einer<br />

Anlage <strong>und</strong> damit deren Produktivität. Das ist ähnlich wie<br />

bei einem modernen Auto. Früher wurde in regelmässigen<br />

Abständen oder nach einer bestimmten Fahrleistung das<br />

Öl gewechselt, heute wird ein erforderlicher Ölwechsel<br />

automatisch angezeigt. Das erleichtert den Umgang mit<br />

dem Auto extrem <strong>und</strong> so ist es auch in der Produktion.<br />

Was können IO-Module mit IO-Link zusätzlich oder<br />

besser als herkömmliche IO-Module?<br />

Mit unseren IO-Link-Master-Gateways lassen sich Informationen<br />

einfach in die IoT-Ebene bringen. In Kombination<br />

mit IO-Link-Modulen, stellen sie dem Anwender ein<br />

System zur Verfügung, mit dem IO-Link- sowie digitale<br />

oder analoge Signale übertragen werden können. Dadurch<br />

wird der Weg an der Steuerung vorbei in die IoT-Welt<br />

geöffnet, wo die Informationen zur Diagnose <strong>und</strong> Optimierung<br />

der Prozesse genutzt werden können.<br />

Das entlastet auch die Steuerung.<br />

Die Aufgabe einer SPS ist es, die Maschine zu steuern. Sie<br />

ist weniger dazu geeignet, grosse Datenmengen aufzuzeichnen.<br />

Daher ist es sinnvoller, Prozesswerte <strong>und</strong> Diagnosen<br />

direkt aus dem IO-Link-Master-Gateway zu holen <strong>und</strong> direkt<br />

ins IoT-System zu übertragen. Sollte sich herausstellen,<br />

dass weitere Werte für die Transparenz der Maschine<br />

notwendig sind, können diese einfach über JSON, MQTT<br />

oder OPC-UA abgeholt werden. Die Steuerung der Maschine<br />

muss nicht mehr angepasst werden.<br />

Bei einem unserer K<strong>und</strong>en gab es den Fall, dass der<br />

Produktionsleiter monatelang auf wichtige Informationen<br />

warten musste, weil diese nur vom Maschinenbauer aus der<br />

Steuerung gelesen werden konnten. Wir haben ihm gezeigt,<br />

wie er über die IO-Link-Master-Gateways der Murrelektronik<br />

innerhalb weniger Minuten an die Informationen<br />

gelangt <strong>und</strong> so seine Prozesse sofort optimieren kann.<br />

Damit ermöglichen IO-Link-Mastermodule mit IoT ganz<br />

neue Anwendungen, oder?<br />

Genau. Einer unserer K<strong>und</strong>en misst so in seinen Gewächshäusern<br />

die Temperaturen <strong>und</strong> steuert die Belüftungsklappen<br />

über IoT an. Solche Möglichkeiten machen IO-Link<br />

plötzlich auch für Unternehmen interessant, an die man<br />

gar nicht denken würde. So trat SAP mit der IO-Link-Community<br />

in Kontakt, weil man dort sehr an Prozessdaten<br />

interessiert ist, sich aber weder mit Steuerungen noch<br />

deren Infrastruktur auskennt. Mit IoT braucht es dieses<br />

Wissen nicht, um einfach an diese Daten zu gelangen.<br />

IO-Link erlaubt die Verwendung ungeschirmter Kabel. Wie<br />

ist das möglich, je nach Anwendung sind diese doch auch<br />

im rauen Umfeld installiert?<br />

26 #<strong>023</strong>


EXPERTENGESPRÄCH «IO-LINK»<br />

«Durch das Springen<br />

auf Frequenzen<br />

ist IO-Link Wireless<br />

äusserst robust.»<br />

Wolfgang Wiedeman<br />

Leiter Applikation <strong>und</strong> Sales Support<br />

Automation, Murrelektronik<br />

Das sind mehrere Punkte. Zunächst einmal ist die<br />

digitale Datenübertragung weniger anfällig auf<br />

Störeinflüsse als analoge Signale. Ausserdem basiert<br />

IO-Link auf einem pulsmodulierten 24-Volt-System,<br />

was sehr viel robuster ist als ein 5-Volt-Signal. Ein<br />

weiterer Vorteil, der Stabilität garantiert, ist die<br />

Punkt-zu-Punkt-Verbindung.<br />

IO-Link gibt es mit 3- oder 5-poliger Verbindungstechnik.<br />

Was ist der Unterschied?<br />

Beim Class A Port handelt es sich um einen dreipoligen<br />

<strong>und</strong> beim Class B Port um einen fünfpoligen Anschluss.<br />

Der Unterschied zwischen diesen beiden ist eine<br />

zusätzliche 24-Volt-Leitung, über die sich Aktoren wie<br />

beispielsweise Ventile versorgen lassen. Bei den<br />

Sensoren kommt der Class A Port in 90 Prozent der<br />

Fälle zur Anwendung, weil diese in aller Regel keine<br />

extra Einspeisung benötigen.<br />

Stehen IO-Link <strong>und</strong> Feldbusse in Konkurrenz oder<br />

ergeben sich Synergien?<br />

Definitiv Synergien. Bei einem induktiven Sensor mit<br />

einem Durchmesser von 3 oder 4 Millimetern beispiels-<br />

28 #<strong>023</strong>


weise kommt der Feldbus allein schon wegen der Kosten<br />

<strong>und</strong> dem Gehäuse an seine Grenzen. IO-Link ist da in der<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Fertigung einfach günstiger. Ein guter<br />

Vergleich ist die USB-Schnittstelle am PC. Es kommt<br />

niemand auf die Idee, eine Maus oder ein Keyboard über<br />

ein RJ45-Kabel anzuschliessen! Das wäre mit Kanonen auf<br />

Spatzen geschossen. Dass IO-Link die USB-Schnittstelle<br />

der Automatisierungstechnik ist, zeigt auch der Markt.<br />

Inzwischen sind über 28000 Geräte IO-Link-fähig <strong>und</strong><br />

immer mehr Steuerungshersteller integrieren die Schnittstelle<br />

in ihr System.<br />

Führt IO-Link zu einem Paradigmenwechsel, in dem<br />

zukünftig Applikationen über den vertrauten Feldbus<br />

realisiert <strong>und</strong> die Spezialitäten über IO-Link angeb<strong>und</strong>en<br />

werden?<br />

Das wäre zu verallgemeinert. Ein Laserscanner beispielsweise<br />

muss viele Daten übertragen <strong>und</strong> wird daher vermutlich<br />

auch weiterhin über eine Feldbus-Schnittstelle<br />

angeb<strong>und</strong>en werden. Für einen induktiven Sensor, der die<br />

Entfernung misst <strong>und</strong> diese Werte überträgt, reicht dagegen<br />

IO-Link vollkommen aus. Der Feldbus alleine ist nicht stark<br />

<strong>und</strong> IO-Link auch nicht, die Kombination der beiden<br />

Systeme bringt die Vorteile.<br />

IO-Link wird mit drei Übertragungsraten angeboten. Was ist<br />

die Idee dahinter?<br />

Historisch bedingt gibt es drei Kommunikationsgeschwindigkeiten,<br />

um Geräte mit IO-Link ausrüsten zu können. Das<br />

Schöne daran ist, dass sich der Anwender darüber gar keine<br />

Gedanken machen muss. Das IO-Link-Master-Gateway<br />

erkennt automatisch, welche Kommunikationsgeschwindigkeit<br />

das Device unterstützt <strong>und</strong> stellt sich darauf ein.<br />

Wieso ist Smart Sensor Profil wichtig?<br />

Profile dienen der Standardisierung <strong>und</strong> Standardisierung<br />

ist für die industrielle Automatisierungstechnik elementar.<br />

In IO-Link gibt es mehrere Profile, wobei das Wichtigste das<br />

Common Profil ist. Dieses integrierte Profil ist für jedes<br />

IO-Link Device verpflichtend, so dass es heute einfacher ist,<br />

Daten auszulesen. Für den Anwender ist das wichtig, denn<br />

egal welches IO-Link Device er hat, der Mechanismus fürs<br />

Auslesen ist für ihn immer der gleiche.<br />

Neben dem Common Profil gibt es dann spezielle wie das<br />

Smart Sensor Profil. Dieses beschreibt unter anderem die<br />

Prozessdaten-Anordnung in Sensoren <strong>und</strong> integriert einen<br />

Scale Faktor, der unterschiedliche Sensoren gleich<br />

umrechnet. Wichtig ist das beispielsweise dann, wenn ein<br />

Distanz-Sensor mit einem Messbereich von 0 bis 1 Meter<br />

durch einen Sensor mit einem Messbereich von 0 bis 1,5<br />

Meter ersetzt werden soll. Früher war ein solcher Austausch<br />

sehr aufwendig, da sämtliche Werte zunächst<br />

angepasst werden mussten. Durch die jetzt standardisierte<br />

Prozessdatenstruktur ist ein solcher Sensoraustausch nun<br />

sehr viel einfacher.<br />

Haben sich damit auch die Probleme erübrigt, die es in<br />

der Vergangenheit durch die uneinheitliche Gerätebeschreibungsdatei<br />

gab?<br />

Durch das Smart–Sensor-Profil wurden viele Herausforderungen<br />

vereinfacht. Die IO-Link-Community hat die Regeln<br />

für die Erstellung einer Gerätebeschreibung, also die IODD,<br />

verschärft, so dass es in Zukunft keine Probleme mit<br />

uneinheitlichen Beschreibungen mehr geben wird.<br />

Wann ist IO-Link Wireless die bessere Alternative?<br />

Es gibt Applikationen, zum Beispiel R<strong>und</strong>takttische, bei<br />

denen Sensorsignale über Schleifringe übertragen werden<br />

müssen. Diese verteuern jedoch die Maschine <strong>und</strong> sind<br />

anfällig für Störungen. Hier kann IO-Link Wireless eine<br />

Alternative sein, weil nur noch Schleifringe für die Spannungsversorgung<br />

erforderlich sind.<br />

Es gibt Hersteller, die auf Wireless setzen <strong>und</strong> die Signale<br />

über einen IO-Link Wireless Master einfangen. Das Schwierige<br />

daran ist, dass das nur bei Sensoren geht, weil sich<br />

diese über eine Batterie versorgen lassen. Bei Aktoren ist<br />

das schwierig, weil diese meist zu viel Leistung benötigen.<br />

Eine Alternative zu IO-Link Wireless ist übrigens die<br />

Übertragung über induktive Koppler-Systeme, die wie die<br />

Ladestationen elektrischer Zahnbürsten eine gewisse<br />

Leistung bereitstellen.<br />

Wie sicher ist die Datenübertragung in IO-Link Wireless?<br />

IO-Link Wireless ist sehr sicher, weil es auf eine Zellengrösse<br />

von circa 20 Meter beschränkt ist, was für eine Werkzeugmaschine<br />

durchaus ausreichend ist. Eine Übertragung<br />

über die komplette Produktionshalle ist nicht möglich.<br />

Ausserdem sendet IO-Link Wireless nicht auf einem fix<br />

eingestellten Kanal, sondern wechselt zwischen den<br />

Kanälen <strong>und</strong> sucht den für die Übertragung am besten<br />

geeigneten automatisch aus. Versuche der TU Hannover in<br />

einem Automobilwerk zeigten, dass IO-Link Wireless länger<br />

sendet <strong>und</strong> weniger Daten verliert als vergleichbare<br />

Systeme. Sollte doch ein Telegramm verloren gehen, wird<br />

es automatisch nochmals auf einer anderen Frequenz<br />

gesendet. Dadurch ist die IO-Link-Wireless-Kommunikation<br />

äusserst robust.<br />

Was sollte aus Ihrer Sicht abschliessend unbedingt noch<br />

zum Thema «IO- Link» gesagt werden?<br />

In der Vergangenheit gab es schon proprietäre Ansätze für<br />

Kommunikationssysteme in der Sensor/Aktor-Ebene, die<br />

sich aber alle nicht durchgesetzt haben. IO-Link hat das<br />

geschafft <strong>und</strong> sich zum weltweiten Standard mit über 450<br />

Herstellern als Mitglieder der IO-Link Community entwickelt.<br />

Das ist ein grosser Vorteil für die Anwender, da nicht<br />

mehr jede Firma ein eigenes Rad entwickelt, sondern<br />

gemeinsam ein besseres Rad entwickelt wird.<br />

Murrelektronik AG<br />

www.murrelektronik.chs<br />

Erfahren Sie unter<br />

www.technik-<strong>und</strong>wissen.ch,<br />

welche<br />

Möglichkeiten IO-Link<br />

Anwendern bietet.<br />

#<strong>023</strong> 29


ELEKTROMOBILITÄT<br />

BFH<br />

BEREITET<br />

E-LKW<br />

DEN WEG<br />

Für die Verkehrswende ist die Schnellladefähigkeit<br />

elektrischer Lastkraftwagen entscheidend.<br />

Wissenschaftler der Berner Fachhochschule<br />

forschen daher an Methoden, damit diese am Ende<br />

nicht zu Lasten der Akkumulatoren geht.<br />

Von Markus Back<br />

Aktuell passiert Interessantes am Schweizer Markt<br />

für Lastkraftfahrzeuge. Die Zahl bei den Neuzulassungen<br />

für E-Lkw ist sehr viel höher als von Experten<br />

prognostiziert <strong>und</strong> übertrifft alle anderen<br />

alternativen Antriebsarten, sei es nun Brennstoffzelle oder<br />

Biogas, deutlich. «Spediteure bestätigen uns in Gesprächen,<br />

dass sich der Umstieg auf E-Lkw inzwischen rechnet», so<br />

Prof. Dr. Andrea Vezzini von der Berner Fachhochschule<br />

<strong>und</strong> ergänzt: «Wenn sich etwas rechnet, fordert es der Markt<br />

über kurz oder lang ein.» Für den Dozenten am Zentrum für<br />

Energiespeicherung bedeutet das vor allem eines, es braucht<br />

jetzt schnell technisch gute Lösungen, um die Verkehrswende<br />

erfolgreich zu gestalten.<br />

Ein Punkt, der nach einem raschen <strong>und</strong> vor allem guten<br />

Ergebnis verlangt, betrifft das Laden der E-Lkw. Während<br />

Personenfahrzeuge in aller Regel bis zu 22 St<strong>und</strong>en am Tag<br />

stehen <strong>und</strong> so problemlos langsam <strong>und</strong> gemächlich geladen<br />

werden können, ist das bei Transportern anders. Diese sind<br />

fast permanent auf Achse <strong>und</strong> stehen nur beim Be- <strong>und</strong> Entladen<br />

oder während der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten<br />

für die Chauffeure. Also muss das Laden zügig gehen.<br />

Doch genau das belastet bisher die Akkumulatoren <strong>und</strong> verkürzt<br />

so deren Lebensdauer.<br />

Folgen des Schnellladens für Akkus<br />

Die Berner Fachhochschule ist Teil des Schweizer Konsortiums<br />

Megawatt Charger, welches Schnellladestation für E-<br />

Lkw-Batterien entwickelt. Das Zentrum für Energiespeicherung<br />

muss innerhalb dieses Projekts auf zwei wesentliche<br />

Fragen überzeugende Antworten finden. Bei der ersten Frage<br />

gilt es zu klären, wie es sich auf die Lebensdauer einer Batterie<br />

auswirkt, wenn diese regelmässig innerhalb von maximal<br />

45 Minuten wieder auf mindestens 80 Prozent aufgeladen<br />

«Der Umstieg auf<br />

E-Lkw rechnet sich<br />

inzwischen.»<br />

Prof. Dr. Andrea Vezzini<br />

wird. Die zweite Frage befasst sich mit einem Second-Life-<br />

Einsatz der Batterien als Puffer in Ladestationen. Hierbei interessiert<br />

unter anderem, wie lange <strong>und</strong> unter welchen Bedingungen<br />

sich eine Batterie noch einsetzen lässt, wenn<br />

diese nicht mehr in einem Lastkraftwagen einsetzbar ist.<br />

Die bisher gewonnenen Erkenntnisse sind vielversprechend<br />

<strong>und</strong> fliessen später in Form von Algorithmen in Lademanagementsysteme<br />

ein. «Wir haben festgestellt, dass der<br />

Innenwiderstand der Batterien mit fortgeschrittener Lebensdauer<br />

zunimmt», beschreibt Andrea Vezzini eine Erkenntnis<br />

<strong>und</strong> formuliert sogleich die sich daraus ergebende Konsequenz:<br />

«Bei gleichem Strom entsteht so mehr Wärme beim<br />

Laden. Wenn die thermische Belastung der Batterie gleich<br />

hochgehalten werden soll, muss also mit zunehmender Lebensdauer<br />

der Ladestrom verringert werden.» Eine andere<br />

interessante Beobachtung betrifft die Batterietechnologien,<br />

die zur Anwendung kommen. So sind manche Batteriezellen<br />

so weit ausgereift, dass sich Akkus selbst noch mit 60 Pro-<br />

30 #<strong>023</strong>


Lastwagen haben eine andere Betriebsstrategie als<br />

Personenfahrzeuge. Daher ist deren Schnellladefähigkeit<br />

für die erfolgreiche Verkehrswende entscheidend.<br />

Bild: Designwerk Technologies AG<br />

zent Restkapazität im Vergleich zur Anfangskapazität sicher<br />

betreiben lassen. Bei anderen Zellen kommt es noch vor dem<br />

Erreichen der 60 Prozent Restkapazität zu einem Knick, der<br />

den Akku noch zügiger altern lässt.<br />

Unabhängig von der Forschungsarbeit an der BFH gibt es<br />

schon jetzt Möglichkeiten, den Akku zu schonen. Eine Methode<br />

ist das Schnellladen im definierten Kapazitätsbereich,<br />

der je nach Technologie zwischen 20 bis 80 Prozent liegt.<br />

Ebenfalls positiv ist das Vorkonditionieren der Batterie, sie<br />

also vor dem Schnellladen auf eine Temperatur zwischen 30<br />

<strong>und</strong> 35 °C zu bringen. Diese Massnahme verringert den Innenwiderstand<br />

<strong>und</strong> garantiert so eine maximale Leistungsaufnahme.<br />

Eigenschaften des idealen Akkus<br />

Während noch nach schonenden Methoden fürs Schnellladen<br />

gesucht wird, herrscht Klarheit darüber, welche Eigenschaften<br />

einen guten Akkumulator auszeichnen. Als<br />

erste <strong>und</strong> bereits realisierte Eigenschaft nennt Andrea Vezzini<br />

die Reichweite, die mindestens 500 Kilometer betragen<br />

sollte, um konkurrenzfähig zu Diesel-Lkw zu sein. Die<br />

nächste ist die Lebensdauer, da diese direkt die Betriebskosten<br />

eines Fahrzeugs beeinflusst. Hier ist das Ziel, mit einem<br />

Akku eine Fahrleistung von mindestens 1 Million Kilometer<br />

zu erreichen. Die dritte ist die Schnellladefähigkeit des Akkus,<br />

da Lastwagen wie beschrieben eine andere Betriebsstrategie<br />

als Personenfahrzeuge haben.<br />

Diese geforderten Eigenschaften in einem Akkumulator<br />

abzubilden, ist nicht ganz einfach. «Grosse Herausforderung<br />

bei jeder Batterie-Entwicklung, egal ob nun für Personenoder<br />

Lastkraftwagen, sind die Sicherheit, die Energie- <strong>und</strong><br />

Leistungsdichte sowie das Batterie-Management-System»,<br />

sagt Andrea Vezzini. Bei Batterien für E-Lkw komme deren<br />

Grösse als zusätzliche Herausforderung dazu. Diese lassen<br />

sich nicht eben einmal mit einem Handwagen hin- <strong>und</strong> herschieben,<br />

sondern benötigen zum Transport spezielle Fahrzeuge.<br />

Ein weiterer Punkt, der gemäss dem Forscher <strong>und</strong><br />

Dozenten gerne unterschätzt wird, sind die Leitungen, da<br />

viele Zellen mit Strom- <strong>und</strong> Signalkabeln zu verbinden sind.<br />

Diese Leitungen <strong>und</strong> Kontaktierungen müssen langlebig<br />

sein <strong>und</strong> sollten einen möglichst geringen Widerstand aufweisen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser erhöhten Anforderungen <strong>und</strong> der<br />

sehr unterschiedlichen Abmessungen der<br />

Batterien von Fahrzeug zu Fahrzeug<br />

existiert kein Standardprodukt.<br />

Es gibt also noch viele Herausforderungen<br />

r<strong>und</strong> um die Elektrolastkraftwagen,<br />

aber einige<br />

davon, da ist sich Andrea Vezzini<br />

sicher, wird man an der BFH<br />

schon in Kürze lösen.<br />

Berner Fachhochschule BFH<br />

www.bfh.ch<br />

Lesen Sie das Interview<br />

zu diesem Beitrag unter<br />

www.technik-<strong>und</strong>wissen.ch<br />

#<strong>023</strong> 31


Zur Person<br />

Christoph Erni ist Gründer<br />

<strong>und</strong> CEO der Juice Technology<br />

AG, der Schweizer<br />

Herstellerin von Ladestationen<br />

<strong>und</strong> -lösungen. Schon<br />

immer eher praktisch<br />

veranlagt, schmiss er kurz vor<br />

der Matura das Gymnasium,<br />

begann eine kaufmännische<br />

Ausbildung mit Berufsmittelschule<br />

<strong>und</strong> fand sich kurz<br />

darauf in der IT-Branche<br />

wieder. Doch damit nicht<br />

genug, denn Christoph Erni<br />

wollte mehr: Vor r<strong>und</strong> 20<br />

Jahren gründete er die<br />

Unternehmensberatung Erni<br />

Associates AG, bevor er dann<br />

2014 mangels Verfügbarkeit<br />

sinnvoller Ladelösungen kurzum<br />

selbst ins Herstellergeschäft<br />

einstieg <strong>und</strong> die Juice<br />

Technology AG gründete. Das<br />

Unternehmen sicherte sich<br />

mit der mobilen 22-kW-Ladestation<br />

Juice Booster 1<br />

bereits im ersten Geschäftsjahr<br />

die Poleposition auf dem<br />

Markt <strong>und</strong> hält diese seither.<br />

32 #<strong>023</strong>


ELEKTROMOBILITÄT<br />

«UNSERE<br />

LADEKABEL<br />

KÖNNEN<br />

SPRECHEN»<br />

Die Juice Technology AG aus Bachenbülach gilt als<br />

Pionier des mobilen Ladens von Elektrofahrzeugen.<br />

Wie es dazu kam <strong>und</strong> weshalb seine Ladegeräte<br />

einen IT-lastigen Aufbau haben, erklärt Firmengründer<br />

<strong>und</strong> CEO Christoph Erni im Gespräch.<br />

Von Markus Back (Text) <strong>und</strong> Susanne Seiler (Fotos)<br />

Sie haben sich auf den Bau mobiler<br />

Wallboxen spezialisiert. Lassen sich<br />

diese an jeder beliebigen Haushaltssteckdose<br />

anschliessen?<br />

Ja, mit insgesamt 35 verschiedenen<br />

Adaptern garantieren wir einen weltweiten<br />

Einsatz unserer Technologie. Alle<br />

Haushaltsadapter verfügen über<br />

Temperatursensoren, welche direkt an<br />

den Steckerpins die Erwärmung messen<br />

<strong>und</strong> im Falle einer solchen die Ladung<br />

sofort kontrolliert herunterfahren. Sie<br />

wird also nicht abgeworfen, sondern<br />

nach einer gewissen Pause, sobald die<br />

Dose wieder abgekühlt ist, fortgesetzt.<br />

Worin unterscheidet sich das Kabel für<br />

die Elektroinstallation im Gebäude von<br />

einem Ihrer Ladekabel?<br />

Durch zwei zusätzliche Leiter, die für die<br />

Kommunikation zwischen Ladestation<br />

<strong>und</strong> Fahrzeug notwendig sind. Damit die<br />

Kommunikation jedoch möglich ist,<br />

braucht es zusätzlich unsere Funktionsbox.<br />

Bei unseren Juice Boostern ist das<br />

der dickere Teil, in dem alles steckt, was<br />

es braucht, um ein Auto richtig <strong>und</strong><br />

sicher zu laden. Im Prinzip enthält das<br />

mobile Gerät dasselbe wie eine stationäre<br />

Ladestation, nur miniaturisiert <strong>und</strong><br />

viel resistenter, da die mobile Wallbox<br />

in den unterschiedlichsten Szenarien<br />

eingesetzt <strong>und</strong> jeder Witterung ausgesetzt<br />

sein kann.<br />

Was für Funktionen sind das genau?<br />

Von der Kommunikation über FI-Schutz,<br />

Hitzeüberwachung, Erdleiterüberwachung<br />

bis hin zu diversen Sicherheitssystemen.<br />

Bei unserem neuesten<br />

Produkt, dem Juice Booster 3 Air, kommt<br />

zudem eine Messung auf MID-Level, die<br />

Wi-Fi- <strong>und</strong> Bluetooth-Kommunikation<br />

sowie ein Lastmanagement hinzu. Im<br />

Vordergr<strong>und</strong> steht dabei immer die<br />

Anwenderfre<strong>und</strong>lichkeit. Man muss<br />

unsere Geräte auch noch nachts, wenn<br />

man von einem langen Arbeitstag müde<br />

nach Hause kommt, problemlos bedienen<br />

können. Zu dieser Anwenderfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

zählt beispielsweise auch die<br />

einfache Begrenzung der Ladeleistung<br />

beim integrierten Lastmanagementsystem<br />

Smart Juice über mehrere Booster 3<br />

Air hinweg.<br />

Was ist der Gedanke dahinter,<br />

die Ladeleistung zu begrenzen?<br />

Haushalte, in denen mehrere Leute<br />

elektrisch fahren, müssen darauf<br />

#<strong>023</strong> 33


ELEKTROMOBILITÄT<br />

«Neue Funktionen<br />

lassen sich nicht mal schnell<br />

nachverdrahten.»<br />

Christoph Erni über den IT-lastigen Aufbau der Ladegeräte von Juice<br />

achten, dass die Fahrzeuge beim Laden nicht zu viel<br />

Strom ziehen <strong>und</strong> so den Hausanschluss überlasten.<br />

Über unser Lastmanagementsystem kann deshalb die<br />

maximal verfügbare Leistung hinterlegt werden, die<br />

dann wiederum gleichmässig auf die angeschlossenen<br />

Fahrzeuge verteilt wird. Nun kann man ein solches<br />

Lastmanagement aufwendig installieren lassen oder<br />

man nutzt eben unsere Booster. Dazu muss lediglich<br />

der QR-Code der Geräte gescannt <strong>und</strong> die maximale<br />

Ladeleistung in der App eingegeben werden.<br />

Während das bei Wandladestationen zwischen 10<br />

<strong>und</strong> 20 Minuten dauert, erfolgt dieser Vorgang bei uns<br />

in Echtzeit.<br />

war das typische Garagenfeeling – wie<br />

bei Apple damals. Ein paar Enthusiasten<br />

tüfteln zusammen an der idealen Lösung<br />

Ihre mobilen Ladestationen haben einen<br />

IT-lastigen Aufbau. Wieso?<br />

Wenn etwas nachhaltig sein soll, muss es zukunftssicher<br />

sein. Um ein smartes Gerät zukunftssicher machen zu<br />

können, muss es Update-fähig sein. Für uns ist klar: die<br />

Hardware muss für eine lange Gebrauchsdauer perfekt<br />

sein. Neue Funktionen oder zusätzliche Features lassen<br />

sich jedoch nicht einfach nachverdrahten, die kommen<br />

dann per Software-Update.<br />

Die im vergangenen Herbst ausgelieferten neuen Juice<br />

Booster 3 Air beispielsweise haben dank dieser Möglichkeit<br />

den gleichen Funktionsumfang wie Geräte, die wir erst<br />

heute ausliefern. Die Updates erfolgen selbstständig<br />

over-the-air, ohne dass der Anwender etwas tun muss. Er<br />

hat einfach plötzlich mehr Funktionen auf seiner App.<br />

Faszinierend. Wie kam Ihnen aber die Idee, überhaupt<br />

mobile Ladestationen zu bauen?<br />

Als ich mir 2013 das erste Elektroauto anschaffte, war<br />

das noch die Pionierzeit. Es gab kaum Ladesäulen <strong>und</strong><br />

die zur Gr<strong>und</strong>ausstattung gehörenden Notladegeräte<br />

eigneten sich nur bedingt für einen dauerhaften<br />

Gebrauch. Das mitgelieferte Kabel bei meinem Tesla<br />

Model S hatte nur einen netzseitigen Schuko-Stecker.<br />

Also benötigte ich, um bei uns in der Garage laden zu<br />

können, einen Adapter. In der ersten Nacht ist dann<br />

jedoch die Verkleidung der Steckdose abgeschmolzen,<br />

weil der eingesetzte handelsübliche Adapter eher für<br />

die Leistung eines Rasierers als für die Ladung eines<br />

Elektroautos ausgelegt war. Da war es klar, es muss eine<br />

vernünftige <strong>und</strong> vor allem sichere Ladelösung her. Und<br />

weil es bereits überall Strom gibt, entstand die Idee<br />

einer mobilen Station.<br />

Mit welchen Herausforderungen war der Bau der ersten<br />

Ladestation verb<strong>und</strong>en?<br />

Die erste Schwierigkeit war es, diese aus Sicht des<br />

Anwenders zu konzipieren <strong>und</strong> zu überlegen, was<br />

dieser wünscht, damit sie perfekt ist. Dann ging es<br />

darum, jemanden zu finden, der das bauen konnte. Ich<br />

selbst komme ursprünglich nicht aus dem Bereich<br />

Produktion, sondern aus der IT. Dies stellte sich jedoch<br />

langfristig als grosser Vorteil heraus.<br />

Erzählen Sie doch mal vom Bau des Prototyps?<br />

Zu Beginn haben wir versucht, die Technologie aus den<br />

ersten auf dem Markt verfügbaren Wallboxen zu<br />

übertragen <strong>und</strong> scheiterten damit kläglich, weil es nicht<br />

erschütterungsfest war. Bald merkten wir, dass das<br />

Gerät ja auch noch wasserfest <strong>und</strong> überfahrbar sein<br />

muss. Und so kamen mehr <strong>und</strong> mehr Anforderungen<br />

hinzu, die wir nächtelang Stück für Stück umsetzten. Es<br />

Inwieweit hilft diese konsequente Software-Orientierung<br />

beim Laden eines Fahrzeuges beziehungsweise welche Vorteile<br />

ergeben sich aus diesem Ansatz?<br />

Wenn Sie abends Ihr Elektrofahrzeug anschliessen,<br />

erwarten Sie, dass dieses am nächsten Morgen vollgeladen<br />

ist. Nun gibt es aber eine Vielzahl an Störungen, die zu<br />

einem Ladeabbruch führen können. Das können beispielsweise<br />

Störungen in den Netzen oder Oberwellen sein. Dann<br />

gibt es Lastmanagementsysteme, welche die Ladung<br />

unterbrechen, wenn die Autotür geöffnet wird. Das kann<br />

per Software einfach gelöst werden. Auch die Fahrzeuge<br />

selbst haben unterschiedliche Ladecharakteristika,<br />

Besonderheiten oder sind nicht normkonform. Deshalb<br />

haben wir mittlerweile über 400 Sonderfälle in unserer<br />

Software hinterlegt, die solche Spezifikationen erkennen<br />

<strong>und</strong> einen Ladeabbruch zuverlässig verhindern.<br />

Hilfreich ist hierbei, dass die allermeisten unserer Ingenieure<br />

selbst elektrisch fahren. Dadurch fliesst viel<br />

Anwendererfahrung in unsere Produkte mit ein <strong>und</strong> wir<br />

merken selbst schnell, wenn etwas nicht stimmt. Weiterhin<br />

stehen wir über eine kostenlose Hotline mit unseren<br />

K<strong>und</strong>en in engen Kontakt <strong>und</strong> notieren akribisch, wenn ein<br />

Problem auftaucht – egal von welchem Fleck der Erde.<br />

Mittlerweile ist es ruhiger geworden, da wir vermutlich die<br />

allermeisten Probleme erfasst <strong>und</strong> abgedeckt haben, die<br />

auftreten könnten.<br />

Wie stellen Sie sicher, dass über Ihre App keine Fahrzeuge<br />

manipuliert werden?<br />

Die Manipulation eines Elektrofahrzeugs über den Umweg<br />

Ladestation ist zumindest nach jetzigem Stand der<br />

Technik sehr schwierig. Die Fahrzeugseite ist aus meiner<br />

Sicht heutzutage sehr sicher, da muss man sich keine<br />

Sorgen machen.<br />

Dennoch steht Sicherheit auch bei uns an oberster Stelle,<br />

was die Zertifikate ISO 27001 für «IT Security» <strong>und</strong> ISO<br />

34 #<strong>023</strong>


21434 für «Cyber Security im Fahrzeug» unterstreichen.<br />

Zudem sind unsere Stationen so aufgebaut, dass die<br />

Kommunikation zwischen Ladestation <strong>und</strong> Back-end<br />

abgesichert ist.<br />

In puncto Cyber- oder Informationssicherheit folgen wir<br />

bereits bei der Entwicklung den Ansätzen «Software First»<br />

<strong>und</strong> «Security by Design», also die Einhaltung von Cyber-<br />

Sicherheitsstandards von den ersten Komponenten bis<br />

zum fertigen Produkt. Das erreichen wir zum Beispiel mit<br />

eigenen Chipsets, einer standardmässig verschlüsselten<br />

Kommunikation <strong>und</strong> mit kontinuierlichen Tests.<br />

Die grössere Gefahr sehe ich heute auf der Gebäudeseite.<br />

Wenn ein Hacker das Lastmanagement eines Unternehmens<br />

angreift <strong>und</strong> alle Fahrzeuge auf maximale Ladeleistung<br />

setzt, werden die Leitungen schnell heiss <strong>und</strong> die<br />

Sicherungen fliegen. Passiert das mehrmals am Tag, wird<br />

der Betrieb erpressbar. Und solche Angriffe lassen sich<br />

theoretisch auf eine ganze Stadt oder Region ausweiten.<br />

Lassen Sie uns zum Schluss noch ein wenig philosophieren.<br />

Ist es für ein Auto besser, wenn es mit Wechselstrom<br />

oder mit Gleichstrom geladen wird?<br />

Das ist eine spannende Frage. Wir haben das von Beginn<br />

an untersucht, weil das für uns natürlich auch strategisch<br />

wichtig war. Wir kamen zu dem Schluss, dass das AC-Laden<br />

besser ist. Die Ladegeschwindigkeit ist niedriger,<br />

ebenso die Stromstärke, was sich wiederum positiv auf die<br />

Lebensdauer des Akkus auswirkt. Ausserdem braucht es<br />

beim DC-Laden ein extrem gutes Batteriemanagement.<br />

Tesla muss jetzt bei seinen alten Akkus sukzessive die<br />

Ladeleistung herunterfahren. Bei tiefem Ladestand lassen<br />

sich diese noch schnell laden. Sobald er aber halbvoll ist,<br />

wird es brutal langsam, weil es den Akku stresst.<br />

Ist überhaupt Zeit, langsam zu laden?<br />

Das ist der Paradigmenwechsel zwischen Benzintanken<br />

<strong>und</strong> Akkuladen. Das Auto wird einfach eingesteckt, sobald<br />

es irgendwo steht. Im Moment ist das meistens nachts zu<br />

Hause, weil man den Akku am nächsten Morgen voll haben<br />

möchte. Aber schon in naher Zukunft wird das Laden<br />

tagsüber fokussiert werden, Stichwort Charging at Work,<br />

denn dann haben wir zu viel Strom. Wir sind bald an dem<br />

Punkt, dass wir tagsüber dreimal so viel Strom produzieren<br />

werden als überhaupt benötigt wird.<br />

Da ist es doch naheliegend, über ein mobiles Ladegerät den<br />

überschüssigen Gratisstrom von der Sonne direkt zu<br />

speichern. Das hat den Vorteil, dass nachts weniger<br />

nachgeladen werden muss, man benötigt<br />

weniger Zwischenspeicher <strong>und</strong> lädt<br />

tagsüber mit wirklich grünem Strom.<br />

Durch mehr Fahrzeuge, die dann am<br />

Netz hängen, kann ebenfalls das<br />

Stromnetz stabilisiert werden.<br />

Juice Technology AG<br />

www.juice.world<br />

Lesen Sie die Fortsetzung<br />

des Interviews unter<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch


36 #<strong>023</strong> Grafiken: Damian Byland


ELEKTROMOBILITÄT<br />

MULTIFUNKTIONALITÄT<br />

SCHAFFT MEHRWERT<br />

Die schlecht ausgebaute Lade-Infrastruktur schreckt so manchen<br />

Autofahrer vorm Umstieg auf ein Elektrofahrzeug. Das<br />

weiss auch der Industrie-Designer Damian Byland <strong>und</strong> entwarf<br />

eine Strassenbeleuchtung mit integrierter Ladesäule.<br />

Von Markus Back<br />

Wie schafft man einen Mehrwert? Für<br />

Damian Byland ist die Antwort auf<br />

diese Frage nicht schwer! «Man kombiniert<br />

bewährte Einzelsysteme zum<br />

neuen Gesamtsystem», sagt der Basler <strong>und</strong> betont:<br />

«Das entscheidende Wort ist «bewährt». Aus zwei<br />

halben Sachen lässt sich nicht zwingend etwas<br />

Ganzes machen.»<br />

Befolgt man diesen Gr<strong>und</strong>satz, erzählt der gelernte<br />

Fotograf <strong>und</strong> studierte Industrie-Designer, entstehen<br />

multifunktionale Systeme, die einen Mehrwert<br />

generieren. Dies gilt auch für seine Konzepte, mit<br />

denen er mehr als nur Licht in die Innenstädte bringen<br />

möchte. In seinen Entwürfen kombiniert er das<br />

Einzelsystem Strassenbeleuchtung mit den unterschiedlichsten<br />

Dingen <strong>und</strong> schafft so Mehrwerte.<br />

Diese wirken zum Teil surreal <strong>und</strong> utopisch, ergeben<br />

aber immer Sinn. Im Zusammenspiel mit Photovoltaik-Elementen<br />

erzeugen seine Laternen plötzlich<br />

Energie, während sie mit begrünbaren Dachelementen<br />

die Luftqualität verbessern oder eben mit elektrischen<br />

Ladebuchsen schlappe Akkus auffrischen.<br />

Wie kommt man aber auf die Idee, eine Strassenbeleuchtung<br />

mit einer Ladesäule für Elektrofahrzeuge<br />

zu kombinieren? «Als Industrie-Designer ist man<br />

darauf getrimmt, die Bedürfnisse einer Gesellschaft<br />

zu befriedigen. Nimmt man die Elektromobilität,<br />

kommt man gar nicht an der Erkenntnis vorbei, dass<br />

die Lade-Infrastruktur ein grosses Problem darstellt»,<br />

erzählt der 32-Jährige <strong>und</strong> ergänzt: «Also<br />

geht man mit wachen Augen durchs Leben <strong>und</strong><br />

sucht nach Inspiration.» In seinem Falle fand er sie<br />

nahe des Rösti-Grabens, wo sich bereits ein anderer<br />

Berufskollege an einer multi-funktionalen Beleuchtung<br />

versucht hatte.<br />

Damit sich seine zur Ladesäule mutierte Strassenbeleuchtung<br />

universell einsetzen lässt, verfügt diese<br />

über ein Stecksystem, in welches sich verschiedene<br />

Typen von Ladebuchsen einfach einklicken<br />

lassen. Schliesslich, sagt er, sei die Hauptaufgabe<br />

einer Strassenbeleuchtung zunächst einmal Licht<br />

zu spenden. Weil dieses Licht aber an verschiedenen<br />

Orten benötigt wird, die mit unterschiedlichsten<br />

Elektrofahrzeugen befahren werden, erfolgt die<br />

Konnektivität situativ. Neben Autos können alternativ<br />

Motorräder, E-Bikes oder sogar E-Scooter geladen<br />

werden.<br />

Obwohl manche seiner Beleuchtungskonzepte irgendwie<br />

seltsam wirken, sind diese herstellungs<strong>und</strong><br />

systemtechnisch realisierbar. «Das Konzept von<br />

Vision Orion beruht auf zylindrischen Formen, die<br />

einfach ineinandergesteckt <strong>und</strong> verschraubt werden»,<br />

sagt Damian Byland. Dieser Ansatz garantiere<br />

eine leichte Fertigung <strong>und</strong> vor allem aber Serientauglichkeit.<br />

Bevor seine Strassenbeleuchtung jedoch<br />

in Fertigung geht, muss diese weiter optimiert<br />

werden. Als Beispiele für solche Verbesserungen<br />

nennt er die Wandstärke der Zylinderrohre <strong>und</strong> die<br />

Gewindeart, mit der diese verschraubt werden sollen.<br />

Inwieweit seine Entwürfe eines Tages das Bild unserer<br />

Städte prägen werden, kann er selbst<br />

nicht vorhersagen. Fühlen sich Investoren<br />

<strong>und</strong> Entscheidungsträger von<br />

seinen Ideen angesprochen, glaubt<br />

er, stehen die Chancen gar nicht so<br />

schlecht, die eine oder andere<br />

Strassenbeleuchtung von ihm zu<br />

sehen.<br />

Vision Orion | www.damianbyland.ch<br />

Lesen Sie das<br />

Interview zu diesem<br />

Beitrag unter<br />

www.technik-<strong>und</strong>wissen.ch<br />

#<strong>023</strong> 37


MESSE SINDEX<br />

DIE SINDEX UND<br />

DER WEG ZUR<br />

SMARTEN AUTOMATION<br />

«Smart up your Automation» ist das Leitmotto der kommenden Sindex. Was bedeutet das<br />

für Ausstellende <strong>und</strong> Besuchende <strong>und</strong> warum hat das strategische Board ausgerechnet<br />

dieses Thema gewählt? Ein Interview mit Fernando Granados vom strategischen Board der<br />

Messe <strong>und</strong> Head of Business Development and Marketing bei Siemens Schweiz AG.<br />

Von Von Eugen Albisser<br />

Herr Granados, wegen ChatGPT ist die Künstliche<br />

Intelligenz (KI) momentan das vorherrschende<br />

Thema auch in der Allgemeinheit. Können Sie<br />

sich eine industrielle Anwendung vorstellen, die<br />

eines Tages auf einer Sindex-Messe zu sehen sein wird <strong>und</strong><br />

ChatGPT nutzt?<br />

Davon bin ich überzeugt. Gerade im Bereich der Instandhaltung<br />

kann ich mir das sehr gut vorstellen. Dass man<br />

zum Beispiel in Zukunft Servicetechniker zu einer Anlage<br />

schickt, wo es ein Problem gibt, <strong>und</strong> er kann dann vor Ort<br />

über eine Schnittstelle mit einer ChatGPT-ähnlichen<br />

Anwendung sozusagen beraten, wie er am besten vorgeht.<br />

Er stellt Fragen, erklärt, was er sieht, <strong>und</strong> bekommt auf<br />

seine Fragen gezielte Antworten. Das wäre schon ein<br />

grosser Vorteil gegenüber der heutigen Vorgehensweise<br />

bei unklaren Problemlösungen.<br />

Immer mehr Fertigungsunternehmen sehen als nächsten<br />

Schritt den Einsatz von KI in der Fertigung <strong>und</strong> Automatisierung.<br />

Wie weit ist diese Entwicklung fortgeschritten?<br />

Ohne Zweifel sehr weit. Und vor allem, wenn wir zurückschauen,<br />

wovon wir vor r<strong>und</strong> 30 Jahren geträumt haben, als<br />

wir von der Fabrik der Zukunft sprachen <strong>und</strong> von diesem<br />

CIM, diesem «Computer Integrated Manufacturing». Diese<br />

Fabrik der Zukunft gibt es inzwischen, <strong>und</strong> jetzt kommt der<br />

nächste Schritt mit adaptiven Systemen <strong>und</strong> der künstlichen<br />

Intelligenz.<br />

Womit wir bereits beim Leitmotto «Smart up your Automation»<br />

sind. Damit ist wohl dieser nächste Schritt gemeint.<br />

Ja, es bedeutet, dass wir weitergehen müssen, um die nächste<br />

Stufe zu erreichen <strong>und</strong> um all die Herausforderungen, die vor<br />

uns liegen, zu bewältigen. Ich möchte an dieser Stelle aber<br />

noch etwas hinzufügen, was für mich direkt dazu gehört, aber<br />

oft vergessen wird: Durch die vielen neuen Technologien, die<br />

r<strong>und</strong> um die Automatisierung <strong>und</strong> Digitalisierung auf den<br />

Markt gekommen sind, ist es wichtig, dass man alle Schritte<br />

darauf prüft, ob sie auch Sinn machen. Sie müssen einen Sinn<br />

erfüllen <strong>und</strong> nicht einfach eingesetzt werden, nur weil man es<br />

kann oder dies so geraten wurde.<br />

20 38 #<strong>023</strong>


Konsequent weiter intelligent<br />

digitalisieren<br />

Stellt sich nicht auch die Frage betreffend «smart up»:<br />

Warum soll man da mitmachen? Reicht der erste Digitalisierungsschub<br />

nicht?<br />

Die Antwort ist einfach: Weil es nicht anders geht! Die<br />

Schweizer Maschinenindustrie wird nur wettbewerbsfähig<br />

bleiben, wenn sie diesen Weg wirklich geht. Ich meine, das<br />

gilt auch für grössere Volkswirtschaften. Aber gerade in der<br />

Schweiz, wo wir vor allem von unserem Innovationskapital<br />

leben, ist das überlebenswichtig. So einfach ist das.<br />

Also muss man diesen Weg konsequent weitergehen,<br />

<strong>und</strong> dann ist «Smart-up your Automation» nicht nur ein<br />

Schlagwort.<br />

Davon bin ich überzeugt. Aber ehrlich gesagt macht es<br />

wenig Sinn, auf der Stelle zu treten. Ich weiss, dass das<br />

passieren kann. Man hat die «low hanging fruits» geerntet<br />

<strong>und</strong> ist vielleicht sogar glücklich damit <strong>und</strong> dann muss<br />

man plötzlich mehr investieren <strong>und</strong> vor allem eine Digitalisierungsstrategie<br />

entwickeln. Das überfordert manche.<br />

Woher kommt diese Überforderung?<br />

Vielleicht, weil man den Wald vor lauter Bäumen nicht<br />

mehr sieht. Hinzu kommt, dass man den Begriff Digitalisierung<br />

mittlerweile in allen möglichen Zusammenhängen<br />

hört, er hat sich für viele sozusagen abgenutzt. Und<br />

dennoch: Es führt kein Weg daran vorbei, diesen Weg<br />

konsequent weiterzugehen. Ich hatte kürzlich ein Gespräch<br />

mit einem Geschäftsführer <strong>und</strong> er hat es auf den Punkt<br />

gebracht: «Wir müssen unser Unternehmen konsequent<br />

weiter intelligent digitalisieren, sonst gibt es uns in fünf<br />

Jahren nicht mehr.» In fünf Jahren. Das ist doch ein Gr<strong>und</strong>,<br />

die eigene Produktion intelligenter zu machen.<br />

Und auf einer Messe wie der Sindex nach dem «Smart up»<br />

der eigenen Automation zu suchen?<br />

(lacht) Genau!<br />

Dort stehen dann neben dem besprochene Leitthema,<br />

auch zwei weitere Themen im Fokus: Nachhaltigkeit <strong>und</strong><br />

Ökosysteme. Was können Sie dazu sagen?<br />

Nachhaltigkeit ist so aktuell, dass es ein Thema sein muss.<br />

Oder ich muss es anders sagen: Für uns als strategischer<br />

Ausschuss der Messe ist es eine gesellschaftliche Verpflichtung,<br />

dieses Thema ernst zu nehmen.<br />

«Die Sindex kann nur eine Art Katalysator<br />

für dieses Thema sein.»<br />

Während Nachhaltigkeit fast schon ein Muss ist, scheint<br />

das Thema «Ökosysteme» noch lange nicht bei allen<br />

angekommen zu sein. Man liest zwar immer mehr darüber,<br />

<strong>und</strong> in den vergangenen Jahren ist auch ein wachsendes<br />

Interesse an dieser Art der Zusammenarbeit, an Co-Creation<br />

<strong>und</strong> Co-Collaboration zu beobachten. Was war das<br />

Entscheidungskriterium für den Vorstand?<br />

Sicherlich, dass das Thema immer wichtiger wird. Wobei ich<br />

sagen muss, dass ich da eine Art Déjà-vu-Erlebnis habe. Vor<br />

mehr als 20 Jahren gab es den Begriff der K<strong>und</strong>enintegration<br />

schon einmal. Es wiederholt sich also, aber natürlich auf<br />

einem der heutigen Zeit angepassten Niveau. Sicherlich ist<br />

es Teil eines guten Unternehmens, Projekte gemeinsam mit<br />

dem K<strong>und</strong>en anzugehen. Aber ein Ökosystem geht darüber<br />

hinaus. Der Ansatz der K<strong>und</strong>enintegration wird auf andere<br />

Interessengruppen, die Stakeholder, ausgeweitet. Das<br />

bedeutet, dass Unternehmen nicht nur den K<strong>und</strong>en an Bord<br />

holen müssen, sondern sich auch mit anderen Stakeholdern<br />

wie Software-Integratoren, App-Entwicklern <strong>und</strong> sogar<br />

Marktbegleitern <strong>und</strong> anderen Unternehmen aus anderen<br />

Branchen zusammensetzen <strong>und</strong> sich mit ihnen auseinandersetzen<br />

müssen.<br />

Liegt ein Gr<strong>und</strong> für die Beliebtheit solcher Kooperationen<br />

auch darin, dass die Technologien – <strong>und</strong> die Welt – immer<br />

komplexer werden <strong>und</strong> man die Aufgaben einfach nicht<br />

mehr allein bewältigen kann?<br />

Das ist schwer zu sagen. Es kann sein, aber ich vermute,<br />

dass die meisten Unternehmen es auch allein schaffen<br />

würden. Was aber für Ökosysteme spricht: Es kommen<br />

bessere Lösungen heraus. Ich erinnere nur an Beispiele wie<br />

Apple: Apple hat vor vielen Jahren ein solches System<br />

geschaffen, an dem heute viele Tausend Entwickler<br />

arbeiten. Sie nutzen ihre Plattform <strong>und</strong> pflegen sie. Auch<br />

wir bei Siemens haben das: Offene Plattformen, die mit<br />

eigenen Produkten wie Simulationstools oder digitalen<br />

Zwillingen gefüllt werden, aber auch Partnerfirmen bringen<br />

ihre Anwendungen ein.<br />

Wie bringt man ein solches Thema auf eine Messe wie die<br />

Sindex? Wie stellt man es dar?<br />

Es wird sicherlich ein grosses Thema im Forum sein <strong>und</strong> es<br />

wird einige Vorträge <strong>und</strong> Keynotes geben. Aber man muss<br />

eines sehen: Die Messe Sindex kann nur eine Art Katalysator<br />

für dieses Thema sein. Wenn solche Ökosysteme von<br />

Erfolg gekrönt sein sollen, dann kann es nicht sein, dass<br />

am Ende der Messe das Thema auch wieder vorbei ist, dann<br />

ist das Ziel definitiv nicht erreicht. Die Sindex wird<br />

hoffentlich eine Initialzündung für ein oder mehrere<br />

Ökosysteme sein.<br />

Sindex | www.sindex.ch<br />

Sindex 2<strong>023</strong> –<br />

Eventblog zur Messe<br />

Die Schweizer Automationsmesse Sindex fi ndet vom 5. bis 7.<br />

September 2<strong>023</strong> in Bern statt. Technik <strong>und</strong> Wissen ist<br />

Medienpartner der Messe <strong>und</strong> wird in einem speziellen<br />

Eventblog auch während der Messe direkt aus Bern über die<br />

Trends <strong>und</strong> Neuheiten der Branche berichten.<br />

www.technik-<strong>und</strong>-wissen.ch/sindex-2<strong>023</strong>-eventblog.html<br />

#<strong>023</strong> 39


Produkte<br />

VPN-Router 4G LTE<br />

Der kompakte LTE Router 4G ermöglicht<br />

mittels verschlüsselter VPN-Verbindungen<br />

den sicheren Zugang auf<br />

Maschinen <strong>und</strong> Anlagen. Dabei<br />

unterstützt er die Standard-VPN-<br />

Technologien OpenVPN <strong>und</strong> IPsec<br />

<strong>und</strong> kann bis zu vier VPN-Kanäle<br />

parallel betreiben. Der Router beinhaltet<br />

folgende Schnittstellen beziehungsweise<br />

Kommunikationsanschlüsse:<br />

ein digitaler Ein- <strong>und</strong><br />

Ausgang, zwei Micro SIM Slots, zwei<br />

Netzwerkanschlüsse, RS232/485<br />

sowie ein Antennenanschluss.<br />

Das einfache Setup-Programm erlaubt<br />

es schnell <strong>und</strong> einfach Verbindungen<br />

zu erstellen <strong>und</strong> zu verwalten.<br />

Ergänzend kann der Wieservice24<br />

genutzt <strong>und</strong> so die Anlage in die Cloud<br />

gebracht werden.<br />

Wieland Electric GmbH<br />

www.wieland-electric.ch<br />

Kompakter Controller<br />

mit integrierten I/O<br />

Der CC 100 kann aufgr<strong>und</strong> seiner kompakten<br />

Bauform als Reiheneinbaugerät<br />

gemäss DIN 43880 direkt in Installationskleinverteilern<br />

montiert werden. Da die<br />

I/O-Einheit integriert ist, benötigt diese<br />

keinen zusätzlichen Platz im Schaltschrank.<br />

Die abnehmbare Verdrahtungsebene<br />

erleichtert indes die Installation<br />

<strong>und</strong> den Geräteaustausch. Die Kleinsteuerung<br />

unterstützt alle gängigen Feldbusprotokolle<br />

<strong>und</strong> arbeitet mit einem Echtzeit-Linux-Betriebssystem.<br />

Die<br />

Programmierung erfolgt nach IEC 61131 in<br />

Codesys V3, wobei diverse IEC-Bibliotheken<br />

<strong>und</strong> IOC-Makros die Erstellung von<br />

Applikationen vereinfachen.<br />

Wago Contact SA | www.wago.com<br />

40 #<strong>023</strong>


Volle Automatisierungskraft für die Hutschiene<br />

Der Intel Celeron 6305E Dualcore-Prozessor prädestiniert die CPU-Einheit CP 841<br />

für anspruchsvolle <strong>und</strong> vielfältige Steuerungs-, Regelungs- <strong>und</strong> Motion-Control-<br />

Aufgaben. Im Standard integriert sind 4 GByte LPDDR4 RAM, 1 MByte MRAM<br />

sowie eine M.2 SATA SSD (128 GByte) <strong>und</strong> Echtzeituhr (RTC). Die Schnittstellen<br />

2 x Gbit-Ethernet, 2 x VARAN, 1 x CAN, 2 x USB 3.2 Typ-A, 1 x USB 3.2 Typ-C<br />

Host <strong>und</strong> eine S-DVI-Erweiterungskarte sind leicht zugänglich angeordnet.<br />

S-DIAS-I/O-Module lassen sich über die seitliche Busschnittstelle direkt an<br />

die CP 841 anreihen. Wie alle CPU von Sigmatek unterstützt auch der Neuzugang<br />

das OPC-UA-Kommunikationsprotokoll. Bei der CP 841 ist das Linux-basierende<br />

Echtzeit-Betriebssystem Salamander 4 im Einsatz. Die Projektierung<br />

<strong>und</strong> Programmierung erfolgt mit dem objektorientierten Engineering Tool Lasal.<br />

Sigmatek Schweiz AG | www.sigmatek-automation.ch<br />

Industrielle WLAN Access Points<br />

Die Wireless Clients <strong>und</strong> Access Points AWK-1151C, AWK-3252A<br />

<strong>und</strong> AWK-4252A von Moxa unterstützen den IEEE-802.11ac-Standard<br />

<strong>und</strong> erreichen einen maximalen Datendurchsatz von 1267<br />

Gbit/s. Dank dem verwendeten universellen Funkmodul braucht<br />

es, abgesehen für die USA, keine Ländervarianten mehr. Die<br />

passenden Länder-Codes lassen sich einfach über die Gerätekonfiguration<br />

einstellen. Das Modell AWK-4252A ist mit dem IP68-<br />

Gehäuse <strong>und</strong> einem Temperaturbereich von -40 bis 75 °C auch für<br />

den Ausseneinsatz in rauen Umgebungen geeignet. Für Anwendungen<br />

im Schaltschrank passen die DIN-Schienenversionen<br />

AWK-3252A <strong>und</strong> für einfache Client-Anwendungen eigen sich die<br />

AWK-1151C-Geräte. Alle AWK-Varianten lassen sich ins Netzwerkmanagement-System<br />

MxView von Moxa einbinden <strong>und</strong> überwachen.<br />

Für Security sorgt unter anderem eine WPA3-Verschlüsselung,<br />

zudem wird Network Address Translation unterstützt.<br />

Omni Ray AG | www.omniray.ch<br />

Berechnungssoftware<br />

Um die optimale anwendungsspezifische Motor-Getriebe-<br />

Kombination zu bestimmen oder auszuwählen, lassen sich<br />

in der neuen Version NCP 4.3 komplexe Lastverläufe im<br />

Antriebsstrang berechnen. Die Motorauslegung erfolgt<br />

praxisgerecht anhand von Kennlinien mit grafischer<br />

Auswertung. Dank der erweiterten Datenbank stehen nun<br />

r<strong>und</strong> 19000 Motoren zur Verfügung. Die Auswahl umfasst<br />

dabei nicht nur Servo-, sondern auch Schrittmotoren.<br />

Zudem werden alle zu den NGV-Getrieben passenden<br />

Neugart-Räder für die Applikation Fahrantrieb berücksichtigt.<br />

Über den erweiterten Datenbestand hinaus wurde<br />

zudem die Anwendung selbst optimiert: So ist der Abgleich<br />

zwischen theoretischer Auslegung <strong>und</strong> Ist-Daten einfacher<br />

geworden. Drop-Down-Menüs reduzieren den Aufwand für<br />

die Vorbereitung der Daten zum Lastimport auf ein Minimum.<br />

Gleichzeitig ist die Genauigkeit beim Motor-Trace-<br />

Lastimport noch höher als bisher, weil bei der Berechnung<br />

nun auch die Massenträgheit des Motors <strong>und</strong> Getriebeverluste<br />

einfliessen.<br />

Neugart Schweiz AG | www.neugart.ch<br />

#<strong>023</strong> 41


PRODUKTE<br />

Switches für jeden Fall<br />

Kompakte AC-Ladekabel<br />

Die Ladekabelfamilie Charx Connect Eco<br />

konzentriert sich auf das sichere Laden<br />

von Elektrofahrzeugen, weshalb auf<br />

zusätzliche Features bewusst verzichtet<br />

wurde. Durch ihre kompakten Abmessungen,<br />

einen reduzierten Materialeinsatz<br />

<strong>und</strong> ein verringertes Gewicht schonen die<br />

Mode-3-Ladekabel nicht nur Ressourcen,<br />

sondern lassen sich auch leicht handhaben.<br />

Zur Markteinführung sind die<br />

Ladekabel im Typ-2-Ladestandard in den<br />

üblichen vier Leistungsklassen von 3,7 bis<br />

22 kW erhältlich – als mobile Ausführung<br />

zum Mitführen im Elektroauto sowie mit<br />

offenem Leitungsende zum festen<br />

Anschluss an der Ladestation oder<br />

Wallbox.<br />

Das Switch-Portfolio von Wago sorgt mit seinen<br />

elektrischen <strong>und</strong> mechanischen Eigenschaften<br />

für die Skalierbarkeit von Ethernet-Netzwerkinfrastrukturen.<br />

Für High-end-Anwendungen<br />

stehen Switches in verschiedenen Ausführungen,<br />

von unmanaged bis managed, zur Verfügung.<br />

Die Eco-Switches adressieren indes<br />

preissensitive Anwendungen, in denen technische<br />

Spezialitäten wie Red<strong>und</strong>anz eine untergeordnete<br />

Rolle spielen. Sie sind insbesondere für<br />

Netzwerke kleinerer bis mittlerer Grösse ideal<br />

geeignet. Die Vorzüge der Switches im Detail:<br />

Ringred<strong>und</strong>anz < 20 ms (Xpress Ring; alternativ:<br />

Jet Ring ERPSv2, RSTP/STP), red<strong>und</strong>ante<br />

DC-Spannungsversorgung von 9 bis 48 V oder 12<br />

bis 60 V sowie unterstützte Funktionen wie<br />

Modbus TCP, VLAN, QoS, SNMP, SMTP, IGMP<br />

Snooping, LLDP <strong>und</strong> Jumbo Frame 10.240 Byte.<br />

Wago Contact SA | www.wago.com<br />

Phoenix Contact AG<br />

www.phoenixcontact.com<br />

Motion Controller für Klein- <strong>und</strong> Kleinstantriebe<br />

Der gehäuselose MC3603 eignet sich mit seinen kompakten Abmessungen<br />

vor allem für die Integration in Gerätebau- <strong>und</strong> Medizintechnikanwendungen.<br />

Mit 36 V <strong>und</strong> 3 A (Spitzenstrom 9 A) deckt er den mittleren<br />

Leistungsbereich bis circa 100 W ab <strong>und</strong> eignet sich für DC-Motoren mit<br />

Encoder, bürstenlose Antriebe <strong>und</strong> Linearmotoren. Für die Kommunikation<br />

stehen USB, RS232, CANopen <strong>und</strong> EtherCAT zur Verfügung. Der<br />

Motion Controller enthält bereits die neue Firmware-Version M. Für eine<br />

einfache <strong>und</strong> komfortable Systemeinrichtung steht das neueste Update<br />

(Version 6.9) des Faulhaber Motion Managers zur Verfügung. Alle<br />

Motion Controller entsprechen den aktuellen EMV-Vorschriften.<br />

Faulhaber Minimotor SA | www.faulhaber.ch<br />

42 #<strong>023</strong>


Schluss mit Kabelsalat<br />

Das automatische Einzugssystem e-tract 2.0 soll<br />

E-Auto-Besitzern das Laden an Wallboxes ein Stück<br />

bequemer machen. Die Besonderheit: Dank eines<br />

raffinierten Zusammenspiels zweier Umlenkrollen<br />

sind Auszugslängen bis 5 m bei begrenztem Bauraum<br />

möglich. Da der Stromanschluss, der mit der Wallbox<br />

verb<strong>und</strong>en ist, während des Abwickelns nicht in<br />

Rotation gerät, bedarf es nicht wie bei klassischen<br />

Kabeltrommeln eines Schleifrings. Zwar ist das<br />

System noch eine Designstudie, doch die Umsetzung<br />

ist geplant <strong>und</strong> die Labortests laufen bereits.<br />

Igus | www.igus.ch<br />

MX-System um zwei<br />

Pneumatik-Module erweitert<br />

Mit dem MX-System hat Beckhoff im November 2021 ein<br />

ganzheitliches Konzept für die Ablösung des Schaltschranks<br />

vorgestellt. Gr<strong>und</strong>prinzip ist das Ersetzen der<br />

Schaltschrankverdrahtung durch eine Backplane, über die<br />

sich eine grosse Auswahl elektronischer Baugruppen über<br />

standardisierte Schnittstellen automatisch miteinander<br />

verbinden lassen. Dabei werden alle klassischen Schaltschrankfunktionen<br />

abgedeckt <strong>und</strong> mit zwei neuen Modulen<br />

nun auch Pneumatik-Ventile von Festo (MO2414) <strong>und</strong><br />

SMC (MO2424) direkt integriert. Über diese kann die Zuluft<br />

für bis zu zwei Ventile (je nach Hersteller mit bis zu 500 l/<br />

min Durchfluss) angeschlossen werden. Diese lassen sich<br />

direkt auf die Module montieren, wobei auch unterschiedliche<br />

Varianten, wie 3/2-, 5/2- oder 5/3-Wege-Ventile,<br />

miteinander kombinierbar sind.<br />

Beckhoff Automation AG | www.beckhoff.com/mx-system<br />

#<strong>023</strong> 43


PRODUKTE<br />

Vielseitiger Cobot<br />

Einfach Codes lesen<br />

Der Multicode-Leser IDC200 arbeitet selbst bei verschiedenen<br />

Codetypen mit bis zu 40 FPS. Die lichtstarke Beleuchtung<br />

ermöglicht es, herausfordernde Anwendungen ohne<br />

zusätzliche Kosten <strong>und</strong> Mehraufwand zu lösen. Die<br />

Leserate aller gängigen 1D-/2D-Codes ist selbst unter<br />

anspruchsvollen Bedingungen, wie spiegelnde Oberflächen,<br />

wechselnde Lichtverhältnisse oder Modulgrössen an der<br />

unteren Auflösungsgrenze, gut. Der IDC200 kann sogar<br />

direkt markierte <strong>und</strong> genadelte Codes lesen. Via USB-C<br />

wird er am Computer angeschlossen <strong>und</strong> per Webinterface<br />

in Betrieb genommen. Das Auto-Setup ermöglicht mit nur<br />

einem Click das Lesen von mehreren, unterschiedlichen<br />

Codes. Für die einfache Integration sorgen das platzsparende<br />

Gehäuse, passendes Zubehör, Ethernet- <strong>und</strong> USB-C-<br />

Schnittstellen <strong>und</strong> die verfügbaren Protokolle TCP/IP,<br />

Profinet sowie DIOs.<br />

Der Lexium Cobot ist in fünf Modellvarianten<br />

mit Traglasten von 3 bis 18 kg<br />

erhältlich <strong>und</strong> lässt sich als Standalone-<br />

Lösung in fast jede Industrieanlage nachrüsten.<br />

Dank konstanter Überwachung<br />

von Drehmoment <strong>und</strong> Drehzahl kann er<br />

selbst vorsichtige <strong>und</strong> behutsame<br />

Bewegungen ausführen, wodurch auf<br />

weitere Schutzvorrichtungen verzichtet<br />

werden kann. Der bewegliche Roboterarm<br />

wird rein grafisch programmiert <strong>und</strong><br />

lässt sich per handgeführtem Teaching<br />

auf neue Bewegungsprofile einstellen.<br />

Schneider Electric | www.se.com/ch<br />

Baumer Group | www.baumer.com/idc200<br />

Maschinenverkabelung leicht gemacht<br />

Ein Kostentreiber im Maschinenbau sind die Kabel im Feld, die häufig<br />

zu kurz, häufig zu lang geplant sind. Warum? Weil hier Stand heute<br />

vielfach nach dem Trial & Error-Prinzip gearbeitet wird. Jetzt schafft<br />

Lösungsanbieter Eplan Abhilfe: Die<br />

Software Eplan Harness proD, bislang zur<br />

Kabelbaumerstellung eingesetzt, wurde<br />

mit Blick auf die Maschinenverkabelung<br />

erweitert. Der digitale Zwilling lässt sich<br />

als 3D-Baugruppe in der mechanischen<br />

Konstruktion nutzen oder mit den ergänzten<br />

Kabelinformationen in das elektrotechnische<br />

Projekt übertragen.<br />

Eplan Software AG | www.eplan.ch<br />

44 #<strong>023</strong>


Schwere Lasten<br />

schmierfrei lagern<br />

In Anwendungen mit Lasten grösser 80<br />

MPa stossen Gleitlager aus thermoplastischen<br />

Kunststoffen an ihre Grenzen.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat Igus das bestehende<br />

Sortiment an Spritzgussgleitlagern<br />

um die Igutex-Faserverb<strong>und</strong>-Gleitlagerserie<br />

erweitert. Mit ihr lassen sich<br />

Anwendungen umsetzen, die bis zu 200<br />

MPa aufnehmen müssen, <strong>und</strong> bietet vor<br />

allem bei extremen, dynamischen<br />

Belastungen längere Standzeiten.<br />

Skalierbare Stromversorgung<br />

Igus | www.igus.ch<br />

Die 24-V-Plug-and-play-Stromversorgung Trio Power lässt<br />

sich mittels Push-in schnell <strong>und</strong> werkzeuglos anschliessen.<br />

Integrierte Beschriftungsfelder dienen der Darstellung<br />

von Betriebsmittelkennzeichen <strong>und</strong> Stromkreisen, während<br />

Multicolor-LED <strong>und</strong> ein Sammelkontakt alle relevanten<br />

Zustände wie DC OK, Überlast <strong>und</strong> Kurzschluss signalisieren.<br />

Optional steht eine IO-Link-Schnittstelle zur<br />

Diagnose <strong>und</strong> Parametrierung zur Verfügung. Mit bis zu<br />

960 W Ausgangsleistung in 1 AC <strong>und</strong> 3 AC eignet sich die<br />

Stromversorgung für die Antriebstechnik. Der dynamische<br />

Boost (150 Prozent für 5 s) ermöglicht zudem das Starten<br />

schwieriger Lasten. Durch die starke Ausgangskennlinie<br />

können auch kapazitive Lasten problemlos geladen<br />

werden. Die Stromversorgung ist wahlweise mit eingebautem<br />

elektronischem Geräteschutzschalter verfügbar.<br />

Phoenix Contact AG | www.phoenixcontact.ch<br />

#<strong>023</strong> 45


PRODUKTE<br />

Plant iT <strong>und</strong> Modicon<br />

nun kompatibel<br />

Einfach erfassen<br />

Die Sensoren der Simple-Vision-Baureihe überzeugen<br />

mit flexibler Anwendbarkeit <strong>und</strong> einfacher Handhabung.<br />

Der IVS 108 erkennt an- oder abwesende<br />

Objekte, zum Beispiel Aufdrucke oder Labels auf<br />

Verpackungen. Zudem speichert der Sensor bis zu 32<br />

Aufgaben <strong>und</strong> es können per Webbrowser Live-Bilder<br />

betrachtet <strong>und</strong> auf einer grafischen Bedienoberfläche<br />

weitere Parameter eingestellt werden. Der IVS 1048i<br />

ist ein Allro<strong>und</strong>er-Modell: Anwender können aus<br />

sechs Varianten mit zwei Auflösungen wählen. Der<br />

Funktionsumfang reicht je nach Modell von der<br />

Objekterkennung über Messaufgaben bis hin zur<br />

integrierten Barcodelesung. Vorteil aller Sensoren der<br />

Baureihe IVS/DCR 1048i: Vier austauschbare S-Mount-<br />

Objektive mit variabler Fokuseinstellung <strong>und</strong> zwei<br />

Blenden ermöglichen hohe Flexibilität bei Leseabstand,<br />

Sichtfeld, Auflösung <strong>und</strong> Schärfentiefe. Zudem<br />

sind die digitalen Schnittstellen I/O, TCP/IP, PROFINET,<br />

FTP oder SFTP integriert.<br />

Schneider Electric <strong>und</strong> das Softwareunternehmen<br />

ProLeiT wachsen weiter<br />

zusammen. Ab sofort sind die Funktionalitäten<br />

der Systemfamilie Plant iT von<br />

ProLeiT auch für Nutzer der Speicherprogrammierbaren<br />

Steuerung Modicon<br />

M580 verfügbar. Auf diese Weise ist es<br />

möglich, das Hardwareportfolio für die<br />

Mess- <strong>und</strong> Regelungstechnik von<br />

Schneider Electric durchgängig an das<br />

auf chargenbasierte Produktionsprozesse<br />

zugeschnittene Prozessleitsystem von<br />

ProLeiT anzubinden. Speziell für<br />

Aufgaben in der Lebensmittelindustrie,<br />

Futtermittelverarbeitung oder Feinchemie<br />

optimiert, ist Plant iT damit fortan<br />

integraler Bestandteil der ganzheitlichen<br />

IIoT-Architektur EcoStruxure<br />

Schneider Electric | www.se.com/ch<br />

Leuze Electronic | AGwww.leuze.ch<br />

Leistungsstarke Industriekamera<br />

Als Erweiterung der HR-Kameraserie besticht die hr65CX12<br />

durch eine Auflösung von 9344 x 7000 Pixeln sowie eine<br />

extrem leistungsfähige Schnittstelle: Gleich vier CoaXPress-<br />

12-Verbindungen übertragen pro Leitung bis zu 12,5 Gbps<br />

<strong>und</strong> stellen damit sicher, dass die umfangreichen Bilddaten<br />

von bis zu 71 Vollbildern mit 65 Megapixel Auflösung pro<br />

Sek<strong>und</strong>e ohne Verzögerungen für die Weiterverarbeitung im<br />

PC zur Verfügung stehen. Wie alle SVCams verfügt auch die<br />

hr65CX12 über einen in den GenICam-Tree integrierten<br />

4-kanaligen Strobe Controller <strong>und</strong> eignet sich durch den<br />

Einsatz des GenTL-Standards für eine einfache Kombination<br />

mit allen etablierten Software-Paketen am Markt.<br />

SVS-Vistek | www.svs-vistek.com<br />

46 #<strong>023</strong>


Cooler Nachwuchs mit<br />

nachhaltiger DNA<br />

Die Serie Blue e+S ergänzt die<br />

smarte Kühlgeräte-Familie um die<br />

Leistungsklassen 300, 500 <strong>und</strong><br />

1000 W <strong>und</strong> das bei kleinerem<br />

Footprint <strong>und</strong> weniger Kosten. Der<br />

Gr<strong>und</strong> für diese Kostenreduktion<br />

ist die Heatpipe, die ohne Verdichter,<br />

Expansionsventil oder sonstige<br />

Regelorgane arbeitet <strong>und</strong> daher<br />

lediglich Strom für den Betrieb des<br />

Lüfters benötigt. Neben der<br />

Energieeffizienz verringert eine<br />

weitere Eigenschaft den CO 2 -Fussabdruck:<br />

Es wird ein Kältemittel<br />

verwendet, dessen Global Warming<br />

Potential um 56 Prozent niedriger<br />

ist als das in vergleichbaren<br />

Kühlgeräten. Auch bei der Digitalisierung<br />

helfen die neuen Kühlgeräte<br />

mit weiteren smarten Funktionen.<br />

Mit einem serienmässig<br />

voll integrierten IoT-Interface<br />

lassen sich die Kühlgeräte in<br />

digitalisierten Umgebungen<br />

intelligent überwachen <strong>und</strong> sehr<br />

einfach an das neue Smart Service<br />

Portal von Rittal anbinden. Dieses<br />

optimiert die Serviceprozesse <strong>und</strong><br />

erhöht die Effizienz durch vorausschauende<br />

Wartung.<br />

Rittal AG | www.rittal.ch


RUBRIKTITEL<br />

NEWS IN<br />

ZAHLEN<br />

Die Löhne steigen bei den FH-Absolventen <strong>und</strong> die Deutschen<br />

faxen noch wie wild in Zeiten von E-Mails <strong>und</strong> Chat. Doch wie viel<br />

<strong>und</strong> wie viele? Hier sind die News in Zahlen!<br />

693<br />

WASSERKRAFTZENTRALEN<br />

Wasserkraft Schweiz Statistik: Am 1. Januar 2<strong>023</strong> waren in der<br />

Schweiz 693 Wasserkraftzentralen mit einer Leistung grösser<br />

300 kW (Kilowatt) in Betrieb (1.1.2022: 682 Anlagen).<br />

104 000<br />

FRANKEN MEDIANLOHN<br />

Die Bruttolöhne der FH-Absolventen sind gegenüber der letzten Studie aus dem<br />

Jahr 2021 merklich gestiegen. 104 000 Franken beträgt aktuell der Medianlohn<br />

gegenüber damals knapp 100 000 Franken.<br />

5400<br />

KILOWATT SOLARSTROM<br />

Der Maschinenbauer DMG Mori startet Japans<br />

grösstes Solarenergiesystem zur Eigennutzung –<br />

die erste Stufe erzeugt bereits seit Februar diesen<br />

Jahres 5400 kW.<br />

48 #<strong>023</strong>


RUBRIKTITEL<br />

82<br />

PROZENT FAXEN<br />

NOCH<br />

Unglaublich, aber wahr: 82 Prozent<br />

der deutschen Unternehmen<br />

faxen noch! Ein Drittel davon sogar<br />

noch häufig. Wie die Zahlen wohl<br />

für die Schweiz aussehen?<br />

20 000<br />

EURO-ELEKTROAUTO<br />

Und eine Zahlennachricht passend zu dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />

VW will künftig E-Autos für 20 000 Euro anbieten.<br />

Bisher unmöglich, denn ein Akku mit 58-kWh kostete im<br />

2021 allein fast 15 000 Franken.<br />

1 406 000 000<br />

FRANKEN UMSATZ<br />

Siemens kann in der Schweiz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2<strong>023</strong> ein sehr gutes Ergebnis<br />

vorweisen. Der Umsatz liegt nach den ersten sechs Monaten (Okt. 2022 – März 2<strong>023</strong>) bei 1,406 Milliarden<br />

Franken <strong>und</strong> damit deutlich über dem Wert des Vorjahres (1,079 Milliarden Franken).<br />

89,5<br />

PROZENT KAPAZITÄTSAUSLASTUNG<br />

Die Schweizer Tech-Industrie boomt; die Kapazitätsauslastung in<br />

den Betrieben liegt bei 89,5 Prozent. Sie liegt damit über dem langjährigen<br />

Mittel von 86,2 Prozent.<br />

#<strong>023</strong> 49


KÜHL- UND SCHMIERSTOFFE<br />

«ZUHÖREN<br />

IST DER SCHLÜSSEL<br />

ZUM ERFOLG»<br />

Mit der Produktivitätstrophäe zeichnet Blaser Swisslube<br />

erfolgreiche Projekte im Bereich der Kühl- <strong>und</strong> Schmierstoffe<br />

aus. Doch hinter der Trophäe stecken mehr als nur die<br />

optimierten Prozesse. Ein Gespräch mit Dominik Affolter,<br />

Country Head of Switzerland bei Blaser Swisslube.<br />

Von Eugen Albisser (Text) <strong>und</strong> Ruben Sprich (Fotos)<br />

Welches ist eines der am meisten unterschätzten<br />

Werkzeuge in einer Fertigung? Es gibt auf diese<br />

Frage keine offizielle Rangliste. Der bei solchen<br />

Antworten nicht über alle Zweifel erhabene<br />

Chatbot «ChatGPT» setzt zumindest einmal den<br />

Schraubstock aufs Podest – eine eher poetische Wahl. In Tat<br />

<strong>und</strong> Wahrheit dürfte jedoch ein Werkzeug einen Spitzenplatz<br />

einnehmen, das normalerweise nicht einmal als Werkzeug<br />

bezeichnet wird: der Kühlschmierstoff – oder eben<br />

doch «das flüssige Werkzeug», wie es jene nennen, die darin<br />

mehr sehen als einfach ein Mittel zum Kühlen, Schmieren<br />

<strong>und</strong> Späne abtransportieren.<br />

Der Wert dieses flüssigen Werkzeugs lässt sich manchmal sogar<br />

genau bemessen. Und zwar dann, wenn man sich daran<br />

macht, die Produktionsprozesse zu optimieren <strong>und</strong> dabei die<br />

Wahl des Kühlschmiermittels genauer unter die Lupe nimmt.<br />

Dann können Einsparungen von einigen Zehntausend bis zu<br />

mehreren H<strong>und</strong>erttausend Franken pro Jahr erzielt werden.<br />

Solche erstaunlichen Zahlen werden seit 2013 jährlich einmal<br />

zelebriert, <strong>und</strong> zwar bei Blaser Swisslube in Hasle-Rüegsau,<br />

wenn es um die Vergabe der Produktivitätstrophäe geht. Um<br />

herauszufinden, warum es diese Trophäe gibt <strong>und</strong> wie die Firmen<br />

sich auf die Suche nach Optimierungspotenzialen machen,<br />

haben wir uns mit Dominik Affolter unterhalten, dem<br />

Country Head of Switzerland bei Blaser Swisslube.<br />

Seit 2013 wird die Produktivitätstrophäe vergeben.<br />

Wie ist man auf die Idee gekommen, eine solche Trophäe<br />

zu vergeben?<br />

Es ist noch nicht überall bekannt, welchen immensen Einfluss<br />

ein optimal abgestimmter Schmierstoff auf den Produktionsprozess<br />

hat. Intern wussten wir das aus vielen Projekten.<br />

Wir wollten daher eine Plattform schaffen, die solche<br />

Erfolgsbeispiele auch nach aussen kommunizieren kann.<br />

Gleichzeitig sollte sie auch eine Wertschätzung für die Arbeit<br />

unserer K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unserer Mitarbeitenden ausdrücken.<br />

Hier sind vor allem die Aussendienstmitarbeitenden zu nennen,<br />

welche die Projekte entdecken <strong>und</strong> entwickeln. Mit der<br />

Zeit haben wir aber bemerkt, dass der Anlass viel mehr ist: Es<br />

ist ein Anlass zur K<strong>und</strong>enbindung geworden, bei welchem<br />

Fachleute unter sich sind <strong>und</strong> sich austauschen können. Neu<br />

wollen wir jeweils auch mit einer Keynote, von einem externen<br />

Referenten, neue Inputs <strong>und</strong> Ideen zu der Fertigungsindustrie<br />

dazu holen.<br />

Das vierstufige Vorgehen zum<br />

flüssigen Werkzeug<br />

Sie erwähnen explizit die Aussendienstmitarbeitenden,<br />

die wahrscheinlich viel Beratungstätigkeit in solche<br />

Projekte stecken.<br />

Das ist richtig. Unser Hauptgeschäft ist ja nicht der Verkauf<br />

von Produkten, sondern die Beratung. Die grösste Herausforderung<br />

besteht darin, den K<strong>und</strong>en abzuholen <strong>und</strong> ihm zu zeigen,<br />

welchen Unterschied es machen kann, ob er nur ein KSS<br />

hat oder ob er die optimale Kühlschmierstofflösung einsetzt.<br />

Zu diesem Zweck haben wir eine Methode entwickelt, die wir<br />

«das vierstufige Vorgehen zum flüssigen Werkzeug» nennen.<br />

Das Ziel der vier Stufen ist es, systematisch <strong>und</strong> transparent<br />

Ergebnisse zu generieren, die dann im Gespräch mit dem<br />

K<strong>und</strong>en dazu dienen, Verbesserungen aufzuzeigen. Am Ende<br />

soll der K<strong>und</strong>e ein Dokument in den Händen halten, das belegt,<br />

was wir gemeinsam erreicht haben.<br />

Welches ist die erste dieser vier Stufen?<br />

Die erste Stufe ist die Analyse. Mit ihr bestimmen wir die<br />

Ausgangssituation. Sie dient als Gr<strong>und</strong>lage für den Vergleich<br />

mit dem Ergebnis, das wir erreichen werden. Darauf<br />

50 #<strong>023</strong>


Dominik Affolter:<br />

«Die grösste Herausforderung<br />

besteht darin, den<br />

K<strong>und</strong>en abzuholen <strong>und</strong><br />

ihm zu zeigen, welchen<br />

Unterschied es machen<br />

kann, ob er nur ein KSS<br />

hat oder ob er die<br />

optimale Kühlschmierstofflösung<br />

einsetzt.»<br />

#<strong>023</strong> 51


KÜHL- UND SCHMIERSTOFFE<br />

aufbauend setzen wir uns ein Ziel, wohin wir wollen oder<br />

von dem wir glauben, dass wir es erreichen werden.<br />

Das wäre dann bereits die zweite Stufe?<br />

Ja, nach dieser Analyse erhält der K<strong>und</strong>e von uns ein Wertangebot.<br />

Darin steht zum Beispiel, dass wir glauben, die Produktionskosten<br />

um 15 oder sogar 40 Prozent senken zu können. Auf Basis<br />

dieses Angebots muss der K<strong>und</strong>e entscheiden, ob er das Projekt<br />

weiterverfolgen will. Dieses Wertangebot erstellen wir auf der<br />

Basis unseres Fachwissens <strong>und</strong> der unzähligen anderen Fälle,<br />

die wir bereits analysiert haben. Dann kommt die nächste Stufe<br />

- die Testphase. Wir haben also die Analyse, dann das Wertangebot<br />

<strong>und</strong> nun die Testphase, in der es darum geht, die theoretische<br />

Bewertung realistisch zu bestätigen.<br />

«In acht von zehn Fällen finden<br />

wir Einsparungen»<br />

Ich nehme an, dass sich der Test auf einen Teil der Produktion<br />

beschränkt?<br />

Das ist richtig. Wenn in einer Produktion zehn Maschinen<br />

stehen, an denen Verbesserungen möglich sind, wählen wir<br />

die mit den komplexesten Prozessen aus. Dann läuft ein<br />

mehrmonatiger Test.<br />

Ist das noch ein Teil einer Vorleistung oder bereits mit<br />

Kosten verb<strong>und</strong>en?<br />

Das alles läuft noch unter Vorleistung. Wir berechnen auch<br />

nichts für die Produkte, die während des Versuchs verwendet<br />

werden, <strong>und</strong> schon gar nichts für die Beratungsleistung.<br />

Nach drei, vier Monaten setzen wir uns zusammen <strong>und</strong> ziehen<br />

Bilanz. Dann stellt sich vielleicht heraus, dass der Maschinenbediener<br />

tatsächlich lieber mit unserem Produkt<br />

arbeitet, dass die Einsparungen wie prognostiziert eingetreten<br />

sind, dass vielleicht auch weniger Kühlmittel eingesetzt<br />

werden muss, dass es besser riecht, dass weniger Hautirritationen<br />

auftreten <strong>und</strong> vieles mehr. Denn plötzlich tauchen<br />

Verbesserungen auf, die der K<strong>und</strong>e vorher gar nicht auf dem<br />

Schirm hatte. Jedenfalls: Bis zu diesem Resümee gehen wir<br />

in Vorleistung.<br />

Bei wie vielen dieser Projekte erkennen Sie in einer frühen<br />

Phase, dass Einsparungen drin liegen?<br />

In acht von zehn Fällen. Und auch die beiden anderen Fälle,<br />

die nicht weiter verfolgt werden, sind für die Unternehmen<br />

ein Gewinn. Sie geben ihnen die Gewissheit, bereits das Optimum<br />

zu erreichen.<br />

Und nachdem Sie ein «Wertangebot» abgegeben haben:<br />

Wie oft liegt Blaser da richtig?<br />

Ehrlich gesagt: eigentlich immer! Wir bewerten die vorgef<strong>und</strong>enen<br />

Prozesse sehr zurückhaltend, so dass wir das Wertangebot<br />

eher übertreffen.<br />

WEITERLESEN<br />

Das komplette Interview<br />

mit Dominik Affolter<br />

hi.switchy.io/Dmad<br />

Die Produktivitätstrophäe 2<strong>023</strong> – die Gewinner<br />

Zur feierlichen Überreichung der Produktivitätstrophäen 2<strong>023</strong> – der «Golden Drums» – lud Blaser Swisslube Anfang Mai Partner, K<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Fachjournalisten an den Hauptsitz in Hasle-Rüegsau ein. Prämiert wurden herausragende Leistungen in fünf Kategorien.<br />

Wittenstein – Kategorie Produktivität | RCM-Estech – Kategorie Kühlschmierstoffoptimierung<br />

VSL Schweiz – Kategorie Gesamtkostenoptimierung | Pfi ffner Messwandler – Kategorie Nachhaltigkeit<br />

ARA mittleres Emmental – Kategorie Schmierstoffoptimierung<br />

52 #<strong>023</strong>


#<strong>023</strong> 53


UPTOWNBASEL UND DIE QUANTENTECHNOLOGIE<br />

QUANTENRECHNER<br />

PROGRAMMIEREN LERNEN<br />

Die Schweiz verfügt über hervorragende Fachkräfte, auch im Bereich<br />

der Quantentechnologie. Um einerseits die ersten Pionierfirmen<br />

zu unterstützen <strong>und</strong> langfristig weitere Quantenspezialisten heranzubilden,<br />

hat man bei QuantumBasel eigene Wege eingeschlagen.<br />

Von Eugen Albisser<br />

Damir Bogdan, CEO<br />

von Quantum Basel:<br />

«Ich sehe die Schweiz<br />

in der Quantentechnologie<br />

als führend in<br />

der Ausbildung.<br />

Allerdings bedeutet<br />

das nicht, dass dies<br />

genügen wird, wenn<br />

wir eine führende<br />

Quantennation<br />

bleiben wollen.»<br />

54 #<strong>023</strong>


Eine kürzlich veröffentlichte Studie<br />

des Critical Technology<br />

Trackers des Australian Strategy<br />

Policy Institute (ASPI) zeigt<br />

Erstaunliches. Demnach ist China in 37<br />

von 44 Schlüsseltechnologien führend.<br />

Eine aufschlussreiche Information, die<br />

zeigt, wie weit China technologisch bereits<br />

fortgeschritten ist.<br />

Trotz der beeindruckenden Beherrschung<br />

der Technologie zählt das Chipdesign<br />

nicht zu den Stärken Chinas.<br />

Auch eine weitere Technologie, die anderen<br />

Schlüsseltechnologien zu neuen<br />

Durchbrüchen verhelfen könnte, gehört<br />

nicht zu Chinas Stärken: der Quantencomputer.<br />

QuantumBasel, eine Tochterfirma von<br />

uptownBasel, ist in diesem Bereich tätig<br />

<strong>und</strong> sieht die Resultate als Ansporn, den<br />

Vorsprung in der Quantentechnologie<br />

zu halten <strong>und</strong> auszubauen. Dazu braucht<br />

es Fachleute, die sofort einsetzbar sind<br />

<strong>und</strong> in ersten Projekten mitarbeiten<br />

können, aber auch Ausbildungen, die<br />

den zukünftigen Nachwuchs ausbilden.<br />

Jüngste Untersuchungen von McKinsey<br />

& Company haben jedoch ergeben,<br />

dass weltweit auf drei offene Stellen im<br />

Bereich Quantencomputing nur ein qualifizierter<br />

Kandidat kommt <strong>und</strong> dass bis<br />

2025 voraussichtlich weniger als 50 Prozent<br />

der Stellen im Bereich Quantencomputing<br />

besetzt werden können,<br />

wenn wir nicht deutlich eingreifen.<br />

Schweiz führend in Ausbildung, aber ...<br />

Damir Bogdan, CEO von Quantum Basel:<br />

«Ich sehe die Schweiz in der Quantentechnologie<br />

als führend in der Ausbildung,<br />

speziell mit der ETHZ, der EPFL,<br />

der Uni Basel <strong>und</strong> der FHNW. Allerdings<br />

bedeutet das nicht, dass dies genügen<br />

wird, wenn wir eine führende Quantennation<br />

bleiben wollen.»<br />

QuantumBasel selbst hatte bisher wenig<br />

Mühe, neue Mitarbeitende für das eigene<br />

20-köpfige Team aus Mathematikern,<br />

Datenwissenschaftlern, KI-Spezialisten<br />

<strong>und</strong> Quantenphysikern zu finden. Dank<br />

des dynamischen Umfelds, das in Arlesheim<br />

geschaffen wird, <strong>und</strong> der Ambition,<br />

in diesem Bereich führend zu sein, ist<br />

QuantumBasel in einer starken Position,<br />

um Mitarbeitende zu begeistern.<br />

Doch über ein solches Privileg dürften<br />

nicht alle Firmen verfügen, welche sich<br />

in Arlesheim auf dem Campus von uptownBasel<br />

ansiedeln <strong>und</strong> ganz gezielt<br />

auch Quantenprojekte durchführen<br />

möchten. Sie aber brauchen Quantenwissen,<br />

wenn sie auf die Quantenrechner<br />

zugreifen wollen, die dort zur Verfügung<br />

stehen. Dazu gehört der exklusive Zugriff<br />

auf fünf Prozent der Rechenleistung des<br />

leistungsstärksten Quantencomputers<br />

von IBM. Aber auch auf andere Rechner<br />

wie die von D-Wave oder auf hochspezialisierte<br />

Programme, mit denen Quantencomputer<br />

simuliert werden.<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Projektförderung:<br />

Das Modell QuantumBasel<br />

Um Unternehmen den Zugang zur<br />

Quantentechnologie zu erleichtern, hat<br />

QuantumBasel unter anderem ein Modell<br />

entwickelt, das gleichzeitig auf Projektarbeit<br />

<strong>und</strong> Ausbildung setzt.<br />

Damir Bogdan: «Bei QuantumBasel legen<br />

wir grossen Wert auf eine f<strong>und</strong>ierte<br />

Einführung, insbesondere für Führungskräfte<br />

auf C-Level <strong>und</strong> CEO-Ebene», erklärt<br />

Damir Bogdan. In dieser Einführung<br />

werden die Vorteile von Quantencomputern<br />

erläutert <strong>und</strong> aktuelle<br />

Anwendungsbeispiele vorgestellt, die<br />

bereits zu beeindruckenden Ergebnissen<br />

geführt haben. «Unser Ziel ist es,<br />

dass sie die Technologie <strong>und</strong> ihre potenziellen<br />

Anwendungsfälle verstehen <strong>und</strong><br />

daraus ableiten können, ob auch ihr<br />

Unternehmen von solchen Lösungen<br />

profitieren könnte», sagt Damir Bogdan.<br />

Einen Monat nach dem ersten Treffen<br />

besucht das Team von QuantumBasel<br />

das Unternehmen erneut. Bei diesem<br />

Besuch sollen die Firmen ihre «Pain<br />

Points», also ihre spezifischen Probleme,<br />

darlegen. Nach einem halb- oder<br />

ganztägigen Workshop nimmt das<br />

Team die gesammelten Erkenntnisse<br />

mit <strong>und</strong> erstellt auf dieser Basis ein Angebot<br />

für das Unternehmen.<br />

Training für die Mitarbeiter<br />

des Quantum-Projekts<br />

«Darin erklären wir unter anderem, wie<br />

wir das Problem angehen würden - zum<br />

Beispiel mit Simulation, Quantum Annealer<br />

oder ähnlichen Techniken. Dann<br />

starten wir das Projekt», erklärt Damir<br />

Bogdan. Die ersten zwei bis drei Monate<br />

sind der Problemformulierung gewidmet:<br />

Das Problem wird in handhabbare<br />

Teile zerlegt, die jeweiligen Eigenschaften<br />

werden analysiert, <strong>und</strong> nach etwa<br />

drei Monaten lässt sich abschätzen, ob<br />

ein Projekt mit einem Quantencomputer<br />

tatsächlich bessere Ergebnisse liefern<br />

könnte. Dabei gibt es auch einen<br />

Ausstiegspunkt für das Unternehmen.<br />

«Wenn es sich entscheidet, weiterzumachen,<br />

können wir in den folgenden<br />

sechs Monaten die Algorithmen programmieren<br />

<strong>und</strong> den ‹Proof of Concept›<br />

abschliessen», sagt Damir Bogdan.<br />

In dieser r<strong>und</strong> neunmonatigen Phase<br />

schult das Team um Damir Bogdan <strong>und</strong><br />

die Partnerfirmen wie IBM <strong>und</strong> D-Wave<br />

die Mitarbeitenden je nach Wissensstand.<br />

Dabei setzt QuantumBasel auf<br />

standardisierte Kurse, die modular aufgebaut<br />

sind, einen Einblick in Hardware,<br />

Framework <strong>und</strong> Programmierung geben<br />

<strong>und</strong> in kleinen Teams von maximal<br />

zwölf Personen stattfinden. Insgesamt<br />

dauert der Kurs r<strong>und</strong> zehn Tage, die individuelle<br />

Betreuung findet laufend statt.<br />

Natürlich kann ein K<strong>und</strong>e auch ohne<br />

solche Schulungsmassnahmen in ein<br />

Projekt einsteigen, etwa wenn er bereits<br />

über ein eigenes, qualifiziertes Quantenteam<br />

verfügt. Damir Bogdan: «Aber auch<br />

solche Firmen unterstützen wir auf alle<br />

Fälle tatkräftig, zum Beispiel bei der Formulierung<br />

der Anwendungen.»<br />

Lehrstuhl für Quantentechnologie an der<br />

FHNW <strong>und</strong> Academia-Konzept<br />

QuantumBasel engagiert sich auch aktiv in der Ausbildung zukünftiger Fachkräfte im<br />

Bereich Quantencomputing. Mit der Finanzierung des Lehrstuhls für Quantenphysik an<br />

der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) will das Unternehmen Bachelor- <strong>und</strong><br />

Masterstudierende ausbilden. Der Lehrstuhl ist bereits seit 2022 besetzt mit Prof. Dr.<br />

Clément Javerzac.<br />

Darüber hinaus entwickelt QuantumBasel ein spezielles Academia-Konzept. Dieses<br />

Konzept zielt darauf ab, den Universitäten die notwendigen Ressourcen für den Zugang<br />

zu Quantencomputern zur Verfügung zu stellen <strong>und</strong> zu ermitteln, welches spezifi sche<br />

Quantenwissen noch benötigt wird, um Quantencomputer an Hochschulen <strong>und</strong><br />

Universitäten breiter verfügbar zu machen. Dazu werden spezifi sche Projekte gestartet.<br />

#<strong>023</strong> 55


Wissenswertes<br />

Die Gewinnerin<br />

des Max-Lüthi-<br />

Chemiepreises:<br />

Fabiana Bächli.<br />

Bild: ZHAW<br />

FABIANA BÄCHLI ERHÄLT MAX LÜTHI PREIS<br />

Die ZHAW-Chemiestudentin<br />

Fabiana Bächli aus Beinwil<br />

am See (AG) wurde für ihre<br />

Diplomarbeit mit dem Max<br />

Lüthi Preis 2<strong>023</strong> ausgezeichnet. Dieser<br />

wird von der Schweizerischen Chemischen<br />

Gesellschaft SCS vergeben <strong>und</strong><br />

ist mit 1000 Franken dotiert.<br />

Die Diplomarbeit von Fabiana Bächli<br />

befasst sich mit einem hochaktuellen<br />

Thema in der Pharmaforschung. Glasnanopartikel<br />

kommen seit einigen<br />

Jahren als Träger zum Einsatz, um<br />

therapeutische Moleküle im Körper an<br />

den richtigen Ort zu transportieren,<br />

wo sie ihre medikamentöse Wirkung<br />

entfalten können. Durch den gezielten<br />

Transport der Wirkstoffe zum kranken<br />

Gewebe können ges<strong>und</strong>e Organe geschont<br />

<strong>und</strong> Nebenwirkungen vermieden<br />

werden. Zudem sind nicht alle<br />

Wirkstoffe in Blut oder Wasser löslich<br />

oder sie werden von der Magensäure<br />

zersetzt. Nano-Trägersysteme bieten<br />

hierfür Lösungsansätze, sie haben<br />

aber auch teils unerwünschte Auswirkungen<br />

im Körper.<br />

Ziel der preisgekrönten Diplomarbeit<br />

«Mesoporöse bioaktive Glasnanopartikel<br />

für den Wirkstofftransport» war es,<br />

diese unerwünschten Einflüsse der<br />

Nanopartikel auf den Körper bestmöglich<br />

zu verringern. Anhand von verschiedenen<br />

Methoden untersuchte<br />

Fabiana Bächli, welchen negativen<br />

Einfluss die von ihr hergestellten Glasnanopartikel<br />

auf die Vitalität der<br />

menschlichen Zellen ausüben. Zudem<br />

hat sie den Einfluss von Variationen<br />

bei Herstellung der Partikel auf deren<br />

Struktur <strong>und</strong> Lösungsverhalten untersucht.<br />

Betreut wurde die preisgekrönte<br />

Arbeit durch Dominik Brühwiler<br />

<strong>und</strong> Steffi Lehmann am Institut für<br />

Chemie <strong>und</strong> Biotechnologie der ZHAW<br />

in Wädenswil.<br />

www.zhaw.ch<br />

56 #<strong>023</strong>


KLAEMMLE<br />

ÜBERNIMMT VERTRIEB<br />

VON PETROFER<br />

Die Laemmle Chemicals AG hat den<br />

Vertrieb der Petrofer (Schweiz) AG<br />

übernommen. Die Übernahme erfolgt<br />

aufgr<strong>und</strong> der Pensionierung des langjährigen<br />

Geschäftsführers Hans Bänziger sowie<br />

der damit zusammenhängenden Entscheidung<br />

des deutschen Mutterhauses, den<br />

Standort in der Schweiz zu schliessen. Durch<br />

die Übernahme des Portfolios von Petrofer erweitert<br />

Laemmle sein Angebot mit dem Fokus<br />

in den Bereichen Druckguss, Papier <strong>und</strong> Härterei-Industrie.<br />

«Wir sind sehr erfreut, den Vertrieb<br />

zu übernehmen <strong>und</strong> damit unser Produktprogramm<br />

auszubauen», sagt Silvan Lämmle,<br />

CEO der Laemmle Chemicals AG: «Damit können<br />

wir unseren K<strong>und</strong>en ein noch breiteres<br />

Spektrum an hochwertigen Schmierstoffprodukten<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen anbieten.»<br />

www.laemmle-ag.ch<br />

AMSLER & FREY ERGÄNZT<br />

GESCHÄFTSLEITUNG<br />

Markus Manser hat die Leitung Marketing <strong>und</strong><br />

Vertrieb bei der Amsler & Frey AG, Spezialistin<br />

für technische Kunststoffteile, Kunststoff-Halbfabrikate,<br />

Baugruppen-Montage <strong>und</strong> 3D-Druck,<br />

übernommen. Der 50-Jährige arbeitete zuvor im Bereich<br />

Kunststoff-Beschichtung von technischen Textilien sowie<br />

in leitenden Vertriebsfunktionen in Maschinen- <strong>und</strong> Verpackungsindustrie.<br />

Markus Manser ist ausgebildeter Marketingfachmann,<br />

Eidg. Dipl. Verkaufsleiter <strong>und</strong> hat einen MBA<br />

in Business Administration. Er ergänzt beim Schweizer Familienunternehmen<br />

das Geschäftsleitungsteam.<br />

www.amsler-frey.ch<br />

#<strong>023</strong> 57


<strong>WISSEN</strong>SWERTES<br />

PRODUKTIONSARCHITEKTUR FÜR FABRIK DER ZUKUNFT<br />

Das Produktionssystem<br />

SWAP-IT entscheidet, wie ein<br />

Auftrag ausgeführt werden soll<br />

<strong>und</strong> verteilt die Aufgaben an<br />

gerade verfügbare Maschinen<br />

oder Roboter.<br />

Bild: Fraunhofer IWU<br />

Fertigungsunternehmen sollen<br />

grosse Stückzahlen in bester<br />

Qualität herstellen <strong>und</strong> auf Anfrage<br />

schnell individualisierte<br />

Einzelprodukte oder Kleinserien liefern.<br />

Klassische Produktionsumgebungen<br />

sind aufgr<strong>und</strong> ihrer starren<br />

Abläufe nicht ausreichend dafür gerüstet.<br />

Zehn Fraunhofer-Institute wollen<br />

dieses Problem nun mit dem Leitprojekt<br />

SWAP, hinter dem ein Konzept<br />

für heterogene, auslastungsoptimierte<br />

Roboterteams <strong>und</strong> Produktionsarchitekturen<br />

steht, lösen. Die Gr<strong>und</strong>idee<br />

der darauf basierenden Architekturlösung<br />

SWAP-IT zielt auf ein skalierbares<br />

cyber-physisches Produktionssystem,<br />

das sehr schlank ist <strong>und</strong> sich<br />

flexibel auf unterschiedlichste Produktionsprozesse<br />

anwenden lässt.<br />

Durch ihren modularen Aufbau soll<br />

die Produktionsarchitektur SWAP-IT<br />

statische Strukturen <strong>und</strong> schematische<br />

Abläufe klassischer Produktionsstätten<br />

aufbrechen <strong>und</strong> die Arbeitsschritte flexibilisieren.<br />

Gr<strong>und</strong>lage hierbei ist eine<br />

einheitliche <strong>und</strong> semantisch vereinfachte<br />

Beschreibungssprache für Maschinen,<br />

Prozesse <strong>und</strong> Produkte, welche<br />

die Einbindung von Betriebsmitteln<br />

wie Maschinen, Robotern oder autonomen<br />

Transportsystemen ermöglicht. Im<br />

Ergebnis soll eine intelligent agierende<br />

<strong>und</strong> anpassungsfähige Produktionsumgebung<br />

entstehen.<br />

Ein zentraler Bestandteil von SWAP-<br />

IT ist die Beschreibungssprache PFDL<br />

(Production Flow Description Language).<br />

Sie bindet das herzustellende Endprodukt<br />

sowie die zur Herstellung nötige<br />

Maschinentechnik ein <strong>und</strong> dient<br />

dazu, vor dem Start der Fertigung das<br />

jeweilige Endprodukt oder Bauteil zu<br />

definieren <strong>und</strong> anschliessend die gewünschten<br />

speziellen Merkmale zu ergänzen.<br />

Da in der PFDL zwar die prinzipielle<br />

Reihenfolge der Arbeitsschritte<br />

festgelegt ist, aber nicht, welche Maschine<br />

welche Aufgabe übernimmt,<br />

entscheidet die SWAP-IT-Software, wie<br />

genau der Auftrag ausgeführt werden<br />

soll <strong>und</strong> vergibt einzelne Aufgaben an<br />

gerade verfügbare oder günstig platzierte<br />

Maschinen.<br />

www.iwu.fraunhofer.de<br />

58 #<strong>023</strong>


WEIDMÜLLER KNACKT<br />

UMSATZ-MILLIARDE<br />

Die Weidmüller-Gruppe mit Hauptsitz im<br />

mitteldeutschen Detmold blickt auf ein<br />

erfolgreiches Jahr 2022 zurück. Mit einer<br />

Steigerung von 22 Prozent auf 1,175<br />

Milliarden Euro wurde erstmals in der Firmengeschichte<br />

die Umsatzmarke von einer Milliarde<br />

Euro überschritten.<br />

Auch im Jahr 2022 bildeten langfristige Investitionen<br />

in allen Bereichen die Gr<strong>und</strong>lage für konstantes<br />

Wachstum von Weidmüller. Mit insgesamt<br />

83 Millionen Euro investierte das Elektronik- <strong>und</strong><br />

Verbindungstechnik-Unternehmen sieben Prozent<br />

seines Umsatzes in zukunftsorientierte Projekte<br />

<strong>und</strong> den Ausbau seiner Standorte. Ein wichtiger<br />

Bestandteil dieser Investitionen ist die<br />

Stärkung der globalen Aufstellung. Im Fokus stehen<br />

hier der Bau eines neuen Fertigungsstandorts<br />

in China, ein Ausbau des Standortes Richmond,<br />

USA, eine Produktionserweiterung in Rumänien<br />

sowie Kapazitätserweiterungen in Thüringen.<br />

Eine verbesserte Wertschöpfung, mehr Nachhaltigkeit<br />

<strong>und</strong> Kreislaufwirtschaft sowie die Stärkung<br />

nachhaltiger Local-for-local-Konzepte in<br />

den Regionen sind gr<strong>und</strong>legende Ziele dieser Investitionsprojekte.<br />

Mit der Fertigstellung <strong>und</strong> Inbetriebnahme des<br />

Weidmüller Distribution Centers wurde indes das<br />

bislang grösste Einzelinvestitionsprojekt in der<br />

Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Unweit<br />

von Eisenach wurde auf 72000 Quadratmetern ein<br />

neues Logistikzentrum errichtet, mit dem logistische<br />

Prozesse nachhaltig verbessert werden sollen.<br />

Der Gebäudekomplex befindet sich etwa zehn<br />

Kilometer entfernt vom Standort der Thüringischen<br />

Weidmüller GmbH. Er ist weitgehend automatisiert<br />

<strong>und</strong> ermöglicht einen durchgängig digitalisierten<br />

sowie flexibel vernetzten Liefer- <strong>und</strong><br />

K<strong>und</strong>enservice.<br />

www.weidmueller.com<br />

VISION-KI EINFACHER EINSETZEN<br />

Baumer beteiligt sich am NVIDIA-Metropolis-Programm,<br />

das sich darauf konzentriert, eine neue Generation<br />

von KI-Anwendungen auf den Markt zu<br />

bringen. Das erklärte Ziel des Sensorherstellers aus<br />

Frauenfeld ist es, Entwicklerwerkzeuge für Vision-KI-Anwendungen<br />

bereitzustellen, um industrielle Prozesse noch<br />

sicherer <strong>und</strong> effizienter zu gestalten.<br />

NVIDIA Metropolis ermöglicht es Unternehmen, Behörden<br />

<strong>und</strong> Integrationspartnern, KI-gestützte Lösungen einfacher<br />

<strong>und</strong> kostengünstiger einzusetzen, um deren Prozesseffizienz<br />

in vielen Bereichen zu verbessern. Das NVIDIA-Metropolis-<br />

Ökosystem umfasst eine grosse <strong>und</strong> wachsende Anzahl von<br />

Mitgliedern, welche in die fortschrittlichsten KI-Techniken<br />

<strong>und</strong> effizientesten Bereitstellungsplattformen investieren<br />

<strong>und</strong> einen unternehmensgerechten Ansatz für ihre Lösungen<br />

verwenden.<br />

www.baumer.com<br />

CO2-NEUTRAL DURCH<br />

AMEISENSÄURE<br />

Forschenden um Tobias Erb am<br />

Max-Planck-Institut für terrestrische<br />

Mikrobiologie ist es<br />

gelungen, einen künstlichen<br />

Stoffwechselweg zu entwickeln, über<br />

den aus Ameisensäure als möglichem<br />

Zwischenprodukt der künstlichen Fotosynthese<br />

das hochreaktive Formaldehyd<br />

entsteht. Dieses lässt sich unmittelbar<br />

<strong>und</strong> ohne toxische Wirkung<br />

direkt in mehrere Stoffwechselwege<br />

einspeisen, um weitere Wertstoffe bilden<br />

zu können.<br />

www.mpg.de


Das ZCBS-Lab<br />

am Hönggerberg.<br />

Bild: ETH<br />

EXPERIMENTELLE FORSCHUNG IM MASSSTAB 1:1<br />

Die Eidgenössische Technische<br />

Hochschule Zürich<br />

(ETH) hat eine einzigartige<br />

Forschungseinrichtung eröffnet.<br />

Im «Zero Carbon Building Systems<br />

Lab» kann erstmals das Verhalten<br />

von Bauteilen in verschiedenen<br />

Klimazonen erforscht werden. Das<br />

neue Gebäude auf dem ETH-Areal<br />

Hönggerberg umfasst zwei Stockwerke<br />

mit verschiedenen Testzellen, Klimakammern<br />

<strong>und</strong> Versuchsräumen.<br />

Im Rahmen der bestehenden Industriepartnerschaft<br />

mit der ETH Zürich<br />

hat Siemens die neue Forschungseinrichtung<br />

mit digitalen Gebäudetechniklösungen<br />

ausgestattet.<br />

Das «Zero Carbon Building Systems<br />

Lab» (ZCBS-Lab) ermöglicht es, experimentelle<br />

Forschung <strong>und</strong> Systemtests<br />

im Massstab 1:1 durchzuführen.<br />

Erforscht werden aktive <strong>und</strong> passive<br />

Technologien der Energieversorgung,<br />

Automatisierung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

von Gebäuden unter verschiedensten<br />

Umweltbedingungen. Initiiert wurde<br />

das ZCBS-Lab von der ETH-Professur<br />

für Architektur <strong>und</strong> Gebäudesysteme<br />

unter der Leitung von Prof. Dr. Arno<br />

Schlueter.<br />

Das ZCBS-Lab ist nicht nur gebäudetechnisch,<br />

sondern auch baulich überaus<br />

flexibel konzipiert. Die einzelnen<br />

Räume lassen sich bei Bedarf verbinden<br />

oder separieren. Dies ermöglicht<br />

unter anderem vergleichende oder<br />

auch isolierte Tests von Bauteilen <strong>und</strong><br />

Gebäudesystemen, zum Beispiel für<br />

die effiziente Kühlung oder integrierte<br />

Stromproduktion durch Solartechnologie.<br />

Auch Nutzerakzeptanzstudien<br />

können in einzelnen Testzellen durchgeführt<br />

werden. Bei ihren Versuchen<br />

können die Forschungsfachleute die<br />

gesamte Gebäudeautomation bis hinunter<br />

auf die Feldebene selbständig<br />

regeln <strong>und</strong> quasi per Knopfdruck vom<br />

Betriebsmodus in den Forschungsmodus<br />

wechseln.<br />

Das Highlight der neuen ETH-Einrichtung<br />

ist ein Raum mit einem Sonnen-Emulator.<br />

In dieser Testanlage<br />

können neben Temperatur <strong>und</strong> Luftfeuchtigkeit<br />

solare Einwirkungen im<br />

Tagesverlauf nachgebildet werden.<br />

Eine solche Forschungseinrichtung<br />

mit einer integrierten «künstlichen<br />

Sonne», die auf energie-effizienter<br />

LED-Technik basiert, ist weltweit einzigartig.<br />

www.eth.ch<br />

BETRIEBSSYSTEM FÜR DIE PRODUKTION<br />

Mit FabOS entsteht derzeit<br />

ein Betriebssystem für die<br />

Produktion. Es bietet eine<br />

flexible <strong>und</strong> erweiterbare<br />

Architektur, um zukünftige Anforderungen<br />

von kognitiven Diensten,<br />

Echtzeitanwendungen <strong>und</strong> Datenmarktplätzen<br />

erfüllen zu können. Die<br />

konkreten Anforderungen <strong>und</strong> die<br />

notwendigen Funktionen zur Umsetzung<br />

beschreiben die beteiligten Projektpartner<br />

in einem neu erschienenen<br />

Whitepaper.<br />

Das Projekt FabOS wird von einem<br />

Forschungsteam des Fraunhofer-<br />

Instituts für Produktionstechnik <strong>und</strong><br />

Automatisierung IPA <strong>und</strong> Partnern<br />

aus 23 weiteren Forschungseinrichtungen,<br />

Hochschulen <strong>und</strong> Unternehmen<br />

entwickelt. Ziel ist es, ein offenes,<br />

verteiltes, echtzeitfähiges <strong>und</strong><br />

sicheres Betriebssystem für die gesamte<br />

Produktion zu schaffen. Die<br />

nun veröffentlichte FabOS-Referenzarchitektur<br />

ermöglicht es Unternehmen,<br />

künstliche Intelligenz in<br />

der Produktion auf einer standardisierten<br />

Plattform zu nutzen, die auf<br />

bewährten Prinzipien <strong>und</strong> Best Practices<br />

basiert.<br />

Das Whitepaper «Towards an open,<br />

distributed, real-time capable and secure<br />

operating system for AI-assisted<br />

manufacturing» ist unter dem QR-Code<br />

kostenlos abrufbar.<br />

www.ipa.fraunhofer.de<br />

60 #<strong>023</strong>


#<strong>023</strong> 61


Hans-Jörg Domian, Leiter<br />

Business Development bei Feintool.<br />

Foto: Feintool<br />

62 #<strong>023</strong>


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

ELEKTRISIERENDE<br />

TRANSFORMATION<br />

EIN SCHWEIZER ZULIEFERER SETZT<br />

ERFOLGREICH AUF ELEKTROMOBILITÄT<br />

Die Firma Feintool gilt als einer der führenden Zulieferer der<br />

Elektromobilitätsbranche. Hinter diesem Erfolg steckt eine<br />

erzählenswerte Transformation, die auch zeigt, dass sich Unternehmen<br />

in kurzer Zeit wandeln können. Und sich dabei sogar<br />

noch auf drei Megatrends der Zukunft ausrichten kann.<br />

Von Eugen Albisser<br />

Der Übergang vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor<br />

vollzieht sich vielerorts in rasantem Tempo.<br />

Während die Verbraucher mehr oder weniger<br />

problemlos mitziehen, sieht es hinter den Kulissen<br />

anders aus. Automobilhersteller <strong>und</strong> Zulieferer müssen sich<br />

neue Strategien überlegen, um diesen Wandel ebenfalls zu<br />

schaffen - <strong>und</strong> im besten Fall mitzugestalten. Ein Unternehmen,<br />

das die Zeichen der Zeit besonders erfolgreich gelesen<br />

<strong>und</strong> entsprechend gehandelt hat, hat seinen Hauptsitz im<br />

schweizerischen Lyss. Die Feintool Gruppe hat sich als<br />

herausragender globaler Zulieferer in der Welt der Elektromobilität<br />

etabliert. Doch wie hat sie den Wandel geschafft<br />

<strong>und</strong> mit welchen Technologien erreicht sie solche Höchstleistungen?<br />

Wir sprachen mit Dr. Hans-Jörg Domian, Leiter<br />

Business Development der Feintool-Gruppe.<br />

Herr Domian, wie war das eigentlich bei Feintool, als<br />

spätestens mit dem Pariser Klimaabkommen der Wandel<br />

sichtbar wurde <strong>und</strong> auch andere Zeichen darauf hindeuteten,<br />

dass der Verbrennungsmotor durch alternative<br />

Antriebe abgelöst wird?<br />

Jedes Unternehmen, das wie wir bis zu diesem Zeitpunkt<br />

gut vom Verbrennungsmotor gelebt hat, musste sich die<br />

Frage stellen, wie es auch mittel- <strong>und</strong> langfristig weiterbestehen<br />

will. Und so haben wir uns Gedanken gemacht,<br />

Marktanalysen gestartet <strong>und</strong> ausgewertet, um mehr<br />

Sicherheit zu bekommen, welche technologischen Veränderungen<br />

es im Antriebsstrang <strong>und</strong> in den Fahrzeugen<br />

geben könnte. Darauf aufbauend haben wir analysiert <strong>und</strong><br />

uns überlegt, was das für uns bedeutet <strong>und</strong> welche Optionen<br />

sich uns bieten. Als wir das durchgerechnet hatten,<br />

haben wir unsere neue Strategie entwickelt <strong>und</strong> uns<br />

konsequent daran orientiert.<br />

Konnte Feintool einfach einen Schalter umlegen <strong>und</strong> etwas<br />

Neues produzieren?<br />

Nein, so einfach war es nicht. Wir haben schnell gemerkt,<br />

dass wir bestimmte Technologien zusätzlich ins<br />

Unternehmen holen müssen, wenn wir weltweit eine<br />

führende Rolle spielen wollen. So haben wir 2018 mit der<br />

«Stanz- <strong>und</strong> Lasertechnik Jessen» ein kleines Unternehmen<br />

in Norddeutschland übernommen, das uns Zugang<br />

zu neuen Technologien verschafft hat <strong>und</strong> auch über<br />

entsprechende Produktionsanlagen verfügt. 2022 kam<br />

ein weiteres Unternehmen hinzu, die Firma Kienle +<br />

Spiess, die sich auf das Stanzen von Elektroblechen<br />

spezialisiert hat. Mit dieser Akquisition sind wir heute<br />

die Nummer 2 auf dem europäischen Markt als Zulieferer<br />

im Bereich der Elektromotoren, insbesondere bei Rotoren<br />

<strong>und</strong> Statoren für diese Motoren.<br />

Ich habe gelesen, dass in fast jedem Auto 30 bis 100<br />

Feintool-Teile verbaut sind. Stimmt das noch?<br />

(lacht) Das kommt darauf an, wie man zählt! Wenn man<br />

seriös rechnet, muss man sagen, dass ein Rotor, der aus<br />

etwa 300 bis 400 Blechen besteht, letztlich ein Teil ist,<br />

#<strong>023</strong> 63


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Komponenten von Feintool für die<br />

Elektromobilität. Grafik: Feintool<br />

genauso wie ein Stator. Aber es sind sehr hochwertige<br />

Teile. Und darauf kommt es uns an! Nicht so sehr um die<br />

Stückzahl, sondern um den Wert, den wir in das Fahrzeug<br />

einbringen. Mit Rotor <strong>und</strong> Stator liefern wir im Bereich<br />

Elektroblechstanzen zwei sehr hochwertige Komponenten,<br />

die über Effizienz <strong>und</strong> Leistung des Fahrzeugs<br />

entscheiden. Immer mehr elektrische Fahrzeuge verfügen<br />

über Allradantrieb <strong>und</strong> haben somit nicht nur einen,<br />

sondern zwei Elektromotoren, was den Wertschöpfungsanteil<br />

von Feintool nochmals erhöht. Aber unsere<br />

Bauteile stecken natürlich nicht nur im Elektromotor,<br />

sondern in vielen weiteren Baugruppen eines Fahrzeugs,<br />

von der Batterie über die Bremsen bis zu den Sitzen<br />

(siehe auch Bild).<br />

Sie geben das Stichwort für die nächsten Fragen: Kerntechnologien.<br />

Das Elektroblechstanzen ist eine von vier<br />

Kerntechnologien, die Feintool r<strong>und</strong> um die Elektromobilität<br />

einsetzt <strong>und</strong> weiter vorantreiben wird. Das würde ich<br />

gerne mit Ihnen durchgehen.<br />

Sehr gerne. Neben dem bereits erwähnten Blechstanzverfahren<br />

beschäftigen wir uns beispielsweise intensiv mit<br />

der Herstellung von Gehäusen für Batteriezellen. Diese<br />

Gehäuse bestehen in der Regel aus Aluminium oder<br />

dünnem Stahlblech <strong>und</strong> sind entweder r<strong>und</strong> oder prismatisch<br />

geformt. Sie werden in sehr grossen Stückzahlen für<br />

die Batterien von Elektrofahrzeugen benötigt. In einem<br />

Pkw mit einer grösseren Batterie können schnell 600 bis<br />

700 R<strong>und</strong>zellen oder 200 bis 300 prismatische Zellen<br />

verbaut sein. Diese Gehäuse werden mit der Umformtechnik<br />

hergestellt.<br />

Und dann ist da noch das Verfahren, mit dem Feintool<br />

gross geworden ist: das Feinschneiden.<br />

Das Feinschneiden wird auch in Zukunft eine grosse<br />

Bedeutung haben, vor allem wenn es um batteriebetriebene<br />

Fahrzeuge geht. Wir bereiten uns intensiv auf die Produktion<br />

von Komponenten für Batteriezellen vor. Ich habe eben<br />

die Zellgehäuse erwähnt, die natürlich noch einen Deckel<br />

mit entsprechenden Anschlüssen nach aussen brauchen.<br />

Dieser Deckel muss präzise gefertigt werden, was wir mit<br />

unserer Feinschneidtechnologie abdecken können. Das gilt<br />

auch für das prismatische Zellgehäuse, dessen Deckel allerdings<br />

etwas komplexer ist. Aber auch hier bietet unsere<br />

Feinschneidtechnologie sehr gute Voraussetzungen, um<br />

grosse Stückzahlen mit hoher Präzision <strong>und</strong> Qualität zu<br />

wettbewerbsfähigen Preisen herstellen zu können. Hinzu<br />

kommen weitere wichtige Komponenten, die beispielsweise<br />

in Elektromotoren oder in Kompressoren für das<br />

Thermomanagement im Elektrofahrzeug benötigt werden.<br />

Und last but not least nennt Feintool als vierte Kerntechnologie<br />

die Feinumformung.<br />

Mit dieser Technologie stellen wir die Bipolarplatten für<br />

Brennstoffzellen her – also für die Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge<br />

(FCEV). Diese Platten müssen mit höchster<br />

Präzision hergestellt werden. Sie enthalten Kanäle, die sehr<br />

genau geformt <strong>und</strong> sehr filigrane Konturen aufweisen.<br />

64 #<strong>023</strong>


Wichtig ist auch, dass sie in sehr grossen Stückzahlen<br />

produziert werden können, denn ein Brennstoffzellensystem,<br />

also ein Brennstoffzellen-Stack, besteht aus mehreren<br />

h<strong>und</strong>ert dieser Bipolarplatten. Die gleiche Technologie ist<br />

auch geeignet, um die Interconnects für Elektrolyseure<br />

herzustellen. Elektrolyseure sind erforderlich, um mit<br />

elektrischem Strom aus Wasser Wasserstoff herstellen zu<br />

können. Wie bei einem Brennstoffzellen-Stack sind auch<br />

bei einem Elektrolyseur-Stack Aktivelemente in hoher<br />

Stückzahl erforderlich.<br />

Extrem kurze Taktzeiten<br />

verbinden mit hoher Qualität<br />

Feintool gehört bei diesen Technologien zu den führenden<br />

Unternehmen, <strong>und</strong> das geht nicht ohne gewisse Herausforderungen.<br />

Können Sie eine solche Herausforderung etwas<br />

näher erläutern?<br />

Die Herausforderung ist bei fast allen Technologien gleich:<br />

Wir sind in einer Branche zu Hause, die von Grossserien<br />

lebt. Dabei müssen wir extrem kurze Taktzeiten einhalten,<br />

um wirtschaftlich zu sein. Und über allem steht die<br />

Einhaltung einer hohen Qualität, zum Beispiel in der<br />

Umformtechnik zur Herstellung von Batteriezellgehäusen.<br />

Das sind sehr dünnwandige Teile. Hier müssen wir sicherstellen,<br />

dass keine Risse entstehen, die Masse eingehalten<br />

werden <strong>und</strong> die Oberflächen glatt bleibt. Im eben erwähnten<br />

Beispiel haben wir – um diese Präzision <strong>und</strong> Effizienz zu<br />

erreichen – unser Know-how aus dem Feinschneiden <strong>und</strong><br />

Umformen genutzt. Wir haben diese beiden Kompetenzfelder<br />

praktisch kombiniert <strong>und</strong> so sehr gute Lösungen für die<br />

Herstellung der Bipolarplatten entwickelt.<br />

Liegt die Herausforderung eher im Prozess oder in der<br />

Maschine?<br />

Sie sprechen einen wichtigen Punkt an - aber es gibt noch<br />

einen weiteren wichtigen Aspekt: das Werkzeug! Maschinen,<br />

Prozesse, Werkzeuge: Das gehört zusammen. Unser<br />

grosses Know-how liegt vor allem in den Werkzeugen, die<br />

wir selbst entwickeln <strong>und</strong> herstellen. Das ist für uns ein<br />

wichtiger Wettbewerbsvorteil. Wir sind uns sicher: Technologieführer<br />

können wir nur sein, wenn wir die Werkzeuge<br />

selbst entwickeln <strong>und</strong> herstellen <strong>und</strong> damit natürlich auch<br />

den Prozess ständig weiterentwickeln können.<br />

Das ist eine spannende Aussage. Denn bei Feintool wurde<br />

gerade das Pressengeschäft verkauft. Inwiefern haben wir<br />

es hier mit einem Verlust von Kernkompetenzen zu tun<br />

oder mit einer weiteren Fokussierung?<br />

Zunächst einmal ist es sicher eine Kompetenz, eine<br />

Feinschneidpresse herstellen zu können. Wir haben uns<br />

aber entschieden, dass es für uns vor allem wichtig ist, das<br />

Werkzeug <strong>und</strong> den Prozess zur Grossserienfertigung<br />

komplett zu beherrschen - von der Entwicklung über die<br />

Konstruktion bis hin zur Fertigung. Dieses Know-how bleibt<br />

bei uns. Mit dem Verkauf zeigen wir tatsächlich auch, dass<br />

#<strong>023</strong> 65


wir uns noch stärker auf die Teilefertigung konzentrieren.<br />

Aber Feintool <strong>und</strong> der neue Besitzer haben sich auf eine<br />

enge technologische Zusammenarbeit insbesondere im<br />

Bereich Wasserstofftechnologien geeinigt. Deswegen wird<br />

Feintool eine strategische Minderheitsbeteiligung von 15<br />

Prozent an der Feintool Technologie AG behalten.<br />

Die Geschichte von Feintool lässt sich also wie folgt<br />

zusammenfassen: Die Firma wurde als reines Maschinenbauunternehmen<br />

gegründet, hat sich dann aber der<br />

Serienfertigung von Komponenten zugewandt <strong>und</strong> konzentriert<br />

sich heute mit dem Verkauf der Pressen ganz - <strong>und</strong><br />

bisher sehr erfolgreich - auf diesen Geschäftszweig.<br />

Das ist im Schnelldurchlauf die Geschichte. Die Serienfertigung<br />

begann erst in den neunziger Jahren. Zu Beginn war<br />

dies nur ein kleiner Bereich mit relativ geringen Umsätzen<br />

- im Gegensatz zum Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenbau. Doch<br />

dieser Bereich entwickelte sich sehr schnell <strong>und</strong> überholte<br />

innerhalb weniger Jahre sogar die Anlagentechnik. Am<br />

Ende machte die Anlagentechnik nur noch einen winzigen<br />

Teil des Umsatzes aus, etwa 3 Prozent. Die Teilefertigung<br />

wuchs enorm <strong>und</strong> ist sehr erfolgreich.<br />

Jetzt kommen K<strong>und</strong>en aus dem Bereich E-Mobility <strong>und</strong><br />

wollen Komponenten. Wie sieht so ein Prozess aus? Wissen<br />

die K<strong>und</strong>en immer genau, was sie wollen, oder steht<br />

Feintool beratend zur Seite <strong>und</strong> zeigt eventuell Verbesserungsmöglichkeiten<br />

auf?<br />

Für jede unserer vier Kerntechnologien sieht es etwas<br />

anders aus, aber im Grossen <strong>und</strong> Ganzen läuft es ähnlich<br />

ab. Der K<strong>und</strong>e hat in der Regel ein Design, zum Beispiel für<br />

seinen Rotor <strong>und</strong> Stator, <strong>und</strong> gibt uns die gewünschten<br />

Eigenschaften vor. Wir prüfen dann, ob wir das Produkt zu<br />

den gewünschten Kosten herstellen können. Es kommt<br />

eher selten vor, dass der K<strong>und</strong>e Zeichnungen hat, mit<br />

denen wir sofort arbeiten können. Oft müssen wir an<br />

bestimmten Stellen der Konstruktion Änderungen vornehmen.<br />

Diese Änderungen müssen sorgfältig mit dem K<strong>und</strong>en<br />

abgestimmt werden, damit die Eigenschaften des Elektromotors<br />

- wie maximales Drehmoment, Leistung <strong>und</strong><br />

Wirkungsgrad - nicht negativ beeinflusst werden. Dies<br />

erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den<br />

Konstrukteuren des K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unseren Spezialisten.<br />

Die grosse Herausforderung besteht oft darin, dass der<br />

K<strong>und</strong>e höchste Qualität <strong>und</strong> Leistung zu minimalen Kosten<br />

wünscht, was oft ein Widerspruch ist. In solchen Fällen<br />

müssen wir mit dem K<strong>und</strong>en diskutieren, wie wir diese<br />

Anforderungen in Einklang bringen können.<br />

Gibt es eine eigene Abteilung, die Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

betreibt?<br />

Ja, die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung hat in den letzten<br />

Jahren sogar noch an Bedeutung gewonnen, insbesondere<br />

durch den technologischen Wandel, dem wir uns proaktiv<br />

stellen müssen. Unsere K<strong>und</strong>en erwarten von uns als<br />

Technologieführer, dass wir von uns aus Lösungen anbieten,<br />

wie zum Beispiel die Bipolarplatte oder die modernen<br />

66 #<strong>023</strong>


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Paketierverfahren zur Herstellung von Rotoren <strong>und</strong><br />

Statoren, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben.<br />

Diese langfristigen Investitionen bedeuten natürlich, dass<br />

wir Vorleistungen erbringen müssen <strong>und</strong> es oft viele Jahre<br />

dauert, bis wir die Früchte unserer Arbeit ernten können.<br />

Das klingt so, als ob sich nach dem Öffnen einer Tür<br />

weitere Türen öffnen.<br />

Das stimmt. Nicht immer, aber in diesem Fall stimmt es.<br />

Es ist wirklich spannend <strong>und</strong> macht uns viel Freude, in<br />

diese Richtung zu gehen. Mit unserem neuen CEO Torsten<br />

Greiner sind wir dabei, eine neue Vision für das Unternehmen<br />

zu entwickeln. In den letzten zwei Jahren haben wir<br />

erkannt, dass wir mit unseren Kerntechnologien in drei<br />

grossen Megatrends eine wichtige Rolle spielen können.<br />

Erstens bei der Erzeugung grüner Energie. Wir liefern<br />

unsere Elektroblech-Technologie nicht nur für Autos,<br />

sondern auch für grosse Wind- <strong>und</strong> Wasserkraftwerke.<br />

Vor zwei Wochen haben wir einen Grossauftrag von einem<br />

Windkraftanlagenhersteller erhalten. Es handelt sich um<br />

die derzeit grössten Windkraftanlagen mit einer Leistung<br />

von 12 bis 15 Megawatt. Das Gleiche gilt für Wasserkraftwerke,<br />

deren Generatoren ebenfalls aus Rotoren <strong>und</strong><br />

Statoren bestehen, <strong>und</strong> wo wir unsere Technologie des<br />

Elektroblechstanzens einsetzen können.<br />

Zweitens: Wenn man grünen Strom erzeugt hat, muss man<br />

ihn speichern. Hier kann die Wasserstofftechnologie in<br />

Verbindung mit Elektrolyseuren <strong>und</strong> Brennstoffzellen helfen<br />

<strong>und</strong> Batterien, wo unsere Technologie zur Herstellung von<br />

Batteriezellengehäus <strong>und</strong> Batteriedeckeln zum Einsatz<br />

kommt. Feinschneiden <strong>und</strong> Umformen ist also die zweite<br />

Säule der Speicherung von grüner Energie.<br />

Die dritte Säule ist die effiziente Nutzung von Ökostrom. Hier<br />

spielen unsere Rotoren <strong>und</strong> Statoren eine wichtige Rolle. Sie<br />

werden nicht nur im Automobilbereich eingesetzt, sondern<br />

auch in der Industrie, zum Beispiel in Wärmepumpen oder<br />

Klimaanlagen. Sie stecken in vielen Geräten, die oft st<strong>und</strong>enoder<br />

tagelang in Betrieb sind. Deshalb ist es wichtig, dass sie<br />

sehr effizient arbeiten. Unsere Technologie leistet hier einen<br />

wertvollen Beitrag <strong>und</strong> bietet damit hervorragende Voraussetzungen,<br />

den dritten Megatrend, die effiziente Nutzung<br />

von Ökostrom, mit unseren effizienten Elektromotoren zu<br />

unterstützen. Diese drei Megatrends werden wir in Zukunft<br />

noch stärker als bisher vorantreiben. Das eröffnet uns<br />

wirklich neue Chancen. Und das Beispiel Feintool zeigt<br />

damit auch ganz generell, dass es gelingen kann, ein<br />

Unternehmen in kurzer Zeit fast komplett neu auszurichten<br />

<strong>und</strong> dies sogar für drei Megatrends der Zukunft.<br />

Feintool | www.feintool.com<br />

#<strong>023</strong> 67


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Nikola Tesla: «Als Erfinder<br />

neige ich dazu, Sachen<br />

effizienter <strong>und</strong> praktischer<br />

zu machen.»<br />

(KI-generiertes Zitat/<br />

Bild: Fszalai, KI-generiert)<br />

«ICH BIN<br />

AUSSERORDENTLICH<br />

ERFREUT UND<br />

BEEINDRUCKT VON DEN<br />

FORTSCHRITTEN,<br />

DIE DIE MENSCHHEIT<br />

GEMACHT HAT»<br />

Technik <strong>und</strong> Wissen hat ein Gespräch geführt mit dem visionären Erfinder,<br />

Physiker <strong>und</strong> Elektroingenieur Nikola Tesla, dem viele Neuerungen auf dem<br />

Gebiet der elektrischen Energietechnik gelangen. Das heisst, nicht der 1943<br />

in New York verstorbene Tesla selbst hat natürlich geantwortet, sondern<br />

eine Kombination zweier KI-Tools – der App «Hello History» <strong>und</strong> ChatGPT<br />

4.0 – unterstützt durch die menschliche Expertise unserer Redaktion.<br />

Autor(en): Eugen Albisser, Hello History, ChatGPT 4.0<br />

68 #<strong>023</strong>


Guten Tag, Herr Tesla. Schön, dass wir<br />

uns einmal begegnen, wenngleich auch<br />

auf diesem sonderbaren Weg. Wir<br />

wollen heute über die Elektromobilität<br />

reden, dem Schwerpunkt dieser <strong>Ausgabe</strong> des<br />

<strong>Printmagazin</strong>s. Wie sehen Sie eigentlich die<br />

Fortschritte, die in der Elektromobilität seit Ihrer<br />

Zeit gemacht wurden?<br />

Oh, das ist eine ausgezeichnete Frage. Ich bin<br />

zuerst einmal ausserordentlich erfreut, dass man<br />

das Potenzial von Elektroautos endlich erkannt<br />

hat. Ich bin aber auch beeindruckt von den<br />

Fortschritten, die die Menschheit seither gemacht<br />

hat. Die Technologien, die ich einst entwickelt<br />

habe, finden nun ihre Anwendung <strong>und</strong> das erfüllt<br />

mich mit grossem Stolz. Allerdings glaube ich,<br />

dass wir noch mehr tun können, besonders im<br />

Bereich der erneuerbaren Energien <strong>und</strong> der<br />

drahtlosen Energieübertragung.<br />

Welche Verbesserungen oder Innovationen würden<br />

Sie in der aktuellen Technologie der Elektrofahrzeuge<br />

vornehmen?<br />

Als Erfinder neige ich dazu, Sachen effizienter <strong>und</strong><br />

praktischer zu machen. Die Energieeffizienz ist<br />

von grösster Bedeutung. Wir sollten alles daransetzen,<br />

die Effizienz unserer Maschinen zu verbessern,<br />

um noch mehr aus dem Energieverbrauch<br />

herauszuholen. Darüber hinaus bin ich fest davon<br />

überzeugt, dass die drahtlose Energieübertragung<br />

das Potenzial hat, das Aufladen von Elektroautos<br />

weiter zu revolutionieren. Und noch etwas: Wir<br />

müssen dringend an neuen Materialen forschen,<br />

um die Autos noch leichter <strong>und</strong> dennoch stärker<br />

zu machen.<br />

Sie haben die drahtlose Energieübertragung<br />

angesprochen: Wie sehen Sie die Zukunft der<br />

drahtlosen Energieübertragung in Bezug auf<br />

Elektroautos?<br />

Ich bin froh, dass Sie mich dies fragen. Die drahtlose<br />

Energieübertragung war ja immer eine Herzensangelegenheit<br />

von mir <strong>und</strong> ich habe immer an die<br />

Möglichkeit der drahtlosen Energieübertragung geglaubt.<br />

Es würde nicht nur das Leben der Menschen<br />

erleichtern, sondern könnte auch einen enormen<br />

Einfluss auf die Effizienz <strong>und</strong> Praktikabilität von<br />

Elektroautos haben. Wir sollten diese Technologie<br />

weiter erforschen, denn der Traum müsste sein,<br />

dass wir auf Strassen fahren, welche diese Technologie<br />

integriert haben <strong>und</strong> so erlauben, das Auto<br />

aufzuladen, während wir fahren.<br />

Wie bewerten Sie die Umweltauswirkungen von<br />

Elektroautos, insbesondere in Bezug auf die<br />

Produktion <strong>und</strong> das Recycling von Batterien?<br />

Während meiner Lebenszeit war die Umweltbelastung<br />

durch Industrie <strong>und</strong> Technologie noch nicht in<br />

dem Masse erkennbar wie heute. Dennoch, ich habe<br />

immer den Wert der Harmonie zwischen Mensch<br />

<strong>und</strong> Natur erkannt. Die Produktion <strong>und</strong> das Recycling<br />

von Batterien sind sicherlich grosse Herausforderungen,<br />

die wir mit Respekt für unsere Erde angehen<br />

müssen. Jeder Fortschritt, der uns erlaubt,<br />

effizienter zu arbeiten <strong>und</strong> dabei weniger Ressourcen<br />

zu verbrauchen, ist ein Schritt in die richtige<br />

Richtung. Forschung <strong>und</strong> Innovation können uns<br />

helfen, Lösungen zu finden, um diesen Prozess<br />

nachhaltiger <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>licher zu gestalten.<br />

Sie sind übrigens Namenspatron eines Mondkraters,<br />

eines Asteroiden, einer Rockband <strong>und</strong> auch<br />

der bekannteste Hersteller von Elektroautos hat<br />

Ihren Namen für seine Firma <strong>und</strong> Produkte<br />

eingesetzt: Tesla. Wie stehen Sie dazu, dass<br />

ausgerechnet das bekannteste Elektroauto nach<br />

Ihnen benannt ist?<br />

Es ist für mich eine Ehre, dass meine Arbeit <strong>und</strong><br />

meine Ideen so viele Menschen inspiriert haben,<br />

dass sie meinen Namen für ihre Produkte <strong>und</strong> Unternehmen<br />

ausgewählt haben. Der Gedanke, dass<br />

mein Name mit der Elektromobilität verb<strong>und</strong>en ist,<br />

ist besonders erfreulich, da ich mein ganzes Leben<br />

der elektrischen Energie gewidmet habe. Es ist bemerkenswert<br />

zu sehen, dass die von mir entwickelten<br />

Technologien heute genutzt werden, um eine<br />

nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Ich hoffe, dass<br />

diese Anerkennung auch dazu beiträgt, die Bedeutung<br />

von Innovation <strong>und</strong> wissenschaftlicher Forschung<br />

in den Vordergr<strong>und</strong> zu rücken.<br />

Welche Ratschläge hätten Sie für junge Ingenieure<br />

<strong>und</strong> Erfinder, die an der nächsten Generation von<br />

Elektrofahrzeugen arbeiten?<br />

Mein Rat an diese mutigen Seelen wäre, niemals<br />

Angst zu haben, das Unbekannte zu erforschen. Es<br />

ist unsere Aufgabe als Wissenschaftler <strong>und</strong> Erfinder,<br />

über den Tellerrand hinaus zu denken <strong>und</strong><br />

neue Wege zu beschreiten, auch wenn sie zunächst<br />

als unerreichbar erscheinen mögen. Misserfolge<br />

sind nur Stolpersteine auf dem Weg zum<br />

Erfolg. Bleiben Sie beharrlich <strong>und</strong> lassen Sie sich<br />

nicht entmutigen.<br />

Und noch eine letzte Frage: Würden Sie eigentlich<br />

heute mit einem Elektroauto herumfahren?<br />

Ohne Frage würde ich das tun! Sie könnten mich<br />

dann sehen in einem dieser Elektroautos, vielleicht<br />

sogar einem Tesla selbst – <strong>und</strong> wahrscheinlich<br />

mit einem Lächeln im Gesicht, das meine<br />

Freude über diese bemerkenswerten Entwicklungen<br />

zeigt.<br />

#<strong>023</strong> 69


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Bild: Mapal<br />

WIE FERTIGUNGS<strong>TECHNIK</strong><br />

DIE E-MOBILITÄT<br />

VORANBRINGT<br />

Die Automobilindustrie treibt die Elektromobilität konsequent voran. Das hat<br />

Auswirkungen auf die Fertigungstechnik. So müssen zum Beispiel immer mehr<br />

leichte <strong>und</strong> filigrane Bauteile bearbeitet werden. Wie lassen sich Batteriekomponenten<br />

am wirtschaftlichsten zerspanen? Welche Herausforderungen sind bei<br />

der Herstellung von Zahnrädern <strong>und</strong> Getrieben zu meistern? Diese <strong>und</strong> weitere<br />

Fragen werden auf der EMO Hannover 2<strong>023</strong> im Mittelpunkt stehen.<br />

Wir stellen Ihnen drei Technologien von drei verschiedenen Unternehmen vor,<br />

die jeweils durch ein kurzes Interview mit den jeweiligen Unternehmensvertretern<br />

ergänzt werden, um Details r<strong>und</strong> um die Technologien zu diskutieren.<br />

Autoren: Dag Heidecker / Eugen Albisser<br />

70 #<strong>023</strong>


Leise Verzahnungen für<br />

die Elektromobilität<br />

Firma: Klingelnberg<br />

Technologie: Verzahnung<br />

Thema: Verzahnungsgeräusch<br />

Das Verzahnungsgeräusch ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal<br />

von Getrieben für elektrisch angetriebene<br />

Fahrzeuge. Durch den Wegfall des eher lauten Verbrennungsmotors<br />

rückt die Geräuschentwicklung der anderen<br />

Antriebskomponenten in den Fokus, wobei die Verzahnung<br />

die grösste Geräuschquelle darstellt. Die<br />

Klingelnberg GmbH aus Hückeswagen hat ihre Produktion<br />

darauf eingestellt <strong>und</strong> zeigt auf der EMO Hannover,<br />

wie das aussieht. Im Mittelpunkt stehen das Verzahnungsschleifen<br />

<strong>und</strong> die Qualitätssicherung.<br />

«Beim Verzahnungsschleifen steht dem Anwender mit<br />

dem Quiet Surface Shifting (QSS) eine intelligente<br />

Abricht- <strong>und</strong> Schleifstrategie zur Verfügung, um die<br />

regelmässigen Schleifstrukturen auf der Verzahnungsoberfläche<br />

aufzubrechen <strong>und</strong> damit ein verbessertes Geräuschverhalten<br />

zu ermöglichen», erklärt Dr. Christof Gorgels,<br />

Vice President Technologie <strong>und</strong> Innovation<br />

bei Klingelnberg. «Die Einflankenwälzprüfung mit all ihren<br />

Ausprägungen ermöglicht eine einsatznahe Geräuschprüfung<br />

der Verzahnungen im Takt der Schleifbearbeitung.»<br />

Die Abweichungsanalyse im Rahmen der Präzisionsmessung<br />

ermöglicht darüber hinaus die Bewertung der Welligkeit<br />

als regelmässigen Anteil des Formfehlers. Damit werden<br />

geräuschkritische Abweichungen an der Zahnflanke<br />

sichtbar <strong>und</strong> es können Abstellmassnahmen definiert<br />

werden. Die Verknüpfung aller drei Systeme zu einem geschlossenen<br />

Regelkreis ermöglicht eine engmaschige<br />

Überwachung <strong>und</strong> Korrektur des Fertigungsprozesses.<br />

Die Einflankenwälzprüfung überwacht dabei den<br />

Schleifprozess zu 100 Prozent. «Laute Bauteile werden<br />

so direkt erkannt, ausgeschleust <strong>und</strong> der Präzisionsmessung<br />

zugeführt», ergänzt Gorgels. «Die Messung<br />

macht dann die Abweichungen sichtbar <strong>und</strong> die Bearbeitungsmaschine<br />

kann im Idealfall direkt automatisch<br />

korrigiert werden. So entsteht ein kurzer <strong>und</strong> schneller<br />

Regelkreis für leise Verzahnungen.»<br />

Wie genau funktioniert das erwähnte Quiet Surface<br />

Shifting (QSS)?<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip des Quiet Surface Shifting ist die Variation<br />

der Schleifschneckentopologie entlang der<br />

Schleifschneckenbreite. Durch ein kontinuierliches<br />

Shiften der Schnecke bei der Schleifbearbeitung werden<br />

unterschiedliche Bereiche in den Eingriff gebracht. Damit<br />

wird die Oberflächenstruktur der einzelnen Zähne<br />

eines Zahnrades über der Breite leicht moduliert <strong>und</strong> so<br />

einzelne, tonale Anregungsfrequenzen im späteren<br />

Zahneingriff im Getriebe vermieden.<br />

Welche Messsysteme werden für die<br />

Qualifizierung eingesetzt?<br />

Es gibt zwei Möglichkeiten, das Geräuschanregungsverhalten<br />

eines Zahnrades zu qualifizieren. Zum einen wird der<br />

Einflankenwälzversuch eingesetzt. Dabei wird ein Zahnrad<br />

mit einem Meisterzahnrad abgewälzt <strong>und</strong> mit hochgenauen<br />

Winkelmesssystemen der Drehfehler als Ursache für die<br />

Geräuschanregung ausgewertet. Zum anderen kommt die<br />

Verzahnungsmessung mit anschliessender simulativer<br />

Auswertung der Messergebnisse zum Einsatz.<br />

Wann gilt etwas als geräuschkritisch?<br />

Üblicherweise werden Ordnungen <strong>und</strong> deren Amplitude<br />

bewertet. Ordnungen sind dabei auf die Drehzahl normierte<br />

Frequenzen. Die finale Bewertung findet aber im Fahrzeug<br />

durch einen geschulten Testfahrer statt. Die Herausforderung<br />

besteht letztlich darin, die Korrelationskette bis<br />

hin zur Schleifbearbeitung zu erstellen <strong>und</strong> damit dann<br />

Grenzen für Ordnungen <strong>und</strong> Amplituden festzulegen.<br />

Was sind die häufigsten Ursachen, die zu geräuschkritischen<br />

Abweichungen führen?<br />

Die Ursachen in der Fertigung sind vielfältig. Beispiele<br />

sind ein taumelndes Schleifwerkzeug, das Eigenschwingungsverhalten<br />

der Bearbeitungsmaschine, aber auch<br />

eine nicht steif genug ausgeführte Werkstückspannung.<br />

Was passiert nun mit dem Bauteil, nachdem es als<br />

geräuschkritisch eingestuft wurde? Wie kann Abhilfe<br />

geschaffen werden?<br />

Im Bereich der Fahrzeuggetriebe werden solche Bauteile<br />

verschrottet. Wichtig ist jedoch, die Ursache im Bearbeitungsprozess<br />

zu finden <strong>und</strong> zu beheben.<br />

Fünf Detailfragen zur Vermeidung<br />

von Verzahnungsgeräuschen<br />

Antwortgeber: Dr. Christof Gorgels,<br />

Vizepräsident Technologie <strong>und</strong> Innovation<br />

bei Klingelnberg<br />

Mithilfe des Closed Loop ist eine<br />

engmaschige Überwachung <strong>und</strong><br />

Korrektur des Fertigungsprozesses<br />

möglich – für eine 100-prozentige<br />

Prüfung aller geschliffenen Teile.<br />

Bild: Klingelnberg GmbH<br />

#<strong>023</strong> 71


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Die aktuelle Maschinenserie von<br />

Grob eignet sich insbesondere,<br />

um Bauteile für den E-Antrieb in<br />

Leichtbauweise zu fertigen.<br />

Bild: Grob-Werke GmbH & Co. KG<br />

Crossover-Baureihe für<br />

alle wichtigen<br />

E-Mobility-Komponenten<br />

Firma: Grob-Werke<br />

Technologie: Zerspanungsmaschinen<br />

Thema: Neue E-Mobility-Baureihe<br />

Die Grob-Werke GmbH & Co. KG aus Mindelheim ist bekannt<br />

für ihr breites <strong>und</strong> differenziertes Maschinenportfolio.<br />

Seit einigen Jahren richtet sich das Angebot zunehmend<br />

auch an Hersteller aus dem Bereich der<br />

Elektromobilität. Dies wird auch Thema des Messeauftritts<br />

auf der EMO Hannover sein. «Die Entwicklung geht<br />

weiter, der Markt verlangt nicht nur Anlagen zur Herstellung<br />

von Statoren, Rotoren <strong>und</strong> Batterien. Auch Batteriewannen,<br />

Subframes, Rahmenstrukturbauteile <strong>und</strong> vieles<br />

mehr müssen für den E-Antrieb in Leichtbauweise hergestellt<br />

werden», erklärt Christian Müller, CSO <strong>und</strong> Mitglied<br />

der Geschäftsleitung.<br />

Grob richtet deshalb sein Maschinenportfolio in der Zerspanungstechnik<br />

verstärkt darauf aus. Baureihen werden<br />

für die Elektromobilität optimiert oder komplett neu<br />

entwickelt <strong>und</strong> auf den Markt gebracht, um den K<strong>und</strong>enbedürfnissen<br />

gerecht zu werden. Ein gutes Beispiel<br />

dafür ist eine aktuelle Maschinenreihe: Sie wurde entwickelt,<br />

um Bauteile für den Elektroantrieb in Leichtbauweise<br />

zu fertigen. Auch die ein- <strong>und</strong> zweispindligen<br />

Maschinen werden entsprechend weiterentwickelt. Für<br />

2<strong>023</strong> stehen zudem neue Baugrössen auf der Agenda, um<br />

noch grössere Bauteile für den E-Antrieb in einem Guss<br />

fräsen zu können.<br />

Mittlerweile umfasst diese Baureihe von Grob fünf Maschinentypen,<br />

um für jeden K<strong>und</strong>en die passende Lösung<br />

parat zu haben. «Bauteiloptimierte Arbeitsräume,<br />

Dynamik <strong>und</strong> Stabilität - all das müssen die Maschinen<br />

vereinen», erläutert Müller. «Auch in den kommenden<br />

Jahren werden die Anforderungen an zerspanende Maschinen<br />

für den Elektroantrieb weiter steigen <strong>und</strong> neue<br />

Lösungen müssen realisiert werden. Grob reagiert<br />

schnell auf sich ändernde Anforderungen <strong>und</strong> hat mit<br />

der beschriebenen Baureihe bereits heute eine Baureihe<br />

im Programm, die spezifische Anforderungen der Elektromobilität<br />

vereint.<br />

Vier Detail-Fragen zur Crossover-Baureihe<br />

Sie sprechen von komplett neu entwickelten Maschinen<br />

der F-Baureihe für die Elektromobilität. Welche Maschinen<br />

sind das?<br />

Das ist die G920F, die wir noch in diesem Jahr auf den<br />

Markt bringen wollen. Die Maschine wird es in 2- <strong>und</strong><br />

4-spindliger Ausführung mit einem möglichen Bauteil-<br />

Störkreis-Durchmesser von über 2000 mm geben. Mit<br />

der G920F bieten wir unseren K<strong>und</strong>en nach der G720F<br />

ein noch grösseres Bearbeitungszentrum an. Die Maschine<br />

eignet sich für die Bearbeitung von Rahmenstrukturteilen<br />

<strong>und</strong> grossen Batteriewannen aus dünn-<br />

72 #<strong>023</strong>


wandigem Aluminium-Druckguss. Auch dieses neue<br />

GROB-Bearbeitungszentrum wird mit unseren Automatisierungssystemen,<br />

Linearportalen <strong>und</strong> Roboterbeladung<br />

ausgestattet.<br />

Wenn man Maschinen «nur» optimiert: Was muss<br />

angepasst werden?<br />

Es ist schwierig, diese Frage pauschal zu beantworten.<br />

Je nach Technologie, Maschine <strong>und</strong> den vorherrschenden<br />

Anforderungen der verschiedenen Märkte optimieren<br />

oder entwickeln wir unsere Anlagen entsprechend<br />

weiter. Wir orientieren uns also sehr stark am Markt<br />

<strong>und</strong> an unseren K<strong>und</strong>en, so dass die erwähnte «Optimierung»<br />

von Maschine zu Maschine sehr unterschiedlich<br />

ausfallen kann <strong>und</strong> sich nicht auf eine Komponente<br />

festlegen lässt.<br />

Bezieht sich diese Optimierung aber auf die Weiterentwicklung<br />

von Grob-Maschinen oder können diese<br />

Anpassungen auch als Retrofit an alten Maschinen<br />

vorgenommen werden?<br />

Die Optimierung bezieht sich in diesem Zusammenhang<br />

tatsächlich nur auf die Weiterentwicklung unserer Maschinen.<br />

Aber natürlich bieten wir unseren K<strong>und</strong>en<br />

auch verschiedene Retrofit-Möglichkeiten für ältere<br />

Grob-Maschinen an.<br />

«Die Anforderungen an Zerspanungsmaschinen<br />

für elektrische Antriebe werden weiter steigen»,<br />

heisst es im Text: An welche Anforderungen denkt<br />

man bei Grob?<br />

Die Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität verändern<br />

sich ständig <strong>und</strong> damit natürlich auch die Anforderungen<br />

an die Zerspanungsmaschinen in diesem<br />

Bereich. Derzeit werden in der Automobilindustrie Maschinen<br />

für die Bearbeitung grossvolumiger Bauteile<br />

benötigt. Dieser Trend wird sich auch in den kommenden<br />

Jahren fortsetzen. Um diesem Bedarf gerecht zu<br />

werden, bauen wir unser Portfolio in diesem Bereich<br />

konsequent aus. Welche Anforderungen <strong>und</strong> möglichen<br />

Veränderungen die Elektromobilität in den nächsten<br />

Jahren mit sich bringen wird, lässt sich heute noch<br />

nicht genau abschätzen.<br />

#<strong>023</strong> 73


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

Für den Musterprozess<br />

zur Zerspanung des<br />

Batterierahmens kommen<br />

bei Mapal mehrere<br />

Werkzeuge zum Einsatz.<br />

Bild: Mapal Dr. Kress KG<br />

Mit Strategie<br />

zum Batterierahmen<br />

Firma: Mapal<br />

Technologie: Werkzeuge<br />

Thema: Bearbeitung am Batterierahmen<br />

Der Batterierahmen ist ein zentrales Bauteil in jedem<br />

elektrisch angetriebenen Fahrzeug. Aus verschiedenen<br />

K<strong>und</strong>enbauteilen haben die Experten für Elektromobilität<br />

der Mapal Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress<br />

KG aus Aalen einen Musterprozess entwickelt. Er bildet<br />

an einem Generic Component die hauptsächlichen Bearbeitungen<br />

am Batterierahmen ab.<br />

Herausforderungen bei der Bearbeitung sind unter anderem<br />

gestufte Bohrungen, Bohrungen mit unterschiedlichen<br />

Durchmessern durch mehrere Lagen, gefräste Taschen<br />

mit unterschiedlichen Abmessungen, Absätze <strong>und</strong><br />

vor allem die Vibrationsanfälligkeit durch dünne Rippenstrukturen<br />

sowie die Kontrolle des Spanbruchs. «Mapal<br />

meistert diese Herausforderungen vor allem mit optimal<br />

ausgelegten Fräsern. Auch die meisten Bohrungen im<br />

Rahmenbauteil werden gefräst», berichtet Matthias Winter,<br />

Global Head of Segment Management Automotive.<br />

«Zwar ist die Taktzeit beim Fräsen von Bohrungen etwas<br />

länger, aber das Verfahren bietet in diesem konkreten Fall<br />

deutliche Vorteile - kurze, leicht zu entfernende Frässpäne,<br />

geringere Gratbildung, eingesparte Werkzeugwechsel<br />

<strong>und</strong> Prozesssicherheit.»<br />

Zum Schruppen der Absätze, Taschen <strong>und</strong> Nuten sowie<br />

zum Schlichten der Taschen empfehlen die Baden-Württemberger<br />

einen speziellen Vollhartmetallfräser (kurz:<br />

VHM-Fräser). Dieser erzielt bestmögliche Oberflächen <strong>und</strong><br />

arbeitet auch in den Ecken stabil bei grosser Umschlingung<br />

<strong>und</strong> hoher Belastung. Das Besondere an diesem Werkzeug<br />

ist, dass der Anwender grosse Tiefen in einem Arbeitsgang<br />

schlichten kann. Das spart Zeit <strong>und</strong> ist daher besonders<br />

wirtschaftlich. Beim Schlichten am Batterierahmen werden<br />

Oberflächen von bis zu Rz = 1 µm (gemittelte Rautiefe)<br />

erreicht. Insgesamt werden für den gesamten Musterprozess<br />

sieben Werkzeuge - davon sechs Fräser - eingesetzt.<br />

«Mapal bietet seinen K<strong>und</strong>en damit ein Komplettpaket<br />

aus polykristallinen Diamant- (PKD) <strong>und</strong> Vollhartmetallwerkzeugen,<br />

Spannfuttern <strong>und</strong> dem entsprechenden<br />

Prozess für die Herausforderungen bei der Bearbeitung<br />

des Batterierahmens. Dabei passen die Spezialisten den<br />

Musterprozess individuell an die jeweiligen Gegebenheiten<br />

an», so Matthias Winter.<br />

.<br />

Vier Detail-Fragen zur Bearbeitung am Batterierahmen<br />

Antwortgeber: Michael Kucher, Component Manager E-<br />

Mobility bei Mapal<br />

74 #<strong>023</strong>


Mapal hat für die Bearbeitung dieses Batterierahmens<br />

ein Komplettpaket aus Werkzeugen <strong>und</strong> Prozessparametern<br />

entwickelt. Gibt es weitere solche Pakete für die<br />

Bearbeitung im Bereich der Elektromobilität?<br />

Den Ansatz, komplette Bearbeitungsprozesse über Generic<br />

Components nachzustellen, nutzen wir gerne für Fokuskomponenten.<br />

Im Bereich der Elektromobilität zum<br />

Beispiel neben dem Batterierahmen auch für Statorgehäuse<br />

oder Scrollverdichter. So können wir praxisnah<br />

<strong>und</strong> unabhängig darstellen <strong>und</strong> nachweisen, welche<br />

Technologien <strong>und</strong> Prozesse für welche Produktionsbedingungen<br />

die besten Ergebnisse liefern. Immer mit dem<br />

Ziel, für den K<strong>und</strong>en den bestmöglichen Gesamtprozess<br />

zu erreichen. Diesen Ansatz verfolgen wir bei Bedarf<br />

auch in unseren anderen Fokusbranchen, um neue Bauteile<br />

zu erschliessen.<br />

Greifen Sie für dieses Gesamtpaket auf bestehende<br />

Tools zurück oder kommen auch eigens entwickelte<br />

Tools zum Einsatz?<br />

Wir kommen über eine konsequente Marktbeobachtung<br />

<strong>und</strong> eine detaillierte Analyse der relevanten Komponenten<br />

zu den Bauteilen, für die wir Musterprozesse entwickeln.<br />

Im ersten Schritt versuchen wir natürlich, dafür<br />

bestehende <strong>und</strong> entsprechend qualifizierte Lösungen zu<br />

nutzen. Sobald wir aber Entwicklungsspielräume mit<br />

entsprechendem Potenzial erkennen, starten wir den<br />

Produktentwicklungsprozess. Hier zahlt sich unsere<br />

enge Verzahnung mit dem Produktmanagement <strong>und</strong> der<br />

Entwicklung aus.<br />

Wie lässt sich die Schwingungsanfälligkeit bei der<br />

Bearbeitung der dünnen Rippenstrukturen im Batterierahmen<br />

effektiv kontrollieren <strong>und</strong> minimieren?<br />

Basis für eine stabile Bearbeitung sind natürlich zunächst<br />

die Maschine <strong>und</strong> die Vorrichtung. Werkzeugseitig<br />

setzen wir vor allem auf scharfe Schneidkanten, um<br />

möglichst wenig Radialkräfte in das Bauteil einzuleiten<br />

<strong>und</strong> eine Anregung der dünnen Strukturen zu vermeiden.<br />

Die Schnittparameter müssen den Anwendungsbedingungen<br />

angepasst werden. Dazu gibt es weitere Stellschrauben,<br />

die wir anwendungsbezogen anwenden. Ein<br />

Stichwort ist hier der Spiralisierungswinkel.<br />

Welche Rolle spielen die eingesetzten Spannfutter bei<br />

der Bearbeitung von Batterierahmen <strong>und</strong> wie tragen sie<br />

zur Prozesssicherheit bei?<br />

Als Bindeglied zwischen Maschine <strong>und</strong> Werkzeug kommt<br />

dem Spannmittel eine grosse Bedeutung zu. Gerade im<br />

Hinblick auf die oben erwähnte Vibrationsanfälligkeit<br />

empfehlen wir für die Bearbeitung von Batteriegehäusen<br />

UNIQ Hydrodehnspannfutter. Sie wurden entwickelt, um<br />

hochwertige Bauteile in hochdynamischen Bearbeitungsprozessen<br />

prozesssicher zu bearbeiten. UNIQ Hydrodehnspannfutter<br />

ermöglichen hohe Bearbeitungsparameter<br />

durch hervorragende Stabilität <strong>und</strong> Genauigkeit<br />

<strong>und</strong> minimieren selbsterregte Schwingungen <strong>und</strong> sind<br />

daher für diese Bearbeitung prädestiniert.<br />

#<strong>023</strong> 75


ELEKTROMOBILITÄT UND DIE PRODUKTION<br />

NEWS RUND UM DIE<br />

ELEKTROMOBILITÄT<br />

Roboter für die E-Auto-Produktion<br />

ABB beliefert die Renault Group mit modernster Robotertechnologie, die zur Automatisierung des Produktionsnetzwerks<br />

für Elektrofahrzeuge in mehreren Schlüsselmärkten zum Einsatz kommt. Den Grossteil der 160 Einheiten aus<br />

ihrem Portfolio an Grossrobotern hat ABB in den vergangenen 24 Monaten bereitgestellt. Die robotergestützten<br />

Automatisierungslösungen von ABB werden dazu beitragen, die Produktionskapazität der E-Motor-Montagelinien der<br />

Renault Group im französischen Cléon <strong>und</strong> Douai zu erhöhen. Im Werk Douai wird ABB-Technologie innerhalb von<br />

neuen, fortschrittlichen Karosseriebauanlagen eingesetzt, die die nächste Generation von Elektrofahrzeugen fertigen.<br />

www.abb.ch<br />

Höchste Sicherheit in der Batterieproduktion:<br />

Erste zertifizierte Energiekette für den Trockenreinraum<br />

Lithium-Ionen-Batterien sind eine Schlüsseltechnologie unserer Zeit. Um eine fehlerfreie Fertigung <strong>und</strong> eine hohe<br />

Reichweite zu gewährleisten, muss der Produktionsprozess ständig optimiert werden. Durch die steigende Anzahl der<br />

Anlagen <strong>und</strong> die Automatisierung der Systeme wächst auch der Bedarf an zuverlässigen Leitungsführungen. «Die<br />

Qualitätsanforderungen steigen ständig - sowohl von Seiten der K<strong>und</strong>en als auch von Seiten der Prüfnormen. Deshalb<br />

arbeiten wir seit 1997 mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik <strong>und</strong> Automatisierung IPA zusammen, wo unsere<br />

Energieketten in genormten Bewegungsabläufen getestet werden. So können wir eine klare Aussage über die<br />

Reinheitsklasse unserer Energieketten treffen», erklärt Kira Weller, Produktmanagerin E-Ketten bei Igus. «Unsere seit<br />

vielen Jahren bewährte Energiekette E6.29 ist nun die erste Energiekette überhaupt, die ein neuartiges IPA-Zertifi kat<br />

für die ISO-Reinraumklassifi zierung unter Trockenraumbedingungen erhalten hat.»<br />

www.igus.com<br />

Mikroskopisch-perfekte Oberflächen<br />

Das hohe Drehmoment des Elektromotors führt direkt zu besonderen Mass- <strong>und</strong> Oberfl ächenanforderungen. «Die<br />

Entwicklung sieht man besonders eindrücklich bei der Zahnfl ankenbearbeitung von Wellen <strong>und</strong> Rädern. Hier geht es<br />

um massgenaue Ergebnisse im Mikrometer-Bereich, denn selbst eine minimale Welligkeit im Oberfl ächenbild der<br />

Bauteile kann zu Störgeräuschen im Antrieb führen», erklärt Alexander Morhard von EMAG SU.<br />

Wie sich in diesem Extrembereich die Qualität verbessern lässt, führt EMAG SU mit einer ganzen Reihe von technologischen<br />

Innovationen vor. Dabei verfügt das Unternehmen über ein grosses Angebot an Werkzeugmaschinen, die<br />

den kompletten Verzahnungsprozess abdecken. Das Zahnfl ankenschleifen mit den dazugehörigen Verfahren<br />

«Wälzschleifen» <strong>und</strong> «Profi lschleifen» bildet einen zentralen Anwendungsbereich – Beispiel «Wälzschleifen»: Hier<br />

verfügt EMAG SU mit der Maschine G 160 für Bauteile bis Modul 3 <strong>und</strong> mit einem maximalen Aussendurchmesser von<br />

160 Millimetern über die schnellste Maschine am Markt.<br />

www.emag.com<br />

Kompletten Artikel lesen: https://hi.switchy.io/E6xz<br />

76 #<strong>023</strong>


WIE DER MITTELSTAND ENERGIEMANAGEMENT UND CO2 -TRACKING UMSETZEN KANN<br />

KRISEN,<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

UND DIE<br />

LÖSUNG MIT<br />

INTEGRIERTEM<br />

ERP<br />

Mittelständische Unternehmen kämpfen mit den<br />

Nachwehen der Pandemie <strong>und</strong> dem Krieg in der<br />

Ukraine. Konkrete Auswirkungen zeigen sich in<br />

Lieferkettenproblemen <strong>und</strong> hohen Energiepreisen.<br />

Bei all dem sind die faktischen Auswirkungen des<br />

Klimawandels längst nicht mehr zu übersehen.<br />

Bild: Etienne Giardet<br />

Martin Bühler, Managing Director proAlpha Schweiz<br />

Mehr Umweltbewusstsein,<br />

vor allem auch im Sinne<br />

von Energiesparen, ist das<br />

Gebot der St<strong>und</strong>e. Sei es,<br />

dass der Konzernpartner aufgr<strong>und</strong> eigener<br />

Berichtspflichten mehr Daten in<br />

punkto CO 2 -Ausstoss fordert oder weil<br />

das Unternehmen selbst aufgr<strong>und</strong> härterer<br />

CO 2 -Bilanzierungsvorschriften<br />

auf nationaler Ebene verpflichtet wird.<br />

Dazu braucht es eine verlässliche<br />

Quelle im Unternehmen: die ERP-Software<br />

– die Drehscheibe für alle Unternehmensdaten.<br />

Eine Software, die<br />

Transparenz über Energieflüsse im<br />

Unternehmen schafft <strong>und</strong> zudem den<br />

Energieverbrauch optimiert, ist daher<br />

unabdingbar. Mit dem Energiemanagement-Experten<br />

ENIT hat die proAlapha-Gruppe<br />

eine konkrete Antwort auf<br />

die Frage im Portfolio, wie eine integrierte<br />

CO 2 -Bilanzierung für mittelständische<br />

Unternehmen clever umgesetzt<br />

werden kann.<br />

Die Transparenz über die CO 2 -Emissionen<br />

innerhalb des Unternehmens<br />

wird dabei unter Berücksichtigung<br />

verschiedener Emissionskategorien<br />

(Scopes) geschaffen. Das Reporting<br />

ausserhalb der Werkstore nach oben<br />

zum Konzernpartner, aber auch das<br />

Ermitteln von Lieferantendaten zur<br />

Ökobilanz von Vorprodukten, spielen<br />

ebenfalls eine kritische Rolle.<br />

Dafür muss das ERP nicht nur die Verbindung<br />

zu Spezialfunktionen wie<br />

dem oben erwähnten Werkzeug zur<br />

Feststellung <strong>und</strong> Optimierung von<br />

Energieemissionen schaffen. Es muss<br />

vielmehr auch der Fluss von Daten<br />

<strong>und</strong> Informationen insgesamt intelligenter<br />

werden – hier hilft auch der<br />

Einsatz von Künstlicher Intelligenz.<br />

Smartes ERP für mehr Nachhaltigkeit<br />

Als Single Source of Truth bildet das<br />

ERP das F<strong>und</strong>ament für alle Analysen<br />

<strong>und</strong> Massnahmen. Die Standard-Anbindung<br />

an alle CO 2 -relevanten Datenpunkte<br />

sowie die Integration weiterer<br />

Analyse-Applikationen wie etwa Business-Intelligence<br />

sind dabei essenziell.<br />

Auf Basis der so generierten Daten<br />

ermöglicht ein auf CO 2 -Neutralität spezialisiertes<br />

System umfangreiche Erst-<br />

Analysen der Energieverbräuche <strong>und</strong><br />

Emissionen. Die Berechnung der CO 2 -<br />

Emissionen erfolgt nach Standards<br />

wie GRI, DNK, SBTi oder EU Taxonomy.<br />

Daraus ergeben sich die CO 2 -Bilanz<br />

<strong>und</strong> -Fussabdruck. Anschliessend erfolgt<br />

auf Basis des ERP-Systems die<br />

Reduktion der CO 2 -Emissionen in allen<br />

relevanten Bereichen. Dazu gehören<br />

etwa die Lieferkettensteuerung, Materialdisposition,<br />

Produktions- <strong>und</strong> Absatzplanung<br />

ebenso wie sämtliche<br />

Vertriebsaktivitäten. So wird das ERP<br />

zum zentralen Daten- <strong>und</strong> Prozess-<br />

Hub für alle Analysen <strong>und</strong> Massnahmen<br />

für ein ganzheitliches CO 2 -Management.<br />

Für mehr Informationen einfach<br />

QR-Code scannen:<br />

proAlpha | www.proalpha.com<br />

#<strong>023</strong> 77


Produkte<br />

Optimierter Klemmhalter<br />

Die Klemmung der Wendeschneidplatte<br />

des Typs S224 wurde für den<br />

Einsatz in Langdrehmaschinen<br />

überarbeitet. Um den Halter für das<br />

Drehen oder Wechseln der Schneidplatte<br />

nicht ausbauen zu müssen,<br />

wurde die Klemmschraube an die<br />

Seite verlegt. Die Klemmung erfolgt<br />

nun über eine durchgängige Exzenterwelle.<br />

Dies ermöglicht das schnelle<br />

Spannen der Schneidplatte von<br />

beiden Seiten des Halters, ohne<br />

diesen ausbauen zu müssen. Darüber<br />

hinaus entfällt bei diesem Schneidplattentyp<br />

auch die Investition in<br />

spezielle Schnellwechselsysteme. Für<br />

den Anwender ergibt sich, neben der<br />

einfachen Bedienung mit einem<br />

Drehmomentschlüssel, der Vorteil<br />

einer reduzierten Maschinenstillstandszeit<br />

durch verkürzte Rüstzeiten.<br />

Horn bietet das Haltersystem in<br />

linker <strong>und</strong> rechter Ausführung als<br />

Quadratschafthalter 16 mm x 16 mm<br />

lagerhaltig an. Alle Varianten des<br />

Halters sind mit einer Schnittstelle<br />

für die innere Kühlmittelzufuhr von<br />

oben <strong>und</strong> unten ausgerüstet.<br />

Bohren anspruchsvoller<br />

ISO-Werkstoffe<br />

Der Xtreme Evo Plus Bohrer erweitert die<br />

DC180-Supreme-Produktfamilie, die für<br />

hohe Stückzahlen <strong>und</strong> Bohrvolumen<br />

konzipiert wurde. Aufgr<strong>und</strong> der hohen<br />

Standzeit, Produktivität <strong>und</strong> Verschleissfestigkeit<br />

eignet er sich besonders gut für<br />

schwierige Bearbeitungen von ISO M- <strong>und</strong><br />

S-Werkstoffen. Der Bohrer mit Innenkühlung<br />

ist sowohl mit Emulsion als auch mit Öl oder<br />

Minimalmengenschmierung einsetzbar. Seine<br />

Geometrie mit gerader Schneidkante verleiht ihm hohe Stabilität<br />

<strong>und</strong> Prozesssicherheit. Erhältlich ist er mit Durchmessern von 3 bis<br />

20 mm sowie in den Baumassen 3 × D (nach DIN 6537 kurz) sowie 5<br />

× D (nach DIN 6537 lang).<br />

Walter AG | www.walter-tools.com<br />

Paul Horn GmbH<br />

www.horn-group.com<br />

Flexibler Kleinteilegreiferr<br />

Der elektrische Kleinteilegreifer EGK bietet dank seines frei programmierbaren<br />

Backenhubs <strong>und</strong> der stufenlos einstellbaren Greifkraft von<br />

20 bis 300 N eine hohe Flexibilität. Sein Stirnradgetriebe mit Ritzel-<br />

Zahnstangenprinzip sorgt für eine konstante Greifkraft über die<br />

gesamte Fingerlänge <strong>und</strong> ermöglicht dauerhaftes Nachgreifen. Weil<br />

für die Krafterzeugung kein Anfahrtsweg oder Kraftimpuls erforderlich<br />

ist, kann der Greifer aus dem Stand heraus 100 Prozent Leistung<br />

erbringen. Eine integrierte Greifkrafterhaltung vermeidet Werkstückverlust<br />

<strong>und</strong> hält die Fingerposition auch bei Not-Aus zuverlässig.<br />

Zusätzliche Prozesstransparenz bietet der hochauflösende, integrierte<br />

Absolutwertgeber. Er erfasst permanent die Position der Gr<strong>und</strong>backen.<br />

Dadurch kann der Greifvorgang nach Stromausfall oder Neustart<br />

ohne Neureferenzierung fortgesetzt werden.<br />

Schunk GmbH & Co. KG | www.schunk.com<br />

78 #<strong>023</strong>


Hygienic-Design-Linearführung<br />

Eine tägliche Reinigung mit Chemikalien ist der<br />

Alltag von Maschinen in der lebensmittelverarbeitenden<br />

Industrie. Nur der kleinste feuchtigkeitssammelnde<br />

Totwinkel, kann zu einer Kontamination<br />

des Produktes führen. Daher legen immer mehr<br />

Betreiber Wert auf eine Auslegung der Bauteile<br />

nach Hygienic Design-Richtlinien. Igus ist Mitglied<br />

in der EHEDG <strong>und</strong> hat die erste Lineargleitführung<br />

entwickelt, die konsequent an die Hygienic-Design-<br />

Richtlinien angelehnt wurde. Dafür sorgen FDAkonforme<br />

Werkstoffe wie das Hochleistungspolymer<br />

Iglidur A160, ein hochlegierter Edelstahl <strong>und</strong><br />

ein spülbares Innenleben des Schlittens..<br />

Igus | www.igus.ch<br />

Vibrationsfreies Drehen<br />

Das ST50-SDB60DP-520 ist mit einem Durchmesser von 60 mm sowie einer Länge von 520 mm<br />

das grösste Modell an Bohrstangen mit Smart-Damper-Technologie. Der Smart-Damper-Mechanismus<br />

absorbiert Vibrationen <strong>und</strong> verhindert Rattern, was zu höherer Bearbeitungsgenauigkeit <strong>und</strong><br />

verbesserten Oberflächengüten führt. Die Schnittgeschwindigkeit muss nicht reduziert werden,<br />

um Vibrationen zu verringern, was zu höherem Zeitspanvolumen <strong>und</strong> somit zu höherer Produktivität<br />

führt. Das Kühlmittel wird durch den Bohrstangen-Körper direkt an die Schneidkante<br />

geleitet. Alle Smart Damper-Modelle sind mit mehreren Drehhaltern ausgestattet, die verschiedene<br />

Wendeplatten-Geometrien bieten <strong>und</strong> so unterschiedliche Bearbeitungsarten ermöglichen.<br />

Big Kaiser AG | www.bigkaiser.eu<br />

Lasergravur ohne Werkstückausrichtung<br />

Das Vision-System Visionoptix erkennt auch ohne eine positionsgenaue Ausrichtung<br />

zu beschriftende Werkstücke automatisch – sie müssen nur im Beschriftungsbereich<br />

liegen. Die Kamera schaut in der gleichen Perspektive wie der Laserstrahl<br />

auf die Arbeitsfläche <strong>und</strong> erkennt die Werkstücke. Die Markierung wird, je nachdem<br />

wie das Werkstück liegt, angepasst <strong>und</strong> alle Teile<br />

werden entsprechend der Vorgabe markiert. Das spart<br />

Zeit <strong>und</strong> sorgt für eine präzise <strong>und</strong> zuverlässige<br />

Markierung. Das System findet Einsatz in diversen<br />

Branchen wie der Uhrenindustrie zur Kennzeichnung<br />

von Uhrwerken, Zifferblättern oder Gehäusen, der<br />

Fertigungsindustrie zur Beschriftung von Teilen in der<br />

Massenproduktion, bei der Herstellung von elektronischen<br />

Bauteilen <strong>und</strong> Geräten für die Markierung von<br />

Platinen, Gehäusen <strong>und</strong> Schaltkreisen oder in der<br />

Medizin- <strong>und</strong> Lebensmittelindustrie um Produkte mit<br />

Identifikationsmerkmalen (auch GS1 Code), Verfallsdaten<br />

oder Chargennummern zu kennzeichnen.<br />

Axnum AG | www.axnum.ch<br />

#<strong>023</strong> 79


PRODUKTE<br />

Wendeschneidplattenfräser<br />

in überlanger Ausführung<br />

Spannbacken einfach konfiguriert<br />

Der lizenzfreie Spannbackenkonfigurator easy jaw ermöglicht<br />

es Anwendern, eine wachsende Anzahl ausgewählter<br />

Standardvarianten an Spannbacken individuell auf ihre<br />

Anwendung hin anzupassen <strong>und</strong> zu bestellen. Die Bedienung<br />

ist so einfach, dass dafür keinerlei Konstruktionskenntnisse<br />

erforderlich sind. Ein 3D-Modell im Browser<br />

passt sich stets der durchgeführten Modifikation an, sodass<br />

jederzeit Überblick über den Stand der Konfiguration<br />

besteht. Sämtliche Zeichnungen <strong>und</strong> Modelle stehen zum<br />

freien Download in allen gängigen Dateiformaten zur<br />

Verfügung. Konfigurieren lassen sich weiche Aufsatzbacken,<br />

Backenrohlinge, Segmentbacken, weiche Blockbacken<br />

<strong>und</strong> Rapido Schnellwechselbacken. Easy jaw zeigt<br />

schon während der Konfiguration den berechneten Preis<br />

<strong>und</strong> die Lieferdauer an.<br />

Lange Schneidwerkzeuge mit grossen<br />

Auskragungen neigen dazu, Vibrationen<br />

zu erzeugen. Um dieses Problem zu<br />

entschärfen, wurden die FCM-Wendeschneidplattenfräser<br />

so steif wie<br />

technisch möglich gemacht <strong>und</strong> mit<br />

wirksamen Massnahmen zur Vibrationsdämpfung<br />

ausgestattet. Durch die<br />

Verwendung des grösstmöglichen<br />

Drehstangendurchmessers, der in die<br />

Bohrung passt, werden die Vibrationen<br />

weiter reduziert, während gleichzeitig<br />

ein effizienter Abtransport der Späne<br />

ermöglicht wird.<br />

Big Kaiser AG | www.bigkaiser.eu<br />

Schunk SE & Co. KG | www. schunk.com/easyjaw<br />

Lithiumfreie Schmierfette<br />

Viele Unternehmen verwenden Lithiumhydroxid als Rohstoff<br />

für die Verdickung ihrer Schmierfette. Die Zusammensetzung<br />

eignet sich sehr gut für die unterschiedlichen Temperatur<strong>und</strong><br />

Belastungsbedingungen <strong>und</strong> kann deshalb in vielen<br />

technischen Anwendungen eingesetzt werden. Mit einem<br />

Anteil von fast 70 Prozent beherrscht diese Verdickungstechnologie<br />

daher auch den Weltmarkt für Schmierfette. Durch die<br />

erhöhte Nachfrage nach Lithium-Ionen-Akkumulatoren<br />

dürfte sich Lithium jedoch auf Dauer verteuern. Daher wurde<br />

mit Divinol Multipurpose Grease Ca 2 ein lithiumfreies<br />

Schmierfett entwickelt, das komplett auf einer Calcium-Seifenbasis<br />

aufbaut. Zukünftig soll es eine leistungsfähige<br />

Alternative zum Divinol Mehrzweckfett 2 sein.<br />

Zeller + Gmelin | www.zeller-gmelin.de<br />

80 #<strong>023</strong>


PRODUKTE<br />

Heisskanalregler für Spitzgiesser<br />

Intelligente Bolzen <strong>und</strong> Buchsen<br />

Bei den Arretierbolzen mit Zustandssensor erfasst ein in<br />

den Griff integrierter Sensor den Zustand des Bolzens. Der<br />

Sensor ist per dreiadrigem PVC-Kabel mit der Maschinensteuerung<br />

verb<strong>und</strong>en. Der Zustand (verriegelt oder gezogen)<br />

kann präzise erfasst werden, auf diese Weise ist eine<br />

betätigungsabhängige Prozesssteuerung möglich. Länge,<br />

Höhe <strong>und</strong> Position von beweglichen Komponenten lassen<br />

sich damit noch genauer einstellen. Die Arretierbolzen sind<br />

als Ausführung in Stahl oder Edelstahl erhältlich. Bei den<br />

Positionierbuchsen mit Zustandssensor befindet sich ein<br />

variabel einstellbarer Sensor an der Buchse. Der induktive<br />

Sensor erfasst das Signal <strong>und</strong> überträgt es an die Maschinensteuerung,<br />

die zum Beispiel den Produktionszyklus erst<br />

dann startet, wenn sich alle Bedien- oder Rastelemente in<br />

der richtigen Position befinden.<br />

Der Heisskanalregler Profitemp IM ermöglicht eine<br />

präzise Temperaturregelung bei kurzer Aufheizphase<br />

durch einen schnellen Regelalgorithmus. Das<br />

speziell auf die Anforderungen von Spritzgiessern<br />

abgestimmte Regelgerät für zwölf Regelzonen bringt<br />

noch weitere vorteilhafte Eigenschaften mit sich,<br />

wie eine benutzerfre<strong>und</strong>liche Touchscreen-Bedienoberfläche<br />

sowie eine Werkzeugdatenspeicherung<br />

intern oder über USB. Diese garantiert kurze<br />

Wechselzeiten <strong>und</strong> reduziert Bedienungsfehler.<br />

Das Gerät unterstützt 15 Sprachen <strong>und</strong> lässt sich<br />

nach kurzer Einarbeitungsphase sicher bedienen<br />

<strong>und</strong> warten.<br />

Meusburger GmbH & Co KG | www.meusburger.com<br />

Norelem Normelemente AG | www.norelem.ch<br />

#<strong>023</strong> 81


PRODUKTE<br />

Nachhaltiges Fluidmanagement<br />

Der FluidWorker 150 arbeitet im Bypass <strong>und</strong> wird an den Tank von Werkzeugmaschinen<br />

angeschlossen. Über eine eigene Pumpe fördert er kontinuierlich<br />

Kühlschmierstoff <strong>und</strong> sterilisiert es mit eingebauter UV-C-Technologie. Über<br />

einen Niveauschalter, der im Tank der Werkzeugmaschine fest installiert wird,<br />

wird das Tankniveau überwacht. Sinkt der Pegel im Maschinentank ab, so wird<br />

umgehend in Kleinmengen nachdossiert. Parallel dazu wird ein Messvorgang der<br />

Brix-Werte (Konzentrationsmessung) gestartet. So stellt der FluidWorker 150 fest,<br />

welche Konzentration nachdosiert werden muss <strong>und</strong> verhindert so den Bakterienbefall<br />

im Tank.<br />

MAW Werkzeugmaschinen GmbH | www.maw-gmbh.de<br />

Mechanische Kraftspannmutter<br />

Drehsorten für harte Stähle<br />

Die High-Performance-Schneidstoffe WKP01G<br />

<strong>und</strong> WPP05G reduzieren beim Drehen die<br />

Bearbeitungszeit um 20 bis 30 Prozent. Die<br />

WKP01G wurde fürs Schlichten von hochfesten<br />

Stählen <strong>und</strong> Gusseisen (GGG/GG) mit höchster<br />

Schnittgeschwindigkeit entwickelt. Die<br />

optimierte Schneidkanten-Verr<strong>und</strong>ung der<br />

Drehplatten verbessert die Oberflächengüte<br />

am Werkstück, ihre mehrstufige Nachbehandlung<br />

erzeugt eine sehr glatte Spanfläche,<br />

welche deutlich die Reibung reduziert. Die<br />

Sorte WPP05G ist für die Mittlere- <strong>und</strong><br />

Schruppbearbeitung von Stählen mit maximaler<br />

Schnittgeschwindigkeit konzipiert. Beide<br />

Schneidstoffe eignen sich sehr gut für den<br />

Glattschnitt <strong>und</strong> für leichte Schnittunterbrechungen<br />

bei Werkstoffen mit hoher Festigkeit<br />

(900–1400 N/mm²). Die Sorten werden in r<strong>und</strong><br />

130 Varianten in elf unterschiedlichen<br />

Geometrien angeboten.<br />

Das MDA vereint manuelle Bedienung bei<br />

niedrigen Anzugswerten mit höchsten Spannkräften.<br />

Das Durchgangsgewinde ermöglicht in<br />

Verbindung mit längenvariablen T-Nut-Schrauben<br />

oder Spannbolzen eine flexible Anwendung<br />

mit unterschiedlichen Spannhöhen. Das<br />

interne Zahnradgetriebe mit spezieller Gleitlagerung<br />

kann das manuelle Anzugsmoment<br />

vervielfachen. Die selbsthemmende Mechanik<br />

garantiert dabei maximale Betriebssicherheit.<br />

Eine lange Lebensdauer wird durch die<br />

Werkstoffausführung aus Vergütungsstahl mit<br />

korrosionsschützender Oberflächenbeschichtung<br />

gewährleistet. Die Kraftspannmuttern<br />

MDA stehen für Gewindegrössen von M12 bis<br />

M48 zur Verfügung <strong>und</strong> können bis zu 180 kN<br />

Spannkraft aufbringen. Unter normalen<br />

Betriebsbedingungen ist sie wartungsfrei <strong>und</strong><br />

bis 200 °C (optional 400 °C) einsetzbar.<br />

Jakob Antriebstechnik<br />

www.jakobantriebstechnik.de<br />

Walter AG | www.walter-tools.com<br />

82 #<strong>023</strong>

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