faktor Sommer 2023
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wissen<br />
Rahmenbedingungen verschlechtern sich<br />
Deutschlands Stärke beruht auf dem breiten Mittelstand,<br />
der wiederum oftmals Familiensache ist, teils bereits seit<br />
mehreren Generationen. Doch dieser Mittelstand steht<br />
vor zunehmend existenzielleren Problemen. Der Verband<br />
,Die Familienunternehmer‘ befragt regelmäßig seine<br />
Mitglieder, und das Stimmungsbild gibt Anlass zum<br />
Nachdenken. Schwierige Unternehmensnachfolge, Energiekosten,<br />
Fachkräfte und Bürokratie sind die großen<br />
Themen, die Familienunternehmen beschäftigen. Das an<br />
sich ist nicht neu – bemerkenswert hingegen ist, dass<br />
aufgrund der zunehmenden Belastungen „70 Prozent<br />
der Familienunternehmer denken gelegentlich und mehr<br />
als 20 Prozent regelmäßig darüber nach, das Unternehmen<br />
zu verkaufen“, sagt Andre Schulte-Südhoff. Und<br />
knapp die Hälfte aller Befragten gibt an, dass sie nicht<br />
wieder in Deutschland gründen würden. „Diese Ergebnisse<br />
haben mich persönlich umgehauen.“<br />
Laut Einschätzung der Förderbank KfW könnten<br />
allein bis zum Ende <strong>2023</strong> rund 70.000 Unternehmen an<br />
der fehlenden Nachfolge scheitern. Hier machen sich<br />
vor allem die Regelungen zur Erbschaftssteuer bemerkbar.<br />
Energiekosten hingegen sind das direkte Resultat politischer<br />
Entscheidungen: Die Energiewende hat Deutschland<br />
schon vor langer Zeit zu einem der Länder mit den<br />
höchsten Energiekosten werden lassen, die Russland-Sanktionen<br />
und damit die Selbstabschneidung von<br />
günstigen Gaslieferungen hat das ihre dazu beigetragen.<br />
Ergänzend sind es weitreichende gesetzliche Auflagen,<br />
die – wenn auch aus guten Absichten heraus – zusätzliche<br />
Ressourcen fressen. Beispiel Lieferkettengesetz, das<br />
eigentlich nur für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern gilt.<br />
„Dennoch wirkt sich das genauso auf die kleineren Unternehmen<br />
aus, wenn sie Zulieferer sind, weil die großen<br />
natürlich wissen wollen, wie die anderen Lieferketten<br />
aussehen.“<br />
Thema Nummer 1: Nachfolger finden<br />
Unternehmerverbände, Steuerberater, Anwälte – sie alle<br />
machen schon lange dieselbe Beobachtung, dass es immer<br />
schwieriger wird, einen Nachfolger aus dem Fa milienkreis<br />
zu gewinnen. Aufgrund unterschiedlicher Lebensentwürfe,<br />
vor allem einem viel ausgeprägteren Wunsch nach einer<br />
guten Work-Life-Balance, fragen sich die Nachkommen<br />
deutlich häufiger, ob sie sich die 70-Stunden- Woche der<br />
Eltern antun wollen. Daher hilft nur, das Thema im Familienkreis<br />
offen anzusprechen. „Die Eltern haben vielleicht<br />
einen Plan, aber ist das auch das, was die Kinder wollen?“,<br />
fragt Lutz Becker, Partner der Göttinger Steuerberatungsgesellschaft<br />
Quattek & Partner.<br />
Ist Interesse im eigenen Kinderkreis vorhanden, ist die<br />
Nachfolge dadurch aber noch lange nicht in trockenen<br />
Tüchern. Der Seniorchef muss den Nachfolger über-<br />
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